ERFOLGREICHE HALBZEITBILANZ FÜR MENSCH UND UMWELT
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NRº4 November 2021 Aktuelle Informationen der Evangelischen Volkspartei Foto: Rebekka Suter ERFOLGREICHE HALBZEITBILANZ FÜR MENSCH UND UMWELT Im Jubiläumsjahr 2019 durfte die EVP Schweiz bei den eidgenössischen Wahlen mit drei statt bisher zwei Mandaten im Nationalrat Einsitz nehmen. Die Bilanz zur Halblegislatur 2021 kann sich sehen lassen. Das EVP-Engagement im Rat und die daraus resultierenden Erfolge stärkten Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Menschenwürde in der Schweiz. 3001 Bern A.Z.B. Einen Vorstoss für mehr Ressourcen mit jungen Ratsmitgliedern anderer der CO2-Abgabe, für umweltver- im Kampf gegen den Menschenhan- Parteien gelang es, in letzter Minute trägliche Zigarettenfilter sowie für del überwies die Mehrheit des Natio- eine Verschärfung des Zivildienstes ein Recht auf eine gesunde Umwelt nalrates ebenso an den Ständerat kurz vor der Schlussabstimmung und eigene Rechte für die Natur. wie Motionen, die längere Garantie- noch zu verhindern. Die Förderung der Freiwilligenar- fristen für eine erhöhte Lebensdauer beit, massvolle Covid-19-Massna- elektrischer Geräte oder ein nationa- Engagement mit Herzblut men sowie die Rechte von Men- les Haus der Frauen fordern. Einen Auch mit ihren weiteren Vorstössen schen mit Behinderungen waren Vorstoss zur Prüfung neuer Pflege- setzten sich die EVP-Ratsmitglieder ebenfalls Themen, für die sich die modelle nahm der Rat ebenso an wie während der ersten Hälfte der Legis- Ratsmitglieder der EVP ebenso en- ein Postulat für eine schweizerische latur für mehr Gerechtigkeit, Nach- gagierten wie für mehr Biodiversität Strategie für Afrika. haltigkeit und Menschenwürde ein. sowie gegen Pestizide und das In- Mit Geduld und Kompromissbereit- So etwa mit Motionen für einen eige- sektensterben. Auch setzten sie sich schaft konnten griffige Gegenvor- nen Straftatbestand bei Arbeitsaus- für den Schutz Jugendlicher vor Por- schläge zu den beiden Initiativen für beutung, zur Einführung des Nordi- nografie im Internet, religiöser und mehr Transparenz in der Politik und schen Modells gegen sexuelle Aus- ethnischer Minderheiten in Sri Lan- gegen Waffenexporte in Bürger- beutung, für die Förderung des sozi- ka sowie der Menschen in Bergkara- kriegsländer erfolgreich durch beide alen Unternehmertums, aber auch bach ein. Räte gebracht werden. Zusammen für die Befreiung von Bio-Gas von ORGANSPENDE 2 PFLEGENOTSTAND 4−5 PROSTITUTION 12 Nach dem Tod automatisch Or- 40 (!) Prozent der Pflegenden Der schwedische Polizeiinspek- ganspender? Das soll das Volk steigen ausgebrannt aus. Wie tor Simon Häggström zeigte am entscheiden. Die EVP unter- die Pflegeinitiative das ändern Fokustag, wie das Nordische stützt das Referendum. will − das Interview. Modell funktioniert.
EDITORIAL PAROLEN DARÜBER MUSS DAS VOLK Beschlossen von der Delegiertenversammlung vom ENTSCHEIDEN! 18. September 2021 für die Abstimmungen vom 28. November 2021: Heute dürfen in der Schweiz einer verstorbenen Person nur dann Organe entnommen werden, Foto: Rebekka Suter wenn diese dazu ihr Einverständ- nis erklärt hat. In der Schweiz fehlt es allerdings an lebensrettenden Or- VOLKSINITIATIVE «FÜR EINE ganen. Allein 2019 standen mehr als STARKE PFLEGE» (PFLEGEINITIA- JA 1 400 Menschen auf der Warteliste für ein TIVE) passendes Organ – und nicht für alle kam es rechtzeitig. Heute kann man seine Bereitschaft zur Spende unter anderem im Nationalen Organspenderegister oder in einen Organspen- deausweis eintragen. Doch nur Wenige tun dies. Auch die An- gehörigen kennen den Willen der verstorbenen Person häufig nicht. Aufgrund dieser Situation wurde eine Volksinitiative COVID-19-GESETZ JA eingereicht, welche die sogenannte Widerspruchslösung ein- führen will: Den Verstorbenen dürfen prinzipiell Organe ent- nommen werden, es sei denn, sie haben sich zu Lebzeiten ex- plizit dagegen ausgesprochen. Das Parlament verabschiedete in der Herbstsession einen Gegenvorschlag, die erweiterte Widerspruchslösung: Die Angehörigen müssen vor der Ent- VOLKSINITIATIVE «BESTIM- nahme befragt werden, so dass sie den Willen der verstorbe- nen Person einbringen können. MUNG DER BUNDESRICHTERIN- NEIN NEN UND BUNDESRICHTER IM LOSVERFAHREN JA Der Handlungsbedarf steht ausser Frage: Die grundsätzliche Bereitschaft zur Organspende ist laut Umfragen vorhanden, (JUSTIZ-INITIATIVE)» doch zu wenig dokumentiert. Auch herrscht ein Informations- defizit. Doch die Widerspruchslösung, selbst die erweiterte, wäre nicht nur ein Paradigmenwechsel, sondern auch ein massiver Eingriff in die körperliche Integrität der Menschen. Mit dieser neuen Regelung würde auch der Druck auf die An- gehörigen massiv erhöht. r und Ih e n Si leich! Wir EVP-Ratsmitglieder hatten uns für das sogenannte Erklä- Unterschriften sammelt, rungsmodell eingesetzt: Jeder und jede würde regelmässig damit das Referendum eibe g : (zum Beispiel bei der Passverlängerung oder beim Hausarzt) zustande kommt. r schr besten BÖGEN rucken e Unt ld am RIFTENnd Aus e d motiviert, sich mit der Frage der persönlichen Organspende fe H u d auseinanderzusetzen und seinen Willen dann auch zu erklä- Herzlich Um TERSC nload nspen ter: ren. Diese Lösung, die auch die nationale Ethikkomission vor- UN Dow /orga e un i schlug, hatte leider im Parlament keine Chance. zum pev.ch llen S r p te e h ev r bes 71 o pev.c d de 7 1 e v p Ein Referendum, unter anderem mit Marianne Streiff im o 351 at@ Co-Präsidium, sammelt nun Unterschriften gegen die erwei- Lilian Studer 031 retari terte Widerspruchslösung. Es ist zentral, dass das Volk über sek eine derart gewichtige, zutiefst persönliche Frage abstimmen kann. Herzlichen Dank, dass Ihr in Eurem Umfeld tatkräftig IMPRESSUM EVP SOCIAL MEDIA AKZENTE: Publikationsorgan der Evangeli- Chefredaktion und Grafik: Dirk Meisel schen Volkspartei der Schweiz (EVP) Das Abonnement erneuert sich jährlich auto- Adressen und Aboverwaltung: Sara Schnegg, matisch, wenn es nicht zwei Monate vor Ablauf 031 351 71 71 gekündigt wird. CHF 15.– / Jahr facebook.com/evppev Druck und Vertrieb: Jordi AG, Belp Herausgeber: EVP Schweiz, PF , 3001 Bern, Copyright: 031 351 71 71, info@evppev.ch, evppev.ch Wiedergabe mit Genehmigung der EVP gestattet. @evppev An dieser Ausgabe haben mitgearbeitet: François Bachmann, Nik Gugger, Philippe Messerli, Dirk Meisel, Daniel Reuter, Yvonne Ribi, evppev Roman Rutz, Sara Schnegg (Lektorat), Philippe Siraut, Marianne Streiff, Lilian Studer, Mark Wisskirchen Herzlichen Dank allen! 2 NRº 4 November 2021
