Die Geschichte des Basler Stadtcasinos (Teil 1) - Kleinbasler ...
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Die Geschichte des Basler Stadtcasinos (Teil 1) Das Gebiet um Stadtcasino und Musiksaal, wie auch die Institutionen selber, blicken auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Diese soll anlässlich des grossen Umbaus durch Herzog & de Meuron näher erläutert werden. Von Karin Rey gebäude abgerissen. So entstand Raum für das erste, von Melchior Berri errichtete Casino. 1843/44 Fassaden auf ehemaliger mussten schliesslich auch die zen- Stadtmauer tralen Klostergebäude beim Bar- Bis zu ihrem Abriss 1820 verlief füsserplatz einem von Christoph entlang des Steinenbergs die soge- Riggenbach errichteten Kaufhaus- nannte «Innere Stadtmauer» mit komplex weichen. Sogar die Kirche dem etwa 15 m breiten Stadtgra- funktionierte er zum Kaufhaus ben. Die dem Steinenberg zuge- um. Nach der Liquidierung der wandten Fassaden des Musiksaals Kaufhaus-Gesellschaft wurde das Barfüsserkirche mit Kaufhaus, um 1860. (DBS) und Stadtcasinos stehen auf den Gebäude bereits 1874 wieder ab- sich heute noch im Boden befin- getragen und an seiner Stelle Steh- fach überarbeitet und der Innen- Während der politischen Un- denden Mauerresten. Da vor der lins Musiksaal errichtet. Für die raum vereinfacht wurde. Da es sich ruhen 1830 bis 1833 infolge der Stadtmauer der Birsig regelmäs- Verwendung der Barfüsserkirche als schwierig erwies, die finanzi- Kantonstrennung, fühlte sich sig Geröll angeschwemmt hatte, gab es die verschiedensten Ideen: ellen Mittel zu beschaffen, konnte die Basler Oberschicht jedoch im wurde die Gegend bereits 1231 als römisch-katholische Kirche, erst 1824 mit dem Bau begonnen Stadtcasino sicherer. Zudem konn- «ad lapides» oder «in lapidibus» Abbruch zugunsten einer Töch- werden. Im selben Jahr wurde die te das Sommercasino auch nicht genannt, woraus dann der Steinen- terschule und sogar ein Hallenbad Casino-Gesellschaft Basel offiziell beheizt, also in den kühleren Mo- berg wurde. darin einzurichten wurde erwo- gegründet. naten gar nicht genutzt werden. Nachdem 1356 der äussere Mau- gen. 1894 zog schliesslich das His- Am 3. Februar 1826 fand die In der Folge ging es mit ihm stetig erring gebaut worden war, wurde torische Museum in das ehemalige Einweihung des neuen Stadt-Casi- bergab, die Sommercasino-Gesell- der zur alten Stadtmauer gehö- Gotteshaus. no mit zwei Sälen statt. Das zwei- schaft versank in Schulden und rende Wasserturm im Bereich der geschossige Gebäude mit erhöhtem fusionierte deshalb 1907 mit der Südfassade des heutigen Stadtca- Das erste Stadtcasino von Mittel- und symmetrischen Seiten- Stadtcasino-Gesellschaft. Den- sinos bis 1820 als Gefängnis für Melchior Berri 1826 teilen war gegen den Steinenberg noch musste das elegante Gebäude Kuppler und Ehebrecher genutzt; Das von der Basler Haute Volée ausgerichtet. 1937 samt Park verkauft werden. der sogenannte Eselsturm auf der dringend erwünschte Casino sollte Höhe des Braunen Mutz als Fol- über eine Schaubühne sowie Säle terkammer und Gefängnis für für Konzerte, Bälle und sonstige Schwerverbrecher. gesellschaftliche Anlässe verfü- Das Barfüsserkloster diente gen. In der damals grössten und ab 1447 als Spital und drei Flügel wohlhabendsten Stadt der Schweiz des Kreuzganges bis ins 19. Jh. schien dies angebracht. Hierfür als «Irrenhaus». Dort herrschten wurde extra eine Kommission ge- erbärmliche Zustände. Nach der bildet. Die Finanzierung geschah Reformation 1529 wurden die Ge- durch Aktien à 400.