DIE ZEITSCHRIFT FÜR TRENDS IN TECHNIK UND IT - FUSE-AI

 
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DIE ZEITSCHRIFT FÜR TRENDS IN TECHNIK UND IT - FUSE-AI
3-2020
                                                                     7,50 Euro

DIE ZEITSCHRIF T FÜR TRENDS IN TECHNIK UND IT

                                     Zentralisiert und standardisiert
                                     Standortübergreifende Radiologie-
                                     IT-Lösung mit IntelliSpace Portal in der
                                     München Klinik
 Automatisiert errechnete und
 Machine-Learning-basierte
 4D-Virtualisierung der Aorta.
                                     Effekte erkennen
 Erstellt mit IntelliSpace Portal.   Interview mit PD Dr. Felix Nensa

                                     Alles anders
                                     Besuch bei einem Münchener Start-up
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DIE ZEITSCHRIFT FÜR TRENDS IN TECHNIK UND IT - FUSE-AI
X- E M P L A R

Liebe Leserinnen und Leser,
die ewigen Wiederholungen, dass wir uns endlich mehr mit der
neuen digitalen Arbeitswelt auseinandersetzen müssen, gehen
einem schon fast auf die Nerven. Angefangen vom Polizeifunk,

                                                                                                                                    G ui do Ge bhardt
über die Schulen und Universitäten, Banken und Versicherun-
gen bis hin zur öffentlichen Verwaltung und dem Gesundheits-
wesen. Doch wie sieht es eigentlich in der Radiologie aus?
Diese Sonderausgabe von Radiologie Magazin möchte zeigen,
wie digital die Radiologie bereits ist und weshalb Strukturierte
Befundung und KI zusammengehören.
    Im Großen und Ganzen kann sich über die Radiologie
niemand beschweren. Seit vielen Jahren sind Radiologische          Mithilfe einstellbarer Trigger ist es möglich, flexible Prozesse zu
Praxen und Abteilungen DIE Innovationstreiber im Gesundheits-      erzeugen, die von der Anmeldung über die Untersuchung und
wesen. Nirgendwo anders ist der Digitalisierungsgrad so hoch.      Bildanalyse bis hin zur Befunderstellung reichen.
    So haben einige Klinikverbünde, wie zum Beispiel die vier          Wer denkt, mit KI und Strukturierter Befundung verkommt
Häuser der München Klinik, schon einrichtungsübergreifende         der Radiologe zum Häkchensetzer, der irrt. Denn wer KI-basierte
Lösungen für die webbasierte Bild- und Befundkommunikation         Befunde validiert, muss wissen, auf welcher Grundlage der
im Einsatz. Da werden Schnittbilddaten unmittelbar nach dem        Algorithmus seine Entscheidung trifft und er muss wissen, ob in
Scan der automatisierten Weiterverarbeitung zugeführt und          China trainierte Algorithmen auch in Deutschland funktionieren.
alle Radiologen an den vier Standorten könnten zusammen            Die Radiologinnen und Radiologen sollten den Systemen
in interdisziplinären Teams gleichzeitig einen Blick auf die       immer einen Schritt voraus sein.
vorverarbeiteten Bilder samt Messwerten und grafischer                 Das Training von auf Künstlicher Intelligenz basierten
Auswertung werfen. Dabei sind alle Beteiligten in der Lage,        Algorithmen setzt validierte Befunde voraus. Das heißt, es wer-
sich per Webcam von Angesicht zu Angesicht zu unterhalten,         den nicht nur Bilder benötigt, sondern auch die dazugehörigen
egal ob sie auf dem Desktop, dem Tablet oder auf dem Smart-        maschinenlesbaren Befunde. Jetzt ist endgültig klar, dass die
phone eingeloggt sind.                                             Strukturierte Befundung nicht nur was für Anfänger ist. Struktu-
    In Sachen Abteilungsmanagement haben Radiologie-               rierte Befundung, KI und Big Data gehören zusammen. Und wer,
informationssysteme begonnen, Lösungen zur Strukturierten          wenn nicht die technik-affinen Radiologinnen und Radiologen,
Befundung zu integrieren: In Freitext diktierte Befunde werden     sollten in der Lage sein, das Ruder in die Hand zu nehmen, um
KI-basiert automatisch strukturiert. In der Onkologie hat sich     die klinischen Kollegen in interdisziplinären Teams durch die
die Strukturierte Befundung bereits durchgesetzt. Da gibt es       Diagnosen zu führen und die Therapie zu begleiten!
Lösungen, die Befundberichte erstellen, die der Auswertung
wissenschaftlicher Studien gleichen.                               Herzlichst Ihr
    KI-basierte Lösungen sind – obwohl sie in der Wirklichkeit
noch nicht so richtig angekommen sind – den Kinderschuhen
entwachsen. Workflow-Orchestrator sorgen dafür, dass
Arbeitsabläufe nicht mehr nach Schema F abgearbeitet werden.

                                                                                                               R ADIOLOGIE MAGAZIN · 3-2020             3
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X-E M PL A R

                                                                          6
     X- E M P E L
        6 Zentralisiert und standardisiert
             Portallösung von Philips automatisiert
             die radiologische Bildanalyse

      26 Kognitiver Assistent
             Kontextspezifische, interaktive und dynamische
             Befundung

      34 Wie KI das Wartezimmer aufräumt
             Workflow-Optimierung in der Radiologie
                                                                          Ein wesentlicher Bestandteil der
      42 Strukturiert zum Befund                                          Innovationspartnerschaft zwischen
             Universitätsklinikum Köln spart Zeit, steigert Effizienz     der München Klinik und Philips
             und verbessert Qualität                                      ist die standort- und fachbereichs-
                                                                          übergreifende automatisierte Auswertung
      56 Effiziente Prozesse                                              von CT- und MRT-Scans.
             Spital Uster in Zürich entscheidet sich für modernes

                                                                                                        12
             Radiologieinformationssystem (RIS)

      70 Die Nadel im Heuhaufen
             Teleradiologen sind Vorreiter bei KI in der Diagnostik

     X- K L U S I V
      12 Effekte erkennen
             Verstehen, wie KI-Algorithmen zum Ergebnis kommen                                                      Analytics-Plattform von
                                                                          „ Je komplexer die KI ist, umso           GE Healthcare verbessert
      18 Struktur-Report                                                  schwieriger ist es nachzuvollziehen,      Terminplanungen und

                                                                                                                                                  34
             Einheitliche medizinische Inhalte verbessern die Befundung   weshalb sich die KI für ein               Abläufe im Praxis-und
                                                                          bestimmtes Ergebnis entscheidet.“         Klinikalltag.
      50 Alles anders
             Radiologie Start-up gewährt tiefen Einblick

      60 Anatomie statt Pathologie
             Neuartige Befundsoftware dekodiert Denkprozesse                                                                        Start-Ups, wie deepc
             von erfahrenen Radiologen                                                                                              im Münchener Werks-
                                                                                                                                    viertel, wirbeln die

                                                                          50
      72 Digitaler Röntgenassistent                                                                                                 Radiologie derzeit
             KI-SIGS Forschungsprojekt unterstützt und optimiert                                                                    mächtig durcheinander.
             den Prozess der Röntgenaufnahme mit KI

     X- P E R T                                                                                                                                   72
      22 Künstliche Intelligenz braucht Daten –
         Daten brauchen Schutz

                                                                                                    66
             Über das Spannungsfeld von KI in der Medizin,
                                                                                                                       Neuer KI-Algorithmus verbessert
             den Datenhunger der Systeme und den Schutz                                                                Qualität von Röntgenaufnahmen
             von Patientendaten

4    R ADIOLOGIE MAGAZIN · 3-2020
DIE ZEITSCHRIFT FÜR TRENDS IN TECHNIK UND IT - FUSE-AI
AUS DER PR A XIS

X- P E R T
 40 Strukturiert und einheitlich zu bedienen
       Befundarbeitsplatz IDS 7 bringt radiologische
       Befundungen mit Struktur ins PACS

 46 Strukturiert und standardisiert
       Strukturierte Befundlösung für den radiologischen
       Workflow

X -T R A
 30 Zuwachs bei den AI-Rad Companions
       Siemens Healthineers präsentiert neue KI-Lösungen
       für die klinische Entscheidungsfindung

 55 Neuroradiologie neu gedacht
       Telepaxx bietet mdbrain für den AI MarketPlace an

 63 RadCentre Patientenportal
       i-Solutions Health schafft mit Ärzte- und Patientenportal
       interdisziplinäre Zusammenarbeit

 64 Vernetzt? Aber sicher!
       Sectra Medical Systems bietet kurz- und lang-
       fristige Lösungen für eine moderne IT-Infrastruktur
       im Krankenhaus

 66 Intelligenz beim Röntgen
       Agfa SmartXR unterstützt und erleichtert die BIlderfassung

 68 Immer richtig verbunden
       Visus: Medizinische Daten einnfach und sicher teilen

X- H I B I T I O N
 58 Der Weg und nicht das Ziel
       Jahres-Meeting der EuSoMII fand virtuell statt

X- E M P L A R
   3 Editorial
 75 Impressum
 75 Vorschau

                                                                    R ADIOLOGIE MAGAZIN · 3-2020   5
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X- E M P E L

      Zentralisiert
      und standardisiert
      Seit etwa zwei Jahren besteht die Innovationspartnerschaft zwischen der München
      Klinik und Philips. Ein wesentlicher Bestandteil der Zusammenarbeit ist die stand-
      ort- und fachbereichsübergreifende automatisierte Auswertung von CT- und MR-Scans.
      Dabei standardisiert das IntelliSpace Portal (ISP) von Philips nicht nur die Auswertung
      der Bilddaten, sondern eignet sich auch für Tumorkonferenzen und die Durchführung
      von Online-Seminaren.

