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Nr. 100 Februar 2009 DIE GRÜNE Zeitung der Stadtratsfraktion Die Grünen - rosa liste in München www.gruene-muenchen-stadtrat.de OLYMPISCHE WINTERSPIELE 2018 - CHANCEN UND RISIKEN Ein Resumee des Olympia-Hearings der Grünen Stadtratsfraktion von Sabine Krieger Die Stadt München hat beschlos- hochkonzentrierte Information, unter- nisses kann das Risiko eingehen, an sen, sich um die Olympischen brochen von reger Diskussion mit vie- den Wettkampftagen ohne Schnee da- Winterspiele 2018 zu bewerben. len anwesenden Mitgliedern von Ver- zustehen oder die nötigen Sicherheits- Die . Stadtratsfraktion der Münch- bänden, Initiativen und auch aus der auflagen (Fangräume ) nicht zu erfül- ner Grünen hat die bisherigen Stadtverwaltung. len. Axel Doering vom BN Garmisch hat Schritte dieser Bewerbung unter Und sind wir nun schlauer? Ich denke dazu schockierende Bilder von den Ar- der Voraussetzung mitgetragen, schon! Der Nebel hat sich etwas ge- beiten an der Kandaharstrecke für die dass die Spiele ökologisch, nach- lichtet, und es ist klarer, wo unsere For- Ski-WM 2011 gezeigt. haltig und fair gestaltet werden. derungen liegen müssen. Doch auf der anderen Seite steht auch Es gibt natürlich Dinge, die werden wir ökologischer Fortschritt: das olympi- Die Frage, ob diese Voraussetzungen nicht einfach „wegfordern“ können. sche Nullenergiedorf, der zweispurige realistisch sind, ob überhaupt Olympi- Der komplette Verzicht auf Rodungen Ausbau der Bahn, innovative ökologi- sche Winterspiele denkbar sind, die das für Pisten, auf Schneekanonen und da- sche Ausgleichs- und Modellprojekte Prädikat „ökologisch“ verdienen und zugehörige Beschneiungsseen wird und vieles mehr. Und das Hearing hat welche Mindestanforderungen daran nicht durchsetzbar sein. Denn kein Ver- uns hier weitergebracht. zu stellen wären, steht bei den Münch- anstalter eines Wintersport-Großereig- Prof. Dr. Roth von der Sporthochschu- ner Grünen schon seit Monaten immer wieder auf der Tagesordnung. Zur Klä- rung dieser Fragen waren Partei und Fraktion beauftragt, ein Experten-Hea- ring zu veranstalten. Entsprechend hoch waren am 28. No- vember die Erwartungen. Fünf Stunden Was drin ist Seite Olmpiahearing............................1 - 9 Freie Kunst und Kultur ...............10 „How to build a womanfriendly city“.....................12 ÖPNV-Offensive.............................14 Erinnerung im öffentlichen Raum........................16 100 Ausgaben Grüne Mamba....20 Stadträtin Sabine Krieger im Gespräch mit Axel Doering vom Bund Naturschutz in Garmisch und Prof. Ralf Roth von der Deutschen Sporthochschule in Köln DIE GRÜNE MAMBA • Nr.100 • Februar 2009
2 OLYMPIAHEARING le Köln sprach von der Definition von Auf den folgenden Seite bieten wir eine Eingriffen in die Natur verbunden ge- Regionen nach unterschiedlichen Zusammenfassung der Expertenbeiträ- wesen wäre. Alternativen böten sich an Funktionen. Für Garmisch hieße das z.B. ge unseres Hearings am 28.11.08. Die im Bereich des Hausberges, auf Flä- eine klare Ausweisung von Flächen für einzelnen Beiträge wurden gekürzt chen, die bereits heute beschneit und Pisten (inkl. der ständig wachsenden und in eine der Schriftsprache ange- als Abfahrtsflächen genutzt werden. Anforderungen des IOC), aber auch die messene Form gebracht. Abweichun- Diese würden nun näher untersucht. Reservierung von Flächen für hoch- gen vom gesprochenen Wort waren so- Das Snow Village: Es gebe ganz kon- wertigen Naturschutz . Also besonders mit unvermeidlich. krete Vorgaben, wie ein Athletendorf hochwertig ausgestatte Ausgleichsflä- funktionieren muss: man benötige chen - ein Leitprojekt. Matthias Schöner eine Wohnzone, eine Versorgungs- Oder Dr. Brockhagen von atmosfair. vom Büro Speer zone, darüber hinaus den Bereich der Sein Grundprinzip lautete „Konzept und Partner präsen- Plaza, des Zentrums. Wenn alle Ath- statt Kompensation“. Das bedeutet, tierte die Ende letz- leten und Offiziellen auf einem Fleck erst einmal alle Möglichkeiten auszu- ten Jahres fertigge- wohnen, seien außerdem Sicher- loten um CO2 einzusparen, bevor es stellte Machbar- heitsbelange zu berücksichtigen. Ein kompensiert wird. Z.B. sollten die für keitsstudie für die Teil der Bauten solle am Standort ver- den Transport benötigten Busse mit Bewerbung. Das bleiben, andere seien rein temporär Solarzellen bestückt werden oder mit Büro Speer arbeitet und würden danach umgesetzt und Hybridantrieb fahren. Damit wäre der an einer Konsolidie- an anderer Stelle genutzt. Auch das Transport CO2 -neutral und keine Kom- rung der Machbarkeitsstudie und ist „Media Village“, könnte teils perma- pensation vonnöten. auch mit der Verfassung der Bewer- nent, teils temporär errichtet werden. Oder Prof. Henning von Winning, der bungsdokumente beauftragt. Speer Darüber hinaus sei die Aufgabe der dafür plädierte, nicht nur den Bahnaus- und Partner hoffen, bis Ende Januar Machbarkeitsstudie gewesen, tempo- bau voranzutreiben, sondern die Stra- einen vertiefenden Konzeptstand zu rären Parkraum zu schaffen. Sicherlich ße kreativ und ökologisch zu nutzen. erreichen. gebe es auch einen gewissen Shuttle- Mit Sammeltaxis, Busspuren und Road Schöner berichtete, die Machbarkeits- Verkehr, aber unabhängig davon wer- Pricing – gute Ideen, die wir weiterent- studie sehe vor, in Garmisch den de man immer einen gewissen Parkraum wickeln und weiterverfolgen sollten. „Snow-Cluster“ zu bilden, mit dem al- benötigen. Dieser Parkraum solle auf Wie geht es nun weiter mit Olympia? pinen Schwerpunkt und Snowboard im derzeit brachliegenden Flächen entste- Bisher gibt es nur die Machbarkeits- Bereich Kandahar, Skispringen, Slalom hen, die gemäß den Planungsvorstel- studie, das Bewerbungskonzept wird und Freestyle am Gudiberg, Biathlon lungen der Gemeinden später umge- jetzt erst erstellt und die gewonnenen in Kaltenbrunn und Langlauf in Klais. nutzt werden könnten. Erkenntnisse müssen rechtzeitig in den Ferner benötige man dann ein „Snow Schöner bezeichnete die Bob- und Ro- Planungsprozess eingespeist werden. Village“, für die Athleten, die im Bereich delbahn als „ein Highlight jeglicher Dazu muss neben dem jetzt schon in- Garmisch-Partenkirchen ihren Sport Bewerbungskampagne“. Die Bahn in stallierten Beirat (in dem wir mit zwei ausüben, und verschiedene nachge- Schönau habe internationales Renom- Mitgliedern vertreten sind) auch ein ordnete Nutzungen, z.B. ein kleineres mee. Einige Ausbauten, etwa die Än- ökologisches Beratungsgremium (für Medienzentrum. derung verschiedener Kurvenradien, alle drei Standorte) gegründet werden, Für die nordischen Skiwettbewerbe müssten ohnehin gemacht werden, um dem auch verschiedene Umweltver- habe man mittlerweile nach Alternati- weiterhin im Wettbewerbskalender bände angehören. Das Ergebnis wird ven gesucht, denn am Standort Klais vorn anzustehen. dann zeigen, ob unsere Forderungen seien massive Auswirkungen auf die Bezüglich der Infrastruktur