–. Die Regie- bäulichkeiten des Klosters vor al- rung wollte sich an dem Projekt, lem gewerblich genutzt, dann zog abgesehen zur Verfügung stellen auch eine Knabenschule sowie das des Platzes, nicht beteiligen. städtische Almosenwesen dort ein. Acht Architekten, darunter 1794 erfuhr das Kirchenschiff, wo Melchior Berri, gaben 1821 Pro- einst fromme Gebete ertönten, den jekte für ein Gesellschaftshaus Umbau zu einem Salzlager. in edlem, einfachem Stil ein. Von Mit dem Abriss der Stadtmauer der Funktion als Theater war man 1820 wurden zunächst auch die an abgekommen. Berri erhielt den dieser Stelle stehenden Kloster- Zuschlag, wobei die Fassade mehr- Das erste Stadtcasino von Melchior Berri von 1826. (Copyright Casino-Gesellschaft Basel) Berris Casino erfuhr bereits Aus dem Erlös konnte der Neubau 1856 eine Erweiterung und einen des Stadtcasinos 1938 finanziert Umbau durch Johann Jakob Steh- werden. lin d. J. Der Musiksaal entsteht – Stadtcasino – Sommercasino innerhalb von zwei Jahren Zwischen 1822 und 1824 wurde Trotz der Erweiterung des Casinos ausserhalb der Stadt, an der heu- 1856 durch Stehlin d. J. musste tigen Münchensteinerstrasse, üb- man bereits wenige Jahre später, rigens auch das Sommercasino um 1860, feststellen, dass dessen errichtet. Die Basler Oberschicht, Konzertsaal mit 540 Plätzen für die sich in den Sommermona- die musikbegeisterte Stadt zu klein ten auf ihre Landsitze zurückzog, war. Dazu kam, dass sich die bis- verlangte nach einem in der Nähe her 30-köpfigen Orchester auf bis liegenden Gesellschaftshaus für zu 60 Musikerinnen und Musiker geselliges Zusammensein. Neben vergrösserten. Tanzen, Kegeln und kulturellen 1872 richteten sich die Aktionäre Barfüsserkloster mit Steinenberg. Veranstaltungen fanden dort auch der Casino-Gesellschaft wie auch (Ausschnitt aus dem Vogelschauplan von Matthäus Merian d. Ae., 1615) Konzerte statt. Musik pflegenden Gesellschaften KBZ 07/2020 10
Breite von 21 m und eine Höhe von Komponisten auf Konsolen eine 15 m auf. Stehlin selber meinte, Auflockerung. dass die ausgezeichnete Akustik vielleicht dem arithmetischen Ver- Kulturzentrum am hältnis der drei Raumdimensio- Steinenberg nen zu verdanken sei. Der Basler Bereits in der ersten Hälfte des Musiksaal gehört jedenfalls noch 19. Jahrhunderts begann die heute zu den sechs besten Konzert- Umwandlung dieser Gegend am sälen der Welt. Damals verfügte er Rand der Innenstadt zu einem über 1300 Sitzplätze. Kulturzentrum. Nach dem Casi- no von Berri 1824–1826 entstand Pavillonartiger Anbau für 1831–1834 gegenüber, an Stelle des den Hans Huber-Saal und ehemaligen Steinenklosters, das Nebenräume 1903–1905 sogenannte Blömleintheater, eben- Da das Angebot an Nebenräu- falls von Berri. 1872 folgten die men sehr beschränkt war, wurde, Kunsthalle, 1873–1875 das Stei- Sommercasino, 1870. (DBS) ebenfalls von Stehlin,1893–94 im nenschulhaus, 1875 das ehemalige Norden, gegen der Barfüsserplatz Stadttheater, 1876, wie erwähnt, mit einem Aufruf an die Basler umrahmen schlanke, hohe Rund- hin, ein eingeschossiger Anbau re- der Musiksaal und 1887 der Anbau Bevölkerung, eine grosse «Tonhal- bogenfenster. Diese sind bekrönt alisiert. 