DIE DIGITALE TRANSFORMATION - PORT OF HAMBURG MAGAZINE
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DAS OFFIZIELLE MAGAZIN DES HAMBURGER HAFENS DEZEMBER | 2022 DIE DIGITALE TRANSFORMATION PORT OF HAMBURG MAGAZINE
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION DIGITALISIERUNG IST IN VIELEN BEREICHEN ALLTAG. DAZU GEHÖRT AUCH DER HAMBURGER HAFEN. © iStockphoto
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■ © HHM / Achim Multhaupt Liebe Leserinnen und Leser, herzlich willkommen in der digitalen Welt. Diesen Text hat eine Software er- fasst, indem ich ein paar Schlüsselwör- ter eingegeben habe. Das glauben Sie nicht – zu Recht. Dabei wäre es mög- lich. Wir müssten uns nur ein entspre- chendes Programm anschaffen. Damit wäre ich auch schon beim The- ma: Digitalisierung ist in vielen Be- reichen Alltag. Dazu gehört auch der Hamburger Hafen. Ein schönes Bei- spiel dafür ist die Hamburg Port Autho- rity (HPA). Sie hat für eine bessere und effizientere Wartung die Köhlbrandbrü- cke mit Sensoren bestückt. Diese sen- den alle Daten an die Zentrale, wo der Zustand überwacht wird. Sollte es zu Unregelmäßigkeiten kommen, rücken die Fachleute aus und schauen sich die betreffende Stelle vor Ort genauer an. Dieses Beispiel ist nur eines von vielen Projekten. Jens Meier, Vorsitzender der Geschäftsführung bei der HPA, erläu- tert noch andere in einem lesenswerten Interview. Vielleicht so viel vorweg: In ein paar Jahren können wir mit weniger Staus rechnen – zumindest im Hafengebiet. Mit dazu beitragen wollen viele Start-ups, die in Hamburg ein neues Zuhau- se gefunden haben. Der Digital Hub Logistics, unterstützt von der Behörde für Wirtschaft (BWI) und der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), hat sich vergrößert und bietet jetzt auf 3.200 Quadratmetern Platz für 84 junge Firmen in ihrer Startphase. Unterstützt werden sie von bis zu 24 etablierten Unternehmen. Mit dabei ist auch die HHLA, die mit HHLA Next eine Tochterfirma gegrün- det hat, die der digitale Abtrieb des Unternehmens sein soll. Dazu gehört auch die Investition in vielversprechende Start-ups. Wie das genau läuft, lesen Sie in einem aufschlussreichen Feature. Nicht nur die Hafenwirtschaft ist dabei, die eigenen Prozesse zu digitalisie- ren. Auch die Reedereien arbeiten mit Hochdruck daran, einen besseren Überblick über die Ladung zu bekommen. Ein wunderschönes Beispiel ist Hapag-Lloyd. Ein intensiver Blick ins Magazin lohnt daher für alle Leserinnen und Leser. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Lesen. Bleiben Sie neugierig. AXEL MATTERN Vorstand Hafen Hamburg Marketing e.V.
Inhaltsverzeichnis 03 EDITORIAL DIE DIGITALE TRANSFORMATION 06 AUF DASS DIE VITALWERTE STIMMEN Digitale Zwillinge sind besonders in der Logistik schon im Einsatz 12 „WIR SIND FÜR IDEEN OFFEN“ 06 Jens Meier, Vorsitzender der HPA-Geschäftsführung, spricht über Digitalisierung im Hamburger Hafen 16 HHLA NEXT INVESTIERT IN DIGITALE INNOVATIONEN Die Tochter der HHLA AG unterstützt Start-ups, die in der Logistik durchstarten wollen 20 AUSDRUCKEN HAT AUSGEDIENT Das Schüttgutterminal Hansaport baut die Automatisierung weiter aus 12 22 ES GEHT IMMER NOCH BESSER Hapag-Lloyd möchte mithilfe digitaler Prozesse schneller ent- und beladen 28 SCHIFFSBEZOGENE HAFENUMFUHREN SIND DER RICHTIGE WEG Digitale Lösung hilft bei Umfuhren per Feederschiff im Hafen 30 JEDERZEIT VERLÄSSLICHE DATEN Rohkaffee-Spezialist NKG Kala nutzt digitalen Yard-Manager 16 32 EIN ÖKOSYSTEM FÜR DIGITALE INNOVATIONEN Im Digital Hub Logistics helfen Unternehmen innovativen Start-ups HAFEN HAMBURG MARKETING E.V. 36 PETER PICKHUBENS PINNWAND Tipps und Storys von Hamburgs frechster Hafenmöwe 22 38 HHM INTERN Inga Gurries leitet Marktentwicklung Asien, Sameeha Pradeep Sule übernimmt in Mumbai 32
WW A LALL C OO M & A N NN & LM C AN SEAPORT HUB SEAPORT HUB 13 13 ha 5,5 5,5 ha ha 13m ha 13m Professionals at the waterfront rofessionals at the waterfront Handling and Warehousing ndling and Warehousing ► General cargo ► Iron products ► Heavy General lifts► Iron cargo Steel products ► products Heavy lifts ► Steel products Quay Operation and Warehousing uayWallmann Operation and& Co. & Co. (GmbH Warehousing KG) Pollhornweg lmann 31-39,&D-21107 & Co. (GmbH Co. KG)Hamburg Phone:31-39, hornweg +49(0)40-7 52 Hamburg D-21107 07-0 ne: +49(0)40-7 52 07-0 FLEXIBEL & UNIVERSAL 17 IN NDORTE N D L O G IS T IK S TA H A F E N- U N D IN AV IE N H L A N D UND SKA UTSC NORDDE www.schrammgroup.de company of in Brunsbüttel Ports GmbH
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION Ein Modell der Köhl- brandbrücke reprä- sentiert den digitalen Zwilling. © HPA AöR & MKP GmbH 06 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■ Auf dass die Vitalwerte stimmen Digitale Zwillinge helfen, Unterhaltungs- und Wartungsarbeiten von Infrastrukturbauwerken zu erkennen. Schwachstellen werden entdeckt, bevor große Schäden entstehen. Beispiele aus dem Hamburger Hafen, dem deutschen Schienennetz und der Transport- und Logistikbranche. Die Köhlbrandbrücke ist Wahrzeichen Hamburgs Zwilling bekommen. „Wir haben ihn pilotiert, um und Rückgrat von Wirtschaft und Verkehr im Hafen Probleme aus dem operativen Geschäft aufzuneh- der Elbmetropole. Das Bauwerk mit 3,6 Kilometer men“, sagt Christof Ullerich, Bauingenieur und Leiter Länge ist leistungsfähig, aber inzwischen auch war- des Kompetenzzentrums Brücken und Ingenieurbau- tungsintensiv, weil es mit knapp 50 Jahren nicht werke bei der Hamburg Port Authority (HPA). mehr das Jüngste ist. Mit bis zu 38.000 Fahrzeugen Doch was ist das überhaupt, ein digitaler Zwilling? muss es tagtäglich allerdings auch einiges ausshal- Grob gesagt handelt es sich dabei um einen auf elek- ten. Die Schrägseilbrücke hat daher einen digitalen trischen Sensoren basierenden Datenklon eines Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 07
