Die Wissensgesellschaft am Scheideweg - Netzwerk Weiterbildung
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Editorial biwifo report 2/2007 Immer prekärer Inhalt Schwerpunkt: Befristete Arbeitsverträge, Teilzeit, Die Zukunft der Hochschulen Werk- und Honoraraufträge, geringfügige Volle Kraft voraus: Beschäftigung, erzwungene (Schein-) Auf zum ver.di Bundeskongress 3 Selbstständigkeit... Formen und Namen gibt es viele für ein Übel, das immer weiter um Was der Fachbereich will 3 sich greift: schwindende Sicherheit für das Der Bund sagt der Bildung ade 4 Berufsleben und eine längerfristige Lebens- Hochschulen als Produktionsstätten 5 planung. Auch im Wissenschaftsbereich nehmen diese Beschäftigungsformen stetig Stand der Dinge zu. In vielen Fakultäten und Fachbereichen bei der Exzellenzinitiative 6 sind nur noch die ProfessorInnen und Geheimbündelei an der Berliner SekretariatsmitarbeiterInnen unbefristet Humboldt-Uni 6 beschäftigt; alle anderen arbeiten auf der Die TU München hat`s geschafft 7 Basis von Zeit- oder Honorarverträgen. report Mittlerweile kann man sich des Eindrucks Wer bezahlt die Rechnung der BAföG-Reform? 8 nicht mehr erwehren, dass die Flexibilität Petra der Beschäftigten und die Flexibilisierung Gerstenkorn „Die Schere geht immer weiter auf“ – ihrer Arbeitsbedingungen zum Selbstzweck Mitglied des Interview mit dem Generalsekretär mutieren. ver.di- des Deutschen Studentenwerks 9 Bundesvorstandes Campus der Zukunft: Kopieren Die Auswirkungen, die das Arbeitsleben und Leiterin des und kooperieren erwünscht 10 in der Schwebe auf die Beschäftigten hat, Fachbereichs Akkreditierung: Von Programmen werden zunehmend erforscht. Ständig Bildung, zu Systemen 11 Energien zu mobilisieren, um den Sprung in Wissenschaft und ein gesichertes Arbeitsverhältnis doch Forschung Weiterbildung: Netze knüpfen noch zu schaffen und ständige Anpassungs- gegen Dumping 12 leistungen, um eine weitere Befristung Gemeinsam finden wir Gehör 13 im gleichen oder anderen Arbeitsumfeld zu ergattern, verändern Verhalten und Delegierte für den Bundeskongress Einstellung gegenüber Vorgesetzten, und der neue Fachbereichsvorstand 14 KollegInnen und der Arbeitsaufgabe – so Aus dem Leben einer Bibliothekarin 15 die vorliegenden Befunde und Ergebnisse. Porträt: Bernhard Kunze 15 Weniger im Blick sind die Auswirkungen, die Flexibilität und Instabilität auf Qualität und Perspektive von Forschungs- Impressum feldern haben. Kann Diskontinuität in der Der ver.di Report biwifo Nr. 02/2007 · September 2007 Bearbeitung von Aufgaben und den Herausgeber: Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) Arbeitsbeziehungen sich hemmend auf Fachbereich Bildung, Wissenschaft und Forschung Produktivität und Innovation auswirken? Paula-Thiede-Ufer 10 · 10179 Berlin Fotos v.o.n.u.: Jürgen Seidel (3), Marttin Hofmann V.i.S.d.P.: Petra Gerstenkorn Verantwortliche Redakteurin: Annette Jensen Im Rahmen unseres Projektes „Campus Internet: www.verdi.de der Zukunft“ wollen wir auch dieser Grafisches Konzept: Hansen Kommunikation GmbH Layout: einsatz, Wolfgang Wohlers Frage nachgehen. Wir werden die ersten Druck: apm AG Darmstadt, Kleyerstraße 3, 64295 Darmstadt Ergebnisse von Forschungsprojekten der Titelbild: Werner Bachmeier (Bildmontage) Hans-Böckler-Stiftung mit den Erfahrungen W-1728-28-0907 der Beschäftigten und ihrer Interessen- Die Artikel stellen die Meinungsvielfalt unseres vertretungen abgleichen. Auf solider Fachbereiches dar und spiegeln nicht in jedem Fall die Grundlage werden wir dann unsere Meinung des Bundesfachbereichsvorstandes wider. 2 gewerkschaftlichen Forderungen weiter entwickeln. b Service Fachbereich Bildung, Wissenschaft und Forschung Internet: www.biwifo.verdi.de Ansprechpartner biwifo-Report: holger.menze@verdi.de Tel.: 0171/9 32 04 04 · Fax: 030/69 56-35 00
Schwerpunkt: Die Zukunft der Hochschulen V E R.D I POSITION W Das sagt unser Volle Kraft voraus Fachbereich zur Bildungsfinanzierung Mit einer umfassenden Darstellung des Finanzbedarfs Unsere Bundesfachbereichskonferenz Wir sind auf diesem Feld bereits heute ein des öffentlichen Bildungssektors stand unter dem Motto „bilden, wissen, Akteur, an dem man nicht mehr vorbeikommt. hat der Bundesfachbereichs- forschen – Kompetenz für die Zukunft“. Diese Position wollen wir weiter ausbauen und vorstand Bildung, Wissenschaft Damit sind die Eckpfeiler unserer bis- uns im Interesse der Menschen und des Gemein- und Forschung im Mai 2007 herigen und künftigen Arbeit markiert. wohls einmischen. Damit das gelingt, bedarf es eine Positionierung zum Thema Den anstehenden ver.di-Bundeskongress der gemeinsamen Anstrengung des gesamten Bildungsfinanzierung vorgelegt. wollen wir gleichsam als Resonanzboden Fachbereichs. Das Papier analysiert zunächst nutzen, um unseren Forderungen für alle Bereiche von der mehr Durchschlagskraft zu verleihen. Nicht aus den Augen verlieren dürfen wir Vorschule über die Schule und Die Chancen dafür stehen gut. dabei allerdings die alltägliche Arbeit für die die duale Berufsausbildung bis biwifo Beschäftigten in den Bildungseinrichtungen. Wir zu den Hochschulen in kurzen VON KLAUS BÖHME müssen uns bemühen, sie stetig von den Vor- Skizzen die gegenwärtigen teilen der Mitgliedschaft in unserer Gewerkschaft Problemlagen. Anschließend S chon der letzte ver.di-Bundeskongress hat zentrale Leitlinien formuliert: Das Grundrecht auf Bildung, die Beseitigung sozialer Zugangs- zu überzeugen. Das auf drei Jahre angelegte Projekt CAMPUS DER ZUKUNFT trägt dem Rechnung und bildet in diesem Zeitraum den macht der Fachbereich deutlich, welche Entwicklungsschritte jeweils nötig wären, um be- barrieren und die dringend erforderliche An- Arbeitsschwerpunkt des Fachbereiches. Wir stimmte Zielsetzungen zu er- passung der einzelnen Phasen lebensbegleiten- wollen durch klare, differenzierte Positionen reichen. Konkrete Forderungen den Lernens an die Erfordernisse einer wissens- wahrnehmbarer werden in Hochschulen und und deren aktueller Finanzbedarf basierten Gesellschaft. Diese Forderungen haben Forschungseinrichtungen als den für die Zukunft werden ebenfalls benannt. unverändert und dringender denn je Gültigkeit. unserer Gesellschaft entscheidenden Hand- lungsbereichen. Der Fokus des gewerkschaft- Der Bundesfachbereichs- Einzelne dieser Punkte finden ganz allmählich, lichen Engagements liegt selbstverständlich bei vorstand macht sich damit für allerdings immer noch viel zu zögerlich Nieder- den Arbeitsbedingungen der Beschäftigten. Die eine bedarfsgerechte Finan- schlag in der politischen Debatte und Umsetzung. besser zu gestalten und die Rahmenbedingungen zierung eines demokratischen, Ein harter Schlag in die andere Richtung war aller- positiv zu beeinflussen ist unser Ziel. Nur wenn sozialen und geschlechter- dings die Föderalismusreform. Hier