ERFOLGREICHE HALBZEITBILANZ FÜR MENSCH UND UMWELT

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ERFOLGREICHE HALBZEITBILANZ FÜR MENSCH UND UMWELT
NRº4
                      November 2021

                 Aktuelle Informationen der Evangelischen Volkspartei

                                                                                                                                        Foto: Rebekka Suter
ERFOLGREICHE HALBZEITBILANZ FÜR
MENSCH UND UMWELT
                   Im Jubiläumsjahr 2019 durfte die EVP Schweiz bei den eidgenössischen Wahlen mit drei
                   statt bisher zwei Mandaten im Nationalrat Einsitz nehmen. Die Bilanz zur Halblegislatur
                   2021 kann sich sehen lassen. Das EVP-Engagement im Rat und die daraus resultierenden
                   Erfolge stärkten Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Menschenwürde in der Schweiz.
     3001 Bern
A.Z.B.

                 Einen Vorstoss für mehr Ressourcen      mit jungen Rats­mitgliedern anderer     der CO2-Abgabe, für umweltver-
                 im Kampf gegen den Menschenhan-         Parteien gelang es, in letzter Minute   trägliche Zigarettenfilter sowie für
                 del überwies die Mehrheit des Natio-    eine Verschärfung des Zivildienstes     ein Recht auf eine gesunde Umwelt
                 nalrates ebenso an den Ständerat        kurz vor der Schlussabstimmung          und eigene Rechte für die Natur.
                 wie Motionen, die längere Garantie-     noch zu verhindern.                     Die Förderung der Freiwilligenar-
                 fristen für eine erhöhte Lebensdauer                                            beit, massvolle Covid-19-Massna-
                 elektrischer Geräte oder ein nationa-   Engagement mit Herzblut                 men sowie die Rechte von Men-
                 les Haus der Frauen fordern. Einen      Auch mit ihren weiteren Vorstössen      schen mit Behinderungen waren
                 Vorstoss zur Prüfung neuer Pflege-      setzten sich die EVP-Ratsmitglieder     ebenfalls Themen, für die sich die
                 modelle nahm der Rat ebenso an wie      während der ersten Hälfte der Legis-    Ratsmitglieder der EVP ebenso en-
                 ein Postulat für eine schweizerische    latur für mehr Gerechtigkeit, Nach-     gagierten wie für mehr Biodiversität
                 Strategie für Afrika.                   haltigkeit und Menschenwürde ein.       sowie gegen Pestizide und das In-
                 Mit Geduld und Kompromissbereit-        So etwa mit Motionen für einen eige-    sektensterben. Auch setzten sie sich
                 schaft konnten griffige Gegenvor-       nen Straftatbestand bei Arbeitsaus-     für den Schutz Jugendlicher vor Por-
                 schläge zu den beiden Initiativen für   beutung, zur Einführung des Nordi-      nografie im Internet, religiöser und
                 mehr Transparenz in der Politik und     schen Modells gegen sexuelle Aus­­-     ethnischer Minderheiten in Sri Lan-
                 gegen Waffenexporte in Bürger-          beutung, für die Förderung des sozi-    ka sowie der Menschen in Bergkara-
                 kriegsländer erfolgreich durch beide    alen Unternehmertums, aber auch         bach ein.
                 Räte gebracht werden. Zusammen          für die Befreiung von Bio-Gas von

                  ORGANSPENDE                     2       PFLEGENOTSTAND               4−5        PROSTITUTION                  12

                 Nach dem Tod automatisch Or-            40 (!) Prozent der Pflegenden           Der schwedische Polizeiinspek-
                 ganspender? Das soll das Volk           steigen ausgebrannt aus. Wie            tor Simon Häggström zeigte am
                 entscheiden. Die EVP unter-             die Pflegeinitiative das ändern         Fokustag, wie das Nordische
                 stützt das Referendum.                  will − das Interview.                   Modell funktioniert.
ERFOLGREICHE HALBZEITBILANZ FÜR MENSCH UND UMWELT
EDITORIAL                                                                                              PAROLEN

                                                              DARÜBER MUSS DAS VOLK
                                                                                                                                   Beschlossen von der Delegiertenversammlung vom
                                                               ENTSCHEIDEN!
                                                                                                                                   18. September 2021 für die Abstimmungen vom 28.
                                                                                                                                   November 2021:
                                                     Heute dürfen in der Schweiz einer
                                                      verstorbenen Person nur dann
                                                      Organe entnommen werden,
    Foto: Rebekka Suter

                                                     wenn diese dazu ihr Einverständ-
                                                     nis erklärt hat. In der Schweiz fehlt
                                                   es allerdings an lebensrettenden Or-                                                   VOLKSINITIATIVE «FÜR EINE
                                                 ganen. Allein 2019 standen mehr als                                                      STARKE PFLEGE» (PFLEGEINITIA-

                                                                                                                                                                                    JA
                                             1 400 Menschen auf der Warteliste für ein
                                                                                                                                          TIVE)
                          passendes Organ – und nicht für alle kam es rechtzeitig. Heute
                          kann man seine Bereitschaft zur Spende unter anderem im
                          Nationalen Organspenderegister oder in einen Organspen-
                          deausweis eintragen. Doch nur Wenige tun dies. Auch die An-
                          gehörigen kennen den Willen der verstorbenen Person häufig
                          nicht. Aufgrund dieser Situation wurde eine Volksinitiative
                                                                                                                                          COVID-19-GESETZ

                                                                                                                                                                                    JA
                          eingereicht, welche die sogenannte Widerspruchslösung ein-
                          führen will: Den Verstorbenen dürfen prinzipiell Organe ent-
                          nommen werden, es sei denn, sie haben sich zu Lebzeiten ex-
                          plizit dagegen ausgesprochen. Das Parlament verabschiedete
                          in der Herbstsession einen Gegenvorschlag, die erweiterte
                          Widerspruchslösung: Die Angehörigen müssen vor der Ent-                                                         VOLKSINITIATIVE «BESTIM-
                          nahme befragt werden, so dass sie den Willen der verstorbe-
                          nen Person einbringen können.
                                                                                                                                          MUNG DER BUNDESRICHTERIN-

                                                                                                                                                                                      NEIN
                                                                                                                                          NEN UND BUNDESRICHTER IM
                                                                                                                                          LOSVERFAHREN

                                                                                                                                                                                     JA
                          Der Handlungsbedarf steht ausser Frage: Die grundsätzliche
                          Bereitschaft zur Organspende ist laut Umfragen vorhanden,                                                       (JUSTIZ-INITIATIVE)»
                          doch zu wenig dokumentiert. Auch herrscht ein Informations-
                          defizit. Doch die Widerspruchslösung, selbst die erweiterte,
                          wäre nicht nur ein Paradigmenwechsel, sondern auch ein
                          massiver Eingriff in die körperliche Integrität der Menschen.
                          Mit dieser neuen Regelung würde auch der Druck auf die An-
                          gehörigen massiv erhöht.
                                                                                                                                                                              r
                                                                                                                                                                        und Ih
                                                                                                                                                                      e
                                                                                                                                                                  n Si leich!
                          Wir EVP-Ratsmitglieder hatten uns für das sogenannte Erklä-                                          Unterschriften sammelt,
                          rungsmodell eingesetzt: Jeder und jede würde regelmässig                                             damit das Referendum           eibe      g         :
                          (zum Beispiel bei der Passverlängerung oder beim Hausarzt)                                           zustande kommt.          r schr besten BÖGEN rucken
                                                                                                                                                       e
                                                                                                                                                    Unt ld am RIFTENnd Aus e
                                                                                                                                                                                d
                          motiviert, sich mit der Frage der persönlichen Organspende
                                                                                                                                                        fe        H     u      d
                          auseinanderzusetzen und seinen Willen dann auch zu erklä-                                            Herzlich              Um TERSC nload nspen ter:
                          ren. Diese Lösung, die auch die nationale Ethikkomission vor-                                                                       UN Dow /orga e un
                                                                                                                                                                                i
                          schlug, hatte leider im Parlament keine Chance.                                                                                      zum pev.ch llen S r
                                                                                                                                                                   p     te       e  h
                                                                                                                                                                ev r bes 71 o pev.c
                                                                                                                                                                                d
                                                                                                                                                                   de    7 1   e v p
                          Ein Referendum, unter anderem mit Marianne Streiff im                                                                                  o    351 at@
                          Co-Präsidium, sammelt nun Unterschriften gegen die erwei-                                            Lilian Studer                      031 retari
                          terte Widerspruchslösung. Es ist zentral, dass das Volk über                                                                             sek
                          eine derart gewichtige, zutiefst persönliche Frage abstimmen
                          kann. Herzlichen Dank, dass Ihr in Eurem Umfeld tatkräftig

                          IMPRESSUM                                                                                                EVP SOCIAL MEDIA
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                          schen Volkspartei der Schweiz (EVP)
                          Das Abonnement erneuert sich jährlich auto-     Adressen und Aboverwaltung: Sara Schnegg,
                          matisch, wenn es nicht zwei Monate vor Ablauf   031 351 71 71
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                          Herausgeber: EVP Schweiz, PF , 3001 Bern,       Copyright:
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                                                                          An dieser Ausgabe haben mitgearbeitet:
                                                                          François Bachmann, Nik Gugger, Philippe
                                                                          Messerli, Dirk Meisel, Daniel Reuter, Yvonne Ribi,            evppev
                                                                          Roman Rutz, Sara Schnegg (Lektorat), Philippe
                                                                          Siraut, Marianne Streiff, Lilian Studer, Mark
                                                                          Wisskirchen Herzlichen Dank allen!