      Mit einer standortübergreifenden              Bereits vor acht Jahren hat der Wirtschafts-
      IT-Lösung für die Nachbearbeitung             ingenieur damit begonnen, klinische
      radiologischer Bilder ist die München         Applikationen in einem Anwendungs-
      Klinik an ihren vier Standorten einen         portal zu bündeln und zentral in einer
      großen Schritt nach vorne gekommen.           Private-Cloud zu organisieren, um Unab-
      „Das IntelliSpace Portal ist für uns von      hängigkeit von anwendungsbezogenen
      wesentlicher Bedeutung, da wir damit          Desktopgeräten zu schaffen. Heute ist das
      unseren Wunsch realisieren konnten,           Rechenzentrum der München Klinik auf
      radiologische Arbeitsplätze flexibler zu      zwei Standorte verteilt. Datenschutz und
      nutzen“, erklärt Gerald Götz, Geschäfts-      Datensicherheit haben höchste Priorität.
      bereichsleiter des Technologiemanage-         „Die Technologie soll flexibel einstellbar
      ments der München Klinik, der neben           und einfach zu administrieren sein. Der
      der IT auch die Medizintechnik und die        Zugang zu den Endgeräten geschieht für         „Gemeinsam mit Philips wird in regelmäßigen
      Telekommunikation im Klinikverbund            alle mittels Zwei-Faktor-Authentifizierung,     Besprechungen der Status Quo analysiert, um
      verantwortet.                                 egal ob ich Verwaltungsmitarbeiter oder         die vorhandene Technik effizient zu nutzen
          Während in der Vergangenheit an           Ärztin oder Pflegekraft bin“, beschreibt        und die Gesamtsituation zu verbessern.“
                                                                                                   Gerald Götz, Geschäftsbereichsleiter
      allen vier Klinikstandorten zahlreiche        Gerald Götz die Rahmenbedingungen.             des Technologiemanagements der München Klinik
      radiologische Arbeitsplätze lediglich         Inzwischen laufen fast alle medizinischen
      modalitätsnah eingesetzt werden konn-         Anwendungen in der Private-Cloud. Damit
      ten, holte er das Thema mithilfe von Citrix   hat jeder unabhängig von Ort und Zeit und
      und einer Virtuellen-Desktop-Infrastruk-      Endgerät Zugriff zu seinen freigeschalte-
      tur (VDI) ins zentrale Rechenzentrum.         ten Applikationen.

6     R ADIOLOGIE MAGAZIN · 3-2020
DIE ZEITSCHRIFT FÜR TRENDS IN TECHNIK UND IT - FUSE-AI
X- E M P E L

Automatisierte Bildanalyse                  Minuten ausgewertet sind. Es ist das Ziel              Denn die Radiologie stellt an die Bild-
Alle Anwender, die innerhalb der Citrix-    von Dr. Joanna Lange, Workflows für sämt-              qualität mit ihrer hohen grafischen Auf-
Lösung Zugriff auf die ISP haben sol-       liche Aufnahmen an allen Modalitäten zu                lösung besondere Anforderungen.
len, können individuell entsprechenden      erstellen und mithilfe der einheitlichen                   Erfahrungsgemäß stellt Philips pro
Gruppen zugeordnet werden, um die           Bedienoberfläche der ISP zu befunden.                  Jahr drei bis vier Systemupdates zur Ver-
umfassenden Analysetools für CT, MRT,                                                              fügung. Damit bei der Softwareaktuali-
Ultraschall oder NUK zu nutzen. Wäh-        Flexible Private-Cloud-Lösung                          sierung nichts schief geht, werden die
rend an der normalen PACS-Workstation       Die technische Ausrüstung für die ISP-                 Updates zuerst in eine Testumgebung
Bilder ohne Vorverarbeitung befundet        Infrastruktur besteht aus sechs Applika-               eingespielt. Erst nachdem die neue
werden, geht IntelliSpace Portal einen      tionsservern. Drei davon befinden sich                 Version von ausgewählten Key-Usern
Schritt weiter, denn die Lösung stellt      jeweils im Hauptsystem in Schwabing                    validiert wurde, wird sie im gesamten
hochspezialisierte und automatisierte       und im Backupsystem in Bogenhau-                       Klinikumfeld freigeschaltet.
Auswertungen zur Verfügung.                 sen. Außerdem befindet sich in jedem                       Für Gerald Götz macht es keinen
    Dr. Joanna Lange, Oberärztin des        Rechenzentrum ein Host, auf dem                        Unterschied, ob eine Private-Cloud oder
Instituts für Diagnostische und Inter-      64 Clients abgebildet sind, die aufgrund               eine Internet-Cloud-Lösung administ-
ventionelle Radiologie in der München       der Performanz ausschließlich den                      riert wird. Für ihn kommt es auf die Art
Klinik Neuperlach: „Dedizierte Aus-         ISP-Anwendern zur Verfügung stehen.                    und Weise an, wie darauf zugegriffen
wertungen radiologischer Untersu-
chungen nehmen ständig zu. Das hat
mit der Rundherderkennung in der
                                               IntelliSpace Portal Workflow
Lunge begonnen und reicht jetzt von
der Prothesenplanung in der Aorta über
quantitative Leberanalysen bis hin zur
Diagnostik von Schlaganfall und Herz-
erkrankungen.“ In der München Klinik                                                                          3D lab

wird die Leber vor jedem größeren Ein-
griff volumetriert und eine Schlaganfall-
oder Herzanalyse ohne ISP kann sich Dr.
Joanna Lange gar nicht mehr vorstellen.
    Die ISP ist ein Tool, das nicht nur
die Bildanalyse, sondern den gesam-
ten Befundprozess erleichtert. Aus-                                                      IntelliSpace
                                                                                            Portal
wertungen für Kopf, Herz, Lunge oder
Leber erstellt das auf Machine-Learning                                                                                      Mobile**

basierende System zunehmend auto-
                                                                                              PACS
matisiert. Das System ist in der Lage,                                                       Archive

die hochauflösenden Bilder der Moda-
                                                                                                                          Home
litäten gezielt auszuwerten. Befunde
werden visualisiert und Messwerte in
Tabellen oder grafisch dargestellt.                                                                         PACS WS
                                                                                                        in reading room
    Geht es um einen Schlaganfall,
werden die Daten unmittelbar vom CT
zur Nachverarbeitung auf die ISP und
anschließend die Resultate an das PACS
                                              IntelliSpace Portal ist eine modalitäten- und standortübergreifende Lösung. Die Darstellung
geschickt. Das bedeutet, dass die Auf-        des Langzeitverlaufs bietet einen Gesamtüberblick über den Zustand des Patienten.
nahmen ohne Klick innerhalb von zwei

                                                                                                                          R ADIOLOGIE MAGAZIN · 3-2020   7
DIE ZEITSCHRIFT FÜR TRENDS IN TECHNIK UND IT - FUSE-AI
X- E M P E L

                                     Das Faszinierende an der komplexen
                                     IT-Lösung der München Klinik ist
                                     gleichzeitig die Einfachheit. Mithilfe des
                                     IntelliSpace Portal können speziali-
                                     sierte Auswertungen heute an allen
                                     Arbeitsplätzen durchgeführt werden.

