Senioren post wetzlar - Herausgeber: Der Magistrat der Stadt Wetzlar

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Senioren post wetzlar - Herausgeber: Der Magistrat der Stadt Wetzlar
senioren
Januar / Februar 2021
   Ausgabe 220

                            post
 Herausgeber:
Der Magistrat der
 Stadt Wetzlar           wetzlar

                         Winter am Mühlgraben
                        Foto: Manfred Beinstingel
Senioren post wetzlar - Herausgeber: Der Magistrat der Stadt Wetzlar
Senioren post wetzlar - Herausgeber: Der Magistrat der Stadt Wetzlar
S e n i o r e n p o s t W e t z lar
                        Ausgabe Nr. 220                         Januar / Februar 2021
                               Nächste Ausgabe voraussichtlich Anfang März 2021

                                        Inhaltsverzeichnis
                                                       Seite                                                                Seite

Liebe Leserin, lieber Leser.........................4            Rat und Hilfe
                                                                 - Mein Haushaltskalender 2021..................21
Aus der Stadtgeschichte                                          - Schwerbehinderte sparen
- Feste im Jahreslauf...............................5,6,7          beim Autokauf......................................21,22
                                                                 - Zu gut für die Tonne.................................22
Reisen                                                           - Kennen Sie den Weißen Ring?.................23
- Wohin reise ich in Corona-Zeiten............. 8,9              - Der Medikationsplan................................24

Wetzlar aktuell                                                  Büchertipp
- Ehrenbrief für Dieter Löhr......................... 10         - Rüdiger Dahlke: Das Alter als Geschenk.25

Unterhaltung                                                     Seniorenpolitik
- Zum neuen Jahre.......................................11       - Arbeitskreis Altenhilfe.........................26,27
- Die alte Bank............................................11
- Eichhörnchen im Winter...........................12
- Bevor ich´s vergesse............................13,14          Unser Preisrätsel ......................................27
- Schaumküsse............................................15

Aus der digitalen Welt                                           Wer hat gewonnen?...................................28
- Telemedizin für Wetzlarer Bürger............16
- Wie nutzen Senioren
  digitale Technologien...........................17,18          Impressum ................................................29

Wissenswert
- Demenz -Eine Große Herausforderung....18
- Im systemrelevanten Beruf.......................19             Informationsseiten ............................ I - VII

                 Redaktionsschluss für die Ausgabe 221 ist der 27.01.2021

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Liebe Leserin,
			 lieber Leser,
Neues Jahr, neues Glück,
Wochen ohne Missgeschick                             Einer von beiden sagte auf jeden Fall: “Angst
Ich wünsch’ Dir zum neuen Jahr,                      klopft an die Tür! MUT steht auf und öffnet: Da
ein besseres als das letzte war!                     ist niemand!“
                                                     Haben Sie den Willen, hochkommende Angst zu
Und schon sind wir nach einem hoffentlich ange-      überwinden und einfach richtig Mut zu haben! Und
nehmen Rutsch im Jahre 2021!                         bewundern Sie zu Ihrer seelischen Unterstützung
Fortuna, die blinde Göttin des Glücks dreht erneut   die Schönheit der Natur!
am Rad der Zeit, und wir schauen dem Ganzen          Auch in dieser Enge des Lebens erhält sich die
mit gemischten Gefühlen zu. Möge das Jahr uns        Lebensfreude, so steht‘s im Poesiealbum als Rat
die vielzitierte Gesundheit bringen und eine Wie-    von lieben Müttern geschrieben:
derkehr zu unserer unbeschränkten, 70 Jahre          „Kleine, helle, reine Freuden suche, pflege und
währenden bewährten gewohnten Lebensweise!           genieß“
Der Januar hat seinen Namen von Janus, dem           In der aktuellen Seniorenpost lesen Sie aus Erich
römischen Gott der Tür und des Torbogens, des        Bittrichs Impressionen aus der Kindheit und Ju-
Schützers des Hauses. Janus schaut mit einem         gend, mehrere Gedichte, typische Wintererleb-
Doppelantlitz nach außen und innen und wird          nisse, einen Büchertipp mit dem
mit den Attributen Schlüssel und Pförtnerstab        positven Titel „Alter als Geschenk“.
dargestellt. Ihm war als Gott des Eingangs einst     Darüberhinaus in der Reihe „Nahe und ferne
der Anfang jedes Gebets gewidmet.                    Länder“ eine Reiseerzählung und vieles mehr!
Nicht jede E-Mail ist ein Vergnügen, doch dass       Bleiben Sie 2021 wohlauf und gelassen,
es sie überhaupt gibt, ist tröstlich. Denn anders    werden Sie mutig!
als beim Telefon, das läutet und zur alsbaldigen                                Gunhild Deis-Wiese
Entgegennahme ruft, kann man bei der E-Mail
entscheiden, wann man seine elektronische Post
lesen möchte.                                        Eine Rose
Und außerdem schwingt bei der E-Mail auch
etwas von der geheimnisvollen Aura des Merkurs       Uns hat eine Rose ergetzet
vom Olymp mit, vielleicht ist heute eine besondere   Im Garten mittenan
Botschaft für uns dabei dabei, die Glück, Geld,      Die hat sehr schön geblühet
Weisheit und Erkenntnis bringt!? Doch Vorsicht
ist auch hier geboten, denn es können üble Be-       Haben sie im März gesetzet
trugmails dabei sein, die man von vornherein nicht   Und nicht umsonst gemühet.
öffnen sollte! Bei Fragen rund um das digitale       Wohl denen, die ein Garten han,
Geschehen steht unser Redaktionsmitglied Frau
Jutta Schwarz gern mit gutem Rat ehrenamtlich        Sie hat so schön geblühet.
zur Verfügung.                                       Und wenn die Schneewind wehen
Schon seit fast einem Jahr ist nun durch die         Und blasen durch den Tann
Vorsicht vor dem Virus eine enorme Kontakt-
begrenzung an der Tagesordnung, und                  Es kann uns wenig g’schehen
Angst vor der bedrohlichen Krankheit                 Wir habens Dach gerichtet
beherrscht viele Überlegungen.                       Mit Moos und Stroh verdichtet.
War es Goethe oder war es Albert Schweitzer, der
als Arzt im afrikanischen Lambarene sehr großen      Wohl denen, die ein Dach jetzt han
Ansteckungsgefahren wie Malaria                      Wenn solche Schneewind wehen.
und Cholera ausgesetzt war?                          Anonym, 16.Jahrhundert

