DIE GRÜNE - rosa liste im ...

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Nr. 100 Februar 2009

DIE GRÜNE

 Zeitung der Stadtratsfraktion Die Grünen - rosa liste in München
               www.gruene-muenchen-stadtrat.de

       OLYMPISCHE WINTERSPIELE 2018 -
           CHANCEN UND RISIKEN
                 Ein Resumee des Olympia-Hearings der Grünen Stadtratsfraktion
                                                            von Sabine Krieger
Die Stadt München hat beschlos-                  hochkonzentrierte Information, unter-        nisses kann das Risiko eingehen, an
sen, sich um die Olympischen                     brochen von reger Diskussion mit vie-        den Wettkampftagen ohne Schnee da-
Winterspiele 2018 zu bewerben.                   len anwesenden Mitgliedern von Ver-          zustehen oder die nötigen Sicherheits-
Die
. Stadtratsfraktion der Münch-                   bänden, Initiativen und auch aus der         auflagen (Fangräume ) nicht zu erfül-
ner Grünen hat die bisherigen                    Stadtverwaltung.                             len. Axel Doering vom BN Garmisch hat
Schritte dieser Bewerbung unter                  Und sind wir nun schlauer? Ich denke         dazu schockierende Bilder von den Ar-
der Voraussetzung mitgetragen,                   schon! Der Nebel hat sich etwas ge-          beiten an der Kandaharstrecke für die
dass die Spiele ökologisch, nach-                lichtet, und es ist klarer, wo unsere For-   Ski-WM 2011 gezeigt.
haltig und fair gestaltet werden.                derungen liegen müssen.                      Doch auf der anderen Seite steht auch
                                                 Es gibt natürlich Dinge, die werden wir      ökologischer Fortschritt: das olympi-
Die Frage, ob diese Voraussetzungen              nicht einfach „wegfordern“ können.           sche Nullenergiedorf, der zweispurige
realistisch sind, ob überhaupt Olympi-           Der komplette Verzicht auf Rodungen          Ausbau der Bahn, innovative ökologi-
sche Winterspiele denkbar sind, die das          für Pisten, auf Schneekanonen und da-        sche Ausgleichs- und Modellprojekte
Prädikat „ökologisch“ verdienen und              zugehörige Beschneiungsseen wird             und vieles mehr. Und das Hearing hat
welche Mindestanforderungen daran                nicht durchsetzbar sein. Denn kein Ver-      uns hier weitergebracht.
zu stellen wären, steht bei den Münch-           anstalter eines Wintersport-Großereig-       Prof. Dr. Roth von der Sporthochschu-
ner Grünen schon seit Monaten immer
wieder auf der Tagesordnung. Zur Klä-
rung dieser Fragen waren Partei und
Fraktion beauftragt, ein Experten-Hea-
ring zu veranstalten.
Entsprechend hoch waren am 28. No-
vember die Erwartungen. Fünf Stunden

        Was drin ist
                                      Seite
Olmpiahearing............................1 - 9
Freie Kunst und Kultur ...............10
„How to build a
womanfriendly city“.....................12
ÖPNV-Offensive.............................14
Erinnerung im
öffentlichen Raum........................16
100 Ausgaben Grüne Mamba....20                   Stadträtin Sabine Krieger im Gespräch mit Axel Doering vom Bund Naturschutz
                                                 in Garmisch und Prof. Ralf Roth von der Deutschen Sporthochschule in Köln