KOMMENTAR FORTSETZUNG SEITE 1 HALBZEITBILANZ Unschlagbar im Brückenbauen Dabei agierten unsere Ratsmitglie- der offenbar ganz im Gei ste der Gründungsväter der EVP: Zur Halb- zeit der Legislatur belegte im August eine erstmals durchgeführte breit angelegte Auswertung von CH Me- Foto: zVg dia: Die zwei grössten Brückenbau- enden unter den 200 Nationalrätin- «Ihr werdet frei sein...» nen und Nationalräten heissen Nik Anhänger einer hemmungslo- Gugger und Marianne Streiff von der sen Liberalisierung verspre- EVP! Sie seien unschlagbar «Meister chen in unserer westlichen darin, politische Brücken zu bauen». Welt Freiheit auf allen Ebe- Dabei war ausgewertet worden, wie nen. Nach dem Abbau der Foto: Rebekka Suter viel parteiübergreifende Unterstüt- Handelshemmnisse wird nun zung sich die Politikerinnen und Poli- die Gesellschaft liberalisiert. tiker via Unterschriften unter ihre Selbst ehemals christliche Vorstösse gesichert hatten, indem Parteien und religiöse Institu- sie auf Ratsmitglieder anderer Par- tionen passen sich wertemäs- Der Brückenbauerindex belegt: Die EVP-Ratsmitglieder überzeugen teien zugingen und diese für ihre sig an oder schweigen, der- im Nationalrat immer wieder mit ihren Brückenbauer-Qualitäten. Anliegen überzeugten. weil sich der Raubbau am folgt: 2020 in 6 von 9 Abstimmungen, zu sein: Die Wahlbefragung von SRF Planeten, Menschenhandel, Zünglein an der Waage 2021 bisher nur in 2 von 10. im Oktober 2021 bescheinigt der EVP Arbeitsausbeutung und An- Bei knappen Entscheidungen im Rat Besonders bei knappen Abstim- einen stabilen Wähleranteil und bei griffe auf Andersdenkende wird oft «vom Zünglein an der Waa- mungsresultaten kann die Wähler- den kantonalen Wahlen steht die EVP ausbreiten. Resonanz unter ge» gesprochen. Mit drei Sitzen mit- basis der EVP auch mal eine Abstim- mit 6 Sitzgewinnen neben Grüne Gleichgesinnten auf «Social» ten im politischen Zentrum sind es mung entscheiden. 2020 wurde das und glp auf dem Podest. Während Media lässt uns abstumpfen. immer wieder mal die drei EVP-Nati- Jagdgesetz äusserst knapp abge- alle anderen Parteien Mandate ver- Was können wir schon tun für onalratsmitglieder, deren Stimmen lehnt, die Beschaffung der Kampf- loren, konnte die EVP als einzige Par- Flüchtlinge auf dem Mittel- eine Entscheidung ausmachen. Da- flugzeuge sowie die Konzernverant tei ohne «grün» im Namen Sitze da- meer, Bürgerkriegsopfer im bei ist die Rechnung einfach: Ändert wortungs-Initiative (beim Volks- zugewinnen. Für die EVP wichtig Mittleren Osten, religiös Ver- sich ein Abstimmungsresultat, wenn mehr), knapp angenommen. Bei al- sind nun die Berner Wahlen im März folgte in China oder vom Mee- die drei EVP-Ratsmitglieder anders len diesen Abstimmungen dürfte 2022, wo um jeden einzelnen der 10 resanstieg bedrohte Men- gestimmt hätten, waren die EVP- die EVP-Basis die Abstimmungen in Sitze gekämpft werden muss – da- schen in Bangladesh? Sogar Stimmen für den Ausgang der Ab- die eine oder andere Richtung ent- mit die positive Bilanz hoffentlich hinter den Massnahmen zur stimmung entscheidend (natürlich schieden haben. auch in die zweite Legislaturhälfte Eindämmung der COVID-Pan- können das auch andere Gruppen mitgenommen werden kann. demie wittern wir − dank der für sich in Anspruch nehmen). In die- Erfolgreiche Bilanz bei kantona- Hosentaschen-Einflüsterer − ser Legislaturhälfte war dies insge- len Wahlen eine Verschwörung gegen un- samt 50 Mal der Fall. Prominenteste Parteistrategen und Medienkonzer- sere sakrosankte individuelle Abstimmung war dabei eine umstrit- ne bestimmen anhand von Wahlbe- «Freiheit»! Den gigantischen tene Regelung bei den Kriegsmateri- fragungen und kantonalen Wahlre- finanziellen und ökologischen alexporten. Die Abstimmung mach- sultaten seit den letzten National - ROMAN RUTZ Schuldenberg, den wir durch GENERALSEKRETÄR EVP CH te schliesslich den Rückzug der ratswahlen den Formstand der Par- unser verantwortungsfreies roman.rutz@evppev.ch Korrektur-Initiative möglich. teien. Die EVP scheint gut im Schuss Haushalten aufhäufen, über- sehen wir dabei geflissent- Bilanz Volksabstimmungen Anzeige lich... Als EVP sind wir politisch Politologen werten gerne aus, wie oft − und als Nachfolger Jesu auch Parteiparolen mit den Ergebnissen privat − gefordert, dafür ein- bei Volksabstimmungen überein- zustehen, dass Gerechtigkeit, stimmen, wie oft also eine Partei Nachhaltigkeit und Men- «richtig gelegen ist» mit ihrer Parole. schenwürde nicht auf dem Al- Selbstverständlich fasst die jeweilige tar dieser falschen «Freiheit» Delegiertenversammlung der EVP geopfert werden. Unbequem? ihre Parolen nicht nach der mut- Durchaus. Aber notwendig − masslichen Volksmeinung, sondern aus Leidenschaft für Mensch vielmehr nach den eigenen Werten und Umwelt! und Überzeugungen – und die wei- FRANÇOIS BACHMANN chen denn immer auch mal wieder VIZEPRÄSIDENT EVP CH mutig von der Mehrheit in der Bevöl- f.bachmann@gmail.com kerung ab. Allzu oft ist das Volk denn auch nicht den Parolen der EVP ge- 3 November 2021 NRº 4
IM GESPRÄCH: YVONNE RIBI, BERUFSVERBAND DER PFLEGEFACHPERSONEN «VIELE PFLEGENDE SIND AUSGEBRANNT UND SEHEN KEINE PERSPEKTIVE MEHR IN IHREM BERUF.» Emotional erschöpfte und desillusionierte Pflegefachkräfte steigen scharenweise aus ihrem Beruf aus - und dies nicht erst seit Corona. Yvonne Ribi, Geschäftsführerin des Berufsverbands über die eigenen Nächte an der Front, die Gründe für den Massenexodus, weshalb sich die Pflegeinitiative menschlich wie wirtschaftlich lohnt und der Gegenvorschlag nicht ausreicht. en Berichte bestätigen das. Die Zah- Der Gegenvorschlag des Parla- lungen. len konnten zwar gesteigert werden, ments nimmt wesentliche Anlie- Kritiker befürchten, dass bei einer reichen aber bei weitem nicht aus, gen der Initiative auf, wie z.B. die Annahme der Initiative das ent- um den zusätzlichen Bedarf zu de- Ausbildungsoffensive. Sie sind je- sprechende Umsetzungsgesetz cken. doch der Meinung, er reicht nicht. mehrere Jahre dauern dürfte, Weshalb? während der Gegenvorschlag so- 40 Prozent der Pflegefachkräfte Der Gegenvorschlag beinhaltet v.a. fort greifen würde. Wäre hier nicht verlassen ihren Beruf frühzeitig. eine Ausbildungsoffensive, um ge- der Spatz in der Hand hilfreicher Welche Gründe nennen die Betrof- gen den Pflegenotstand vorzugehen. als die Taube auf dem Dach? Foto: zVg fenen für ihren Ausstieg? Massnahmen, damit die Ausgebilde- Die Umsetzung der Ausbildungsof- Hauptgrund ist die emotionale Er- ten im Beruf bleiben und die Pflege- fensive im Gegenvorschlag dürfte schöpfung. Wir müssen leider davon qualität gesichert wird, fehlen gänz- wegen fehlender gesetzlicher Grund- Yvonne Ribi, 45 ausgehen, dass die Pandemie diese lich. lagen in den Kantonen Jahre dauern! wohnhaft in Zürich, dipl. Pfle- Entwicklung weiter beschleunigt. Vie- Wir haben in den Übergangsbestim- gefachfrau HF, MBA in Manage- le Pflegende sind ausgebrannt und Aber löst der Gegenvorschlag mungen der Initiative dagegen fest- ment von Nonprofitorganisati- sehen keine Perspektive mehr in ih- nicht zumindest diejenigen Pro- gelegt, dass Massnahmen gegen den onen, seit 2012 Geschäftsfüh- rem Beruf. bleme, die auf Bundesebene ange- Mangel an Pflegefachpersonen in- rerin vom SBK, dem Berufs- gangen