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Aus der Stadtgeschichte

                           Feste im Jahreslauf
                       Wie die alten Wetzlarer feierten
Zum Jahreswechsel gibt man gern der Paketbotin,      wurde als Grab gedeutet. Pfingsten, dem näch-
dem Briefträger, den Müllwerkern und allen, die      sten großen Fest, ging eine betriebsame Woche
uns im Laufe des vergangenen Jahres gefällig         vorauf. Der älteste Jahrmarkt, den Wetzlar ver-
waren, eine Kleinigkeit, ein „Neujährchen“. Dieses   anstalten durfte, fand immer in der Woche vor
Neujährchen hat eine lange Tradition, denn schon     Pfingsten statt. Dann kamen viele fremde Gäste
im 15. Jahrhundert bekamen die Wetzlarer Rats-       und auswärtige Händler in die Stadt. Auf dem
herren an Neujahr einen Betrag aus der Stadt-        Marktplatz und allen umliegenden Straßen und
kasse als Anerkennung für den ehrenamtlichen         Gassen herrschte lebhaftes Treiben. Der folgende
Dienst, den sie im verflossenen Jahr für die Stadt   Feiertag diente dann dem Ausruhen und dem
geleistet hatten.                                    Gottesdienstbesuch.
Dabei begann das Jahr nicht unbedingt am ersten      Nach dem Hauptgottesdienst wurde der gesamte
Januar. Dieses Datum für den Jahresanfang wur-       Rat der Stadt mit allen städtischen Bediensteten
de zwar schon 45 vor Christus im Julianischen        von einem Beauftragten des Marienstiftes in Emp-
Kalender festgelegt und war im westlichen Kultur-    fang genommen. Der führte sie in geordnetem
raum seit dem Mittelalter weit verbreitet. Dennoch   Zug bis zur Dechanei, wo schon alles für das
gab es in unterschiedlichen Regionen und Zeiten      „Pfingstgras“ vorbereitet war. Der Hof war säuber-
auch andere Daten. So begann in der Erzdiözese       lich mit Ried bestreut, und unter der großen Linde
Trier – und damit in Wetzlar – die neue Jahres-      wartete bereits der Leiter des Stiftskollegiums, der
zählung mit dem 25. März. Ganz alte Urkunden         Dekan, mit allen Stiftsherren. Die beiden Gruppen
sind noch in dieser Weise datiert.                   begrüßten einander mit vielen Komplimenten, und
Ehe die lange Fastenzeit begann, die streng ein-     die Ratsherren überreichten ihr Gastgeschenk,
gehalten wurde und manche Entbehrung mit sich        sechs Flaschen Wein. Darauf nahm man „in
brachte, wurde Fastnacht gefeiert. Es gab noch       rechter Ordnung“ zu beiden Seiten des Dekans
einmal richtig gutes Essen, der Fastnachtsbraten     Platz. Man saß auf steinernen Bänken, die mit
wurde aufgetischt und mit reichlich heimischem       Teppichen bedeckt waren. Nun wurden alle –
Wein heruntergespült. Einen Fastnachtsbraten         ohne Tisch – mit herumgereichten kalten Speisen
bekamen auch die Schüler der städtischen Schu-       bewirtet. So saßen Rats- und Stiftsherren am
le, und die Franziskanermöche erhielten aus den      Pfingstsonntag einträchtig beieinander, um sich
Mitteln einer Stiftung ein Fass gesalzene Heringe,
wohl als Vorrat für die bevorstehende Fastenzeit.
Nach den kargen Fastenwochen kam endlich
Ostern, das Fest der Auferstehung. Der Frühling
war gekommen, die Hennen legten wieder, und
so wurden reichlich Ostereier gegessen und auch
verschenkt. Die Bezeichnung „Osterei“ tauchte
aber erstmalig 1615 auf.
Vermutlich geht die Tradition des Ostereier-Ver-
schenkens auf einen alten Brauch - der Abgabe
von Zinseiern - im Mittelalter zurück. Oft mussten
die Pächter den Grundherren die Steuern und
Abgaben am Gründonnerstag mit Eiern bezahlen.
Das Ei symbolisiert in vielen Kulturen Fruchtbar-
keit und neues Leben. Schon bei den Urchristen
bedeutete das Ei die Auferstehung Jesu Christi
am Ostersonntag, die zerbrochene Eierschale              Die Dechanei in der Kirchgasse hinter dem Dom
                                                                                        seniorenpost wetzlar 220   5
Senioren post wetzlar - Herausgeber: Der Magistrat der Stadt Wetzlar
Aus der Stadtgeschichte

                                                     gelesen und der Segen erteilt. Die Aufstellung
                                                     der Teilnehmenden war genau geregelt. Einige
                                                     Ratsherren trugen den Baldachin, unter dem der
                                                     Priester mit der Monstranz schritt, andere trugen
                                                     Fahnen. Darauf folgten die ebenfalls Fahnen
                                                     tragenden Zünfte und Bruderschaften, erst dann
                                                     kam die Masse der Bevölkerung, kamen Frauen
                                                     und Kinder.
                                                     Zunächst bewegte sich der Zug vom Dom aus
                                                     durch das Wöllbacher Tor hinaus zum Brunnen,
                                                     dem heutigen Goethebrunnen. Dann ging es den
                                                     Steinbühl hinauf, also etwa dem heutigen Philo-
                                                     sophenweg folgend, und über die Felder wieder
                                                     hinunter bis zum Brühlsbach. Diesem folgte der
                                                     Zug ein Stück weit, um dann zurück zum Silhöfer
                                                     Tor zu kehren. Wieder in der Stadt, ging es durch
                                                     die Silvergass (Silhöfer Straße) und die Krämer-
                                                     gass zurück zum Ausgangspunkt.
                                                     Heute fast vergessen, muss doch das Johannis-
                                                     fest früher ein wichtiger Festtag gewesen sein. Es
                                                     wurde am 24. Juni, dem vermeintlichen Geburts-
                                                     tag Johannes des Täufers, gefeiert. Sicher mag
                                                     auch die Freude über den Sommer diesen Feier-
                                                     tag so beliebt gemacht haben. Seine Bedeutung
 Der Eingang zur Dechanei mit den Wappen von         für die Reichsstädter lässt sich aus einer Notiz des
           Andrimont und Riedesel                    Wetzlarer Geschichtsschreibers Friedrich Wilhelm
„ ein paar stund lang beym Instrumentenschlagen      von Ulmenstein entnehmen. Er berichtet noch zu
mit dem trunck im Herrn lustig zu machen“. Das       Beginn des 19. Jahrhunderts, dass ins Hospital
städtische Rentbuch, aus dem wir Einzelheiten        aufgenommene Bürger an den hohen Festtagen
erfahren, vermerkt auch, dass dem Küchenge-          Ostern, Pfingsten und Weihnachten und zum
sinde der Dechanei ein Trinkgeld gewährt wurde.      Johannisfest ein „bestimmtes baares Geld zum
Dieses „Pfingstgras“ war ein ganz alter Brauch,      Einkauf frischen Fleisches und Salzes“ erhielten.
der sich bis weit in die Neuzeit erhalten hat. Er    Ende August wurde des Jahrestages der Kir-
diente vor allem dazu, das oftmals angespannte       chenweihe gedacht. Diese Kirmes wurde wohl
Verhältnis zwischen Rat und Stift zu entspannen      hauptsächlich von den jüngeren unverheirateten
und sogar in freundschaftliche Bahnen zu lenken.     Wetzlarern gefeiert.
Entsprechend dazu wurden zweimal im Jahr die         Alle Altersstufen waren dann im Oktober beim
Würdenträger des Stiftes ins Rathaus zum „Pfaf-      zweiten großen Jahrmarkt in der Stadt beteiligt.
fengelag“ eingeladen.                                König Ludwig der Bayer (1314-1347) hatte der
Zehn Tage nach Pfingsten wurde wieder gefei-         Stadt erlaubt, einen zweiten Jahrmarkt abzuhal-
ert, nämlich Fronleichnam. Dieses Hochfest der       ten. Der Termin dafür war äußerst günstig gelegt,
katholischen Kirche war bis zur Reformation ein      denn er sollte in der Woche nach dem Tag des
Fest für alle Bürger. Schon am Vorabend wurden       Heiligen Gallus (16. Oktober) stattfinden. Dann
die Straßen für die große Prozession geschmückt.     war die meiste Arbeit in der Landwirtschaft getan,
Am Fronleichnamstag nach dem Besuch der hei-         die Ernte war eingebracht, man konnte abschät-
ligen Messe stellte man sich dann zur Prozession     zen, was man verkaufen und was man selbst
auf, bei der die Monstranz mit dem Allerheiligsten   kaufen musste und was man sich leisten konnte.
durch die Stadt und darüberhinaus getragen           Diese Jahrmarktswoche war eine Zeit harter Ar-
wurde. An vier Außenaltären wurden Evangelien        beit, aber auch fröhlichen Feierns. Der November
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Aus der Stadtgeschichte
brachte dann den Martinstag. Jedoch
wie dieser Tag in Wetzlar gefeiert wurde
und ob sich viele Wetzlarer Familien eine
Martinsgans leisten konnten, das wissen
wir nicht.
Aber wir wissen, dass der Nikolaustag
für die Kinder ein Festtag war. Schon im
Mittelalter wurde es zur Tradition, Kinder
und Arme am 6. Dezember zu beschen-
ken. Das geschah in Erinnerung an den
Heiligen Nikolaus, der auch zu Kindern
besonders gütig gewesen sein soll. Es
gab für die Kinder ein paar Nüsse und
Äpfel, denn der Heilige Nikolaus hatte
der Legende nach sogar goldene Äpfel
geschenkt. Besonders brave – und be-
sonders privilegierte - Wetzlarer Kinder,
bekamen noch ein wenig Lebkuchen.
Bescherung am Heiligabend kannte man                    Reste der Hochzeitslaube aus dem Alten Rathaus am
noch nicht.                                                     Fischmarkt, heute im Museumshof
Doch mit der Reformation durch Martin Luther           auch schon Lesen und Schreiben? Doch einen
änderte sich diese Tradition, vor allem für die        kleinen Hinweis auf Familienfeiern gibt uns das
Protestanten. Fortan wurde die Verehrung von           Statutenbuch.
Heiligen abgelehnt und die Bescherung am Niko-         So wie man heute ein großes privates Fest,
lausabend gestrichen. Stattdessen sollte der „Hei-     etwa eine Hochzeit im Dorfgemeinschaftshaus
lige Christ“ an Weihnachten Geschenke bringen.         feiern kann, so gab es im 16. Jahrhundert die
Daraus wurde bald das Christkind, das die Gaben        Möglichkeit, die Hochzeitsstube im Rathaus zu
in die evangelischen Stuben brachte. Nikolaus          nutzen. In diesem Gebäude am Fischmarkt,
ging weiter zu den Katholiken. Doch Christkind         Ecke Schwarzadlergasse, gab es nicht nur im
und Nikolaus scherten sich nicht lange um Kon-         ersten Stock einen Sitzungsraum, sondern auch
fessionsstreitigkeiten und gingen bald zu allen.       den Rathaussaal für solche Festlichkeiten. Im
Heutzutage gibt es am Nikolaustag zwar auch            Innenhof öffnete sich nach der Krämerstraße hin
noch eine Kleinigkeit für die Kinder, die große        die offene Rats-, Hochzeits- oder Sommerlaube.
Bescherung aber gibt es am Heiligen Abend.             Auch sie diente der Geselligkeit. Teile der Laube
Die Adventszeit galt als Fastenzeit, doch am           sind jetzt im Deutschordenshof aufgerichtet. Im
Weihnachtsfest wurde gefeiert. Dann wurde gut          November 1560 setzten die Ratsherren dafür die
gegessen und getrunken, man besuchte die               Nutzungsgebühren fest: „daß ein burger, der die
Gottesdienste und man ruhte sich aus. Auch die         newe stub mit hochzeit oder sonst brauchen will,
Regierungsgeschäfte ruhten. Im Statutenbuch            acht thorneß zahlen soll“ (Turnose, eine vom 13.
können wir lesen, dass der Rat beschloss, dass         bis ins 16. Jahrhundert gebräuchliche Münze.
„die Christnacht keine costen meher uff dem            Um die Zeit kostete ein Malter Weizen in Wetzlar
rathauße durch die burgermeister oder sosten           18 Thorneß).
niemants andern gehalten werden soll“. Zugleich        So galt wohl schon bei unseren Altvorderen, was
wurde beschlossen, dass in der Christnacht die         Goethe in seinem Gedicht vom Schatzgräber als
Wachtposten doppelt besetzt werden und Wäch-           gut und richtig erkennt:
ter durch die Stadt patrouillieren, um die Stadt vor   		            Tages Arbeit, abends Gäste!
Feuer und anderem Schaden zu bewahren.                 		            Saure Wochen, frohe Feste!
Wenn zu Hause in der Familie ein Fest gefeiert                                             Herta Virnich
wurde, so schrieb man das nicht auf – wer konnte