2
                                                                                                                           NRº 4     November 2021
ERFOLGREICHE HALBZEITBILANZ FÜR MENSCH UND UMWELT
KOMMENTAR                              FORTSETZUNG SEITE 1 HALBZEITBILANZ

                                                 Unschlagbar im Brückenbauen
                                                 Dabei agierten unsere Ratsmitglie-
                                                 der offenbar ganz im Gei­     ste der
                                                 Gründungsväter der EVP: Zur Halb-
                                                 zeit der Legislatur belegte im August
                                                 eine erstmals durchgeführte breit
                                                 angelegte Auswertung von CH Me-
Foto: zVg

                                                 dia: Die zwei grössten Brückenbau-
                                                 enden unter den 200 Nationalrätin-
            «Ihr werdet frei sein...»
                                                 nen und Nationalräten heissen Nik
            Anhänger einer hemmungslo-
                                                 Gugger und Marianne Streiff von der
            sen Liberalisierung verspre-
                                                 EVP! Sie seien unschlagbar «Meister
            chen in unserer westlichen
                                                 darin, politische Brücken zu bauen».
            Welt Freiheit auf allen Ebe-
                                                 Dabei war ausgewertet worden, wie
            nen. Nach dem Abbau der

                                                                                                                                                                            Foto: Rebekka Suter
                                                 viel parteiübergreifende Unterstüt-
            Handelshemmnisse wird nun
                                                 zung sich die Politikerinnen und Poli-
            die Gesellschaft liberalisiert.
                                                 tiker via Unterschriften unter ihre
            Selbst   ehemals     christliche
                                                 Vorstösse gesichert hatten, indem
            Parteien und religiöse Institu-
                                                 sie auf Ratsmitglieder anderer Par-
            tionen passen sich wertemäs-                                                   Der Brückenbauerindex belegt: Die EVP-Ratsmitglieder überzeugen
                                                 teien zugingen und diese für ihre
            sig an oder schweigen, der-                                                    im Nationalrat immer wieder mit ihren Brückenbauer-Qualitäten.
                                                 Anliegen überzeugten.
            weil sich der Raubbau am
                                                                                           folgt: 2020 in 6 von 9 Abstimmungen,    zu sein: Die Wahlbefragung von SRF
            Planeten,    Menschenhandel,
                                                 Zünglein an der Waage                     2021 bisher nur in 2 von 10.            im Oktober 2021 bescheinigt der EVP
            Arbeitsausbeutung und An-
                                                 Bei knappen Entscheidungen im Rat         Besonders bei knappen Abstim-           einen stabilen Wähleranteil und bei
            griffe auf Andersdenkende
                                                 wird oft «vom Zünglein an der Waa-        mungsresultaten kann die Wähler-        den kantonalen Wahlen steht die EVP
            ausbreiten. Resonanz unter
                                                 ge» gesprochen. Mit drei Sitzen mit-      basis der EVP auch mal eine Abstim-     mit 6 Sitzgewinnen neben Grüne
            Gleichgesinnten auf «Social»
                                                 ten im politischen Zentrum sind es        mung entscheiden. 2020 wurde das        und glp auf dem Podest. Während
            Media lässt uns abstumpfen.
                                                 immer wieder mal die drei EVP-Nati-       Jagdgesetz äusserst knapp abge-         alle anderen Parteien Mandate ver-
            Was können wir schon tun für
                                                 onalratsmitglieder, deren Stimmen         lehnt, die Beschaffung der Kampf-       loren, konnte die EVP als einzige Par-
            Flüchtlinge auf dem Mittel-
                                                 eine Entscheidung ausmachen. Da-          flugzeuge sowie die Konzern­verant­     tei ohne «grün» im Namen Sitze da-
            meer, Bürgerkriegsopfer im
                                                 bei ist die Rechnung einfach: Ändert      wortungs-Initiative (beim Volks-        zugewinnen. Für die EVP wichtig
            Mittleren Osten, religiös Ver-
                                                 sich ein Abstimmungsresultat, wenn        mehr), knapp angenommen. Bei al-        sind nun die Berner Wahlen im März
            folgte in China oder vom Mee-
                                                 die drei EVP-Ratsmitglieder anders        len diesen Abstimmungen dürfte          2022, wo um jeden einzelnen der 10
            resanstieg    bedrohte      Men-
                                                 gestimmt hätten, waren die EVP-           die EVP-Basis die Abstimmungen in       Sitze gekämpft werden muss – da-
            schen in Bangladesh? Sogar
                                                 Stimmen für den Ausgang der Ab-           die eine oder andere Richtung ent-      mit die positive Bilanz hoffentlich
            hinter den Massnahmen zur
                                                 stimmung entscheidend (natürlich          schieden haben.                         auch in die zweite Legislaturhälfte
            Eindämmung der COVID-Pan-
                                                 können das auch andere Gruppen                                                    mitgenommen werden kann.
            demie wittern wir − dank der
                                                 für sich in Anspruch nehmen). In die-     Erfolgreiche Bilanz bei kantona-
            Hosentaschen-Einflüsterer −
                                                 ser Legislaturhälfte war dies insge-      len Wahlen
            eine Verschwörung gegen un-
                                                 samt 50 Mal der Fall. Prominenteste       Parteistrategen und Medienkonzer-
            sere sakrosankte individuelle
                                                 Abstimmung war dabei eine umstrit-        ne bestimmen anhand von Wahlbe-
            «Freiheit»! Den gigantischen
                                                 tene Regelung bei den Kriegsmateri-       fragungen und kantonalen Wahlre-
            finanziellen und ökologischen
                                                 alexporten. Die Abstimmung mach-          sultaten seit den letzten National­ -   ROMAN RUTZ
            Schuldenberg, den wir durch                                                                                            GENERALSEKRETÄR EVP CH
                                                 te schliesslich den Rückzug der           ratswahlen den Formstand der Par-
            unser verantwortungsfreies                                                                                             roman.rutz@evppev.ch
                                                 Korrektur-Initiative möglich.             teien. Die EVP scheint gut im Schuss
            Haushalten aufhäufen, über-
            sehen wir dabei geflissent-
                                                 Bilanz Volksabstimmungen
                                                                                                                                                                               Anzeige

            lich... Als EVP sind wir politisch
                                                 Politologen werten gerne aus, wie oft
            − und als Nachfolger Jesu auch
                                                 Parteiparolen mit den Ergebnissen
            privat − gefordert, dafür ein-
                                                 bei Volksabstimmungen überein-
            zustehen, dass Gerechtigkeit,
                                                 stimmen, wie oft also eine Partei
            Nachhaltigkeit      und     Men-
                                                 «richtig gelegen ist» mit ihrer Parole.
            schenwürde nicht auf dem Al-
                                                 Selbstverständlich fasst die jeweilige
            tar dieser falschen «Freiheit»
                                                 Delegiertenversammlung der EVP
            geopfert werden. Unbequem?
                                                 ihre Parolen nicht nach der mut-
            Durchaus. Aber notwendig −
                                                 masslichen Volksmeinung, sondern
            aus Leidenschaft für Mensch
                                                 vielmehr nach den eigenen Werten
            und Umwelt!
                                                 und Überzeugungen – und die wei-
            FRANÇOIS BACHMANN                    chen denn immer auch mal wieder
            VIZEPRÄSIDENT EVP CH                 mutig von der Mehrheit in der Bevöl-
            f.bachmann@gmail.com                 kerung ab. Allzu oft ist das Volk denn
                                                 auch nicht den Parolen der EVP ge-

                                                                                                                                                                                                  3
                                                                 November 2021        NRº 4
ERFOLGREICHE HALBZEITBILANZ FÜR MENSCH UND UMWELT
IM GESPRÄCH: YVONNE RIBI, BERUFSVERBAND DER PFLEGEFACHPERSONEN

                «VIELE PFLEGENDE SIND AUSGEBRANNT UND SEHEN
                KEINE PERSPEKTIVE MEHR IN IHREM BERUF.»
                   Emotional erschöpfte und desillusionierte Pflegefachkräfte steigen scharenweise aus ihrem Beruf aus - und dies nicht
                   erst seit Corona. Yvonne Ribi, Geschäftsführerin des Berufsverbands über die eigenen Nächte an der Front, die Gründe
                   für den Massenexodus, weshalb sich die Pflegeinitiative menschlich wie wirtschaftlich lohnt und der Gegenvorschlag
                   nicht ausreicht.
                                                           en Berichte bestätigen das. Die Zah-      Der Gegenvorschlag des Parla-             lungen.
                                                           len konnten zwar gesteigert werden,       ments nimmt wesentliche Anlie-            Kritiker befürchten, dass bei einer
                                                           reichen aber bei weitem nicht aus,        gen der Initiative auf, wie z.B. die      Annahme der Initiative das ent-
                                                           um den zusätzlichen Bedarf zu de-         Ausbildungsoffensive. Sie sind je-        sprechende      Umsetzungsgesetz
                                                           cken.                                     doch der Meinung, er reicht nicht.        mehrere Jahre dauern dürfte,
                                                                                                     Weshalb?                                  während der Gegenvorschlag so-
                                                           40 Prozent der Pflegefachkräfte           Der Gegenvorschlag beinhaltet v.a.        fort greifen würde. Wäre hier nicht
                                                           verlassen ihren Beruf frühzeitig.         eine Ausbildungsoffensive, um ge-         der Spatz in der Hand hilfreicher
                                                           Welche Gründe nennen die Betrof-          gen den Pflegenotstand vorzugehen.        als die Taube auf dem Dach?
    Foto: zVg