wurde die das gelingt, kann der derzeit zwar moderate, aber gerechten Bildungswesens Chance vertan, einheitliche Bildungsstandards zu doch stetige Mitgliederverlust endlich gestoppt stark. Er stellt die Leitidee der schaffen; stattdessen droht jetzt eine zunehmen- und stattdessen ein Mitgliederzuwachs erreicht Chancengleichheit in den de Kleinstaaterei im Bildungswesen, der es ent- werden. Mittelpunkt und entwickelt ihre schieden entgegen zu wirken gilt. konkreten finanziellen Konse- Dafür lohnt es sich, alle Kräfte in den Hoch- quenzen für die unterschied- Gleichzeitig sehen wir uns damit konfrontiert, schulen, Forschungseinrichtungen und Studen- lichen Bildungsbereiche. dass Bildung in immer höherem Maße privat tenwerken zu bündeln und die Akteure an einen (mit-)finanziert werden muss. Die Studien- Tisch zu bringen, um Neues zu denken und auch Mit den Berechnungen liegt gebühren sind nur ein Beispiel dafür. Wir alternative Wege zu gehen. nun ein umfassender Beitrag dagegen sind der tiefen Überzeugung, dass für die politische Arbeit unseres Bildungsmöglichkeiten bereit zu stellen eine der Es geht um die Zukunft – sowohl unserer Fachbereichs vor. Der nächste vornehmsten und dringendsten Aufgaben des Gesellschaft als auch unserer Gewerkschaft. Viel Schritt ist nun der ver.di-Bundes- Gemeinwesens ist. Deshalb bringt der Fach- Zeit bleibt uns nicht. Wir müssen sie nutzen! b kongress im Oktober. Dort bereich beim bevorstehenden Bundeskongress wird das Papier allen ver.di- einen ausführlichen Antrag zur umfassenden und Delegierten vorgelegt – verbun- sozial gerechten Finanzierung lebenslanger Bil- den mit dem Antrag, dies als dung ein (siehe Spalte rechts). Unser Ziel ist es, Positionierung der Gesamt- zunächst in unserer Gewerkschaft eine breite organisation zu verabschieden. Mehrheit dafür zu gewinnen. Mit derart gestärk- Nach einer hoffentlich breiten tem Rücken wollen wir danach eine Diskussion Unterstützung durch die mit allen gesellschaftlichen Gruppierungen be- gesamte Gewerkschaft werden ginnen und Verbündete suchen. wir Verbündete außerhalb der 3 Organisation suchen. b In den Köpfen der Menschen, insbesondere der politisch Verantwortlichen, muss die Er- www.biwifo.verdi.de kenntnis und Überzeugung verankert werden, dass ver.di auch die Gewerkschaft der Bildung ist.
Schwerpunkt: Die Zukunft der Hochschulen Der Bund sagt die es keine bundeseinheitliche Regelung gibt. Die Folge wird für viele Studienwillige eine Be- werbungs-Odyssee sein. der Bildung ade Im europäischen Ministerrat hat Deutschland zwei Sitze. Uneinigkeit in Sachfragen wird künftig bei Abstimmungen häufig zu Enthaltungen füh- Zum 1. Oktober 2008 VON HANS-JÜRGEN IMMERTHAL ren. ver.di befürchtet deshalb, dass die Bundes- sollen mit dem republik ihre Anschlussfähigkeit an Europa und Hochschulrahmengesetz auch die letzten bundesweiten Regelungen D er Bund hat sich mit der Föderalismusreform 2006 weitgehend aus seiner bildungspoliti- schen Verantwortung zurückgezogen. Lediglich insbesondere ihre Einflüsse auf die Gestaltung des Bologna-Prozesses verspielen wird. außer Kraft gesetzt die Kompetenzen zur Regelung der Hochschul- Wenn die Fachminister in der Kultusminister- werden. So hat es der zulassung und der -abschlüsse sind bei ihm konferenz (KMK) ihre hochschulpolitischen Bundestag beschlossen. verblieben – und sogar hier können die Länder Empfehlungen beraten, haben ver.di und andere ver.di glaubt nicht daran, abweichen. Für die vorherigen Gemeinschafts- Hochschulexperten darauf keinen absehbaren dass die seit 1976 aufgaben Hochschulbau und Bildungsplanung Einfluss. Mit Transparenz und demokratischer laufenden Zankereien sind sie nun in jedem Fall zuständig. ver.di Legitimation hat das wenig zu tun. Kann man zwischen Bund und befürchtet, dass es keine gemeinsame Planung der KMK vertrauen, dass sie nicht wieder Ländern damit beendet und Schwerpunktbildung für das bundesweite AbiturientInnen den Hochschulzugang verwei- sind. Mit einer Rahmen- Bildungs- und Forschungssystem mehr geben gert, wenn sie aus bestimmten Bundesländern vereinbarung einen wird. Die Egoismen der finanzstarken gegenüber kommen? Oder ist sicher, dass die KMK Konsens über einheitliche den finanzschwachen Bundesländern werden LehrerInnen nicht aus vorgeschobenen politi- Strukturen und Inhalte sich durchsetzen. Die Länder werden nicht nur in schen Gründen die Übernahme in den Schul- zu erzielen, hat bisher Nord-Süd-Richtung weiter auseinanderdriften, dienst verweigert? kaum geklappt. sondern auch in Ost-West-Richtung. Welche Warum sollte es dann gemeinsamen Anstrengungen werden sie noch Ein modernes Bildungssystem muss sich nicht ohne sie künftig besser unternehmen, um z. B. im Osten die Auslastung nur an seiner Durchlässigkeit und an der Vertei- funktionieren? der Studienplätze zu verbessern? lung von Chancen messen lassen, sondern auch die Mobilität von Studierenden und wissenschaft- Der Bund behauptet, sich in Zeiten des lichem Personal fördern. ver.di fordert daher eine Wettbewerbs von staatlicher Detailsteuerung national verbindliche Bildungspolitik. b verabschieden zu wollen, um ein Zeichen in Richtung Frei- heit und Autonomie für die Hochschulen zu setzen. ver.di kann nicht erkennen, dass SchülerInnen, Studierende und AbsolventInnen von einem Wettbewerbsföderalismus pro- fitieren. Im Gegenteil werden zum Beispiel die Bewerbungs- verfahren immer unübersicht- licher. So verteilt die Zentrale Vergabestelle (ZVS) nur noch in fünf oder sechs Fächern die Studienplätze in ganz Deutsch- land – und auch in diesen Fäl- len nur zu 40 Prozent. Zugleich gibt es immer häufiger örtliche Zulassungsbeschränkungen, für 4 Foto: Jürgen Seidel
Schwerpunkt: Die Zukunft der Hochschulen I M F O K U S W Der Hochschulpakt 2020 Hochschulen Am 14. Juni 2007 haben Bund und Länder einer „Ver- waltungsvereinbarung über den als Produktionsstätten Hochschulpakt 2020“ zuge- stimmt. Im Programmteil über die Lehre wird festgelegt, wie sich bis 2010 die erwarteten Bildung und Wissen sind zentrale Faktoren liche Grenze für die Staatsverschuldung im 91.270 zusätzlichen Studien- für die moderne Wissensgesellschaft. Haushalt sieht aber für Investitionen anders aus anfängerInnen auf die Länder Hochschulen und Forschungseinrichtungen, als für konsumtive Ausgaben. verteilen sollen. Der Bund will in denen sie ‚erzeugt‘ und vermittelt Wenn es um die Hochschulen als positive dafür pro StudienanfängerIn werden, sind gleichsam deren Produktions- Wirtschaftsfaktoren geht, ist jedoch noch an 11.000 Euro – verteilt über die stätten. Es ist deshalb an der Zeit, sie anderer Stelle ein Umdenken der Politik not- Jahre – zur Verfügung stellen. Bis als entscheidenden Wirtschaftsfaktor zu wendig. Es müssen Verfahren etabliert werden, 2010 sind das rund 565 Millio- behandeln und nicht