                                                                                               DIE GRÜNE MAMBA • Nr.100 • Februar 2009
2                                                     OLYMPIAHEARING

    le Köln sprach von der Definition von       Auf den folgenden Seite bieten wir eine      Eingriffen in die Natur verbunden ge-
    Regionen nach unterschiedlichen             Zusammenfassung der Expertenbeiträ-          wesen wäre. Alternativen böten sich an
    Funktionen. Für Garmisch hieße das z.B.     ge unseres Hearings am 28.11.08. Die         im Bereich des Hausberges, auf Flä-
    eine klare Ausweisung von Flächen für       einzelnen Beiträge wurden gekürzt            chen, die bereits heute beschneit und
    Pisten (inkl. der ständig wachsenden        und in eine der Schriftsprache ange-         als Abfahrtsflächen genutzt werden.
    Anforderungen des IOC), aber auch die       messene Form gebracht. Abweichun-            Diese würden nun näher untersucht.
    Reservierung von Flächen für hoch-          gen vom gesprochenen Wort waren so-          Das Snow Village: Es gebe ganz kon-
    wertigen Naturschutz . Also besonders       mit unvermeidlich.                           krete Vorgaben, wie ein Athletendorf
    hochwertig ausgestatte Ausgleichsflä-                                                       funktionieren muss: man benötige
    chen - ein Leitprojekt.                     Matthias Schöner                                eine Wohnzone, eine Versorgungs-
    Oder Dr. Brockhagen von atmosfair.          vom Büro Speer                                  zone, darüber hinaus den Bereich der
    Sein Grundprinzip lautete „Konzept          und Partner präsen-                             Plaza, des Zentrums. Wenn alle Ath-
    statt Kompensation“. Das bedeutet,          tierte die Ende letz-                           leten und Offiziellen auf einem Fleck
    erst einmal alle Möglichkeiten auszu-       ten Jahres fertigge-                            wohnen, seien außerdem Sicher-
    loten um CO2 einzusparen, bevor es          stellte Machbar-                                heitsbelange zu berücksichtigen. Ein
    kompensiert wird. Z.B. sollten die für      keitsstudie für die                             Teil der Bauten solle am Standort ver-
    den Transport benötigten Busse mit          Bewerbung. Das                                  bleiben, andere seien rein temporär
    Solarzellen bestückt werden oder mit        Büro Speer arbeitet                             und würden danach umgesetzt und
    Hybridantrieb fahren. Damit wäre der        an einer Konsolidie-                            an anderer Stelle genutzt. Auch das
    Transport CO2 -neutral und keine Kom-       rung der Machbarkeitsstudie und ist          „Media Village“, könnte teils perma-
    pensation vonnöten.                         auch mit der Verfassung der Bewer-           nent, teils temporär errichtet werden.
    Oder Prof. Henning von Winning, der         bungsdokumente beauftragt. Speer             Darüber hinaus sei die Aufgabe der
    dafür plädierte, nicht nur den Bahnaus-     und Partner hoffen, bis Ende Januar          Machbarkeitsstudie gewesen, tempo-
    bau voranzutreiben, sondern die Stra-       einen vertiefenden Konzeptstand zu           rären Parkraum zu schaffen. Sicherlich
    ße kreativ und ökologisch zu nutzen.        erreichen.                                   gebe es auch einen gewissen Shuttle-
    Mit Sammeltaxis, Busspuren und Road         Schöner berichtete, die Machbarkeits-        Verkehr, aber unabhängig davon wer-
    Pricing – gute Ideen, die wir weiterent-    studie sehe vor, in Garmisch den             de man immer einen gewissen Parkraum
    wickeln und weiterverfolgen sollten.        „Snow-Cluster“ zu bilden, mit dem al-        benötigen. Dieser Parkraum solle auf
    Wie geht es nun weiter mit Olympia?         pinen Schwerpunkt und Snowboard im           derzeit brachliegenden Flächen entste-
    Bisher gibt es nur die Machbarkeits-        Bereich Kandahar, Skispringen, Slalom        hen, die gemäß den Planungsvorstel-
    studie, das Bewerbungskonzept wird          und Freestyle am Gudiberg, Biathlon          lungen der Gemeinden später umge-
    jetzt erst erstellt und die gewonnenen      in Kaltenbrunn und Langlauf in Klais.        nutzt werden könnten.
    Erkenntnisse müssen rechtzeitig in den      Ferner benötige man dann ein „Snow           Schöner bezeichnete die Bob- und Ro-
    Planungsprozess eingespeist werden.         Village“, für die Athleten, die im Bereich   delbahn als „ein Highlight jeglicher
    Dazu muss neben dem jetzt schon in-         Garmisch-Partenkirchen ihren Sport           Bewerbungskampagne“. Die Bahn in
    stallierten Beirat (in dem wir mit zwei     ausüben, und verschiedene nachge-            Schönau habe internationales Renom-
    Mitgliedern vertreten sind) auch ein        ordnete Nutzungen, z.B. ein kleineres        mee. Einige Ausbauten, etwa die Än-
    ökologisches Beratungsgremium (für          Medienzentrum.                               derung verschiedener Kurvenradien,
    alle drei Standorte) gegründet werden,      Für die nordischen Skiwettbewerbe            müssten ohnehin gemacht werden, um
    dem auch verschiedene Umweltver-            habe man mittlerweile nach Alternati-        weiterhin im Wettbewerbskalender
    bände angehören. Das Ergebnis wird          ven gesucht, denn am Standort Klais          vorn anzustehen.
    dann zeigen, ob unsere Forderungen          seien massive Auswirkungen auf die           Bezüglich der Infrastruktur Berchtes-
    zum Großteil erfüllt worden sind.           Umwelt zu befürchten. Ca. 3 km weiter        gaden habe man „ein gewisses Ausrei-
    Für München kann dies kein Problem          östlich im Bereich der Gemeinde Barm-        zen der bereits in Planung befindlichen
    sein, die Verkehrs-Infrastruktur ist vor-   see gebe es zwei Wiesenflächen, die          Maßnahmen“ zugrunde gelegt. Der
    handen, das Olympische Dorf eröffnet        fachplanerisch seitens des Naturschut-       Ausbau der A8 - „dazu kann man so
    sogar Chancen, neue energetische            zes bzw. der entsprechenden Fachpla-         und so stehen“ – sei bereits jetzt in ver-
    Standards zu verwirklichen. In Mün-         nungsbehörden mit keiner Restriktion         schiedenen Plänen vorgesehen. Die
    chen ist es nur eine Frage des Wollens,     belegt seien und den Makel, den die          Machbarkeitsstudie habe lediglich vor-
    nicht des Könnens. Für Garmisch da-         bislang in Erwägung gezogene FFH-            ausgesetzt, dass bestehende Planun-
    gegen gibt es noch viele offene Fra-        Fläche in Klais aufgewiesen hat, kom-        gen bis zum Zeitpunkt X realisiert sind.
    gen, vor allem im Naturschutz und im        plett ausgleichen könnten. An der Stelle     Sollte dies nicht möglich sein, weil auf
    Verkehr.                                    am Barmsee könne man zwar nicht von          dem Klagewege diese oder jene Maß-
    Es gilt jetzt, kreative und ehrgeizige      einem Optimum sprechen, aber doch            nahme verhindert wird, werde man ein-
    Lösungen zu finden. Für einen Aus-          eine wesentlich bessere Variante wei-        fach andere Lösungen finden müssen.
    stieg aus dem Projekt „Olympia 2018“        terverfolgen.                                Schon weit im Vorfeld der Machbar-
    ist es zu früh – diese Option bleibt uns    Ähnlich verhalte es sich mit den Snow-       keitsstudie habe man sich auf „zwei
    immer noch offen, wenn wir zu dem           board-Wettbewerben. Auf der zu-              Cluster plus eins“ verständigt: Mün-
    Schluss kommen sollten, dass die Pla-       nächst in Betracht gezogenen Fläche          chen, Garmisch und Schönau. Dies sei
    nungen aus dem Ruder laufen und nicht       im Bereich Kandahar sei abzusehen,           eine rein politische Entscheidung ge-
    mehr zu verantworten sind.                  dass sie zu klein und mit erheblichen        wesen, denn mit einem weiter gefassten
    DIE GRÜNE MAMBA • Nr. 100 • Februar 2009
OLYMPIAHEARING                                                                    3
Ansatz – z.B. mit Ruhpolding und In-         In dem „Leitfaden für umweltfreundli-      74 % berechnet, konnte auf unter 50 %
zell – könne man den Standards des           che Sportgroßveranstaltungen“ von          gedrückt werden.
IOC nicht genügen und würde entspre-         Prof. Roth sind eine Reihe von notwen-     Prof. Roth sprach sich dafür aus, die
chend schlecht bewertet werden.              digen Rahmenbedingungen und ge-            Funktion bestimmter Flächen klar zu
Das Ideale wäre, wenn München oder           setzlichen Vorgaben benannt.*          *   definieren – solche mit primärer Natur-
Garmisch-Partenkirchen komplett alle         Spätestens in der 2. Bewerbungspha-        schutzfunktion und andere eben stär-
Sportarten anbieten könnten, ohne In-        se (für drei in die engere Wahl gezoge-    ker mit Sportfunktion – damit nicht mit
anspruchnahme von Flächen, die in ir-        ne Bewerberstädte) müssen dann sämt-       jeder kleinen Technikänderung und
gendwelcher Qualität nicht zu den Spie-      liche geplanten Baumaßnahmen ganz          Neuausstattung auf einer bestimmten
len passen. Doch das Maximale, was           konkret mit Planfeststellungsverfahren,    Fläche wieder eine Konfliktdiskussion