Berchtes- zum Großteil erfüllt worden sind. Umwelt zu befürchten. Ca. 3 km weiter gaden habe man „ein gewisses Ausrei- Für München kann dies kein Problem östlich im Bereich der Gemeinde Barm- zen der bereits in Planung befindlichen sein, die Verkehrs-Infrastruktur ist vor- see gebe es zwei Wiesenflächen, die Maßnahmen“ zugrunde gelegt. Der handen, das Olympische Dorf eröffnet fachplanerisch seitens des Naturschut- Ausbau der A8 - „dazu kann man so sogar Chancen, neue energetische zes bzw. der entsprechenden Fachpla- und so stehen“ – sei bereits jetzt in ver- Standards zu verwirklichen. In Mün- nungsbehörden mit keiner Restriktion schiedenen Plänen vorgesehen. Die chen ist es nur eine Frage des Wollens, belegt seien und den Makel, den die Machbarkeitsstudie habe lediglich vor- nicht des Könnens. Für Garmisch da- bislang in Erwägung gezogene FFH- ausgesetzt, dass bestehende Planun- gegen gibt es noch viele offene Fra- Fläche in Klais aufgewiesen hat, kom- gen bis zum Zeitpunkt X realisiert sind. gen, vor allem im Naturschutz und im plett ausgleichen könnten. An der Stelle Sollte dies nicht möglich sein, weil auf Verkehr. am Barmsee könne man zwar nicht von dem Klagewege diese oder jene Maß- Es gilt jetzt, kreative und ehrgeizige einem Optimum sprechen, aber doch nahme verhindert wird, werde man ein- Lösungen zu finden. Für einen Aus- eine wesentlich bessere Variante wei- fach andere Lösungen finden müssen. stieg aus dem Projekt „Olympia 2018“ terverfolgen. Schon weit im Vorfeld der Machbar- ist es zu früh – diese Option bleibt uns Ähnlich verhalte es sich mit den Snow- keitsstudie habe man sich auf „zwei immer noch offen, wenn wir zu dem board-Wettbewerben. Auf der zu- Cluster plus eins“ verständigt: Mün- Schluss kommen sollten, dass die Pla- nächst in Betracht gezogenen Fläche chen, Garmisch und Schönau. Dies sei nungen aus dem Ruder laufen und nicht im Bereich Kandahar sei abzusehen, eine rein politische Entscheidung ge- mehr zu verantworten sind. dass sie zu klein und mit erheblichen wesen, denn mit einem weiter gefassten DIE GRÜNE MAMBA • Nr. 100 • Februar 2009
OLYMPIAHEARING 3 Ansatz – z.B. mit Ruhpolding und In- In dem „Leitfaden für umweltfreundli- 74 % berechnet, konnte auf unter 50 % zell – könne man den Standards des che Sportgroßveranstaltungen“ von gedrückt werden. IOC nicht genügen und würde entspre- Prof. Roth sind eine Reihe von notwen- Prof. Roth sprach sich dafür aus, die chend schlecht bewertet werden. digen Rahmenbedingungen und ge- Funktion bestimmter Flächen klar zu Das Ideale wäre, wenn München oder setzlichen Vorgaben benannt.* * definieren – solche mit primärer Natur- Garmisch-Partenkirchen komplett alle Spätestens in der 2. Bewerbungspha- schutzfunktion und andere eben stär- Sportarten anbieten könnten, ohne In- se (für drei in die engere Wahl gezoge- ker mit Sportfunktion – damit nicht mit anspruchnahme von Flächen, die in ir- ne Bewerberstädte) müssen dann sämt- jeder kleinen Technikänderung und gendwelcher Qualität nicht zu den Spie- liche geplanten Baumaßnahmen ganz Neuausstattung auf einer bestimmten len passen. Doch das Maximale, was konkret mit Planfeststellungsverfahren, Fläche wieder eine Konfliktdiskussion sich Bewerberstädte erlauben dürften, Umweltverträglichkeitsprüfungen und ausbricht. Die Gesamttourismuskon- seien „zwei Cluster“ – hier eben „zwei FFH-Verträglichkeitsprüfungen darge- zeption, auch die Wertigkeit von Natur Cluster plus eins“, weil die Neuanlage stellt werden. Deutschland, so Prof. und Landschaft als Kapital für den Tou- einer sehr kostenintensiven Bobbahn Roth, habe hier „ein recht vernünftiges rismus, müsse gerade bei der Münch- im Bereich von Garmisch-Partenkirchen Regelwerk“, was aber andererseits im ner Bewerbung einen hohen Stellen- das Ziel der Nachhaltigkeit schlichtweg Bewerbungsprozess nicht nur Vorteile wert haben. Eingriffe dürften nur mit konterkariere. bringen könne, denn andere Länder Augenmaß erfolgen und müssten „mit könnten eben ganz andere Verspre- offenem Visier“ kommuniziert werden. chungen machen. Es sei gleichwohl Prof. Dr. Ralf Roth unabdingbar, dass diese Aufgaben vom Institut für Na- Prof. Dr. Michael ordentlich abgearbeitet werden. tursport und Ökolo- Seiler (Institut für Zur Auswahl der Veranstaltungs- gie der Deutschen Meteorologie und orte stellte Prof. Roth – gerade im Sporthochschule Klimaforschung Hinblick auf den bereits beschlos- Köln war Mitver- Karlsruhe und In- senen Ausbau der Infrastruktur im fasser des Umwelt- stitut für Klimafor- Biathlonzentrum Ruhpolding – konzeptes der Be- schung Garmisch- fest, dass dies „nicht das Ergebnis werbung Leipzigs Partenkirchen) hat einer ökologischen Bilanz“ gewe- für die Olympi- auch an der Mach- sen sei, sondern „eine eher sport- schen Sommerspiele 2018. Er umriss in barkeitsstudie politische Entscheidung im Hinblick seinem Vortrag zunächst die Anforde- von Speer und Partner mitgearbeitet. auf die mögliche Chance von Mün- rungen, die das IOC auf ökologischem Prof. Seiler wies gleich zu Anfang dar- chen, eben mit einem bestimmten Profil Gebiet an die Bewerbungen richtet, kri- auf hin, dass die Alpen besonders stark anzutreten.“ Diese Entscheidung müs- tisierte aber, dass es bis heute noch kein vom weltweiten Temperaturanstieg be- se aber zur Folge haben, dass die Fra- wirkliches Monitoring und keine ganz troffen sind: In den letzten ca. 100 Jah- ge nach Folgenutzungskonzepten, klare nachvollziehbare Zielfixierung ren stieg hier die Temperatur um 2° C, nach temporären Maßnahmen und gebe. global waren es nur ca. 0,9° C. Das Kli- nach Renaturierung im Raum Garmisch Neben dem ökologischen „Pflichtpro- ma der Zukunft hänge maßgeblich da- einen hohen Stellenwert erhält. gramm“, nämlich der Orientierung an von ab, welche Klimaschutzprogram- Die Ski-WM 2011 in Garmisch-Parten- dem Grundprinzip, Umweltschäden wo- me realisiert würden bzw. wie viel CO2 kirchen und die Biathlon-WM in Ruh- möglich zu vermeiden, sie zu minimie- noch emittiert werde. Die sich daraus polding böten Gelegenheiten beim Um- ren und nur das, was eben nicht ver- ergebenden Szenarien wiesen jedoch weltmanagement neue Maßstäbe zu meidbar ist, entsprechend auszuglei- erst nach 2030, 2040 große Differenzen setzen. Allerdings sei zu beachten, dass chen, gebe es noch die „Kür“: Innova- auf, denn das Klima sei grundsätzlich sich Wettkampfordnungen, die Ansprü- tive Leitprojekte, „durchaus mit inter- ein sehr träges System und die weitere che der Fachverbände an Sportstätten nationaler Ausstrahlung“, die auch Entwicklung für die nächsten 30 Jahre und Regelwerke, sich auch danach helfen könnten, eine Bewerbung durch schon mehr oder weniger festgelegt. noch etwas verändern könnten: „Inso- ein solches Alleinstellungsmerkmal Der Klimawandel werde aber in den fern ist es besser, diese Rahmen direkt aufzuwerten. nächsten Jahren an Geschwindigkeit abzustecken und auch klar zu sagen, Roth wies darauf hin, dass die vielen zunehmen. bis wohin man geht und welche Dinge unterschiedlichen Akteure und Ent- Bekannt sei auch, dass der Klimawan- zu akzeptieren sind und welche nicht.