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Reisen
                               Wohin reise ich in Corona Zeiten?
                                                      nach Aserbaidschan. Der achtstündige Flug ging
                                                      von Frankfurt über München zunähst nach Tiflis,
                                                      der Hauptstadt Georgiens. Nach acht Tagen in
                                                      Georgien ging es weiter nach Armenien. Der Bus
                                                      fuhr nur bis zur Grenze, und wir mussten zu Fuß
                                                      mit unserem Gepäck über die Grenze, doch dort
                                                      hat uns der armenische Reiseführer empfangen
                                                      und uns in einem Hotel in der Hauptstadt Jerewan
                                                      untergebracht.
                                                      Der Reiseführer sprach ein recht gutes Deutsch.
                                                      Er zeigte uns nicht nur die Sehenswürdigkeiten
                                                      von Armenien, sondern begleitete uns auch nach
                                                      Aserbaidschan, in die Region Berg-Karabach.
                                                      Von dort hört man jetzt ständig in den Nachrichten
                                                      von den Kämpfen um diese Region. Kaum jemand
                                                      bei uns weiß etwas über diese Region. Mir ging es
                                                      damals genauso. Ich wusste auch nichts über die
                          Kloster in Schuschi         Geschichte und die Lage dieser Region Bergkara-
Es ist November, und ich sitze im Wohnzimmer          bach. Der Name kommt aus dem Armenischen,
und schaue Fernsehen. In früheren Zeiten war          denn dort leben mehrheitlich Armenier. In der
der November mein Urlaubsmonat. Meist fuhr ich        armenischen Sprache bedeutet „qara“ schwarz
in wärmere Länder, nach Afrika, Südeuropa oder        und“bag“ Garten, das heißt, Berg-Karabach be-
Südamerika. Jetzt ist alles gestrichen wegen der      deutet „Schwarzer Garten“. Die Region liegt im
Corona-Pandemie. Die wärmeren Länder schaue           kleinen Kaukasusgebirge. Die größte Stadt in der
ich mir im Fernsehen an. Draußen ist es meist         Region ist mit über 50.000 Einwohnern Stepana-
kalt, es regnet oft und es wird früh dunkel. Da       kert, das auch Hauptstadt der Republik Arzach
macht auch ein Spaziergang keinen Spaß. So            ist. Alle anderen Orte sind mit höchstens einigen
wechsele ich Lesen und Fernsehen miteinander          Tausend Einwohnern deutlich kleiner. Historisch
ab. Auch Besuche sollen so wenig wie möglich          bedeutsam als frühere Hauptstadt des Khanats
stattfinden. Doch ohne Begegnungen und Ge-            Karabach ist Schuschi, das wegen des Bergka-
spräche kann ich nicht leben. Ich treffe mich jeden   rabachkonflikts jedoch einen großen Teil seiner
Nachmittag mit meiner ebenfalls allein lebenden       Bevölkerung verloren hat.
Nachbarin für zwei Stunden. Bei gutem Wetter          Wir besuchten diese Stadt, um ihre Geschichte
auf dem Balkon, wegen der frischen Luft, und bei      und den Konflikt kennen zu lernen. Die Stadt
schlechtem Wetter in der Wohnung. In diesem           Schuschi hat in Folge des Konflikts um Bergka-
Jahr hatten wir im November noch einige warme         rabach viele Einwohner verloren. Gefahren sind
Tage mit Sonnenschein. Da ist es nicht ganz so        wir durch eine abwechslungsreiche Landschaft
schlimm, wenn ich nicht reisen kann.                  von Steppe in den Tälern über dichte Eichen- und
In den Nachrichten kommen oft Berichte von den        Buchenwälder bis hin zu Birkenwäldern und Wei-
Ländern in denen ich schon war, in der letzten        deland in den höheren Lagen. Trotz November
Zeit von den Kämpfen um die Region „ Berg-Ka-         hatten wir noch 18° plus.
rabach“. Ich habe diese Region von Ende Oktober       Bergkarabach hat eine lange Geschichte. Seit
bis Anfang November 2014 besucht. Um mich             dem 4. Jahrhundert wurde das Christentum,
an diese Reise besser zu erinnern, gehe ich an        wie auch in Armenien zur Staatsreligion. Seit
meinen Bücherschrank und suche die Unterlagen,        dem Mittelalter war das Gebiet vorwiegend von
um zu lesen, was ich damals dort erlebt habe.         Armeniern besiedelt. Es galt als Fürstentum. Im
Die Reise führte mich damals durch den kon-           16. Jahrhundert übernahmen die Osmanen das
trastreichen Kaukasus, über Georgien, Armenien        Gebiet (der Name kommt von dem türkischen

8   seniorenpost wetzlar 220
Senioren post wetzlar - Herausgeber: Der Magistrat der Stadt Wetzlar
Reisen