1894 fand übrigens auch der Skulpturhalle an die Kunsthal- le» zu bauen, also das alte Casino von Dreieckgiebeln mit Kartu- der Wechsel von Gaslicht zur elek- le, womit dort der umschlossene durch den Anbau eines grossen schen. Die drei mittleren Medail- Musik- und Festsaals zu erweitern. lons darin zeigen die Porträts von Allgemein ging man im Laufe des Beethoven, Mozart und Haydn, 19. Jahrhunderts dazu über, eigen- die beiden äusseren Embleme von ständige Konzerthäuser zu bauen. Musik und Gesang. Die das Gebäu- Die Projektpläne für den neuen de rahmenden Achsen sind etwas Musiksaal stammten ebenfalls von breiter und durchgängig rustiziert. Johann Jakob Stehlin d. J. Nach Abgeschlossen wird der Musiksaal dem Abriss von Riggenbachs Kauf- von einem Walmdach aus Blech haus 1874 entstand der neue Mu- und Schiefer. siksaal innerhalb zwei Jahren und In seiner Gestaltung mit baro- war 1876 vollendet. cken und klassizistischen Elemen- Als Erweiterung des bestehen- ten weist er grosse Ähnlichkeit mit den Casinos wurde er in einer der Kunsthalle sowie dem ehema- Flucht mit diesem, mit denselben ligen Stadttheater auf. Geschossniveaus und derselben Im Innern präsentierte sich der Aufriss Musiksaal mit pavillonartigem Anbau, 1891. (Stehlin-Archiv B IX 19a) Gesamthöhe errichtet. Auch stilis- Musiksaal, abgesehen von den tisch passte er sich dem bestehen- Kronleuchtern und den Stuckde- trischen Beleuchtung im Innern Garten entstand. Davon erhalten den Berri Casino an. Er setzte sich korationen, im Wesentlichen wie statt. 1903–1905 erfolgte der pa- sind nur noch die Kunst- und ehe- zwar als eigenständiger Baukörper heute. villonartige Anbau im Osten, also malige Skulpturhalle, das Steinen- davon ab, es gab jedoch zwischen Am 2. Dezember 1876 wurde er gegen den Bankverein hin. Die Plä- schulhaus und der Musiksaal. beiden Gebäuden eine gedeckte eingeweiht und glanzvoll gefei- ne hierfür stammten ebenfalls von 1841 wurde das Gefälle des Stei- Durchfahrt, sodass die in Kut- ert als das erste, eigens gebaute Johann Jakob Stehlin d. J., ausge- nenbergs ausgeglichen und zu bei- schen vorfahrenden Damen und Konzerthaus der Schweiz. Seine führt wurde er jedoch von seinem den Seiten Trottoirs erstellt. Die Herren im Trockenen aussteigen Eröff nung bildete ein Höhepunkt Erben und Neffen, dem Architek- Fahrbahn war jedoch nur im un- konnten. Dabei griff Stehlin auf im Basler Gesellschaftsleben und ten Fritz Stehlin. Somit hatte der teren Drittel gepflastert, der obe- die Bauform der «Schuhschachtel» fand unter dichtem Gedränge statt. grosse Musiksaal Nebenräume wie re Teil bestand nach wie vor aus zurück, so wie fast alle Konzertsäle Die Presse war voll des Lobes über Künstlergeraderoben, Solisten- Schotter. Erst 1928 erhielt er ein des 19. Jhs. gebaut wurden. das neue Zentrum des Basler Mu- und Stimmzimmer erhalten und durchgehendes Strassenpflaster. siklebens – allerdings kam schon nicht zuletzt den für Kammermu- Jedenfalls vollzog sich mit dem Porträts von Beethoven, damals leise Kritik an den zu klei- sik geeigneten Saal, der 1922 den Entstehen dieses Kulturzentrums Mozart und Haydn nen Garderoben und Stimmzim- Namen des Komponisten Hans auch in diesem Quartier Basels der Der in Rustico Stil und aus Kalk- mern auf. Huber erhalten sollte. Übergang von der mittelalterlichen stein gefertigte Unterbau folgt der 1903 wurde aus klimatischen zu einer modernen Stadt. Steigung des Steinenbergs. Recht- Akustik von Weltformat Gründen das Oberlicht des Musik- eckige Fenster bilden eine Auflo- Stehlin war es jedoch gelungen, saals zugemauert. 