“ scheidungsträger im Bereich der Olym- del regional sehr stark unterschiedlich Prof. Roth bezeichnete die Nordische pischen Spiele es erforderlich machten, verläuft, insbesondere in den kontinen- Ski-WM in Oberstdorf als gelungenes sehr früh mit dem Thema Umwelt prä- talen Bereichen und in den Gebirgsre- Beispiel für gutes Umweltmanagement: sent zu sein, um mitgestalten zu kön- gionen schneller als im Flachland und eine sehr gute landschaftspflegerische nen. Ein gutes Umweltkonzept sei nur im marinen Bereich. Ein für Bayern er- Begleitplanung, großzügig geregelte zu haben, wenn überprüfbare Faktoren rechnetes regionales Klimamodell habe Ausgleichsmaßnahmen und moderne fixiert werden, ob in der Planung, in der bis 2040 einen Anstieg von 1,4 –1,5° C Kommunikationskonzepte. Der Pkw- Baumaßnahme, im Betrieb, in der Durch- ergeben, bis 2018 sei im Mittel mit etwa Anteil, ohne Umweltkonzept noch mit führung der Veranstaltung oder für eine 0,3 bis 0,4° C zu rechnen. eventuelle langfristige Nutzung. *http://dshs-koeln-natursport.de/down- Eine solche Temperaturzunahme ent- load/10000000152.pdf DIE GRÜNE MAMBA • Nr.100 • Februar 2009
4 OLYMPIAHEARING spreche etwa den beobachteten Tem- sind eigentlich die Voraussetzungen liegen, Wintersport keinen Sinn mehr. peraturänderungen in den letzten 13 sehr günstig für die Annahme, dass Prof. Seiler plädierte dafür, das Problem Jahren. Prof. Seiler warnte davor, ge- Wintersport auch im Jahre 2018 und der CO2-Emissionen und der Nachhal- wisse, auch in der Presse kolportierte damit die Durchführung der Winter- tigkeit mit integrierten ganzheitlichen Prognosen ernst zu nehmen: „Das Ge- olympiade durchaus möglich ist.“ Ansätzen, mit Systemlösungen, nicht fühl, (...), dass dann hier die Palmen Das sei die Prognose für die nächsten Einzellösungen anzugehen. Nicht nur wachsen oder die Leute im Bikini sich 10 Jahre. Darüber hinausgehend bis in die Olympischen Spiele seien nachhal- neben den Skiabfahrten sonnen, ist die Jahre 2070, 2080 könne man – je tig durchzuführen, sondern die Orte, in also im Grunde genommen unsinnig.“ nach Rechenmodell - zu dem Ergebnis denen die Spiele stattfinden, sollten Die Temperaturentwicklung in den ein- kommen, dass die Schneefallgrenze um sich nachhaltig entwickeln. Das sei zelnen Regionen, sogar in einzelnen 500 m ansteigt, und Wintersport dann natürlich bei München, einer Groß- Tälern sei selbst unter gleicher Wetter- nur noch in höheren Lagen oberhalb stadt, relativ schwierig, aber für Gar- lage unterschiedlich, jeweils abhängig von 1.200 m möglich ist. Zwischen 1936 misch-Partenkirchen wäre es machbar. von den örtlichen Gegebenheiten - und 2006 zeigten die Aufzeichnungen Eine weitere Idee sei es, die Olympi- auch in Garmisch-Partenkirchen. Die der Minimaltemperaturen in Garmisch im schen Winterspiele als eine offene Dis- Abschattung durch den Alpenkamm Januar generell ein Trend zu niedrigeren kussionsplattform für den globalen und verhindere die Sonneneinstrahlung im Werten, weil die Anzahl der Tage mit regionalen Klimaschutz zu verwenden Winter fast völlig. Hinzu komme eine niedrigen Werten, und zwar auch mit und auf dieser sportlichen Ebene eine saisonale Veränderung der Nieder- neuen Rekorden in den Minuswerten, „Münchener Deklaration“ herauszuar- schlagsverteilung. Klimawandel sei zugenommen hat - im Grunde genom- beiten und einen Ideenwettbewerb nicht nur eine Temperaturänderung, men also eine dem allgemeinen Klima- durchführen. sondern auch eine Niederschlagsver- wandel gegenläufige Entwicklung. Na- Als „Problemkind“ in Garmisch-Parten- teilungsänderung. Und das mache sich türlich sei nicht jeder Winter gleich, es kirchen bezeichnete Prof. Seiler den insofern sehr stark bemerkbar, als im gebe relativ warme Winter, dafür auch Verkehr: die Kessellage, das limitierte Hochwinter relativ eine Abnahme der mal wiederum kältere. Parkplatzangebot, eingleisige Bahn- Niederschlagstätigkeit festzustellen ist 2007 habe das Orkantief Kyrill den Ski- strecken, und der Durchgangsverkehr. und erst dann die Niederschlagsmen- gebieten der Alpen so viel Warmluft Zur Skiweltmeisterschaft 2011 plane gen ansteigen. Daraus entstünde der zugeführt, dass die Pisten relativ Garmisch, mindestens 50 % der von au- interessante Effekt, dass im Januar und schnell abgeschmolzen seien. In Gar- ßerhalb kommenden Besucher auf der auch zum großen Teil im Februar die misch habe sich das wegen seiner Tal- Schiene zu transportieren. Dazu müsse Nächte mit klarem Himmel zunähmen, lage aber nicht so stark bemerkbar ge- dringend die Schieneninfrastruktur ver- die Nächte also kälter würden. Das macht wie in Kitzbühel, weswegen die bessert werden, denn „die eingleisige wiederum bedeute, dass der Schnee, der dort ausgefallenen Rennen in Gar- Strecke schafft jetzt schon für die Ski- dort liegt, ob nun künstlich erzeugt oder misch-Partenkirchen nachgeholt wer- weltmeisterschaft dieses Volumen natürlich vorhanden, nachts tief gefrie- den konnten. Wenn es in Zukunft wär- nicht.“ Das entscheidende Problem sei re: „Dadurch, dass tagsüber im Grunde mer werde, bedeute das auch nicht, hier noch nicht einmal der Transport, genommen keine Sonneneinstrahlung dass im Winter kein Schnee mehr fällt. sondern die Abstellmöglichkeiten für stattfindet und durch die Kessellage Nur begännen die Schneefälle immer die Sonderzüge aus Reutte, Innsbruck ohnehin die Temperatur in diesem Tal- später und endeten immer früher: Aus oder aus dem Norden. Momentan sei kessel relativ niedrig ist – da sammelt ökonomischen Aspekten machte dann geplant, die Strecke zwischen Gar- sich sozusagen dieser Kaltluftsee –, in diesen Orten, die in 700, 800 m Höhe misch-Partenkirchen und Untergrainau zu sperren und das dann frei werdende Gleis als Abstellfläche für die Sonder- züge zu nutzen. Das hätte auch den großen Vorteil, dass im Bereich der Kandahar ein Behelfsbahnsteig gebaut werden könne und so die Besucher un- mittelbar an den Wettkampfort trans- portiert werden könnten. Aber das, was zurzeit bei der Bahn geplant werde – nämlich „da ein bisschen und hier ein bisschen“ –, sei vielleicht für die Ski- weltmeisterschaft noch einigermaßen tragbar, aber für die Winterolympiade nicht akzeptabel: „Das heißt, wir wer- den hier mit einem zweigleisigen Aus- bau rechnen müssen und ihn auch for- dern müssen.“ In Anbetracht der posi- tiven wirtschaftlichen Entwicklung in München und den südlich angrenzen- Hier war vorher eine Bergkuppe: Beschneiungssee an der Kandahar den Regionen und der zurückgehen- DIE GRÜNE MAMBA • Nr. 100 • Februar 2009