werden können? Elemente nerhalb von 18 Monaten vom Bun- verband der Pflegefachperso- Welche Massnahmen bräuchte es, wie Arbeitsbedingungen, Schicht- desrat erlassen werden müssen. nen um diese frühzeitigen Ausstiege pläne oder Löhne sind doch Ange- zu verhindern? legenheit der Sozialpartner, Spitä- Welche Entwicklungen sehen Sie, Die wohl wichtigste Massnahme ist, ler und Kantone? wenn die Initiative abgelehnt dass die Pflegenden mehr Zeit für die Der Bund setzt den Rahmen für die wird? Frau Ribi, Sie selbst sind diplomier- Patientinnen und Patienten haben Arbeitsbedingungen. Beispielsweise Dann steht die pflegerische Versor- te Pflegefachfrau. Erinnern Sie sich und die kranken, verunfallten oder sind das Arbeitsgesetz mit seinen gung in der Schweiz auf dem Spiel. aus Ihrer Zeit an der Front an Über- sterbenden Menschen fachlich so Verordnungen und das Obligationen- Patienten sind in Gefahr, wenn nicht lastungssituationen im Spital, die pflegen können, wie es ihre Situation, recht Bundesgesetze! Zudem gibt genügend gut ausgebildetes Pflege- Ihnen eingefahren sind? aber auch unser Berufsethos ver- das KVG die Finanzierungssysteme personal vorhanden ist. Es geht bei Ja sicher, das gab es oft. Ich erinnere langt. Deshalb braucht es den Grund- im Gesundheitswesen vor. Sowohl unserem Beruf um kranke und ver- mich an Nacht- oder Spätdienste, bei satz einer Verhältniszahl zwischen das Parlament als auch der Bundes- unfallte Menschen, nicht um Maschi- denen ich allem hinterher gerannt Pflegenden und Patienten im Gesetz. rat haben hier ganz klar Verant - nen. bin, keine Zeit hatte für die Patientin- Nationale und internationale Studien wortung zu übernehmen, um die nen und Patienten, an Notfall- und zeigen klar, dass wenn im Spital rund teils desolate Situation zu lösen. Den INTERVIEW: DIRK MEISEL Reanimationssituationen, die ich lan- 80% der Pflegeleistungen von Pflege- Arbeitgebern und Kantonen allein ist LEITER KOMMUNIKATION EVP CH dirk.meisel@evppev.ch ge nicht verarbeitet habe. Der Unter- fachpersonen erbracht werden, die dies in den letzten 15 Jahren nicht ge- schied zwischen damals und heute Komplikationen bei den Patienten liegt darin, dass solche Stresssituati- abnehmen, die Liegedauer sinkt und onen heute Alltag sind. sogar die Sterblichkeit bei den Patien- ten reduziert wird. Das lohnt sich Die Covid-19-Pandemie hat Spitä- menschlich und finanziell. ler und Pflegende für alle sichtbar Genauso wichtig ist, dass sich die Ar- an den Anschlag gebracht. Heisst beitsbedingungen verbessern. Hier das, die angespannte Situation be- geht es zum Beispiel um eine ver- ruhigt sich wieder, wenn Corona bindliche Zeit- und Dienstplanung, endlich durch ist? um die Vereinbarkeit von Familie Im Gegenteil. Die Pandemie hat die und Beruf. Diese Massnahmen kön- Probleme öffentlich sichtbar ge- nen aber nur umgesetzt werden, Foto: pixabay.com macht, die in der Pflege seit Jahren wenn die Betriebe genügend finanzi- bestehen. Beispielsweise wissen wir elle Mittel haben. Und hier ist der aus den Berichten der Gesundheits- Bund zuständig, denn er setzt über direktorenkonferenz und Odasanté die Finanzierungssysteme im Ge- seit 2009, dass wir viel zu wenig Pfle- sundheitswesen die entsprechen- Genügend Pflegefachpersonen lohnen sich menschlich und finanzi- gefachpersonen ausbilden. Die neu- den Leitplanken. ell: Weniger Komplikationen, sinkende Liegedauer und Sterberate. 4 NRº 4 November 2021
IM GESPRÄCH: NIK GUGGER, EVP, AUSSENPOLITISCHE KOMMISSION DES NATIONALRATES «WIR MÜSSEN SO SCHNELL WIE MÖGLICH EINEN WIE- DERANNÄHRERUNGSPROZESS MIT DER EU ERÖFFNEN.» Das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU konnte so, wie es vorlag, nicht unterschrieben werden. Die Verhand- lungen jedoch ohne einen Plan B abzubrechen, hält EVP-Aussenpolitiker Nik Gugger für riskant. Jetzt brauche es schnellst- möglich eine Wiederannäherung sowie einen grundlegenden Prozess zum Aufbau gegenseitigen Verständnisses − und ein zwischenzeitliches Abkommen, damit der Schweiz in den nächsten Wintern nicht der Strom ausgeht. Nik, nachdem der Bundesrat das ale Konsistenz der Schweiz weitge- Rahmenabkommen mit der EU hend übergeht, zeugt ebenfalls von platzen liess, sagt diese klar: wenig Verstehen und Verständnis – Ohne diesen Rahmenvertrag wer- ebenso wie die unter Nachbarn frag- de es keine neuen Abkommen ge- würdigen Drohungen und Sanktio- ben und die bisherigen bilatera- nen, etwa bei der Börsenäquivalenz len Abkommen würden veralten oder beim Abbau der technischen und nicht mehr erneuert. War es Handelshemmnisse. Fotos: pixabay.com richtig, die Verhandlungen um Dieses gegenseitige Unverständnis das Rahmenabkommen einseitig war wohl der Hauptgrund für den abzubrechen? Abbruch der Verhandlungen – und Das Verhältnis zwischen der Schweiz konnte auch nicht durch punktuelle und der EU erscheint verworrener Korrekturen am Entwurf behoben Es braucht eine solide Grundlage gegenseitigen Verstehens für eine denn je. Nach jahrelangen Verhand- werden. Selbst wenn die EU in ein- nachhaltige Zusammenarbeit zwischen der EU und der Schweiz. lungen erkannte der Bundesrat, zelnen Punkten Zugeständnisse ge- dass der vorliegende Vertragsent- macht hätte, wäre das erhebliche Und wie soll das konkret ausse- eine Chance für ein Abkommen wurf in der Schweiz nicht mehr- Risiko eines nachträglichen Volks- hen? weiterbestehen bleibt. Parallel zu heitsfähig ist und brach die Ver- Neins an der Urne bestehen geblie- Das könnten in der Schweiz öffent- diesem Prozess müsste ein zwi- handlungen, für viele und auch für ben – und ein solches negatives liche Veranstaltungen sein, an de- schenzeitliches Abkommen mit der mich überraschend, Ende Mai ab. Verdikt hätte das Verhältnis zwi- nen zum Beispiel hochrangige Ver- EU geschlossen werden, das Ver- Dass das institutionelle Rahmenab- schen der Schweiz und der EU noch treter aus Politik, Wirtschaft und handlungen zum Beispiel im Strom- kommen in der vorgeschlagenen mehr beschädigt und die Verhand- Wissenschaft aus der EU und der bereich ermöglicht. Die Schweizer Form nicht unterschrieben werden lungen zwischen den beiden Partei- Schweiz nicht nur die Europäische Stromwirtschaft befürchtet ande- kann, ist nachvollziehbar. Anderer- en um Jahre zurückgeworfen. Union diskutieren, sondern auch renfalls in den nächsten Jahren im seits hätte ein Abbruch der Ver- das europäische Umfeld z.B. den Winter mehrtägige Strom-Blackouts, handlungen aus meiner Sicht nicht Wie geht es jetzt weiter? Über- EWR und die EFTA sowie deren wirt- also Versorgungsengpässe mit ver- ohne einen Plan B erfolgen dürfen. nehmen jetzt die Parlamentarier schaftliche und politische Bedeu- heerenden wirtschaftlichen und so- das Zepter, weil der Bundesrat tung für die Schweiz. Andererseits zialen Folgen. Weshalb ist es so weit gekom- versagt hat? braucht es solche Veranstaltungen men? Ich denke, dass nun so schnell wie bei den massgeblichen Institutio- Die