                                     Mithilfe einer Virtuellen-Desktop-
                                     Infrastruktur lassen sich unter-
                                     schiedlichste klinische Applikationen
                                     wie die Untersuchung und Quanti-
                                     fizierung von Gefäßläsionen und
                                     anspruchsvolle quantitative Herz-
                                     analysen gut abbilden.

                                     Spezialisierte Auswertungen radiologi-
                                     scher Untersuchungen nehmen ständig
                                     zu. IntelliSpace Portal von Philips bietet
                                     umfassende Analysetools für Röntgen,
                                     CT, MRT, Ultraschall oder NUK.

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DIE ZEITSCHRIFT FÜR TRENDS IN TECHNIK UND IT - FUSE-AI
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wird. Der Umgang mit dem System, die
Systempflege sowie die Systemadminis-
tration funktionieren genauso wie bei
einer Weblösung.
    Bisher besagt das Bayerische Kran-
kenhausgesetz, dass Patientendaten
auf dem Campus der Klinik zu halten
sind. Im Rahmen der intersektoralen
Zusammenarbeit stellen Dr. Joanna
Lange und Gerald Götz immer wieder
fest, dass kleinere Einheiten mit der
zunehmenden Digitalisierung an ihre
Grenzen stoßen. Das merken auch die
Radiologen in ihrem Arbeitsalltag mit
den Zuweisern.
    Gerald Götz bekräftigt: „Wir profitie-
ren sehr von der Innovationspartner-         segmente sehen. Gemeinsam wären              „Bei Coronapatienten ist für uns interessant,
schaft und dem intensiven Austausch          sie in der Lage, den Fall auch vor grö-       wieviel Lungengewebe wiederhergestellt werden
mit Philips. Der Aufwand, eine komplexe      ßerem Publikum – beispielsweise im            kann. Mithilfe der Volumetrierung im COPD-Tool
                                                                                           der ISP ist es schnell und einfach möglich,
IT-Infrastruktur zu betreiben, ist groß.     Demoraum – zu besprechen. Die vor-
                                                                                           zum einen den Verlauf zu beobachten, und zum
Die Zukunft liegt eindeutig in cloud-        verarbeiteten Bilder samt Auswertungen
                                                                                           anderen kann bestimmt werden, wieviel Lungen-
basierten Anwendungen.“                      sind von allen eingeladenen Personen          gewebe noch in Ordnung bzw. vernarbt ist.“
    Mithilfe einer Virtuellen-Desktop-       zu sehen. Vor allem Tumorkonferenzen          Dr. Joanna Lange, Oberärztin des Instituts für Diagnos-
Infrastruktur und der Möglichkeit zu seg-    profitieren vom Funktionsumfang der           tische und Interventionelle Radiologie in der München
                                                                                           Klinik Neuperlach
mentieren, lassen sich unterschiedlichste    ISP, wenn es um die Beurteilung unter-
klinische Applikationen gut abbilden.        schiedlicher Tumoren samt Therapiefor-       „Alle vier Kliniken profitieren von der standortüber-
    Ein besonderes Highlight der ISP sind    men und der Verlaufskontrolle geht.           greifenden Nutzung der Radiologie-IT-Lösung.“
die standortübergreifende sowie die                                                        Prof. Dr. Thomas Helmberger, Chefarzt des Instituts für
                                                                                           Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Neuro-
mobile Kommunikation. Jeder Anwen-           Befundung und mobile Kommunikation            radiologie und Nuklearmedizin an der München Klinik
der kann jederzeit weitere Personen zu       Für Webkonferenzen stehen den Teams           Bogenhausen

einer gemeinsamen Fallbesprechung            an den unterschiedlichen Klinikstandor-
einladen. Auf Wunsch können sich die         ten in Besprechungsräumen Konferenz-
Gesprächspartner sogar dabei sehen.          spinnen zur Verfügung. Der Ton wird über
Das funktioniert nicht nur auf dem Desk-     eine professionelle Kommunikations-
top vor Ort. Einladungen kann man auch       lösung übertragen und die Patienten-
jederzeit unterwegs auf dem Tablet oder      bilder sowie die Gesprächspartner wer-
dem Smartphone annehmen.                     den in der ISP-Oberfläche dargestellt.
    Während beispielsweise Prof. Dr.         Jeder hat das Recht, zu einer Sitzung ein-
Thomas Helmberger, Chefarzt des Ins-         zuladen. Das vermeidet Reisezeiten und
tituts für Diagnostische und Interven-       reduziert insbesondere während der
tionelle Radiologie, Neuroradiologie         Corona-Pandemie das Infektionsrisiko.
und Nuklearmedizin in Bogenhausen,              Prof. Thomas Helmberger erklärt:
die Leberuntersuchung vor sich hat,          „Bei einem Patienten mit Lebermetas-
kann Dr. Joanna Lange in Neuperlach          tasierung ist sofort zu erkennen, in wel-
ebenfalls die vorgearbeiteten Bilder und     chem Segment die Läsionen auftreten.
die farblich unterschiedlichen Leber-        Die Ärzte können anhand der Visualisie-

                                                                                                                     R ADIOLOGIE MAGAZIN · 3-2020    9
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                                                        rung und der aufbereiteten Messwerte          ortübergreifende Präsentation als sicher
                                                        genau beurteilen, ob eine Hemihepa-           und zeitsparend unter Beweis gestellt.
                                                        tektomie notwendig ist, beziehungs-               Das Faszinierende an der komplexen
                                                        weise wieviel Lebervolumen nach einer         IT-Lösung der München Klinik ist gleich-
                                                        Operation übrigbleiben wird.“ Die ISP         zeitig die Einfachheit. Egal, von welchem
                                                        kann nicht nur jedes Segment volu-            Standort und von welcher Modalität der
                                                        metrieren, sondern auch anhand von            zahlreichen unterschiedlichen Herstel-
      Die München Klinik ist eine gemeinnützige
                                                        Zahlenwerten darstellen, wie gesund           ler die Bilder zur ISP geschickt werden,
      Organisation und der offizielle Gesundheits-
      versorger der Stadt München. Mit den Kliniken     die Leber ist: Hat der Patient eine Stea-     die dünnen Schichten und Scans werden
      in Bogenhausen, Harlaching, Neuperlach,           tose oder gibt es Eiseneinlagerungen?         gleichermaßen behandelt, ausgewertet
      Schwabing und Thalkirchner Straße bietet die      Fragestellungen, die im Rahmen der            und können vom Desktop, Tablet oder
      München Klinik eine umfassende Versorgung         OP-Planung durchaus von Interesse             Smartphone aus geöffnet werden. Die
      auf höchstem medizinischem und pflegeri-
                                                        sind. „Wir haben an beiden Standorten         homogene IT-Lösung sorgt auf verschie-
      schem Niveau.
      Die München Klinik ist Deutschlands zweit-        ambitionierte Chirurgen. Aber in die-         densten Endgeräten für eine einheitliche
      größter kommunaler Krankenhausverbund –           sem Fall wäre die Ablation von Vorteil“,      Darstellung unterschiedlichster Untersu-
      mit über 7.000 Beschäftigten, rund 3.300 Betten   stellt Prof. Helmberger fest.                 chungen. „Egal, wo ich sitze, ich habe
      und vier Häusern der Maximalversorgung.
                                                           Neben der Beurteilung der aktuel-          immer dieselbe Oberfläche. Bei 30 Pati-
      Die Arbeit ist geprägt von der engen Zusam-
      menarbeit mit den Münchner Universitäten.         len Patientensituation unterstützt Intel-     enten pro Tag hat es seine Vorteile, wenn
      Jährlich lassen sich rund 135.000 Menschen        liSpace Portal auch eine Verlaufskon-         alles gleich aussieht und gleich funktio-
      stationär behandeln – aus München und             trolle, indem Bilder, die vor und nach        niert“, bestätigt Dr. Lange die Vorteile der
      aus der Region. In der Notfallmedizin ist die     der Behandlung aufgenommen wurden,            umfangreichen IT-Lösung.
      München Klinik die Nr. 1 der Region.
                                                        gegenübergestellt und zahlenmäßig
      Über 40 Prozent aller Notfälle der Landes-
      hauptstadt werden in den vier Notfallzentren      verglichen werden können. So hat der          Ständige Optimierung der Workflows
      aufgenommen.                                      behandelnde Arzt jederzeit im Blick,          Auch im Telemedizinischen Schlagan-
                                                        ob sich das Gewebe erholt und welche          fallnetzwerk Ostbayern – Tempis – haben
                                                        Prognose der Patient zu erwarten hat.         sich die automatisierten Abläufe und
                                                           Dr. Joanna Lange zeigt sich begeis-        die modernen Kommunikationsstruktu-
                                                        tert von den automatisiert ablaufenden        ren bereits bewährt. Die Entscheidung,
                                                        Auswertungen der ISP. „Nachdem der            ob der Patient zur Weiterbehandlung
                                                        Scan gefahren wird, läuft der Rest zum        verlegt werden muss, wird bereits von
                                                        Beispiel bei Lungenauswertungen und           den Spezialisten vor Ort getroffen.
                                                        cerebralen Perfusionen weitgehend             Sie entscheiden, welcher Patient einer
                                                        automatisch. Das Preprocessing der            sofortigen Verlegung bedarf und wel-
                                                        Bilder verkürzt die Wartezeit für Ärzte       cher nicht. Das spart nicht nur Zeit, son-
                                                        und Patienten.“ Technologisch gesehen         dern auch Kosten.
                                                        stellen die vier Klinikstandorte im Netz-         „Wenn wir einen Patienten nach
                                                        werk unterschiedliche Mandaten dar.           Harlaching verlegen, hat das den Vor-
                                                        Jeder kann nur auf die eigenen Patien-        teil, dass die Ärzte dort bereits über
                                                        ten zugreifen. Nur über einen Emer-           seinen Zustand bestens informiert
                                                        gency-Button kann man im Notfall auf          sind. Sie können die Intervention pla-
                                                        Daten aus anderen Häusern zugreifen.          nen und vorbereiten, da sie alle Bilder
                                                           Inzwischen wird IntelliSpace Portal        und Auswertungen einsehen können,
                                                        standortüberreifend regelmäßig nicht          bevor er eintrifft“, so Dr. Joanna Lange.
                                                        nur für Tumorkonferenzen, sondern auch        „Außerdem“, ergänzt Gerald Götz,
                                                        für Fortbildungen und Seminare einge-         „werden die Prozesse in den Radiologien
                                                        setzt. In Corona-Zeiten hat sich die stand-   der vier Klinikstandorte stets dahinge-