OLYMPIAHEARING 5 den Ölförderung müsse man außerdem Dr. Dietrich von Bäumen in Deutschland, die erst davon ausgehen, dass in der Zukunft Brockhagen ist Ge- nach 100 Jahren einen wirklichen ohnehin die Frage nach einem stärke- schäftsführer der Beitrag zum Fixieren von CO2 leisten ren Transport auf der Schiene beant- gGmbH atmosfair in und so lange vermutlich nicht ste- wortet werden müsse. Und da würden Berlin, deren Ziel es hen bleiben würden. sich jetzt zwei Dinge sehr schön mit- ist, Fluggesell- Problem dabei sei allerdings, dass, einander kombinieren lassen, um den schaften, Reisever- bedingt durch den CO2-Emissions- Ausbau voranzutreiben. anstalter und Pas- handel, eingesparte Tonnen CO2 aus Der restliche Verkehr müsse so weit wie sagiere über Hand- Deutschland von der Bundesregie- möglich auf Busse verlagert werden, lungsmöglichkeiten rung an andere EU-Staaten weiter gemessen an den CO2- und Abgas- in Hinblick auf CO2-Kompensation zu verkauft würden. Insofern bliebe bis zu emissionen auch ein relativ umwelt- informieren und diese anzubieten. dem Zeitpunkt, an dem Deutschland freundliches Verkehrsmittel. Durch gro- Grundsätzlich betonte er zu Beginn sei- nicht mehr seine eingesparten Tonnen ße Auffangparkplätze solle der Ortskern nes Vortrags, dass es für atmosfair den CO2 weiterreiche, letztendlich doch nur von Garmisch vom gesamten Autover- Begriff „Klimaneutralität“ in Folge von die Durchführung von Kompensati- kehr freigehalten werden, der von au- CO2-Kompenationsmaßnahmen nicht onsprojekten in Entwicklungsländern, ßen kommt. Dafür sei auf Flächen zu- gäbe, denn der jeweilige Klimaschaden „denn dort sind die Tonnen nicht ab- rückzugreifen, die heute schon für ähn- anlässlich bspw. einer Flugreise besteht gezählt“. liche Zwecke benutzt werden und und „kann nicht wieder gut gemacht Diese Projekte müssten allerdings kri- hinterher auch wieder zurückgeführt werden“. So würde beim Bau neuer Stra- tisch beurteilt werden. So müsse man werden können. ßen für Olympia 2018, für den ebenfalls sich laut Dr. Brockhagen die Frage stel- Maßnahmen zur CO2-Vermeidung wür- Kompensationsmaßnahmen planbar len, ob das Projekt wirklich nur durch den jetzt in großem Umfang in Gar- wären, zwar gleichzeitig der Einsatz kli- das bereitgestellte Geld zustande käme misch-Partenkirchen nicht nur disku- mafreundlicher Fahrzeuge für die Win- und ob es nicht eine Technologie un- tiert, sondern auch schon umgesetzt. terspiele vorgeschlagen, aber letztend- terstütze, die „im dritten Jahr schon Kraft-Wärme-Kopplung werde jetzt viel lich entstünden systemische Emissio- business as usual geworden ist“. Dies stärker unterstützt als in der Vergan- nen auf längere Sicht gesehen, dies würde bedeuten, dass das Projekt so- genheit. Bei den regenerativen Energi- bedeute: „Wer Straßen sät, wird Ver- wieso stattgefunden hätte und dass en seien mit zwei neuen Wasserkraft- kehr ernten“. durch Nachahmer der Technologie „das werken schon die ersten Schritte ge- Dr. Brockhagen wies darauf hin, dass Projekt nicht mehr zusätzlich“ ist, „die macht, hinzu kämen verstärkte Anstren- es schwer zu entscheiden sei, wo man Atmosphäre hat eigentlich keinen zu- gungen beim Einsatz von Biomasse. auf dem Weg z.B. zur Realisierung ei- sätzlichen Nutzen mehr“ für die restli- CO2-Kompensationsmaßnahmen soll- nes Bauprojektes den Schnitt für die che anvisierte Laufzeit des Kompensa- ten möglichst in der Region vorgenom- Einberechnung der entstandenen CO2- tionsprojektes. men werden, um damit auch einen ge- Emissionen für eine geplante Kompen- Die Projekte von atmosfair förderten je- wissen Mehrwert zu erzielen. Und na- sation macht. doch „Technologien, die noch weit vom türlich müsse es auch ein entsprechen- Beim Olympischen Dorf allerdings, das Mainstream entfernt sind“ und zudem des Abfallmanagement geben. mit seinen geplanten Null-Emissions- handele es sich bei atmosfair um CDM Ein weiterer Punkt sei die Verbindung häusern einen deutlichen Vorzeigecha- (Clean Development Mechanism)- bzw. der zwei Olympischen Dörfer in Mün- rakter aufweise, sähe er die bis ins klein- Gold-Standard-Projekte. Diese garan- chen und Garmisch-Partenkirchen. Es ste durchgeführte Analyse von CO2- tieren, dass ein Prüfer, der sich bei den sei Vorschrift, dass Sportler und Offizi- Emissionen was bspw. den Transport Vereinten Nationen akkreditieren muss, elle keine öffentlichen Verkehrsmittel der Baustoffe angeht, als übertrieben nach Abschluss des Projektes für des- benutzen dürfen, dazu seien Sonder- an. „Konzept schlägt hier Kleinkariert- sen Ergebnisse haften müsse. züge einzurichten. Wenn das geschafft heit“. Generell sei es besser, ökologische sei, entstünde wiederum ein kleiner Gleiches würde für den zweigleisigen Möglichkeiten zu nutzen als zu kom- Wettbewerbsvorteil gegenüber den an- Ausbau der Strecke Murnau Garmisch pensieren. Bei Strom für Schneekano- deren. gelten. Wenn ein Zug auf dem zweiten nen ergäbe es z.B. keinen Sinn zu kom- Was in Garmisch-Partenkirchen ge- Gleis fährt, „muss man den Leuten nicht pensieren. Dr. Brockhagen betonte, hier macht wird, sei als nachhaltig zu be- noch ein schlechtes Gewissen machen sollte Ökostrom bezogen werden. Sei trachten, gerade weil in Zukunft in vie- mit den paar Restemissionen, die dann Ökostrom nicht zu bekommen, sollten len Skigebieten Wintersport nicht mehr noch entstehen“. andere Aktionen wie Stromwechselpar- möglich sein werde. Dann werde sich Die Finanzierung von Klimaschutzpro- tys am Rande der jeweiligen Veranstal- der Wintersport auf ganz bestimmte Ge- jekten in Entwicklungsländer als Aus- tung durchgeführt werden, die für mehr biete fokussieren: Oberstdorf, Berch- gleich für verursachte Emissionen sah Ökostrom im Netz sorgen würden. tesgaden und Garmisch-Partenkirchen. Dr. Brockhagen kritisch. Primäres Ziel Bei Flügen hingegen bliebe nur die Das sei nicht zu verhindern, sollte aber müsse es sein, die Emissionen unmit- Kompensation, die dann allerdings alle möglichst nachhaltig gestaltet werden. telbar in den Industrieländern durch ge- Effekte wie CO 2, Kondensstreifen, eignete Technologien zu senken, nicht Ozonbildung etc. einbeziehen sollte. aber beispielsweise durch das Pflanzen DIE GRÜNE MAMBA • Nr.100 • Februar 2009