bisherigen Verhandlungen, der möglich ein Wiederannäherungs- nen in Bern und Brüssel, um die Abbruch und auch die öffentlichen prozess mit der EU eröffnet werden Schweiz und ihr föderalistisches, Diskussionen darüber zeigen im muss und da sind alle gefordert. direktdemokratisches System so- INTERVIEW: DIRK MEISEL Grunde ein tiefes gegenseitiges Un- wie ihre geo- und wirtschaftspoliti- LEITER KOMMUNIKATION EVP CH dirk.meisel@evppev.ch verständnis. Es stimmt mich nach Welche konkreten Handlungsop- sche Situation vorzustellen. Die di- denklich, wie wenig wir hier in der tionen siehst du, um dem Ver- plomatischen Vertretungen in der Schweiz über unseren wichtigsten hältnis EU – Schweiz wieder eine Schweiz, insbesondere auch der Handlungspartner wissen. Sei es stabile Basis zu geben? osteuropäischen EU-Länder, soll- über die Geschichte, die Zielsetzun- Angesichts des Unverständnisses ten dabei ebenfalls einbezogen gen oder das Funktionieren der EU auf beiden Seiten macht es aus mei- werden. Informations- und Wis- und ihres Binnenmarktes, sei es ner Sicht Sinn, dass der Bundesrat sensvermittlung an den Schulen, über ihre Strukturen und Institutio- die EU einlädt, zusammen mit der Partnerschaften und Schüleraus- nen, aber auch über ihre Bedeu- Schweiz einen Prozess zur Verbes- tausche wären ebenfalls sehr be- tung und Verdienste für Europa. serung des gegenseitigen Verständ- ziehungsfördernd. Foto: zVg Die meisten von uns kennen nicht nisses einzuleiten. Das ist dringend einmal die Unterschiede zum EWR notwendig. EU-Vertreter sprechen Aber wirken solche Massnahmen oder der EFTA. Das ist schon er- sogar von Feindbildern, die in der nicht eher langfristig? nüchternd. Schweiz im Verhältnis zur EU aufge- Das ist auch das Ziel, denn nur so Nik Gugger, 51 Dass auf der anderen Seite die EU stellt werden und von gegenseitiger kann eine solide Grundlage für eine wohnhaft in Winterthur, die Bedeutung der Souveränität Entfremdung. Es geht darum, mit ge- nachhaltige Zusammenarbeit ge- Nationalrat EVP, Mitglied der des Schweizer Volkes für dessen meinsamen Aktionen in der Schweiz schaffen werden. Der Bundesrat Aussenpolitischen Kommission Selbstbewusstsein, aber auch die und in Brüssel auf eine gegenseitige muss nun sofort in diesem Sinne und des Europarates politische, wirtschaftliche und sozi- Sensibilisierung hinzuwirken. handeln, damit überhaupt noch 5 November 2021 NRº 4
EIDGENÖSSISCHE VOLKSABSTIMMUNG EIDGENÖSSISCHE VOLKSABSTIMMUNG I: IIIDIE PFLEGEINITIATIVE DER PFLEGENOTSTAND IST REALITÄT. ES BRAUCHT DIE NACHHALTIGEN LÖSUNGEN DER INITIATIVE Kaum ist der Applaus auf den Balkonen für das Pflegepersonal in der Covid-19-Pandemie verhallt, stimmen wir am 28. November über die Pflegeinitiative ab. Diese wurde jedoch nicht etwa als Reaktion auf die ausserordentliche Krise lanciert, sondern bereits 2017. Denn der drohende Pflegenotstand zeichnet sich schon lange ab. Wird die Ini- tiative abgelehnt, tritt ein Gegenvorschlag des Parlaments in Kraft. Dieser nimmt jedoch nur zwei der vier Anliegen der Initiative auf. An der chronischen Überlastung der heute tätigen Pflegenden, ihren schwierigen Arbeitsbedin- gungen und den zahlreichen Berufsausstiegen würde er gar nichts ändern. Deshalb braucht es ein Ja zur Initiative. Im Wesentlichen sind es drei Grün- te wäre das schweizerische Gesund- de, die zum heutigen Mangel an heitssystem längst nicht mehr Pflegepersonal geführt haben: funktionsfähig. Die Ursachen 3. Die geringe Verweildauer im Beruf: 1. Der wachsende Pflegebedarf: 40 (!) Prozent der Pflegefachkräfte Dank besserer Lebensbedingungen verlassen ihren Beruf frühzeitig, da- und Fortschritten in der Medizin von ist ein Drittel jünger als 35 Jahre. steigt unsere Lebenserwartung. Die Mitte 2020 waren 7900 Stellen im Zahl der über 65-Jährigen wächst in Pflegewesen als vakant ausgeschrie- den nächsten 30 Jahren nach Be- ben. Zu wenig Pflegende müssen zu Foto: pixabay.com rechnungen des Bundesamtes für viele Patientinnen und Patienten Statistik auf 2,7 Millionen (2014: 1,54 pflegen und versuchen, die Vakan- Millionen) und mit ihr auch die An- zen durch Überzeit zu kompensieren zahl pflegebedürftiger Menschen, oder indem sie wichtige Tätigkeiten auch derer, die chronisch oder mehr- wie Aus- und Übertrittsvorbereitun- Mit dem Gegenvorschlag bleibt die chronische Überlastung. fach erkrankt sind. gen oder Gespräche weglassen müs- Die Kernforderungen Der Gegenvorschlag 2. Der Fachkräftemangel: sen. Der Pflegenotstand ist also be- Die Volksinitiative «Für eine starke Der Gegenvorschlag des Parlaments Bis 2030 benötigt die Schweiz zusätz- reits Realität. Auch nach jahrelan- Pflege», kurz «Pflegeinitiative» stellt greift mit einer auf 8 Jahre begrenz- lich 65'000 qualifizierte Pflegende. gem Kampf um bessere Arbeitsbe- deshalb folgende Kernforderungen: ten Ausbildungsoffensive sowie der Seit 2014 hat sie jedoch nur 56 Pro- dingungen geschah politisch auf 1. Eine Ausbildungsoffensive, um eigenständigen Leistungsabrech- zent des jährlichen Pflegebedarfs Bundesebene leider nichts, weshalb mehr Pflegende auszubilden: Die nung lediglich zwei Anliegen der Ini- ausgebildet, bei den diplomierten die Initiative lanciert werden musste. Aus- und Weiterbildung in der Pflege tiative auf. Er ändert leider gar nichts Pflegefachpersonen gar nur 43 Pro- muss finanziell unterstützt werden. an der chronischen Überlastung zent. Ohne ausländische Pflegekräf- Es braucht zudem höhere Ausbil- der heute tätigen Pflegenden, ih- dungslöhne sowie attraktive An- ren schwierigen Arbeitsbedingun- WAS SPRICHT DAFÜR? schlussmöglichkeiten. gen und den vielen frühzeitigen 2. Genügend Pflegende auf allen Ab- Berufsausstiegen. Er beinhaltet kei- teilungen garantieren, um die Pflege- ne Massnahmen, um die Arbeitsbe- • Der Pflegenotstand ist • Einsparungen durch qualität zu sichern: Eine Pflegefach- dingungen der Pflegenden zu ver- Realität: Bereits heute Autonomie: Die ärztliche person soll nur für eine maximale bessern, die heute im Beruf tätig werden deutlich zu wenige Verschreibungspflicht für Anzahl von Patientinnen und Patien- sind. Es fehlen Massnahmen, um Pflegepersonen ausgebildet, typische Pflegeleistungen ist ten zuständig sein. Es geht darum frühzeitige Berufsausstiege zu ver- um den steigenden Bedarf zu ineffizient und teuer. Eine ei- Pflegequalität, Patientensicherheit, hindern und um die Pflegequalität decken. Es braucht dringend genverantwortliche Ab eine höhere Arbeitszufriedenheit zu sichern. Hinzukommt, dass die eine Ausbildungsoffensive. rechnung verhindert und damit eine längere Verweildauer Verbesserungen der Initiative erst administrative Leerläufe und im Beruf zu gewährleisten. noch schneller in Kraft treten wür- • Bessere Arbeitsbedingun- spart Kosten ein. 3. Arbeitsbedingungen verbessern, den als der Gegenvorschlag des Par- gen: Um die galoppierenden um Berufsausstiege zu verhindern: lamentes, da die Übergangsbestim- Berufsausstiege