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hend optimiert, verfügbare Ressourcen     des Technologiekonzerns. Beide sind         Automatisierte und standardisierte
aufzuzeigen, um Engpässe zu vermei-       interessiert, die Prozesse effizienter      Abläufe haben den Vorteil, dass das System
                                                                                      selbstständig optimale Untersuchungs-
den. Mithilfe der zentralisierten und     zu gestalten und besser zu werden.          parameter auswählt und in kürzester Zeit für
standardisierten Strukturen haben wir     Für Götz ist Technologie kein Selbst-       die Bildanalyse darstellt. Trotzdem bedarf
                                                                                      es der Kompetenz von Radiologen, die Mess-
kein Problem, standortunabhängig zu       zweck. Regelmäßig finden sogenannte
                                                                                      ergebnisse zu validieren.
unterstützen. Jeder Standort kann dazu    Technologie-Reviews statt, bei denen
beitragen, Lastspitzen ausgleichen.“      man sich auf Arbeitsebene mit den Klinik-
Die Virtualisierung der Desktop-Infra-    leitern und dem Management trifft, um
struktur hat in den Röntgenabteilungen    über neue Technologien und Methoden
der München Klinik Platz geschaffen, da   zu diskutieren. Zweimal im Jahr stehen
es keine modalitätsnahen Workstations     im Rahmen der Partnerschaft Meetings
mehr gibt. Mithilfe des IntelliSpace      zwischen der Geschäftsleitung und dem
Portal können spezialisierte Auswer-      Top-Management im Medical Board auf
tungen heute an allen Arbeitsplätzen      dem Programm, um über Meilensteine
durchgeführt werden.                      und Innovationen zu sprechen.
    Im Rahmen der Technologiepartner-         Auch IntelliSpace Portal wurde vor
schaft sind die München Klinik und        weniger als zwei Jahren während eines
Philips ständig bestrebt, die Work-       Technologie-Reviews vorgestellt. Heute
flows zu optimieren und voneinander       möchte Dr. Joanna Lange nicht mehr auf
zu lernen. Philips benötigt den Kontakt   die Lösung verzichten. Und Gerald Götz
mit dem Kunden, um seine Anforde-         kann sich nicht mehr vorstellen, wie es
rungen zu verstehen. Gleichzeitig pro-    ohne Innovationspartnerschaft gelingen
fitiert das Management der München        würde, den Investitionsstau der München
Klinik von den ständigen Innovationen     Klinik nach und nach abzubauen.                 www.philips.de/healthcare

                                                                                                                R ADIOLOGIE MAGAZIN · 3-2020   11
X- K L U S I V

      Effekte erkennen
       Guido Gebhardt sprach mit PD Dr. med. Felix Nensa über Künstliche Intelligenz in
       der Radiologie, was Radiologen bezüglich KI wissen sollten, wodurch sich komplexe
       IT-Netzwerke zukünftig auszeichnen und wie seiner Meinung nach die Radiologie
       in fünf Jahren aussehen könnte.

       ! Was sollte ein interessierter Radiologe   und statistische Modelle ohne explizite     Es ist nicht wichtig, alles im Detail zu
       über KI wissen?                             Anweisungen verwendet, um bestimmte         verstehen, aber man muss wissen, wel-
       Zu allererst sollten Radiologinnen und      Aufgaben auszuführen.                       che Effekte unter welchen Bedingungen
       Radiologen wissen, dass wir zwar von           Außerdem sollte man die Schwä-           auftreten können. Gleichzeitig sollten
       Künstlicher Intelligenz sprechen, die       chen von KI kennen. So ist es hilfreich     Radiologen die Metriken verstehen, die
       Systeme jedoch nicht wirklich intelligent   zu wissen, welche Effekte unter welchen     es ermöglichen, die Leistungsfähigkeit
       sind. KI-Systeme kommen auf ganz ande-      Voraussetzungen auftreten können. Bei-      von KI zu beurteilen. Denn jeder Herstel-
       ren Wegen zu Ergebnissen, wie wir das       spielsweise sollte einem so ein Begriff     ler von KI-Software wird sich vielleicht
       tun. Wer das nicht berücksichtigt, kommt    wie „adversarial tag“ etwas sagen. Das      genau die Metriken raussuchen, mit
       eventuell zu falschen Ergebnissen.          hört sich zwar furchtbar technisch an,      denen sein Produkt so gut wie möglich
          KI bezeichnet keine Technologie,         aber es bedeutet letztendlich, dass man     dargestellt wird. Das muss aber nicht
       sondern steht als Sammelbegriff für         einer KI ein Bild einer Ananas zeigt und    bedeuten, dass diese Metriken die Leis-
       eine Vielzahl von Technologien. Wenn        ihr sagt, dass es sich um eine Ananas       tungsfähigkeit einer KI widerspiegeln.
       wir heutzutage über KI reden, meinen        handelt. Ändert man aber wenige für             Ein einfaches Beispiel dafür ist:
       wir meistens Machine Learning oder          den Menschen nicht sichtbare Pixel          Wenn Sie einen Classifier im Screening
       Deep Learning, da diese Bereiche in         im Bild, könnte die KI schnell zu dem       verwenden, der ganz seltene Erkran-
       den letzten Jahren einen Hype erfahren      Ergebnis kommen, dass es sich um eine       kungen erkennen soll, haben Sie ver-
       haben. KI umfasst aber noch viel mehr.      Bratwurst handelt. Ein anderes Beispiel     mutlich Datensätze mit einem starken
          Bevor man sich für KI interessiert,      wäre: Eine KI, die auf Gesichtserken-       Bias. Denn im Fall von seltenen Krank-
       sollte man sich zunächst mit einigen        nung trainiert wurde, erkennt Falten in     heiten gibt es leider sehr viele negative
       Begriffen vertraut machen. Für mich ist     einem Sofakissen als Gesicht. Solange       Fälle und eventuell nur einen positiven
       es wichtig zu verstehen, ob es sich um      man eine digitale Fotokamera verwen-        Datensatz, um den Algorithmus zu trai-
       Symbolische KI oder Deep Learning han-      det, die sich anstatt auf das Gesicht von   nieren. Legen Sie in diesem Fall eine
       delt: Greift das Computerprogramm auf       Opa auf das Sofakissen fokussiert, ist      A-priori-Wahrscheinlichkeit zugrunde
       menschliches Wissen und Verhaltens-         das sicherlich egal. In der Medizin kann    und sagen dem Screeningtool „nein die
       regeln zurück oder werden Algorithmen       das schlimme Folgen nach sich ziehen.       Erkrankung ist nicht vorhanden“, liegen

