Die Geschichte - lufthansa-technik.com - Lufthansa Technik
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Lufthansa Technik Die Geschichte Inhalt 04 Chronik 1951 bis 1955 28 Chronik 1975 bis 1984 50 Chronik 1995 bis 2004 Vor dem Start Steigflug Der Technik Konzern Noch vor der Neugründung der Das dritte Jahrzehnt der Tech- Die Selbständigkeit stellte die Deutschen Lufthansa begannen in nik bei Lufthansa war geprägt Lufthansa Technik in einen Markt, Hamburg die Bauarbeiten an der vom Ausbau des Geschäfts mit der zusehends schwieriger wurde. künftigen Technischen internationalen Kunden. Auf dem Aber das neue Unternehmen Basis der Fluggesellschaft. Als die Flugzeugmarkt ging Airbus als reagierte schnell und effektiv – mit ersten Flugzeuge eintrafen, waren europäischer Gegenpol zu dem neuen Produkten und dem Aufbau Wartungs- und Reparatursysteme bisherigen amerikanischen Mono- eines globalen Netzwerks. Diese einsatzbereit. pol an den Start – mit technischer Strategie erwies sich als richtig: Unterstützung der Lufthansa. Lufthansa Technik gehört zehn 12 Chronik 1955 bis 1964 Jahre nach ihrer Gründung zu Take off 38 Chronik 1985 bis 1994 den weltweiten Marktführern in Höhe halten der technischen Betreuung von Am 1. April 1955 nahm die neue Verkehrsflugzeugen. Lufthansa ihren Flugbetrieb auf. Ingenieure und Techniker der Hamburg war in den ersten Jahren Lufthansa haben die Entwicklung 64 Chronik 2005 bis 2014 nicht nur die Basis der Technik, der heutigen Verkehrsflugzeuge Globale Expansion sondern Drehscheibe für den und ihrer Instandhaltungsverfahren internationalen Luftverkehr. Mit maßgeblich mitgeprägt. Ein großes Mit dem 50. Jubiläumsjahr des der Boeing 707 begann 1960 bei Ausbauprogramm in Hamburg si- Lufthansa Konzerns und dem Lufthansa das Zeitalter der Düsen- cherte Anfang der neunziger Jahre zehnjährigen Bestehen der flugzeuge. die Zukunft der Technik. Lufthansa Technik AG brach in 2005 ein Jahrzehnt der globalen 20 Chronik 1965 bis 1974 Expansion an. Neue Standorte in Voller Schub den Wachstumsmärkten Asien und Amerika sowie verstärkte Partner- In den sechziger Jahren veränder- schaften mit den Herstellern von ten die Jets die Welt des Fliegens. Triebwerken und Komponenten Sie beförderten doppelt so viele (OEM) und Investitionen in Innova- Passagiere wie Propellerflugzeuge tion waren wichtige Meilensteine. und erreichten ihr Ziel in der Hälfte der Zeit. Nach den Langstrecken eroberten sie bald auch die Kurz- und Mittelstrecken. 3
1951 1953 1954 29. Mai 6. Januar 24. Mai Bundesverkehrsminister Hans- In Köln wird die „Aktiengesellschaft für Richtfest des ersten Bürogebäudes. Christoph Seebohm erteilt dem Luftverkehrsbedarf“ (Luftag) gegründet. Alt-Lufthanseaten Hans M. Bongers Bongers wird kaufmännischer, Höltje 6. August den Auftrag, die Bundesregierung „in technischer Vorstand. Umbenennung der Luftag in „Deutsche Fragen eines zukünftigen deutschen Lufthansa Aktiengesellschaft“. Luftverkehrs“ zu beraten. Schon damals zeichnet im „Büro Bongers“ Dipl.-Ing. 30. August Gerhard Höltje (Foto) für die Technik Das erste Werkstätten- und Lagergebäu- verantwortlich. de ist fertig gestellt. 4. Oktober Übernahme des ersten Teils der Flugzeug-Doppelhalle. Hier beginnt 26. Juni der technische Betrieb – zunächst als Die Luftag bestellt bei Lockheed die „Trockentraining“. ersten Flugzeuge: vier L-1049G „Super Constellation“. 1952 16. Januar Das Büro Bongers legt eine erste Studie „Die technische Basis einer deutschen Luftverkehrsgesellschaft“ vor. Autor 1. November Höltje schildert darin die technischen 21. Juli Die Personalliste der Lufthansa in Erfordernisse und entwirft ein System Im Südwesten des Flughafens Fuhlsbüt- Hamburg: 36 Angestellte und 86 für Wartung und Überholung. tel, auf der ehemaligen Borsteler Pferde- Arbeiter – Tendenz steigend. rennbahn, beginnen die Planierarbeiten 28. August für die ersten Werkshallen. 29. November Helmut Schmidt, damals Referent in der Die beiden ersten Lufthansa Flugzeuge Hamburger Wirtschaftsbehörde, sichert 28. September vom Typ Convair 340 treffen in die Unterstützung des Senats beim Bestellung von vier Convair 340. Hamburg ein. Aufbau der technischen Basis zu. 26. September 1955 Das Bundeskabinett beschließt die 1. März Gründung einer Vorbereitungsgesell- Aufnahme eines innerdeutschen schaft für den geplanten Luftverkehr. Probe-Luftverkehrs. 30. Oktober 31. März Ein weiteres Gutachten des Büro Die Doppel-Flugzeughalle auf der Bongers empfiehlt Hamburg als 2. Dezember Lufthansa Basis Hamburg wird feierlich Standort der technischen Basis. Mietvertrag zwischen Luftag, Wirtschafts- eingeweiht. Hier können bis zu zehn behörde und Hamburger Flughafen zweimotorige oder sechs viermotorige für die bereits im Bau befindlichen und Flugzeuge gleichzeitig gewartet werden. noch geplanten Werkstätten und Lager- gebäude. 4
Die Geschichte Vor dem Start Vor dem Start Noch vor der Neugründung der Deutschen Lufthansa begannen in Hamburg die Bauarbeiten an der künftigen Technischen Basis der Fluggesellschaft. Als die ersten Flugzeuge eintrafen, waren Wartungs- und Reparatursysteme einsatzbereit. 5