sich Bewerberstädte erlauben dürften,        Umweltverträglichkeitsprüfungen und        ausbricht. Die Gesamttourismuskon-
seien „zwei Cluster“ – hier eben „zwei       FFH-Verträglichkeitsprüfungen darge-       zeption, auch die Wertigkeit von Natur
Cluster plus eins“, weil die Neuanlage       stellt werden. Deutschland, so Prof.       und Landschaft als Kapital für den Tou-
einer sehr kostenintensiven Bobbahn          Roth, habe hier „ein recht vernünftiges    rismus, müsse gerade bei der Münch-
im Bereich von Garmisch-Partenkirchen        Regelwerk“, was aber andererseits im       ner Bewerbung einen hohen Stellen-
das Ziel der Nachhaltigkeit schlichtweg      Bewerbungsprozess nicht nur Vorteile       wert haben. Eingriffe dürften nur mit
konterkariere.                               bringen könne, denn andere Länder          Augenmaß erfolgen und müssten „mit
                                             könnten eben ganz andere Verspre-          offenem Visier“ kommuniziert werden.
                                                chungen machen. Es sei gleichwohl
Prof. Dr. Ralf Roth
                                                unabdingbar, dass diese Aufgaben
vom Institut für Na-                                                                                          Prof. Dr. Michael
                                                ordentlich abgearbeitet werden.
tursport und Ökolo-                                                                                           Seiler (Institut für
                                                Zur Auswahl der Veranstaltungs-
gie der Deutschen                                                                                             Meteorologie und
                                                orte stellte Prof. Roth – gerade im
Sporthochschule                                                                                               Klimaforschung
                                                Hinblick auf den bereits beschlos-
Köln war Mitver-                                                                                              Karlsruhe und In-
                                                senen Ausbau der Infrastruktur im
fasser des Umwelt-                                                                                            stitut für Klimafor-
                                                Biathlonzentrum Ruhpolding –
konzeptes der Be-                                                                                             schung Garmisch-
                                                fest, dass dies „nicht das Ergebnis
werbung Leipzigs                                                                                              Partenkirchen) hat
                                                einer ökologischen Bilanz“ gewe-
für die Olympi-                                                                                               auch an der Mach-
                                                sen sei, sondern „eine eher sport-
schen Sommerspiele 2018. Er umriss in                                                                         barkeitsstudie
                                             politische Entscheidung im Hinblick
seinem Vortrag zunächst die Anforde-                                                    von Speer und Partner mitgearbeitet.
                                             auf die mögliche Chance von Mün-
rungen, die das IOC auf ökologischem                                                    Prof. Seiler wies gleich zu Anfang dar-
                                             chen, eben mit einem bestimmten Profil
Gebiet an die Bewerbungen richtet, kri-                                                 auf hin, dass die Alpen besonders stark
                                             anzutreten.“ Diese Entscheidung müs-
tisierte aber, dass es bis heute noch kein                                              vom weltweiten Temperaturanstieg be-
                                             se aber zur Folge haben, dass die Fra-
wirkliches Monitoring und keine ganz                                                    troffen sind: In den letzten ca. 100 Jah-
                                             ge nach Folgenutzungskonzepten,
klare nachvollziehbare Zielfixierung                                                    ren stieg hier die Temperatur um 2° C,
                                             nach temporären Maßnahmen und
gebe.                                                                                   global waren es nur ca. 0,9° C. Das Kli-
                                             nach Renaturierung im Raum Garmisch
Neben dem ökologischen „Pflichtpro-                                                     ma der Zukunft hänge maßgeblich da-
                                             einen hohen Stellenwert erhält.
gramm“, nämlich der Orientierung an                                                     von ab, welche Klimaschutzprogram-
                                             Die Ski-WM 2011 in Garmisch-Parten-
dem Grundprinzip, Umweltschäden wo-                                                     me realisiert würden bzw. wie viel CO2
                                             kirchen und die Biathlon-WM in Ruh-
möglich zu vermeiden, sie zu minimie-                                                   noch emittiert werde. Die sich daraus
                                             polding böten Gelegenheiten beim Um-
ren und nur das, was eben nicht ver-                                                    ergebenden Szenarien wiesen jedoch
                                             weltmanagement neue Maßstäbe zu
meidbar ist, entsprechend auszuglei-                                                    erst nach 2030, 2040 große Differenzen
                                             setzen. Allerdings sei zu beachten, dass
chen, gebe es noch die „Kür“: Innova-                                                   auf, denn das Klima sei grundsätzlich
                                             sich Wettkampfordnungen, die Ansprü-
tive Leitprojekte, „durchaus mit inter-                                                 ein sehr träges System und die weitere
                                             che der Fachverbände an Sportstätten
nationaler Ausstrahlung“, die auch                                                      Entwicklung für die nächsten 30 Jahre
                                             und Regelwerke, sich auch danach
helfen könnten, eine Bewerbung durch                                                    schon mehr oder weniger festgelegt.
                                             noch etwas verändern könnten: „Inso-
ein solches Alleinstellungsmerkmal                                                      Der Klimawandel werde aber in den
                                             fern ist es besser, diese Rahmen direkt
aufzuwerten.                                                                            nächsten Jahren an Geschwindigkeit
                                             abzustecken und auch klar zu sagen,
Roth wies darauf hin, dass die vielen                                                   zunehmen.
                                             bis wohin man geht und welche Dinge
unterschiedlichen Akteure und Ent-                                                      Bekannt sei auch, dass der Klimawan-
                                             zu akzeptieren sind und welche nicht.“
scheidungsträger im Bereich der Olym-                                                   del regional sehr stark unterschiedlich
                                             Prof. Roth bezeichnete die Nordische
pischen Spiele es erforderlich machten,                                                 verläuft, insbesondere in den kontinen-
                                             Ski-WM in Oberstdorf als gelungenes
sehr früh mit dem Thema Umwelt prä-                                                     talen Bereichen und in den Gebirgsre-
                                             Beispiel für gutes Umweltmanagement:
sent zu sein, um mitgestalten zu kön-                                                   gionen schneller als im Flachland und
                                             eine sehr gute landschaftspflegerische
nen. Ein gutes Umweltkonzept sei nur                                                    im marinen Bereich. Ein für Bayern er-
                                             Begleitplanung, großzügig geregelte
zu haben, wenn überprüfbare Faktoren                                                    rechnetes regionales Klimamodell habe
                                             Ausgleichsmaßnahmen und moderne
fixiert werden, ob in der Planung, in der                                               bis 2040 einen Anstieg von 1,4 –1,5° C
                                             Kommunikationskonzepte. Der Pkw-
Baumaßnahme, im Betrieb, in der Durch-                                                  ergeben, bis 2018 sei im Mittel mit etwa
                                             Anteil, ohne Umweltkonzept noch mit
führung der Veranstaltung oder für eine                                                 0,3 bis 0,4° C zu rechnen.
eventuelle langfristige Nutzung.             *http://dshs-koeln-natursport.de/down-     Eine solche Temperaturzunahme ent-
                                             load/10000000152.pdf