Herrscher Osman). Um die Region gab es schon
immer Streitigkeiten zischen Armenien und Aser-
baidschan.
Was geschah wann?
14. Mai 1805 unterstellte sich der Khan von Ka-
rabach dem Russischen Reich.
1813 trat Persien im Vertrag von Golestan Kara-
bach und andere Khanate an Russland ab.
24. Februar 1828 gerät auch Armenien unter
russischen Einfluss.
Von Februar bis August 1905 erster armenisch-
aserbaidschanischer Krieg.
Nach der Oktoberrevolution von 1917 erhoben
                                                                      Stepanakert
sowohl Armenier als auch Aserbaidschaner An-       Großteil des von der Republik Berg-Karabach
spruch auf Bergkarabach.                           beanspruchten Gebiets und eine Pufferzone zu
Am 24. Februar 1918 nach dem Ende des osma-        Aserbaidschan.
nischen Reiches wurde die Region eine demokra-     Am 16. Mai 1994 kommt es zur Unterzeichnung
tische Republik.                                   des Waffenstillstands in Moskau.
26.-28. Mai Ende des ersten Weltkriegs, es kam     Die Unabhängigkeit der Region Berg- Kara-
zu den ersten Kämpfen in Karabach.                 bach wird international nicht anerkannt, sehr
Am 5. Juli wird die Region Aserbaidschan durch     zum Leidwesen der Armenier. Es gab mehrere
die bolschewistische Parte Rußland zugespro-       gescheiterte Vermittlungen, sowie wiederholte
chen                                               Kampfhandlungen. Der Krieg forderte über 20
7. Juli 1923 Gründung einer autonomen Region       000 Tote, zahllose Verletzte, Kriegsinvaliden und
Berg- Karabach und die Hauptstad von Schuisi       Flüchtlinge.
nach Stepanakert verlegt.                          Auch wir sahen noch viele zerbombte Häuser.
In den 1960er Jahren kam es erneut zu verein-      Einige Straßen und Äcker waren noch vermint.
zelten Unruhen. Die Armenier fühlten sich dis-     Wir hatten Glück, dass es gerade keine Kampf-
kriminiert und waren besorgt, weil ihr Anteil an   handlungen gab. Doch in diesem Jahr gingen
der Bevölkerung in Bergkarabach langsam, aber      die Kämpfe weiter. Die Menschen lernen nichts
stetig abnahm. 1988 eskalierte der Konflikt. Es    dazu. Welche Gründe gibt es? Sind es die Bo-
gab Massendemonstrationen in Armenien sowie        denschätze, wie Gold, Erdöl, Erdgas oder Kohle?
Schießereien mit mehreren hundert Toten und        Sie alle gibt es in Berg- Karabach nicht, aber in
Pogrome in Aserbaidschan. In der Folge kam es      Aserbaidschan umso mehr. Weil Rußland Angst
zu beidseitigen Ausweisungswellen und Flucht       hatte, Armenien könnte die Region mit Raketen
der jeweiligen Minderheit.                         beschießen, war es an einem Waffenstillstand in-
1991 erklärte die Republik Bergkarabach ihre       teressiert. Russland fürchtete um seine Pipeline,
Unabhängigkeit, im November schaffte darauf-       das war wohl der Grund, warum sich Rußland in
hin Aserbaidschan den autonomen Status der         den Konflikt einschaltete. Der im September 2020
Region ab.                                         beschlossene Waffenstillstand war jedoch beglei-
1991 nach der Auflösung der Sowjetunion wer-       tet von Demonstrationen in Armenien und der
den Armenien und Aserbaidschan selbständige        Forderung eines Regierungswechsels. Ich habe
Republiken.                                        die Berichte im Fernsehen verfolgt. Wenn ich auch
Ab 1992 kam es zu verstärkter Gewaltanwendung      in diesem Jahr nicht reisen kann, so schaue ich
von beiden Seiten, ab 1993 beteiligte sich Arme-   mir die Berichte der Länder in denen ich schon
nien mit eigenen Verbänden am Konflikt.            einmal war gerne im Fernsehen an. Ich hoffe
Im April 1993 fordert der UN Sicherheitsrat den    auch, dass es eine zufriedenstellende Lösung für
Rückzug der armenischen Truppen aus den            beide Seiten in der Region Berg-Karabach gibt.
aserbaidschanischen Territorien. Beim Waffen-
stillstand 1994 kontrollierten Armenier einen                                       Renate Wagner
                                                                                    seniorenpost wetzlar 220   9
Senioren post wetzlar - Herausgeber: Der Magistrat der Stadt Wetzlar
Wetzlar aktuell

                                Ehrenbrief für Dieter Löhr

Eine besondere Ehre wurde am 5. November 2020
dem Vorsitzenden des Gehörlosen Seniorenclubs
Wetzlar 1984 e. V., Dieter Löhr, zu Teil.

Landrat Wolfgang Schuster überreichte ihm den
vom Hessischen. Ministerpräsidenten unterzeich-
neten Ehrenbrief des Landes Hessen. Damit
wurden Dieter Löhrs langjährige ehrenamtliche
Leistungen für die Gemeinschaft gehörloser Men-
schen und seine Verdienste gewürdigt.
Bürgermeister Schwarz (Aßlar), Elke Schimek,
(Vorsitzende Gehörlosen Seniorenclub Herborn)
und Peter Gregan, (Übersetzung in Gebärden-
sprache) waren die ersten Gratulanten.

Gehörlosen Seniorenclub Wetzlar 1984 e.V.
Im Wetzlarer Gehörlosen Seniorenclub treffen sich Menschen aus dem gesamten mittelhes-
sischen Raum. Der Club umfasst fast 60 Mitglieder, die sich fast alle monatlich treffen. Vor
Corona fand das Treffen an jedem vierten Mittwoch jedes Monats in der Brettschneiderstraße
4 im Wilhelm-Reitz-Haus (AWO) statt, mit Beginn um 13 Uhr.
Da sie alle ältere hörbehinderte Menschen sind, ist es für sie nicht leicht , sich Gehör zu ver-
schaffen. Sie brauchen viele besondere Informationen im Alltag, brauchen auch Hilfsmittel
und nutzen moderne technische Möglichkeiten. So können sie beispielsweise per SMS ein
Taxi oder Minicar rufen.

Die Mitglieder stellen ihren Verein folgendermaßen vor:

Tätigkeitsschwerpunkte:
Unsere Schwerpunkte sind, da wir ältere Hörbehinderten sind, brauchen viele Informationen.
Auch damit wir nicht einsam sind, ist für uns sehr wichtig, mit unseren Mitmenschen im Kon-
takt bleiben.

Stärken:
Unsere Stärke, zeigt uns dass wir zusammenhalten, dass wir nicht uns verloren gehen.

Kontakt
Gehörlosen Seniorenclub Wetzlar 1984 e.V.
Gartenstraße 19
35614 Aßlar
Deutschland

10   seniorenpost wetzlar 220
Unterhaltung
   Zum neuen Jahre                                    Am Gartentor die
 Was ist ein Jahr? Ihr lieben Brüder,                   alte Bank
  Ihr lieben Schwestern, sagt es mir.
 Sind´s Monde, die da kehren wieder,                    Am Gartentor die alte Bank
 Sind´s alte, längst verklungne Lieder,                  Ist Freundin mir geworden.
    Ist´s ein zerflattertes Panier?                 Ihr Holz ist grau, ist morsch und krank
                                                        Vom Wetter aus dem Norden.
   Sind´s Wünsche, ewig unerfüllte?
  Ist´s Sehnen einer Menschenbrust?                 Doch prächtig sitzt sich´s noch auf ihr
  Sind´s Leidenschaften, ungestillte,                  Vom Blühen bis zum Welken,
     Hingabe vor dem eignen Bilde                     Ich ruh und träum so gerne hier
  Des eignen Trieb´s, der eignen Lust?                Im Duft von Ros´ und Nelken.
 Was ist ein Jahr? Dies zu entscheiden    Weiß ich doch, dass vor Zeiten schon
 Schlägt unser Herz, wirkt unsre Hand.      Das Glück sich ihr verbunden,
Uns bleibt die Wahl – ob Lust, ob Leiden, Dort komm auch ich zu meinem Lohn
  Denn zwischen ihnen zu entscheiden            In Feierabendstunden.
  Wird uns das Jahr von Gott gesandt.
 Das sind zwei Gedichte von Wilhelm Reuter, die um das Jahr 1950 entstanden sind.
 Wilhelm Reuter war ein Dichter unserer Heimat, der am 10. Juli 1896 in Oberkleen geboren wurde.
 Schon mit 16 Jahren veröffentlichte er seine ersten Gedichte im Wetzlarer Anzeiger.
 Im Ersten Weltkrieg wurde er schwer verwundet, darüber schrieb er den Roman „Maasschrecken.“ Er
 heiratete, erbte den Bauernhof und betrieb ihn bis zu seinem Tod. Daneben aber schrieb er Gedichte
 und kleine Geschichten, die in Heimatzeitungen und Kalendern veröffentlicht wurden.
 Nach dem Zweiten Weltkrieg veröffentlichte er mehrere Romane, die in täglichen Fortsetzungen in
 der Wetzlarer Neuen Zeitung abgedruckt wurden. Der Roman „Die Hexe vom grauen Stein“ wurde
 so erfolgreich, dass er die Geschichte auch als Volksschauspiel herausbrachte.
 Wilhelm Reuter war von ganzem Herzen Bauer. Darum schrieb er auch nur im Spätherbst und im
 Winter, dann ließ ihm sein vorbildlich gepflegter Hof Ruhe und Zeit zum Schreiben. Anschaulich und
 farbig schilderte bodenständige Menschen und überlieferte Begebenheiten seiner – unserer – Heimat.
 Am 17. April 1957 starb er in Dornholzhausen.								                                          H.V.
                                                                                                     Werbung