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X- K L U S I V

„Je komplexer die KI ist,
 umso schwieriger ist es nach-
 zuvollziehen, weshalb sich die
 KI für ein bestimmtes Ergebnis
 entscheidet.“
PD Dr. med. Felix Nensa, Leiter der
Arbeitsgruppe für Künstliche Intelligenz
am Institut für Diagnostische und Interven-
tionelle Radiologie und Neuroradiologie
an der Universitätsmedizin, Essen

     R ADIOLOGIE MAGAZIN · 3-2020         13
X- K L U S I V

                                            Sie in vielen Fällen schon richtig, da nur   für Radiologie-KI auf die Beine stellen.
                                            ein Datensatz positiv ist. Eine Metrik,      In Bern gibt es das bereits.
                                            die das nicht berücksichtigt, sieht super        Zur Eröffnung des Studiengangs
                                            aus. Ohne diesen Hintergrund sollte          „Certificate of Advanced Studies“ hielt ich
                                            man die Finger von KI lassen, da man         im letzten Jahr im Insel-Spital die Eröff-
                                            nicht weiß, was sie tut.                     nungsvorlesung. In einigen Orten sind
             „Es ist nicht nur wichtig zu      Radiologinnen und Radiologen soll-        diese Weiterbildungen also bereits etab-
        wissen, was eine KI kann. Wichtig   ten sich meines Erachtens erst eine          liert, während sie andernorts gerade ent-
           ist auch zu wissen, wofür sich   Übersicht zu den unterschiedlichen Her-      stehen. Auch in unser Fachgesellschaft
                                            stellern und Lösungen verschaffen und        der Deutschen Röntgengesellschaft
           die Algorithmen nicht eignen,    anschließend die Software evaluieren.        haben wir das Thema erkannt und KI
            zumindest jetzt noch nicht.“    Die alles entscheidende Frage lautet: Ist    logischerweise als Schwerpunkt gesetzt.
                                            ein Produkt in der Lage, meinen Work-        Die Kolleginnen und Kollegen können
                                            flow sinnvoll zu unterstützen?               darauf vertrauen, dass wir uns in der DRG
                                                                                         gerade intensiv mit der Wissensvermitt-
                                            ! Wie schafft man es, sich neben dem         lung rund um KI beschäftigen.
                                            Alltagsgeschäft zusätzlich um die neuen
                                            Technologien zu kümmern?                     ! Welche Prozesse eigenen sich denn
                                            Das halte ich für eine ganz wichtige         besonders, um mit KI in der Radiologie zu
                                            Frage, denn genau damit beschäftigen         beginnen?
                                            auch wir uns. Wir haben hier in Essen        Simpel gesagt bieten sich langweilige
                                            das Zentrum für Künstliche Intelligenz in    und repetitive Tätigkeiten besonders an:
                                            der Medizin gegründet. Zunächst haben        Wenn es also darum geht, etwas zu ver-
                                            wir damit begonnen, einmal im Semes-         messen, etwas quantifiziert oder seg-
                                            ter eine Weiterbildung zu veranstalten.      mentiert werden muss. Beim Workflow
                                            Damit möchten wir die Basis für eine         sind es eher bestimmte Abläufe, die
                                            zukünftige Integration ins Medizinstu-       man optimieren möchte, aber auch das
                                            dium schaffen. Ausserdem möchten             Suchen in großen Datenbeständen lässt
                                            wir in Kürze eine Zusatzqualifikation        sich mithilfe von KI besonders effizient

14     R ADIOLOGIE MAGAZIN · 3-2020
Zubehör für die
                                                                   Kernspintomographie                           X- K L U S I V

automatisieren. Beim Reporting wäre beispielsweise eine
automatische Integration von Informationen, wie das Durch-
suchen von Bilddatenbank hinsichtlich ähnlicher Befunde,
hilfreich oder im Hintergrund laufende Assistenten mit Hin-
weisfunktion: „Hast du gesehen, dass der Patient auch eine
Wirbelkörperfraktur hat?“
    Wenn man manchmal axial durch eine CT scrollt und sich
den Scan nicht nochmal sagittal ansieht, kann man schon mal
schnell so eine Fraktur übersehen. Dinge, die für Radiologinnen
und Radiologen intellektuell nicht herausfordernd aber zeit-
aufwändig und oder langweilig sind, bieten sich besonders
an, von Algorithmen ersetzt zu werden.
    Wichtig ist auch zu wissen, wofür sich die Algorithmen
nicht eignen, zumindest jetzt noch nicht: das ist die Voll-
automatisierung der Diagnostik ohne Supervision. Außerdem
braucht wirklich niemand eine KI, um eine Lungenembolie
oder intrakranielle Blutungen im CT zu erkennen. Das sieht
man als Radiologe selbst mit wenig Erfahrung innerhalb von
Millisekunden. In diesen Fällen stehen wir am Scanner und
gucken unmittelbar auf die Bilder. Tatsächlich sind es eher
die Hintergrundassistenten, die hilfreich sind, wenn es in der
Routinediagnostik um Unterstützung geht.
    Uns allen ist die „Satisfaction of Search“ bekannt.
Auf einem Thorax-Scan ist die Lungenembolie sofort zu erken-
nen, damit ist man zufrieden und sagt „ja toll hab ich erkannt.“
Gleichzeitig übersieht man, dass es noch einen Leber-
tumor gibt, obwohl die Leber auf dem CT noch ein bisschen
angeschnitten ist. Selbst eine offensichtliche Läsion kann
übersehen werden. Dafür sind Hintergrundassistenten gut.
Die sind völlig stumm, aber denen entgeht sowas nicht, denn
sie arbeiten ihr Programm zuverlässig ab.

! Wie baut man eine komplexe Radiologie-KI-Lösung auf?
Der Aufbau komplexer Lösungen mit KI kann nur Schritt für
Schritt gelingen. Ich bin ein ganz großer Verfechter von „ein
Tool für eine Aufgabe“. Große Tools, die alles können, sind
der falsche Ansatz. Mit KI ist es schon schwer genug nach-
zuvollziehen, wie es zu einer Entscheidung kommt. Je mehr
                                                                    „Der MRT Fachhändler
Aufgaben ein neuronales Netzwerk zu erledigen hat, umso
komplexer wird es.
                                                                     meines Vertrauens.“
   Da wird es zunehmend schwieriger, an bestimmten
Stellschrauben zu drehen, und auch die Wiederverwendbar-
keit ist nicht mehr so gegeben. Ich verwende lieber kleine
Tools, die kleine Aufgaben richtig gut und transparent erledi-
gen, sodass man nachvollziehen kann, wie sie zum Ergebnis
gekommen sind. Wichtig sind auf jeden Fall offene Schnittstel-
len und keine proprietären Datenformate. Es sollten DICOM-
Daten angenommen und DICOM-Daten ausgegeben werden.
FHIR oder HL7 sind ebenfalls in der Lage, strukturierte Doku-
mente auszugeben.

                                                                   www.allmri.com
                                                                   Südstraße 23 · 74226 Nordheim
                                                                   Telefon: +49 71 33 / 23 70 220 · Telefax: +49 71 33 / 20 48 47
                                                                   mail@allmri.com
X- K L U S I V