länger als die jedem Bundesland direkte finanzielle Vorteile nen Euro. Für den Rest der Finan- belastenden Kostenfaktor zu sehen. Hier bieten, wenn es Studierende anwirbt und seine zierung sind die Länder zuständig. muss die Politik prinzipiell umdenken. Hochschulen dafür quantitativ und qualitativ aus- baut. Umgekehrt darf ein Bundesland, das nicht Schon jetzt zeichnen sich VON KARL-HEINRICH STEINHEIMER die seinen Möglichkeiten entsprechende Anzahl für die Umsetzung folgende von Studienplätzen zur Verfügung stellt, dadurch Fragen und Probleme ab: A ufwendungen für Bildung, Wissenschaft und Forschung sollten im öffentlichen Haus- haltsrecht als Investitionen gelten – auch dann, keinen finanziellen Vorteil haben. Derartige Modelle existieren schon seit et- lichen Jahren. Am bekanntesten ist wohl das • An welcher Hochschule (FH oder Uni) sollen in welchen Fächern wie viele Studien- wenn das Geld nicht für Beton verbraucht wird. jüngste, das mit dem Namen des derzeitigen plätze angeboten werden? Die Damit Kompetenz in den Köpfen entstehen kann, Präsidenten der Kultusministerkonferenz verbun- Hochschulrektorenkonferenz werden schließlich auch Personal und Sachmittel dene ‚Zöllner-Modell‘. Es sieht einen ‚Vorteilsaus- (HRK) kritisiert, dass die benötigt. Tatsächlich scheint es so, als ob sich die gleich‘ zwischen den Ländern vor. Im Prinzip soll zugrundegelegten durch- Finanzminister von Bund und Ländern dieser dabei jedes Bundesland für seine Landeskinder schnittlichen Studienplatz- Sichtweise bei ihren Verhandlungen im Rahmen zahlen, die anderswo ein Studium aufnehmen. kosten viel zu niedrig sind. der ‚Föderalismusreform II‘ annähern. Damit stün- Der Ausgleichsbetrag hängt von dem Aufwand • Wie kann eine Qualitäts- den den Hochschulen zwar nicht automatisch für den gewählten Studiengang ab. Alle Studien- sicherung durch Evaluation des mehr Mittel zur Verfügung. Die verfassungsrecht- gänge sollen tendenziell in drei Kostengruppen Hochschulpakts erfolgen? zusammengefasst werden. • Kann die Studienabbrecher- Die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen quote verringert werden? mit ihrer magnetischen Anziehungskraft auf • Zugangs- und Zulassungs- Studierende würden bei solch einer Regelung auf beschränkungen könnten zu jeden Fall zu den Gewinnern zählen. Pfiffig an einem Regelabschluss Bachelor Zöllners Idee ist aber, dass er auch den Bund mit führen. ins Boot holen will. Er soll die Finanzierung für die • Wie wird sich die Erhöhung ausländischen Studierenden übernehmen, so dass der Studienplatzanzahl in per- jedes Bundesland gegenüber dem gegenwärtigen soneller Hinsicht auswirken? Zustand profitieren würde und es keine Verlierer Noch mehr Befristungen und gäbe. noch höhere Lehrdeputate? Wenn informelle Aussagen zutreffen, scheint eine Umsetzung durchaus nicht ausgeschlossen – Der andere Teil des Hoch- Verbesserungen und Modifizierungen im Detail schulpakts ist mit „Finanzierung selbstverständlich vorausgesetzt. Deutschland, von Programmpauschalen“ über- den Bundesländern, den Hochschulen, den dort schrieben. Vereinbart wurde, dass Beschäftigten und vor allem den studierwilligen von der deutschen Forschungs- jungen Menschen wäre es zu wünschen. gemeinschaft geförderte Projekte Dass mit jedem in eine Hochschule (und einen „Overhead“ von 20 Pro- gleichfalls in eine Forschungseinrichtung) in- zent der Fördersumme erhalten vestierten Euro ein deutlich höherer Rückfluss sollen. Auch dies ist zu wenig, 5 verbunden ist, beweisen zwar etliche Unter- aber immerhin ein Schritt in die Diese Studierenden lernen und investieren damit suchungen. Im Bewusstsein einiger Wissen- richtige Richtung. b in ihre Köpfe – die zentralen Produktionsmittel der schafts- und vor allem Finanzminister scheint Wissensgesellschaft dieses Wissen jedoch leider noch immer nicht Hans-Jürgen Immerthal angekommen zu sein. b
Schwerpunkt: Die Zukunft der Hochschulen Exzellent oder abgehängt Um die Exzellenz- VON WILHELM RUWE initiative des Bundes und der Länder ist es ruhig geworden. Doch auch wenn A usgangspunkt der Exzellenzinitiative war der Gedanke, auch in Deutschland einige wenige wissenschaftliche Hochschulen als Elite-Uni- die heftigen Debatten versitäten zu profilieren. Dahinter steht die verebbt sind, ist Hoffnung, den Wissenschaftsstandort Deutsch- Foto: Jürgen Seidel Aufmerksamkeit land auf Dauer zu stärken und seine internationa- anzuraten: le Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Kaum etwas anderes wird die deutsche Nach längerem Streit einigten sich Bund und Hochschullandschaft Länder im Juni 2005 darauf, das Programm in ein so grundsätzlich und etwas breiter angelegtes Förderkonzept für An der ersten Ausschreibungsrunde beteilig- nachhaltig verändern Spitzenforschung einzubetten. Drei Förderlinien ten sich 74 Universitäten, die 319 Antragsskizzen wie diese Initiative. wurden vereinbart, für die von 2006 bis 2011 einreichten. Eine gemeinsame Kommission von rund 1,9 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Wissenschaftsrat und Deutscher Forschungs- Danach soll das Programm bis 2020 fortgeführt gemeinschaft (DFG) wählte 90 Vorschläge aus werden. und forderte, die Konzepte weiter auszuarbeiten. Im Oktober 2006 bestimmte die um internatio- Gefördert werden nale Experten erweiterte Jury dann die Sieger: • „Zukunftskonzepte“ bereits erfolgreicher 18 Graduiertenschulen, 17 Exzellenzcluster und Hochschulen als Elite-Universitäten 3 Zukunftskonzepte machten das Rennen. • „Graduierten-Schulen“ zur Unterstützung Insgesamt profitieren 22 Hochschulen von der des wissenschaftlichen Nachwuchses ersten Runde. Dabei bringt jede Graduierten- • „Exzellenzcluster“ als schule etwa eine Million Euro im Jahr, ein Spitzenforschungszentren Exzellenzcluster spült 6,5 Millionen in die Kasse Berlin: „Geheimantrag“ des Präsidenten Auch wenn die Ergebnisse der nächsten Unklarheiten, zum Beispiel wie die Finanzierung Exzellenz-Runde noch nicht feststehen, so sind nach der fünfjährigen Anfangsphase fortgeführt bei den Anwärtern bereits interne Auswir- werden soll. Verstetigung ist aber eine der kungen deutlich auszumachen. Ein Beispiel Voraussetzungen, um überhaupt zum Zug kom- dafür ist die Berliner Humboldt-Universität men zu können. Im Eliteantrag ist von 80 bis (HUB). 100 Professuren die Rede, über die man disku- tieren könne. 30 bis 40 müssten „realisiert“, Den Exzellenzantrag „Translating Humboldt also definitiv gestrichen werden. Das sind bei into the 21st Century“ hat eine kleine Gruppe 359 Professuren immerhin rund 25 Prozent, die ausgearbeitet und er war Geheimsache. Prä- infrage gestellt und 10 Prozent, die schlussend- sident Christoph Markschies hatte Angst vor lich gestrichen werden müssten. Spionage; seine „tollen Ideen“ solle nicht jeder kennen, erklärte er. So bekam der Akademische Umbauten dieses Ausmaßes verändern eine Senat das Zukunfts(elite)konzept erst nach dem Universität in Gänze, ihre innere Struktur, die Abgabetermin und nur aufgrund von massivem Gewichtung von Disziplinen, ihr gesamtes Profil. 6 Protest vor allem der Studierenden zu sehen. Wenn der Präsident eine solche Neuausrichtung Änderungen waren nicht mehr möglich. durch seine Antragstellung vorwegnehmen will, kann das nicht ohne Widerspruch und Wider- Dabei hatten viele in der HUB großes stände bleiben. b Interesse an dem Antrag, wie der volle Sitzungs- saal zeigte. Der Geheimplan enthält viele Hannelore Reiner