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION realen Objekts. Mit ihm lassen sich notwendige Un- nannten Schallsensoren nehmen den Klang auf, der terhaltungs- und Wartungsarbeiten wie beispielswei- durch Schwingungen des Seiles entsteht. Verändert se der Köhlbrandbrücke im Hamburger Hafen erken- sich dieser, lässt das den Schluss zu, dass etwas nen. „Wir haben das Projekt ,smart Bridge’ vor etwa nicht stimmt. Also wird jemand hingeschickt, der drei Jahren gestartet, heute ist daraus ein Großde- prüft, ob alles in Ordnung ist. „Als wir das Projekt ini- mons-trator für die vorbeugende Instandhaltung und tiiert haben, hatten wir als Anlass die Probleme mit automatisierte Verkehrssteuerung geworden“, sagt der Köhlbrandbrücke“, erläutert Ullerich. Da die Fi- Ullerich, der bei der HPA auch für Innovationsprojekte nanzierung gesichert war, konnte die HPA dieses zuständig ist. 520 Sensoren wurden für das Vorhaben Großprojekt tatsächlich angehen. an der Brücke montiert, unter anderem, um ein Zu- standsmonitoring zu erstellen. JEDES BAUTEIL BEURTEILEN „Mit den Sensoren sehen wir, was da draußen los ist. Die Rampen der Brücke sind aus Beton, der Mittelteil Das hilft uns, die Situation viel besser einzuschät- ist aus Stahl, somit ist das Spektrum, Erkenntnisse zu zen“, fügt er hinzu. Das Bauwerk ist als sogenanntes generieren, sehr groß. „Wir wollten die Grenzen aus- Building Information Model (BIM) abgebildet, das loten, was mit einem digitalen Zwilling möglich ist“, den Datenstrom bündelt. Analoge Daten wie die Be- sagt er. Das Ergebnis: Die Sensoren erlauben es, je- funde aus Bauwerksprüfungen nach DIN 1076 und des Bauwerk individuell zu betrachten und Messer- digitale Daten aus der kontinuierlichen sensorischen gebnisse in Form von konkreten Fakten zu erhalten. Überwachung werden darin zusammengeführt und Die Ingenieure können so viel besser beurteilen, was analysiert. „Geben die Sensoren einen Auschlag, an welcher Stelle zu tun ist, und im Fall der Brücke wenn ein Lkw über die Brücke donnert, ist das in et- muss diese nicht immer gleich für den Verkehr ge- wa so, wie wenn das EKG, das den Herzrhythmus sperrt werden, sollte ein Problem auftreten. Diese misst, ausschlägt, wenn jemand eine Treppe hoch- kündigen sich an, wie das Beispiel der Akustiksenso- rennt.“ Danach sollte sich das Ganze aber wieder be- ren der Stahlseile zeigt. Bislang musste ein Inspekti- ruhigen. Sowohl im Falle der Brücke als auch beim onsteam von Zeit zu Zeit hinaufklettern. Arzt, der das Messgerät anlegt und die Daten aus- Das Thema digitaler Zwilling geht jedoch deutlich wertet. „Wie der Arzt erfassen wir die Vitalparameter über die „smart Bridge“ hinaus. Denn die HPA hat unserer Brücke“, erläutert der Bauingenieur. die Vision, einen Digital Port Twin, also einen digita- Der Klon soll Ausfallzeiten minimieren und Kosten len Zwilling des gesamten Hamburger Hafen, zu ent- sowie Instandsetzungen planbarer machen. Die Sen- wickeln. Inzwischen gibt es dort viele Einzelzwillinge. soren sind daher an kritischen Stellen angebracht, Einen hat beispielsweise die Elbe. Er zeigt, wie tief etwa an den Schrägseilen der Brücke. Diese soge- sie an welchen Stellen ist und wo Sedimente ausge- © HPA AöR & MKP GmbH Der virtuelle Blick auf die Köhlbrandbrücke zeigt auch den aktuellen Zustand des Bauwerks. 08 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■ baggert werden müssen. „Wir kennen den Tiden- Außerhalb des Hafens ist die Technologie ebenfalls stand, die Strömung – alles wird über Sensorik ge- bereits im Einsatz. So hat das noch junge Unterneh- messen“, erläutert Ulrich Baldauf, Informatiker und men Railwatch aus Bonn ein Messsystem entwi- bei der HPA für den Bereich Forschung & Entwick- ckelt, das einen digitalen Zwilling eines Güterzuges lung zuständig. Außerdem seien alle Schiffsbewe- erstellen kann – während dieser vorbeifährt. Hinter- gungen über das automatische Identifikationssystem grund: Üblicherweise ist es die Aufgabe eines Wa- (AIS) bekannt sowie die Zeiten, die für die Löschung genmeisters, Güterzüge, die im Terminal abfahrbe- von Ladung benötigt werden. Damit lässt sich eine reit stehen, bei Wind und Wetter von allen Seiten Optimierung der Prozesse erreichen. „Und wir haben abzugehen und manuell auf Schäden zu prüfen. Stellt einen Zwilling des Straßenverkehrs“, erzählt er. Der er einen Schaden fest, muss der betroffene Wagen wiederum über Verkehr und Zustand der Straßen im aus dem 600 Meter langen Zugverband ausrangiert Hafen Bescheid weiß. werden – ein zeitaufwendiges und kostenintensives Verfahren. AUF DEM WEG ZUM GESAMTBILD „Wir können schon an der Strecke mit bis zu acht Bislang werden alle Klons singulär genutzt. „Wir se- Meter Entfernung vorbeifahrende Züge aufnehmen hen aber große Potenziale darin, alle Einzelzwillinge und anhand der hochauflösenden Bilder technische zu einem Gesamthafenzwilling zusammenzubrin- Zustände an Loks oder Güterwagen erkennen“, sagt gen“, sagt Baldauf. Damit wolle man feststellen, wel- Tobias Frede, COO/CTO von Railwatch. Ein beschä- che Auswirkungen beispielsweise eine verspätete digter Wagen wird nach Ankunft für die Weiterfahrt Schiffsankunft oder eine Brückensperrung auf den also erst gar nicht mehr bereitgestellt. Das Unterneh- Straßenverkehr oder die Emissionen hat. Es sei mög- men hat dazu am öffentlichen Schienennetz in Euro- lich, ein übergreifendes Monitoring zu schaffen und pa bereits 25 seiner Pulsar genannten Messsysteme gezielt dort einzugreifen, wo was los ist. aufgebaut, das auch UIC-Wagennummern, Wagen- Die HPA wolle die Daten aber auch für die strategi- anschriften und Gefahrguttafeln erkennt. sche Hafenplanung verwenden. So ließen sich unter- „Um einen digitalen Zwilling erstellen zu können, benö- schiedliche Szenarien für die Nutzung einer neuen tigen wir alle Daten über Wagen, Achszahl, Abstand Fläche simulieren, etwa ob dort sinnvollerweise ein und Ladegüter, die unser System digital und automati- Wasserstoff- oder Containerterminal oder besser ei- siert bei der Durchfahrt erfasst“, erläutert Frede. Rail- ne Lagerhalle gebaut werden soll. Jeder Fall habe watch kann damit beispielsweise berechnen, wie lange unterschiedliche Auswirkungen auf den Schiffs- und ein Bremsklotz noch hält, bevor er gewechselt werden Straßenverkehr, die Kosten sowie Emissionen, die muss. „Das System stellt auch fest, ob ein Radsatz eine sich zuvor berechnen ließen. Flachstelle hat“, fügt er hinzu. © HPA AöR & MKP GmbH Jedes Bauteil, das mit einem Sensor ausgestattet ist, lässt sich permanent analysieren. Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 09
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION Metrans und Railwatch arbeiten an digitalen Waggons. © HHLA © HPA AöR & MKP GmbH Die Erkennung funktioniert akustisch, klopft ein Rad DIGITALE STRASSENTRANSPORTE laut, stimmt etwas nicht. Der digitale Zwilling unter- LAUFEN PARALLEL stützt den Wagenmeister bei seiner Arbeit. Entdeckte Auch für den Straßengüterverkehr gibt es bereits digi- Schäden werden ihm übermittelt, sodass er sie schnel- tale Zwillinge. Cargo Support aus Nürnberg, das auf ler lokalisieren kann. Er entscheidet dann, ob der Wa- flexible digitale Lösungen rund um den Transport von gen in die Werkstatt muss oder weiterfahren kann. Gütern spezialisiert ist, hat beispielsweise eine Soft- Die Stationen stehen an der Strecke auf privaten ware im Portfolio, mit der es möglich ist, alle relevan- Grundstücken, ohne eine Verbindung zur Infrastruk- ten Daten in Echtzeit zu verarbeiten. „Wir haben ein tur, also der Schiene, haben zu müssen. „Das Gerät ist Fahrtenmodell entwickelt, das die Transportrealität innerhalb von vier Stunden aufgebaut und benötigt le- abbildet und jederzeit dynamisch bleibt“, erläutert Ge- diglich einen