1905 erhielt er Teil 2 erscheint kurz vor der Wie- ckerung des Erdgeschosses. Darü- eine hervorragende Akustik zu als grosse Bereicherung eine Orgel dereröff nung des Stadtcasinos ber, im zweiten Geschoss, gliedern schaffen, die bis heute internatio- sowie die Stuckdekorationen. Die und berichtet von der glanzvollen vier korinthische Doppelpilaster nale Anerkennung findet. Der Saal Wandfelder zwischen den Fenstern Neugestaltung durch Herzog & de die Fassade in fünf Achsen und weist eine Länge von 36 m, eine erfuhren durch Büsten berühmter Meuron. Berri-Casino mit Musiksaal. (Copyright Casino-Gesellschaft Basel) Steinenberg um 1905. (DBS) 11 KBZ 07/2020
Die Geschichte des Basler Stadtcasinos (Teil 2) Vom 22. bis zum 30. August findet, nach vierjähriger Bauzeit, die Klappstühle ersetzt, jedoch nun Meuron betraut. Am 17. Juni 2013 Neueröffnung des von Herzog & de Meuron umgebauten und glanz- mit dem Boden verschraubt, sodass konnte die Projektstudie vorge- voll gestalteten Stadtcasinos statt. Der vom Umbau nicht tangierte der Saal für anderweitige Anlässe stellt werden. Casino-Aussenbau gegen den Barfüsserplatz hin, stammt aus dem nicht mehr benutzt werden konnte. Die beiden Architekten haben Jahr 1939. Die Wandbemalung, ursprünglich sich für den Umbau um einiges vor allem in Weiss und Rot gestal- mehr Zeit genommen, als ihre Vor- tet, bekam einen orange-rötlichen gänger in den letzten beiden Jahr- Von Karin Rey dansant», einen Tea-Room mit der Anstrich. Auch der Lift im Foyer hunderten. Vier Jahre lang, von grossen Terrasse gegen den Bar- aus Glas und Chrom stammte aus 2012 bis 2016 haben sie geplant, füsserplatz hin sowie kleinere Säle. jener Zeit. Die notwendige Ver- vier weitere Jahre dauerte der Um- Casino-Neubau Der heutige Eingang zur Informa- grösserung von Foyers und Garde- bau. Während der Umbauphase von 1938 bis 1939 tionsstelle von Basel Tourismus roberäumen war aus Platzgründen von 2016 bis vor kurzem hatte sich Der zunehmende Verkehr in der führte damals ins Café Casino. Des nicht möglich. Ebenso wurde auf die Casino-Gesellschaft im Musi- Stadt erforderte in den 1930er Jah- Weiteren luden im Erdgeschoss den Einbau einer dringend not- caltheater eingemietet. ren eine neue Verkehrsplanung. eine Weinstube sowie das Restau- wendigen Lüftung verzichtet. 38 Millionen hat die Stadt Ba- Der Zugang zum Barfüsserplatz rant français mit der Apéro-Bar zu sel zu diesem Projekt beigetragen, sollte verbreitert werden. Dabei geselligem Beisammensein ein. Das Projekt Zaha Hadid 35 Millionen kamen durch private stand der Westtrakt des 1824-1826 Der definitive Abschluss des Da zunehmende Unzufriedenheit Spenden zusammen, die verblei- entstandenen Berri Casinos im Casino-Neubaus geschah mit der mit dem Stadtcasino herrschte, bende Summe steuerte die Casi- Weg. Ebenso befand sich dieses Fertigstellung von Alfred Heinrich schrieb die Casino-Gesellschaft no-Gesellschaft bei. Abgesehen in einem renovationsbedürftigen Pellegrinis (1881–1958) Wandbild Zustand und auch das Platzange- an der Westfassade «Apoll und bot erfüllte die Anforderungen der die Musen». Vermutlich war es die Casino-Gesellschaft nicht mehr. Nacktheit der Dargestellten, wel- Der Neubau eines Stadtcasinos lag che Unbekannte dazu brachten, auf der Hand. es kurz nach Vollendung mit Farb- Für dieses wurde 1935 ein Archi- beuteln zu bewerfen. tekturwettbewerb ausgeschrieben. Die beiden Architekten W. Brodt- Renovationen des Musiksaals beck und W. Kehlstadt erhielten Mit dem Neubau des Casinos wur- den Zuschlag zur weiteren Ausar- de 1940 gleichzeitig der 1876 ein- beitung von Raumprogramm und geweihte, grosse Musiksaal neu Grundrissdisposition. Das Aus- hergerichtet. Bereits 1939 waren führungsprojekt entstand dann in die Fenster desselben gegen die Bar f üsserk irche hin zugemauert worden. 