                                                                                         DIE GRÜNE MAMBA • Nr.100 • Februar 2009
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    spreche etwa den beobachteten Tem-          sind eigentlich die Voraussetzungen         liegen, Wintersport keinen Sinn mehr.
    peraturänderungen in den letzten 13         sehr günstig für die Annahme, dass          Prof. Seiler plädierte dafür, das Problem
    Jahren. Prof. Seiler warnte davor, ge-      Wintersport auch im Jahre 2018 und          der CO2-Emissionen und der Nachhal-
    wisse, auch in der Presse kolportierte      damit die Durchführung der Winter-          tigkeit mit integrierten ganzheitlichen
    Prognosen ernst zu nehmen: „Das Ge-         olympiade durchaus möglich ist.“            Ansätzen, mit Systemlösungen, nicht
    fühl, (...), dass dann hier die Palmen      Das sei die Prognose für die nächsten       Einzellösungen anzugehen. Nicht nur
    wachsen oder die Leute im Bikini sich       10 Jahre. Darüber hinausgehend bis in       die Olympischen Spiele seien nachhal-
    neben den Skiabfahrten sonnen, ist          die Jahre 2070, 2080 könne man – je         tig durchzuführen, sondern die Orte, in
    also im Grunde genommen unsinnig.“          nach Rechenmodell - zu dem Ergebnis         denen die Spiele stattfinden, sollten
    Die Temperaturentwicklung in den ein-       kommen, dass die Schneefallgrenze um        sich nachhaltig entwickeln. Das sei
    zelnen Regionen, sogar in einzelnen         500 m ansteigt, und Wintersport dann        natürlich bei München, einer Groß-
    Tälern sei selbst unter gleicher Wetter-    nur noch in höheren Lagen oberhalb          stadt, relativ schwierig, aber für Gar-
    lage unterschiedlich, jeweils abhängig      von 1.200 m möglich ist. Zwischen 1936      misch-Partenkirchen wäre es machbar.
    von den örtlichen Gegebenheiten -           und 2006 zeigten die Aufzeichnungen         Eine weitere Idee sei es, die Olympi-
    auch in Garmisch-Partenkirchen. Die         der Minimaltemperaturen in Garmisch im      schen Winterspiele als eine offene Dis-
    Abschattung durch den Alpenkamm             Januar generell ein Trend zu niedrigeren    kussionsplattform für den globalen und
    verhindere die Sonneneinstrahlung im        Werten, weil die Anzahl der Tage mit        regionalen Klimaschutz zu verwenden
    Winter fast völlig. Hinzu komme eine        niedrigen Werten, und zwar auch mit         und auf dieser sportlichen Ebene eine
    saisonale Veränderung der Nieder-           neuen Rekorden in den Minuswerten,          „Münchener Deklaration“ herauszuar-
    schlagsverteilung. Klimawandel sei          zugenommen hat - im Grunde genom-           beiten und einen Ideenwettbewerb
    nicht nur eine Temperaturänderung,          men also eine dem allgemeinen Klima-        durchführen.
    sondern auch eine Niederschlagsver-         wandel gegenläufige Entwicklung. Na-        Als „Problemkind“ in Garmisch-Parten-
    teilungsänderung. Und das mache sich        türlich sei nicht jeder Winter gleich, es   kirchen bezeichnete Prof. Seiler den
    insofern sehr stark bemerkbar, als im       gebe relativ warme Winter, dafür auch       Verkehr: die Kessellage, das limitierte
    Hochwinter relativ eine Abnahme der         mal wiederum kältere.                       Parkplatzangebot, eingleisige Bahn-
    Niederschlagstätigkeit festzustellen ist    2007 habe das Orkantief Kyrill den Ski-     strecken, und der Durchgangsverkehr.
    und erst dann die Niederschlagsmen-         gebieten der Alpen so viel Warmluft         Zur Skiweltmeisterschaft 2011 plane
    gen ansteigen. Daraus entstünde der         zugeführt, dass die Pisten relativ          Garmisch, mindestens 50 % der von au-
    interessante Effekt, dass im Januar und     schnell abgeschmolzen seien. In Gar-        ßerhalb kommenden Besucher auf der
    auch zum großen Teil im Februar die         misch habe sich das wegen seiner Tal-       Schiene zu transportieren. Dazu müsse
    Nächte mit klarem Himmel zunähmen,          lage aber nicht so stark bemerkbar ge-      dringend die Schieneninfrastruktur ver-
    die Nächte also kälter würden. Das          macht wie in Kitzbühel, weswegen die        bessert werden, denn „die eingleisige
    wiederum bedeute, dass der Schnee, der      dort ausgefallenen Rennen in Gar-           Strecke schafft jetzt schon für die Ski-
    dort liegt, ob nun künstlich erzeugt oder   misch-Partenkirchen nachgeholt wer-         weltmeisterschaft dieses Volumen
    natürlich vorhanden, nachts tief gefrie-    den konnten. Wenn es in Zukunft wär-        nicht.“ Das entscheidende Problem sei
    re: „Dadurch, dass tagsüber im Grunde       mer werde, bedeute das auch nicht,          hier noch nicht einmal der Transport,
    genommen keine Sonneneinstrahlung           dass im Winter kein Schnee mehr fällt.      sondern die Abstellmöglichkeiten für
    stattfindet und durch die Kessellage        Nur begännen die Schneefälle immer          die Sonderzüge aus Reutte, Innsbruck
    ohnehin die Temperatur in diesem Tal-       später und endeten immer früher: Aus        oder aus dem Norden. Momentan sei
    kessel relativ niedrig ist – da sammelt     ökonomischen Aspekten machte dann           geplant, die Strecke zwischen Gar-
    sich sozusagen dieser Kaltluftsee –,        in diesen Orten, die in 700, 800 m Höhe     misch-Partenkirchen und Untergrainau
                                                                                            zu sperren und das dann frei werdende
                                                                                            Gleis als Abstellfläche für die Sonder-
                                                                                            züge zu nutzen. Das hätte auch den
                                                                                            großen Vorteil, dass im Bereich der
                                                                                            Kandahar ein Behelfsbahnsteig gebaut
                                                                                            werden könne und so die Besucher un-
                                                                                            mittelbar an den Wettkampfort trans-
                                                                                            portiert werden könnten. Aber das, was
                                                                                            zurzeit bei der Bahn geplant werde –
                                                                                            nämlich „da ein bisschen und hier ein
                                                                                            bisschen“ –, sei vielleicht für die Ski-
                                                                                            weltmeisterschaft noch einigermaßen
                                                                                            tragbar, aber für die Winterolympiade
                                                                                            nicht akzeptabel: „Das heißt, wir wer-
                                                                                            den hier mit einem zweigleisigen Aus-
                                                                                            bau rechnen müssen und ihn auch for-
                                                                                            dern müssen.“ In Anbetracht der posi-
                                                                                            tiven wirtschaftlichen Entwicklung in
                                                                                            München und den südlich angrenzen-
     Hier war vorher eine Bergkuppe: Beschneiungssee an der Kandahar                        den Regionen und der zurückgehen-
    DIE GRÜNE MAMBA • Nr. 100 • Februar 2009
OLYMPIAHEARING                                                                      5
den Ölförderung müsse man außerdem          Dr.        Dietrich                              von Bäumen in Deutschland, die erst
davon ausgehen, dass in der Zukunft         Brockhagen ist Ge-                               nach 100 Jahren einen wirklichen
ohnehin die Frage nach einem stärke-        schäftsführer der                                Beitrag zum Fixieren von CO2 leisten
ren Transport auf der Schiene beant-        gGmbH atmosfair in                               und so lange vermutlich nicht ste-
wortet werden müsse. Und da würden          Berlin, deren Ziel es                            hen bleiben würden.
sich jetzt zwei Dinge sehr schön mit-       ist, Fluggesell-                                 Problem dabei sei allerdings, dass,
einander kombinieren lassen, um den         schaften, Reisever-                              bedingt durch den CO2-Emissions-
Ausbau voranzutreiben.                      anstalter und Pas-                               handel, eingesparte Tonnen CO2 aus
Der restliche Verkehr müsse so weit wie     sagiere über Hand-                               Deutschland von der Bundesregie-
möglich auf Busse verlagert werden,         lungsmöglichkeiten                               rung an andere EU-Staaten weiter
gemessen an den CO2- und Abgas-             in Hinblick auf CO2-Kompensation zu           verkauft würden. Insofern bliebe bis zu
emissionen auch ein relativ umwelt-         informieren und diese anzubieten.             dem Zeitpunkt, an dem Deutschland
freundliches Verkehrsmittel. Durch gro-     Grundsätzlich betonte er zu Beginn sei-       nicht mehr seine eingesparten Tonnen
ße Auffangparkplätze solle der Ortskern     nes Vortrags, dass es für atmosfair den       CO2 weiterreiche, letztendlich doch nur
von Garmisch vom gesamten Autover-          Begriff „Klimaneutralität“ in Folge von       die Durchführung von Kompensati-
kehr freigehalten werden, der von au-       CO2-Kompenationsmaßnahmen nicht               onsprojekten in Entwicklungsländern,
ßen kommt. Dafür sei auf Flächen zu-        gäbe, denn der jeweilige Klimaschaden         „denn dort sind die Tonnen nicht ab-
rückzugreifen, die heute schon für ähn-     anlässlich bspw. einer Flugreise besteht      gezählt“.
liche Zwecke benutzt werden und             und „kann nicht wieder gut gemacht            Diese Projekte müssten allerdings kri-
hinterher auch wieder zurückgeführt         werden“. So würde beim Bau neuer Stra-        tisch beurteilt werden. So müsse man
werden können.                              ßen für Olympia 2018, für den ebenfalls       sich laut Dr. Brockhagen die Frage stel-
Maßnahmen zur CO2-Vermeidung wür-           Kompensationsmaßnahmen planbar                len, ob das Projekt wirklich nur durch
den jetzt in großem Umfang in Gar-          wären, zwar gleichzeitig der Einsatz kli-     das bereitgestellte Geld zustande käme
misch-Partenkirchen nicht nur disku-        mafreundlicher Fahrzeuge für die Win-         und ob es nicht eine Technologie un-
tiert, sondern auch schon umgesetzt.        terspiele vorgeschlagen, aber letztend-       terstütze, die „im dritten Jahr schon
Kraft-Wärme-Kopplung werde jetzt viel       lich entstünden systemische Emissio-          business as usual geworden ist“. Dies
stärker unterstützt als in der Vergan-      nen auf längere Sicht gesehen, dies           würde bedeuten, dass das Projekt so-
genheit. Bei den regenerativen Energi-      bedeute: „Wer Straßen sät, wird Ver-          wieso stattgefunden hätte und dass
en seien mit zwei neuen Wasserkraft-        kehr ernten“.                                 durch Nachahmer der Technologie „das
werken schon die ersten Schritte ge-        Dr. Brockhagen wies darauf hin, dass          Projekt nicht mehr zusätzlich“ ist, „die
macht, hinzu kämen verstärkte Anstren-      es schwer zu entscheiden sei, wo man          Atmosphäre hat eigentlich keinen zu-
gungen beim Einsatz von Biomasse.           auf dem Weg z.B. zur Realisierung ei-         sätzlichen Nutzen mehr“ für die restli-
CO2-Kompensationsmaßnahmen soll-            nes Bauprojektes den Schnitt für die          che anvisierte Laufzeit des Kompensa-
ten möglichst in der Region vorgenom-       Einberechnung der entstandenen CO2-           tionsprojektes.
men werden, um damit auch einen ge-         Emissionen für eine geplante Kompen-          Die Projekte von atmosfair förderten je-
wissen Mehrwert zu erzielen. Und na-        sation macht.                                 doch „Technologien, die noch weit vom
türlich müsse es auch ein entsprechen-      Beim Olympischen Dorf allerdings, das         Mainstream entfernt sind“ und zudem
des Abfallmanagement geben.                 mit seinen geplanten Null-Emissions-          handele es sich bei atmosfair um CDM
Ein weiterer Punkt sei die Verbindung       häusern einen deutlichen Vorzeigecha-         (Clean Development Mechanism)- bzw.
der zwei Olympischen Dörfer in Mün-         rakter aufweise, sähe er die bis ins klein-   Gold-Standard-Projekte. Diese garan-
chen und Garmisch-Partenkirchen. Es         ste durchgeführte Analyse von CO2-            tieren, dass ein Prüfer, der sich bei den
sei Vorschrift, dass Sportler und Offizi-   Emissionen was bspw. den Transport            Vereinten Nationen akkreditieren muss,
elle keine öffentlichen Verkehrsmittel      der Baustoffe angeht, als übertrieben         nach Abschluss des Projektes für des-
benutzen dürfen, dazu seien Sonder-         an. „Konzept schlägt hier Kleinkariert-       sen Ergebnisse haften müsse.
züge einzurichten. Wenn das geschafft       heit“.                                        Generell sei es besser, ökologische
sei, entstünde wiederum ein kleiner         Gleiches würde für den zweigleisigen          Möglichkeiten zu nutzen als zu kom-
Wettbewerbsvorteil gegenüber den an-        Ausbau der Strecke Murnau Garmisch            pensieren. Bei Strom für Schneekano-
deren.                                      gelten. Wenn ein Zug auf dem zweiten          nen ergäbe es z.B. keinen Sinn zu kom-
Was in Garmisch-Partenkirchen ge-           Gleis fährt, „muss man den Leuten nicht       pensieren. Dr. Brockhagen betonte, hier
macht wird, sei als nachhaltig zu be-       noch ein schlechtes Gewissen machen           sollte Ökostrom bezogen werden. Sei
trachten, gerade weil in Zukunft in vie-    mit den paar Restemissionen, die dann         Ökostrom nicht zu bekommen, sollten
len Skigebieten Wintersport nicht mehr      noch entstehen“.                              andere Aktionen wie Stromwechselpar-
möglich sein werde. Dann werde sich         Die Finanzierung von Klimaschutzpro-          tys am Rande der jeweiligen Veranstal-
der Wintersport auf ganz bestimmte Ge-      jekten in Entwicklungsländer als Aus-         tung durchgeführt werden, die für mehr
biete fokussieren: Oberstdorf, Berch-       gleich für verursachte Emissionen sah         Ökostrom im Netz sorgen würden.
tesgaden und Garmisch-Partenkirchen.        Dr. Brockhagen kritisch. Primäres Ziel        Bei Flügen hingegen bliebe nur die
Das sei nicht zu verhindern, sollte aber    müsse es sein, die Emissionen unmit-          Kompensation, die dann allerdings alle
möglichst nachhaltig gestaltet werden.      telbar in den Industrieländern durch ge-      Effekte wie CO 2, Kondensstreifen,
                                            eignete Technologien zu senken, nicht         Ozonbildung etc. einbeziehen sollte.
                                            aber beispielsweise durch das Pflanzen