Schwerpunkt: Die Zukunft der Hochschulen Die Frage, was die Exzellenzinitiative bringt, muss mit Blick auf das gesamte Hochschulsystem beantwortet werden. Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass der Staat zusätzliches Geld für die Hochschulen zur Verfügung stellt. Doch die Initiative fördert ausschließlich die Spitzen- forschung an ausgewählten Institutionen. Die breite Masse bleibt weiter unterausgestattet. Die offensichtlichen Defizite im Bereich einer qualitätsvollen Hochschullehre sollen nun privat ausgeglichen werden – durch Studiengebühren. Darüber hinaus vergrößert die Exzellenz- initiative die regionalen Ungleichheiten: Starke Regionen werden weiter gestärkt. In der ersten Auswahlrunde waren süddeutsche Universitäten deutlich überrepräsentiert. Hochschulen in den östlichen Bundesländern gingen dagegen, abge- Die Bonner Uni bekommt im Rahmen der Exzellenz- sehen von Dresden und Berlin, gänzlich leer aus. initiative Geld für ihre Graduiertenschule Offen debattiert wird nun über die Ent- wicklung von teuren Forschungs- und kosten- günstigeren Lehruniversitäten. Die Auflösung der und ein Zukunftskonzept schlägt mit rund Einheit von Forschung und Lehre wird damit 21 Millionen Euro zu Buche. Summa summarum offensichtlich in Kauf genommen. Anhalts- Foto: Jürgen Seidel sind für die erste Förderperiode 873 Millionen punkte für diese Differenzierung sind bereits klar Euro veranschlagt. erkennbar: Schon heute melden sich Sprecher der nicht elitegeförderten „Gruppe der mittelgroßen Seit September 2006 läuft nun die zweite und Universitäten“ in der Hochschulrektorenkonfe- bis 2011 letzte Auswahlrunde. Diesmal hatten renz (HRK) zu Wort. b Die Fachhochschule in Köln rund 70 Universitäten Antragsskizzen eingereicht, geht – wie die meisten anderen die Hälfte kam in die engere Auswahl. Im Oktober Hochschulen – leer aus sollen die Ergebnisse bekannt gegeben werden. München: Eine unternehmerische Atmosphäre Die TU München (TUM) hat es geschafft: In der Forschungscluster zum Zukunftskonzept, wer- ersten Wettbewerbsrunde stieg sie zu einer von den die gesamte Universität strukturell und drei Elite-Universitäten auf. In einem Interview inhaltlich verändern. Es ist also gewiss nicht so, in den hauseigenen Mitteilungen antwortet dass die Erfolgsprojekte gewissermaßen exemt Präsident Wolfgang A. Herrmann auf die Frage, neben den bestehenden Lehr- und Forschungs- wie sich das wissenschaftliche Leben an seiner strukturen entstehen. Im Gegenteil: Diese Er- Universität nun ändern wird, wie folgt: folge sind die neuen Fixpunkte künftiger Hochschulentwicklung... Wer dazu seinen per- „Die Exzellenzinitiative läutet eine neue Ära sönlichen Beitrag nicht leistet, kann auch von des Wettbewerbs im deutschen Hochschul- der Gemeinschaft nichts erwarten...“ system ein. Der damit verbundene Bewusst- seinswandel wird auch erhebliche Verstärkungs- Was nicht im Interview steht, aber der effekte auf die wettbewerbsfreundliche, unter- Personalrat erfahren hat: Die Personalabtei- nehmerische Atmosphäre an unserer Universität lungen der TUM-Standorte haben wegen der haben. Wir werden unsere erfolgreichen vielen befristeten Neueinstellungen erheblichen Leistungsträger unbürokratisch und großzügig Arbeitszuwachs erhalten. Auch die mit dem 7 unterstützen, dürfen im Gegenzug aber auf Immobilienmanagement Beschäftigten müssen deren besondere Loyalität im Sinne der Gesamt- wegen der Unterbringung der Exzellenzcluster entwicklung unserer Universität setzen. Die besonders viel schuften. b erfolgreichen Projekte, von der »TUM Graduate School of Science and Engineering« über die Helga Tögel
Schwerpunkt: Die Zukunft der Hochschulen Die Folgen der BAföG-Reform Foto: Jürgen Seidel In einer der jüngsten VON JULIA MÜLLER Wellen bundesdeutscher 63 Prozent der Studierenden jobben. Bildungseuphorie, die uns seit der Entdeckung der Wissensgesellschaft durch D ie Bildungschancen der Töchter und Söhne des bemühten Arbeiters hat aber nicht nur der neoliberale Thinktank aus den Augen ver- Doch das wird aufgrund von engen Studienplänen immer schwieriger Regierung und Industrie loren. Auch die Bundesregierung schafft mit überrollen, gipfelte eine ihrer in diesen Wochen beratenen BAföG-Reform Anzeigenkampagne der keine Abhilfe. Im Gegenteil, der vorgelegte wird gegenüber denjenigen benachteiligt, die Initiative Neue soziale Gesetzentwurf droht die Chancen auf ein Hoch- ohne „Zeitverzögerung“ ins Master-Studium ein- Marktwirtschaft in schulstudium für AbsolventInnen des zweiten getreten sind. Wer also nicht in niedrigeren der Illustration des wohl Bildungswegs ebenso zu verringern wie für Entgeltgruppen des Bachelor bleiben und sich ältesten aller Stammtisch- Studierende aus den unteren Einkommens- mehr akademische Bildung aneignen will, muss gespräche zum Thema schichten. sich dieses in Zukunft leisten können. Eine struk- Studienfinanzierung. turelle Unterstützung dieser Biografien im Sinne Ein offensichtlich gut Das dabei entstehende Gesamtbild der einer zielgerichteten Bildungspolitik ist vom vor- verdienender Akademiker Studienförderung scheint durchaus System zu liegenden Gesetzentwurf nicht zu erwarten. sitzt auf dem Rücken haben. Mit einem Anteil von rund 18 Prozent eines Arbeiters. Das Geförderter trägt das BAföG schon heute in viel Im Gegenteil, wer sich unmittelbar für den Problem: Die soziale zu geringem Maße zur Chancengleichheit in der zweiten Bildungsweg entscheidet und ein Kolleg Schieflage auf Kosten der akademischen Ausbildung bei. Die gestiegenen oder Abendgynmasium zum Erwerb der Hoch- „einfachen“ (oder einfach finanziellen Belastungen für Studierende durch schulreife besucht, ohne vorher gearbeitet zu bildungsärmeren) Lebenshaltungskosten, neu erhobene Studien- haben, konnte bisher mit einer elternunabhängi- Menschen. Die Lösung: gebühren u.v.m. werden mit der Reform weder gen BAföG-Förderung rechnen. So wurde für die- akademische Bildung als durch Fördersätze noch durch Freibeträge in aus- sen Weg der zügigen Weiterqualifizierung ein geldwerte Ware; jeder reichendem Maße ausgeglichen. Der Bezug von gezielter Anreiz geschaffen, der nun dem Rotstift kauft, was er sich BAföG sichert also auch weiterhin