6 OLYMPIAHEARING Axel Doering, BN-Kreisvor- sitzender von Garmisch-Par- tenkirchen, sprach sich in seinem Vortrag deutlich ge- gen Olympi- sche Winter- spiele in Garmisch aus und kritisierte, dass neben der Debatte um die Klima- problematik das Thema Umweltschutz in Vergessenheit gerate. Er stimmte zu, dass die Frage der Nach- nutzung der olympischen Infrastruktur für eine große Stadt wie München kein Problem darstellen werde, in Garmisch- Partenkirchen sähe dies anders aus und Rodungen an der Kandahar-Abfahrt für die Ski-WM 2011 hier müssten Baumaßnahmen, wie der zweigleisige Ausbau von Murnau nach Pisten auf labilen Gebieten untersage. Garmisch oder der Bau des Kramer- Garmisch nachgeholt wurde, hätten die In der Folge sei es zu gefährlichen Berg- Tunnels auf einer anderen Trasse als Schneekanonen nicht ausgereicht. Der rutschen gekommen. bisher vorgeschlagen, auch ohne Olym- Schnee sei mit vielen, vielen Lastwä- All das, was in dem Gebiet bereits an pia als Druckmittel angegangen werden gen vom Brenner heruntergefahren Maßnahmen durchgeführt wurde für können. Der zweispurigen Ausbau der worden. die WM 2011, rufe bei einem Wande- Bahn durch das grandiose Naturschutz- Doering kritisierte auch das „München rer im Sommer ein Gefühl der Verloren- gebiet Murnauer Moos könne durch- plus 2“-Konzept der Machbarkeitsstu- heit hervor. Doering betonte, „60 % der aus Probleme machen, da sei Vorsicht die, das die vorhandenen Sportstätten Gäste von Garmisch-Partenkirchen sind angebracht. in Oberstdorf und Ruhpolding dem Sommergäste und nur 40 % sind Win- Als besonderes Problem hob Doering möglichen Erfolg der Bewerbung opfe- tergäste, und von diesen Wintergästen die Ungewissheit des Wetters hervor. re und statt dessen neue Anlagen in kommen nur 10 % mit Skiern“. „Extreme Wetterereignisse passieren der Region Garmisch vorsehe: „Das immer häufiger...die Winter sind entwe- kostet Geld und auch Energie und es der ganz warm oder ganz kalt“. Er ver- kostet Land, es kostet Umwelt.“ wies auch auf die Wetterprobleme bei Ihm fehle nach den Erfahrungen mit Au s dem Auditori- den Olympischen Winterspielen 1936, den Planungen zur Ski-WM 2011 auch um nahm Dr. Bartl die unter den warmen Bedingungen der Glaube, dass ökologische Belan- Wimmer Stellung, beinahe dem Wettergott zum Opfer ge- ge noch ernst genommen würden, langjähriger Kreis- fallen wären. wenn es um den Erfolg der Bewerbung rat und Fraktions- Unter Annahme eines kalten Winters gehe. Denn bereits für die WM 2011 sprecher der Grü- ohne Schnee benötige man für eine Voll- hätten sich sich zuvor gemachte Zu- nen im Kreistag beschneiung 170000 m³ Wasser aus sicherungen des FIS z.B. im Bezug auf Berchtesgadener den Speicherseen. Doering verwies die Kandahar-Abfahrt im Nachhinein Land und dort 1992 darauf, dass zum Zeitpunkt des Hea- plötzlich als nicht durchführbar her- Sprecher der Bür- rings für die Vorbereitung des Weltcup- ausgestellt. Aus einer geplanten Ab- gerinitiative gegen die Olympischen Rennens 2009, bzw. für die Vorproduk- fahrt wurden plötzlich zwei, und zahl- Spiele. Er verwies zunächst darauf, dass tion des Schnees, die beiden existie- reiche Bäume mussten weichen. Berchtesgaden schon eine lange Ge- renden Speicherseen schon fast leer An einigen Fotobeispielen dokumen- schichte gescheiterter Bewerbungen seien. Die Installation der Rohre für die tierte Doering anschaulich die Zerstö- hinter sich habe. Beschneiungsanlagen für die WM 2011 rung des Bergwaldes und der Hänge in Seitdem wisse er auch, dass Olympi- habe bereits viel Bergwald gefordert, Garmisch-Partenkirchen für die WM sche Spiele nicht nach fachlichen Ge- auch Schutzwald. „Schneekanonen 2011 und wies auf massive Probleme sichtspunkten vergeben werden. Es sind das Symbol für einen nicht sinn- anlässlich des fehlenden Wasserrück- gehe immer um andere Sachen, und vollen Umgang mit Energie.“ Weitere halts durch das Abholzen der Bäume auch immer um Korruption. Erschließungen für Olympia wären eine hin und das Umstürzen der restlichen Für die Berchtesgadener Bobbahn sei- Katastrophe und „jede Schneekanone Bäumen in Folge der Erosionen. Er kri- en olympische Winterspiele eher eine kostet Geld.“.....belastet den Steuerzah- tisierte die miserablen Gutachten, die Chance. Ebenso seien die olympischen ler“. 2007, als - wie Prof. Seiler berichtet für das Anlegen der Pisten auf dem Sommerspiele 1972 auch für München habe - das Weltcup-Rennen von Kitz- Tröglhang erbracht wurden, obwohl wichtig und richtig gewesen, das wolle bühel wegen des Orkans „Kyrill“ in die Alpenkonvention die Anlage von niemand bezweifeln. Aber aus Berch- DIE GRÜNE MAMBA • Nr. 100 • Februar 2009
OLYMPIAHEARING 7 tesgadener Sicht sei festzuhalten: arten, die vielleicht zwei-, dreimal im dann noch einen Busshuttle einsetzen. Es sei zum einen nicht richtig, dass die Fernsehen kommen.“ Aber man habe schon den Versuch un- Sportler die Bob-Bahn wollen, sondern Wenn die Planungen für die Straßen- ternommen, möglichst viele Menschen faktisch ändere der internationale Bob- verbindung nach Berchtesgaden, wie auf Bahn und Bus zu bringen. sportverband die Homologierungs- von Herrn Schöner dargestellt, auf den In der Großstadt, sah Moy keine Pro- richtlinien alle zwei bis drei Jahre wie bestehenden Autobahnausbauplänen bleme, weil die Infrastruktur hier sehr es ihm passe und dann müssten die fußen, dann bedeute das, dass der gut sei und auch sehr überlastungsfä- Kurvenradien der Bobbahnen geändert Kampf der momentan gegen einen völ- hig. Auch in einer kurzen Frist vor den werden. Und das heiße, die öffentliche lig hirnrissigen und wahnsinnigen Spielen könnten beispielsweise Fahr- Hand, in dem Fall der Träger, nämlich Ausbau der A8 geführt werde, jetzt zeuge immer noch nachbeschafft wer- der Landkreis Berchtesgadener Land - schon verloren sei. Die Grünen vor Ort den. Das Problem sei also eher die Re- habe das dann zu vollziehen oder er kämpften für einen sinnvollen Lärm- gion außerhalb. verliere die Berechtigung diese Wett- schutz und hileten für sinnvoll, einige Eine Reise solle ja nicht nur ein Trans- kämpfe auszuführen. Im konkreten Bei- Engstellen zu beseitigen. Man sehe port sein, sondern auch ein positives spiel gehe es – nur um die Homologie- sich aber einem Erpressungsversuch Erlebnis. Wenn so viele Gäste aus aller rung für Bob wieder zu bekommen – gegenüber: Nur wenn bis Rosenheim Welt nach Oberbayern kämen, sollten um eine Summe von 26 Millionen Euro der gesamten Autobahnausbau so sie auch das Reisen mit der Bahn von öffentlicher Gelder. Zum Vergleich: der durchgeführt werde, dass sich die ge- München nach Garmisch genießen und Gesamthaushalt des Landkreises samte Straßenfläche mehr als verdop- sehen, was Deutschland an guter Ei- Berchtesgadener Landes betrage etwas pelt, wolle man für die Anwohner Lärm- senbahntechnik anbieten könne. über 100 Millionen Euro. schutzmaßnahmen bauen. Das sei nicht Die Verbindung München-Garmisch Bartl Wimmer: „Jetzt frage ich die Stadt die Art, wie Winterspiele, ökologisch benötige heute zwischen 1:25 und 1:35 München: Wenn Sie für eine Rand- sinnvoll geplant werden könnten. Nur Stunden. Es gebe heute einen Stunden- sportart, die vielleicht von 20 bis 30 wenn diese Fragen gelöst würden, hät- takt mit einigen Verdichtungen im Be- Aktiven ausgeübt wird, ein Fünftel Ih- ten die Spiele die Chance, sich den Ti- rufsverkehr, die jedoch alle länger res Gesamthaushaltes ausgeben müs- tel ökologisch zu verdienen. brauchten. Die Beförderungsleistun- sen, wo dann eure Position wäre?