1964 er- Casino-Projekt von Zaha Hadid. (Visualisierung Mathys Partner Zürich) litten auch die fünf Fenster ge- 2000 erneut einen Architektur- von einer dringend notwendigen gen den Steinen- wettbewerb für ein Neubauprojekt baulichen Sanierung bestanden berg hin dasselbe aus. 2007 erhielt die irakische, die Vorgaben in einer Erweiterung Schicksal wegen 2016 verstorbene Stararchitekt- mit grosszügigen Foyers, Künstler- Lärm durch Tram in Zaha Hadid den Zuschlag. Bei bereichen, Serviceräumen sowie und Auto. einer Volksabstimmung vom 17. einem besseren Raumklima. Die Eine grosse Juni 2007 wurde ihr Vorschlag nutzbare Fläche hat sich von 6›466 Bereicherung für abgelehnt. Wie anschliessende m2 auf 9›078 m2 vergrössert. den Musiksaal be- Befragungen zeigten, war es vor deutete 1971 der allem die Grösse des Neubaupro- Einbau einer neu- jektes, welches die Bevölkerung en Orgel in das abschreckte. bestehende Ge- Ein weiterer Meilenstein in der häuse von 1905. Geschichte des Musiksaals und 1987–1989 er- Stadtcasinos war die Sanierung Tea-Room im Entresol. (Foto: Spreng SWB) fuhr der Musik- der Tramgleise am Steinenberg saal abermals eine 2007 mit doppelelastischer Lage- Zusammenarbeit mit den Archi- Renovation. Die alten Holzstühle, rung. Dadurch konnte der Geräu- tekten Bräuning, Leu und Dürig. mittlerweile gab es 1'500 Sitz- schpegel durch die vorbeifahren- Die Westfassade musste gegen- plätze, wurden durch bequemere den Trams von 46 dB auf 22 dB über dem alten Casino ein Stück verringert werden. Auch im Innern zurückversetzt werden, um den des Musiksaals wurden Renovatio- Anbau Musiksaal. (Foto: Karin Rey) Verkehrsfluss nicht zu behindern. nen vorgenommen. Des Weiteren wurde der Durch- 2017 fand übrigens im Museum Glücklicherweise haben die Star- gang zwischen Casino und Mu- Kleines Klingental eine Ausstel- architekten bestehendes, neoba- siksaal aufgehoben und durch das lung über die Bedeutung des Mu- rockes Gebäude erhalten und in zentrale Foyer, das alle Räume siksaals vom 19. Jh. bis zur Gegen- demselben Stil erweitert. Der alte, miteinander verband, ersetzt. wart statt. mangelhafte Foyer-Anbau aus den Im Mai 1938 begann der Ab- 1930er Jahren wurde abgerissen. riss des Berri Casinos und bereits 77,5 Millionen Umbau An dessen Stelle, zwischen Mu- am 16. Dezember 1939 konnte das des Musiksaals durch siksaal und Stadtcasino, befindet neue Casino eingeweiht werden. Herzog & de Meuron sich nun wieder ein Durchgang, Auf Initiative der Casino-Ge- der den Namen «Konzertgasse» Restaurant dansant sellschaft hin und in enger Zu- erhalten hat. Ein solcher hatte als und Weinstube sammenarbeit mit den Behörden Kutschenvorfahrt auch zwischen Damals gab es noch im soge- Zumauerung der Fenster gegen entstand das Projekt «Erweite- dem alten Berri Casino und dem nannten «Entresol», also im Zwi- den Steinenberg hin 1964 (Copyright rung Stadtcasino Basel». Mit der Musiksaal bestanden. Der Eingang schengeschoss, ein «Restaurant Casino-Gesellschaft Basel) Ausführung wurden Herzog & de zum Casino ist jetzt gegen den Bar- KBZ 08/2020 18