Die Geschichte Vor dem Start as Startsignal für den Auf- Deutschlands noch in Schutt und Asche bau der Lufthansa Technik in lagen, deutete sich bereits im Septem- Hamburg war alles andere als ber 1949, kurz nach Gründung der Bun- spektakulär. Am 28. August desrepublik, ein steiler wirtschaftlicher 1952 teilte die Hamburgische Behörde Aufstieg an. Intakte Auslandsverbindun- für Wirtschaft und Verkehr in fein ab- gen waren eine Grundvoraussetzung gewogenem Amtsdeutsch mit, dass es für das, was man später das deutsche möglich sein werde, „Ihren Wünschen in Wirtschaftswunder genannt hat. angemessener Weise entgegenzukom- Daher forderte Verkehrsminister men“. Hans-Christoph Seebohm noch im Mit Tatkraft und Initiative Unterzeichnet hatte den Brief Helmut selben Jahr von den Alliierten das Von Helmut Schmidt Schmidt, Leiter des Amtes für Verkehr grundsätzliche Recht des jungen Staa- unter dem Hamburger Wirtschaftssena- tes ein, „über alle Verkehrszweige nach Zum ersten Mal bin ich 1931 oder tor Prof. Karl Schiller und 22 Jahre spä- eigener Vollmacht zu entscheiden“. 1932 hier am Flughafen gewesen; ich ter deutscher Bundeskanzler. Adressat Dazu zählte er auch die Wiedererlan- war damals 12 oder 13 Jahre alt. Man war das „Büro Bongers“ in Köln. Hier gung der Lufthoheit und den Betrieb wartete stundenlang, bis ein Flugzeug kam – eine große Sensation. Und bereitete eine kleine Gruppe ehemaliger einer nationalen Fluggesellschaft. ganz selig ging ich wieder zur U-Bahn Lufthanseaten von der Öffentlichkeit un- und nach Hause zurück, weil ich näm- beachtet die Gründung einer deutschen Wiedererlangung lich ein kleines Kranich-Abzeichen Fluggesellschaft vor, obwohl die junge der Lufthoheit geschenkt bekommen hatte. Bundesrepublik Deutschland noch Mit ihren Sondierungen stieß die keine Lufthoheit besaß. Bundesregierung bei den Westalliierten 20 Jahre später kam ich zum zweiten schon bald nicht mehr auf Ablehnung. Mal hierher. Damals war ich Leiter des Der Brief von Das Kabinett schuf mit der Bereitstellung Amtes für Verkehr meiner Vaterstadt. Helmut Schmidt von Mitteln die finanziellen Vorausset- Zu meinen Aufgaben gehörten auch Schmidts Brief beantwortete eine An- zungen für einen Wiederanfang. Und so die Fliegerei und der Flughafen. Ich frage des Büro Bongers an den Senat konnte Seebohm am 29. Mai 1951 dem erinnere mich noch gut an Hans Bongers und Gerhard Höltje, aber der Freien und Hansestadt: Mit welchen Büro Bongers schrei- auch an die großen Schwierigkeiten, Belastungen müsste ben: die wir zu überwinden hatten. Die eine neue Luftver- „Nach den von Ihnen Alliierten Mächte gaben uns erst 1955 kehrsgesellschaft bei anerkannten Bedin- grünes Licht. Aber bis dahin wurde der Anmietung von gungen für die Ge- die Neugründung mit Tatkraft und mit Bauten und Anlagen währung von Mitteln viel Initiative vorbereitet. Welch ein rechnen, falls sie ihre für Untersuchungen Beispiel für heute! technische Werft in zur Förderung der Hamburg aufbauen Luftfahrt erteile ich Damals stritten natürlich alle großen würde? Und, ganz Ihnen den Auftrag, Städte Westdeutschlands um den wichtig in der da- mich in Fragen eines Sitz der erwarteten neuen Lufthan- sa. Ich war stolz darauf, dass ich für maligen Zeit: Ob die zukünftigen deut- Hamburg-Fuhlsbüttel den Standort Möglichkeit bestünde, schen Luftverkehrs der technischen Basis, der Werft also, für Führungspersonal zu beraten und als ergattern konnte. Ich wusste natürlich: kurzfristig zuschussfrei- Gutachter auf die- Daraus werden in Zukunft Tausende en Wohnraum bereitzu- sem Gebiete tätig Arbeitsplätze entstehen. So ist es stellen. Mit der grund- zu sein. Dabei sind dann ja tatsächlich auch gekommen. sätzlichen Zusage des alle Möglichkeiten Senats konnte der Aufbau der Lufthansa einer aktiven deutschen Beteiligung Technik offiziell beginnen. am Luftverkehr nach wirtschaftlichen Auszüge aus einer Rede des Altbun- Vorhergegangen war eine lange Zeit und technischen Gesichtspunkten zu deskanzlers am 31. März 2005 auf der Vorbereitung. Obwohl große Teile prüfen.“ der Lufthansa Basis in Hamburg 6
Mit diesem Auftrag war zugleich die Arbeitsteilung in dem Team vorgegeben, das im 1. Stock eines Hauses am Kölner Kaiser-Wilhelm-Ring sein spartanisch möbliertes Büro eingerichtet hatte. Der Kaufmann Bongers (damals 53) befasste sich mit den wirtschaftlichen Belangen, der Ingenieur Höltje (44) mit den Themen der Technik. Bereits im Januar 1952 legte Höltje Stahlgerüste markieren den Beginn der Bau- dem Verkehrsminister eine 37 Seiten arbeiten in Hamburg. lange Studie „Die technische Basis einer deutschen Luftverkehrsgesellschaft“ vor. Darin beschrieb er mit verblüffender Weitsicht das künftige Wartungs- und Überholungssystem einer neuen deut- schen Fluggesellschaft, definierte die be- nötigten Bauten und Betriebsmittel und schlüsselte die voraussichtlichen Kosten auf. Außerdem machte sich Höltje erste Gedanken „über die Eignung deutscher Flughäfen für die provisorische Aufnah- me der technischen Basis“. Operationelle Gründe sprachen dafür, diese Basis ebenso wie das Zentrum des Flugbetriebs an die Peripherie der Bundesrepublik zu legen. Langstrecken- Der erste Hangar auf der Hamburger flüge könnten dann bei Zwischenlandun- Lufthansa Basis ist gen zusätzliche Passagiere aufnehmen. die Flugzeughalle 1/2. Damit reduzierte sich der Kreis der Kan- didaten auf Hamburg und München, und alsbald entbrannte hinter den Kulissen ein reger Wettbewerb um die künftige „Luftwerft“ und ihre Arbeitsplätze. Die Kölner Planer legten noch im Oktober 1952 detaillierte Argumente vor, die klar für Hamburg sprachen: Zum einen müsse die Wartung an einem Ort konzentriert werden, wo möglichst viele Flugzeuge planmäßig übernachten. Zum anderen würden in München jährlich mehr als zwei Millionen Mark an zu- sätzlichen Betriebskosten anfallen. Und schließlich könnten wegen der höheren Lage (522 m über N. N.) und der häufig höheren Temperaturen die Maschinen vom Flughafen Riem nur mit verringerter Nutzlast starten. Die Gründung der Luftag (v.li.): Vorstandsvorsitzender Hans M. Bongers, Bundesverkehrsminister Hans-Christoph Seebohm, Technik-Vorstand Gerhard Höltje und der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Kurt Weigelt. 7