                                                           fenen für ihren Ausstieg?                 Massnahmen, damit die Ausgebilde-         Die Umsetzung der Ausbildungsof-
                                                           Hauptgrund ist die emotionale Er-         ten im Beruf bleiben und die Pflege-      fensive im Gegenvorschlag dürfte
                                                           schöpfung. Wir müssen leider davon        qualität gesichert wird, fehlen gänz-     wegen fehlender gesetzlicher Grund-
                  Yvonne Ribi, 45                          ausgehen, dass die Pandemie diese         lich.                                     lagen in den Kantonen Jahre dauern!
                  wohnhaft in Zürich, dipl. Pfle-          Entwicklung weiter beschleunigt. Vie-                                               Wir haben in den Übergangsbestim-
                  gefachfrau HF, MBA in Manage-            le Pflegende sind ausgebrannt und         Aber löst der Gegenvorschlag              mungen der Initiative dagegen fest-
                  ment von Nonprofitorganisati-            sehen keine Perspektive mehr in ih-       nicht zumindest diejenigen Pro-           gelegt, dass Massnahmen gegen den
                  onen, seit 2012 Geschäftsfüh-            rem Beruf.                                bleme, die auf Bundesebene ange-          Mangel an Pflegefachpersonen in-
                  rerin vom SBK, dem Berufs­-                                                        gangen werden können? Elemente            nerhalb von 18 Monaten vom Bun-
                  verband der Pflegefachperso-             Welche Massnahmen bräuchte es,            wie Arbeitsbedingungen, Schicht-          desrat erlassen werden müssen.
                  nen                                      um diese frühzeitigen Ausstiege           pläne oder Löhne sind doch Ange-
                                                           zu verhindern?                            legenheit der Sozialpartner, Spitä-       Welche Entwicklungen sehen Sie,
                                                           Die wohl wichtigste Massnahme ist,        ler und Kantone?                          wenn die Initiative abgelehnt
                                                           dass die Pflegenden mehr Zeit für die     Der Bund setzt den Rahmen für die         wird?
                Frau Ribi, Sie selbst sind diplomier-      Patientinnen und Patienten haben          Arbeitsbedingungen. Beispielsweise        Dann steht die pflegerische Versor-
                te Pflegefachfrau. Erinnern Sie sich       und die kranken, verunfallten oder        sind das Arbeitsgesetz mit seinen         gung in der Schweiz auf dem Spiel.
                aus Ihrer Zeit an der Front an Über-       sterbenden Menschen fachlich so           Verordnungen und das Obligationen-        Patienten sind in Gefahr, wenn nicht
                lastungssituationen im Spital, die         pflegen können, wie es ihre Situation,    recht Bundesgesetze! Zudem gibt           genügend gut ausgebildetes Pflege-
                Ihnen eingefahren sind?                    aber auch unser Berufsethos ver-          das KVG die Finanzierungssysteme          personal vorhanden ist. Es geht bei
                Ja sicher, das gab es oft. Ich erinnere    langt. Deshalb braucht es den Grund-      im Gesundheitswesen vor. Sowohl           unserem Beruf um kranke und ver-
                mich an Nacht- oder Spätdienste, bei       satz einer Verhältniszahl zwischen        das Parlament als auch der Bundes-        unfallte Menschen, nicht um Maschi-
                denen ich allem hinterher gerannt          Pflegenden und Patienten im Gesetz.       rat haben hier ganz klar Verant­      -   nen.
                bin, keine Zeit hatte für die Patientin-   Nationale und internationale Studien      wortung zu übernehmen, um die
                nen und Patienten, an Notfall- und         zeigen klar, dass wenn im Spital rund     teils desolate Situation zu lösen. Den    INTERVIEW: DIRK MEISEL
                Reanimationssituationen, die ich lan-      80% der Pflegeleistungen von Pflege-      Arbeitgebern und Kantonen allein ist      LEITER KOMMUNIKATION EVP CH
                                                                                                                                               dirk.meisel@evppev.ch
                ge nicht verarbeitet habe. Der Unter-      fachpersonen erbracht werden, die         dies in den letzten 15 Jahren nicht ge-
                schied zwischen damals und heute           Komplikationen bei den Patienten
                liegt darin, dass solche Stresssituati-    abnehmen, die Liegedauer sinkt und
                onen heute Alltag sind.                    sogar die Sterblichkeit bei den Patien-
                                                           ten reduziert wird. Das lohnt sich
                Die Covid-19-Pandemie hat Spitä-           menschlich und finanziell.
                ler und Pflegende für alle sichtbar        Genauso wichtig ist, dass sich die Ar-
                an den Anschlag gebracht. Heisst           beitsbedingungen verbessern. Hier
                das, die angespannte Situation be-         geht es zum Beispiel um eine ver-
                ruhigt sich wieder, wenn Corona            bindliche Zeit- und Dienstplanung,
                endlich durch ist?                         um die Vereinbarkeit von Familie
                Im Gegenteil. Die Pandemie hat die         und Beruf. Diese Massnahmen kön-
                Probleme öffentlich sichtbar ge-           nen aber nur umgesetzt werden,
                                                                                                                                                                                      Foto: pixabay.com

                macht, die in der Pflege seit Jahren       wenn die Betriebe genügend finanzi-
                bestehen. Beispielsweise wissen wir        elle Mittel haben. Und hier ist der
                aus den Berichten der Gesundheits-         Bund zuständig, denn er setzt über
                direktorenkonferenz und Odasanté           die Finanzierungssysteme im Ge-
                seit 2009, dass wir viel zu wenig Pfle-    sundheitswesen die entsprechen-           Genügend Pflegefachpersonen lohnen sich menschlich und finanzi-
                gefachpersonen ausbilden. Die neu-         den Leitplanken.                          ell: Weniger Komplikationen, sinkende Liegedauer und Sterberate.

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                                                                                                NRº 4       November 2021
ERFOLGREICHE HALBZEITBILANZ FÜR MENSCH UND UMWELT
IM GESPRÄCH: NIK GUGGER, EVP, AUSSENPOLITISCHE KOMMISSION DES NATIONALRATES

«WIR MÜSSEN SO SCHNELL WIE MÖGLICH EINEN WIE-
DERANNÄHRERUNGSPROZESS MIT DER EU ERÖFFNEN.»
   Das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU konnte so, wie es vorlag, nicht unterschrieben werden. Die Verhand-
   lungen jedoch ohne einen Plan B abzubrechen, hält EVP-Aussenpolitiker Nik Gugger für riskant. Jetzt brauche es schnellst-
   möglich eine Wiederannäherung sowie einen grundlegenden Prozess zum Aufbau gegenseitigen Verständnisses − und
   ein zwischenzeitliches Abkommen, damit der Schweiz in den nächsten Wintern nicht der Strom ausgeht.
Nik, nachdem der Bundesrat das          ale Konsistenz der Schweiz weitge-
Rahmenabkommen mit der EU               hend übergeht, zeugt ebenfalls von
platzen liess, sagt diese klar:         wenig Verstehen und Verständnis –
Ohne diesen Rahmenvertrag wer-          ebenso wie die unter Nachbarn frag-
de es keine neuen Abkommen ge-          würdigen Drohungen und Sanktio-
ben und die bisherigen bilatera-        nen, etwa bei der Börsenäquivalenz
len Abkommen würden veralten            oder beim Abbau der technischen
und nicht mehr erneuert. War es         Handelshemmnisse.

                                                                                                                                                           Fotos: pixabay.com
richtig, die Verhandlungen um           Dieses gegenseitige Unverständnis
das Rahmenabkommen einseitig            war wohl der Hauptgrund für den
abzubrechen?                            Abbruch der Verhandlungen – und
Das Verhältnis zwischen der Schweiz     konnte auch nicht durch punktuelle
und der EU erscheint verworrener        Korrekturen am Entwurf behoben
                                                                               Es braucht eine solide Grundlage gegenseitigen Verstehens für eine
denn je. Nach jahrelangen Verhand-      werden. Selbst wenn die EU in ein-
                                                                               nachhaltige Zusammenarbeit zwischen der EU und der Schweiz.
lungen erkannte der Bundesrat,          zelnen Punkten Zugeständnisse ge-
dass der vorliegende Vertragsent-       macht hätte, wäre das erhebliche       Und wie soll das konkret ausse-        eine Chance für ein Abkommen
wurf in der Schweiz nicht mehr-         Risiko eines nachträglichen Volks-     hen?                                   weiterbestehen bleibt. Parallel zu
heitsfähig ist und brach die Ver-       Neins an der Urne bestehen geblie-     Das könnten in der Schweiz öffent-     diesem Prozess müsste ein zwi-
handlungen, für viele und auch für      ben – und ein solches negatives        liche Veranstaltungen sein, an de-     schenzeitliches Abkommen mit der
mich überraschend, Ende Mai ab.         Verdikt hätte das Verhältnis zwi-      nen zum Beispiel hochrangige Ver-      EU geschlossen werden, das Ver-
Dass das institutionelle Rahmenab-      schen der Schweiz und der EU noch      treter aus Politik, Wirtschaft und     handlungen zum Beispiel im Strom-
kommen in der vorgeschlagenen           mehr beschädigt und die Verhand-       Wissenschaft aus der EU und der        bereich ermöglicht. Die Schweizer
Form nicht unterschrieben werden        lungen zwischen den beiden Partei-     Schweiz nicht nur die Europäische      Stromwirtschaft befürchtet ande-
kann, ist nachvollziehbar. Anderer-     en um Jahre zurückgeworfen.            Union diskutieren, sondern auch        renfalls in den nächsten Jahren im
seits hätte ein Abbruch der Ver-                                               das europäische Umfeld z.B. den        Winter mehrtägige Strom-Blackouts,
handlungen aus meiner Sicht nicht       Wie geht es jetzt weiter? Über-        EWR und die EFTA sowie deren wirt-     also Versorgungsengpässe mit ver-
ohne einen Plan B erfolgen dürfen.      nehmen jetzt die Parlamentarier        schaftliche und politische Bedeu-      heerenden wirtschaftlichen und so-
                                        das Zepter, weil der Bundesrat         tung für die Schweiz. Andererseits     zialen Folgen.
Weshalb ist es so weit gekom-           versagt hat?                           braucht es solche Veranstaltungen
men?                                    Ich denke, dass nun so schnell wie     bei den massgeblichen Institutio-
Die bisherigen Verhandlungen, der       möglich ein Wiederannäherungs-         nen in Bern und Brüssel, um die
Abbruch und auch die öffentlichen       prozess mit der EU eröffnet werden     Schweiz und ihr föderalistisches,
Diskussionen darüber zeigen im          muss und da sind alle gefordert.       direktdemokratisches System so-        INTERVIEW: DIRK MEISEL
Grunde ein tiefes gegenseitiges Un-                                            wie ihre geo- und wirtschaftspoliti-   LEITER KOMMUNIKATION EVP CH
                                                                                                                      dirk.meisel@evppev.ch
verständnis. Es stimmt mich nach­       Welche konkreten Handlungsop-          sche Situation vorzustellen. Die di-
denklich, wie wenig wir hier in der     tionen siehst du, um dem Ver-          plomatischen Vertretungen in der
Schweiz über unseren wichtigsten        hältnis EU – Schweiz wieder eine       Schweiz, insbesondere auch der
Handlungspartner wissen. Sei es         stabile Basis zu geben?                osteuropäischen EU-Länder, soll-
über die Geschichte, die Zielsetzun-    Angesichts des Unverständnisses        ten dabei ebenfalls einbezogen
gen oder das Funktionieren der EU       auf beiden Seiten macht es aus mei-    werden. Informations- und Wis-
und ihres Binnenmarktes, sei es         ner Sicht Sinn, dass der Bundesrat     sensvermittlung an den Schulen,
über ihre Strukturen und Institutio-    die EU einlädt, zusammen mit der       Partnerschaften und Schüleraus-
nen, aber auch über ihre Bedeu-         Schweiz einen Prozess zur Verbes-      tausche wären ebenfalls sehr be-
tung und Verdienste für Europa.         serung des gegenseitigen Verständ-     ziehungsfördernd.
                                                                                                                                                            Foto: zVg