Stromanschluss“, fügt er hinzu. Rail- schäftsführer Volker Hasch. Das Fahrtenmodell stellt watch nutzt den Mobilfunkstandard 5G, der es er- die komplette Lieferkette dar, von Lkw- über Bahn- bis möglicht, die erfassten Daten schnell zur Verarbeitung zu Schiffstransporten, und enthält Auftraggeber und an die firmeneigene Cloud zu übermitteln. Der Pulsar Empfänger sowie Zoll. „Der digitale Zwilling bildet da- ist dafür mit spezieller Kamera- und Sensortechnik bei die Realität der Disposition ab“, fügt er hinzu. ausgestattet. Das Unternehmen Die Realität muss für jeden Trans- installiert die Messstationen im port individuell gebaut werden Auftrag von Kundinnen und „Wir wollten die und ändert sich mitunter wäh- Kunden auch an Industrieein- fahrten, Terminals in Seehäfen Grenzen ausloten, rend der Tour, sei es, dass ein zu- sätzlicher Halt vorgesehen ist oder Grenzübergängen. was mit einem oder der Lkw aufgrund einer Stra- Im vergangenen Jahr beispiels- ßensperrung eine andere Route weise hat Railwatch gemeinsam digitalen Zwilling nehmen muss. Kommt ein Schiff mit dem zur Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) gehö- möglich ist.“ verspätet an, hat das ebenso Aus- wirkungen auf geplante Lkw- renden Eisenbahnverkehrsunter- Transporte. „Dann muss der Dis- nehmen Metrans Rail Deutschland das Projekt „DigiT- ponent jeweils recht kurzfristig reagieren“, sagt Hasch. win“ gestartet, ein Feldtest zur digitalen Unterstützung Die Aufgabe des digitalen Zwillings ist es also auch, ein- der wagentechnischen Untersuchung. „DigiTwin er- zelne Transportabschnitte zu überwachen und zu über- möglicht es, den digitalen Wandel im Schienengüter- prüfen. Das geschieht per Ortung der Ladeeinheit oder verkehr voranzutreiben“, erläutert Projektleiter Frede. Lkw, Zug und Schiff beziehungsweise durch Lkw-Fah- Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BM- rer, die über die Cargo Support-App ihren jeweiligen Sta- VI) fördert das Vorhaben im Rahmen seines Programms tus übermitteln. „Zukunft Schienengüterverkehr“ mit rund 3,5 Millionen „Schon bei der kleinsten Abweichung informiert der EUR. Der Versuch läuft noch bis Ende 2023. digitale Zwilling die Disponentin oder den Disponen- 10 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■ Fahrten-Modell (digitaler Zwilling) Prozessorientierte Disposition Kundensicht auf den Auftrag: Was wünscht sich der Kunde? Aufnahme Gestellung Rückgabe Dispositionssicht auf den Auftrag: Wie realisiert die Dispo den Kundenwunsch? Truck – voll Bahn – voll Truck – voll Ab- und Aufsatteln Truck – Leer ten, damit dieser entscheiden kann, was als Nächs- nen Systeme nutzt, spielt keine Rolle. Alle Daten kön- tes zu tun ist“, erläutert Cargo Support-Geschäfts- nen auch aus Fremdsystemen an den digitalen führer Hasch. Denn bei den vielen Transporten ist es Zwilling übermittelt werden. der Disponentin oder dem Disponenten mittlerweile Auch zur Simulation von Transporten lässt sich der di- unmöglich geworden, jeden Kunden per Telefon zu gitale Zwilling nutzen, um beispielsweise herauszufin- informieren. Hier springt also der digitale Zwilling den, auf welchen Relationen besser die Bahn als ein, bei dem alle Daten zusammenlaufen. Ob der An- Transportmittel eingesetzt wird, sollte das Ziel lauten, wender nun die Cargo Support-App oder seine eige- CO2-Emissionen zu reduzieren. ■ Nicole de Jong (njo) Our way of doing customs. HAMBURG FRANKFURT AIRPORT BREMERHAVEN Local, international, digital ROTTERDAM GDYNIA Consulting and solutions Import/Export Value Added Services GDANSK Instruction and Informations for Import/Export at www.porath.com Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 11
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION „Wir sind für Ideen offen“ Jens Meier, Vorsitzender der Geschäftsführung bei der Hamburg Port Authority (HPA), macht im Gespräch mit dem Port of Hamburg Magazine deutlich, wie bedeutend eine kontinuierliche Digita- lisierung für den Hamburger Hafen ist. Im Hamburger Hafen gehört die Digitalisierung Dazu gehörte damals unter anderem eines der ersten der Prozesse zur täglichen Arbeit. Seit wann be- IoT-Projekte, die smartROAD. smartROAD zielte dar- schäftigt sich die Hamburg Port Authority schon auf ab, auf ausgewählten Straßenabschnitten im mit dem Thema? Was waren die ersten Projekte, Hamburger Hafen Anwendungsfälle einer intelligen- die ins Leben gerufen wurden? ten Straße zu demonstrieren. Neben Möglichkeiten Die HPA hat bereits sehr früh damit begonnen, sich der Verkehrserkennung und des Verkehrs- mit den Vorteilen der Digitalisierung auseinanderzu- managements sowie adaptiver Beleuchtungssteue- setzen. Zum Beispiel haben wir die Straßen im Ham- rung für Fußgänger und Radfahrer zeigte das Pro- burger Hafen mit Bluetooth, Videodetektoren und In- jekt, wie moderne Sensorik Daten über Infrastruktur- duktionsschleifen ausgestattet, um den Verkehrsfluss zustand und Umwelteinflüsse sammelt und abbildet. auf der begrenzten Hafenfläche zu optimieren. Erste In Zusammenarbeit mit Partnerfirmen wurden an Ergebnisse haben wir 2015 einem internationalen ausgewählten Straßenabschnitten im Hamburger Publikum auf der IAPH Welthafenkonferenz gezeigt. Hafen alle relevanten Informations- und Kommunika- 12 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■ der Wartung unserer Anlagen sind nur einige zentra- le Beispiele, wie wir den Hafen Schritt für Schritt mo- dernisiert haben. Der Einbau von Sensoren, wie zu- letzt auf einer Reihe von Straßen auf der Veddel, spielt dabei immer noch eine Rolle. Natürlich müssen wir am Ball bleiben. Daher ist es uns wichtig, nicht alles selbst umsetzen zu wollen, son- dern vielmehr sehen wir den Hafen auch als Testflä- che für innovative Projekte und sind offen für Ideen. Teilen wir den Fortschritt auf die verschiedenen Verkehrsträger auf und beginnen mit der Straße. Wir sehen aktuell einen großen Wandel bei den Fahrzeugen. E-Fahrzeuge sind längst keine Selten- heit mehr im Straßenbild. Seit September 2022 wer- den im Hamburger Hafen die ersten drei batterie- elektrischen (BEV) Nikola Tre Sattelzugmaschinen in Europa getestet. In Zusammenhang mit alternativen Antrieben ist die Digitalisierung eine gute Möglichkeit, um die Infra- struktur bestmöglich zu nutzen. Auf dem ITS Con- gress haben wir dazu das Pro- jekt MOZART vorgestellt. Ziel von MOZART (Mobility, Opti- „Durch besser mierung, dig. Zwilling, Analy- fließende Verkehre se, Real Time, Traffic) ist, star- re und adaptiv geregelte müssen Fahrzeuge Lichtsignalanlagen (LSA) um eine netzübergreifende, konti- weniger bremsen und nuierliche Echtzeit-LSA-Pro- beschleunigen, was grammauswahl zu ergänzen. Durch besser fließende Ver- wiederum zur Reduzie- © © HPA, Andreas Schmidt-Wiethoff kehre müssen Fahrzeuge we- niger bremsen und beschleu- rung des Schadstoff- nigen, was wiederum zur ausstoßes führt.