Die Geschichte Vor dem Start Entscheidung rennbahn am Flughafen Fuhlsbüttel für Hamburg Planierung und Ausschachtung für die Resümee: „Der Flughafen Hamburg ersten Werks- und Lagerhallen sowie erfüllt praktisch alle Forderungen, die ein Bürogebäude. Im Süden, am Weg sowohl hinsichtlich der Gestaltung des beim Jäger, bildete das „Männerlager“, Flugplans nach verkehrswirtschaftli- eine Siedlung aus Baracken und Nis- chen Gesichtspunkten als auch für die senhütten für Obdachlose, die Grenze Ortswahl der technischen Basis (Werft- der Lufthansa Basis. Hier gab es übri- betrieb) des Unternehmens gelten.“ gens auch eine Gaststätte, wo bis zur Das Büro Bongers Das verkehrswissenschaftliche Institut Einrichtung einer Kantine 1957 ein Teil der Universität Köln bestätigte diese der Technik-Mitarbeiter preiswert, wenn Hans Max Bongers war Airliner aus Einschätzung in allen Punkten. auch eher derb, zu Mittag aß. Beliebt Berufung und Überzeugung. Er kam Und dass die Hansestadt die neue war sie auch deshalb, weil sich hier die aus dem Hause Junkers und war bei Lufthansa gern an die Elbe holen wollte, Essensmarken der Lufthansa in Butter der alten Lufthansa vor Kriegsende bestätigte der eingangs erwähnte Brief umtauschen ließen. zum Verkehrsleiter aufgestiegen. Seine des Referenten Schmidt, der mit Höltje Zunächst aber waren die ersten 20 betriebswirtschaftliche Betrachtungs- bereits Vorgespräche geführt hatte. Luftag-Mitarbeiter ziemlich beengt in weise des Luftverkehrs trug ihm schon Mehr noch: Helmut Schmidt flog gleich einer Flughafen-Halle untergebracht – damals den Spitznamen „Beko-Bon- nach Abgang des Briefs zur Flugaus- mit zum Teil selbst für die Gründerzeit gers“ (Betriebskosten) ein. Nach dem Ende der alten Lufthansa machte sich stellung ins englische Farnborough, um ungewöhnlichen Arbeitsbedingungen: Bongers bereits 1945 im bayerischen mit dem Bongers-Team über konkrete Zwar waren die ersten Flugzeuge be- Neubiberg Gedanken über den Schritte zu reden. stellt und die Gebäude der Technik im Wiederaufbau der deutschen Luftfahrt, Die Hansestadt bot an, die erforder- Entstehen, aber eigentlich bewegte sich stieß jedoch bei der amerikanischen lichen Gebäude zu errichten und zu dies alles in Ermangelung der Lufthoheit Militärregierung auf Ablehnung. einem günstigen Preis an die künftige am Rande der Legalität. Fluggesellschaft zu vermieten. Investiti- In der Folge- onskapital knapp 12 Millionen DM. Als Beengt untergebracht zeit ließ sich Starthilfe gab es für die ersten Jahre Unangemeldete Besuche eines briti- der strategi- gestaffelte Mietnachlässe und auch ein schen Offiziers in Zivilkleidung waren sche Vater Entgegenkommen bei der Lohnsum- an der Tagesordnung. Einmal entdeckte der neuen Lufthansa zunächst als Wirtschaftsbe- mensteuer. er technische Zeichnungen und witterte rater im Eifelstädtchen Bitburg, dann Zum Jahresanfang 1953 ging das den streng verbotenen Beginn einer in Köln nieder. Dort wurde das „Büro halboffizielle Büro Bongers unter der flugzeugtechnischen deutschen Wie- Bongers“ zum Treffpunkt derer, die Ägide des Bundes in die „Aktiengesell- deraufrüstung. „Nur mühsam konnten mehr oder weniger offiziell eine neue schaft für Luftverkehrsbedarf“ (Luftag) wir ihn überzeugen“, erinnert sich ein deutsche Fluggesellschaft vorberei- über. Bongers wurde zum kaufmänni- Zeitzeuge, „dass es sich um die Origi- teten. Erster Mitarbeiter war Dipl.-Ing. schen, Höltje zum technischen Vorstand nalpläne für die bestellten Convair 340 Gerhard Höltje, ebenfalls Ex-Lufthanse- berufen. Nun durften Mitarbeiter einge- handelte.“ at. Er hatte nach dem Krieg zunächst stellt und die ersten Flugzeuge bestellt In dieser Zeit scharte Gerhard Höltje in der Wartung amerikanischer Flug- werden: je vier Lockheed Super Cons- eine Führungsmannschaft um sich, von zeuge in Berlin-Tempelhof gearbeitet tellation für die Lang- und vier Convair der die Lufthansa Technik noch jahre- und war deshalb auf der Höhe der technischen Entwicklung. 340 für die Kurzstrecke. Nach einem lang profitieren sollte. Joachim Alpheis Beschluss des Luftag-Aufsichtsrats war zum Beispiel, ein Studienkamerad von Im Mai 1951 erteilte Verkehrsminister dann klar, dass der Kranich sein Nest Höltje, war schon im Büro Bongers Hans-Christoph Seebohm dem Büro an der Elbe bauen würde. dabei gewesen und wurde zum Motor Bongers den Auftrag, ihn in Sachen Das war im Mai, und die Hansestadt der Entwicklung in Hamburg. Bei offizi- eines künftigen deutschen Luftverkehrs reagierte schnell: Schon zwei Monate ellen Anlässen und auch im Betrieb war „nach wirtschaftlichen und technischen später, am 21. Juli 1953, begannen seine große, breitschultrige Erscheinung Gesichtspunkten“ zu beraten. auf der ehemaligen Borsteler Pferde- unübersehbar. 8
Wenige Lufthanseaten Mit dem Richtfest für – am 29. November die Halle 1/2 wird 1954 sind es 124 – die neue Heimat und viele Neugierige des Kranichs auch bestaunen die beiden öffentlich sichtbar. ersten Convair CV-340. Noch ist nicht viel los in der Flugzeughalle – bis auf die beiden Convair ganz im Hintergrund. 9
Die Geschichte Vor dem Start Links: Großer Bahnhof bei der Ankunft der ersten Lufthansa Convair am 29. November 1954. Rechts: Motorenwartung ist eine der ersten Arbeiten auf der Hamburger Werft. Prof. Karl Schiller, Flughafen- Direktor Max Wachtel und Luftag-Vorstand Gerhard Höltje (sitzend v.li.) unterzeichnen den Mietvertrag. Eine Convair CV-340 vor der Hamburger Flugzeughalle. Links: Pilotenschulung: Erster Lehrgang in Hamburg, ab 1956 in Bremen. Rechts: Die Wartung der Propeller- blätter erforderte Muskelkraft und Sorgfalt. 10
Zu diesem Team stieß schon bald Am Anfang stand auch Kurt Ihssen, der bis 1942 die Trockentraining Lufthansa Werft in Rio de Janeiro geleitet Die Alt-Lufthanseaten mussten eben- und nach Kriegsende die Technik der falls nachgeschult werden, zum Teil brasilianischen Varig aufgebaut hatte. bei Fluggesellschaften in England und Er avancierte schnell zum führenden den USA. Sie hatten mit der Isolierung Mitarbeiter in Sachen Wartung und Deutschlands im Zweiten Weltkrieg den Überholung der Flugzeuge. Anschluss an die technische Entwicklung Während auf der Baustelle schon verloren, die inzwischen von Amerikanern längst die Maschinen ratterten, stellten und Briten dominiert wurde – eine Lücke auch die Juristen ihre Papiere fertig. Am von mehr als zehn Jahren. Trotzdem Gerhard Höltje 2. Dezember 1953 wurde der Mietver- mussten die amerikanischen Wartungs- trag für die Bauten auf der Hamburger handbücher „entfeinert“ werden: Ange- Mit ehrenvollen Beinamen hat