zu stoppen, • Gegenvorschlag reicht Es braucht eine verlässliche Zeit- und mungen der Initiative dies so fordert die Initiative bessere, nicht: Im Vergleich zur Dienstplanung, familienfreundliche festschreiben. Damit würden die GAV-konforme Arbeitsbedin- Initiative fehlen bessere Strukturen und berufliche Entwick- dringend nötigen Massnahmen ge- gungen, verlässliche Zeit- und Arbeitsbedingungen und ein lungsmöglichkeiten sowie eine leis- gen den Pflegenotstand entspre- Dienstpläne, familienfreundli- Personalschlüssel. An der tungsgerechte Entlöhnung, die den chend rascher greifen. che Strukturen und leistungs chronischen Überlastung hohen Anforderungen und der ho- Darum braucht es ein Ja zur Pflege gerechte Entlöhnung. der heute tätigen Pflegen- hen Belastung entspricht. initiative, fanden auch die Delegier- den und den frühzeitigen 4. Typisch pflegerische Leistungen ten der EVP Schweiz und fassten • Gesicherte Pflegequalität: Berufsausstiegen ändert sollen künftig eigenverantwortlich, einstimmig die Ja-Parole. Genügend Pflegepersonal ist sich nichts. So kann der ohne administrativen Leerlauf und zentral für Pflegequalität und Mangel an Pflegekräften MARIANNE STREIFF ärztliche Unterschrift abgerechnet NATIONALRÄTIN EVP Patientensicherheit. nicht gelöst werden. werden dürfen. marianne.streiff@parl.ch 6 NRº 4 November 2021
EIDGENÖSSISCHE VOLKSABSTIMMUNG EIDGENÖSSISCHE VOLKSABSTIMMUNG II: III COVID-19-GESETZ WICHTIGE GESETZLICHE GRUNDLAGE ZUR BEKÄMP- FUNG DER PANDEMIE UND IHRER FOLGEN Im Juni 2021 hat das Stimmvolk das Covid-19-Gesetz mit 60 Prozent gutgeheissen. Das Parlament aktualisiert das Gesetz fortlaufend nach Stand der Pandemie und Unterstützungsbedarf. Gegen die im März 2021 vorgenommenen Änderungen wurde ebenfalls das Referendum ergriffen, weshalb wir am 28. November erneut über das Gesetz ab- stimmen. Die Delegierten der EVP sagten im September deutlich Ja zum Covid-19-Gesetz. Bei dieser erneuten Abstimmung lichen und gesellschaftlichen Le- stimmen wir jedoch nur über die- bens festlegt und das Gesetz unnö- Teile des Gesetzes ab, die das Parla- tig und extrem sei. Sie stossen sich ment im März 2021 geändert hat: auch am Covid-Zertifikat, das Un- Es hat die Finanzhilfen auf Betroffe- geimpfte diskriminiere. Dabei er- ne ausgeweitet, die bis dahin nicht möglicht doch gerade das Zertifikat oder zu wenig unterstützt werden dank der 3-G-Optionen (Genesen, konnten. Es ermöglichte damit er- geimpft, getestet) Geimpften wie weiterte finanzielle Unterstützung eben auch Nicht-Geimpften wieder von krisengeschädigten Menschen an Veranstaltungen teilzunehmen Foto: pixabay.com und Unternehmen mit erweiterten und das Virus – und insbesondere Instrumenten und deutlich mehr eine Überlastung der Spitalkapazi- Geld, z.B. A-Fonds-perdu-Beiträgen. täten – trotzdem zu bekämpfen. Das Contact-Tracing zum Unterbre- Es ist zudem mit der EU kompatibel chen der Ansteckungsketten wurde und ermöglicht es dadurch Schwei- Das Covid-Zertifikat macht es möglich, dass Geimpfte und Ungeimpf- weiterentwickelt und es wurde fest- zerinnen und Schweizern, wieder te an Veranstaltungen teilnehmen können. gelegt, dass der Bund Covid-Tests ins europäischen Ausland zu reisen. fördern und sie finanzieren kann. Sollte das Stimmvolk die zur Abstim- LILIAN STUDER Zudem legte man die gesetzliche mung vorgelegten Änderungen ab- kämpfen und deren wirtschaftli- NATIONALRÄTIN lilian.studer@parl.ch Grundlage für die Impfstoffbeschaf- lehnen, würden lediglich die geän- chen Schäden einzudämmen. fung auch über einen längeren Zeit- derten Artikel am 19. März 2022 raum, ebenso für das vom Parla- ausser Kraft treten und nicht das ment geforderte Covid-Zertifikat im ganze Gesetz. Dies beträfe z.B. zu- WAS SPRICHT DAFÜR? Rahmen der 3-G-Strategie (genesen, sätzliche Taggelder für Arbeitslose, geimpft, getestet), um Auslandrei- die Ausweitung der Kurzarbeiter- • Krisenunterstützung: Die ohne Impfung sicher an sen zu erleichtern und bestimmte entschädigung oder die Entschädi- Gesetzesänderung enthält Veranstaltungen teilnehmen. Veranstaltungen wieder zu ermögli- gung für Veranstalter. Auch Co- wichtige finanzielle Unter- chen. Nationalrat (191:13) und Stän- vid-Zertifikate für Auslandsreisen stützung für krisengeschä- • Fehlende Alternativen: derat (44:0) hatten diese Änderun- könnten nicht mehr ausgestellt wer- digte Unternehmen, Selbst- Erneute Einschränkungen will gen im März 2021 deutlich angenom- den. Zudem wären die Programme ständige und Arbeitnehmen- niemand. Das temporäre men. zur Förderung wichtiger medizini- de. Zertifikat für Geimpfte, Die Gegner, die dagegen das Refe- scher Güter nicht mehr möglich. Genesene und Getestete ist rendum ergriffen, monierten, dass Die EVP-Delegierten sagten darum • Sichere Veranstaltungen: somit die Alternative, um die der Bundesrat die Kriterien und klar ja zum Covid-19-Gesetz. Das Ge- Dank dem Covid-Zertifikat Überlastung des Gesund- Richtwerte für Einschränkungen setz gibt aus ihrer Sicht eine wichtige können Menschen mit und heitssystems zu verhindern. und Erleichterungen des wirtschaft- Grundlage, die Pandemie zu be- Anzeige 7 November 2021 NRº 4
EIDGENÖSSISCHE EIDGENÖSSISCHE VOLKSABSTIMMUNG VOLKSABSTIMMUNG III III: JUSTIZ-INITIATIVE DAS BUNDESGERICHT IST UNABHÄNGIG Am 28. November stimmen wir über die sogenannte Justiz-Initiative ab. Sie will, dass Bundesrichter und Bundes- richterinnen künftig per Losverfahren bestimmt werden. Doch kann das Losglück sicherstellen, dass der oder die Kandidierende gewählt wird, die am besten geeignet ist? Die Delegierten der EVP Schweiz fanden nein und lehnten die Initiative daher deutlich ab. Heute werden Bundesrichterinnen setzen lassen oder ihre Urteile an und Bundesrichter durch die Verei- den Wünschen ihrer Partei ausrich- nigte Bundesversammlung gewählt. ten. Dass Parlament und Parteien Die Gerichtskommission unterbrei- gar keinen politischen Einfluss auf tet ihr einen Vorschlag. Ähnlich wie «ihre» Richterinnen und Richter bei der Zauberformel im Bundesrat nehmen wollen, zeigte zuletzt die gilt dabei der Grundsatz, dass die Wiederwahl von Bundesrichter Parteien proportional zu ihrer Stär- Yves Donzallaz. Die SVP empfahl ke vertreten sein sollen. 