                                                                                           DIE GRÜNE MAMBA • Nr.100 • Februar 2009
6                                                       OLYMPIAHEARING

                                Axel Doering,
                                BN-Kreisvor-
                                sitzender von
                                Garmisch-Par-
                                tenkirchen,
                                sprach sich in
                                seinem Vortrag
                                deutlich ge-
                                gen Olympi-
                                sche Winter-
    spiele in Garmisch aus und kritisierte,
    dass neben der Debatte um die Klima-
    problematik das Thema Umweltschutz
    in Vergessenheit gerate.
    Er stimmte zu, dass die Frage der Nach-
    nutzung der olympischen Infrastruktur
    für eine große Stadt wie München kein
    Problem darstellen werde, in Garmisch-
    Partenkirchen sähe dies anders aus und          Rodungen an der Kandahar-Abfahrt für die Ski-WM 2011
    hier müssten Baumaßnahmen, wie der
    zweigleisige Ausbau von Murnau nach                                                     Pisten auf labilen Gebieten untersage.
    Garmisch oder der Bau des Kramer-              Garmisch nachgeholt wurde, hätten die    In der Folge sei es zu gefährlichen Berg-
    Tunnels auf einer anderen Trasse als           Schneekanonen nicht ausgereicht. Der     rutschen gekommen.
    bisher vorgeschlagen, auch ohne Olym-          Schnee sei mit vielen, vielen Lastwä-    All das, was in dem Gebiet bereits an
    pia als Druckmittel angegangen werden          gen vom Brenner heruntergefahren         Maßnahmen durchgeführt wurde für
    können. Der zweispurigen Ausbau der            worden.                                  die WM 2011, rufe bei einem Wande-
    Bahn durch das grandiose Naturschutz-          Doering kritisierte auch das „München    rer im Sommer ein Gefühl der Verloren-
    gebiet Murnauer Moos könne durch-              plus 2“-Konzept der Machbarkeitsstu-     heit hervor. Doering betonte, „60 % der
    aus Probleme machen, da sei Vorsicht           die, das die vorhandenen Sportstätten    Gäste von Garmisch-Partenkirchen sind
    angebracht.                                    in Oberstdorf und Ruhpolding dem         Sommergäste und nur 40 % sind Win-
    Als besonderes Problem hob Doering             möglichen Erfolg der Bewerbung opfe-     tergäste, und von diesen Wintergästen
    die Ungewissheit des Wetters hervor.           re und statt dessen neue Anlagen in      kommen nur 10 % mit Skiern“.
    „Extreme Wetterereignisse passieren            der Region Garmisch vorsehe: „Das
    immer häufiger...die Winter sind entwe-        kostet Geld und auch Energie und es
    der ganz warm oder ganz kalt“. Er ver-         kostet Land, es kostet Umwelt.“
    wies auch auf die Wetterprobleme bei           Ihm fehle nach den Erfahrungen mit                           Au s dem Auditori-
    den Olympischen Winterspielen 1936,            den Planungen zur Ski-WM 2011 auch                           um nahm Dr. Bartl
    die unter den warmen Bedingungen               der Glaube, dass ökologische Belan-                          Wimmer Stellung,
    beinahe dem Wettergott zum Opfer ge-           ge noch ernst genommen würden,                               langjähriger Kreis-
    fallen wären.                                  wenn es um den Erfolg der Bewerbung                          rat und Fraktions-
    Unter Annahme eines kalten Winters             gehe. Denn bereits für die WM 2011                           sprecher der Grü-
    ohne Schnee benötige man für eine Voll-        hätten sich sich zuvor gemachte Zu-                          nen im Kreistag
    beschneiung 170000 m³ Wasser aus               sicherungen des FIS z.B. im Bezug auf                        Berchtesgadener
    den Speicherseen. Doering verwies              die Kandahar-Abfahrt im Nachhinein                           Land und dort 1992
    darauf, dass zum Zeitpunkt des Hea-            plötzlich als nicht durchführbar her-                        Sprecher der Bür-
    rings für die Vorbereitung des Weltcup-        ausgestellt. Aus einer geplanten Ab-     gerinitiative gegen die Olympischen
    Rennens 2009, bzw. für die Vorproduk-          fahrt wurden plötzlich zwei, und zahl-   Spiele. Er verwies zunächst darauf, dass
    tion des Schnees, die beiden existie-          reiche Bäume mussten weichen.            Berchtesgaden schon eine lange Ge-
    renden Speicherseen schon fast leer            An einigen Fotobeispielen dokumen-       schichte gescheiterter Bewerbungen
    seien. Die Installation der Rohre für die      tierte Doering anschaulich die Zerstö-   hinter sich habe.
    Beschneiungsanlagen für die WM 2011            rung des Bergwaldes und der Hänge in     Seitdem wisse er auch, dass Olympi-
    habe bereits viel Bergwald gefordert,          Garmisch-Partenkirchen für die WM        sche Spiele nicht nach fachlichen Ge-
    auch Schutzwald. „Schneekanonen                2011 und wies auf massive Probleme       sichtspunkten vergeben werden. Es
    sind das Symbol für einen nicht sinn-          anlässlich des fehlenden Wasserrück-     gehe immer um andere Sachen, und
    vollen Umgang mit Energie.“ Weitere            halts durch das Abholzen der Bäume       auch immer um Korruption.
    Erschließungen für Olympia wären eine          hin und das Umstürzen der restlichen     Für die Berchtesgadener Bobbahn sei-
    Katastrophe und „jede Schneekanone             Bäumen in Folge der Erosionen. Er kri-   en olympische Winterspiele eher eine
    kostet Geld.“.....belastet den Steuerzah-      tisierte die miserablen Gutachten, die   Chance. Ebenso seien die olympischen
    ler“. 2007, als - wie Prof. Seiler berichtet   für das Anlegen der Pisten auf dem       Sommerspiele 1972 auch für München
    habe - das Weltcup-Rennen von Kitz-            Tröglhang erbracht wurden, obwohl        wichtig und richtig gewesen, das wolle
    bühel wegen des Orkans „Kyrill“ in             die Alpenkonvention die Anlage von       niemand bezweifeln. Aber aus Berch-