die Basis unterzeichnet. Die bewegliche sichts der guten allgemeinen Ausbildung internationale Luftfahrt Gerhard Betriebseinrichtung, Maschinen und der deutschen Facharbeiter waren die Höltje geradezu überhäuft. Er galt als Schrittmacher moderner Werkzeuge hingegen waren Eigentum Arbeitsanleitungen viel zu detailliert. Was Luftfahrttechnik und als geistiger der neuen Gesellschaft. die praktische Arbeit anging, so musste Vater der Boeing 737. Für viele Die erste Ausbaustufe bestand aus sich in der ersten Zeit vieles auf „Trocken- seiner Mitarbeiter war der Ingeni- einem Werkstätten- und Lagerbau von training“ beschränken. Man hatte zwar eur aus Leidenschaft „Mr. Boeing“, 5.900 m2 Fläche und der ersten Hälfte etliche Einzelteile, Motoren und Geräte, weil er die enge Zusammenar- (6.200 m2) einer Flugzeug-Doppelhal- aber das Wichtigste fehlte: die Flugzeuge. beit mit dem amerikanischen le, die beide im Laufe des folgenden Das änderte sich am 29. November Flugzeughersteller begründete. In Jahres in Betrieb gingen. Das erste 1954. Bei typisch Hamburger Schmud- amerikanischen Luftfahrtkreisen reine Bürohaus wurde bewusst von den delwetter landeten die beiden ersten hingegen nannte man ihn schlicht Technik-Bauten abgesetzt. Flugzeuge der neuen Lufthansa auf dem „Mr. Lufthansa“. Wieso aber steht noch heute zwischen Flughafen Fuhlsbüttel. Die Convair 340 den beiden „alten“ Hallen 2 und 3 ein trugen die deutsche Flagge am Leitwerk Prof. Dipl.-Ing. Gerhard Höltje kleines Eichenwäldchen? Höltje hatte und hatten die deutschen Kennzeichen gehörte zu den Gründervätern der neuen Lufthansa und leitete ihre sich für seine Erhaltung stark gemacht: D-ACAD und D-ACOH. Auf den Kapitäns- Technik als Vorstandsmitglied von „Die Bäume schützen gegen Wind, plätzen saßen zwar amerikanische Werk- 1953 bis 1972. Schon lange bevor spenden Schatten und sollen dazu spiloten, aber mit an Bord waren zwei Lufthansa ihr erstes Flugzeug be- beitragen, dass sich die Belegschaft Kapitäne der Lufthansa: Walter Blume stellte beschrieb er bis ins Detail wohl fühlt.“ und der spätere Chefpilot Rudolf Mayr, die Anforderungen an die Technik Die Belegschaft – das waren im Som- auf Grund seiner Herkunft aus Miesbach einer Fluggesellschaft und stellte mer 1954, als die „Deutsche Lufthansa mit dem Spitznamen „Miesi“ belegt. damit die Weichen für die Basis Aktiengesellschaft“ aus der Luftag her- Schon am Tag darauf begannen die Hamburg. aus neu gegründet wurde, in Hamburg Wartungsarbeiten: Endlich konnten nur gut 100 Mitarbeiter. Für die meisten die Mechaniker an echten Flugzeugen Ohne ihn wäre das erfolgreichste von ihnen bedeutete die Luftfahrt berufli- arbeiten. Und dann ging es ganz schnell Verkehrsflugzeug aller Zeiten, die ches Neuland. weiter. Immer mehr Mitarbeiter wurden Boeing 737, ein Entwurf geblieben. Denn die Fluggesellschaft hatte sich eingestellt und geschult. Ab Anfang Er entschied sich schon früh für die Boeing-Modelle 707 und 727 als gegenüber der Hansestadt verpflichtet, März 1955 probten die Flugzeuge den Lang- und Mittelstreckenflugzeuge nur leitende Angestellte und Meister aus Liniendienst, allerdings noch ohne zah- der Zukunft. Später trug er maß- den Reihen der ehemaligen Lufthansa lende Passagiere. Am 31. März wurde geblich dazu bei, dass Lufthansa zu rekrutieren. Die Facharbeiter sollten die erste Hälfte der Flugzeug-Doppel- als erster nicht-amerikanischer hingegen bevorzugt in Hamburg an- halle in Hamburg feierlich eingeweiht, Carrier den Großraumjet Boeing geworben werden. Sie alle mussten für die heutige Halle 2. Am Tag danach die 747 und als erste Fluggesellschaft ihre neue Aufgabe wieder die Schul- Bewährungsprobe – Lufthansa nahm überhaupt den Jumbo-Frachter bank drücken. den Liniendienst auf. Boeing 747F bestellte. 11
1955 1962 1. April 16. Dezember 1. Februar Lufthansa nimmt den innerdeutschen Die ersten bei Lufthansa ausgebildeten Lufthansa nimmt in Hamburg die erste Verkehr mit Flügen von Hamburg nach Copiloten treten ihren Dienst an. Lärmschutzhalle für Triebwerks-Prüf- München und umgekehrt auf. läufe auf einem deutschen Flughafen in Betrieb. 19. April 1958 Auslieferung der ersten L-1049G „Super 2. März 5. November Constellation“ an Lufthansa. Sie kann 77 Lufthansa richtet bei Boeing eine techni- Ein großer Erfolg und internationale An- Passagiere befördern und fliegt bis zu sche Werksvertretung ein, um Produktion erkennung für die Lufthansa Technik: Sie 530 km/h schnell. und Auslieferung der bestellten Boeing darf nach einem Beschluss der amerika- 707 zu begleiten. nischen Luftfahrtbehörde FAA ab sofort 8. Juni Flugzeuge und Triebwerke amerikani- Erster Interkontinentalflug mit der 17. März scher Gesellschaften warten und prüfen. „Super Constellation“ von Hamburg über Mit der Lockheed L-1649A Super Star Düsseldorf und Shannon nach New York. setzt Lufthansa das zu seiner Zeit modernste Großflugzeug auf den Nord- 1963 atlantik-Strecken ein. 1. Oktober Erster Lehrgang der Lufthansa Piloten- schule in Hamburg. 1. April 1959 Aufnahme eines besonders kosten- 11. Januar günstigen Shuttle-Services mit dem 1956 Die Super Constellation D-ALAK der Namen „Airbus“ zwischen Hamburg 11. Februar Lufthansa verunglückt in Rio de Janeiro. und Frankfurt. Die Super Constellation Vorvertrag über den Kauf von vier Boeing 29 Passagiere und sieben der zehn fliegen im Zeittakt, die Tickets werden an 707. Crew-Mitglieder kommen ums Leben. Bord verkauft, einen Bordservice gibt es ebenso wenig wie reservierte Plätze. Der 3. April Pendeldienst besteht bis 1966. Die ersten technischen Lehrlinge begin- 1960 nen ihre Ausbildung. 2. März Bei Lufthansa beginnt das Jet-Zeitalter: 1964 2. Mai Die erste Boeing 707 landet in Hamburg. 21. März Lufthansa eröffnet ihre Verkehrsflieger- Die erste Boeing 727 trifft in Hamburg schule in Bremen. 17. März ein. Der „Europa-Jet“ hat drei Triebwer- Beginn des Streckeneinsatzes der ke am Heck und ist mit seinem hohen 15. Juni Boeing 707 auf der Nordatlantik-Route. Leitwerk optisch unverwechselbar. Kaufvertrag für sieben Vickers Viscount. Die viermotorigen Turboprops fliegen von Ende 1958 bis März 1971 für Lufthansa. 5. November Mit dem Simulationsprogramm „Paper Jet“ bereitet Lufthansa den Düsen- Luftverkehr vor. 1961 23. Januar 1957 Die Boeing 707 wird jetzt auch auf der 5. September Fernoststrecke (Bangkok – Hongkong – Lufthansa nimmt in Hamburg den ersten Tokio) eingesetzt. Flugsimulator für die Pilotenausbildung 16. April auf „Super Constellation“ in Betrieb. 20. Mai Die Boeing 727 nimmt den Strecken- Weitere Simulatoren für Vickers Viscount Die Boeing 720 B, eine kleinere, leichtere dienst auf. und Boeing 707 sind bestellt. und schnellere Version der 707 für Mittel- und Langstrecken, nimmt ihren Betrieb 31. Dezember bei Lufthansa auf. Hans M. Bongers geht in den Ruhestand. 12