2020 «ihren» Bundesrichter aus po- Somit handelt es sich faktisch um litischen Gründen nicht zur Wie- eine indirekte Volkswahl. Sie sorgt derwahl. Das Parlament wählte ihn für Ausgewogenheit, die proportio- aber deutlich wieder und kritisierte nale Vertretung der Bevölkerung die SVP für ihre versuchte Einfluss- Die Wahl ans Bundesgericht dem Losglück überlassen? sowie die demokratische Legiti- nahme scharf. Natürlich haben mation und damit auch für die Ak- auch Richterinnen und Richter poli- ren zu besetzen, ist für alle Beteilig- es passieren, dass eine Partei, eine zeptanz der Urteile. Diese Praxis be- tische Einstellungen und Werte, die ten unbefriedigend. Denn das Los Region oder auch ein Geschlecht für rücksichtigt die Sprachen ebenso auch ihre Erwägungen und Ent- überlässt die Bestimmung der Bun- lange Zeit am Bundesgericht stark wie Regionen und Parteien. Das be- scheide mitprägen können. Doch desrichterinnen und Bundesrichter unter- oder übervertreten ist. währte System funktioniert, ist breit gerade der Parteienproporz stellt dem Zufall. Das Amt bekommen abgestützt und wird von allen politi- sicher, dass die Wertehaltungen am nicht die besten Kandidatinnen und LILIAN STUDER schen Lagern getragen. Neben dem Bundesgericht jene der Bevölke- Kandidaten, sondern jene, die am NATIONALRÄTIN lilian.studer@parl.ch Bundesrat empfahlen denn auch der rung abbilden. meisten Glück haben. Zudem kann Nationalrat mit 1:191 und der Stän- Anzeige derat mit 0:44 die Initiative beinahe Losglück nicht geeignet einstimmig zur Ablehnung. Rechts Unabhängig dieser Abstimmung bis links war man sich einig: Keine braucht es aus Sicht der EVP nur we- Experimente mit dem Bundesge- nige Anpassungen am bestehenden richt! System wie z.B. bei der so genannten Mandatsabgabe. Oder die Offenheit, Kein parteipolitischer Einfluss auch weiteren Kandidaturen eine Die Initianten führen ins Feld, Richte- Chance zu geben, wenn zum Beispiel rinnen und Richter würden politisch jemand parteilos, jedoch sehr gut beeinflusst: Doch die Richterinnen geeignet ist oder eine Kandidatur und Richter sind laut Bundesverfas- mit dem Hintergrund einer kleine- sung ausdrücklich nur dem Gesetz ren Partei wie der EVP. Doch ein der- Sammelschluss verpflichtet. Zudem gibt es keine art wichtiges Amt wie das des Bun- 27. November 2021 Hinweise, dass sie sich unter Druck desrichters nach dem Glücksverfah- WAS SPRICHT DAGEGEN? Machen Sie mit! Auf weihnachtspäckli.ch finden Sie rund 500 Sammelstellen in der ganzen Schweiz, wo Sie Ihre Päckli abgeben können. • Ausgewogenheit des bewährt. Alle politischen La- Päckli für Erwachsene Päckli für Kinder Bundesgerichts: Durch die ger tragen sie mit. 1 kg Mehl, 1 kg Reis, 1 kg Zucker, Schokolade, Biskuits, Süssigkeiten Parteivertretungen wird si- 1 kg Teigwaren, Schokolade, Biskuits, (Bonbons, Gummibärchen etc.), Zahnpa- Kaffee (gemahlen od. instant), Tee, sta, Zahnbürste (in Originalverpackung), chergestellt, dass die Wert- • Bundesrichterinnen und Zahnpasta, Zahnbürste (in Originalver- Seife (in Alufolie gewickelt), Shampoo vorstellungen der Bevölke- -richter sind unabhängig: packung), Seife (in Alufolie gewickelt), (Deckel mit Scotch verklebt), 2 Notizhefte rung ausgewogen am Gericht Sie sind laut Bundesverfas- Shampoo (Deckel mit Scotch verklebt), oder -blöcke, Kugelschreiber, Bleistift, Schreibpapier, Kugelschreiber. Evtl. Gummi, Mal- oder Filzstifte, 2-3 Spiel- vertreten sind und dieses sung nur dem Gesetz ver- Ansichtskarten, Kerzen, Streichhölzer, zeuge wie Puzzle, Ball, Seifenblasen, demokratisch legitimiert ist. pflichtet. Es gibt keine Hin- Schnur, Socken, Mütze, Handschuhe, Stofftier, Spielauto etc. Evtl. Socken, Schal Mütze, Handschuhe, Schal weise, dass sie ihre Urteile an Bitte packen Sie alle aufgelisteten Produkte in die Päckli! Nur so kommen die Päckli ohne • Das bestehende System den Wünschen der Partei Probleme durch den Zoll und können einfach und gerecht verteilt werden. funktioniert: Die Praxis nach ausrichten. Ein derart wichti- PC 30-222249-0 | IBAN CH74 0900 0000 3022 2249 0 weihnachtspäckli.ch Vertretung von Sprachen, Re- ges Amt sollte zudem nicht gionen und Parteien hat sich per Losglück besetzt werden. avc-ch.org ostmission.ch hmk-aem.ch lio.ch 8 NRº 4 November 2021
EIDGENÖSSISCHE KMU-FORUM VOLKSABSTIMMUNG III «ES KANN UNS ALLE TREFFEN!» Wer denkt, dass Cyber-Attacken nur andere treffen könnte, ist definitiv auf dem Holzweg. Das diesjährige KMU-Forum zum Thema «Herausforderung Cybersecurity: KMU im Wettlauf gegen Cyberpiraten» machte deutlich, wie anfällig un- sere Gesellschaft und damit jedes einzelne Unternehmen, KMU, aber auch Privatpersonen auf Cyberangriffe sind. Be- sonders während der Covid-Krise stiegen Cyberangriffe explosionsartig an, befeuert durch plötzliches Home-office ohne vorgängige Sicherheitsvorkehrungen. Ob Comparis, die Gemeinde Rolle ne Experten gewonnen werden, die am Genfersee oder die börsenko- selber tagtäglich Unternehmen be- tierte Unternehmung Huber+Suh- gleiten, die von einem Cyberangriff ner, sie alle haben etwas gemein- betroffen sind oder − im Fall von Hu- sam: In den vergangenen 12 Mo- ber + Suhner − selber verantwortlich naten wurden sie von einem Cyber- waren für die Cyber-Task-Force, die angriff temporär lahmgelegt und in kurz vor Weihnachten 2020 gegrün- ihrem Innersten empfindlich getrof- det werden musste, um den Betrieb fen. Das KMU-Forum auf dem Cam- nach einem Angriff wieder sicher pus von Sunrise UPC machte aber hochzufahren. schnell deutlich, dass eben gerade Genauso wie der Leiter der Abtei- nicht die grösseren Unternehmen, lung Cybercrime der Kantonspolizei Städte oder Gemeinden die idealen Zürich betonten sie die Notwendig- Opfer von dubiosen, topprofessio- keit der richtigen Vorkehrungen in nellen und mafiaähnlichen Gruppie- allen Betrieben. Ist man dann doch Ein Fazit des Forums: Auch Klein- und Kleinstbetriebe sind betroffen. rungen sind. Gerade Klein- und von einem Angriff betroffen, soll un- Kleinstbetriebe ohne grosse IT-Ab- bedingt umgehend die Polizei einge- teilungen und Sicherheitsvorkeh - schaltet werden und keinesfalls vor- rungen sind anfällig für Angriffe und schnell «Lösegeld» bezahlt werden. Erpressungsversuche. «Meistens bezahlt man dann nicht nur einmal, sondern mehrmals», Lösegeldzahlungen sind selten meinte dazu Serdar Günal Rütsche Fotos: Roman Rutz, Dirk Meisel die richtige Entscheidung von der Kapo Zürich. Als Referenten konnten ausgewiese- Nahm die Teilnehmenden mit in die dramatischen Tage des Cyber-An- griffs auf sein Unternehmen: Alexander Graf, CIO Huber + Suhner Versicherung hilfreich, aber kein Stress im Unternehmen von Tag 1 Allheilmittel der Attacke bis Monate danach alles Auch die Möglichkeit einer Cyberver- wieder normal läuft und aufgearbei- sicherung wurde thematisiert, des- tet ist, das will kein Unternehmen» sen wichtigste Funktion nicht einmal resümierte Alexander Graf, CIO von zwingend der Ersatz beispielsweise Huber+Suhner. für die Verluste eines Betriebsunter- Zurück blieb die Erkenntnis, dass bei bruchs ist. «Oftmals hilft den Kun- jedem Angriff letztlich eine Person Einführung ins Joint Innovation Center Sunrise UPC den am meisten, dass sie schnell den Gangstern Zugang gewährte, und unkompliziert an Experten ge- etwa mit dem Klicken auf eine gut TERMINE 2021 langen, die ihnen in der Situation ei- getarnte E-Mail. Es blieb aber auch ner Datenblockierung helfen und der Appell, dass kaum 26 Kantone 06.11. Parteikonferenz mit den Erpressern verhandeln», einzelne Cybercrime-Abteilungen meinte dazu Jon Plotke von der AS- führen können respektive die Spezi- SEPRO Gruppe. Nicht versicherbar alisten der grossen Kantone nicht 27.11. Delegiertenversammlung seien aber viele weitere Kollateral- einfach die Fälle für die kleinen schäden eines erfolgreichen Cyber- (Halb-)Kantone übernehmen kön- 28.11. Eidgenössische Volksabstimmung angriffs: Der Reputationsverlust, all- nen. fällige Verstösse gegen das Daten- schutzgesetz oder das Veröffentli- ROMAN RUTZ 29.11. - 17.12. Wintersession d. eidgenöss. Parlaments GENERALSEKRETÄR EVP SCHWEIZ chen von Geschäftsgeheimnissen roman.rutz@evppev.ch im Darknet. Und nicht zuletzt: «Der 9 November 2021 NRº 4