“ Reduzierung des Schadstoff- ausstoßes führt. Ein weiterer positiver Aspekt sind besser planbare Transporte für die Unternehmen. Der Faktor Zeit spielt dabei eine wichtige Rolle. Damit Ver- kehre entsprechend gesteuert werden können, sind viele Berechnungen innerhalb von Sekunden, wenn nicht sogar Millisekunden notwendig. Im Projekt MO- tionstechnologie-Systeme, Sensoren, Videokameras ZART wurde dafür in den ersten beiden Phasen eine und Netzwerkkommunikationskomponenten instal- sogenannte Digital Annealer Unit getestet. liert, um die Idee eines smartPORT voranzubringen. Beide Entwicklungen sind im Hafen ganz klar auch unter den Aspekten der Nachhaltigkeit zu sehen. Wir Was meinen Sie, wie weit sind Sie in den vergan- bringen mit innovativen Antrieben und einer moder- genen Jahren bei der Digitalisierung insgesamt nen Verkehrssteuerung zum einen die Dekarbonisie- vorangekommen? rung maßgeblich voran. Zum anderen mindern wir Dank des Engagements aller Beteiligten sind wir be- aber auch weiter den Ausstoß von CO² und reduzie- reits ein großes Stück vorangekommen. So hat zum ren die Lärmentwicklung im Hafen. Beispiel die Modernisierung der Hafenbahn – auch durch Digitalisierung – dazu beigetragen, dass die- Die HPA hat erst vor Kurzem auch Sensoren in ses Bindeglied zwischen den Umschlagterminals der eine neuartige Asphaltdecke mit eingebaut. Wel- Containerschiffe und dem europäischen Schienen- che digitalen Prozesse sollen diese unterstützen? netz ein zentraler Wettbewerbsfaktor für den Ham- Im Rahmen der Straßenerneuerung auf der Veddel burger Hafen ist. Aber auch der Neubau der Nauti- wurden auch 66 Beschleunigungs- und Temperatur- schen Zentrale mit der dazugehörigen Digitalisierung sensoren eingebaut. Diese ermöglichen zum einen, In- © HHLA/Rätzke von Kartenmaterial oder der Einsatz von Drohnen bei formationen über die Belastung der Straße zu erlangen Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 13
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION und somit das Erhaltungsmanagement zu optimieren, satzes durch verbesserte Planbarkeit und Reaktionsfä- zum anderen dienen sie der Verbesserung des Ver- higkeit im operativen Betrieb bei. transPORT rail ist ein kehrsleitsystems. Temperatursensoren geben bereits Verkehrsmanagementsystem für den Bahntransport im während der Bauarbeiten Aus- Hamburger Hafen, das eine ef- kunft über die Temperatur des Asphalts. Beschleunigungssen- „Bei smartBRIDGE fektive Schnittstelle für den Gü- ter- und Datentransport bietet. soren messen anhand von sind mehr als 520 Sen- Zugang zum System erhalten die Schwingungen und Druck die Nutzer entweder per Schnittstel- tatsächliche Belastung der Stra- soren verbaut, die auch le oder über das Internet (Web- ße, die durch Achslasten, die Ge- schwindigkeit sowie die Be- für Predictive Mainte- Client). Nutzer sind in der Regel Ladestellen und Eisenbahnver- schleunigungs- und Bremskräfte nance genutzt werden.“ kehrsunternehmen (EVU), Letz- hervorgerufen werden. Mit den tere können die Eingabe ihrer Daten aus den Sensoren sollen Daten aber auch an Eisen- Rückschlüsse auf den Belagszustand und das Tragver- bahn-Operateure oder andere Dienstleister vergeben, halten möglich sein. Auch die Einbindung in ein Ver- sofern sie eine entsprechende Vollmacht ausstellen. kehrsmodell zur Optimierung des Verkehrsflusses ist in Zukunft vorstellbar. Ein weiterer großer Bereich für digitale Anwen- dungen ist die Instandhaltung der Infrastruktur. Die Hamburger Hafenbahn ist ein sehr wichtiger Mit digitalen Zwillingen lassen sich Bauwer- Verkehrsträger für die Hinterlandanbindungen ke wie die Köhlbrandbrücke virtuell darstellen. des Hamburger Hafens. Auch hier sind Sie dabei, Was versprechen Sie sich von solchen Anwen- viele Abläufe zu automatisieren. Können Sie die dungen? wichtigsten kurz beschreiben? Ein sehr prominentes Beispiel ist die smartBRIDGE, Neben umfangreichen Investitionen in die physische ein Pilotprojekt mit dem Ziel, die Instandhaltung der Infrastruktur der Hafenbahn tragen auch Investitionen Köhlbrandbrücke im Hamburger Hafen zu optimie- in IT-Systeme, vor allem auch transPORT rail als zen- ren. Die Software erschafft einen digitalen Zwilling, trale Austauschplattform von bahnbezogenen Daten eine Echtzeitrepräsentation der realen Brücke auf und Transportabwicklung, im Hafen zu einer Verbesse- Basis all ihrer zur Verfügung stehenden Zustands- rung der Infrastrukturnutzung und des Ressourcenein- daten, um ihre Instandhaltung durch alle damit be- © © HPA, Andreas Schmidt-Wiethoff Im hauseigenen Video- format erläuterte HPA- Chef Jens Meier auch schon die digitalen Lösungen im Hambur- ger Hafen. 14 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■ trauten Akteure zu verbessern. Bei smartBRIDGE testen, um bedeutsame Resultate für die maritime sind mehr als 520 Sensoren verbaut, die auch für Hafenwirtschaft zu erzielen. Predictive Maintenance genutzt werden. Bei dem homePORT bietet Testflächen für autonomes Fahren, Projekt digitaler Zwilling / Digital Port Twin handelt einen Drohnen-Start- und Landeplatz sowie angeglie- es sich um eine Fortsetzung der Augmented und derte Wassertestflächen für Wasserdrohnen. Hafenak- Virtual Reality-Projekte der HPA. Der digitale Zwil- teure haben die Möglichkeit zum Ausprobieren, Experi- ling soll die Planung von künftigen Infrastrukturpro- mentieren und Kollaborieren mit weiteren Partnern, um jekten unterstützen, indem komplexe Abläufe bes- Innovationen für die maritime Wirtschaft und die Logis- ser, sicherer und effizienter dargestellt werden tik voranzubringen – und das zu Wasser, zu Land und in können. Anwendungsbeispiele sind virtuelle Abbil- der Luft. Unser Ziel ist, dazu beizutragen, die Effizienz dungen der Leitstände der HPA sowie die Einbin- der Hafenflächennutzung intelligent zu erhöhen und dung von Sensordaten. Alle in 3D visualisierten schädliche Umwelteinflüsse weiter zu verringern. Leitstände und die digitalisierten Prozessabläufe lassen sich im Digital Port Twin abbilden und für Die HPA geht ja bei der Digitalisierung mutig vo- Optimierungen nutzen. ran. Profitieren eher die anderen Häfen von Ihren Erfahrungen? Mit homePORT haben Sie ein ganzes Areal für Durch unsere Netzwerke im Rahmen der IAPH und Innovative Unternehmen zur Verfügung gestellt. chainPORT stehen wir im kontiniuerlichen Austausch Gibt es hier bereits Synergien, die bei der Digitali- mit anderen Häfen. Dies ist zum einen wichtig, um über sierung des Hafens unterstützen? den Tellerrand zu schauen und voneinander zu lernen, homePORT ist ein im Herzen des Hamburger Hafens zum anderen ist es elementar sich abzustimmen, denn gelegener Innovationscampus, dessen Ziel es ist, Insellösungen machen entlang der Lieferkette keinen ambitionierten Hafenakteuren, der Wissenschaft so- Sinn. Dabei geht es nicht darum, alle Daten miteinan- wie behördlichen Institutionen die Möglichkeit zu ge- der zu teilen, sondern die relevanten Daten, die die Lie- ben, Produktinnovationen zu entwickeln und real zu ferkette effektiver machen. ■ Ralf Johanning Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 15