Die Geschichte Take off Take off Am 1. April 1955 nahm die neue Lufthansa ihren Flugbetrieb auf. Hamburg war in den ersten Jahren nicht nur die Basis der Technik, sondern Drehscheibe für den internationalen Luftverkehr. Mit der Boeing 707 begann 1960 bei Lufthansa das Zeitalter der Düsenflugzeuge. 13
Die Geschichte Take off m 1. April 1955 wehten über einem stillgelegten Triebwerk zurück. den Flughäfen von Hamburg, Das trug ihr den spöttischen Beinamen Düsseldorf, Köln/Bonn, Frank- „die beste Dreimotorige der Welt“ ein. furt und München die Lufthan- Dieses Phänomen war übrigens kei- sa Fahnen. Fast gleichzeitig hoben zwei neswegs Lufthansa spezifisch. Andere Convair 340 zu den ersten Flügen im Airlines hatten dieselben Probleme. Die Liniendienst zwischen beiden Städten vom Hersteller angegebene theoretische und den Zwischenlandestationen ab – Laufzeit eines Motors bis zur nächsten „Wie in einem Raubtier“ die Flugnummern 101 und 102. Überholung betrug 1.100 Stunden, in Weitere innerdeutsche und europä- der Praxis hingegen lag dieser Wert Die beiden ersten Flüge der ische Destinationen folgten in kurzen eher bei 800 Stunden. Zum Vergleich: neuen Lufthansa am 1. April Abständen. Bereits am 8. Juni startete Ein Jumbo-Triebwerk vom Typ General 1955 waren keineswegs Non- der erste interkontinentale Flug mit der Electric CF6-50 lief bei Lufthansa mehr stop-Verbindungen zwischen Super Constellation: Hamburg – Düs- als 26.000 Stunden, ohne dass es aus- Hamburg und München. In Richtung Süden gab es Zwi- seldorf – Shannon (Irland) – New York. gebaut werden musste. schenlandungen in Düsseldorf Flugzeit: 17 Stunden. und Frankfurt, in umgekehrter Die Lockheed L-1049G Super Cons- Erste Diagnose-Methoden Richtung in Frankfurt und Köln. tellation wurde von ihren Fans zärtlich Aber schon damals waren die Luft- „Super Conny“ genannt und als das hansa Techniker erfinderisch bei der Raimund Eberle, Pressereferent schönste Flugzeug aller Zeiten verehrt. Entwicklung von Diagnose-Methoden. der Bayerischen Staatsregie- Mit dem dreigeteilten Leitwerk und den Zum Beispiel bei einem recht schlichten rung, war einer der 17 Passa- Zusatztanks am Flügelende war sie Vorläufer des in Hamburg entwickel- giere auf dem Jungfernflug zweifellos das modernste Langstrecken- ten Triebwerks-Überwachungssystems München – Hamburg. Er war flugzeug ihrer Zeit. Das hinderte sie nicht Engine Condition Monitoring: Ein Teil begeistert: daran, Launen wie eine Diva zu entwi- des Motorenöls wurde durch einen „Noch einmal lässt der Pilot ckeln – eine Herausforderung sowohl an simplen Kaffeefilter gegossen, in dem am Boden zur Überprüfung die die Technik als auch an den Flugbetrieb. unterschiedliche Metallspäne zurück- beiden Motoren auf Höchsttou- Das betraf vor allem ihre vier Dop- blieben. Befand sich darin ein hoher ren laufen. Ihre kaum gebän- pelstern-Motoren, mehr als zwei Tonnen Aluminiumanteil, so deutete dies auf digte Kraft lässt das Flugzeug schwer, mit 18 Zylindern vom Hersteller überdurchschnittlichen Verschleiß eines vibrieren, und man meint in Curtiss-Wright. Die Propeller-Technologie bestimmten Bolzens hin. einem gewaltigen Raubtier zu für große Verkehrsflugzeuge war damals Hamburg war in den ersten Jahren der sein, das gerade zum Sprung schon weit entwickelt und bis ins Detail neuen Lufthansa nicht nur die technische ansetzen will. verfeinert. Jeder Motor bestand aus nicht Basis, sondern auch die Drehscheibe für weniger als 14.000 Einzelteilen. den internationalen Luftverkehr. Jetzt wird Vollgas gegeben, Angesichts des größer werdenden ein Ruck, und dann braust die Maschine über die Startbahn. In die Einzelteile zerlegt Streckennetzes und der steigenden Der von der Fliehkraft sanft Da gab es zum Beispiel die Abgas-Tur- Flugfrequenzen wuchs die Hamburger in die Schaumgummisessel binen, im Fachjargon Power Recovery Technik-Basis sehr schnell. Bei der gedrückte Fluggast merkt kaum, Unit. Gewitzte Mechaniker tauften sie Ankunft der beiden ersten Flugzeuge wie die Convair sich vom Boden schon bald zur Parts Recovery Unit um, zählte man 124 Beschäftigte, Ende 1955 abhebt.“ übersetzt etwa: Sammelstelle für los- waren es 651, und 1960 hatten bereits gelöste Teile. Jedes Schräubchen oder 2.460 Ingenieure, Techniker, Kaufleute Die Zeitungen druckten an winzige Metallteil, das sich gelöst hatte, und Sekretärinnen ihren Arbeitsplatz auf diesem Tag großformatige geriet mit dem Abgasstrom in diese Tur- der Werft. Aus dem Juli 1955 sind auch Anzeigen, in denen die ameri- bine, die sich dann mit unschöner Re- die Daten des ersten Tarifvertrags der kanische Pan Am ihren neuen gelmäßigkeit in ihre Einzelteile zerlegte. Lufthansa Technik überliefert. Die Stun- Wettbewerber willkommen hieß: „Bremsklötze weg!“ Jedenfalls kehrte die Super Conny denlöhne reichten von 1,48 bis 2,15 DM nicht selten von einer Langstrecke mit in der höchstbezahlten Gruppe. 14