nicht die zum Opfer fallen könnte. Mit Verweis auf die leisten kann. Existenz der Studierenden und zwingt durch die verschiedenen Wege des Erwerbs der Hochschul- gestiegenen Kosten der Ausbildung mehr denn zugangsqualifikation sollen SchülerInnen mit je zum Jobben neben dem Studium. Da der deut- mittlerer Reife oder Hauptschulabschluss nach lich erhöhte Workload bei Master- und Bachelor- den Plänen des Ministeriums nun wieder auf die Studiengängen jedoch eine parallele Erwerbs- finanziellen Möglichkeiten ihrer Eltern verwiesen tätigkeit stark einschränkt, steht der Nebenjob werden, wenn sie das Abitur nachholen wollen. um so mehr im Konflikt zu einem erfolgreichen Studienverlauf. Also besser erst mal arbeiten gehen und sich später zum Studium qualifizieren – um dann bei Wer den nötigen finanziellen Hintergrund zu geringem BAföG-Satz zu viel zu jobben, sich nicht von zu Hause mitbringt und sein Studium nicht im nötigen Maß auf das Studium konzen- durch BAföG co-finanzieren will, wird in Zukunft trieren zu können, die Studiengebühren nur noch mit weiteren Problemen konfrontiert wer- schwer aufzubringen, die Familiengründung aus den. Soll die akademische Qualifikation nach finanziellen Gründen rauszuschieben, kurz vor erfolgreichem Bachelor-Abschluss in einem nicht dem Master-Abschluss aus Altersgründen die unmittelbar konsekutiven Master-Studiengang Förderung zu verlieren und am Ende mit einem verbreitert werden, gilt dieser künftig nicht mehr Schuldenberg in den neuen Beruf zu starten? als förderfähig im Sinne des BAföG. Hat die Studentin oder der Student das 31. Lebensjahr Die Auswirkungen der mangelhaften staat- 8 überschritten, endet nach wie vor die Förderung. lichen Bildungsfinanzierung auf Bildungsbetei- Wer also nach vorangegangener Berufsausbil- ligung und Qualifikationsniveau sind für Demo- dung und erstem Hochschulabschluss in den kratie und Volkswirtschaft gleichermaßen gravie- Beruf startet und nach ein oder zwei Jahren die – rend. Die diskrete Selektion des deutschen im Vergleich zum Diplom verlängerte – höhere Hochschulsystems wird mit dieser BAföG-Novelle akademische Qualifikation nachholen möchte, jedoch keine Korrektur erfahren. b
Zukunft der Hochschulen „Die Schere Achim Meyer auf der Heyde geht immer ist Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks. Foto: Privat weiter auf“ biwifo: Vor ein paar Monaten wurde die 18. Sozialerhebung flächendeckendere Einführung des Numerus Clausus ist ebenfalls veröffentlicht, die die Situation der Studierenden beleuchtet. zentral. Was erscheint Ihnen besonders auffällig? Zunehmend entscheiden sich Studienberechtigte aber auch für eine Ausbildung im dualen System. HIS befragt regelmäßig Achim Meyer auf der Heyde: Von 100 Akademikerkindern Studienberechtigte ein halbes Jahr, nachdem sie die Schule studieren 83. Bei Kindern von Nichtakademikern sind es nur 23. verlassen haben. Demnach wählen vor allem die jungen Frauen zunehmend alternative Qualifizierungswege mit der Begrün- Ist das in den letzten Jahren krasser geworden? dung, dass ihnen die Finanzierungsperspektive zu unsicher ist. Ja, die Schere geht immer weiter auf. Anfang der achtziger Im Herbst steht eine neue BAföG-Novelle an. Was erwarten Jahre gab es noch eine etwas gleichmäßigere Verteilung über Sie davon? alle Herkunftsgruppen hinweg. Heute kommen 38 Prozent der Studierenden aus der hohen Herkunftsgruppe, 1982 waren es Erst wollte die Bundesregierung kein zusätzliches Geld bereit- 17 Prozent. Umgekehrt sieht es bei der niedrigsten Herkunfts- stellen, nun hat sie immerhin eine Erhöhung der BAföG-Sätze gruppe aus: Damals stellten sie noch 23 Prozent der Studieren- in zwei Stufen angekündigt. Aus unserer Sicht kommt das aber den, heute sind es 13 Prozent. zum Wintersemester 2008/2009 viel zu spät, und die Erhöhung der Sätze um fünf Prozent reicht bei weitem nicht aus. Was sind dafür die entscheidenden Faktoren – und was kann man dagegen tun? Was wäre denn angemessen? Zum einen gliedert unser Schulsystem Bildungsferne schon Der Beirat für Ausbildungsförderung hat Ende vergangenen früh aus. Das ist nur langfristig zu beeinflussen durch Verände- Jahres die Zahlen addiert, die die Bundesregierung selbst rungen im Elementar- und Schulbereich. in ihren letzten drei Berichten für erforderlich gehalten hat. Die Finanzierung ist der andere wichtige Faktor. Das zeigt Demnach müssten die Bedarfssätze um 10,3 und die Frei- auch die BAföG-Reform von 2001. Danach verzeichneten wir beträge um 8,7 Prozent erhöht werden. Wir fordern eine zunächst einen sehr starken Anstieg der Geförderten. Die Bot- Erhöhung in mindestens dieser Größenordnung, obwohl das schaft ist damit klar: Nicht nur die Bedarfssätze müssten auf- auch nicht reicht. Denn Stand der Berechnung war Ende gestockt werden. Vor allem geht es auch um höhere Freibeträge, 2006 und die Lebenshaltungskosten steigen ja weiter. um den Kreis der Förderberechtigten auszuweiten oder auch nur zu halten. Man kann ja auch jobben, um zumindest einen Teil seines Lebensunterhalts zu verdienen. Wieso drohen denn bisher Berechtigte rauszufallen? Wenn durch die neue Studienstrukturreform eine stärkere Die Freibeträge beziehen sich auf das Elterneinkommen. Die Präsenz geboten ist, dann wird es immer schwerer, nebenher zu deutlichen Tariferhöhungen zum Beispiel im Metallbereich wer- jobben. Oft müssen die Studierenden heute bis zum über- den dazu führen, dass vorher förderberechtigte Kinder entweder nächsten Semester warten, bis ein Kurs erneut angeboten wird. kein BAföG mehr bekommen oder niedrigere Sätze. Wir machen Das wirkt sich leicht studienverlängernd aus. auch die Erfahrung, dass viele Eltern mit ihrem Einkommen knapp über der Förderhöchstgrenze liegen, aber nicht genug verdie- Was bedeutet das alles für die Studentenwerke? nen, um ihren Kindern das Studium zu finanzieren. Das führt dann nicht selten dazu, die Berufswahl der Kinder nachhaltig zu Für viele Studierende nimmt der Druck zu: Schaffe ich das beeinflussen. Studium, schaffe ich die Finanzierung? Das zeigt sich auch in einer wesentlich höheren Inanspruchnahme unserer Beratungs- Wie erklären Sie den aktuellen Rückgang der Studien- einrichtungen. Neben der Studienfinanzierung geht es dabei anfängerzahlen? immer häufiger auch um Sresssymptome wie Prüfungsangst 9 oder Burnout-Syndrom. b Das hat sicher auch mit den ab Wintersemester 2006/2007 eingeführten Gebühren zu tun – aber sie sind nicht der einzige Faktor. Die künstliche Verknappung der Kapazitäten durch eine Interview: Annette Jensen