Die meisten von uns kennen nicht        nisses einzuleiten. Das ist dringend
einmal die Unterschiede zum EWR         notwendig. EU-Vertreter sprechen       Aber wirken solche Massnahmen
oder der EFTA. Das ist schon er-        sogar von Feindbildern, die in der     nicht eher langfristig?
nüchternd.                              Schweiz im Verhältnis zur EU aufge-    Das ist auch das Ziel, denn nur so      Nik Gugger, 51
Dass auf der anderen Seite die EU       stellt werden und von gegenseitiger    kann eine solide Grundlage für eine     wohnhaft in Winterthur,
die Bedeutung der Souveränität          Entfremdung. Es geht darum, mit ge-    nachhaltige Zusammenarbeit ge-          Nationalrat EVP, Mitglied der
des Schweizer Volkes für dessen         meinsamen Aktionen in der Schweiz      schaffen werden. Der Bundesrat          Aussenpolitischen Kommission
Selbstbewusstsein, aber auch die        und in Brüssel auf eine gegenseitige   muss nun sofort in diesem Sinne         und des Europarates
politische, wirtschaftliche und sozi-   Sensibilisierung hinzuwirken.          handeln, damit überhaupt noch

                                                                                                                                                                                5
                                                      November 2021       NRº 4
ERFOLGREICHE HALBZEITBILANZ FÜR MENSCH UND UMWELT
EIDGENÖSSISCHE VOLKSABSTIMMUNG
        EIDGENÖSSISCHE VOLKSABSTIMMUNG I:
                                       IIIDIE PFLEGEINITIATIVE

    DER PFLEGENOTSTAND IST REALITÄT. ES BRAUCHT
    DIE NACHHALTIGEN LÖSUNGEN DER INITIATIVE
           Kaum ist der Applaus auf den Balkonen für das Pflegepersonal in der Covid-19-Pandemie verhallt, stimmen wir am
           28. November über die Pflegeinitiative ab. Diese wurde jedoch nicht etwa als Reaktion auf die ausserordentliche
           Krise lanciert, sondern bereits 2017. Denn der drohende Pflegenotstand zeichnet sich schon lange ab. Wird die Ini-
           tiative abgelehnt, tritt ein Gegenvorschlag des Parlaments in Kraft. Dieser nimmt jedoch nur zwei der vier Anliegen
           der Initiative auf. An der chronischen Überlastung der heute tätigen Pflegenden, ihren schwierigen Arbeitsbedin-
           gungen und den zahlreichen Berufsausstiegen würde er gar nichts ändern. Deshalb braucht es ein Ja zur Initiative.
    Im Wesentlichen sind es drei Grün-        te wäre das schweizerische Gesund-
    de, die zum heutigen Mangel an            heitssystem längst nicht mehr
    Pflegepersonal geführt haben:             funktionsfähig.
    Die Ursachen                              3. Die geringe Verweildauer im Beruf:
    1. Der wachsende Pflegebedarf:            40 (!) Prozent der Pflegefachkräfte
    Dank besserer Lebensbedingungen           verlassen ihren Beruf frühzeitig, da-
    und Fortschritten in der Medizin          von ist ein Drittel jünger als 35 Jahre.
    steigt unsere Lebenserwartung. Die        Mitte 2020 waren 7900 Stellen im
    Zahl der über 65-Jährigen wächst in       Pflegewesen als vakant ausgeschrie-
    den nächsten 30 Jahren nach Be-           ben. Zu wenig Pflegende müssen zu

                                                                                                                                                                              Foto: pixabay.com
    rechnungen des Bundesamtes für            viele Patientinnen und Patienten
    Statistik auf 2,7 Millionen (2014: 1,54   pflegen und versuchen, die Vakan-
    Millionen) und mit ihr auch die An-       zen durch Überzeit zu kompensieren
    zahl pflegebedürftiger Menschen,          oder indem sie wichtige Tätigkeiten
    auch derer, die chronisch oder mehr-      wie Aus- und Übertrittsvorbereitun-        Mit dem Gegenvorschlag bleibt die chronische Überlastung.
    fach erkrankt sind.                       gen oder Gespräche weglassen müs-
                                                                                         Die Kernforderungen                       Der Gegenvorschlag
    2. Der Fachkräftemangel:                  sen. Der Pflegenotstand ist also be-
                                                                                         Die Volksinitiative «Für eine starke      Der Gegenvorschlag des Parlaments
    Bis 2030 benötigt die Schweiz zusätz-     reits Realität. Auch nach jahrelan-
                                                                                         Pflege», kurz «Pflegeinitiative» stellt   greift mit einer auf 8 Jahre begrenz-
    lich 65'000 qualifizierte Pflegende.      gem Kampf um bessere Arbeitsbe-
                                                                                         deshalb folgende Kernforderungen:         ten Ausbildungsoffensive sowie der
    Seit 2014 hat sie jedoch nur 56 Pro-      dingungen geschah politisch auf
                                                                                         1. Eine Ausbildungsoffensive, um          eigenständigen Leistungsabrech-
    zent des jährlichen Pflegebedarfs         Bundesebene leider nichts, weshalb
                                                                                         mehr Pflegende auszubilden: Die           nung lediglich zwei Anliegen der Ini-
    ausgebildet, bei den diplomierten         die Initiative lanciert werden musste.
                                                                                         Aus- und Weiterbildung in der Pflege      tiative auf. Er ändert leider gar nichts
    Pflegefachpersonen gar nur 43 Pro-
                                                                                         muss finanziell unterstützt werden.       an der chronischen Überlastung
    zent. Ohne ausländische Pflegekräf-
                                                                                         Es braucht zudem höhere Ausbil-           der heute tätigen Pflegenden, ih-
                                                                                         dungslöhne sowie attraktive An-           ren schwierigen Arbeitsbedingun-

            WAS SPRICHT DAFÜR?                                                           schlussmöglichkeiten.                     gen und den vielen frühzeitigen
                                                                                         2. Genügend Pflegende auf allen Ab-       Berufsausstiegen. Er beinhaltet kei-
                                                                                         teilungen garantieren, um die Pflege-     ne Massnahmen, um die Arbeitsbe-
       •    Der Pflegenotstand ist            •   Einsparungen durch
                                                                                         qualität zu sichern: Eine Pflegefach-     dingungen der Pflegenden zu ver-
            Realität: Bereits heute               Autonomie: Die ärztliche
                                                                                         person soll nur für eine maximale         bessern, die heute im Beruf tätig
            werden deutlich zu wenige             Verschreibungspflicht für
                                                                                         Anzahl von Patientinnen und Patien-       sind. Es fehlen Massnahmen, um
            Pflegepersonen ausgebildet,           typische Pflegeleistungen ist
                                                                                         ten zuständig sein. Es geht darum         frühzeitige Berufsausstiege zu ver-
            um den steigenden Bedarf zu           ineffizient und teuer. Eine ei-
                                                                                         Pflegequalität, Patientensicherheit,      hindern und um die Pflegequalität
            decken. Es braucht dringend           genverantwortliche Ab­
                                                                                         eine höhere Arbeitszufriedenheit          zu sichern. Hinzukommt, dass die
            eine Ausbildungsoffensive.            rechnung verhindert
                                                                                         und damit eine längere Verweildauer       Verbesserungen der Initiative erst
                                                  admini­strative Leerläufe und
                                                                                         im Beruf zu gewährleisten.                noch schneller in Kraft treten wür-
       •    Bessere Arbeitsbedingun-              spart Kosten ein.
                                                                                         3. Arbeitsbedingungen verbessern,         den als der Gegenvorschlag des Par-
            gen: Um die galoppierenden
                                                                                         um Berufsausstiege zu verhindern:         lamentes, da die Übergangsbestim-
            Berufsausstiege zu stoppen,       •   Gegenvorschlag reicht
                                                                                         Es braucht eine verlässliche Zeit- und    mungen der Initiative dies so
            fordert die Initiative bessere,       nicht: Im Vergleich zur
                                                                                         Dienstplanung, familienfreundliche        festschreiben. Damit würden die
            GAV-konforme Arbeitsbedin-            Initiative fehlen bessere
                                                                                         Strukturen und berufliche Entwick-        dringend nötigen Massnahmen ge-
            gungen, verlässliche Zeit- und        Arbeitsbedingungen und ein
                                                                                         lungsmöglichkeiten sowie eine leis-       gen den Pflegenotstand entspre-
            Dienstpläne, familienfreundli-        Personalschlüssel. An der
                                                                                         tungsgerechte Entlöhnung, die den         chend rascher greifen.
            che Strukturen und leistungs­         chronischen Überlastung
                                                                                         hohen Anforderungen und der ho-           Darum braucht es ein Ja zur Pflege­
            gerechte Entlöhnung.                  der heute tätigen Pflegen-
                                                                                         hen Belastung entspricht.                 initiative, fanden auch die Delegier-
                                                  den und den frühzeitigen
                                                                                         4. Typisch pflegerische Leistungen        ten der EVP Schweiz und fassten
       •    Gesicherte Pflegequalität:            Berufsausstiegen ändert
                                                                                         sollen künftig eigenverantwortlich,       einstimmig die Ja-Parole.
            Genügend Pflegepersonal ist           sich nichts. So kann der
                                                                                         ohne administrativen Leerlauf und
            zentral für Pflegequalität und        Mangel an Pflegekräften                                                          MARIANNE STREIFF
                                                                                         ärztliche Unterschrift abgerechnet        NATIONALRÄTIN EVP
            Patientensicherheit.                  nicht gelöst werden.
                                                                                         werden dürfen.                            marianne.streiff@parl.ch