James C. Fitzmaurice, Dr. Hans-Christoph Seebohm und Hans M. Bongers (v.re.) Im Februar 1955 sind die ersten Flugbegleiter bereit zum Einsatz. Ab März in New York anlässlich der Eröffnung des interkontinentalen Linienflugverkehrs trainierten sie auf Probeflügen. Hamburg – New York. Die Vickers V-814 Viscount fliegt Das Cockpit der Vickers Viscount bis 1971 für Lufthansa. ist 1958 hochmodern. Ab 1958 gehört mit der Vickers Viscount das erste Turboprop- Flugzeug zu den Stammgästen auf der Hamburger Werft. 15
Die Geschichte Take off Die Chronik des Aufbaus Und es gab schon, was man später sondern sie beförderten auch doppelt so 1955 - 1964 als außerordentliche soziale Leistungen viele Passagiere über wesentlich längere bezeichnet hätte. Am 19. April 1955 konn- Strecken. Nun wäre die Lufthansa nicht Mit der Einweihung der Flugzeug- ten sich die Hamburger Lufthanseaten an die Lufthansa, wenn sie ihre Flugzeuge halle am 31. März 1955 begann kostenlosen knackigen Äpfeln laben. Fri- schon damals quasi von der Stange der rasante Aufbau der Lufthansa Technik. sches Obst im April war für die damalige bestellt hätte. Standardtriebwerk der 707 Zeit eine Sensation. Das Geheimnis: Die war das JT4A des amerikanischen Her- Hamburg erste Super Constellation hatte auf ihrem stellers Pratt & Whitney. Lufthansa wartete 1955 Halle 1 (zweite Hälfte der Überführungsflug aus dem kalifornischen mit der Motorwahl, bis die britischen Flugzeug-Doppelhalle), Prüfstand Burbank die Äpfel gleich kistenweise Rolls-Royce-Werke ihr Modell „Conway“ für Kolbenmotoren und Propel- mitgebracht. serienreif entwickelt hatten. lerturbinen In den ersten Jahren glich die Hambur- Es war leichter und leiser als das ger Lufthansa Basis einer Großbaustelle. JT4A, bot Preisvorteile und verbrauchte 1957 Simulatorgebäude, Denn in kurzer Zeit mussten alle für den weniger Kraftstoff. Die Boeing 707 mit Kantinen-Behelfsbau technischen Betrieb benötigten Gebäude „Conway“ Fan-Triebwerk konnte also mit errichtet und mit den entsprechenden der gleichen Spritmenge weiter fliegen 1958 Triebwerkswerkstatt mit Lehrwerkstatt, Bürogebäude B Betriebsmitteln ausgestattet werden – oder mehr Nutzlast mitnehmen. So war Docks für die Flugzeuge, Maschinen, Lufthansa später als erste Gesellschaft in 1959 Hydraulik-Werkstatt mit Prüfeinrichtungen und Werkzeuge. der Lage, die Strecke Frankfurt – Chicago Prüfstand, Erweiterung Triebwerk- nonstop mit voller Nutzlast zu bedienen. werkstatt für künftigen Düsen- Das Düsen- Um in allen operationellen Berei- verkehr Zeitalter beginnt chen auf die neue Flugzeuggeneration Dabei richtete sich der Blick auf eine Ent- vorbereitet zu sein, lief bei Lufthansa im 1960 Flugzeug-Doppelhalle 3+4, wicklung, die sich schon abzeichnete als November 1956 die Aktion „Paper Jet“ diverse Werkstätten alle Welt noch Propellerflugzeuge bestell- an, eine Simulation des Linienflugbe- te: das heraufdämmernde Düsen-Zeital- triebs zwischen Frankfurt und New York. 1962 Lärmschutzhalle, Kantine 1, ter. Die Triebwerkswerkstatt wurde 1959 Ausgangspunkt waren die Leistungsda- Geräte-Reparaturwerkstatt bereits gemäß den Notwendigkeiten ten des Boeing-Prototyps. Sie wurden mit 1963 Prüfstand für Düsentrieb- für die Instandhaltung von Jetmotoren meteorologischen Daten wie Windrich- werke erweitert. tung und -stärke, Sichtbedingungen und Es stand frühzeitig fest, dass die Luft- Verkehrslage am Zielflughafen kombi- 1964 Materiallager, Material- hansa Jetflugzeuge bestellen würde, so- niert. Heraus kamen recht wirklichkeits- Verwaltungsgebäude bald sie verfügbar waren. Und es wurde nahe Daten über mögliches Startgewicht, auch schon bald klar, dass sich die neue erreichbare Reiseflughöhe, Flugzeit und deutsche Fluggesellschaft nach sorgfäl- Kraftstoffverbrauch. Frankfurt tiger Abwägung aller Pros und Contras 1960 Einweihung der „Schmet- für die Boeing 707 und damit gegen die Frankfurt wird terlingshalle”, damals größte Flug- zeug-Wartungshalle der Welt DC-8 von Douglas entscheiden würde. Wartungsbasis Bei Boeing hatte der Prototyp der 707, die Die Düsenflugzeuge brachten für die berühmte „Dash 80“, bereits im Sommer Lufthansa Technik eine tiefgreifende 1954 ihren Erstflug erfolgreich absolviert. Veränderung, denn Wartungsbasis Schon eineinhalb Jahre später schloss und Heimathafen der neuen Flotte Lufthansa einen Vorvertrag über den Kauf wurde Frankfurt. Auf dem Flughafen ihrer ersten vier Boeing 707. Rhein-Main entstand die damals größte Die Passagierjets markierten so Flugzeug-Wartungshalle der Welt, wegen etwas wie einen Quantensprung in der ihrer Architektur „Schmetterlingshalle“ Verkehrsfliegerei. Sie flogen nicht nur genannt. Außerdem hatte sich Frankfurt doppelt so schnell und doppelt so hoch zum wichtigsten Flughafen im Lufthansa wie ihre propellergetriebenen Vorgänger, Streckennetz entwickelt. 16
Die Lockheed Super Constallation gilt auch heute noch bei ihren Fans als das schönste Flugzeug seiner Zeit. Mehr als nur gut ausse- Ein technisches Meisterwerk, aber sehr an- hend: Die Zusatztanks fällig: Der Curtiss-Wright-Motor. Deshalb hieß an den Flügelenden die Super Constallation unter Fachleuten der „Super-Conny“. auch „die beste Dreimotorige der Welt“. Vier „Super-Connys“ werden in Hamburg auf ihren nächsten Langstrecken-Einsatz vorbereitet. 17
Die Geschichte Take off Angesichts der Reichweite der Jets waren die Überlegungen, die Jahre zuvor für Hamburg gesprochen hatten, nicht mehr stichhaltig. Gleichwohl sollten Reparatur und Überholung der gesamten Flotte auf der Hamburger Basis stattfinden. Für die Lufthansa Techniker bedeuteten die Jets wiederum lernen, lernen und nochmals lernen. So hatte in Deutschland fast niemand Erfahrung mit Strahltriebwerken. Die von den Alliierten nach Kriegsende verordnete Zwangspause wirkte nach; die meisten jungen Ingenieure hatten sich während ihres Studiums allenfalls mit einfachen Dampfturbinen befassen ADELE (Automatische Datenerfassung durch Lochkarten-Eingabe- gerät) ist die Vorgängerin der heutigen Computersysteme. dürfen. Hinzu kamen neue Technologien im Strukturbau und bei der Druckkabine. Das mittlere Triebwerk einer Boeing727 bei Wartungsarbeiten. Die beachtliche Geräuschentwicklung der Jets machte den Bau eines