füsserplatz ausgerichtet, sodass sammenarbeit mit der Kantonalen das Gedränge auf dem Trottoir am Denkmalpflege Basel-Stadt, in den Steinenberg entfällt. Einen zwei- Zustand von 1905 zurückversetzt. ten Zugang gibt es von der Thea- Damals, gleichzeitig mit dem An- terpassage her. Der Abschnitt zwi- bau des Hans Huber-Saals durch schen dem Stadtcasino Basel und Fritz Stehlin, hatte er im Wesentli- der Barfüsserkirche trägt seit 2017 chen seine jetzige Ausstattung mit neu den Namen «Fasnachtsgasse». den Stuckdekorationen sowie den Als Raffinesse der Architekten: Büsten berühmter Komponisten Der gesamte, neue Erweiterungs- in den Wandfeldern zwischen den bau gegen die Barfüsserkirche hin Fenstern erhalten. Auch die Orgel ist mit einer Stahlbetonwand ver- wurde damals eingebaut. Eine Vor- sehen, hat jedoch eine Verschalung gabe der Kantonalen Denkmalpfle- aus Holz erhalten. Aus der Distanz ge Basel-Stadt war die originale optisch vom bestehenden Steinbau Farbgebung von 1876. Sie konnte nicht zu unterscheiden, ist aus der aufgrund von Johann Jakob Steh- Nähe die Holzmaserung erkenn- lins Skizzen und Entwürfen sowie bar. Übrigens war auch bei der Farbspuren wieder rekonstruiert Musiksaal. (Copyright Casino-Gesellschaft Basel) Erbauung des Musiksaals 1876 das werden. Prägend für den Raum- massive Dachgesims in Holz aus- charakter sind die rot marmorier- geführt und in demselben Farbton ten Säulen und Pilaster auf hellem wie die Fassade überstrichen wor- Grund. den. Die Säulen im Musiksaal wur- den ebenfalls aus Holz gefertigt, Fenster und Oberlicht mit Gips überzogen und mittels wieder geöffnet Malerei Marmor vorgetäuscht. Das Oberlicht sowie die Fenster, die den ursprünglichen Bau von 1876 Eingangsbereiche in erhellten und später zugemauert kräftigem Rot worden waren, wurden wieder ge- Im Innern sind die Wände der öff net und mit schalldichtem Glas Eingangsbereiche und des Sous- versehen. Da die Orgel von 1971 sols, wie auch Treppenaufgänge nicht mehr den heutigen Ansprü- chen genügte, ersetzte man sie durch eine neue. Die samtbezo- genen Klappsit- ze orientieren sich an der ur- sprünglichen Bestuhlung. Hans Huber-Saal. (Copyright Casino-Gesellschaft Basel) Allerdings sind sie etwas breiter er, schwebender Holzfussboden Der Bankier Friedrich Riggen- und erlauben mit integrierter Zuluftführung. bach-Stehlin veranstaltete in sei- auch mehr Bein- Auch der Hans Huber-Saal durf- nem Kettenhof an der oberen Frei- freiheit, sodass te aus denkmalpflegerischen Grün- en Strasse mit seiner Frau begehrte sich die Anzahl den in seiner Grundstruktur nicht Hauskonzerte, öfters mit Clara Foyer UG. (Copyright Casino-Gesellschaft Basel) Sitzplätze von vor- verändert werden, ist jetzt jedoch Schumann, Johannes Brahms und direkt von den neuen Foyers aus Joseph Joachim. Clara Schumann und Gardero- zugänglich. Der ehemalige Fest- trat dann auch im Stadtcasino auf. benräume im saal existiert in seiner ursprüngli- Franz Liszt beehrte 1835 Daniel Untergeschoss chen Form nicht mehr. Heusler-Thurneysen in der St. Al- in kräftigem Im Dachgeschoss des neuen ban-Vorstadt mit einem Hauskon- Rot gehalten. Erweiterungsbaues entstanden zert, zehn Jahre später glänzte er Das Rot wie- neue Räumlichkeiten für die Ca- im Stadtcasino. Der deutsche Kla- derspiegelt sich sino-Gesellschaft. Ebenso wurde viervirtuose und Dirigent Hans zudem teilwei- das Kellergeschoss ausgebaut. von Bülow, der Exmann von Co- se in Metall- sima Wagner, lebte in den 1860er ober f lächen. Basels lange Tradition Jahren sogar einige Jahre in Basel. Die Brokat-Ta- als Musikstadt