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                                                                                    NRº 4       November 2021
ERFOLGREICHE HALBZEITBILANZ FÜR MENSCH UND UMWELT
EIDGENÖSSISCHE VOLKSABSTIMMUNG
             EIDGENÖSSISCHE VOLKSABSTIMMUNG II:
                                            III COVID-19-GESETZ

          WICHTIGE GESETZLICHE GRUNDLAGE ZUR BEKÄMP-
          FUNG DER PANDEMIE UND IHRER FOLGEN
              Im Juni 2021 hat das Stimmvolk das Covid-19-Gesetz mit 60 Prozent gutgeheissen. Das Parlament aktualisiert das
              Gesetz fortlaufend nach Stand der Pandemie und Unterstützungsbedarf. Gegen die im März 2021 vorgenommenen
              Änderungen wurde ebenfalls das Referendum ergriffen, weshalb wir am 28. November erneut über das Gesetz ab-
              stimmen. Die Delegierten der EVP sagten im September deutlich Ja zum Covid-19-Gesetz.

          Bei dieser erneuten Abstimmung          lichen und gesellschaftlichen Le-
          stimmen wir jedoch nur über die-        bens festlegt und das Gesetz unnö-
          Teile des Gesetzes ab, die das Parla-   tig und extrem sei. Sie stossen sich
          ment im März 2021 geändert hat:         auch am Covid-Zertifikat, das Un-
          Es hat die Finanzhilfen auf Betroffe-   geimpfte diskriminiere. Dabei er-
          ne ausgeweitet, die bis dahin nicht     möglicht doch gerade das Zertifikat
          oder zu wenig unterstützt werden        dank der 3-G-Optionen (Genesen,
          konnten. Es ermöglichte damit er-       geimpft, getestet) Geimpften wie
          weiterte finanzielle Unterstützung      eben auch Nicht-Geimpften wieder
          von krisengeschädigten Menschen         an Veranstaltungen teilzunehmen

                                                                                                                                                                     Foto: pixabay.com
          und Unternehmen mit erweiterten         und das Virus – und insbesondere
          Instrumenten und deutlich mehr          eine Überlastung der Spitalkapazi-
          Geld, z.B. A-Fonds-perdu-Beiträgen.     täten – trotzdem zu bekämpfen.
          Das Contact-Tracing zum Unterbre-       Es ist zudem mit der EU kompatibel
          chen der Ansteckungsketten wurde        und ermöglicht es dadurch Schwei-
                                                                                            Das Covid-Zertifikat macht es möglich, dass Geimpfte und Ungeimpf-
          weiterentwickelt und es wurde fest-     zerinnen und Schweizern, wieder           te an Veranstaltungen teilnehmen können.
          gelegt, dass der Bund Covid-Tests       ins europäischen Ausland zu reisen.
          fördern und sie finanzieren kann.       Sollte das Stimmvolk die zur Abstim-                                           LILIAN STUDER
          Zudem legte man die gesetzliche         mung vorgelegten Änderungen ab-           kämpfen und deren wirtschaftli-      NATIONALRÄTIN
                                                                                                                                 lilian.studer@parl.ch
          Grundlage für die Impfstoffbeschaf-     lehnen, würden lediglich die geän-        chen Schäden einzudämmen.
          fung auch über einen längeren Zeit-     derten Artikel am 19. März 2022
          raum, ebenso für das vom Parla-         ausser Kraft treten und nicht das
          ment geforderte Covid-Zertifikat im     ganze Gesetz. Dies beträfe z.B. zu-              WAS SPRICHT DAFÜR?
          Rahmen der 3-G-Strategie (genesen,      sätzliche Taggelder für Arbeitslose,
          geimpft, getestet), um Auslandrei-      die Ausweitung der Kurzarbeiter-             •   Krisenunterstützung: Die          ohne Impfung sicher an
          sen zu erleichtern und bestimmte        entschädigung oder die Entschädi-                Gesetzesänderung enthält          Veranstaltungen teilnehmen.
          Veranstaltungen wieder zu ermögli-      gung für Veranstalter. Auch Co-                  wichtige finanzielle Unter-
          chen. Nationalrat (191:13) und Stän-    vid-Zertifikate für Auslandsreisen               stützung für krisengeschä-    •   Fehlende Alternativen:
          derat (44:0) hatten diese Änderun-      könnten nicht mehr ausgestellt wer-              digte Unternehmen, Selbst-        Erneute Einschränkungen will
          gen im März 2021 deutlich angenom-      den. Zudem wären die Programme                   ständige und Arbeitnehmen-        niemand. Das temporäre
          men.                                    zur Förderung wichtiger medizini-                de.                               Zertifikat für Geimpfte,
          Die Gegner, die dagegen das Refe-       scher Güter nicht mehr möglich.                                                    Genesene und Getestete ist
          rendum ergriffen, monierten, dass       Die EVP-Delegierten sagten darum             •   Sichere Veranstaltungen:          somit die Alternative, um die
          der Bundesrat die Kriterien und         klar ja zum Covid-19-Gesetz. Das Ge-             Dank dem Covid-Zertifikat         Überlastung des Gesund-
          Richtwerte für Einschränkungen          setz gibt aus ihrer Sicht eine wichtige          können Menschen mit und           heitssystems zu verhindern.
          und Erleichterungen des wirtschaft-     Grundlage, die Pandemie zu be-
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                                                                 November 2021         NRº 4
ERFOLGREICHE HALBZEITBILANZ FÜR MENSCH UND UMWELT
EIDGENÖSSISCHE
       EIDGENÖSSISCHE VOLKSABSTIMMUNG
                      VOLKSABSTIMMUNG III
                                      III: JUSTIZ-INITIATIVE

    DAS BUNDESGERICHT IST UNABHÄNGIG
           Am 28. November stimmen wir über die sogenannte Justiz-Initiative ab. Sie will, dass Bundesrichter und Bundes-
           richterinnen künftig per Losverfahren bestimmt werden. Doch kann das Losglück sicherstellen, dass der oder die
           Kandidierende gewählt wird, die am besten geeignet ist? Die Delegierten der EVP Schweiz fanden nein und lehnten
           die Initiative daher deutlich ab.
    Heute werden Bundesrichterinnen           setzen lassen oder ihre Urteile an
    und Bundesrichter durch die Verei-        den Wünschen ihrer Partei ausrich-
    nigte Bundesversammlung gewählt.          ten. Dass Parlament und Parteien
    Die Gerichtskommission unterbrei-         gar keinen politischen Einfluss auf
    tet ihr einen Vorschlag. Ähnlich wie      «ihre» Richterinnen und Richter
    bei der Zauberformel im Bundesrat         nehmen wollen, zeigte zuletzt die
    gilt dabei der Grundsatz, dass die        Wiederwahl von Bundesrichter
    Parteien proportional zu ihrer Stär-      Yves Donzallaz. Die SVP empfahl
    ke vertreten sein sollen.                 2020 «ihren» Bundesrichter aus po-
    Somit handelt es sich faktisch um         litischen Gründen nicht zur Wie-
    eine indirekte Volkswahl. Sie sorgt       derwahl. Das Parlament wählte ihn
    für Ausgewogenheit, die proportio-        aber deutlich wieder und kritisierte
    nale Vertretung der Bevölkerung           die SVP für ihre versuchte Einfluss-
                                                                                       Die Wahl ans Bundesgericht dem Losglück überlassen?
    sowie die demokratische Legiti-           nahme scharf. Natürlich haben
    mation und damit auch für die Ak-         auch Richterinnen und Richter poli-      ren zu besetzen, ist für alle Beteilig-                 es passieren, dass eine Partei, eine
    zeptanz der Urteile. Diese Praxis be-     tische Einstellungen und Werte, die      ten unbefriedigend. Denn das Los                        Region oder auch ein Geschlecht für
    rücksichtigt die Sprachen ebenso          auch ihre Erwägungen und Ent-            überlässt die Bestimmung der Bun-                       lange Zeit am Bundesgericht stark
    wie Regionen und Parteien. Das be-        scheide mitprägen können. Doch           desrichterinnen und Bundesrichter                       unter- oder übervertreten ist.
    währte System funktioniert, ist breit     gerade der Parteienproporz stellt        dem Zufall. Das Amt bekommen
    abgestützt und wird von allen politi-     sicher, dass die Wertehaltungen am       nicht die besten Kandidatinnen und                      LILIAN STUDER
    schen Lagern getragen. Neben dem          Bundesgericht jene der Bevölke-          Kandidaten, sondern jene, die am                        NATIONALRÄTIN
                                                                                                                                               lilian.studer@parl.ch
    Bundesrat empfahlen denn auch der         rung abbilden.                           meisten Glück haben. Zudem kann
    Nationalrat mit 1:191 und der Stän-