schall- gedämmten Triebwerksprüfstands sowie einer Lärmschutzhalle für Standläufe zum Wohl der Flughafen-Anrainer notwendig. Wie schon in den ersten Jahren bewährte sich auch hier wieder die internationale Techniker-Allianz. Flugge- sellschaften wie Air France und Sabena, aber auch Swissair und KLM teilten ihr Wissen mit den Lufthanseaten, gewährten Einblick in die Konstruktion von Werkzeu- gen und Vorrichtungen. Hier wurde der Boden für eine technische Zusammenar- beit bereitet, aus der später die europäi- sche ATLAS-Gruppe hervorging. Die kollegialen Nachhilfestunden fielen auf überaus fruchtbaren Boden. Schon bald hatten die Hamburger die neue Eine der ersten Boeing Technik so fest im Griff, dass die ameri- 727 im Hmaburger Dock. kanische Luftfahrt-Aufsichtsbehörde FAA der Lufthansa bereits 1962 die Genehmi- gung erteilte, Flugzeuge und Triebwerke amerikanischer Gesellschaften zu warten und zu prüfen – eine ganz besondere Auszeichnung. Zunächst aber wartete man in Deutsch- land noch auf die ersten Jets. Bereits im Frühjahr 1958 hatte die Lufthansa bei Boeing eine technische Werksvertretung eingerichtet, um Produktion und Ausliefe- rung der ersten 707-Jets zu überwachen. 18
Am 2. März 1960 endlich heulten auf der Lufthansa Basis Hamburg die Werkssi- Mit der Boeing 707 – hier kurz nach der renen, schon bald übertönt vom hellen Ankunft in Hamburg – Kreischen der Strahltriebwerke. Die erste beginnt für die Lufthansa Boeing 707 in den blau-gelb-weißen das Jet-Zeitalter. Farben der Lufthansa landete auf dem Flughafen Fuhlsbüttel. An den Steuerhörnern der 25 Millionen DM teuren D-ABOB saßen Chefpilot Ru- dolf Mayr und Flugkapitän Werner Utter, letzterer in späteren Jahren als Vorstand für den Flugbetrieb verantwortlich. Die elegante Boeing 727 Die Boeing 707 und (ab 1961) ihre etwas kleinere Schwester Boeing 720 B erober- ten im Sturm die Lang- und Mittelstre- cken der Lufthansa. Aber schon stand der nächste Jet in den Startlöchern: die Boeing 727, unverwechselbar durch ihre drei Triebwerke im Heck und das deshalb hochgezogene T-Leitwerk. Lufthansa erkannte schon früh das Potential dieses Mittel- und Kurzstreckenjets und bestellte als erste europäische Fluggesellschaft gleich zwölf davon. Im April 1964 startete die erste Boeing 727 ihren Liniendienst und war sofort überaus erfolgreich. Lufthansa konnte da- mit ihren Passagieren auf den Routen in Europa und in den Nahen Osten die glei- che Geschwindigkeit und den gleichen Komfort bieten wie auf der Langstrecke. Denn die 727 flog genauso schnell wie Bereits im Jahr 1962 geht in Hamburg die Lärmschutzhalle die große 707, hatte denselben Kabinen- in Betrieb – die erste auf einem deutschen Flughafen. querschnitt und damit einen identischen Sitzkomfort. Mehr noch: Durch die hinten liegenden Triebwerke empfanden die Passagiere das Fliegen mit der 727 als ausgesprochen leise und stressfrei. Lufthansa Qualität schlug sich auch im finanziellen Ergebnis nieder: Zum ersten Mal nach ihrer Neugründung wies die Gesellschaft 1963 mit einem Gewinn von knapp 37 Millionen DM ein positives Ergebnis aus. 19
1965 1968 10. Februar 1. November Weltpremiere: Die Boeing 737 beginnt Mit Werner Utter als Chefpilot wird ihren Liniendienst bei Lufthansa. Mit dem erstmals ein Flugkapitän in den Lufthan- „City Jet“ treten die Düsenflugzeuge auch sa-Vorstand berufen. auf der Kurzstrecke ihren Siegeszug an. 1973 19. Februar Als Launching Customer bestellt Lufthansa die Boeing 737, deren techni- sches Konzept die Hamburger Ingenieure maßgeblich beeinflussen. 10. November Lufthansa übernimmt ihren ersten reinen 16. Februar Frachtjet: eine Boeing 707, die auf den 1969 Lufthansa übernimmt ihr 100. Namen „America“ getauft wird. 14. März Boeing-Flugzeug, eine 727. Beim Über- Der ATLAS-Vertrag wird unterzeichnet. führungsflug bringt sie 5.000 saftige Dezember Damit vereinbaren Lufthansa, Air France, Steaks als Geschenk für die Hamburger Erster Flottentausch: Die vier Boeing 720 B Alitalia und Sabena eine weitgehende Zu- Technik-Mitarbeiter mit. scheiden aus und werden durch vier grö- sammenarbeit bei der Instandhaltung der ßere und verbesserte Boeing 707 ersetzt. Boeing 747. Iberia schließt sich 1972 an. November Die erste weltweite Ölkrise: Lufthansa muss Flüge streichen bzw. zusammenle- 1966 1970 gen. Als Folge der Ölkrise bemühen sich 25. Januar 9. März alle Hersteller um sparsamere Triebwerke. Eine Convair „Metropolitan“ der Lufthansa Der erste Jumbo-Jet der Lufthansa landet verunglückt bei einem Durchstartmanöver in Frankfurt. in Bremen. Alle 46 Insassen kommen 1974 ums Leben. Die Ursache des Unglücks 14. April wird nie ganz geklärt. Der LH-Vorstand beschließt, alle 180 Triebwerke der Boeing 727 und 737 27. Juni auf umweltfreundliche Brennkammern Mit der Bestellung von drei Jumbo-Jets umzurüsten. Boeing 747-100 beginnt bei Lufthansa das Zeitalter der Großraumflugzeuge. 26. April Die Boeing 747-100 geht in den Linien- dienst. Als erstes Flugzeug wird sie mit einem Unterhaltungssystem für die Passa- 14. Januar giere ausgerüstet. Die erste DC-10 von McDonnell Douglas wird bei Lufthansa in Dienst gestellt und fliegt Langstrecken, auf denen der Einsatz 1971 der größeren Boeing 747 nicht wirtschaft- 1967 31. März lich wäre. 1. Mai Das Propeller-Zeitalter bei Lufthansa geht Die Lufthansa Fliegerschule verlegt den zu Ende: Die letzte Vickers Viscount wird 20. November größten Teil ihrer praktischen Ausbildung ausgemustert. Beim Start in Nairobi verunglückt die nach San Diego in Kalifornien (ab 1970: Boeing 747 „Hessen“, weil die Nasenklap- Phoenix/Arizona). 19. April pen der Flügel nicht ausgefahren waren. Als erste Fluggesellschaft der Welt nimmt 58 Insassen sterben, 97 werden verletzt. 6. Oktober Lufthansa die Frachtversion der Boeing Die „Super Constellation“ macht ihren 747 in ihre Flotte auf. letzten Linienflug bei Lufthansa. 1. Juli Dipl.-Ing. Reinhardt Abraham wird als Tech- nik-Vorstand Nachfolger von Prof. Gerhard Höltje, der in den Ruhestand geht. 20