    DIE GRÜNE MAMBA • Nr. 100 • Februar 2009
OLYMPIAHEARING                                                                   7
tesgadener Sicht sei festzuhalten:         arten, die vielleicht zwei-, dreimal im    dann noch einen Busshuttle einsetzen.
Es sei zum einen nicht richtig, dass die   Fernsehen kommen.“                         Aber man habe schon den Versuch un-
Sportler die Bob-Bahn wollen, sondern      Wenn die Planungen für die Straßen-        ternommen, möglichst viele Menschen
faktisch ändere der internationale Bob-    verbindung nach Berchtesgaden, wie         auf Bahn und Bus zu bringen.
sportverband die Homologierungs-           von Herrn Schöner dargestellt, auf den     In der Großstadt, sah Moy keine Pro-
richtlinien alle zwei bis drei Jahre wie   bestehenden Autobahnausbauplänen           bleme, weil die Infrastruktur hier sehr
es ihm passe und dann müssten die          fußen, dann bedeute das, dass der          gut sei und auch sehr überlastungsfä-
Kurvenradien der Bobbahnen geändert        Kampf der momentan gegen einen völ-        hig. Auch in einer kurzen Frist vor den
werden. Und das heiße, die öffentliche     lig hirnrissigen und wahnsinnigen          Spielen könnten beispielsweise Fahr-
Hand, in dem Fall der Träger, nämlich      Ausbau der A8 geführt werde, jetzt         zeuge immer noch nachbeschafft wer-
der Landkreis Berchtesgadener Land -       schon verloren sei. Die Grünen vor Ort     den. Das Problem sei also eher die Re-
habe das dann zu vollziehen oder er        kämpften für einen sinnvollen Lärm-        gion außerhalb.
verliere die Berechtigung diese Wett-      schutz und hileten für sinnvoll, einige    Eine Reise solle ja nicht nur ein Trans-
kämpfe auszuführen. Im konkreten Bei-      Engstellen zu beseitigen. Man sehe         port sein, sondern auch ein positives
spiel gehe es – nur um die Homologie-      sich aber einem Erpressungsversuch         Erlebnis. Wenn so viele Gäste aus aller
rung für Bob wieder zu bekommen –          gegenüber: Nur wenn bis Rosenheim          Welt nach Oberbayern kämen, sollten
um eine Summe von 26 Millionen Euro        der gesamten Autobahnausbau so             sie auch das Reisen mit der Bahn von
öffentlicher Gelder. Zum Vergleich: der    durchgeführt werde, dass sich die ge-      München nach Garmisch genießen und
Gesamthaushalt des Landkreises             samte Straßenfläche mehr als verdop-       sehen, was Deutschland an guter Ei-
Berchtesgadener Landes betrage etwas       pelt, wolle man für die Anwohner Lärm-     senbahntechnik anbieten könne.
über 100 Millionen Euro.                   schutzmaßnahmen bauen. Das sei nicht       Die Verbindung München-Garmisch
Bartl Wimmer: „Jetzt frage ich die Stadt   die Art, wie Winterspiele, ökologisch      benötige heute zwischen 1:25 und 1:35
München: Wenn Sie für eine Rand-           sinnvoll geplant werden könnten. Nur       Stunden. Es gebe heute einen Stunden-
sportart, die vielleicht von 20 bis 30     wenn diese Fragen gelöst würden, hät-      takt mit einigen Verdichtungen im Be-
Aktiven ausgeübt wird, ein Fünftel Ih-     ten die Spiele die Chance, sich den Ti-    rufsverkehr, die jedoch alle länger
res Gesamthaushaltes ausgeben müs-         tel ökologisch zu verdienen.               brauchten. Die Beförderungsleistun-
sen, wo dann eure Position wäre?“                                                     gen seien momentan über den ganzen
Berchtesgaden habe andere Probleme                                                    Tag etwa 12.000 Sitzplätze pro Rich-
– z.B. brauche man 10 Millionen, um                                                   tung. Verglichen mit den Besucherzah-
für 7000 Einwohner das Krankenhaus                                                    len einer olympischen Veranstaltung
mit seinen 400 Arbeitsplätzen zu retten.                                                sei dies deutlich zu wenig.
Zum anderen lebe Berchtesgaden vom         Norbert Moy, Ver-                            Eine höhere Taktdichte scheitere
Tourismus. Langjährige Untersuchun-        treter des Fahr-                             schon am Mangel an Trassen. Die Re-
gen über die Auswirkungen von Win-         gastverbands Pro                             gionalbahnen müssten teils auf den
tersport-Großveranstaltungen zeigten       Bahn, erklärte, ge-                          selben Gleisen fahren wie die S-Bahn.
deutlich, dass hinterher immer der Kat-    meinsam mit den                              Hauptproblem sei aber die Eingleisig-
zenjammer und die Folgekosten kämen.       anderen leidgeprüf-                          keit von Tutzing bis Innsbruck, Züge
In Berchtesgaden gebe es ein noch ein-     ten Fahrgästen die-                          könnten sich nur in Kreuzungsbahn-
deutigeres Übergewicht des Sommer-         ser Strecke das                              höfe begegnen. Gleich südlich von
tourismus als in Garmisch: 80 % Som-       grüne Erbe der                               Tutzing befinde sich ein 9,3 km lan-
mertourismus, 20 % Wintertourismus         Olympiade antre-                             ges Stück, ein „Nadelöhr“, das die Ka-
und im Promille-Bereich Skifahrer.         ten zu wollen - sprich: einen Bahnaus-     pazität der gesamten Strecke bestimme
Berchtesgaden müsse befürchten, Tou-       bau, für den man schon seit vielen Jah-    und unbedingt zweigleisig ausgebaut
risten zu vertreiben, wenn mit der Land-   ren kämpfe.                                werden müsse.
schaft so „herumgeaast“ werde wie das      Mega-Events wie die Olympischen            Pro Bahn setze sich für eine kürzere
für wintersportliche Eingriffe notwen-     Spiele mit öffentlichen Verkehrsmitteln    Fahrzeit ein, realistisch seien 70 Minu-
dig ist: „Geht irgendwer von den Leu-      zu bewirtschaften, sei keine Frage der     ten. Der Trend gehe zum 30-Minuten-
ten, die da sitzen, nach Albertville und   Ökologie, sondern einfach eine Frage       takt, der auf fast allen Strecken rund
macht da Sommerurlaub?“                    der Notwendigkeit, „weil Sie die Leute     um München schon Gefahren werde.
Bartl Wimmer appellierte an die Münch-     anders gar nicht wegbringen.“              Doch auf eingleisigen Strecken lasse
ner, die „Münchner Brille“ abzulegen.      Die Verkehrsinfrastruktur sei, wie schon   er sich natürlich nicht vernünftig um-
Es sei „lachhaft“, die Diskussion auf      erwähnt, die Achillesferse dieser gan-     setzen. Zum Grundtakt sollte noch die
der Basis von ein paar hundert Tonnen      zen Bewerbung. Bei den Olympischen         Möglichkeit kommen, Sonderzüge in
CO2-Mehremissionen zu führen (so für       Spielen in Turin habe man in einer ähn-    den Fahrplan einzupflegen – etwa in-
die Ski-WM 2011 prognostiziert Anm.        lichen Situation, auch weit außerhalb      nerhalb von zwei Stunden ca. 10.000
d. V.), die bei den Winterspielen ent-     der Alpen, Erfahrungen gesammelt, die      Sitzplätze von München nach Garmisch
stünden. Es gehe um die wirtschaftli-      Leute mit öffentlichen Verkehrsmitteln     zu schaffen.
che Existenz der Orte, um gigantische      zu den Austragungsorten zu bringen.        Untersuchungen hätten festgestellt,
ökologische Zerstörungen für einen         Dort sei allerdings kein so guten Zu-      dass in einer Stunde 5-6 Züge von
völligen Unsinn und um das „Raus-          gang bis kurz vor die Austragungsorte      München nach Garmisch fahren könn-
scheißen von Geldern für Randsport-        vorhanden gewesen und man musste           ten - aber nur in einer Richtung, sonst
                                                                                       DIE GRÜNE MAMBA • Nr.100 • Februar 2009
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    breche der Fahrplan sofort wieder zu-       beschleunigen. Aber auch während der      würden. Da gebe es doch ganz andere
    sammen. In der Konsequenz bedeute           Spiele müsse der Rest der Welt, der       Möglichkeiten.
    das auch, dass die Veranstaltungen          nicht zu den Wettkämpfen fahren will,     Es nütze nichts, zu sagen: wir müssen
    zeitlich entzerrt werden müssten, damit     auch noch mit Bahn und Bus irgend-        ja sowieso weiter wachsen. Gerade
    der Andrang der Besucher sich mög-          wie unterwegs sein können.“               Olympische Spiele seien Verkehrsnach-
    lichst gleichmäßig verteilt. Denn es sei    Moys Fazit: „Ohne einen massiven          fragen, die extrem ungleichmäßig zu
    nicht möglich, in einer Stunde 20.000       Bahnausbau hat diese Olympiabewer-        ganz kurzen Zeiten extrem hohe Nach-
    Leute nach Garmisch zu bringen.             bung für Garmisch keine Chance.“          fragen mit sich bringen. Deswegen halte
    Auch müssten sich DB-Netz und Re-                                                     er eine Kapazitätserweiterung im Stra-
    gio besser auf winterliche Verhältnisse                                                  ßenbereich und im Bahnbereich,
    einstellen, angefangen bei Schneeräu-       Prof. Henning von                            zumindest was den Infrastrukturaus-
    mern oder Personal für eine Diesellok,      Winning vom Insti-                           bau angeht, für völlig sinnlos. Die
    die den Schneepflug schiebt. In den         tut für Architektur                          Kapazitätserweiterungen bewegten
    letzten Jahren hätten die Fahrgäste zum     und Raumentwick-                             sich im Promille-, bei der Bahn viel-
    Teil damit leben müssen, dass mal ein       lung an der Hoch-                            leicht im Prozentbereich, und reich-
    Wochenende überhaupt kein Zug fuhr,         schule Liechten-                             ten keinesfalls aus, um Überla-
    weil die DB der Meinung war: Bei 40         stein sprach über                            stungserscheinungen bei einer frei-
    cm Schnee stellen wir den Betrieb ein.      Verkehrsanforde-                             en Nachfrage zu beseitigen. Das
    Wenn aber bei Schneefall der Betrieb        rungen bei Großver-                          gelte in hohem Maße natürlich für
    eingestellt werde, sei das relativ          anstaltungen und                             die Straße: für die Ausbauten des
    schlecht für eine Winterolympiade.          die Organisation                          Autobahn-Ostrings, für die Rosen-
    Positiv verbuchte Moy, dass die Wett-       großer Verkehrsströme. Er bekannte        heim-Salzburger Autobahn, für die
    kampforte in Garmisch sehr gut mit öf-      gleich zu Anfang seines Vortrags: „Ich    Münchner und für die Garmischer Tun-
    fentlichen Verkehrsmitteln erschlossen      finde, diese Olympiade sollte hier in     nel. Solange es keine anderen Restrik-
    werden könnten. Das Olympische Dorf         dieser Region stattfinden.“               tionen für den Autoverkehr gebe , sei-
    läge im fußläufigen Bereich des Bahn-       Das größte ökologische Problem die-       en die auch überlastet.
    hofs, Bergbahnen und Skistadien könn-       ser Olympischen Spiele sei der interna-   Ähnliches gelte für die Schiene. Da sei
    ten mit dem Zug erreicht werden, nicht      tionale Luftverkehr – der allerdings      die Situation sogar noch etwas drama-
    einmal ein Busshuttle sei notwendig.        sowieso stattfinde. Die Flugzeuge wür-    tischer, weil man ja die Straße zumin-
    Allerdings existiere in Garmisch ein gro-   den deswegen nicht mehr. Sie flögen       dest mit Bussen besser auslasten und
    ßes Problem mit den Abstellmöglich-         Tag und Nacht, wenn nicht nach Mün-       so die Kapazität erheblich steigern kön-
    keiten für die Züge. Der 1936 großzü-       chen, dann halt nach Mallorca oder        ne. Bei der Bahn dagegen verschlinge
    gig gebaute Bahnhof sei vor nicht lan-      nach Pukhet. Insofern sei das nicht un-   in der Regel die Infrastruktur rund 85
    ger Zeit massiv zurückgebaut worden         bedingt als Zusatzbelastung zu werten.    % der Kosten. Für die Spitzenbelastun-
    – im Hinblick auf die Olympiabewer-         Und unter allen Gründen, in der Welt      gen die hier vorlägen, sei das eine sehr,
    bung „eine richtig tolle Planung.“ Die      rumzufliegen – sei es, um Plastikstühle   sehr große Verschwendung.
    Züge auf die Strecke Richtung Grainau       in China zu bestellen oder auch, um       Die Olympischen Spiele böten aber eine
    und Ehrwald zu stellen, schaffe neue        schnelle Eingreiftruppen irgendwohin      gute Gelegenheit, gerade die ökologi-
    Probleme, denn die Außerfernbahn sei        zu fliegen –, seien Olympische Spiele     schen Transportsysteme beispielhaft
    ja auch ein Zubringer Richtung Gar-         immer noch der angenehmste Zweck.         darzustellen. Natürlich solle die Schie-
    misch. Die Frage sei dann, wo dieser        Von Winning bemängelte eine gewisse       ne benutzt werden, soweit sie irgend
    Verkehr hin solle in der Zwischenzeit.      „Hasenfüßigkeit“ bei der bisherigen       möglich Kapazitäten bringt. Aber nur,
    Wichtig sei auch, die Bahninfrastruk-       Konzeption. Anscheinend sei das Ziel      indem die Einrichtungen direkt an die
    tur nicht nur für eine Veranstaltung        nicht, ökologische Spiele zu machen,      Schiene gebracht werden. Das sei bis
    auszubauen. Es müsse ein dauerhafter,       sondern nur möglichst wenig Schäden       zu einem gewissen Grade schon der
    ein nachhaltiger Nutzen für alle Bahn-      anzurichten, und zwar indem die Kon-      Fall, es könnte aber noch wesentlich
    kunden entstehen. Die Ski-WM und die        zepte von gestern gegen die von           stärker sein.
    Olympischen Spiele könnten dies alles       vorgestern auch noch ausgetauscht         Für temporäre Belastungen sei aller-
                                                                                          dings die Nutzung der ohnehin vorhan-
                                                                                          denen Straßenkapazitäten, die wesent-
     Zeitplan der Olympiabewerbung                                                        lich bessere Lösung, weil man die Ka-
        „ 2008/2009: Planungsvertiefung, Aufbau der Bewerbung/
                                                                                          pazitäten von überall zusammenführen
        Präsentation                                                                      kann: vom Mini-Van, Sammeltaxi, über
        „ bis September 2009 Benennung des deutschen Bewerbers durch                      den Kleinbus, bis zu dem etwas größe-
        den DOSB an das IOC (Nationale Interessensbekundung)                              ren Bus. Da bleibe allerdings die Frage
        „ 2009/2010 Präsentation der Kandidaten beim IOC (Abgabe Mini-                    offen: „Was machen wir, damit der Bus
        Bidbook im 1. Quartal 2010)                                                       nicht im Stau stecken bleibt?“ Man
        „ Juli 2010 Auswahl von drei Bewerbern - durch das IOC                            könne aber durch ein vernünftiges Ver-
        „ 2010/2011 Detailpräsentation der drei Bewerber beim IOC                         kehrsmanagement dem Bus Vorrang auf
        „ Februar 2011 Besuch der Evaluierungskommission des IOC
                                                                                          der Straße geben, damit die Busse an
        „ Juli 2011 Entscheidung des IOC über den Austragungsort