“ gen seien momentan über den ganzen Berchtesgaden habe andere Probleme Tag etwa 12.000 Sitzplätze pro Rich- – z.B. brauche man 10 Millionen, um tung. Verglichen mit den Besucherzah- für 7000 Einwohner das Krankenhaus len einer olympischen Veranstaltung mit seinen 400 Arbeitsplätzen zu retten. sei dies deutlich zu wenig. Zum anderen lebe Berchtesgaden vom Norbert Moy, Ver- Eine höhere Taktdichte scheitere Tourismus. Langjährige Untersuchun- treter des Fahr- schon am Mangel an Trassen. Die Re- gen über die Auswirkungen von Win- gastverbands Pro gionalbahnen müssten teils auf den tersport-Großveranstaltungen zeigten Bahn, erklärte, ge- selben Gleisen fahren wie die S-Bahn. deutlich, dass hinterher immer der Kat- meinsam mit den Hauptproblem sei aber die Eingleisig- zenjammer und die Folgekosten kämen. anderen leidgeprüf- keit von Tutzing bis Innsbruck, Züge In Berchtesgaden gebe es ein noch ein- ten Fahrgästen die- könnten sich nur in Kreuzungsbahn- deutigeres Übergewicht des Sommer- ser Strecke das höfe begegnen. Gleich südlich von tourismus als in Garmisch: 80 % Som- grüne Erbe der Tutzing befinde sich ein 9,3 km lan- mertourismus, 20 % Wintertourismus Olympiade antre- ges Stück, ein „Nadelöhr“, das die Ka- und im Promille-Bereich Skifahrer. ten zu wollen - sprich: einen Bahnaus- pazität der gesamten Strecke bestimme Berchtesgaden müsse befürchten, Tou- bau, für den man schon seit vielen Jah- und unbedingt zweigleisig ausgebaut risten zu vertreiben, wenn mit der Land- ren kämpfe. werden müsse. schaft so „herumgeaast“ werde wie das Mega-Events wie die Olympischen Pro Bahn setze sich für eine kürzere für wintersportliche Eingriffe notwen- Spiele mit öffentlichen Verkehrsmitteln Fahrzeit ein, realistisch seien 70 Minu- dig ist: „Geht irgendwer von den Leu- zu bewirtschaften, sei keine Frage der ten. Der Trend gehe zum 30-Minuten- ten, die da sitzen, nach Albertville und Ökologie, sondern einfach eine Frage takt, der auf fast allen Strecken rund macht da Sommerurlaub?“ der Notwendigkeit, „weil Sie die Leute um München schon Gefahren werde. Bartl Wimmer appellierte an die Münch- anders gar nicht wegbringen.“ Doch auf eingleisigen Strecken lasse ner, die „Münchner Brille“ abzulegen. Die Verkehrsinfrastruktur sei, wie schon er sich natürlich nicht vernünftig um- Es sei „lachhaft“, die Diskussion auf erwähnt, die Achillesferse dieser gan- setzen. Zum Grundtakt sollte noch die der Basis von ein paar hundert Tonnen zen Bewerbung. Bei den Olympischen Möglichkeit kommen, Sonderzüge in CO2-Mehremissionen zu führen (so für Spielen in Turin habe man in einer ähn- den Fahrplan einzupflegen – etwa in- die Ski-WM 2011 prognostiziert Anm. lichen Situation, auch weit außerhalb nerhalb von zwei Stunden ca. 10.000 d. V.), die bei den Winterspielen ent- der Alpen, Erfahrungen gesammelt, die Sitzplätze von München nach Garmisch stünden. Es gehe um die wirtschaftli- Leute mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu schaffen. che Existenz der Orte, um gigantische zu den Austragungsorten zu bringen. Untersuchungen hätten festgestellt, ökologische Zerstörungen für einen Dort sei allerdings kein so guten Zu- dass in einer Stunde 5-6 Züge von völligen Unsinn und um das „Raus- gang bis kurz vor die Austragungsorte München nach Garmisch fahren könn- scheißen von Geldern für Randsport- vorhanden gewesen und man musste ten - aber nur in einer Richtung, sonst DIE GRÜNE MAMBA • Nr.100 • Februar 2009
8 OLYMPIAHEARING breche der Fahrplan sofort wieder zu- beschleunigen. Aber auch während der würden. Da gebe es doch ganz andere sammen. In der Konsequenz bedeute Spiele müsse der Rest der Welt, der Möglichkeiten. das auch, dass die Veranstaltungen nicht zu den Wettkämpfen fahren will, Es nütze nichts, zu sagen: wir müssen zeitlich entzerrt werden müssten, damit auch noch mit Bahn und Bus irgend- ja sowieso weiter wachsen. Gerade der Andrang der Besucher sich mög- wie unterwegs sein können.“ Olympische Spiele seien Verkehrsnach- lichst gleichmäßig verteilt. Denn es sei Moys Fazit: „Ohne einen massiven fragen, die extrem ungleichmäßig zu nicht möglich, in einer Stunde 20.000 Bahnausbau hat diese Olympiabewer- ganz kurzen Zeiten extrem hohe Nach- Leute nach Garmisch zu bringen. bung für Garmisch keine Chance.“ fragen mit sich bringen. Deswegen halte Auch müssten sich DB-Netz und Re- er eine Kapazitätserweiterung im Stra- gio besser auf winterliche Verhältnisse ßenbereich und im Bahnbereich, einstellen, angefangen bei Schneeräu- Prof. Henning von zumindest was den Infrastrukturaus- mern oder Personal für eine Diesellok, Winning vom Insti- bau angeht, für völlig sinnlos. Die die den Schneepflug schiebt. In den tut für Architektur Kapazitätserweiterungen bewegten letzten Jahren hätten die Fahrgäste zum und Raumentwick- sich im Promille-, bei der Bahn viel- Teil damit leben müssen, dass mal ein lung an der Hoch- leicht im Prozentbereich, und reich- Wochenende überhaupt kein Zug fuhr, schule Liechten- ten keinesfalls aus, um Überla- weil die DB der Meinung war: Bei 40 stein sprach über stungserscheinungen bei einer frei- cm Schnee stellen wir den Betrieb ein. Verkehrsanforde- en Nachfrage zu beseitigen. Das Wenn aber bei Schneefall der Betrieb rungen bei Großver- gelte in hohem Maße natürlich für eingestellt werde, sei das relativ anstaltungen und die Straße: für die Ausbauten des schlecht für eine Winterolympiade. die Organisation Autobahn-Ostrings, für die Rosen- Positiv verbuchte Moy, dass die Wett- großer Verkehrsströme. Er bekannte heim-Salzburger Autobahn, für die kampforte in Garmisch sehr gut mit öf- gleich zu Anfang seines Vortrags: „Ich Münchner und für die Garmischer Tun- fentlichen Verkehrsmitteln erschlossen finde, diese Olympiade sollte hier in nel. Solange es keine anderen Restrik- werden könnten. Das Olympische Dorf dieser Region stattfinden.“ tionen für den Autoverkehr gebe , sei- läge im fußläufigen Bereich des Bahn- Das größte ökologische Problem die- en die auch überlastet. hofs, Bergbahnen und Skistadien könn- ser Olympischen Spiele sei der interna- Ähnliches gelte für die Schiene. Da sei ten mit dem Zug erreicht werden, nicht tionale Luftverkehr – der allerdings die Situation sogar noch etwas drama- einmal ein Busshuttle sei notwendig. sowieso stattfinde. Die Flugzeuge wür- tischer, weil man ja die Straße zumin- Allerdings existiere in Garmisch ein gro- den deswegen nicht mehr. Sie flögen dest mit Bussen besser auslasten und ßes Problem mit den Abstellmöglich- Tag und Nacht, wenn nicht nach Mün- so die Kapazität erheblich steigern kön- keiten für die Züge. Der 1936 großzü- chen, dann halt nach Mallorca oder ne. Bei der Bahn dagegen verschlinge gig gebaute Bahnhof sei vor nicht lan- nach Pukhet. Insofern sei das nicht un- in der Regel die Infrastruktur rund 85 ger Zeit massiv zurückgebaut worden bedingt als Zusatzbelastung zu werten. % der Kosten. Für die Spitzenbelastun- – im Hinblick auf die Olympiabewer- Und unter allen Gründen, in der Welt gen die hier vorlägen, sei das eine sehr, bung „eine richtig tolle Planung.