KANTON AARGAU BÄRENSTARKE ZUKUNFT ZUM 100. GEBURTSTAG Nationalrätin und Parteipräsiden- tum überwinden und mehrheitsfä- tigkeit und Menschenwürde einzu- Sie müsse sich auch keinesfalls neu tin der EVP Schweiz Lilian Studer hige Lösungen finden für die gesell- setzen. Die Bandbreite an Lebens- erfinden: Ihre Werte blieben diesel- wies in ihrer Festrede im aargaui- schaftlichen Krisen nach dem ers- haltungen zeichnete die EVP aus ben, auch wenn sich politische The- schen Grossratssaal auf die prekä- ten Weltkrieg. Die Mitglieder der und war nur möglich durch gegen- men und gesellschaftliche Bedürf- ren wirtschaftlichen und politi- neu gegründeten Partei waren Un- seitige Wertschätzung und eine nisse veränderten. Als Präsidentin schen Verhältnisse vor einhundert ternehmer, Landwirte, Ärzte, Leh- gute Streitkultur zugunsten nach- der EVP Schweiz wünschte sie der Jahren hin, die zur Gründung der rer oder Pfarrer. Es war ihnen wich- haltiger Lösungen. Damit war und EVP Aargau eine bärenstarke Zu- EVP führten: Man wollte die Kluft tig, als Christen Verantwortung zu bleibe die EVP attraktiv, auch wenn kunft, die sie in Form eines Berner zwischen Arbeiterschaft und Bürger- übernehmen und sich für Gerech- sie eine Kleinpartei geblieben sei. Mandelbären der Festgesellschaft überbrachte. Den Blick in die Zukunft richtete Grossrat Uriel Seibert. Er bezeich- nete die Hoffnung als zentral, die EVP-ler und EVP-lerinnen aus ih- rem Glauben schöpften. Sie gebe eine Gelassenheit gegenüber jegli- chen Krisen. Die Werte der EVP hät- ten eine bessere Performance als gemeinhin angenommen. Viele Menschen in unserem Land schät- zen einen respektvollen Umgang mit Mensch und Umwelt. Foto: zVg EVP KANTON AARGAU 100 Jahre EVP Aargau: Themen und Gesellschaft wandeln sich, aber Wünscht bärenstarke Zukunft: barbara.mueller@evp-ag.ch die Werte sind heute noch aktuell. EVP-Präsidentin Lilian Studer KANTON FREIBURG KANTON ZÜRICH GEMEINSAME LISTE ZÜRICH WÄHLT Am 7. November standen im Kanton am auffälligsten. Und im Bezirk Bro- Am 13. Februar 2022 wählt Zürich die Kläusler) strebt sie neue an. In 11 Ge- Freiburg die Wahlen zum Freiburger ye stand Norbert Valley, der bei den Stadt- und Gemeindebehörden. Die meinden verteidigt die EVP ihre 12 Grossrat an. Bei Drucklegung der nationalen Wahlen ein bemerkens- EVP strebt 5 Präsidien und 14 weitere Sitze (2 davon in Pfäffikon ZH) mit 10 AKZENTE waren die Ergebnisse noch wertes Ergebnis erzielt hatte, auf Exekutivämter an. In Winterthur will Bisherigen und den 2 neuen Kandi- offen. dem zweiten von elf Plätzen der ge- die EVP einen 5. Sitz im Parlament datinnen Christiane Ehmann (Dieti- Die EVP hatte eine gemeinsame Liste meinsamen Liste mit der CSP. erobern, in Zürich muss sie die kon) und Pia Ernst (Wetzikon). Zu- mit der CSP erstellt, einem Partner, 5-%-Hürde überwinden und will mit dem möchte sie neu in Bäretswil und der in Freiburg fest verankert ist und Roger Föhn in den Stadtrat einziehen. Rüti in den Gemeinderat. dessen Werte den unseren nahe ste- In Bülach (Mark Eberli), Urdorf (Sand- hen. Die EVP war in mehreren Bezir- ra Rottensteiner) und Zell (Regula PHILIPPE SIRAUT, PROJEKT- MARK WISSKIRCHEN, GESCHÄFTS- ken vertreten, aber im See-Bezirk KOORDINATOR ROMANDIE Ehrismann) verteidigt die EVP 3 bis- FÜHRER EVP KANTON ZÜRICH war die Präsenz der EVP mit einer philippe.siraut@evppev.ch herige Präsidien, in Affoltern a.A. mark.wisskirchen@evpzh.ch starken Liste von acht Kandidaten (Eveline Fenner) und Opfikon (Heidi Foto: pixabay.com Foto: zVg Am 7. November wählte der Kanton Freiburg. Am 13. Februar 2022 wählt Zürich. 10 NRº 4 November 2021
KANTON BERN MITGLIEDERREKORD MOTIVIERT FÜR WAHLEN Am 27. März 2022 werden im Kan- dessen das Miteinander und die So- schen den politischen Blöcken dem Jahr 2006. Damals errang die ton Bern der Grosse Rat und der Re- lidarität im Kanton zu fördern. schlagen und sich generell für mehr EVP 13 Grossratssitze. gierungsrat neu gewählt. Die EVP Die Voraussetzungen, dass bei den Miteinander im Kanton einsetzen. Ende September 2021 konnte die will ihre bisherigen 10 Grossrats- Wahlen 2022 die EVP sowie generell Die Wahlbeteiligung wird vermut- EVP Kanton Bern ihr 1525. Mitglied mandate halten und wenn möglich die lösungsorientierten Mitte-Par- lich wieder tief sein (rund 30%). Für begrüssen. Dies stimmt gerade im in den Wahlkreisen Seeland und teien gestärkt werden, stehen gut. die EVP stellt dies eine grosse Chan- Hinblick auf die Wahlen zuversicht- Mitteland-Nord je einen Sitz dazu- Aktuell ist die EVP in allen neun ce dar. Gelingt es, die eigenen Leute lich. Denn so viele Mitglieder hatte gewinnen. Die EVP bietet den Wäh- Wahlkreisen mit mindestens einer zu mobilisieren und zum Wählen zu die Kantonalpartei in ihrer 102-jähri- lenden eine attraktive Alternative Grossrätin oder einem Grossrat ver- motivieren, so läge bei den Gross- gen Geschichte noch nie! zu den Parteien aus den beiden treten, im Wahlkreis Thun sogar mit ratswahlen ein Wählendenanteil grossen politischen Blöcken. zwei Vertreterinnen. Mit ihren je fünf von 8 % durchaus im Bereich des PHILIPPE MESSERLI, CO-GE- Der zweisprachige Kanton Bern ist Grossrätinnen und Grossräten stellt Möglichen. Der bisherige Höchst- SCHÄFTSFÜHRER EVP KT. BERN philippe.messerli@evp-be.ch bezüglich seiner Vielfältigkeit eine die EVP-Fraktion im 160-köpfigen wert liegt bei 7.3 % und stammt aus Schweiz im Kleinen – geografisch, Kantonsparlament eine wichtige kulturell und politisch. Wirtschaft- und prägende politische Kraft dar. lich starken Städten stehen ein In der laufenden Legislatur ver- weitgehend landwirtschaftlich ge- mochten die EVP-Grossratsmitglie- prägtes Umland und karge Bergre- der in den Bereichen Bildung, Um- gionen gegenüber. Gerade im Gros- welt, Energie und Digitalisierung sen Rat wird mit dem Gegensatz einige Akzente zu setzen. Alle bishe- zwischen Stadt und Land sowie den rigen zehn Ratsmitglieder stellen Foto: Rebekka Suter angeblich daraus resultierenden sich zur Wiederwahl. Bei den Regie- Werte- und Interessenkonflikten rungsratswahlen geht die EVP mit gerne Politik betrieben. Als christli- der Oberaargauer Bäuerin und cher Mittepartei ist es der EVP des- Grossrätin Christine Grogg ins Ren- halb wichtig, diese bestehende Po- nen. Als echte Mittepolitikerin will Wenn es gelingt, nur schon die eigenen Leute zur Wahl zu