                                                                                                                                                                                            Anzeige
    derat mit 0:44 die Initiative beinahe     Losglück nicht geeignet
    einstimmig zur Ablehnung. Rechts          Unabhängig dieser Abstimmung
    bis links war man sich einig: Keine       braucht es aus Sicht der EVP nur we-
    Experimente mit dem Bundesge-             nige Anpassungen am bestehenden
    richt!                                    System wie z.B. bei der so genannten
                                              Mandatsabgabe. Oder die Offenheit,
    Kein parteipolitischer Einfluss           auch weiteren Kandidaturen eine
    Die Initianten führen ins Feld, Richte-   Chance zu geben, wenn zum Beispiel
    rinnen und Richter würden politisch       jemand parteilos, jedoch sehr gut
    beeinflusst: Doch die Richterinnen        geeignet ist oder eine Kandidatur
    und Richter sind laut Bundesverfas-       mit dem Hintergrund einer kleine-
    sung ausdrücklich nur dem Gesetz          ren Partei wie der EVP. Doch ein der-                                                                          Sammelschluss
    verpflichtet. Zudem gibt es keine         art wichtiges Amt wie das des Bun-                                                                             27. November 2021
    Hinweise, dass sie sich unter Druck       desrichters nach dem Glücksverfah-

           WAS SPRICHT DAGEGEN?                                                             Machen Sie mit! Auf weihnachtspäckli.ch finden Sie rund 500 Sammelstellen
                                                                                            in der ganzen Schweiz, wo Sie Ihre Päckli abgeben können.
       •    Ausgewogenheit des                    bewährt. Alle politischen La-
                                                                                            Päckli für Erwachsene                              Päckli für Kinder
            Bundesgerichts: Durch die             ger tragen sie mit.                       1 kg Mehl, 1 kg Reis, 1 kg Zucker,                 Schokolade, Biskuits, Süssigkeiten
            Parteivertretungen wird si-                                                     1 kg Teigwaren, Schokolade, Biskuits,              (Bonbons, Gummibärchen etc.), Zahnpa-
                                                                                            Kaffee (gemahlen od. instant), Tee,                sta, Zahnbürste (in Originalverpackung),
            chergestellt, dass die Wert-      •   Bundesrichterinnen und
                                                                                            Zahnpasta, Zahnbürste (in Originalver-             Seife (in Alufolie gewickelt), Shampoo
            vorstellungen der Bevölke-            -richter sind unabhängig:                 packung), Seife (in Alufolie gewickelt),           (Deckel mit Scotch verklebt), 2 Notizhefte
            rung ausgewogen am Gericht            Sie sind laut Bundesverfas-               Shampoo (Deckel mit Scotch verklebt),              oder -blöcke, Kugelschreiber, Bleistift,
                                                                                            Schreibpapier, Kugelschreiber. Evtl.               Gummi, Mal- oder Filzstifte, 2-3 Spiel-
            vertreten sind und dieses             sung nur dem Gesetz ver-                  Ansichtskarten, Kerzen, Streichhölzer,             zeuge wie Puzzle, Ball, Seifenblasen,
            demokratisch legitimiert ist.         pflichtet. Es gibt keine Hin-             Schnur, Socken, Mütze, Handschuhe,                 Stofftier, Spielauto etc. Evtl. Socken,
                                                                                            Schal                                              Mütze, Handschuhe, Schal
                                                  weise, dass sie ihre Urteile an
                                                                                            Bitte packen Sie alle aufgelisteten Produkte in die Päckli! Nur so kommen die Päckli ohne
       •    Das bestehende System                 den Wünschen der Partei                   Probleme durch den Zoll und können einfach und gerecht verteilt werden.
            funktioniert: Die Praxis nach         ausrichten. Ein derart wichti-            PC 30-222249-0 | IBAN CH74 0900 0000 3022 2249 0   weihnachtspäckli.ch
            Vertretung von Sprachen, Re-          ges Amt sollte zudem nicht
            gionen und Parteien hat sich          per Losglück besetzt werden.
                                                                                            avc-ch.org        ostmission.ch                    hmk-aem.ch          lio.ch

8
                                                                                    NRº 4         November 2021
ERFOLGREICHE HALBZEITBILANZ FÜR MENSCH UND UMWELT
EIDGENÖSSISCHE
   KMU-FORUM      VOLKSABSTIMMUNG III

«ES KANN UNS ALLE TREFFEN!»
   Wer denkt, dass Cyber-Attacken nur andere treffen könnte, ist definitiv auf dem Holzweg. Das diesjährige KMU-Forum
   zum Thema «Herausforderung Cybersecurity: KMU im Wettlauf gegen Cyberpiraten» machte deutlich, wie anfällig un-
   sere Gesellschaft und damit jedes einzelne Unternehmen, KMU, aber auch Privatpersonen auf Cyberangriffe sind. Be-
   sonders während der Covid-Krise stiegen Cyberangriffe explosionsartig an, befeuert durch plötzliches Home-office ohne
   vorgängige Sicherheitsvorkehrungen.

Ob Comparis, die Gemeinde Rolle           ne Experten gewonnen werden, die
am Genfersee oder die börsenko-           selber tagtäglich Unternehmen be-
tierte Unternehmung Huber+Suh-            gleiten, die von einem Cyberangriff
ner, sie alle haben etwas gemein-         betroffen sind oder − im Fall von Hu-
sam: In den vergangenen 12 Mo-            ber + Suhner − selber verantwortlich
naten wurden sie von einem Cyber-         waren für die Cyber-Task-Force, die
angriff temporär lahmgelegt und in        kurz vor Weihnachten 2020 gegrün-
ihrem Innersten empfindlich getrof-       det werden musste, um den Betrieb
fen. Das KMU-Forum auf dem Cam-           nach einem Angriff wieder sicher
pus von Sunrise UPC machte aber           hochzufahren.
schnell deutlich, dass eben gerade        Genauso wie der Leiter der Abtei-
nicht die grösseren Unternehmen,          lung Cybercrime der Kantonspolizei
Städte oder Gemeinden die idealen         Zürich betonten sie die Notwendig-
Opfer von dubiosen, topprofessio-         keit der richtigen Vorkehrungen in
nellen und mafiaähnlichen Gruppie-        allen Betrieben. Ist man dann doch      Ein Fazit des Forums: Auch Klein- und Kleinstbetriebe sind betroffen.
rungen sind. Gerade Klein- und            von einem Angriff betroffen, soll un-
Kleinstbetriebe ohne grosse IT-Ab-        bedingt umgehend die Polizei einge-
teilungen und Sicherheitsvorkeh­      -   schaltet werden und keinesfalls vor-
run­gen sind anfällig für Angriffe und    schnell «Lösegeld» bezahlt werden.
Erpressungsversuche.                      «Meistens bezahlt man dann nicht
                                          nur einmal, sondern mehrmals»,
Lösegeldzahlungen sind selten             meinte dazu Serdar Günal Rütsche

                                                                                                                                                                   Fotos: Roman Rutz, Dirk Meisel
die richtige Entscheidung                 von der Kapo Zürich.
Als Referenten konnten ausgewiese-

                                                                                  Nahm die Teilnehmenden mit in die dramatischen Tage des Cyber-An-
                                                                                  griffs auf sein Unternehmen: Alexander Graf, CIO Huber + Suhner

                                                                                  Versicherung hilfreich, aber kein        Stress im Unternehmen von Tag 1
                                                                                  Allheilmittel                            der Attacke bis Monate danach alles
                                                                                  Auch die Möglichkeit einer Cyberver-     wieder normal läuft und aufgearbei-
                                                                                  sicherung wurde thematisiert, des-       tet ist, das will kein Unternehmen»
                                                                                  sen wichtigste Funktion nicht einmal     resümierte Alexander Graf, CIO von
                                                                                  zwingend der Ersatz beispielsweise       Huber+Suhner.
                                                                                  für die Verluste eines Betriebsunter-    Zurück blieb die Erkenntnis, dass bei
                                                                                  bruchs ist. «Oftmals hilft den Kun-      jedem Angriff letztlich eine Person
Einführung ins Joint Innovation Center Sunrise UPC
                                                                                  den am meisten, dass sie schnell         den Gangstern Zugang gewährte,
                                                                                  und unkompliziert an Experten ge-        etwa mit dem Klicken auf eine gut
  TERMINE 2021                                                                    langen, die ihnen in der Situation ei-   getarnte E-Mail. Es blieb aber auch
                                                                                  ner Datenblockierung helfen und          der Appell, dass kaum 26 Kantone
    06.11.               Parteikonferenz                                          mit den Erpressern verhandeln»,          einzelne Cybercrime-Abteilungen
                                                                                  meinte dazu Jon Plotke von der AS-       führen können respektive die Spezi-
                                                                                  SEPRO Gruppe. Nicht versicherbar         alisten der grossen Kantone nicht
   27.11.                Delegiertenversammlung
                                                                                  seien aber viele weitere Kollateral-     einfach die Fälle für die kleinen
                                                                                  schäden eines erfolgreichen Cyber-       (Halb-)Kantone übernehmen kön-
   28.11.                Eidgenössische Volksabstimmung                           angriffs: Der Reputationsverlust, all-   nen.
                                                                                  fällige Verstösse gegen das Daten-
                                                                                  schutzgesetz oder das Veröffentli-       ROMAN RUTZ
   29.11. - 17.12.        Wintersession d. eidgenöss. Parlaments                                                           GENERALSEKRETÄR EVP SCHWEIZ
                                                                                  chen von Geschäftsgeheimnissen
                                                                                                                           roman.rutz@evppev.ch
                                                                                  im Darknet. Und nicht zuletzt: «Der

                                                                                                                                                                                                    9
                                                         November 2021       NRº 4
ERFOLGREICHE HALBZEITBILANZ FÜR MENSCH UND UMWELT
KANTON AARGAU