PLÄNE DER POLITIK W Frankfurt a. M. soll Stiftungsuniversität werden Im Juni legte die Hessische Kooperieren auf allen CDU-Regierung dem Landtag einen Gesetzentwurf vor, mit dem die Universität Frankfurt a. Ebenen erwünscht M. in eine Stiftungsuniversität umgewandelt werden soll. Per aspera ad astra – vor den Erfolg haben Arbeitsverhältnisse, Mitbestimmungsrechte und Die Novelle soll im kommenden die Götter den Schweiß gesetzt*. Um die Weiterbildungsmöglichkeiten, um den Campus Herbst beschlossen werden. Position des Kritisierens und Forderns zu als betrieblichen Ausbildungsort und um alter- Zwar sieht der Gesetzentwurf überwinden und praktisch etwas zu er- native Zugänge zum Studium. die Einrichtung der Stiftungs- reichen, bedarf es zunächst gemeinsamer Als roter Faden durch die Tagung zog sich der universität auf öffentlich-recht- Diskussionen und Untersuchungen – eben weitverbreitete Wunsch, sich untereinander enger licher Grundlage vor, doch sind Anstrengungen. Genau darum geht es zu vernetzen. Dies bezog sich nicht allein auf damit verbundene Privatisie- beim Campus-Projekt unseres Fachbereichs. arbeitsgleiche Institutionen, sondern mindestens rungstendenzen unübersehbar. Im Zentrum stehen Fragen zu Studium, in gleichem Maße auf die interdisziplinäre Zu- Der von der Universitätsleitung Arbeitsbedingungen und Finanzierung in sammenarbeit. geplante hauseigene Tarifvertrag den Hochschulen, Forschungseinrichtungen Viele neue Ideen wurden geboren und prakti- ist nur ein Beleg dafür. und Studentenwerken. Auf der Grundlage sche Kooperationen vereinbart. So beschlossen Außerdem will der Unipräsident dieser Erkenntnisse wollen wir dann VertreterInnen der Universitäten und Studenten- wichtige Entwicklungs- und tätig werden. werke aus Berlin, Greifswald, Hamburg, Mainz, Gestaltungsentscheidungen an Potsdam, Tübingen und Würzburg, bei den einen externen Hochschulrat VON MAYA SCHWIEGERSHAUSEN Themenfeldern Familienfreundlichkeit und Ge- auslagern, dessen Mitglieder sundheitsmanagement zusammenzuarbeiten und weder in die landes- noch uni- versitätspolitische Legitimations- kette eingebunden sind. A m 12. und 13. Juni trafen sich Bildungs- expertInnen aus der gesamten Republik bei ver.di in Berlin. 140 Aktive organisierten sich zwei dadurch effizienter zu werden. Auch zur Preka- risierung im akademischen Mittelbau gibt es ein konkretes Projekt (siehe Kasten). Andere Teilneh- Tage lang in 13 verschiedenen Arbeitsgruppen, merInnen wollen auf Landesebene kooperieren. W Bundesregierung macht diskutierten bildungsrelevante Themen und kre- Der Fachbereich wird sich nach Kräften be- Geld für Forschung locker ierten somit eine umfassende Liste von wün- mühen, die vielfältigen Anstrengungen vor Ort Die „Nationale Qualifizie- schenswerten, aber auch notwendigen Eigen- zu unterstützen. Vernetzung, aber auch Selbst- rungsoffensive“ der Bundes- schaften eines CAMPUS DER ZUKUNFT. Hierbei initiative sind gefordert. b regierung sieht vor, massiv Geld ging es nicht ausschließlich um das Thema zur Verfügung zu stellen für Studium, sondern getreu unserer Vorstellung von http://campus-der-zukunft.verdi.de Forschungsprojekte in den einem umfassenden Campusbegriff auch um * sinngemäße Übersetzung; wortwörtlich: „Durch das Rauhe zu den Sternen“ Bereichen Klima und Energie sowie zur Behandlung von Krebs und Alzheimer. Erklärtes Akademischer Mittelbau zwischen Karriere und Ausstieg Ziel ist es, bis 2010 drei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt Wer sich zur Lage des wissenschaftlichen Es geht dabei um mehr als um die „subjekti- (BIP) für Forschung und Ent- Nachwuchses an den deutschen Hochschulen ve Betroffenheit“ einer spezifischen Gruppe: wicklung auszugeben, so wie umhört, sieht sich immer wieder mit folgenden Schlechte Arbeitsbedingungen des wissen- es die Lissabonstrategie der Behauptungen konfrontiert: Viele brechen ihre schaftlichen Nachwuchses und Missstände bei EU-Staats- und Regierungschefs bereits begonnene Doktorarbeit ab, die seiner Förderung können zu einem Ausstieg vorsieht. Das bedeutet eine Promotionszeiten sind überlang und die Be- der „fähigsten Köpfe“ aus dem Wissenschafts- Steigerung der Mittel von treuung der DoktorandInnen ist unzureichend system führen. Damit wird die wichtigste Res- 55,7 Milliarden Euro (2005) auf oder sogar gar nicht gegeben. Zugleich soll der source in der Wissensgesellschaft verschleudert. 79 Milliarden Euro. Derzeit wissenschaftliche Mittelbau unter einer hohen Im Auftrage von ver.di werden Dieter Grühn geben Bund, Länder und Arbeitsbelastung leiden und umfangreich unbe- und Heidemarie Hecht von der FU Berlin und Wirtschaft offiziell 2,5 Prozent zahlte Mehrarbeit leisten, so dass die eigene Jürgen Rubelt von der TU Berlin Betroffene fra- des BIP für Forschung und wissenschaftliche Arbeit vernachlässigt werden gen, wie ihre Arbeits- und Qualifikationsbedin- Entwicklung aus. muss. Auch von problematischen Kommuni- gungen tatsächlich aussehen und welche 10 kationsstrukturen in den Fachbereichen und Vorschläge zur Verbesserung ihrer Situation sie Fakultäten ist immer wieder die Rede. Schließ- haben. Ziel ist also nicht nur eine Zustands- lich werden auch mangelnde Möglichkeiten zur beschreibung, sondern ebenso ein handlungs- Weiterqualifikation, fehlende Unterstützung für orientierter Katalog von Gegenmaßnahmen. b die Kompetenzentwicklung und unsichere Karriereaussichten beklagt. Dr. Dieter Grühn
K U R Z N O T I E R T W Fachhochschule erhöht Tutorenvergütung Der Senat der Fachhoch- schule Frankfurt am Main hat eine Erhöhung des Vergütungs- Karikatur: Alff satzes für Tutorien auf 7,50 Euro pro Stunde beschlossen. Bisher verdienten die Studierenden nur 5,58 Euro pro Stunde. Die Akkreditierung: Von Abstimmung des zehnköpfigen Gremiums erfolgte einstimmig. In Berlin beträgt der Stundensatz Programmen zu Systemen 10,98 Euro. W Schulung für Students@work- Erst acht Jahre ist es her, seit mit den „zu teuer“ kritisiert. Ein schlankeres Verfahren BeraterInnen neuen Bachelor- und Masterstudiengängen sollte her, welches sich auf die Überprüfung der Hab ich in meinem Nebenjob ein neues System der Qualitätssicherung hochschulinternen Qualitätssicherungssysteme eigentlich ein Recht auf bezahl- von Studiengängen eingeführt wurde. Im beschränkt. Erste Modellprojekte zeigen aller- ten Urlaub? Und wie viel darf Rahmen der „Programmakkreditierung“ dings, dass der Aufbau dieser Systeme ebenso ich z.B. als BAföG-Empfängerin sollte die fachlich-inhaltliche Qualität jedes aufwändig und teuer ist wie das bisherige Ver- verdienen? Diese und andere einzelnen Studiengangs durch externe fahren. Wenn die Verantwortung für Studien- Fragen versucht das DGB Projekt GutachterInnen überprüft werden. Ob das gänge in die einzelnen Hochschulen abgegeben „students@work“ für Studenten eine gute Idee war, um den Studienreform- wird, besteht außerdem die Gefahr, dass die objektiv und dabei im besten stau an den deutschen Hochschulen auf- Vergleichbarkeit von Studienleistungen endgültig Sinne parteiisch zu beantworten. zulösen, war von Anfang an umstritten. unter