                                                      Offene Standards und offene Schnitt-          den Workflow ändert, indem man das
                                                      stellen halte ich für ganz wichtig.           Problem anders definiert, indem man
                                                      Die Radiologie ist mit DICOM bereits          klassische IT verwendet oder indem
                                                      gut aufgestellt. Aber die anderen Dinge,      man KI einsetzt.
                                                      ob das RIS HL7 oder sogar FHIR unter-
                                                      stützt, müssen unbedingt abgeklärt wer-       ! 2016 postulierte Geoffrey Hinton, dass
          Die Universitätsmedizin Essen sorgt         den, um eine Third-Party-Integration zu       wir in fünf Jahren aufhören sollten, Radio-
          mit der Einrichtung des Instituts für
                                                      ermöglichen. Unterschiedliche Systeme         logen auszubilden. Die fünf Jahre sind jetzt
          Künstliche Intelligenz gemeinsam mit
          der Medizinische Fakultät der Universität   von unterschiedlichen Herstellern soll-       fast vorbei und es hat sich nicht besonders
          Duisburg-Essen und der Berufung von         ten sich einfach integrieren lassen.          viel geändert. Wie wird Ihrer Meinung nach
          gleich vier Professuren für Künstliche                                                    die Radiologie in fünf Jahren aussehen?
          Intelligenz in der Medizin die Voraus-
                                                      ! Was fasziniert Sie persönlich an KI?        Ich glaube die Radiologie wird in fünf
          setzung dafür, dass die vielfältigen Ein-
                                                      Ich beschäftige mich inzwischen seit          Jahren gar nicht soviel anders sein als
          zelaktivitäten in der Fakultät gebündelt
          werden können und Synergien in der          mehr als 20 Jahren mit Informatik und         heute. Meiner Meinung nach handelt es
          Entwicklung von Werkzeugen geschaffen       programmiere auch selbst. Beim Pro-           sich bei KI nicht um einen disruptiven
          werden. Alle Forschungs-Schwerpunkte        grammieren geht es darum, dass Sie ver-       Prozess, so wie das viele immer wieder
          werden dabei von der multiparametri-
                                                      suchen, eine Aufgabe mittels eines Algo-      herbeireden. KI kommt in der Radiolo-
          schen „omics“-Analyse komplexer Daten-
          sätze profitieren.                          rithmus zu lösen. Eine komplexe Aufgabe       gie längst zum Einsatz, nur viele wissen
                                                      wird solange in kleine Teilaufgaben zer-      nicht, dass CTs oder MRTs in Rekons-
                                                      legt, bis die kleinen Teilaufgaben lösbar     truktionsalgorithmen längst selbstler-
                                                      sind. Anschließend setzen Sie alles wie-      nende Algorithmen verwenden. Für den
                                                      der zu einem großen Algorithmus zusam-        Anwender bedeutet das: mein MRT ist
                                                      men. Wenn man das mag und der Typ             schneller oder mein CT macht gleich
                                                      dazu ist, findet man das ganz toll.           gute Bilder, braucht aber weniger Dosis.
                                                          Damals habe ich mich auch schon           Das ist super, gehört aber zur normalen
                                                      mit der Bilderkennung beschäftigt. Für        Produktentwicklung.
                                                      Menschen ist das total trivial: das ist ein       Ich hoffe, dass sich in fünf Jahren die
                                                      Hund, das ist eine Katze und das ist ein      Spreu vom Weizen getrennt haben wird.
                                                      Elefant. Mit klassischer Programmierung       Durch den Hype sind Unternehmen ent-
                                                      ist die Bilderkennung unfassbar schwie-       standen, die Probleme lösen, die wir
                                                      rig abzubilden.                               gar nicht haben. Hoffentlich setzen sich
                                                          Die Robotik hatte immer Probleme          bald Lösungen durch, die seriös sind
                                                      damit. Was ein Zweijähriger kann, ist         und einen deutlichen Mehrwert bieten.
                                                      selbst für einen Hochleistungscomputer            In fünf Jahren wird eine signifikante
                                                      unmöglich. KI verfolgt einen ganz ande-       Marktbereinigung stattgefunden haben
                                                      ren Ansatz. Ich mach mir keine Gedan-         und zwischen 50 bis 80 Prozent der
                                                      ken über den Algorithmus, sondern ich         Anbieter gibt es nicht mehr. Das ist mein
                                                      mache mir Gedanken über Input- und            optimistisches Szenario. Das pessimis-
                                                      Outputdaten sowie über die Architektur        tische Szenario sieht so aus: Zuviele
                                                      eines Netzwerks. Und dieses Netzwerk          Radiologen werden enttäuscht sein, da
                                                      mit viel Rechenkapazität zu trainieren,       sie mit überzogenen Erwartungen wenig
                                                      finde ich faszinierend, da man mit KI         seriöse Produkte ausprobiert haben und
                                                      erfolgreich Aufgaben lösen kann, die          von deren Funktion vollkommen ent-
                                                      Jahrzehnte lang für Menschen als zu           täuscht sind. Dadurch könnte der Trend
                                                      komplex galten. Selbstlernende Algo-          ins Gegenteil verzerrt werden, wodurch
                                                      rithmen sehe ich nur als ein Werkzeug         sich die Weiterentwicklung verzögert.
                                                      von vielen.                                       Aber eins ist klar: momentan bietet KI
                                                          Bevor ich in der klinischen Radiolo-      ein riesiges Potenzial und zahlreiche
                                                      gie ein Problem löse, will ich erst wissen    Möglichkeiten, Arbeitsabläufe in der
           radiologie.uk-essen.de                     ob es sich auch lösen lässt, indem man        Radiologie zu optimieren.

16     R ADIOLOGIE MAGAZIN · 3-2020
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      Struktur-Report
       Selbst nach 25 Jahren ist die Strukturierte Befundung in der Routine der
       Radiologie immer noch nicht angekommen. Doch die Künstliche Intelligenz
       benötigt strukturierte Daten, um zuverlässige Algorithmen zu trainieren.
       Guido Gebhardt sprach mit PD Dr. Pinto dos Santos, Oberarzt am Institut für
       Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Uniklinik Köln und Leiter
       der Machine Learning und Data Science Group, über unterschiedliche Lösungs-
       ansätze und die klaren Vorteile, strukturiert zu befunden.

       ! Welche Vorteile bietet die Strukturierte     Vorteil, dass die Befunde sich sprachlich    den Befundbericht besser zu verstehen.
       Befundung?                                     stilistisch immer ähnlich sind. Zusätzlich   Und ich glaube, das ist der zentrale Punkt.
       Die Vorteile der Strukturierten Befundung      wäre es vorstellbar, ähnlich wie in der         Der Befund ist das Produkt, das der
       liegen mehr oder weniger auf der Hand.         Labormedizin, den Befund mit Tabellen,       Zuweiser von der Radiologie haben
       Aktuell ist es meist so, dass Radiolo-         Parametern und Messwerten anzurei-           möchte. Wenn es uns gelingt, den
       gen ihre Befunde als Freitext formulie-        chern. Zum Pankreaskarzinom könnte           Zuweisern relevante Informationen ver-
       ren. Dabei hat jeder hat seine eigenen         da beispielsweise stehen, welches Gefäß      ständlich darzustellen, weil es klarer ist,
       sprachlichen Vorlieben, was den Stil           wie am Tumor involviert ist.                 weil es kürzer ist, weil es alles in allem
       angeht und was die Wortwahl angeht.                Insofern denke ich, besteht der große    besser ist, wird er ihn immer wieder von
       Hinzu kommt, dass nicht jeder immer            Vorteil der Strukturierten Befundung         uns haben wollen.
       präsent hat, für welche Fragestellung          in einer stilistischen und inhaltlichen
       welche Inhalte relevant sind. Das heißt,       Homogeneisierung, um einen bestimm-          ! Ist es nicht so, dass auch bei der Auswer-
       Befunde verfügen sowohl über sprach-           ten qualitativen Mindeststandard zu          tung von Big Data im Zusammenhang mit
       lich stilistische als auch inhaltliche Vari-   erreichen. Doch wenn der Radiologe           Machine Learning Strukturierte Befunde
       ationen. Obwohl der Befund bestimmt            übersieht, worum es geht, dringt das         Vorteile bringen?
       per se nicht falsch ist, fehlt dem Zuwei-      auch in einen Strukturierten Befund          Ja genau, das kommt noch hinzu: Struk-
       ser eventuell eine wichtige Information,       falsch ein. Der Strukturierte Befund ver-    turierte Befunde sind von IT-Systemen
       da dem Radiologen die Fragestellung            bessert also nicht per se den Radiolo-       deutlich besser auszuwerten. Bei Frei-
       nicht eindeutig kommuniziert wurde.            gen oder den Befund.                         text kann es sein, dass doppelte und
           Im Gegensatz dazu orientiert sich die          Die Strukturierte Befundung sorgt        dreifache Verneinungen vorkommen.
       Strukturierte Befundung, so wie wir sie in     jedoch über Umwege für eine Verbesse-        Da gibt jeder Computer auf. Dagegen
       der Deutschen Röntgengesellschaft den-         rung: Wenn der Radiologe weiß, worauf        sind tabellarische Eingabemasken sehr
       ken und wie es in der Literatur propagiert     es ankommt, kann er sich festlegen und       leicht maschinenlesbar und man kann,
       wird, an Befundvorlagen. Das hat den           dem Zuweiser etwas an die Hand geben,        beispielsweise basierend auf Eingaben,