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION © HHLA / Nele Martensen HHLA Next investiert in digitale Innovationen HHLA Next sucht für Kundinnen und Kunden sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern nach Zukunftslösungen für einen sicheren und klimaneutralen Transport von Waren und Gütern weltweit. HHLA Next wurde als Innovations- und Venture ierlich Markttrends und neue Technologien anschaut Building-Einheit mit dem Fokus auf Digitalisierung und weltweit nach interessanten Unternehmen Aus- und Nachhaltigkeit in der maritimen Logistik ge- schau hält. In einer Datenbank sammeln wir diese gründet. Ziel ist dabei, wie Geschäftsführerin Simo- Unternehmen nach verschiedenen Segmenten, stra- ne Lode es auf den Punkt bringt: „Aus Ideen erfolg- tegischen Innovationsfeldern sogenannte „Opportu- reiche Produkte und Geschäftsmodelle zu nity Spaces“) und konkreten Anwendungsfällen, also entwickeln. Entweder in Form von Eigenentwick- zum Beispiel entlang der Supply Chain bis hin zu au- lungen oder durch Investitionen in innovative Unter- tonomem Fahren oder autonomem Umschlag. Die nehmen.“ Unternehmen in unserer Datenbank beobachten wir Technologische Entwicklungen und innovative Ge- kontinuierlich, um zum richtigen Zeitpunkt mit ihnen schäftsmodelle werden nach bestimmten Kriterien in Kontakt zu treten und Investitionen anzustoßen.“ beobachtet, um sie frühzeitig bewerten zu können. Welche Formen der Beteiligung an Unternehmen Gleichzeitig schafft HHLA Next die Bedingungen, möglich sind, wird dabei individuell entschieden. damit sich besondere, marktreife Ideen nachhaltig Grundsätzlich hat sich HHLA Next vorgenommen, entwickeln können. „Wir suchen auf der einen Seite Unternehmen in der Wachstumsphase mit der not- Unternehmen, die zur HHLA passen und in die wir in- wendigen Flexibilität und Reaktionsfreudigkeit be- vestieren können, und auf der anderen Seite gründen gleiten zu können. Als Dachgesellschaft stellt sie da- wir selbst Unternehmen aus“, erläutert Lode und er- bei die notwendigen Rahmenbedingungen, Struk- gänzt: „Dazu haben wir ein Team, das sich kontinu- turen und Prozesse bereit. 16 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■ Start-up – Portraits Zwei Start-ups, die den Schritt an den Markt schon erfolgreich gewagt haben, sind HHLA Sky und modility. modility modility beschreibt sich selbst als das „booking. com“ für kombinierten Verkehr, eine Plattform, über die Angebot und Nachfrage für kombinierten Verkehr zusammengebracht wird. Ziel ist es, Un- ternehmen den Zugang zu CO2-freundlichen Trans- porten so einfach wie möglich zu gestalten und da- durch dafür zu sorgen, dass die europäische Schieneninfrastruktur noch besser genutzt wird. Dabei ist modility als Teil des HHLA Next-Portfo- lios ein sogenanntes Corporate Spin-off. Das achtköpfige Team kombiniert die Agilität und den innovativen Gedanken eines Tech-Start-up zusätzlich mit den Vorteilen des Mutterunterneh- mens, der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), und kann so von Beginn an über dessen großes Netzwerk verfügen und das Know-how und die Erfahrung für sich nutzen. Noch bevor modility im März 2022 sein einjähriges Bestehen gefeiert hat, ist es im vergangenen Dezember bereits mit dem Deutschen Exzellenz-Preis 2022 in der Kategorie „Strategie, Transformation & New Work“ ausgezeichnet worden. Informationen unter: modility.com HHLA Sky FRÜH FÖRDERN MIT MÖGLICHST HHLA Sky ist ebenfalls eine Ausgründung des WENIG RISIKO: FONDS Mutterunternehmens HHLA, das sich vollstän- Um auch in Start-ups in einer sehr frühen Phase in- dig auf den Luftraum und konkret auf Drohnen- vestieren zu können, nutzt die HHLA Next Fonds wie technologie konzentriert hat. den von Motion Ventures. Investiert wird über diesen Hinter der Gründung steckte der innovative Ge- Fonds in Unternehmen, die noch nicht so lange am danke, sich der Herausforderung zu stellen, Markt sind und die dadurch mit einem höheren Risi- Drohnenflotten zentral und gleichzeitig an unter- ko belegt sind zu scheitern. Fonds Investments bie- schiedlichen Einsatzorten auf der Welt steuern ten eine risikoärmere Investmentmöglichkeit, da zu können. HHLA Sky hat dafür eine Plattform durch das große Portfolio, das ein Fonds beinhaltet, entwickelt, die den gesamten Prozess über Pla- das Risiko zu scheitern deutlich geringer ist, als wenn nung, Disposition, Flug bis zur Daten-Bereitstel- direkt investiert wird. lung abbilden kann. Das Start-up hat so inzwi- Ein Beispiel eines Investments über Motion Venture schen ein ganzes System für die Steuerung und ist Harbour Lab – ein Unternehmen aus Griechen- den Betrieb von autonomen Industriedrohnen land, auf das genau die Kriterien zutreffen, die für In- aufgebaut. vestmententscheidungen herangezogen werden: Mit dem ersten skalierbaren Drohnenleitstand, Harbour Lab ist in der maritimen Logistik aktiv, zahlt der mehr als 100 Drohnen gleichzeitig managen auf Digitalisierung ein und verknüpft als Plattform und fernsteuern kann, hat HHLA Sky den Deut- verschiedene Akteure in der maritimen Logistik und schen Innovationspreis gewonnen. adressiert dadurch ganz dezidiert ein Kundenprob- lem als Schnittstelle zwischen Reedereien und Port Authority. Informationen unter: hhla-sky.de Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 17
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION © HHLA / Martin Elsen Eine Digitalisierung im Hafen ist an vielen Stel- len möglich. Vielverspre- chende Ideen kommen von Start-ups. Kerngedanke solcher Investments ist durchweg, „Wir haben uns über 2.000 Unternehmen angeschaut, dass durch das Zusammenspiel aus Industrie-Know- 700 davon haben es in unsere Datenbank geschafft. how und Projekt- und Venture Building-Know-how Und der ,perfect fit‘ ist nicht ganz so einfach zu finden. gute Ideen und erfolgreiche Ventures entstehen sol- Erst mal muss er natürlich zur HHLA-Strategie passen. len. Hinzu kommt das Angebot von begleitenden Das heißt auf Digitalisierung und Nachhaltigkeit einzah- Services wie zum Beispiel Finanzen oder Controlling, len. Wir haben einen starken Innovationsfokus bei der strategischer Unterstützung, Marketing und Kom- HHLA. Dementsprechend muss es schon mal per se ei- munikation für die Unternehmen. ne neuartige Geschäftsidee sein“, erläutert Lode. Auch wenn dank Fonds gerade Start-ups vielverspre- chende Investmentmöglichkeiten darstellen können, BEOBACHTEN UND INNOVATION ERKENNEN liegt der Fokus nicht allein auf jungen Unternehmen, Wie viele Markterfahrungen gibt es schon? Wie viele stellt Simone Loder heraus: „Wir beschäftigen uns Kundinnen und Kunden sind schon an Bord? Werden nicht nur mit Start-ups, sondern mit innovativen, also entsprechende Umsätze und damit auch Ergebnisse auch schon reiferen Unternehmen, die es schon län- erzielt? Und wie viele Finanzierungsrunden hat dieses ger am Markt gibt.