Bereits 1826 war die Con- pete wurde Basel verdient es, einen derart cert-Gesellschaft gegründet wor- von der 1751 prächtigen Musiksaal erhalten zu den, es folgten der Capell-Verein, gegr ündeten haben. Die Stadt zeigte sich schon die Liedertafel und die Musikschu- Ma nu fac t u re in frühen Zeiten als musikbegeis- le. Gleichzeitig mit der Vollendung Perelle in Lyon tert und zog namhafte Künstle- des Musiksaals durch Johann Ja- h e r g e s t e l l t . Foyer OG. (Copyright Casino-Gesellschaft Basel) rinnen und Künstler an. Bevor kob Stehlin d. J. vereinigten sich Man fühlt sich das erste Casino mit Konzertsaal 1876 vorher selbständig agierende ein wenig an die plüschige Atmo- her 1500 auf 1300 reduziert hat. 1826 von Melchior Berri errichtet Orchesterträger zur Allgemeinen sphäre alter Theaterbauten erin- Da die Eingänge auf einer Stirnsei- worden war, hatten grössere An- Musikgesellschaft mit Friedrich nert. te des Saals aufgehoben wurden, lässe in Zunftsälen stattgefunden. Riggenbach-Stehlin und Johann Das sich über zwei Stockwerke werden sich die Konzertbesucher Konzerte beispielsweise im Kon- Jakob Burckhardt als Präsidenten. erhebende Foyer ist in dezenten, wohl mit mehr Geduld üben müs- zertsaal des ehemaligen Augustin- 1926 bedeutete ebenfalls ein Mei- hellen Farben gehalten und wirkt sen, um an ihren Platz zu gelangen. erklosters an der Augustinergasse, lenstein im Basler Musikleben, in- überaus elegant. Die äussere, nörd- Sämtliche Materialien, sogar im Reinacherhof am Münsterplatz dem Paul Sacher das Basler Kam- liche Wand ist mit Holz verkleidet. Stoffe und Farbe, wurden so aus- 18 oder im Blömleintheater am merorchester gründete. Und bis gewählt, dass die einmalige Akus- Steinenberg. Auch Kirchen dienten zum Zeitpunkt der jetzigen Reno- Originale Farbgebung tik des Saals nicht beeinträchtigt häufig als Konzertsäle. vation war der Musiksaal und der von 1876 wird. Zu den zahlreichen techni- In der Basler Haute Volée waren Hans Huber-Saal fortwährend ein Der Musiksaal wurde, in enger Zu- schen Neuerungen gehört ein neu- auch Hauskonzerte sehr beliebt. herausragender Veranstaltungsort 19 KBZ 08/2020
international bekannter Künstle- Vielfältige Nutzung von te mehrerer Zionistenkongresse. zung des Musiksaals sehr zuwider. rinnen und Künstler gewesen. Stadtcasino und Musiksaal 1947 veranstaltete man einen Rot- Aber die Casino-Gesellschaft war in vergangenen Zeiten kreuz-Bazar «Fir die Eigene». Es auf Mieteinnahmen angewiesen. wurden sogar Boxkämpfe dort aus- Nachdem die Bestuhlung jedoch Das alte, 1938 abgerissene Stadtca- getragen, Kunstausstellungen so- 1988 fest mit dem Boden ver- sino, war von Anbeginn an für An- wie Teppich-Verkäufe lanciert und schraubt worden war, reduzierte lässe verschiedenster Art genutzt vieles mehr. Bälle, beispielsweise sich die anderweitige Nutzung worden. Nicht viel anders verhielt der Tanzschule Fromm, und Ban- stark. Jedenfalls ist zu hoffen, dass es sich mit dem 1876 eingeweihten kette fanden regelmässig statt. Im im Basler Stadtcasino in Zukunft Musiksaal. 