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Unterhaltung

                 Eichhörnchen im Winter
      Eichhörnchen denkt: „O weh, o weh!             An des Waldes lichtem Saum
      Heut liegt ja schon der erste Schnee.            steht ein alter Haselbaum.
        Es fehlt mir noch an Haselnüssen,               Sehr hurtig, sehr schnelle
        um mir den Winter zu versüßen,             eilt es zu dieser Nahrungsquelle.
          doch in diesem weißen Wald
           werden meine Pfoten kalt“.            Eichhörnchen hat nicht lang gefackelt,
                                              bald sieht man wie der Baum dort wackelt,
      Am Mittag scheint die Sonne hell,           denn emsig und possierlich munter
       das freut den munteren Gesell.             holt Eichhorn sich die Nüsse runter.
 Es taut und tropft schon von den Bäumen.          Ein roter Blitz, bald hier bald dort,
  Jetzt heißt es, nur nichts zu versäumen.          bald sind die ganzen Nüsse fort.

         Da läuft schon eine Haselmaus.
     Eichhörnchen kommt aus seinem Haus.                Gisela Ute Freisinger

12    seniorenpost wetzlar 220
Unterhaltung
                             Bevor ich´s vergesse
Schon seit langem reizt mich der Gedanke,         wirren von Berlin nach Hessen verschlagen
einmal ein Buch zu schreiben. Bisher blieb es     hatten, mit von der Partie.
jedoch nur bei zarten Anfängen, die mit weni-     Bis zu meiner Einschulung verlebte ich ei-
gen Zeilen in der örtlichen Zeitung verhallten.   gentlich eine glückliche Kindheit. Meist gab
Da ich mich mit mir am besten auskenne, war       es mittags Suppe und abends Schmalz- oder
mir klar, dass ich ein Buch über mich schrei-     Tomatenbrot. Nur sonntags gab es Fleisch.
ben würde. Sensibilisiert durch die Krankheit     Für die Herstellung des Schmalzes war un-
meines Vaters, dessen letzten Lebensjahre         ser Vater zuständig. Dazu besorgte er sich
von Parkinson und Demenz geprägt waren,           vom Metzger Flomen, das ist Bauchfett vom
weiß ich, wie schnell man vergessen kann.         Schwein. Das schnitt er in kleine Würfel und
Als mein Vater im März 2011 im Alter von 89       erhitzte es in einer Pfanne. War das Fett ge-
Jahren verstarb, wurde mir bewusst, dass ich      schmolzen, goss er es in einen Steintopf und
jetzt bald loslegen müsste. Heute nun ist es      gab die ausgebratenen Speckwürfel (Grie-
soweit. Ich habe mit dem Schreiben begon-         ben) hinzu. Nach dem Erkalten machten wir
nen und die ersten Sätze zu Papier gebracht.      uns gleich darüber her. So ein Schmalzbrot
Wir schreiben den 30. Oktober 2011, und           schmeckte in den Wintermonaten besonders
das Wetter ist miserabel. In der vergangenen      gut.
Nacht wurden die Uhren um eine Stunde             Da wir uns damals den Luxus eines Kühl-
zurückgestellt. Ich habe es mir an meinem         schrankes nicht leisten konnten, bewahrten
Schreibtisch gemütlich gemacht und begebe         wir das Schmalz und die wenigen leicht
mich gedanklich in meine Kindheit zurück, die     verderblichen Lebensmittel, die wir hatten,
in den 50er Jahren begann.                        in einer alten Apfelsinenkiste im Keller auf,
Ich erinnere mich an einen Besuch im städ-        gleich neben der Eierkohle und den Briketts.
tischen Freibad. Meine zehn Jahre ältere          Auch Mäuse und Salamander fühlten sich
Schwester musste mich dorthin mitnehmen.          hier wohl. Bedingt durch die Hanglage des
Ich war damals vier oder fünf Jahre alt und       Hauses, in dem wir auf Miete wohnten, befand
hatte panische Angst vor dem kühlen Nass.         sich unsere Küche auf gleicher Ebene wie
Alle Bemühungen meiner Schwester, mir die         auch der Keller.
Angst vor dem nassen Element zu nehmen,           Diese Küche war damals unser Lebensmittel-
schlugen fehl, und so musste sie wohl oder        punkt und gleichzeitig der einzige Raum, der
übel den Heimweg mit mir antreten. Ich glaube     im Winter beheizt wurde. Hier wurde gekocht,
sie war ganz schön sauer. Lieber hätte sie den    hier nahmen wir die Mahlzeiten ein, spielten
Nachmittag mit ihren Freundinnen verbracht        „Mensch ärgere dich nicht“ oder hörten Radio.
als mit ihrem vor Panik schreienden Bruder.       Für den Durst gab es hier einen sogenannten
An die Zeit vor dieser Begebenheit kann ich       Wasserstein. Das war ein an der Wand befe-
mich kaum erinnern. Ich weiß nur, dass ich        stigtes Becken aus Stein, über dem ein ein-
mein erstes Lebensjahr zusammen mit mei-          facher Wasserhahn angebracht war, aus dem
nen beiden Geschwistern in einer ehemaligen       natürlich nur kaltes Wasser floss. An einem
Raubritterburg, die in der Nachkriegszeit als     rostigen Nagel neben dem Wasserhahn hing
Unterkunft für Vertriebene und Flüchtlinge        der Schepper (Schöpfer). Das war ein in die
diente, verbrachte. Selbstverständlich waren      Jahre gekommener Aluminiumbecher. Wenn
auch meine Mutter, die aus dem Sudetenland        wir Durst hatten befüllten wir ihn mit Wasser,
stammte, und mein Vater, den die Kriegs-          tranken es aus und hängten den Becher

                                                                               seniorenpost wetzlar 220   13
Unterhaltung

dann wieder an den Nagel. Geheizt wurde mit       Schublade, die den unteren Abschluss des
einem Kohleherd, der auch zum Kochen und          Herdes darstellte, nicht unerwähnt bleiben.
Backen genutzt wurde. Außer der Rückwand          Hierin bewahrte mein Vater die Holzspäne,
waren alle Seiten weiß emailliert. Die Oberflä-   die er zum Anfeuern des Herdes benötigte,
che, die zum Kochen genutzt wurde, bestand        und das Schmirgelpapier zur Reinigung des
aus einer Eisenplatte, die sich aus mehreren      Herdes auf. Auch der Schürhaken hatte hier
Einzelteilen zusammensetzte. Auf der rech-        seinen Platz. Neben dem Herd standen zwei
ten Seite der Herdplatte war ein rechteckiger     metallene Behälter, in denen Eierkohle und
Behälter installiert, in dem heißes Wasser        Briketts bevorratet wurden.
bevorratet wurde. Wir nannten ihn das Schiff.     Später dann hatten wir auch einen mit Stadt-
Eine Art Handlauf oder Reling zierte den obe-     gas betriebenen Herd, der mit offener Flamme
ren Rand des Herdes. Das hinter dem Herd          arbeitete. Hier nun kommt meine Schwester,
nach oben geführte Ofenrohr, das nach etwa        der ich den bereits erwähnten Schwimmbad-
einem Meter in der Wand zum Schornstein           besuch vermasselt hatte, wieder ins Spiel. Da
verschwand, wurde regelmäßig vom Vater mit        sie leicht fror, stellte sie sich mit dem Rücken
Silberbronze gestrichen. Unterhalb der Herd-      zum Gasherd, um sich an der offenen Flamme
platte befanden sich der Befeuerungsschacht,      zu erwärmen. Sie merkte nicht, dass die offene
darunter der Aschekasten und daneben die          Flamme auf ihr leicht entzündliches Oberteil
Backröhre. All diese Komponenten waren von        übergriff. Glücklicherweise war unsere Mutter
der Frontseite her zugänglich.                    in der Nähe und konnte durch ihr beherztes
An die Backröhre kann ich mich noch gut erin-     Eingreifen Schlimmeres verhindern.
nern, denn sie war der Grund dafür, dass mei-
ne heißgeliebten Gummistiefel dahinschmol-        Ja, ja, meine Schwester war schon ein Pech-
zen. So trug es sich zu, dass ich als kleiner     vogel. Mir erzählte sie mal, dass sie in ihrer
Junge nach einem kalten und schneereichen         Kindheit von ihrer besten Freundin zu einer
Wintertag mit frierenden Füßen nach Hause         Kugel Eis eingeladen worden war. Nachdem
kam. Um meine kalten Füße aufzuwärmen,            die Kugel ihrer Freundin mit der Erdanzie-
setzte ich mich vor unseren Herd und hielt sie    hungskraft Bekanntschaft gemacht hatte,
in die warme Backröhre. Danach stellte ich        musste auch die Kugel meiner Schwester
meine nassen Gummistiefel zum Trocknen            dran glauben. Ihre Freundin hatte ihr die Eis-
in die Röhre und schloss die Klappe. Nach         tüte aus der Hand gerissen und sie ebenfalls
einiger Zeit machte sich ein merkwürdiger         zu Boden purzeln lassen. Mit den Worten: „Ich
Geruch in der Küche bemerkbar. Es roch nach       hab sie schließlich auch bezahlt“, rechtfertigte
zerschmortem Gummi. Sofort wusste ich, was        sie ihr Verhalten.
die Uhr geschlagen hatte. Hier konnte es sich
nur um meine Gummistiefel handeln. Meine                                            Erich Bittrich
Mutter hatte alle Mühe, den Gummiklumpen
aus der Backröhre zu entfernen. Für die näch-     In den nächsten Ausgaben der Seniorenpost
sten Tage war der Aufenthalt im Schnee für        Wetzlar gibt es weitere Folgen aus den Er-
mich gestrichen.                                  innerungen von E. Bittrich. Freuen Sie sich
Um die Beschreibung des Herdes zu kom-            drauf!
plettieren, darf die auf Rollen laufende