“ Selektiert wird dabei nach festge- Unternehmen schon hinter sich? Diese Fragen stellen legten Kriterien und in verschiedenen Etappen. für Lode und ihr Team die Grundlage für Auswahlkrite- rien dar. Gleichzeitig geht es auch immer darum zu prü- fen, ob eine strategische, langfristige Partnerschaft für „Wir haben uns über beide Seiten attraktiv ist und Wachstum verspricht. 2.000 Unternehmen Strategisch gesehen steht an oberster Stelle der Inves- Nele Martensen titionsentscheidung vor allem ein Punkt, der unweiger- angeschaut, 700 da- lich in der Konzernstrategie der HHLA begründet liegt: © HHLA der Gewinn. Auftrag der HHLA Next ist, neue strategi- von haben es in unsere sche Geschäftsfelder für die HHLA zu entwickeln – und Datenbank geschafft.“ damit verbunden ein langfristiger Gewinnerzielungs- auftrag. Ein Unternehmen ist somit dann interessant, Simone Lode, Geschäftsführerin HHLA Next wenn es ein Marktsegment bedient, das auch zukünf- tig hohe Wachstumsraten verzeichnen wird. Gleichzei- 18 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■ tig, so ein weiteres Kriterium, soll das Unternehmen Standort für Start-ups – viele mit einem maritimen nicht nur von Kapital profitieren, sondern auch vom Schwerpunkt. Der Digital Hub Logistics Hamburg ist Marktzugang durch die HHLA, damit sind vor allem die enger Partner der HHLA Next und bietet die Möglich- Industrie-Expertise und der Kunden-Zugang gemeint. keitt, in der Start-up Szene noch bekannter zu werden und das Netzwerk ausbauen zu können. Das ist wichtig, HARD FACTS VERSUS SOFT SKILLS gerade weil die Strategie hinter HHLA Next neben dem „Neben den Gründern selbst ist vor allem das Team im internationalen auch den lokalen Markt fördern will: Unternehmen wichtig. Man investiert in erster Linie in „Besseren Kontakt zu Start-ups pflegen, um dann unse- das Team, das Gründerteam, die wesentlichen Mitar- ren Deal Flow zu füllen, wie man so schön sagt. Und beiterinnen und Mitarbeiter. Und dann kommen Ge- das nicht nur auf dem internationalen Parkett, sondern schäftsidee und alle weiteren Kriterien. Das heißt, alle natürlich auch hier in Hamburg. Hier kommen wir her müssen mit Leidenschaft dabei sein, müssen eine hohe und hier fühlen wir uns zu Hause“, betont Simone Lode. Professionalität an den Tag legen, wissen, wovon sie reden, und am Ende muss es ein Kundenbedürfnis be- VIELE START-UPS ERFOLGREICH AM MARKT friedigen. Das zeigt sich dann natürlich an der Markt- Über die Förderung bestehender Unternehmen hin- durchdringung und an den Kundinnen und Kunden, die aus hat die HHLA-Tochter übrigens bereits ein gan- sie akquirieren“, erklärt Simone Lode. zes Portfolio an erfolgreich am Markt bestehenden Deswegen reicht eine Kriterien-Tabelle nicht aus. Teil HHLA-Unternehmen geschaffen, die innovative Lö- der HHLA-Next-Philosophie und eines jeden Auswahl- sungen für Luft, Wasserwege und Schiene bieten. prozesses ist es, die Gründer und das Team auch im Ein ganz neues Projekt, das noch in den Startlö- persönlichen Gespräch kennenzulernen. chern steckt, ist dabei heyport. „In naher Zukunft Erst wenn Hard Facts und Soft Skills geprüft sind, steht wird heyport als eigenes Unternehmen am Markt die Investitionsentscheidung an: „Wenn wir alle unsere sein, als eine Plattform für die Koordination rund Kriterien so weit mit einem grünen Haken versehen ha- um einen Port Call. Das heißt, heyport unterstützt ben, dann würden wir in eine vertiefte Prüfung des Un- bei der Koordination und Kommunikation von ternehmens einsteigen. Das nennt man dann Due Dili- Schiffsanläufen in Häfen weltweit und ist somit in- gence. Wir durchleuchten alle wesentlichen Bereiche teressant für Terminal Betreiber, aber auch für Ree- des Unternehmens ganz genau – kommerzielle, finanzi- dereien“, verrät Simone Lode. ■ Birte Hirsch elle und technische Bereiche, aber auch rechtliche und steuerliche Seiten. Wir checken einmal das Unterneh- men auf Herz und Nieren. Wenn es da keine Einwände Informationen gibt, warum wir investieren sollten, dann kommen wir unter: hhla-next.de hoffentlich zu einer positiven Investitionsentscheidung.“ Räumlich ist man bei HHLA Next offen: Denn Hamburg etabliert sich zunehmend insgesamt als attraktiver Mit HHLA Next lassen sich eigene Ideen realisieren. © HHLA / Nele Martensen Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 19
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION Ausdrucken hat ausgedient Hansaport ist das am weitesten automatisierte Schüttgut-Terminal der Welt. Nun sollen die Abläu- fe noch stärker digitalisiert und dadurch noch effizienter werden, wie ein aktuelles Projekt zeigt. Viele Prozesse – etwa der Datenaustausch zur Erstel- Seit sechs Monaten sind die Abläufe nun digitalisiert. lung von Frachtdokumenten – sind bei Hansaport Die implementierte IT-Lösung minimiert – insbeson- schon lange digitalisiert. Bis vor Kurzem gab es aller- dere in Stresssituationen unter anderem in der Steuer- dings auch noch einige lange Wege für die in- und warte – das Risiko von Übertragungsfehlern erheb- externe Kommunikation bei Deutschlands größtem lich: „Wenn ein Auftrag bei der Zentrale eingeht, Umschlagunternehmen für Kohle, Erz und Baustoffe. geben wir über die Plattform den Lageplatz vor“, sagt So wurden Informationen zu Standardabläufen wie Schwarz. Und auch die Kommunikation bei der Bela- die Bestellung einer bestimmten Menge auf einem dung hat sich erheblich vereinfacht: Die Steuerung bestimmten Zug in der Regel per Mail oder telefo- sieht den jeweiligen aktuellen Status, sodass nicht nisch ausgetauscht, berichtet der stellvertretende mehr wie früher ständig telefoniert werden muss. An Abteilungsleiter Betrieb, Michael Schwarz. den Verladestationen fallen Papier und die händische Ein Beispiel: Die Daten wurden auf- oder abgeschrie- Zuweisung ebenfalls weg: „Die Daten müssen nur ben und mehrfach ausgedruckt, um sie an die Verla- noch abgerufen werden“, freut sich Schwarz. destationen zu verteilen. Dort wurden diese erneut in zwei Systeme eingetragen, jeweils mit Ausdruck und PROTOTYP SPIELT SZENARIEN DURCH in Excel-Listen. „Dabei waren Übertragungsfehler Der Prototyp, der gerade ausgiebig mit den Kollegin- möglich“, so Schwarz. Durch die Angabe etwa einer nen und Kollegen der Salzgitter AG getestet wird, um falschen Sorte kann jedoch ein hoher Schaden bei noch vorhandene Fehler auszumerzen, gibt nun bei- unseren Kundinnen und Kunden verursacht werden. spielsweise vor, welche Materialien