die Räder kommt. Ein Wechsel von einer Vom 28. bis 30. September 2007 Bevor das neue Verfahren überhaupt deutschen Hochschule zur nächsten könnte da- findet dazu in Frankfurt a. M. flächendeckend Einzug gehalten hat, mit zum Abenteuer werden – ein Anachronismus ein Seminar statt. hoben die KultusministerInnen nun bereits vor dem Hintergrund der Debatten um europa- Anmeldung unter die nächste Begutachtungsmethode aus weite Mobilität. Frankfurt-Main@dgb.de der Taufe: Die „Systemakkreditierung“ soll statt einzelnen Studiengängen ganze Die Systemakkreditierung stellt mit ihrer W Debatte über Bachelor Hochschulen in den Blick nehmen. Schon Forderung nach (Qualitäts-)Managementstruk- in der Weiterbildung vor ihrer Einführung erregt sie Kritik. turen in den Hochschulen sowohl die Mit- Im bayerischen Landes- bestimmung der Personalräte als auch die ausschuss für Berufsbildung VON SONJA STAACK UND ULF BANSCHERUS Akademische Selbstverwaltung grundsätzlich in wird eine Debatte geführt, die Frage. Es liegt an uns, deutlich zu machen, dass bundesweite Auswirkungen Z iel der Programmakkreditierung war es, den Hochschulen mehr Freiraum für innovative Studienkonzepte zu geben – so jedenfalls laute- Qualität nur mit den Beschäftigten zu haben ist – nicht gegen sie. Sie müssen deshalb genau wie die Studierenden auf allen Ebenen beteiligt wer- haben könnte. Es geht um die Frage, ob in der beruflichen Weiterbildung auch der Titel ten die politischen Absichtserklärungen. Die den und dürfen sich nicht von „Management- Bachelor vergeben werden darf. Verantwortung für die Durchführung bekamen expertInnen“ verdrängen lassen. Unser Fachbereich ist dagegen, privatrechtliche Agenturen übertragen, um die die IG Metall spricht sich bei „Staatsferne“ des neuen Systems zu unterstrei- Ein Gutes hat die Debatte immerhin: Studien- entsprechenden Qualitäts- chen. „Modern“ fanden das die ArbeitgeberIn- reform wird endlich auch als Hochschulreform standards dafür aus. nen. „Undemokratisch!“ wetterten die Studie- gedacht. Der Lernort Hochschule muss in diesem rendenvertretungen. Zwar wurden zunehmend Rahmen mit dem Arbeitsplatz Hochschule in W Diskutieren Sie mit! auch Studierende und VertreterInnen der Berufs- Zusammenhang gebracht werden. Hierzu können Aus 158 Ländern kommen praxis an den Akkreditierungsverfahren beteiligt, gerade die Gewerkschaften einen wichtigen unsere Mitglieder. Nun kommt doch die Debatten beschränkten sich weitgehend Beitrag leisten, weil sie gleichermaßen Arbeit- es darauf an, in ver.di den auf die eher technische Umsetzung von Modul- nehmerInnen und Studierende organisieren. Prozess der interkulturellen und Kreditpunktsystemen. Die inhaltliche Studien- Unser Leitbild sollte eine Hochschulstruktur sein, Öffnung voranzutreiben. Alle reform blieb auf der Strecke. Konzepte jenseits des die für Lehrende, Angestellte in der Prüfungs- ver.di-Mitglieder sind ein- 11 Mainstream wurden allzu oft mit den Worten ab- verwaltung und Studierende gleichermaßen moti- geladen, sich an der Diskussion gewürgt: „Das kriegen wir eh nicht akkreditiert.“ vierend ist. Schließlich sind ein gutes Studium und zu beteiligen! gute Arbeitsbedingungen keine Gegensätze, Schicken Sie ihre Vorschläge an In den letzten Jahren wurde die Programm- sondern zwei Seiten derselben Medaille. b migration@verdi.de akkreditierung verstärkt als „zu aufwändig“ und
Weiterbildung A U S D E R E U W Der Trend geht überall in Richtung Wettbewerb Im Auftrag der Europäischen Kommission wurden 32 Staaten Netze knüpfen daraufhin untersucht, wie sich zwischen 1995–2005 sowohl die staatliche als auch die gegen Dumping hochschulinterne Steuerung verändert hat. „Der Trend geht überall in Richtung von mehr Wettbewerb, Umbau der Hochschulen zu arbeitsteiligen Organisationen mit einem gestärkten Top-Management, Zwar beeinflussen öffentliche Auftrag- Konzentration des Staates auf geber die Weiterbildungsbranche maß- die strategische Steuerung geblich. Doch der Tarifvertrag des Öffent- bei zunehmender operativer lichen Dienstes wirkt hier schon lange Freiheit der Hochschulen, nicht mehr strukturierend. Nur einzelne Umstellung auf eine leistungs- Unternehmen wenden ihn noch an, orientierte Mittelverteilung und in der Fläche aber sind die Arbeits- und eine wachsende Bedeutung der Entlohnungsbedingungen weit davon Qualitätssicherung als zentra- entfernt. Manche großen und mittleren bei 1.300 bis 1.600 Euro. Michael K. ist kein lem Steuerungsmechanismus. Träger haben immerhin noch Haustarif- Einzelfall. Bei der Umsetzung gibt es verträge mit Mantel- und Entgeltbe- hingegen noch erhebliche stimmungen. In vielen Betrieben aber Mitte 2005 führten Vertreter von ver.di, GEW Schwierigkeiten.“ So fasst der wird einzelvertraglich geregelt, was der und des Arbeitgeberverbandes BBB darüber Informationsdienst Wissenschaft „Markt“ hergibt. Das will ver.di ändern. Gespräche mit der Bundesagentur für Arbeit. Ziel die Ergebnisse einer inter- war es, im Rahmen des Vergaberechts Rege- nationalen Vergleichsstudie VON ULRICH KREUTZBERG lungen zu finden, die den Billigwettbewerb been- zusammen, an der auch das den. Doch die Bundesagentur stellte sich stur und von der Bertelsmann-Stiftung unterstützte Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) M ichael K. aus Sachsen-Anhalt arbeitet seit zehn Jahren in der Berufsvorbereitung. Angefangen hat er bei einem mittelständischen so scheiterte der Versuch. Um weiteres Lohn- dumping zu verhindern, blieb den Gewerk- schaften nun nur noch der Versuch, einen beteiligt war. Bildungsträger; der war tarifgebunden und zahlte Flächentarifvertrag durchzusetzen. Ausbildern monatlich 2.022 Euro. Vor drei Jahren W Austauschprogramm gab es dann einen Notlagentarifvertrag; Michael Im Februar 2007 wurde der „Mindestlohn- für Studenten K. bekam 100 Euro weniger. Seinen Arbeitsplatz tarifvertrag Weiterbildung“ abgeschlossen. Un- Europäische Hochschulen verlor er 2005 trotzdem, nachdem der Träger sich terschrieben ist er von ver.di und GEW einerseits sollen für Studierende weltweit erfolglos an einer Ausschreibung der Bundes- und dem Arbeitgeberverband BBB andererseits. an Attraktivität gewinnen. Dies agentur für Arbeit beteiligt hatte. Michael K. heu- Mit einer 39-Stunden-Woche, 30 Tagen Urlaub ist das Ziel des von der EU- erte beim Gewinner an – und verdiente für die und einem Einstiegsgehalt für pädagogisches Kommission angenommenen gleiche Arbeit wie vorher nur noch 1.650 Euro. Personal von 2.076 € (West) und 1.848 € (Ost) Programms Erasmus Mundus II. Zwei Jahre später war auch hier Schluss. Nun will er bestehende Standards sichern. Allerdings Das Programm fördert die bekommt er nur noch 1.250 Euro im Monat. tritt der Vertrag erst in Kraft, wenn er für all- Zusammenarbeit zwischen Sein inzwischen dritter Arbeitgeber ist ein gemeinverbindlich erklärt ist. europäischen Hochschulen und Unternehmen aus Niedersachsen, das in Sachsen- Hochschulen aus Drittstaaten. Anhalt mit Billigangeboten Aufträge der Bundes- Der Koalitionsausschuss von SPD und CDU hat Zwischen 2009 und 2013 wer- agentur für Arbeit abgreift. dafür Mitte Juni zwei neue Wege ermöglicht. den rund 950 Millionen Euro Zum einen ist das Arbeitnehmerentsendegesetz zur Verfügung gestellt. Damit Starke Preiseinbrüche in der Branche gab es bis zum 31.03.2008 für weitere Branchen ge- sollen Studierenden aus Europa insbesondere nach den Hartz-Gesetzen, weil die öffnet. Zum anderen will die Regierung das und aus Drittstaaten Stipendien Bundesagentur für Arbeit seither Trainings- und Gesetz über Mindestarbeitsbedingungen von für einen Auslandsstudien- Jugendmaßnahmen bundesweit ausschreibt. Da 1952 novellieren. Welchen Weg die Weiter- 12 aufenthalt gewährt werden. 