14   seniorenpost wetzlar 220
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unseren Bewohnern das größtmögliche Maß an Selbstän-           Dill-Kreis und weiter ganz gleich welcher Altersgruppe
digkeit und sorgt für Wohlbefinden und Geborgenheit.           als Hauptaufgabengebiet gesetzt.
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bedürftige Menschen von 18-65 Jahren.
                                                               möchten wir gerne in ihrem Zuhause zur Seite stehen,
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                                                               auch regelmäßige, externe Weiterbildungen.
Sie sind uns jederzeit herzlich willkommen.
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schönes Haus Ihre Fragen.                                      Alle Pflegefachkräfte werden im Bereich der außer-
                                                               klinischen Intensivpflege qualifiziert und gefördert.
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Wer alt werden will braucht Mut!
ALT WERDEN MÖCHTE JEDER, ABER ALT SEIN NIEMAND!

Gesund zu sein und zu bleiben und so lange es                Maß und Ziel genossen werden, aber bei der aktiven
geht selbständig im Leben zu stehen, das sind                Lebensgestaltung geht es vielmehr um eine bewuss-
die Wünsche für die Zukunft eines alternden Men-             te Lebensführung. Um das Bewusstsein selbst her-
schen.                                                       auszufinden, was, wann und in welchem Maß dem
                                                             Körper und dem Geist gut tun. Und dies in allen Le-
Das Leben ist ein unaufhörlicher Prozess von Ver- bensbereichen.
änderungen. Auch Alterungsprozesse gehören zum Im Fachgebiet der „Geriatrie“ auch „Altersmedizin“

Wer alt werden will br
Leben. Alt sein ist keine Krankheit, sondern ein be- genannt, geht es um das natürliche Verständnis nor-
sonderer Lebensabschnitt, in den jeder Mensch ganz maler physiologischer Veränderungsprozesse für den
allmählich hineinwächst.                                     Patienten sowie um das Verständnis der Medizin in
Körper und Geist verändern sich. Das zeigt sich nicht Bezug auf die veränderten Wirkmechanismen im al-
nur in Lachfalten und grauen Haaren. Atmung, Ver- ternden Körper. Plötzlich wirkt ein seit Jahren einge-

ALT WERDEN MÖCHTE JEDER, ABER ALT SEIN NIEMAND
dauung, Immunsystem, Sinnesorgane, Schlafverhal- nommenes Medikament ganz anders, vielleicht viel
ten und viele andere Bereiche des menschlichen Or- stärker oder schwächer. Plötzlich nehmen sie an Ge-
ganismus verändern sich ebenfalls. Das macht den wicht ab oder zu. Plötzlich brechen Knochen.
Körper nicht automatisch krank, aber er ist anfälliger All diese Veränderungen sind Vorgänge, welche ihren
Gesund zu sein und zu blei- Atmung, Verdauung, Immun- und die Gesundheitsrisiken des
für bestimmte Krankheiten, die besonders in höhe- Ursprung im körperlichen Stoffwechsel haben. Phy-
                                                                                                                               Se
ben Alter
rem   und so   lange esViele
            auftreten.     gehtdieser
                                 selb- Vorgänge
                                         system,können
                                                     Sinnesorgane,     Schlaf-
                                                             siologische
                                                                                   Alters helfen bei einer aktiven
                                                                           Prozesse laufen langsamer oder auch
                                                                                                                               te
ständig immitLeben
heutzutage                zu stehen, oder
                  naturheilkundlichen    verhalten
                                            homöopathi- und unkoordiniert
                                                               viele andere        undErnährung
                                                                              ab. Die    gesunden         Lebensgestal-
                                                                                                    hat sich   verändert,      Na
das   sind  die   Wünsche     für  die
schen Mitteln und Anwendungen gelindert oder gar die Bewegungseinheiten werden weniger. Es Thema
                                         Bereiche    des   menschlichen    Or-     tung   im   Alter.  Diesem       kommt      jeg
Zukunft eines
aufgehalten         alternden Men- ganismus verändern
              werden.                                              sich eben-
                                                             vermehrt              widmet sich
                                                                        zu Unsicherheiten     z. B.das  Fachgebiet
                                                                                                     beim   Gehen, was   der   no
schen.
Verständnis                              falls. Das des
               um die normalen Veränderungen            machtStürze
                                                                 den und    damit Geriatrie
                                                                       Körper       verbundene im Knochenbrüche
                                                                                                    hohen Maße und       zur   tiv
Das Leben
Körpers         ist Gesundheitsrisiken
          und die    ein unaufhörli- des nicht   automatisch
                                            Alters  helfen Folge krank,  aber
                                                                     haben   kann. hat  damit     eine   eigenständige         vie
chereiner
bei     Prozess
           aktivenvon
                    undVeränderun-       er ist anfälliger
                         gesunden Lebensgestaltung       im für   bestimmte
                                                             Mit all diesen Themen undbeschäftigt
                                                                                        große Herausforderung.
                                                                                                     sich die Altersheil-      be
gen. Diesem
Alter.  Auch Thema       widmet sich das Krankheiten,
                 Alterungsprozesse        Fachgebiet derdie kunde.
                                                               besonders           Was bedeutet
                                                                             in Stadium
                                                                      In diesem              geht es,eine    aktive
                                                                                                        je nach         und
                                                                                                                    Erkran-    se
gehören imzum
Geriatrie      hohenLeben.
                       MaßeAltundsein    höherem
                                   hat damit          Alter auftreten.
                                              eine eigen-    kung nichtViele       gesunde
                                                                           mehr alleine  und primärLebensgestaltung?
                                                                                                        um die Heilung         wa
ständige
ist keineund    große Herausfor-derung.
           Krankheit,    sondern ein dieser Vorgänge einer    können Krankheit,
                                                                        heut- sondern
                                                                                   Ist das um
                                                                                            GlasLinderung
                                                                                                  Rotwein am  von Abend
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Was    bedeutet   eine  aktive  und gesunde    Lebensge-     typischen   Beschwerden,
besonderer Lebensabschnitt, in zutage mit naturheilkundlichen mit dem Lebensalter von 60  Unterstützung     im   täglichen     Un
staltung?
den jederIst    das Glas
             Mensch     ganzRotwein
                              allmäh-am Abend    mit dem Leben und
                                         oder homöopathischen             schlussendlich
                                                                      Mitteln      aufwärtsum tabu?
                                                                                                die soziale
                                                                                                        Muss Verantwort-
                                                                                                                  ich nun      ch
Lebensalter   von
lich hineinwächst.  60 aufwärts  tabu? Muss  ich nun   täg-  lichkeit von  uns  allen. Wer   alt
                                         und Anwendungen gelindert täglich zwei Stunden Senioren-werden    will,  darf  kein   Im
lich zwei Stunden
Körper     und Geist  Seniorensport
                           verändernbetreiben
                                         oder und   zu al- Feigling
                                                gar aufgehalten        sein und braucht
                                                                   werden.         sport Mut.    Aber auch
                                                                                           betreiben     unddas  zusoziale
                                                                                                                     allem     au
lem  Übel  auf  meine   geliebte Schokolade   verzichten?
sich. Das zeigt sich nicht nur in Verständnis um die normalen Übel auf meine geliebtegegen-
                                                             Umfeld   sollte sich stets seiner   Verantwortung       Scho-     ge
Seien   Sie beruhigt.
Lachfalten    und grauenUm Verbote
                              Haaren.gehtVeränderungen
                                           es bei weitem über  des älteren
                                                                      KörpersMenschen
                                                                                   koladebewusst     sein. Denn dieser
                                                                                            verzichten?                        stä
nicht! Natürlich sollten Genussmittel jeglicher Art in Zustandtrifft uns alle – früher oder später.
                                                                                                                               sch
                                                                                                                               für
     Praxisklinik für biologisch ergänzende                                                                                    Ve
         Krebs- und Schmerztherapie,                                                                                           zu
                                                                                                                               me
            Hyperthermie-Zentrum                                                                                               Kö
                                                                                                                               Jah
  • Allgemeine Immunstärkungstherapie mit Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen                                        ka
  • Anwendung modernster Therapieverfahren wie Hochtontherapie, Laserblutbestrahlung,                                          vie
    lokale Tiefenhyperthermie, Ganzkörperhyperthermie, Mistel uvm.                                                             Plö
                                                                                                                               wi
  • Dadurch u.a. Reduzierung der Neben- und Wechselwirkungen von Medikamenten                                                  ch
                                                                                                                               All
            Praxisklinik Dr. Herr | Westerwaldstraße 42–44 | 35753 Greifenstein- Beilstein                                     Vo
                            Telefon 0 27 79/5 10 58-0 Fax 0 27 79/5 10 58-29                                                   sp
                                                                                                                               we
                       www.praxisklinik-dr-herr.de | info@praxisklinik-dr-herr.de                                              Pro
Unterhaltung