mobilisie- larisierung zu überwinden und statt- sie in der Regierung Brücken zwi- ren, könnte die EVP-Grossratsfraktion noch Zuwachs bekommen. LESERBRIEF ZUM 80. EHRENTAG WIEDERANERKENNUNG SEINER ZEIT VORAUS Mit Interesse habe ich den Bericht offizielle Schweiz zauderte und blieb Der Umweltponier, alt Stadt- und Na- Im Zürcher Kantonsrat politisierte über den Besuch Lilian Studers mit tatenlos, während im Januar 1991 in tionalrat Ruedi Aeschbacher feierte Ruedi Aeschbacher von 1995 bis Aussenminister Ignazio Cassis in der litauischen Hauptstadt Wilna auf am 15. September seinen 80. Ge- 2000, dann von 1999 bis 2010 im Na- den baltischen Staaten gelesen. friedliche Demonstranten geschos- burtstag. In seiner Amtszeit von tionalrat. Von 2000 bis 2008 stand er Auch ich freue mich über die nun 30 sen wurde. Heute erinnert eine wür- 1978 bis 1994 als Stadtrat von Zürich der EVP Schweiz als Präsident vor. Jahre andauernde Freiheit dieser dige Ausstellung am dortigen TV- profilierte er sich als Pionier mit ei- Klare ökologische und soziale Grund- drei Staaten. Es war übrigens die EVP, Turm an diese Bluttat. Erst nach dem ner aktiven Umwelt- und Verkehrs sätze dientem ihm dabei als Kom- die als erste – und viel zu lange einzi- gescheiterten Putsch in Moskau im politik. Diese trug ihm den Namen pass. Das Engagement für Mensch ge – Partei in der Schweiz bereits August 1991 ging es dann mit der «Schwellenruedi» ein. Er wollte da- und Umwelt prägte sein Handeln 1990 die Wiederaufnahme diploma- Wiederanerkennung Estlands, Lett- mals «Unmögliches»: Den Verkehr stark und ist noch heute unverän- tischer Beziehungen mit Litauen lands und Litauens durch die Staa- beruhigen, den Veloverkehr fördern dert aktuell. Auch dies zeigt, dass er nach der Unabhängigkeitserklärung tengemeinschaft rasch voran. und Fussgänger von der Unterfüh- in vielen Belangen seiner Zeit weit von der UdSSR gefordert hatte. Die (Daniel Reuter) rung wieder auf die Strasse bringen. voraus war. (Mark Wisskirchen) Foto: pixabay.com Foto: Andi Plath Litauens Hauptstadt Wilna mit TV-Turm. Engagiert für Mensch und Umwelt: alt Nationalrat Ruedi Aeschbacher 11 November 2021 NRº 4
IM FOKUS: DAS NORDISCHE MODELL - EINE LÖSUNG FÜR DIE SCHWEIZ? SEXINDUSTRIE FLORIERT DANK FREIERNACHFRAGE Die Schweiz ist in Sachen Prostitution eines der liberalsten Länder Europas. Die jährlich bis zu einer Milliarde Profit machen dabei nicht die meist ausländischen Prostituierten. Diese landen meist aus Zwangssituationen heraus im Milieu und tragen lebenslang die körperlichen und psychischen Folgen. Kann das Nordische Modell, bestehend aus Ausstiegshilfen für Prostituierte, Kriminalisierung der Freier und Aufklärungsarbeit, die Situation der Betroffenen in der Schweiz nachhaltig verbessern oder gibt es wirksame Alternativen? Diese Frage stand im Zentrum der Fokus tagung der EVP Schweiz mit hochkarätigen Referentinnen und Referenten aus der Schweiz und aus Schweden. Zunächst vermit telten Referentin nen und Refe ren ten einen Über blick über die Schweizer Pros titu- ti ons szene. Der Chef der Ber ner Fremdenpolizei, Alexander Ott stell- te das Melde-, Bewilligungs- und Kontrollverfahren vor, mit dem die Stadt Bern u.a. mit obligatorischen Erstgesprächen, Umfeldabklärun gen, Milieukenntnis und interkultu reller Kompetenz sowie koordinier tem Vorgehen der involv ier ten Behör den ver sucht, die Rolle der «inter venierenden und vermit teln den Verwaltung» einzunehmen. Er zeigte auch die Ursachen der Pro stitution auf wie Armut, Bildungs ferne oder fehlende Perspek tiven in den Herkunftsländern. Die Kontrovers wurden verschiedene Handlungsansätze auf dem Podium diskutiert. Schweiz müsse endlich nicht mehr Zuhälterei und Ausbeutung mit vor xueller Gewalt sowie Drogen- oder vors tellte. Häggström benannte nur über die Sexarbeit diskutieren, Gericht verwertbaren Beweisen zu Alkoholabhängige. «Die Demütigung die Freier als wesentliche Treiber son dern auch über die nicht ziel belegen. In einem Video-Beitrag durch sexuelle Gewalt ist so verhee für den Men schen han del – denn füh ren den Dis kurse, die dazu ge- zeigte Psychotherapeutin und Ex- rend wie Folter», zitierte Plaza aus ohne deren Nachfrage nach Frauen führt werden. Prostituierte Anna Schrei ber auf, dem Scelles-Report. Zwi schen 85 und Kindern für sexuelle Zwecke Peter Widmer, Co-Gründer des Ver- was die Arbeit als Pros tituierte mit und 95 Prozent der Menschen, die würde die globale Sexindustrie eins Heartwings, zeigte den Alltag der Psyche einer Frau macht. sich pros tituier ten, wollten dem nicht florieren und expandieren. der jungen Mädchen und Frauen im Die Co-Geschäftsführerin der Frau nach damit aufhören. Plaza stellte Das Pros titutionsverhalten schwe Milieu mit Stillschweigegebot, Ge- enzentrale Zürich, Sandra Plaza be- den Tagungsteilnehmenden das discher Männer habe sich über die walt, Druck, Geldabgabe und hor zifferte die Lebenserwartungen der Nor dische Modell vor mit sei nen Jahre signifikant verändert. Auch render Abzocke: «Hinter fast jeder Pros tituierten auf zwischen 35 und Säulen Entkriminalisierung aller die Zustimmung zur Freierbes tra Frau steht heute ein System, das 40 Jahre. Meist sind es Angehörige Frauen in der Pros titution, Krimina fung sei in den Jah ren zwi schen finanziell davon profitiert», so Wid ethnischer Minderheiten, diskrimi lisierung aller Profiteure wie Freier, 1996 und 2008 von etwas über 30 mer. Polizei und Opferhilfes tellen nierte Flüchtlinge, Asylanten ohne Zuhälter und Bordellbetreibende, Prozent auf über 70 Prozent gestie scheiterten oft daran, die faktische Aufenthaltsbewilligung, Opfer se- Auss tiegshilfen, Auf klärung und gen. Öffentlichkeitsarbeit. Noemi Grüt Die anschliessende Podiumsrunde, ter von Amnesty International stell- zu der FIZ-Geschäftsführerin Lelia te dem die Kri tik am Nor di schen Hunziker sowie Nationalrätin Mari Modell gegenüber. Die Pros titution anne Streiff stiessen, diskutierte, werde durch ein Sexkauf verbot welche der gehör ten Handlungsan nicht reduziert, sondern nur in den sätze für die Schweiz nutzbar ge- Untergrund verlagert, wodurch Ge- macht werden könnten bzw. wel walt und Unsicherheit für die Sex che Anpassungen oder Alternati- arbeitenden noch vers tärkt wür ven es bräuchte. Existenzsichernde den. Auss tiegsprogramme, Hilfe in den Der schwedische Polizeiinspek tor Herkunftsländern sowie Öffent und mehrfache Buchautor zum lichkeitskampagnen standen dabei Thema Simon Häggs tröm aus unter anderem im Fokus. Stockholm entkräftete diese Vor behalte, indem er über die Erfah rungen der Stockholmer Polizei mit DIRK MEISEL 20 Jahren Freierbes trafung berich LEITER KOMMUNIKATION EVP CH Sieht die Freier in der Verantwortung: Der Stockholmer Polizeiinspek- tete sowie Evaluationsergebnisse dirk.meisel@evppev.ch tor und mehrfache Buchautor zum Thema Simon Häggström 12 NRº 4 November 2021
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