55 bis 75% der Kosten bei Weiterbildungsträgern bildungsbranche geht, müssen die Tarifparteien für Personal zu veranschlagen sind, schlägt der gemeinsam entscheiden. In jedem Fall braucht Dumpingwettbewerb fast unmittelbar auf die es politische Unterstützung – und die muss auch Entlohnung durch. In den alten Bundesländern von den Belegschaften der Weiterbildungs- liegen die Einstiegsgehälter nun oft bei 1.500 träger kommen. Im Herbst starten entsprechende bis 1.800 Euro, in den neuen Bundesländern Aktionen. b
Das gute Beispiel S E M I N A R E Renaissance der Aus- und Weiterbildung? Gemeinsam Nach einem Überblick über die Arbeitsmarktentwicklung und der Darstellung alternativer finden Qualifizierungswege zur Be- schäftigungsfähigkeit werden die Perspektiven der SGB ge- wir Gehör förderten Aus- und beruflichen Weiterbildung mit Vertretern 250 reisten zur Demo vor der Bundesagentur der Politik und der Arbeitsver- für Arbeit in Düsseldorf waltung diskutiert. Das Seminar richtet sich an Betriebsräte Fotos: Martin Hofmann und Vertretungen von Bildungs- In Nordrhein-Westfalen wächst der Wider- Die Betriebsräte eint eine gemeinsame trägern, Berufsbildungs- und stand. Betriebsräte aus Weiterbildungs- Problemanalyse: Berufsförderungswerken. unternehmen kämpfen gemeinsam mit • Bildungsunternehmen können nicht mehr in Fachtagung ver.di gegen die zunehmende Zerstörung hochwertiges Equipment investieren. am 07.11. 2007 in Berlin der Weiterbildungsstrukturen. • Das Know-how der Beschäftigten bleibt hinter „Bildung darf keine Ware werden!“ lautet den Entwicklungen der Wirtschaft und der Mitbestimmung im das Motto. Wissenschaft zurück, da BA-Maßnahmen Hochschulbereich z.B. kein Hightech-Wissen mehr erfordern. Das neue Verhältnis zwi- VON UWE MEYERINGH • Qualifiziertes Personal wechselt öfters in schen Staat und Hochschulen Wirtschaftszweige, die mehr Sicherheit, und die unterschiedliche S eit 2002 hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) die Förderung der beruflichen Weiterbildung drastisch reduziert. Aufgrund der Hartz-Gesetze Perspektive und Bezahlung bieten. • Der Rest ist einem nie da gewesenen Lohndumping, einer Arbeitsverdichtung und Situation in den Bundesländer machen eine Analyse der Hand- lungsgrundlagen von Personal- wird Weiterbildung nur noch bewilligt, wenn sie starken Unsicherheiten über die eigene vertretungen notwendig. unmittelbar in Arbeit führt. Der durchschnittliche Zukunft ausgesetzt. Seminar vom 12.11. bis Teilnehmerbestand sank von 339.918 im Jahr 14.11. 2007 in Berlin 2002 auf 118.778 in 2006. Das ist ein Rückgang Dem Netzwerk geht es in erster Linie darum, von 65 Prozent. Zugleich erstattete die BA im die Weiterbildung als Teil der Daseinsvorsorge Berufseinstieg vergangenen Jahr dem Bundeshaushalt zwei zu erhalten. Monika Greve vom Betriebsrat des Wissenschaft Milliarden Euro an Weiterbildungsmitteln. Beides Vereins BAJ in Bielefeld formuliert deshalb: Durch Klärung der Rahmen- widerspricht eklatant allen Anforderungen an „Bundesregierung und BA müssen ihr monopolis- bedingungen ebenso wie durch lebensbegleitendes Lernen und verbaut zahlrei- tisches Lohndumping unterlassen und die Reflexion der eigenen Situation chen Menschen Beschäftigungschancen. Weichen für eine funktionierende Weiterbildung beschäftigen sich Studierende der Zukunft stellen. und AbsolventInnen der Geistes- Zugleich geht die enorme Verknappung der Das Netzwerk hat diese Forderungen in die und Sozialwissenschaften mit Ressourcen und die Vergabe der Maßnahmen an Öffentlichkeit getragen. Über Monate wurde eine ihrer beruflichen Zukunft und die preiswertesten Anbieter an die Substanz der gemeinsame Kundgebung vor der Regional- der Frage, ob sie in die Wissen- Bildungsunternehmen und ihrer Beschäftigten. direktion NRW der BA in Düsseldorf vorbereitet. schaft gehen wollen. Deshalb haben sich Betriebsräte aus 12 NRW- Diese Veranstaltung am 31. Mai 2007 war mit Seminar vom 16.11. bis Bildungsunternehmen, die ca. 2.000 Beschäftigte 250 DemonstrantInnen ein voller Erfolg. Monika 18.11. 2007 in Saalfeld vertreten, nach den Betriebsratswahlen im Greve: „Jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer Sommer 2006 innerhalb von ver.di vernetzt. Sie hat es gefühlt: Du stehst nicht alleine und wenn Information als skandalisieren den Verlust von Weiterbildungs- wir unsere Stimme gemeinsam erheben, finden gesellschaftliche Frage chancen und -qualität und wollen die Unter- wir Gehör!“ Der Kurs richtet sich an bietungskonkurrenz zu Lasten der Beschäftigten Die Geschäftsführerin der Regionaldirektion Beschäftigte aus wissenschaft- durchbrechen. NRW der BA, Christiane Schönefeld, erklärte auf lichen und öffentlichen Biblio- der Kundgebung, dass sie die Sorgen um die theken, Dokumentare, Archivare „Viele Bildungsträger sind pleite gegangen. Qualität der Bildung und die Arbeitsplätze der sowie Fachangestellte für Infor- Die Anzahl der Arbeitsplätze wurde mehr als Beschäftigten sehr ernst nimmt. Sie bot an, in mationsdienste. Thematisiert halbiert“, bilanziert Helmuth Kramer, Gesamtbe- einen Dialog einzutreten. Das Netzwerk will werden soll der Einsatz und triebsratsvorsitzender des Berufsfortbildungswerks diesen Vorschlag annehmen. Vor allem über den Gebrauch moderner Kommuni- 13 (bfw) des DGB. Er unterstützt das Netzwerk. „Das neuen Prüfdienst für die Qualität der Arbeits- kations- und Bildungsmittel Bildungsunternehmen und die dort Beschäftigten marktdienstleistungen sowie die Preisentwicklung und die gesellschaftspolitische vegetieren mehr schlecht als recht vor sich hin. will man ins Gespräch kommen. Ein weiterer Bedeutung. Nur gemeinsames Handeln kann zu besseren Schwerpunkt wird der Branchentarifvertrag Seminar vom 19.11. bis Rahmenbedingungen führen,“ so Kramer. Weiterbildung sein. b 21.11. 2007 in Saalfeld Weitere Informationen: Karin.Vollmar@verdi.de
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