                                     Schaumküsse
                                                     Sie lachte und sagte „Ja, es gibt weiße, braune,
                                                     schwarze, angedätschte und welche, die ganz
                                                     sind. Aber eines haben sie alle doch gemeinsam.“
                                                     „Was denn, Mama?“ fragte der Junge. „Na, die
                                                     Füllung. Innen sind sie alle gleich. Und egal, ob
                                                     sie angedätscht sind oder nicht, sie erfüllen ihren
                                                     Zweck. Sie schmecken lecker. Probier mal.“
                                                     Sie gab ihm einen heilen und einen angedätschten
                                                     schwarzen Schokokuss. „Und, schmeckt der an-
                                                     ders?“ fragte sie ihn. „Er war genauso lecker“,
                                                     grinste der Junge. „Und wie ist das bei den Men-
                                                     schen?“ wollte er wissen. „Na ganz einfach, uns
                                                     gibt es auch in vielen Farben, und manche von
Heute morgen beim Einkaufen bekam ich ein            uns können vielleicht nicht gut laufen oder sehen
Gespräch an der Kasse zwischen einer etwa 30-        oder sprechen. Aber worauf es wirklich ankommt
jährigen Mutter und ihrem geschätzt fünf Jahre       ist das, was unter der Hülle steckt, egal welche
alten Sohn mit. Der Einkaufswagen von den bei-       Farbe sie hat und ob irgendetwas angedätscht
den war ziemlich gefüllt, und die Mutter bat ihren   ist oder nicht. Was dann bleibt ist das, was uns
Sohn, noch eine Packung Klopapier zu holen.          wirklich ausmacht. Und wenn du so willst sind wir
Der Junge kam zurück und warf schwungvoll eine       doch alle gleich, nämlich Menschen!“
große Familienpackung Klopapier auf den Wagen.       Als ich dann endlich an der Kasse meinen Einkauf
Im letzten Moment konnte die Mutter die Eierpa-      bezahlt hatte, sah ich, wie die Mutter des Mäd-
ckung auffangen, die, ebenso wie die Spaghetti       chens auf die beiden zu ging. Sie hielt ihnen eine
und die Mini-Schokoküsse, dem Toilettenpapier-       offene Schachtel mit Schaumküssen entgegen.
Wurfgeschoss im Wagen Platz machten und nun          „Danke“, sagte sie zu der Mutter des Jungen,
schwungvoll durch die Luft flogen.                   „Ich habe gehört, was sie ihrem Sohn sagten.“
Der Junge stand mit großen Augen und offenen         Alle vier lachten sich gegenseitig zu und aßen in
Mund da und zeigte mit seinem Finger an mir          stiller Eintracht die Schokoküsse genüsslich auf.
vorbei. „Die ist ja ganz schwarz und kann nicht      Wenn es solche Menschen doch nur mehr gäbe,
richtig laufen Mama“, sagte der kleine Mann und      Menschen die ihren Kindern Liebe, Respekt, Zeit
zeigte mit dem Finger auf ein dunkelhäutiges         und Nähe geben und nicht Hass und Dumm-
und offensichtlich gehbehindertes Mädchen. Mit       heit...!!!!
hochrotem Kopf brachte die Mutter des Jungen                                                        Red.
nur ein Wort heraus: „Kinder!“ und zuckte verlegen
mit den Schultern. „Schon gut“, sagte die andere
Mutter und schob ihr Kind weiter.
„Wieso ist die so anders Mama?“ fragte der
kleine Mann. Die Mutter ging in die Hocke und
nahm die Packung Schokoküsse, die durch den
Zusammenstoß mit dem Toilettenpapier etwas
ramponiert war, in die Hand. Sie öffnete die
Schachtel, und man sah fein aufgereihte weiße,
braune und schwarze Mini-Schokoküsse. „Schau
mal genau hin“, sagte die Mutter. „Vielleicht ist
es mit den Schokoküssen wie mit Menschen,
es gibt sie in verschiedenen Farben.“ „Aber vier
sind angedätscht.“ Sagte der der kleine Mann.

                                                                                      seniorenpost wetzlar 220   15
Aus der digitalen Welt

                                Telemedizin für Wetzlarer Bürger
Die Begriffe Online-Sprechstun-
de, elektronische Patientenakte
oder elektronische Gesundheits-
karte haben Sie bestimmt schon
einmal gehört und sich gefragt,
was das ist und wie dies im All-
tag nützlich sein kann?
Das Kompetenzzentrum für Te-
lemedizin und E-Health (Elektro-
nische Gesundheit) bietet daher
nun interessierten Bürgern jeder
Altersstufe die Möglichkeit sich
zu informieren und beraten zu
lassen.
Dabei können, nach einer
kurzen Erläuterung, Fragen zur
Datensicherheit genauso ge-
                                     Das Bild zeig v.l.n.r. das Team: Dunja Boch, Vivienne Mekhzoum,
stellt werden, wie Fragen nach                Armin Häuser, Susanne Tran und Sven Rolka
technischen Innovationen.
Die kostenfreie Teilnahme findet in Zeiten der Corona-Pandemie online statt und kann von jedem
internetfähigen PC durchgeführt werden. Der PC sollte nur über eine Tonausgabe und ein Mikrophon
verfügen. Ein einfaches Headset ist selbstverständlich auch ausreichend.
Wenn Sie an einer Beratung teilnehmen wollen, wissen wollen wie eine Videosprechstunde funktio-
niert oder eine andere Frage haben, dann senden Sie eine Mail an die Mail-Adresse: info@ehealth-
zentrum.de oder rufen sie die Telefonnr. 0641 309 6633 an. Dann bekommen Sie von uns Ihren
Informationstermin und eine kurze Erläuterung des Ablaufes. Probieren Sie die digitale Welt aus.
Das ganze Projekt wird durch das Land Hessen gefördert und von der Technischen Hochschule
Mittelhessen sowie der Justus-Liebig-Universität Gießen begleitet.