                 BÄRENSTARKE ZUKUNFT ZUM 100. GEBURTSTAG
                 Nationalrätin und Parteipräsiden-        tum überwinden und mehrheitsfä-        tigkeit und Menschenwürde einzu-         Sie müsse sich auch keinesfalls neu
                 tin der EVP Schweiz Lilian Studer        hige Lösungen finden für die gesell-   setzen. Die Bandbreite an Lebens-        erfinden: Ihre Werte blieben diesel-
                 wies in ihrer Festrede im aargaui-       schaftlichen Krisen nach dem ers-      haltungen zeichnete die EVP aus          ben, auch wenn sich politische The-
                 schen Grossratssaal auf die prekä-       ten Weltkrieg. Die Mitglieder der      und war nur möglich durch gegen-         men und gesellschaftliche Bedürf-
                 ren wirtschaftlichen und politi-         neu gegründeten Partei waren Un-       seitige Wertschätzung und eine           nisse veränderten. Als Präsidentin
                 schen Verhältnisse vor einhundert        ternehmer, Landwirte, Ärzte, Leh-      gute Streitkultur zugunsten nach-        der EVP Schweiz wünschte sie der
                 Jahren hin, die zur Gründung der         rer oder Pfarrer. Es war ihnen wich-   haltiger Lösungen. Damit war und         EVP Aargau eine bärenstarke Zu-
                 EVP führten: Man wollte die Kluft        tig, als Christen Verantwortung zu     bleibe die EVP attraktiv, auch wenn      kunft, die sie in Form eines Berner
                 zwischen Arbeiterschaft und Bürger-      übernehmen und sich für Gerech-        sie eine Kleinpartei geblieben sei.      Mandelbären der Festgesellschaft
                                                                                                                                          überbrachte.
                                                                                                                                          Den Blick in die Zukunft richtete
                                                                                                                                          Grossrat Uriel Seibert. Er bezeich-
                                                                                                                                          nete die Hoffnung als zentral, die
                                                                                                                                          EVP-ler und EVP-lerinnen aus ih-
                                                                                                                                          rem Glauben schöpften. Sie gebe
                                                                                                                                          eine Gelassenheit gegenüber jegli-
                                                                                                                                          chen Krisen. Die Werte der EVP hät-
                                                                                                                                          ten eine bessere Performance als
                                                                                                                                          gemeinhin angenommen. Viele
                                                                                                                                          Menschen in unserem Land schät-
                                                                                                                                          zen einen respektvollen Umgang
                                                                                                                                          mit Mensch und Umwelt.
     Foto: zVg

                                                                                                                                          EVP KANTON AARGAU
                 100 Jahre EVP Aargau: Themen und Gesellschaft wandeln sich, aber                Wünscht bärenstarke Zukunft:             barbara.mueller@evp-ag.ch
                 die Werte sind heute noch aktuell.                                              EVP-Präsidentin Lilian Studer

                     KANTON FREIBURG                                                                 KANTON ZÜRICH

                 GEMEINSAME LISTE                                                                ZÜRICH WÄHLT
                 Am 7. November standen im Kanton         am auffälligsten. Und im Bezirk Bro-   Am 13. Februar 2022 wählt Zürich die     Kläusler) strebt sie neue an. In 11 Ge-
                 Freiburg die Wahlen zum Freiburger       ye stand Norbert Valley, der bei den   Stadt- und Gemeindebehörden. Die         meinden verteidigt die EVP ihre 12
                 Grossrat an. Bei Drucklegung der         nationalen Wahlen ein bemerkens-       EVP strebt 5 Präsidien und 14 weitere    Sitze (2 davon in Pfäffikon ZH) mit 10
                 AKZENTE waren die Ergebnisse noch        wertes Ergebnis erzielt hatte, auf     Exekutivämter an. In Winterthur will     Bisherigen und den 2 neuen Kandi-
                 offen.                                   dem zweiten von elf Plätzen der ge-    die EVP einen 5. Sitz im Parlament       datinnen Christiane Ehmann (Dieti-
                 Die EVP hatte eine gemeinsame Liste      meinsamen Liste mit der CSP.           erobern, in Zürich muss sie die          kon) und Pia Ernst (Wetzikon). Zu-
                 mit der CSP erstellt, einem Partner,                                            5-%-Hürde überwinden und will mit        dem möchte sie neu in Bäretswil und
                 der in Freiburg fest verankert ist und                                          Roger Föhn in den Stadtrat einziehen.    Rüti in den Gemeinderat.
                 dessen Werte den unseren nahe ste-                                              In Bülach (Mark Eberli), Urdorf (Sand-
                 hen. Die EVP war in mehreren Bezir-                                             ra Rottensteiner) und Zell (Regula
                                                          PHILIPPE SIRAUT, PROJEKT-                                                       MARK WISSKIRCHEN, GESCHÄFTS-
                 ken vertreten, aber im See-Bezirk        KOORDINATOR ROMANDIE                   Ehrismann) verteidigt die EVP 3 bis-     FÜHRER EVP KANTON ZÜRICH
                 war die Präsenz der EVP mit einer        philippe.siraut@evppev.ch              herige Präsidien, in Affoltern a.A.      mark.wisskirchen@evpzh.ch
                 starken Liste von acht Kandidaten                                               (Eveline Fenner) und Opfikon (Heidi
                                                                                                                                                                                    Foto: pixabay.com
     Foto: zVg

                 Am 7. November wählte der Kanton Freiburg.                                      Am 13. Februar 2022 wählt Zürich.

10
                                                                                            NRº 4       November 2021
KANTON BERN

                    MITGLIEDERREKORD MOTIVIERT FÜR WAHLEN
                    Am 27. März 2022 werden im Kan-            dessen das Miteinander und die So-       schen den politischen Blöcken             dem Jahr 2006. Damals errang die
                    ton Bern der Grosse Rat und der Re-        lidarität im Kanton zu fördern.          schlagen und sich generell für mehr       EVP 13 Grossratssitze.
                    gierungsrat neu gewählt. Die EVP           Die Voraussetzungen, dass bei den        Miteinander im Kanton einsetzen.          Ende September 2021 konnte die
                    will ihre bisherigen 10 Grossrats-         Wahlen 2022 die EVP sowie generell       Die Wahlbeteiligung wird vermut-          EVP Kanton Bern ihr 1525. Mitglied
                    mandate halten und wenn möglich            die lösungsorientierten Mitte-Par-       lich wieder tief sein (rund 30%). Für     begrüssen. Dies stimmt gerade im
                    in den Wahlkreisen Seeland und             teien gestärkt werden, stehen gut.       die EVP stellt dies eine grosse Chan-     Hinblick auf die Wahlen zuversicht-
                    Mitteland-Nord je einen Sitz dazu-         Aktuell ist die EVP in allen neun        ce dar. Gelingt es, die eigenen Leute     lich. Denn so viele Mitglieder hatte
                    gewinnen. Die EVP bietet den Wäh-          Wahlkreisen mit mindestens einer         zu mobilisieren und zum Wählen zu         die Kantonalpartei in ihrer 102-jähri-
                    lenden eine attraktive Alternative         Grossrätin oder einem Grossrat ver-      motivieren, so läge bei den Gross-        gen Geschichte noch nie!
                    zu den Parteien aus den beiden             treten, im Wahlkreis Thun sogar mit      ratswahlen ein Wählendenanteil
                    grossen politischen Blöcken.               zwei Vertreterinnen. Mit ihren je fünf   von 8 % durchaus im Bereich des           PHILIPPE MESSERLI, CO-GE-
                    Der zweisprachige Kanton Bern ist          Grossrätinnen und Grossräten stellt      Möglichen. Der bisherige Höchst-          SCHÄFTSFÜHRER EVP KT. BERN
                                                                                                                                                  philippe.messerli@evp-be.ch
                    bezüglich seiner Vielfältigkeit eine       die EVP-Fraktion im 160-köpfigen         wert liegt bei 7.3 % und stammt aus
                    Schweiz im Kleinen – geografisch,          Kantonsparlament eine wichtige
                    kulturell und politisch. Wirtschaft-       und prägende politische Kraft dar.
                    lich starken Städten stehen ein            In der laufenden Legislatur ver-
                    weitgehend landwirtschaftlich ge-          mochten die EVP-Grossratsmitglie-
                    prägtes Umland und karge Bergre-           der in den Bereichen Bildung, Um-
                    gionen gegenüber. Gerade im Gros-          welt, Energie und Digitalisierung
                    sen Rat wird mit dem Gegensatz             einige Akzente zu setzen. Alle bishe-
                    zwischen Stadt und Land sowie den          rigen zehn Ratsmitglieder stellen

                                                                                                                                                                                           Foto: Rebekka Suter
                    angeblich daraus resultierenden            sich zur Wiederwahl. Bei den Regie-
                    Werte- und Interessenkonflikten            rungsratswahlen geht die EVP mit
                    gerne Politik betrieben. Als christli-     der Oberaargauer Bäuerin und
                    cher Mittepartei ist es der EVP des-       Grossrätin Christine Grogg ins Ren-
                    halb wichtig, diese bestehende Po-         nen. Als echte Mittepolitikerin will     Wenn es gelingt, nur schon die eigenen Leute zur Wahl zu mobilisie-
                    larisierung zu überwinden und statt-       sie in der Regierung Brücken zwi-        ren, könnte die EVP-Grossratsfraktion noch Zuwachs bekommen.