“ Die rumzufliegen – sei es, um Plastikstühle sehr große Verschwendung. Züge auf die Strecke Richtung Grainau in China zu bestellen oder auch, um Die Olympischen Spiele böten aber eine und Ehrwald zu stellen, schaffe neue schnelle Eingreiftruppen irgendwohin gute Gelegenheit, gerade die ökologi- Probleme, denn die Außerfernbahn sei zu fliegen –, seien Olympische Spiele schen Transportsysteme beispielhaft ja auch ein Zubringer Richtung Gar- immer noch der angenehmste Zweck. darzustellen. Natürlich solle die Schie- misch. Die Frage sei dann, wo dieser Von Winning bemängelte eine gewisse ne benutzt werden, soweit sie irgend Verkehr hin solle in der Zwischenzeit. „Hasenfüßigkeit“ bei der bisherigen möglich Kapazitäten bringt. Aber nur, Wichtig sei auch, die Bahninfrastruk- Konzeption. Anscheinend sei das Ziel indem die Einrichtungen direkt an die tur nicht nur für eine Veranstaltung nicht, ökologische Spiele zu machen, Schiene gebracht werden. Das sei bis auszubauen. Es müsse ein dauerhafter, sondern nur möglichst wenig Schäden zu einem gewissen Grade schon der ein nachhaltiger Nutzen für alle Bahn- anzurichten, und zwar indem die Kon- Fall, es könnte aber noch wesentlich kunden entstehen. Die Ski-WM und die zepte von gestern gegen die von stärker sein. Olympischen Spiele könnten dies alles vorgestern auch noch ausgetauscht Für temporäre Belastungen sei aller- dings die Nutzung der ohnehin vorhan- denen Straßenkapazitäten, die wesent- Zeitplan der Olympiabewerbung lich bessere Lösung, weil man die Ka- 2008/2009: Planungsvertiefung, Aufbau der Bewerbung/ pazitäten von überall zusammenführen Präsentation kann: vom Mini-Van, Sammeltaxi, über bis September 2009 Benennung des deutschen Bewerbers durch den Kleinbus, bis zu dem etwas größe- den DOSB an das IOC (Nationale Interessensbekundung) ren Bus. Da bleibe allerdings die Frage 2009/2010 Präsentation der Kandidaten beim IOC (Abgabe Mini- offen: „Was machen wir, damit der Bus Bidbook im 1. Quartal 2010) nicht im Stau stecken bleibt?“ Man Juli 2010 Auswahl von drei Bewerbern - durch das IOC könne aber durch ein vernünftiges Ver- 2010/2011 Detailpräsentation der drei Bewerber beim IOC kehrsmanagement dem Bus Vorrang auf Februar 2011 Besuch der Evaluierungskommission des IOC der Straße geben, damit die Busse an Juli 2011 Entscheidung des IOC über den Austragungsort DIE GRÜNE MAMBA • Nr. 100 • Februar 2009
OLYMPIAHEARING 9 den kritischen Punkten an dem Autos- tau vorbeifahren könnten. Das erfor- OLYMPISCHE SPIEL(E)RÄUME dere allerdings auch politischen Wil- Ein Kommentar von Siegfried Benker len und eine ganze Menge elektroni- sche Raffinesse. Obwohl das Thema Olympischen Winterspiele 2018 an sich schon sehr kom- Diese Lösung sei aber nur zu schaffen, plex ist, ist es notwendig, den Blick über die Grenzen der gegenwärtigen wenn der Individualverkehr beschränkt Debatte hinaus auf den politischen Spielraum der Stadtratsfraktion zu rich- wird. Deswegen müsse sie mit dem ten, damit er in der weiteren Diskussion berücksichtigt werden kann. Road Pricing auch für Pkw verknüpft Die Mitgliederversammlung der Münchner Grünen hat am 29. April 2008 mit werden – ein Thema das ohnehin aktu- überwältigender Mehrheit der Bündnisvereinbarung zwischen SPD, den Grü- ell werde, wenn die Galileo-Satelliten nen und der rosa liste zugestimmt. Dort findet sich das Thema „Olympiabe- funktionieren. Road Pricing sei die ein- werbung“ an zwei Stellen: Einmal in der Präambel. Der Text dort lautet: zige Möglichkeit, prognostizierte Über- „München will nochmals Olympiastadt werden lastungen nennenswert zu verhindern. Seit dem einstimmigen Beschluss des Deutschen Olympischen Sportbundes Die Preise seien sowohl zwischen Teil- vom Dezember 2007 hat München gute und realistische Chancen den Zu- räumen als auch zwischen Strecken und schlag für die Olympischen Spiele im Jahr 2018 zu bekommen. München Zeiten, in denen Staugefahr besteht, zu wäre die erste Stadt der Welt, die nach den Sommer- auch Winterspiele differenzieren. Nur das überlasse dem ausrichten darf. Olympische und Paralympische Spiele wären für München einzelnen Verkehrsteilnehmer tatsäch- eine hervorragende Chance sich der Weltöffentlichkeit als lebenswerte, lich die Wahl: “Und wenn sich der Preis moderne und ökologische Metropole zu präsentieren. Kennzeichen der dann in einem Bus auf 10 oder 50 Leute Münchner Bewerbung müssen daher ein reichhaltiges kulturelles Rahmen- verteilt, dann ist natürlich der Bus, ge- programm und die konsequente Orientierung an den Erfordernissen des rade in der Spitzenstunde, um ein Viel- Naturschutzes und der Nachhaltigkeit sein. Die olympischen Spiele 2018 faches attraktiver – über den Preis.“ in München, Garmisch-Partenkirchen und Berchtesgaden müssen als öko- Im Übrigen seien natürlich gerade die- logische und nachhaltige Winterspiele geplant werden.“ se Kleinbusse und Sammeltaxis eine Sache, die gegenüber dem Pkw-Verkehr Im Kapitel „Sportstadt München“ heißt es ferner: „Im Rahmen der Olympia- bereits eine Verbesserung in ökologi- bewerbung wird sich München als Sportstadt präsentieren. Das Bündnis scher Hinsicht, aber auch in Hinsicht begrüßt die Chance, den Sport in München nachhaltig attraktiver zu ma- auf Infrastrukturnutzung um mehrere chen.“ 100 % bedeute. Wenn sechs Leute in Damit haben die Münchner Grünen grundsätzlich(!) „ja“ gesagt zur Olympia- einem Automobil sitzen, dann sei das bewerbung. Nur wenn die Planungen und die Bewerbung sich eben nicht über das Vierfache dessen, was norma- konsequent an ökologischen Erfordernissen orientieren, könnte – und müss- lerweise in einem Pkw sitzt. te - die Grüne Stadtratsfraktion sie ohne Verletzung des Bündnisvertrages Zuletzt regte Prof. von Winning an, das ablehnen. Die Bewerbung wird aber derzeit erst ausgearbeitet und liegt Augenmerk auf die Entwicklung der frühestens im Herbst 2009 vor. Erst dann gibt es für die Fraktion eine Ent- nächsten Autogeneration zu richten. scheidungsgrundlage – die natürlich vorher mit Partei und Arbeitskreisen Das Wichtigste sei hier die Beschrän- rückgekoppelt werden muss. Würde die Partei also jetzt ihren Regierungsauf- kung nicht nur der Geschwindigkeiten, trag im Punkt „Bewerbung für Olympische Spiele 2018“ ändern, würde dies sondern auch der Beschleunigungen die Fraktion im luftleeren Raum zurücklassen. – „das Rausnehmen der Konkurrenz Die gegenwärtige Debatte sollte nicht außer Acht lassen, welche bündnispo- aus dem Autoverkehr, das allgemeine litischen Folgewirkungen ein Beschluss gegen die Olympiabewerbung zum Sanft-hintereinander-her-Fahren.“ Nur gegenwärtigen Zeitpunkt hätte. Die Position der Grünen zum Großprojekt das ermögliche eine „Heruntermotori- Olympische Winterspiele 2018 steht in historischer Folge mit unserem Um- sierung auf Größenordnungen, wo gang mit anderen Großprojekten in München: Die Verlagerung der Messe auch dem Funktionär, der gerade diese und des Flughafens wurden jeweils mit rot-schwarzer Mehrheit beschlossen. nette Olympiasiegerin aus Estland zu Zu heftigen Debatten im Stadtrat führt regelmäßig, dass rot-grün wegen der einer gemütlichen Fahrt nach München Grünen nicht in der Lage ist, große Infrastrukturprojekte zu beschließen – eingeladen hat, das Champagnerglas und hierzu immer rot-schwarz zusammenarbeiten muss. Dies würde natürlich nicht umfällt.“ auch bei der Olympiabewerbung mit all ihren Folgebeschlüssen (Planungs- Dafür seien aber weder die Münchner projekte, ÖPNV, Wohnungsbau, Kulturprojekte, Wirtschaftsförderung, Sport- Nutz-, noch die Münchner Lust-Fahr- stättenförderung etc.) geschehen. Wer gegen die Bewerbung argumentieren zeughersteller gerade im richtigen Seg- will, braucht also gute ökologische Gründe, um ein eventuelles Zusammen- ment angesiedelt. Aber vielleicht sei das spiel von SPD und CSU wirklich brandmarken zu können. ja eine Sache, wo eine Stadt wie Mün- Da sich aber alle Verantwortlichen einig sind, dass Winterspiele 2018 entwe- chen, die eine solide rot-grüne Regie- der ökologisch und nachhaltig sein müssen oder nicht vermittelbar sein wer- rung hätte, auch mal ihre eigene Indu- den, gehe ich derzeit davon aus, dass sich viele grüne Vorstellungen in der strie retten könnte. Bewerbung wiederfinden werden. Jetzt ein „Nein“ der Partei gegen eine Be- werbung, die eine sehr grüne Handschrift tragen wird, würde ich für falsch halten. DIE GRÜNE MAMBA • Nr.100 • Februar 2009