    DIE GRÜNE MAMBA • Nr. 100 • Februar 2009
OLYMPIAHEARING                                                                  9
den kritischen Punkten an dem Autos-
tau vorbeifahren könnten. Das erfor-          OLYMPISCHE SPIEL(E)RÄUME
dere allerdings auch politischen Wil-                         Ein Kommentar von Siegfried Benker
len und eine ganze Menge elektroni-
sche Raffinesse.                             Obwohl das Thema Olympischen Winterspiele 2018 an sich schon sehr kom-
Diese Lösung sei aber nur zu schaffen,      plex ist, ist es notwendig, den Blick über die Grenzen der gegenwärtigen
wenn der Individualverkehr beschränkt       Debatte hinaus auf den politischen Spielraum der Stadtratsfraktion zu rich-
wird. Deswegen müsse sie mit dem            ten, damit er in der weiteren Diskussion berücksichtigt werden kann.
Road Pricing auch für Pkw verknüpft         Die Mitgliederversammlung der Münchner Grünen hat am 29. April 2008 mit
werden – ein Thema das ohnehin aktu-        überwältigender Mehrheit der Bündnisvereinbarung zwischen SPD, den Grü-
ell werde, wenn die Galileo-Satelliten      nen und der rosa liste zugestimmt. Dort findet sich das Thema „Olympiabe-
funktionieren. Road Pricing sei die ein-    werbung“ an zwei Stellen: Einmal in der Präambel. Der Text dort lautet:
zige Möglichkeit, prognostizierte Über-
                                            „München will nochmals Olympiastadt werden
lastungen nennenswert zu verhindern.
                                            Seit dem einstimmigen Beschluss des Deutschen Olympischen Sportbundes
Die Preise seien sowohl zwischen Teil-
                                            vom Dezember 2007 hat München gute und realistische Chancen den Zu-
räumen als auch zwischen Strecken und
                                            schlag für die Olympischen Spiele im Jahr 2018 zu bekommen. München
Zeiten, in denen Staugefahr besteht, zu
                                            wäre die erste Stadt der Welt, die nach den Sommer- auch Winterspiele
differenzieren. Nur das überlasse dem
                                            ausrichten darf. Olympische und Paralympische Spiele wären für München
einzelnen Verkehrsteilnehmer tatsäch-
                                            eine hervorragende Chance sich der Weltöffentlichkeit als lebenswerte,
lich die Wahl: “Und wenn sich der Preis
                                            moderne und ökologische Metropole zu präsentieren. Kennzeichen der
dann in einem Bus auf 10 oder 50 Leute
                                            Münchner Bewerbung müssen daher ein reichhaltiges kulturelles Rahmen-
verteilt, dann ist natürlich der Bus, ge-
                                            programm und die konsequente Orientierung an den Erfordernissen des
rade in der Spitzenstunde, um ein Viel-
                                            Naturschutzes und der Nachhaltigkeit sein. Die olympischen Spiele 2018
faches attraktiver – über den Preis.“
                                            in München, Garmisch-Partenkirchen und Berchtesgaden müssen als öko-
Im Übrigen seien natürlich gerade die-
                                            logische und nachhaltige Winterspiele geplant werden.“
se Kleinbusse und Sammeltaxis eine
Sache, die gegenüber dem Pkw-Verkehr        Im Kapitel „Sportstadt München“ heißt es ferner: „Im Rahmen der Olympia-
bereits eine Verbesserung in ökologi-       bewerbung wird sich München als Sportstadt präsentieren. Das Bündnis
scher Hinsicht, aber auch in Hinsicht       begrüßt die Chance, den Sport in München nachhaltig attraktiver zu ma-
auf Infrastrukturnutzung um mehrere         chen.“
100 % bedeute. Wenn sechs Leute in          Damit haben die Münchner Grünen grundsätzlich(!) „ja“ gesagt zur Olympia-
einem Automobil sitzen, dann sei das        bewerbung. Nur wenn die Planungen und die Bewerbung sich eben nicht
über das Vierfache dessen, was norma-       konsequent an ökologischen Erfordernissen orientieren, könnte – und müss-
lerweise in einem Pkw sitzt.                te - die Grüne Stadtratsfraktion sie ohne Verletzung des Bündnisvertrages
Zuletzt regte Prof. von Winning an, das     ablehnen. Die Bewerbung wird aber derzeit erst ausgearbeitet und liegt
Augenmerk auf die Entwicklung der           frühestens im Herbst 2009 vor. Erst dann gibt es für die Fraktion eine Ent-
nächsten Autogeneration zu richten.         scheidungsgrundlage – die natürlich vorher mit Partei und Arbeitskreisen
Das Wichtigste sei hier die Beschrän-       rückgekoppelt werden muss. Würde die Partei also jetzt ihren Regierungsauf-
kung nicht nur der Geschwindigkeiten,       trag im Punkt „Bewerbung für Olympische Spiele 2018“ ändern, würde dies
sondern auch der Beschleunigungen           die Fraktion im luftleeren Raum zurücklassen.
– „das Rausnehmen der Konkurrenz            Die gegenwärtige Debatte sollte nicht außer Acht lassen, welche bündnispo-
aus dem Autoverkehr, das allgemeine         litischen Folgewirkungen ein Beschluss gegen die Olympiabewerbung zum
Sanft-hintereinander-her-Fahren.“ Nur       gegenwärtigen Zeitpunkt hätte. Die Position der Grünen zum Großprojekt
das ermögliche eine „Heruntermotori-        Olympische Winterspiele 2018 steht in historischer Folge mit unserem Um-
sierung auf Größenordnungen, wo             gang mit anderen Großprojekten in München: Die Verlagerung der Messe
auch dem Funktionär, der gerade diese       und des Flughafens wurden jeweils mit rot-schwarzer Mehrheit beschlossen.
nette Olympiasiegerin aus Estland zu        Zu heftigen Debatten im Stadtrat führt regelmäßig, dass rot-grün wegen der
einer gemütlichen Fahrt nach München        Grünen nicht in der Lage ist, große Infrastrukturprojekte zu beschließen –
eingeladen hat, das Champagnerglas          und hierzu immer rot-schwarz zusammenarbeiten muss. Dies würde natürlich
nicht umfällt.“                             auch bei der Olympiabewerbung mit all ihren Folgebeschlüssen (Planungs-
Dafür seien aber weder die Münchner         projekte, ÖPNV, Wohnungsbau, Kulturprojekte, Wirtschaftsförderung, Sport-
Nutz-, noch die Münchner Lust-Fahr-         stättenförderung etc.) geschehen. Wer gegen die Bewerbung argumentieren
zeughersteller gerade im richtigen Seg-     will, braucht also gute ökologische Gründe, um ein eventuelles Zusammen-
ment angesiedelt. Aber vielleicht sei das   spiel von SPD und CSU wirklich brandmarken zu können.
ja eine Sache, wo eine Stadt wie Mün-       Da sich aber alle Verantwortlichen einig sind, dass Winterspiele 2018 entwe-
chen, die eine solide rot-grüne Regie-      der ökologisch und nachhaltig sein müssen oder nicht vermittelbar sein wer-
rung hätte, auch mal ihre eigene Indu-      den, gehe ich derzeit davon aus, dass sich viele grüne Vorstellungen in der
strie retten könnte.                        Bewerbung wiederfinden werden. Jetzt ein „Nein“ der Partei gegen eine Be-
                                            werbung, die eine sehr grüne Handschrift tragen wird, würde ich für falsch
                                            halten.