18     R ADIOLOGIE MAGAZIN · 3-2020
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aus dem Befund Workflows triggern.
So ist es vorstellbar, dass aufgrund der
Angabe zu einer bestimmten Größe von
Lungenherden, automatisiert eine Emp-
fehlung zur Verlaufskontrolle ausgelöst
wird. Oder, wenn zu einem Lebertu-
mor eine bestimmte Textur angegeben
wird, folgt daraus eventuell sogar eine
bestimmte Behandlungsempfehlung.
    In Zusammenhang mit Big Data und
Künstlicher Intelligenz wäre es sogar vor-
stellbar, aus einem deutschlandweiten
Pool sämtliche Befunde und Bilder von
Pankreastumoren rauszusuchen. Dann
wüssten wir sofort, ob ein bestimmtes
Gefäß involviert ist oder nicht. Mit diesen
Informationen könnten wir zum einen
eine KI trainieren oder zum anderen mit-
hilfe eines Classifiers, der bestimmte        Meniskusriss habe und genau weiß,            „Die Strukturierte Befundung setzt sich leider
Fragestellungen analysiert, viel einfacher    worauf es ankommt, kann ich in einem          nicht so durch, wie gedacht. Einige RIS / PACS-
einen Strukturierten Befund befüllen als      Satz alles wichtige beschreiben, was der      Anbieter arbeiten aber bereits an Lösungen,
                                                                                            die hoffentlich schon bald eine durchgängige
einen Wust von Freitext zu erzeugen.          Zuweiser wissen will.“
                                                                                            Strukturierte Befundung ermöglichen.“
                                                  Das trifft aber nur für Radiologen zu,
                                                                                           Dr. Pinto dos Santos, Oberarzt am Institut für
! Verursacht die Strukturierte Befundung      die wirklich sehr erfahren sind und die      Diagnostische und Interventionelle Radiologie
einen zeitlichen Mehraufwand?                 wirklich wissen, worauf es den Zuwei-        der Uniklinik Köln und Leiter der Machine Learning
                                                                                           und Data Science Group
Derzeit ist das vermutlich noch so. Doch      sern ankommt. Von der Strukturierten
meines Erachtens liegt das auch daran,        Befundung profitieren in erster Linie
dass wir noch nicht die richtigen Werk-       weniger erfahrene Radiologen sowie die
zeuge an der Hand haben, um die Struk-        zuweisenden Ärzte. Denn das Struktu-
turierte Befundung einfach zu gestalten.      rierte Abarbeiten von Checklisten sorgt
Erfahrene Radiologen diktieren einen          dafür, dass in jedem Befund sämtliche
guten Befund ziemlich schnell. Deshalb        Details exakt beschrieben werden.
kommt aus der Praxis oftmals das Argu-            Die Tatsache, dass die Strukturierte
ment: „Wenn ich ein Knie-MR mit einem         Befundung im Augenblick mehr Auf-

                                                                                                                    R ADIOLOGIE MAGAZIN · 3-2020    19
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                                                                  wand erzeugt, liegt also daran, dass wir noch nicht über die
                                                                  richtigen Werkzeuge verfügen. Wenn ich beispielsweise im RIS
                                                                  erst eine eigene Anwendung starten muss, um anschließend
                                                                  im Zusatzprogramm zu klicken und im Bild zu scrollen, ist das
                                                                  als Workflow verständlicherweise nicht so gemütlich. Da ist es
                                                                  einfacher, weiterhin mit der Maus in der einen und dem Diktier-
                                                                  gerät in der anderen Hand zu arbeiten.
                                                                      Aber das scheint mir alles nur eine Frage von software-
                                                                  gestützten Lösungen zu sein, die eines Tages sicherlich ange-
                                                                  boten werden. Professor Forsting aus Essen propagiert seit
                                                                  Längerem „Man müsste die Befundung ganz neu denken“ und
                                                                  bräuchte am besten eine Art Tablet vor sich: mit der einen Hand
                                                                  scrollt und klickt man sich durch die Bilder und mit der anderen
                                                                  könnte man die Maus durch die Befundvorlage bewegen.
                                                                      Das heißt, ja, die Strukturierte Befundung verursacht aktuell
                                                                  noch einen Mehraufwand, den zahlreiche Radiologen nicht
                                                                  leisten möchten, da die vorhanden Systeme nicht ausreichend
                                                                  geeignet sind. Radiologen werden schließlich nicht für einen
                                                                  guten oder einen Strukturierten Befund bezahlt, sondern dafür,
                                                                  einen Befund in irgendeiner Art zu erstellen.

                                                                  ! Wie beginne ich, strukturiert zu befunden?
                                                                  Leider sind auch die Befundvorlagen der DRG nicht so einfach in
                                                                  die unterschiedlichen Radiologieinformationssysteme zu inte-
                                                                  grieren. Hier in Köln überführen wir die Inhalte der Vorlagen,
                                                                  so wie wir sie auf der DRG-Seite präsentieren, in ein einfaches
                                                                  Textdokument und holen es mit Copy&Paste ins RIS. So ist der
                                                                  Befund, der am Ende rauskommt, ähnlich strukturiert, wie wenn
                                                                  man die Befundvorlagen von der DRG verwendet hätte. Klar, das
                                                                  ist ein Provisorium. Aber es funktioniert einfach und gut.
                                                                      In manchen RIS-Systemen ist es möglich, Textbausteinketten
                                                                  einzurichten. Das ist zwar mit viel Aufwand verbunden, aber
                                                                  die einzige Lösung, die ich sehe, die in der Breite funktionieren
                                                                  könnte. Das Ziel der DRG-Vorlagen ist nicht, unbedingt so funk-
                                                                  tional zu werden, wie beispielsweise eine dedizierte Lösung für
                                                                  die Tumorverlaufskontrolle, sondern man nimmt das, was es an
                                                                  interoperablen Standards gibt, wie beispielsweise das IHE Profil,
                                                                  und versucht darin, die medizinischen Inhalte zu verpacken.
                                                                  Die Idee, die hinter den Befundvorlagen der DRG steckt, ist,
                                                                  den Herstellern Vorlagen mit exakten medizinischen Inhalten
                                                                  zur Verfügung zu stellen. Die funktionale Umsetzung können
Vorlagen für die Strukturierte Befundung gibt es beispielsweise   und wollen wir nicht beeinflussen. Denn es sind einerseits
auf der Internetseite der DRG.                                    Lösungen vorstellbar, die direkt mit den Bildern interagieren
     www.befundung.drg.de/de-DE/3199/befundvorlagen               und so die Befundvorlage füllen. Andererseits wäre es eben-

20       R ADIOLOGIE MAGAZIN · 3-2020
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falls möglich, nur mit der Befundvorlage zu interagieren und        Dokumente und Laborwerte angezeigt werden, die zur Anam-
die Bilder unabhängig zu betrachten. Natürlich ist auch ein Mix     nese passen und relevant sein könnten, das Bild besser zu
aus beidem vorstellbar oder etwas ganz Neues.                       interpretieren.
    Wir geben letztendlich lediglich den interoperablen medi-          KI könnte auch helfen, die richtigen Serien nebeneinander
zinischen Inhalt heraus. Um alles weitere müssen sich die           zu hängen, um Bilder besser und schneller vergleichen zu
Hersteller von RIS und PACS kümmern.                                können. Vorstellbar wäre sehr vieles. Aber wenn ich es mir
                                                                    wünschen dürfte, wäre eine workflow-optimierte Radiologie an
! Wie sieht Ihrer Meinung nach die Radiologie in fünf Jahren aus?   erster Stelle. Individuelle Lösungen, die man besser auf den
Ich glaube, die Radiologie in fünf Jahren sieht, wenn ich es        Arbeitsablauf einstellen kann. Vom eigentlichen Ablauf würde
mir wünschen dürfte, vermutlich nicht ganz so anders aus wie        ich gar nicht so viel ändern. Meines Erachtens steckt für KI
heute. Auf absehbare Zeit wird KI nicht in der Lage sein, die       mehr Potenzial in der Workflow-Optimierung als in der Befund-
Tätigkeiten eines Radiologen weitgehend zu übernehmen.              unterstützung.
   Aber KI wird sicherlich helfen, bessere Workflows zu gestal-
ten. Das könnte ein RIS sein, das sich besser an die Aufgaben
anpasst, die man im Moment zu erledigen hat. Dabei stelle ich
mir eine schlanke Lösung vor, bei der ich leicht auf die Anam-
nese zugreifen kann. Eventuell sorgt KI dafür, dass zusätzlich         radiologie.uk-koeln.de

                                                             BESTENS IN DIE
                                                             RADIOLOGISCHE
                                                             ZUKUNFT STARTEN
                                                             Um einen größtmöglichen Nutzen radiologischer Leistungen
                                                             im medizinischen Gesamtkontext zu erzielen, müssen Bilddaten
                                                             schnell und gezielt verfügbar sein. Neben grundlegenden Funkti-
                                                             onen für die Befunderstellung umfasst das JiveX Enterprise PACS
                                                             daher auch Komponenten, die den abteilungs- und einrichtungs-

                                                             Wie es funktioniert? Sprechen Sie uns an,

                                                             wir beraten Sie gern.