wann von wel- Das Ziel lag daher auf der Hand: Um die Prozesse zu chen Lagerplätzen mit welchen Kombigeräten auf vereinfachen und zu verbessern, sollten die Daten welche Waggons verladen werden sollen. In die mehr- nur einmal ins System eingetragen werden, und zwar monatige Testphase wurden auch die Hansaport-Mit- von der Person, die die Bestellung auslöst. Anschlie- arbeiterinnen und Mitarbeiter mit einbezogen, die in ßend nutzen allen Berechtigten in der Logistikkette diesen Prozessen aktiv sind. Ihre Meinungen vervoll- in- wie extern diese Datenbasis. ständigten die Perspektiven, aus denen die Aufgaben- stellung betrachtet wurde. Dabei sind die Mitarbeitenden dem neuen System gegenüber aufgeschlossen, haben sie doch bereits umfangreiche Erfahrungen mit Veränderungsprozes- Die implemen- sen im Rahmen der Automatisierung des Hansaport tierte IT-Lösung sammeln können. Es wurde schnell erkannt, dass minimiert das durch die Anpassung des Systems der Aufwand re- Risiko von Über- tragungsfehlern duziert und Fehler vermieden werden, ohne dass Ar- © Hansaport erheblich. beitsplätze in Gefahr geraten. In einer weiteren Phase wurden dann Kundinnen und Kunden einbezogen, um auch deren Wünsche und Erfahrungen zu berücksichtigen. Die Disponentinnen und Disponenten können nun alle relevanten Verlad- „Wir haben uns deshalb für ein Onlineportal auf un- einformationen wie Zeit, Materialart beziehungswei- serer Webseite entschieden“, erinnert sich Schwarz. se Sorte, Menge und Gewicht im Zuge ihrer Bestel- Ende 2019 gab es erste Gespräche, dann machten lung vorgeben. Anschließend erfolgt ein manueller sich ein vierköpfiges Projektteam eines IT-Dienstleis- Check auf Seiten von Hansaport, der künftig eben- ters sowie zwei Mitarbeitende von Hansaport an die falls digitalisiert werden soll. Arbeit. Die größte Herausforderung neben rein IT- Der Vorteil für die Kundinnen und Kunden: Sie können technischen Fragestellungen: Wer benötigt eigent- jederzeit die Daten und den Status einsehen und ihre lich welche Daten? „Im Vorfeld hatten wir natürlich Bestellung ändern, solange diese nicht in Bearbeitung versucht, die Prozesskette abzubilden, aber Vieles ist. „Wir liefern ihnen quasi ein Live-Abbild“, unter- klärt sich erst im Laufe eines solchen Projektes, be- streicht Schwarz. Statt – je nach Kunde – wöchentlich ziehungsweise entstehen in diesem Prozess auch oder täglich händisch eine Tabelle zu erstellen, daraus Ideen für vereinfachte Prozessabläufe“, erläutert der ein PDF zu generieren und zu verschicken, können die- Betriebsfachmann. se die Bestände nun rund um die Uhr abrufen. 20 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■ WEITERE DIGITALISIERUNGSPROJEKTE sierungs- und Entwicklungsaktivitäten unserer Mut- SIND GEPLANT tergesellschaft Salzgitter AG“, ergänzt Schwarz. Mit dem bereits Erreichten zeigt sich das Entwick- „Die neue Vision und Strategie unseres Hauptge- lungsteam zufrieden: „Wir sind hier auf einem sehr sellschafters ist für uns bei allen Entwicklungen ei- guten Weg, das Projekt ist fast abgeschlossen.“ Im ne starke Motivation, auch in Zukunft gemeinsam Frühjahr 2023 soll nun auf Basis des neuen Bahnmo- mit unseren Kunden und Partnern an der Weiterent- duls auch für die Binnenschiffe ein gleichartiges Sys- wicklung unserer Systeme und Dienstleistungen zu tem entwickelt werden. Erste Schritte wurden dazu arbeiten.“ bereits umgesetzt. Aber es gilt am Hansaport weiter- Deshalb wird heute schon die Zieldefinition für die hin: „Ein fertiges System, das gibt es nicht. Unsere nächste Systemanpassung entwickelt: Schwarz: „Künf- Systeme werden ständig weiterentwickelt.“ tig sollen unsere Kundinnen und Kunden auch unsere Ein weiteres Beispiel dafür ist die Verknüpfung des Daten der Liegeplatznutzung über eine Schnittstelle Hansaport-Systems mit dem Zuglokalisierungssys- automatisch in ihre Systeme einfließen lassen können tem der Deutschen Bundesbahn. Aber auch insge- und beispielsweise ein Seeschiff elektronisch nominie- samt soll die Anlage noch effizienter gemacht wer- ren können. So kommen wir dem übergeordneten Ziel, den, um die Prozesse im Umschlag weiter zu Transparenz über die gesamte Lieferkette zu erhalten, optimieren. „Dieses Projekt fügt sich in die Digitali- immer näher.“ ■ Claudia Behrend (cb) © HHM / Hasenpusch Das Massengutterminal Hansaport wird zunehmend digitalisiert. Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 21
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION Digitale Lösungen unterstützen auch beim Be- und Entladen im Hamburger Hafen. © Hapag-Lloyd 22 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■ Es geht immer noch besser Wie viel Potenzial in der noch engeren Abstimmung der Terminals im Hamburger Hafen mit den Reedereien mithilfe von Digitalisierung steckt, zeigt Hapag-Lloyd durch ein Frachtmonitoring, smarte Stauplanung, IT-gestütztes Screening von Gefahrgut und sofortiges Entladen im Hafen. Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 23
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION Die Überwachung der Ladevorgänge im Hafen zu di- Hapag-Lloyd. „Wir sind dadurch nicht mehr auf die gitalisieren, liegt auf der Hand. Schließlich ist die rei- Informationen der Terminals angewiesen, die zuwei- bungslose Interaktion der Beteiligten im Interesse al- len etwas verspätet kommen.“ Weitere Vorteile sind ler. Dass Logbücher trotz der damit verbundenen die Verkürzung der Hafenaufenthaltszeiten, die Ver- Fehleranfälligkeit noch bis Ende 2021 in Papierform besserung der Zuverlässigkeit der Fahrpläne und die geführt wurden, hat allerdings einen einfachen Grund: Optimierung der Betriebsabläufe an Bord sowie der Die Prozesse sind so komplex, dass es trotz bereits Planung der Besatzung. seit längerer Zeit vorhandener Technologie gedauert Das IT-System beinhaltet ein mobiles Handgerät für hat, bis die Prozesse bei allen am Umschlag Beteilig- die Eingabe der Terminal-Aktivität in Echtzeit und ten etwa fünf bis sechs Partnern gleichzeitig harmoni- ein webbasiertes Dashboard für die Analyse und siert und digitalisiert waren. Überprüfung der Daten. Die Daten werden mit Das IT-System beinhaltet ein mobiles Handgerät für die Eingabe der Terminal-Aktivität in Echtzeit. © Hapag-Lloyd Nachdem das System auf der „Frankfurt Express“ einem Web-Server synchronisiert und sind sofort und vier weiteren Schiffen bereits seit Ende 2020 ge- im Web-Dashboard sichtbar. Dieses wird vom Stau- testet wurde, wird es nun seit August dieses Jahres planer in der Zentrale, aber auch vom lokalen Ha- sukzessive in der gesamten Flotte eingeführt. Mithil- fenbüro (PTO, kurz für Plant and Terminal Opera- fe von „CargoMate“ werden die Frachtvorgänge an tions) genutzt. Das browserbasierte Dashbord Bord digitalisiert. „Damit können wir wie auch alle visualisiert die von dem mobilen Gerät