                                                                                           Werbung

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                    • Faszientechnik

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 Tel.: 06441-805718, Email: steinbach-physiotherapie@online.de
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16   seniorenpost wetzlar 220
Aus der digitalen Welt
          Wie nutzen Senioren digitale Technologien
                    Studie Bitkom Berlin
Der Digitalverband Bitkom (Bundesverband Infor-       bei der Beliebtheit von Online-Diensten macht
mationswirtschaft, Telekommunikation und neue         die Videotelefonie: Vier von zehn Onlinern ab 65
Medien e. V. Bitkom) hat im Januar und Juli 2020      Jahren, entspricht 40 %, nutzen es mittlerweile.
eine Studie unter mehr als 1.000 Senioren über 65     Anfang des Jahres waren es erst drei von zehn:
Jahren durchgeführt. Die Corona Pandemie hat          31 %. Fast jeder dritte der befragten Senioren - 34
ein wenig dazu beigetragen, das Interesse der Se-     % - ist auch in sozialen Netzwerken unterwegs.
nioren zum Thema „Digitalisierung“ zu erhöhen.        Die beliebteste Plattform unter den Social-Me-
Nach dieser Studie gaben im Juli sieben von           dia-Nutzern ab 65 Jahren ist dabei mit Abstand
zehn Personen ab 65 Jahren, (69 %) an, dass           Facebook: 57 % von ihnen sind dort aktiv, das
sie die Digitalisierung als Chance sehen – ein        entspricht 9 % aller Senioren in Deutschland.
Zuwachs von 5 %punkten im Vergleich zum Jah-
resanfang, denn da waren es erst 64 %.                „Auch wenn das Internet unter älteren Menschen
Eher eine Gefahr in der Digitalisierung sehen         kaum zusätzliche Fans gewonnen hat: Wer sich
derzeit drei von zehn der Senioren, das waren         einmal in die digitale Welt bewegt hat, möchte
29% % der Befragten¸ im Januar waren es 33%.          sie nicht mehr missen“, so Berg. Sechs von zehn
Inzwischen zeigt sich fast jeder Zweite- 45 % -       älteren Internetnutzern. 62 % können sich ein
technologischen Neuerungen gegenüber zumin-           Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen. Und
dest aufgeschlossen, zum Jahresanfang sagten          fast alle, nämlich 94 % konnten dank des Internets
dies 38 %.                                            ihr Wissen erweitern. Drei von vier Menschen -
Der Anteil der älteren Internetnutzer hat sich hin-   76 % - hilft das Internet dabei, gedanklich fit zu
gegen kaum verändert innerhalb dieses Jahres:         bleiben. Stärkeren Kontakt zur eigenen Familie
Nach wie vor ist jeder Zweite ab 65 Jahren online:    haben durch das Internet mehr als die Hälfte 55
im Juli: 49 %, Januar: 48 %. Zum Vergleich: Im        %. Die Nicht-Onliner hingegen vermissen den
Jahr 2014 waren es erst 38 %. „Digitale Technolo-     Nutzen am Internet. Jeder Zweite, entspricht 52
gien haben sich während der Corona-Pandemie in        % meint: Das brauche ich nicht. Ähnlich vielen
vielen Bereichen bewährt“, sagt Bitkom-Präsident      49 % fehlen die technischen Möglichkeiten für
Achim Berg. „Der Schritt ins digitale Neuland fällt   einen Internetzugang und drei von zehn 30 %
Senioren aber immer noch schwer – es braucht          wollen sich im höheren Alter nicht mehr mit der
noch mehr Hilfsangebote.“                             Digitalwelt beschäftigen. Viele Nicht-Nutzer wür-
Wer das Internet nutzt, war während der Corona-       den gerne auf das Internet zugreifen, sie haben
Pandemie noch häufiger online oder hat neue           aber niemanden, der ihnen das Internet zeigen
Dienste ausprobiert. Praktisch alle von diesen        könnte. Jeder siebte von ihnen 14 % gibt dies an.
Senioren, die das Internet nutzen, schreiben          „Wir dürfen nicht zulassen, dass grundsätzlich
zumindest ab und zu E-Mails: 96 % und suchen          Interessierte der digitalen Welt fernbleiben, weil
nach Informationen zu persönlichen Interessen:        ihnen die passende Unterstützung fehlt“, so Berg.
93 %. Online-Nachrichten zum aktuellen Ge-            „Gerade ältere Menschen brauchen Begleitung
schehen lesen 88 %, vor dem Corona-Ausbruch           bei den ersten Schritten in die digitale Welt.“
waren es erst 84 %. In Online-Shops kaufen
inzwischen 72 % ein, 5 % mehr innerhalb eines         Das wichtigste Gerät ist für Senioren der tradi-
halben Jahres. Auf Online-Banking setzen 69 %         tionelle Tisch-PC. Mehr als jeder Zweite 54 %
der älteren Internetnutzer, das sind 3 % mehr als     verwendet zumindest hin und wieder einen Desk-
im Januar 2020. Auch Video-Streaming wird mehr        top-PC, zwei von fünf 42 % nutzen einen Laptop,
genutzt: Vier von zehn der älteren Onliner, nämlich   jeder Fünfte 20 % einen Tablet-PC. 41 % nutzen
44 %, schauen über das Internet Videos, Filme         ein Smartphone, ein Viertel 25 % telefoniert
und Serien, ein Anstieg um 4 %, zu Vergleich:         aber noch mit einem gewöhnlichen Handy ohne
im Januar waren es 40 %. Den größten Sprung           Touch-Display oder Apps. Ein Smart-TV kommt
                                                                                       seniorenpost wetzlar 220   17
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Aus der digitalen Welt

bei drei von zehn 30 % zum Einsatz. Und jeder
Neunte 11 % verwendet einen Fitnesstracker.

Für Angebote im Bereich digitaler Gesundheits-
lösungen wächst die Bereitschaft der Generation
65Plus. Zwei von vier Internetnutzern ab 65 Jah-
ren 38 % lassen sich inzwischen Erinnerungen
für Arzttermine per SMS oder E-Mail schicken,
weitere 53 % können sich dies vorstellen. 37 %
vereinbaren solche Termine heute bereits online,
zwei von fünf 42 % würden dies künftig tun. Per
E-Mail 21 % oder Messenger 19 % kommuni-                     Sport ist unser Element
ziert jeder Fünfte mit seinem Arzt, weitere 48
% bzw. 46 % können sich dies vorstellen. Eine
telemedizinische Überwachung nutzen heutzu-
tage 6 % der befragten Senioren. Auch digitale
Gesundheitsleistungen, die erst in den kommen-
den Jahren verfügbar sein werden, stoßen bei
älteren Internetnutzern auf großes Interesse. So      Unsere Öffnungszeiten:
kann sich mehr als jeder Zweite 53 % vorstellen,      Montag
                                                      Dienstag – Freitag
                                                                           15:00
                                                                            8:00
                                                                                   –
                                                                                   –
                                                                                       22:00
                                                                                       22:00
                                                                                               Uhr
                                                                                               Uhr
die elektronische Patientenakte zu nutzen, 40 %       Samstag
                                                      Samstag nur Frauen
                                                                           10:00
                                                                            8:00
                                                                                   –
                                                                                   –
                                                                                       18:00
                                                                                       10:00
                                                                                               Uhr
                                                                                               Uhr   Weitere Informationen unter

das E-Rezept. „Die Digitalisierung im Gesund-         Sonntag               9:00   –   18:00   Uhr         www.wetzlar.de

heitswesen kann die medizinische Versorgung
verbessern und die Infektionsgefahr, für die
durch Corona besonders gefährdeten älteren
Menschen erheblich reduzieren “, so Berg. „Viele
Senioren zeigen eine beeindruckende Offenheit
gegenüber digitalen Gesundheitslösungen.“
Von der Politik wünschen sich Senioren noch
mehr Unterstützung bei Digitalthemen. Sechs von
zehn 61 % wollen, dass die Politik das Internet
insgesamt sicherer macht. Ähnlich viele 59 %
plädieren für mehr Hilfsangebote für Menschen,
die nicht mit dem Internet groß geworden sind. 44
% meinen, es sollte dafür gesorgt werden, dass
es auch in ländlichen Gebieten ein schnelles und
bezahlbares Internet gibt. „Es gehört zu den wich-
tigsten Aufgaben der Digitalpolitik, gerade auch
älteren Menschen den Zugang zur digitalen Welt
zu erleichtern“, so Berg.

Das Wetzlarer Seniorenbüro bietet Senioren
im Rahmen der zur Verfügung stehenden Res-
sourcen und Möglichkeiten Hilfestellungen an,
einfacher und leichter den Einstieg in die digitale
Welt zu finden.

                                   Jutta Schwarz

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