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X- P E R T

      Künstliche
      Intelligenz
      braucht
      Daten
      Ein Beitrag über das Spannungsfeld
      von KI in der Medizin, mit dem Daten-
      hunger solcher Systeme und dem
      Schutz von Patientendaten.

22    R ADIOLOGIE MAGAZIN · 3-2020
X- P E R T

           Insbesondere in Deutschland ist die Diskussion
           über die Nutzung von Künstlicher Intelligenz
           immer auch verknüpft mit einer Datenschutz-
           diskussion. Wie wird die Nutzung von Daten,
           die in den allermeisten Fällen ja einem Patienten
           „gehören“, ermöglicht? Muss ein Patient ein-
           willigen? Und wenn ja, wie und wo wird diese
           Einwilligung gespeichert? Für eine radiologische
           Einrichtung stellen sich schon viele Fragen.

Daten
           Der Schutz der Daten
           Der Schutz medizinischer Patientendaten ist dabei kein
           Selbstzweck. Er ist unerlässlich und absolut notwendig.
           Die vielen, offen im Internet zugänglichen DICOM-Server –

brauchen
           einige davon auch in Deutschland – haben im letzten Jahr
           gezeigt, dass eigentlich selbstverständliche Standards nicht
           überall eingehalten werden. Auch in 2020 gab es, selbst auf
           gut geschützte Patientendaten, in Krankenhäusern immer

Schutz
           wieder gezielte Attacken. Ein Fall aus Finnland, bei dem es
           Angreifern gelang, sensible Daten eines Psychotherapiezent-
           rums mit 22 Standorten im Land zu erbeuten, zeigt die Brisanz.
           Zwei Jahre nach dem Diebstahl wurde nun begonnen, neben
           der Einrichtung auch Patienten zu erpressen. Diese sollen je
           etwa 200 Euro zahlen, damit keine Daten über ihre Behand-
           lung veröffentlicht werden.
               Und selbst Gesundheitsdaten, die mit den heute verfügbaren
           Verschlüsselungsmethoden geschützt sind, könnten mit zukünf-
           tiger Technologie in ein paar Jahren unter Umständen für solche
           Taten genutzt werden. Selbst wenn diese verschlüsselten Daten
           für einen Angreifer aus heutiger Sicht wertlos erscheinen.

           KI braucht Daten
           Für die Künstliche Intelligenz sind Daten dabei aber unerläss-
           lich. Je nach angewendeter Methode bei der Entwicklung einer
           medizinischen KI-Lösung benötigen die Entwicklerinnen und
           Entwickler einige hundert, einige tausend oder einige hundert-
           tausend Datensätze, um eine gute Vorhersage-Qualität zu
           erlangen. Die Daten sollten dabei möglichst passgenau zu den
           Daten sein, auf denen die KI später angewendet werden soll.
           Nur so werden am Ende auch in der Praxis gute Ergebnisse

                                                    R ADIOLOGIE MAGAZIN · 3-2020   23
X- P E R T

      erzielt. Ein System, das darauf aus ist,   stufige Interpretation möglich. Dabei      Für die Entwicklung einer KI mit tausen-
      aus Pixeldaten passgenaue Vorher-          wird zunächst erkannt, welcher Geräte-     den Daten ist dies daher heute schon
      sagen über die Wahrscheinlichkeit von      typ eine Aufnahme erstellt hat, um vor     meist deshalb nicht möglich, weil sich
      Krankheitsanzeichen in einer radiolo-      der eigentlichen Analyse zum Beispiel      bei größeren Beständen an Altdaten
      gischen Aufnahme zu detektieren, ist       einen gezielten Algorithmus zur Rausch-    in einer Einrichtung der einwilligungs-
      dabei umso genauer, je besser es in der    unterdrückung anzuwenden. Während-         pflichtige Patient nicht mehr erreichen
      jeweiligen Umgebung trainiert wurde.       dessen wird weiterhin versucht, die        lässt. Große Bestände an Daten könn-
          So leuchtet es ein, dass ein Sys-      Ethnie des Patienten zu erkennen oder      ten also nur für die Zukunft aufgebaut
      tem, welches vor allem mit Bildern         ein Organ zu segmentieren, bevor die       werden. Eine Zukunft, bei der man dann
      von männlichen, chinesischen Patien-       eigentliche Analyse zur Detektion einer    aber den genauen Nutzer oder Nut-
      ten trainiert wurde, für eine Patientin    Erkrankung angewendet wird.                zungszweck oft noch nicht benennen
      europäischer Herkunft nicht unbedingt         Die zweite Möglichkeit besteht darin,   kann.
      brauchbare Ergebnisse erzeugt. Auch        solche KI-Systeme vor der kommerziel-          Eine Möglichkeit zur Nutzung besteht
      wenn die Abweichung bei Röntgenauf-        len Anwendung auf Patientendaten mit       in der vollständigen Anonymisierung
      nahmen von unterschiedlichen Geräten       den lokal verfügbaren Patientendaten       von Datensätzen. Eine Verwendung und
      verschiedenen Alters nur gering sein       genau der Modalität zu trainieren, auf     vielleicht sogar ein Weiterverkauf von
      mag, sodass generalisierte Classifier      deren Bilder die KI zukünftig angewen-     Daten wäre in diesem Fall auch ohne
      hier gute Detektionsergebnisse liefern,    det werden soll. Dies bedeutet zwar        explizite Patienteneinwilligung mög-
      ist dies bei CT und vor allem bei MRT-     einen sehr viel größeren Aufwand bei       lich. Wie eine solche Möglichkeit bei
      Geräten doch deutlich schwieriger.         der Inbetriebnahme, verspricht aber        Bilddaten eines Patienten aussehen
      Selbst bei baugleichen MRT-Scannern        in der Regel bessere Ergebnisse und        kann, ist aber strittig. Denn hier reicht
      werden mitunter an verschiedenen           erfordert für das Training der Basisal-    es kaum aus, Patientennamen, Identi-
      Standorten deutliche Unterschiede bei      gorithmen, dass viel weniger sehr gut      fikationsnummern oder Geburtsdaten
      der Anwendung von KI-Algorithmen           gelabelte Daten ausreichen können.         aus den Bildern und deren Metadaten
      beobachtet. Erst recht natürlich bei                                                  zu entfernen. Auch das Bild an sich darf
      Geräten unterschiedlicher Hersteller,      Wie können Patientendaten für KI           keine Informationen mehr enthalten,
      anderer Altersklassen und mit abwei-       genutzt werden?                            mit denen sich die Patienten identifizie-
      chenden Feldstärken.                       Um Patientendaten für das Training von     ren lassen. Gerade die KI-Technologie
                                                 auf Künstlicher Intelligenz basierenden    wäre aber in der Regel geeignet, um ein
      Zwei Ansätze für KI                        Systemen nutzen zu können, muss in         anonymisiertes Röntgenbild treffsicher
      Dabei gibt es nun zwei Ansätze in der      Europa in der Regel das Einverständ-       einem anderen Röntgenbild desselben
      Entwicklung von radiologischen KI-Sys-     nis der Patientinnen und Patienten ein-    Patienten zuzuordnen, und so die Iden-
      temen. Zum einen kann mit sehr gro-        geholt werden. Normalerweise reicht        tifikation zu ermöglichen.
      ßen Datenmengen versucht werden,           dafür ein allgemeiner Passus in einem          Um Daten weitergeben zu können,
      eine universelle Lösung zu entwickeln,     Behandlungsvertrag nicht aus, der zum      sollte auch bei anonymen Daten immer
      deren Algorithmus aufgrund der Vielzahl    Beispiel an einer Universitätsklinik die   eine zumindest allgemeine Einverständ-
      an Trainingsdaten „Erfahrung“ mit einer    Nutzung von Daten zu Forschungszwe-        niserklärung erhoben werden. Dabei
      Vielzahl von unterschiedlichsten Geräten   cken gestattet. Sollen die Daten für die   muss systemseitig auch sichergestellt
      gesammelt hat, und damit auch die          Entwicklung einer KI weitergegeben         werden, dass Daten eines Patienten, der
      Bilddaten von verschiedensten Modali-      werden, muss ein solches Einverständ-      eine solche Einwilligung nicht gibt, oder
      täten mit guter Qualität befunden kann.    nis immer den konkreten Anwendungs-        der einer Nutzung sogar explizit wider-
      Bei diesem Ansatz ist auch eine mehr-      fall und den Empfänger benennen.           spricht, so gekennzeichnet sind, dass

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