10 KULTUR MÜNCHENS FREIE KULTURSZENE ZUM LEUCHTEN BRINGEN „Die Kunst blüht, die Kunst ist an der tik macht Kunst und auch nicht das nur gerecht werden, wenn man ihre Au- Herrschaft, die Kunst streckt ihr ro- Kulturreferat. Für den künstlerischen tonomie und jene der Künstlerinnen senumwundenes Zepter über die Stadt Produktionsprozess aber bessere Rah- und Künstler achtet, sie sich ohne ein hin und lächelt. Eine allseitige re- menbedingungen zu schaffen, das ist vordergründiges Nutzenkalkül entfal- spektvolle Anteilnahme an ihrem Ge- Aufgabe der Stadt. Für die großen In- ten lässt. Diese Entfaltung benötigt deihen, eine allseitige, fleißige und stitutionen ist dies aufgrund ihrer aber Rahmenbedingungen. hingebungsvolle Übung und Propa- Strahlkraft immer ein bisschen leichter. Es stellt sich natürlich die Frage, was ganda in ihrem Dienste, ein treuherzi- Es wäre jedoch kurzsichtig zu glauben, die Politik und speziell die grünrosa ger Kultus der Linie, des Schmuckes, dass München mittelfristig sich damit Fraktion tut, um die Rahmenbedingun- der Form, der Sinne, der Schönheit begnügen kann, leuchtende Kunstin- gen zu verbessern und die oftmals an- obwaltet ... München leuchtete.“ (Tho- stitutionen mit Weltrang zu pflegen und gedrohte Abwanderung von Künstle- mas Mann: Gladius Dei, 1902) sonst die Dominanz von Wirtschaft rinnen und Künstlern – entweder geo- und Kommerz sich entfalten zu lassen. graphisch in andere Städte oder beruf- Folgt man dem Kulturreferenten Hans- lich ganz in nicht-künstlerische Brot- Georg Küppers, so ist München die Urbane Kultur braucht berufe – zu verhindern. „Kunst- und Kulturhauptstadt eine freie Szene Die Domagk-Ateliers partiell zu erhal- Deutschlands“. Leuchtet München ten ist bei allen Schwierigkeiten gelun- wirklich so hell? Auch über ein Jahr- Gerade für die GRÜNEN ist urbane gen. Die Rahmenbedingungen für die hundert nach Thomas Manns Be- Kultur noch mehr als BMW-Welt und Atelierförderung werden verbessert. schreibung? Oktoberfest einerseits, Kammerspiele Und im Rahmen der Planungen zu ei- Es drängen sich doch Menschenmas- und Philharmoniker andererseits. Dazu nem „Kreativquartier“ (auch als Ersatz sen in die Kandinsky-Ausstellung des gehören sperrige Individualisten wie im für die im inzwischen zu den Akten ge- Lenbachhauses, die Kammerspiele fei- Theaterbereich Alexeij Sagerer und legten „Kunstpark Nord“ vorgesehe- ern in den deutschsprachigen Feuille- Berkan Karpat, Metropol- und pathos- nen Ateliers) sollen Räume für die bil- tons Triumphe etwa mit Kriegenburgs transport-Theater, der Spartengrenzen dende Kunst geschaffen werden. Da- „Prozess“ nach Kafka. Die Fülle des überschreitende Choreograph Micha gegen droht der von uns GRÜNEN ge- Wohlklangs der Münchner Philharmo- Purucker und die vielen bildenden startete Versuch, das lange Zeit auf niker unter Generalmusikdirektor Thie- Künstlerinnen und Künstler, welche spannende Weise kulturell genutzte lemann klingt weit über München hin- etwa in den Domagk-Ateliers schaffen. Areal in der Goethestraße 32/34 (gap) aus. Und neben diesen städtischen In- Nur als kreative Stadt haben Metropo- für die Kunst zu erhalten bedauerlicher- stitutionen darf man ja auch die Staats- len die Chance, Prosperität, tolerant weise an Geldnöten, Verwertungsdruck oper oder die Pinakotheken (mit der gelebte Vielfalt und experimentelle Im- und mangelnder Unterstützung in SPD neuen Erweiterung um die Brandhorst- pulse zu verbinden. Dazu gehört aber und Verwaltung zu scheitern Schließ- Sammlung) nicht ganz vergessen. eine freie Kunstszene im Herzen der lich ist aufgrund eines Antrags von Doch für jene Künstlerinnen und Stadt. Eine nicht-institutionalisierte GRÜNEN und SPD zur Stärkung der frei- Künstler, die außerhalb der institutio- multiple und kleinteilige Szene, die dem en Szene eine Budgetaufstockung im nellen Leuchttürme schaffen, ist Mün- Innen der Institutionen das Außen des Bereich der bildenden Kunst sowie die chen nicht nur ein teures, sondern auch suchenden Blicks gegenüberstellt, ist Schaffung eines neuen Etats für die Öf- ein schwieriges Pflaster, wo manches für die Lebensqualität Münchens fentlichkeitsarbeit für Atelier-Tage u.ä. Pflänzchen im Pflasterstrand vertrock- durchaus essentiell. Gerade hier kön- geplant. net. Ein bezahlbares Atelier, gar in zen- nen angesichts des sich beschleuni- Aufgrund des genannten Antrags wer- traler Lage, bleibt für viele ein Traum. genden Wandels neue Perspektiven den Maßnahmen getroffen und zusätz- Als Privattheater über Jahre zu überle- eröffnet, fruchtbare Irritationen ge- liche Mittel eingestellt, um „die freie ben, ist ein zäher Kampf, bei dem immer schaffen, Zukunftsentwicklungen äs- Kunst- und Kulturszene, insbesondere wieder eines auf der Strecke bleibt – thetisch sondiert werden. Hier entsteht die Bereiche Theater und Tanz, in all dem Theater ... und so fort in der Hans- auch eine Kreativität, die sich woan- ihrer Vielfalt zu stärken und die Bedin- Sachs-Straße wurde die städtische För- ders fortpflanzen kann – ob hinein in gungen zu verbessern um sie sowohl derung nicht wieder bewilligt und dann die großen Kulturinstitutionen oder in lokal als auch überregional präsenter noch vom Vermieter gekündigt, sodass andere gesellschaftlichen Räume wie werden zu lassen.“ Der Schwerpunkt sich die Existenzfrage stellt. jene von Wissenschaft und (Kreativ- wird dabei – und auch in den folgen- Gibt es ein (künstlerisches) Leben au- )Wirtschaft (was natürlich auch in um- den Ausführungen - auf den Bereich ßerhalb der Institutionen? Es gibt dies gekehrte Richtung vorstellbar und der darstellenden Künste gelegt, da hier Leben, es gibt ein großes kreatives wünschenswert ist). Paradoxerweise besonderer Entwicklungsbedarf be- Potential in dieser Stadt. Nicht die Poli- kann Kunst all diesen Funktionen aber steht. Was wir aber auch auf den Weg DIE GRÜNE MAMBA • Nr. 100 • Februar 2009
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