                        LESERBRIEF                                                                          ZUM 80. EHRENTAG

                    WIEDERANERKENNUNG                                                                   SEINER ZEIT VORAUS
                    Mit Interesse habe ich den Bericht         offizielle Schweiz zauderte und blieb    Der Umweltponier, alt Stadt- und Na-      Im Zürcher Kantonsrat politisierte
                    über den Besuch Lilian Studers mit         tatenlos, während im Januar 1991 in      tionalrat Ruedi Aeschbacher feierte       Ruedi Aeschbacher von 1995 bis
                    Aussenminister Ignazio Cassis in           der litauischen Hauptstadt Wilna auf     am 15. September seinen 80. Ge-           2000, dann von 1999 bis 2010 im Na-
                    den baltischen Staaten gelesen.            friedliche Demonstranten geschos-        burtstag. In seiner Amtszeit von          tionalrat. Von 2000 bis 2008 stand er
                    Auch ich freue mich über die nun 30        sen wurde. Heute erinnert eine wür-      1978 bis 1994 als Stadtrat von Zürich     der EVP Schweiz als Präsident vor.
                    Jahre andauernde Freiheit dieser           dige Ausstellung am dortigen TV-         profilierte er sich als Pionier mit ei-   Klare ökologische und soziale Grund-
                    drei Staaten. Es war übrigens die EVP,     Turm an diese Bluttat. Erst nach dem     ner aktiven Umwelt- und Verkehrs­         sätze dientem ihm dabei als Kom-
                    die als erste – und viel zu lange einzi-   gescheiterten Putsch in Moskau im        politik. Diese trug ihm den Namen         pass. Das Engagement für Mensch
                    ge – Partei in der Schweiz bereits         August 1991 ging es dann mit der         «Schwellenruedi» ein. Er wollte da-       und Umwelt prägte sein Handeln
                    1990 die Wiederaufnahme diploma-           Wiederanerkennung Estlands, Lett-        mals «Unmögliches»: Den Verkehr           stark und ist noch heute unverän-
                    tischer Beziehungen mit Litauen            lands und Litauens durch die Staa-       beruhigen, den Veloverkehr fördern        dert aktuell. Auch dies zeigt, dass er
                    nach der Unabhängigkeitserklärung          tengemeinschaft rasch voran.             und Fussgänger von der Unterfüh-          in vielen Belangen seiner Zeit weit
                    von der UdSSR gefordert hatte. Die         (Daniel Reuter)                          rung wieder auf die Strasse bringen.      voraus war. (Mark Wisskirchen)
Foto: pixabay.com

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                    Litauens Hauptstadt Wilna mit TV-Turm.                                              Engagiert für Mensch und Umwelt: alt Nationalrat Ruedi Aeschbacher

                                                                                                                                                                                                                 11
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IM FOKUS: DAS NORDISCHE MODELL - EINE LÖSUNG FÜR DIE SCHWEIZ?

     SEXINDUSTRIE FLORIERT DANK FREIERNACHFRAGE
        Die Schweiz ist in Sachen Pro­sti­tu­tion eines der libe­rals­ten Län­der Euro­pas. Die jähr­lich bis zu einer Mil­li­arde Pro­fit
        machen dabei nicht die meist aus­län­di­schen Pro­sti­tu­ier­ten. Diese lan­den meist aus Zwangs­si­tua­tio­nen her­aus im
        Milieu und tra­gen lebens­lang die kör­per­li­chen und psy­chi­schen Fol­gen. Kann das Nor­di­sche Modell, bestehend aus
        Aus­stiegs­hil­fen für Pro­sti­tu­ier­te, Kri­mi­na­li­sie­rung der Freier und Auf­klä­rungs­ar­beit, die Situa­tion der Betrof­fe­nen
        in der Schweiz nach­hal­tig ver­bes­sern oder gibt es wirk­same Alter­na­ti­ven? Diese Frage stand im Zen­trum der Fokus­
        ta­gung der EVP Schweiz mit hoch­ka­rä­ti­gen Refe­ren­tin­nen und Refe­ren­ten aus der Schweiz und aus Schwe­den.

     Zunächst ver­mit ­tel­ten Refe­ren­tin­
     nen und Refe­      ren­
                           ten einen Über­
     blick über die Schwei­zer Pro­s ti­tu­-
     ti­
       ons­ szene. Der Chef der Ber­       ner
     Frem­den­po­li­zei, Alex­an­der Ott stell-
     te das Melde-, Bewilligungs- und
     Kon­troll­ver­fah­ren vor, mit dem die
     Stadt Bern u.a. mit obli­ga­to­ri­schen
     Erst­ge­sprä­chen, Umfeld­ab­klä­run­
     gen, Milieu­kennt­nis und inter­kul­tu­
     reller Kom­pe­tenz sowie koor­di­nier­
     tem Vor­ge­hen der invol­v ier ­ten
     Behör­   den ver­ sucht, die Rolle der
     «inter ­ve­nie­ren­den und ver­mit ­teln­
     den Verwaltung» einzunehmen. Er
     zeigte auch die Ursa­chen der Pro­
     sti­tu­tion auf wie Armut, Bil­dungs­
     ferne oder feh­lende Per­spek ­ti­ven
     in den Her­kunfts­län­dern. Die              Kontrovers wurden verschiedene Handlungsansätze auf dem Podium diskutiert.
     Schweiz müsse end­lich nicht mehr            Zuhäl­te­rei und Aus­beu­tung mit vor       xu­el­ler Gewalt sowie Drogen- oder          vor­s tellte. Häggs­tröm benannte
     nur über die Sex­ar­beit dis­ku­tie­ren,     Gericht verwertbaren Beweisen zu            Alko­hol­ab­hän­gige. «Die Demü­ti­gung      die Freier als wesent­li­che Trei­ber
     son­ dern auch über die nicht ziel­          belegen. In einem Video-Beitrag             durch sexu­elle Gewalt ist so ver­hee­       für den Men­     schen­ han­ del – denn
     füh­ ren­ den Dis­ kurse, die dazu ge-       zeigte Psy­cho­the­ra­peu­tin und Ex-       rend wie Fol­ter», zitierte Plaza aus        ohne deren Nach­frage nach Frauen
     führt wer­den.                               Prostituierte Anna Schrei­      ber auf,    dem Scelles-Report. Zwi­        schen 85     und Kin­dern für sexu­elle Zwe­cke
     Peter Wid­mer, Co-Gründer des Ver-           was die Arbeit als Pro­s ti­tu­ierte mit    und 95 Pro­zent der Men­schen, die           würde die glo­bale Sex­in­dus­trie
     eins Heart­wings, zeigte den All­tag         der Psy­che einer Frau macht.               sich pro­s ti­tu­ier ­ten, woll­ten dem­     nicht flo­rie­ren und expan­die­ren.
     der jun­gen Mäd­chen und Frauen im           Die Co-Geschäftsführerin der Frau­          nach damit auf­hö­ren. Plaza stellte         Das Pro­s ti­tu­ti­ons­ver­hal­ten schwe­
     Milieu mit Still­schwei­ge­ge­bot, Ge-       en­zen­trale Zürich, San­dra Plaza be-      den Tagungs­teil­neh­men­den das             di­scher Män­ner habe sich über die
     walt, Druck, Geld­ab­gabe und hor­           zif­ferte die Lebens­er­war­tun­gen der     Nor­  di­sche Modell vor mit sei­     nen    Jahre signi­fi­kant ver­än­dert. Auch
     ren­der Abzo­cke: «Hin­ter fast jeder        Pro­s ti­tu­ier­ten auf zwi­schen 35 und    Säu­len Ent­kri­mi­na­li­sie­rung aller      die Zustim­mung zur Frei­er­be­s tra­
     Frau steht heute ein Sys­tem, das            40 Jah­re. Meist sind es Ange­hö­rige       Frauen in der Pro­s ti­tu­tion, Kri­mi­na­   fung sei in den Jah­      ren zwi­  schen
     finan­zi­ell davon pro­fi­tiert», so Wid­    eth­ni­scher Min­der­hei­ten, dis­kri­mi­   li­sie­rung aller Pro­fi­teure wie Freier,   1996 und 2008 von etwas über 30
     mer. Poli­zei und Opfer­hil­fe­s tel­len     nierte Flücht­linge, Asy­lan­ten ohne       Zuhäl­ter und Bor­dell­be­trei­bende,        Pro­zent auf über 70 Pro­zent gestie­
     schei­ter­ten oft daran, die fak­ti­sche     Auf­ent­halts­be­wil­li­gung, Opfer se-     Aus­s tiegs­hil­fen, Auf ­klä­rung und       gen.
                                                                                              Öffent­lich­keits­ar­beit. Noemi Grüt­       Die anschlies­sende Podi­ums­runde,
                                                                                              ter von Amnesty Inter­na­tio­nal stell-      zu der FIZ-Geschäftsführerin Lelia
                                                                                              te dem die Kri­    tik am Nor­    di­
                                                                                                                                  schen    Hun­zi­ker sowie Natio­nal­rä­tin Mari­
                                                                                              Modell gegen­über. Die Pro­s ti­tu­tion      anne Streiff sties­sen, dis­ku­tierte,
                                                                                              werde durch ein Sex­kauf ­ver­bot            wel­che der gehör ­ten Hand­lungs­an­
                                                                                              nicht redu­ziert, son­dern nur in den        sätze für die Schweiz nutz­bar ge-
                                                                                              Unter­grund ver­la­gert, wodurch Ge-         macht wer­den könn­ten bzw. wel­
                                                                                              walt und Unsi­cher­heit für die Sex­         che Anpas­sun­gen oder Alter­na­ti­-
                                                                                              ar­bei­ten­den noch ver­s tärkt wür­         ven es bräuchte. Existenzsichernde
                                                                                              den.                                         Aus­s tiegs­pro­gramme, Hil­fe in den
                                                                                              Der schwe­di­sche Poli­zei­in­spek ­tor      Her­kunfts­län­dern sowie Öffent­
                                                                                              und mehr­fa­che Buch­au­tor zum              lich­keits­kam­pa­gnen stan­den dabei
                                                                                              Thema Simon Häggs­            tröm aus       unter ande­rem im Fokus.
                                                                                              Stock­holm ent­kräf­tete diese Vor­
                                                                                              be­halte, indem er über die Erfah­
                                                                                              run­gen der Stock­hol­mer Poli­zei mit       DIRK MEISEL
                                                                                              20 Jah­ren Frei­er­be­s tra­fung berich­     LEITER KOMMUNIKATION EVP CH
     Sieht die Freier in der Verantwortung: Der Stockholmer Polizeiinspek-                    tete sowie Eva­lua­ti­ons­er­geb­nisse       dirk.meisel@evppev.ch
     tor und mehrfache Buchautor zum Thema Simon Häggström

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                                                                                         NRº 4        November 2021
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