1886 beispielsweise lud Musiksaal wurde übrigens nicht zahllose, bedeutende Musikanläs- die Baselstädtische Regierung die nur klassische Musik dargeboten, se stattfinden werden. «Alcoholcommission» zu einem sondern vereinzelt auch Jazz- und Wie die Architekten Herzog & Diner ein. 1887 fand im grossen Rockkonzerte. de Meuron betonen, liegt noch viel Saal zum ersten Mal eine General- Vertretern des Basler Musikle- Potenzial im Barfüsserplatz – es Zweiter Zionistenkongress 1898. versammlung der schweizerischen bens wie auch Musikerinnen und darf wohl voller Spannung auf ein (Copyright Casino-Gesellschaft Basel) Centralbahn statt, 1897 der ers- Musiker war diese profane Nut- neues Projekt gewartet werden! Klangfülle und Nachhaltigkeit – die neue Orgel im Stadtcasino Bald ist er da, der grosse Moment. Im September 2020 wird im Rah- men des Orgelfestival im Stadtcasino Basel die neue Metzler-Orgel im Musiksaal erstmals en public erklingen. Von Lukas Müller hall-Orgeln disponierte «Orchest- ral Swell», das «Récit» mit franzö- Es kommt nicht alle Tage vor, dass sisch-symphonischem Klangbild in einem öffentlichen Kulturort und das Pedalwerk, das trotz der in Basel eine Orgel eingebaut und engen Platzverhältnisse bis zu ei- eingeweiht wird. Jetzt ist es wieder nem Grand Bourdon 32’ ausgebaut einmal soweit. Ausgangspunkt für werden konnte. Als Ergänzung das Projekt einer neuen Orgel war zum fahrbaren Spieltisch auf der die alte Orgel von Orgelbau Genf Bühne kann die Orgel auch von aus dem Jahre 1971. Besagtes Inst- einem zweiten, im Gehäuse einge- rument hätte im Zug der Bauphase bauten Spieltisch aus gespielt wer- im Stadtcasino sowieso revidiert den. Hier steht zusätzlich zu den werden müssen. Aber dann ent- drei bekannten Manualen ein vier- schloss man sich auf Anregung von tes Manual für das mechanische, Babette Mondry und Thilo Muster winddynamische Orgelwerk zur das Projekt eines Orgelneubaus ins Verfügung. Dank diesem Manual Auge zu fassen. Im Jahre 2017 wur- ist es möglich, mit Mikrotönen zu de der Verein Neue Orgel Stadtca- spielen. Ein absolutes Bijou – die neue Orgel im Musiksaal des Stadtcasinos. sino Basel ins Leben gerufen. Im (Foto: zVg) Einvernehmen mit der Casino-Ge- Nachhaltigkeit stand sellschaft konnte schon bald ein im Vordergrund tes Zinn verarbeitet. Dieses Zinn Gehäuse der originalen Orgel von ausgearbeitetes Projekt vorgelegt Beim Bau der neuen Orgel stand stammt von einer Schmelzerei auf Jakob Zimmermann aus dem Jah- werden. Von diesem Zeitpunkt bis beim Einsatz von Holz und Metall der indonesischen Insel Bangka, die re 1905 sowie auf den ebenfalls zur Bewilligung ging es dann nicht die moderne Idee der Nachhal- von der Responsibe Minerals-Initi- unter Denkmalschutz stehenden mehr sehr lange. tigkeit im Vordergrund. Ihr Holz ative zertifiziert wurde. Beim Bau Orgel-Prospekt achten. Der Or- Mit dem Bau der neuen Orgel bezieht die Firma Metzler jeweils der neuen Orgel musste man auch gel-Prospekt wurde von Fachleuten wurde die Firma Metzler aus Die- bei Lieferanten im Umkreis von 30 gut auf das denkmalgeschützte mit grösster Sorgfalt restauriert. tikon betraut. Die technische Pla- Kilometern von Dietikon. Für bei- nung und Leitung hatte Michael spielhaften, nachhaltigen Umgang Klahre von Orgelbau Klahre aus mit dem Werkstoff Holz wurde die Basel inne. Die Orgel verfügt über Firma Metzler von Pro Quercus 56 klingende Register. Diese ver- ausgezeichnet. Für die Orgelpfeifen teilen sich auf das Hauptwerk, das wurden laut Babette Mondry rund mit Bezügen zur englischen Town- zwei Tonnen nachhaltig abgebau- Der im Gehäuse eingebaute Spiel- Der bewegliche, neue Orgel- tisch mit dem 4. Manual für die spieltisch auf der Bühne. Winddynamik. Blick aus dem Orgelinnern in den Musiksaal. (Fotos: Michael Klahre, zVg) KBZ 08/2020 20
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