gesammel- anderen Teilnehmer die Lade- und Löschaktivitäten ten Daten und ist von Computern mit Internetan- in Echtzeit verfolgen und hochrechnen, wann das schluss aus zugänglich, wie dem des Kapitäns, des Schiff fertig wird“, erläutert Dr. Ralf Belusa, Mana- Ersten Offiziers und der für den Hafenbetrieb zu- ging Director Digital Business & Transformation bei ständigen Abteilungen an Land. 24 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■ Der Stauplaner bei Hapag-Lloyd arbeitet mit KI und Machine Learning. © Hapag-Lloyd STAUPLANUNG MITHILFE VON KI berücksichtigen“, berichtet Belusa. „Sonst bräuchte Auch in der Stauplanung hat die Digitalisierung im- man für jeden Faktor, beispielsweise Gewicht, La- mer stärker Einzug gehalten. „Anders wäre es in an- de- und Löschhafen, Containerart, besondere La- gemessener Zeit heutzutage auch nicht mehr mög- dung wie Gefahrgut, Ballastplanung, Stabilität, lich, die vielen unterschiedlichen Parameter zu Leercontainer, Leerräume und besondere Kunden- Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 25
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION anforderungen jeweils einen dafür verantwortlichen men, durch die die Planungszeit für große Schiffe mit Menschen.“ Hinzu kommt, dass ein Stauplan nicht einer Kapazität von über 20.000 TEU (Standardcon- statisch ist, sondern immer wieder angepasst wer- tainer) und Anläufen in mehreren Häfen erheblich re- den muss, etwa wenn ein Container nicht duziert wird: Statt wie früher 16 Stunden dauert es (rechtzeitig) angeliefert wird oder sich die Rotation nur noch 40 Minuten, ein Plan für einen einzelnen ändert, beispielsweise weil ein Hafenanlauf auf- Hafen kann sogar in weniger als 15 Minuten erstellt grund eines Staus oder Streiks ausfällt. werden. Das Tool nimmt dadurch aber nicht nur dem Hapag-Lloyd setzt bereits seit 2019 auf die von Sol- Stauplaner viel Routinearbeit ab und lässt ihm mehr verminds programmierte Stauplan-Optimierungssoft- Zeit für die anspruchsvollen Problemstellungen, es ware „Sonata“ und hat das indische Softwareunter- führt auch zu einer schnelleren Abfertigung von nehmen maßgeblich bei der Entwicklung der Schiffen und damit zu einer Kostenreduzierung. „Es Basisfunktionalitäten unterstützt. „Das Tool nutzt KI ist allerdings keine Voll-Automatik, und die wird es und Machine Learning, um unseren Stauplanern in wohl auch frühestens in 30 oder 50 Jahren geben“, Echtzeit einen beziehungsweise mehrere Vorschläge schränkt Belusa ein. zu machen, wie die zu ladenden Container auf dem Schiff verteilt werden sollten“, erläutert Belusa. Es JUST-IN-TIME OPTIMIERUNGSINITIATIVE wird inzwischen bereits auf knapp der Hälfte der der- Dem Ziel, die Schiffsanläufe im Hafen zu optimieren, zeit 253 Containerschiffe von Hapag-Lloyd eingesetzt dient auch JIT, die Just-in-Time Optimierungsinitiative. und ermöglicht auch die Simulation auf mehreren Hapag-Lloyd ist eine der ersten Reedereien weltweit, Schiffen. die sich seit Anfang dieses Jahres daran beteiligen. Herzstück der Software sind Optimierungsalgorith- Mithilfe von JIT soll die Kommunikation der Dienstleis- 26 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■ Hapag-Lloyd möchte mit- hilfe digitaler Anwendun- gen zum schnellen Entla- den beitragen. eingesetzt, an deren Entwicklung Hapag-Lloyd aktiv beteiligt ist. Vorläufer dafür sind bereits in mehreren Häfen im Einsatz, unter anderem in Tanger (Marokko) und Hamburg. „Gerade in Kombination mit Cargomate verbinden sich mit JIT immer mehr Informationsstränge“, freut sich Belusa. Außerdem entwickelt sich dadurch eine gewisse Eigendynamik für alle an der Transportkette Beteiligten, wenn beispielsweise die Information zur spätestmöglichen Anlieferung eines Containers trans- parent und valide ist. Auch die Anbindung an das Slotbuchungverfahren (SBV) sei ein guter nächster Schritt, ist Belusa überzeugt. „Dadurch verbinden wir dann unser eigenes System mit dem Schiffsmanage- ment und dem Optimierungssystem für die Terminals und können dadurch holistischer oder ganzheitlicher optimieren. Das ist auch wichtig, den es gibt immer mehr gemanagte Services, die sich gegenseitig be- einflussen.“ ■ cb Gefahrgut-Screening Rund sieben Prozent der Ladung an Bord ist Schätzungen zufolge Gefahrgut. Nach Anga- ben des Netzwerks Cargo Incident Notification System (CINS), in dem sich neben Hapag-Lloyd 15 weitere Reedereien zusammengeschlossen haben, sind etwa 0,059 Prozent aller Container falsch, nicht oder unzureichend deklariert. Dies geschieht teilweise vorsätzlich, indem bei- spielsweise Synonyme oder Handelsnamen an- © Hapag-Lloyd gegeben werden, aber auch aufgrund mangel- hafter Arbeitsprozesse. Problematisch ist dies nicht an Bord der Schiffe, sondern auch beim Umschlag in den Häfen. Schließlich muss bei- spielsweise gefährliche Ladung spätestens zwölf Stunden vor dem Hafenanlauf angemel- ter – beispielsweise zwischen Reederei, Terminal, Lot- det und später auch gesondert auf dem Termi- se, Hafenbehörde, Schlepper und Festmacher – im nal zwischengelagert werden. Hafenkommunikationsverbund verbessert und stan- Ein Hebel, dieses Risiko weiter zu minimieren, dardisiert werden. ist ein genaues Screening der Ladung, um noch „Unser Ziel ist ‚Berthing on Arrival‘, also sofortiges mehr Gefahrgut zu identifizieren. Hapag-Lloyd Entladen ohne Wartezeit im Hafen, damit die Pier frei setzt dabei mittlerweile auf das Produkt Haz- ist, wenn unser Schiff eintrifft“, erläutert Belusa. Check Detect der gemeinnützigen Gesellschaft „Wenn wir die Liegeplatzsituation rechtzeitig kennen, Exis Technologies. In einer Datenbank werden können wir die Geschwindigkeit des Schiffes darauf Schlag- und Schlüsselwörter für Gefahrgut ana- einstellen.“ Im Vorfeld soll dafür im Rahmen von JIT lysiert, bestimmt und aktualisiert sowie unter 48 Stunden – beziehungsweise noch intensiver 24 anderem von den Teilnehmern selbst gepflegt. Stunden – vor der geplanten Einlaufzeit umfangreich Dabei wird die Datenbank automatisiert über ei- zwischen Reeder und Terminal kommuniziert werden, ne Schnittstelle genutzt, die Software screent da etwa mit jeder Fahrplanveränderung das Zeitfens- dann alle mit Gefahrgut in Verbindung stehen- ter für den Liegeplatz wieder neu mit dem Terminal den Wörter in der Warenbeschreibung. Alle po- abgestimmt werden muss. tenziellen Treffer werden daraufhin von den Diese Kommunikation soll künftig über eine von Port- Reedereien manuell geprüft und gegebenen- chain betriebene, gemeinsam von Reederei und Termi- falls korrigiert. nal genutzte digitale Plattform erfolgen.. Dabei werden die von der DCSA (Digital Container Shipping Associa- Informationen unter: hapag-lloyd.com tion) neu entwickelten Kommunikationsstandards Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 27
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