                                                                                    DIE GRÜNE MAMBA • Nr.100 • Februar 2009
10                                                             KULTUR

        MÜNCHENS FREIE KULTURSZENE
          ZUM LEUCHTEN BRINGEN
     „Die Kunst blüht, die Kunst ist an der       tik macht Kunst und auch nicht das         nur gerecht werden, wenn man ihre Au-
     Herrschaft, die Kunst streckt ihr ro-        Kulturreferat. Für den künstlerischen      tonomie und jene der Künstlerinnen
     senumwundenes Zepter über die Stadt          Produktionsprozess aber bessere Rah-       und Künstler achtet, sie sich ohne ein
     hin und lächelt. Eine allseitige re-         menbedingungen zu schaffen, das ist        vordergründiges Nutzenkalkül entfal-
     spektvolle Anteilnahme an ihrem Ge-          Aufgabe der Stadt. Für die großen In-      ten lässt. Diese Entfaltung benötigt
     deihen, eine allseitige, fleißige und        stitutionen ist dies aufgrund ihrer        aber Rahmenbedingungen.
     hingebungsvolle Übung und Propa-             Strahlkraft immer ein bisschen leichter.   Es stellt sich natürlich die Frage, was
     ganda in ihrem Dienste, ein treuherzi-       Es wäre jedoch kurzsichtig zu glauben,     die Politik und speziell die grünrosa
     ger Kultus der Linie, des Schmuckes,         dass München mittelfristig sich damit      Fraktion tut, um die Rahmenbedingun-
     der Form, der Sinne, der Schönheit           begnügen kann, leuchtende Kunstin-         gen zu verbessern und die oftmals an-
     obwaltet ... München leuchtete.“ (Tho-       stitutionen mit Weltrang zu pflegen und    gedrohte Abwanderung von Künstle-
     mas Mann: Gladius Dei, 1902)                 sonst die Dominanz von Wirtschaft          rinnen und Künstlern – entweder geo-
                                                  und Kommerz sich entfalten zu lassen.      graphisch in andere Städte oder beruf-
     Folgt man dem Kulturreferenten Hans-                                                    lich ganz in nicht-künstlerische Brot-
     Georg Küppers, so ist München die               Urbane Kultur braucht                   berufe – zu verhindern.
     „Kunst- und Kulturhauptstadt                       eine freie Szene                     Die Domagk-Ateliers partiell zu erhal-
     Deutschlands“. Leuchtet München                                                         ten ist bei allen Schwierigkeiten gelun-
     wirklich so hell? Auch über ein Jahr-        Gerade für die GRÜNEN ist urbane           gen. Die Rahmenbedingungen für die
     hundert nach Thomas Manns Be-                Kultur noch mehr als BMW-Welt und          Atelierförderung werden verbessert.
     schreibung?                                  Oktoberfest einerseits, Kammerspiele       Und im Rahmen der Planungen zu ei-
     Es drängen sich doch Menschenmas-            und Philharmoniker andererseits. Dazu      nem „Kreativquartier“ (auch als Ersatz
     sen in die Kandinsky-Ausstellung des         gehören sperrige Individualisten wie im    für die im inzwischen zu den Akten ge-
     Lenbachhauses, die Kammerspiele fei-         Theaterbereich Alexeij Sagerer und         legten „Kunstpark Nord“ vorgesehe-
     ern in den deutschsprachigen Feuille-        Berkan Karpat, Metropol- und pathos-       nen Ateliers) sollen Räume für die bil-
     tons Triumphe etwa mit Kriegenburgs          transport-Theater, der Spartengrenzen      dende Kunst geschaffen werden. Da-
     „Prozess“ nach Kafka. Die Fülle des          überschreitende Choreograph Micha          gegen droht der von uns GRÜNEN ge-
     Wohlklangs der Münchner Philharmo-           Purucker und die vielen bildenden          startete Versuch, das lange Zeit auf
     niker unter Generalmusikdirektor Thie-       Künstlerinnen und Künstler, welche         spannende Weise kulturell genutzte
     lemann klingt weit über München hin-         etwa in den Domagk-Ateliers schaffen.      Areal in der Goethestraße 32/34 (gap)
     aus. Und neben diesen städtischen In-        Nur als kreative Stadt haben Metropo-      für die Kunst zu erhalten bedauerlicher-
     stitutionen darf man ja auch die Staats-     len die Chance, Prosperität, tolerant      weise an Geldnöten, Verwertungsdruck
     oper oder die Pinakotheken (mit der          gelebte Vielfalt und experimentelle Im-    und mangelnder Unterstützung in SPD
     neuen Erweiterung um die Brandhorst-         pulse zu verbinden. Dazu gehört aber       und Verwaltung zu scheitern Schließ-
     Sammlung) nicht ganz vergessen.              eine freie Kunstszene im Herzen der        lich ist aufgrund eines Antrags von
     Doch für jene Künstlerinnen und              Stadt. Eine nicht-institutionalisierte     GRÜNEN und SPD zur Stärkung der frei-
     Künstler, die außerhalb der institutio-      multiple und kleinteilige Szene, die dem   en Szene eine Budgetaufstockung im
     nellen Leuchttürme schaffen, ist Mün-        Innen der Institutionen das Außen des      Bereich der bildenden Kunst sowie die
     chen nicht nur ein teures, sondern auch      suchenden Blicks gegenüberstellt, ist      Schaffung eines neuen Etats für die Öf-
     ein schwieriges Pflaster, wo manches         für die Lebensqualität Münchens            fentlichkeitsarbeit für Atelier-Tage u.ä.
     Pflänzchen im Pflasterstrand vertrock-       durchaus essentiell. Gerade hier kön-      geplant.
     net. Ein bezahlbares Atelier, gar in zen-    nen angesichts des sich beschleuni-        Aufgrund des genannten Antrags wer-
     traler Lage, bleibt für viele ein Traum.     genden Wandels neue Perspektiven           den Maßnahmen getroffen und zusätz-
     Als Privattheater über Jahre zu überle-      eröffnet, fruchtbare Irritationen ge-      liche Mittel eingestellt, um „die freie
     ben, ist ein zäher Kampf, bei dem immer      schaffen, Zukunftsentwicklungen äs-        Kunst- und Kulturszene, insbesondere
     wieder eines auf der Strecke bleibt –        thetisch sondiert werden. Hier entsteht    die Bereiche Theater und Tanz, in all
     dem Theater ... und so fort in der Hans-     auch eine Kreativität, die sich woan-      ihrer Vielfalt zu stärken und die Bedin-
     Sachs-Straße wurde die städtische För-       ders fortpflanzen kann – ob hinein in      gungen zu verbessern um sie sowohl
     derung nicht wieder bewilligt und dann       die großen Kulturinstitutionen oder in     lokal als auch überregional präsenter
     noch vom Vermieter gekündigt, sodass         andere gesellschaftlichen Räume wie        werden zu lassen.“ Der Schwerpunkt
     sich die Existenzfrage stellt.               jene von Wissenschaft und (Kreativ-        wird dabei – und auch in den folgen-
     Gibt es ein (künstlerisches) Leben au-       )Wirtschaft (was natürlich auch in um-     den Ausführungen - auf den Bereich
     ßerhalb der Institutionen? Es gibt dies      gekehrte Richtung vorstellbar und          der darstellenden Künste gelegt, da hier
     Leben, es gibt ein großes kreatives          wünschenswert ist). Paradoxerweise         besonderer Entwicklungsbedarf be-
     Potential in dieser Stadt. Nicht die Poli-   kann Kunst all diesen Funktionen aber      steht. Was wir aber auch auf den Weg

     DIE GRÜNE MAMBA • Nr. 100 • Februar 2009
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