Die Geschichte Voller Schub Voller Schub In den sechziger Jahren veränderten die Jets die Welt des Fliegens. Sie beförderten doppelt so viele Passagiere wie Propel- lerflugzeuge und erreichten ihr Ziel in der Hälfte der Zeit. Nach den Langstrecken eroberten sie bald auch die Kurz- und Mittel- strecken. 21
Die Geschichte Voller Schub ie Entwicklung der Flugzeug- sechs Sitzen pro Reihe und demselben technik ging in den sechziger Querschnitt wie bei 707 und 727, ein Jahren mit Riesenschritten vo- Zweimanncockpit und möglichst viele ran. Die Propellerflugzeuge tra- Gemeinsamkeiten mit der 727, zum ten mehr und mehr in den Hintergrund, Beispiel im Cockpit. Das versprach die schnelleren Jets beherrschten den erhebliche Synergien bei der Wartung Himmel. Und schon zeichnete sich am und bei der Ausbildung der Piloten. Horizont eine neue, epochemachende Die Verhandlungen mit Boeing waren Entwicklung ab: die Großraumflugzeu- lang und schwierig. Zwar kannte man ge, vom Volksmund sogleich liebevoll sich schon seit 1954, als die ersten Die Hecktreppen-Saga „Jumbo Jets“ getauft. Sie machten den Emissäre aus Seattle im Büro Bongers Von Ernst Simon modernen Fern- und Massentourismus ihre Aufwartung gemacht hatten, zudem erst möglich. war Lufthansa durch ihre bisherigen Seit fast 40 Jahren geistert das Gerücht Zunächst galt es jedoch, um ein Bestellungen ein wichtiger Kunde. Aber durch die Welt, ich hätte 1966 für Bo- Flugzeug zu kämpfen, zu dessen Bau deshalb gleich ein neues Flugzeug eing die Hecktür und -treppe der 737- Lufthansa den Hersteller mit sanftem bauen, von dem man selbst nicht recht 100 konstruiert. Eine schöne Geschichte Druck und vielen guten Worten halb- überzeugt war? und ehrenvoll für mich, aber leider nicht wegs zwingen musste: die Boeing 737. In Deutschland gab es außerdem richtig. Es war vielmehr so: Für die Lang- und längeren Mittelstre- Kritik von den Medien. Die 737 sei am cken war Lufthansa Mitte der 60er Jahre Markt vorbei entwickelt und ihre Zukunft Aus Gründen des Passagierkom- forts – die heute selbstverständlichen mit den Boeing Modellen 707 und 727 als Flop programmiert, schrieb ein Fluggastbrücken gab es damals kaum gut aufgestellt. Aber den Verantwortli- großes deutsches Nachrichtenmagazin. – forderte unser Verkauf bei der 737 chen in Technik und Verkauf war klar, Doch das beirrte die Lufthanseaten außer vorn auch hinten eine Tür mit dass ein Jet her musste, um auf den nicht; sie waren von der Richtigkeit ihres bordeigener Treppe. Kurzstrecken die Propellermaschinen Konzeptes überzeugt. Allerdings konn- abzulösen. ten auch sie damals nicht ahnen, dass Daraufhin konstruierte Boeing ein Das sollte eigentlich kein Problem die bei Boeing anfangs ungeliebte 737 kleines technisches Wunderwerk mit sein, denn es standen einige Modelle mit rund 13.000 verkauften Maschinen elektrischem Antrieb. Die Tür öffnete zur Auswahl: Die französische „Cara- zum erfolgreichsten Verkehrsflugzeug sich nach innen, die Treppe fuhr natür- velle“ flog schon seit Jahren, die Briten der Welt werden sollte. lich nach außen aus. Beides war schon präsentierten die BAC 1-11, und in den schwer genug, hinzu kam noch eine Notfallbatterie. All dieses zusätzliche USA ging bei Douglas die DC-9 in Se- Zähneknirschen in Seattle Gewicht war für uns nicht akzeptabel. rienproduktion. Alle drei Modelle hatten Erst als Lufthansa verhalten drohte, zum einiges gemeinsam: die Kabine mit Konkurrenten Douglas zu wechseln, Ich war zu dieser Zeit gerade in Seattle fünf Sitzen pro Reihe (3 + 2) und zwei ging man in Seattle und habe den amerikanischen Kollegen Hecktriebwerke. an die Entwicklung gesagt, wie sie es leichter und einfacher der 737 – „zähne- machen sollten: mit einer Tür, die sich Forderungen knirschend und nach außen öffnete und einer Treppe an Boeing ohne Begeiste- mit Handbedienung. So wurde es dann Doch damit rung“, wie ein auch gebaut und von vielen anderen gaben sich Höltje Zeitzeuge notierte. Gesellschaften übernommen. und seine Mann- Das Ur-Mo- schaft nicht zufrie- dell hatte 86 Prof. Ernst Simon, langjähriger Leiter der den. Sie wollten die Passagiersitze Hauptabteilung Technische Projekte Triebwerke unter und berück- der Lufthansa verstarb im März 2014 im den Tragflächen (weil sichtigte alle Alter von 92 Jahren. Mit ihm verlor die das mehr Raum für Wünsche des Luftfahrtwelt einen international hoch Passagiere schaff- Höltje-Teams. geschätzten Kenner der Branche, des- te), eine Kabine mit Und im Februar sen Wissen bis zuletzt gefragt war.. 22
1965 ermächtigte der Aufsichtsrat den renommierten amerikanischen Gesell- Lufthansa vermarktete die Boeing 737 Lufthansa Vorstand, 22 Boeing 737-100 schaft United. Boeing schob bereits ab 1968 als „City Jet“. Ihre Besatzungen zu bestellen – zum Stückpreis von exakt nach wenigen Monaten eine größere nennen sie noch heute freundschaft- 2.983.936 Dollar, das waren nach da- und verbesserte Version nach, die lich-kollegial „Bobby“ – nach dem maligem Wechselkurs rund 13 Millionen 737-200. Ihr sollten noch viele weitere (längst vergriffenen) Kinderbuch „Bobby Mark. Entwicklungsstufen folgen. Inklusive Boeings Abenteuer“, das kurzweilig die Die Lufthansa-Order wirkte wie ein mehrerer Flotten-Erneuerungsprogram- Entstehungsgeschichte des Flugzeugs Signal, denn schon bald folgten weitere me (Rollovers) kaufte Lufthansa insge- und sein abenteuerliches Leben schil- Bestellungen für den Twinjet, so von der samt 140 Maschinen der 737-Baureihe. dert. Die Boeing 727 aus der Sicht der Cockpitbesat- zung. Zwei Generationen begegnen sich: Die Boeing 727 (li.) erobert den Markt, der zuvor der Vickers Viscount gehörte. 23
Die Geschichte Voller Schub Allerdings musste auch die Boeing 737, wie jedes neue Flugzeug, mit Kin- derkrankheiten kämpfen. Dazu gehörten Probleme mit der Aerodynamik und mit dem Schubumkehrer an den Pratt & Whitney Triebwerken. Lufthansa nahm die Flugzeuge erst ab, nachdem diese Probleme gelöst waren. So stand später einmal eine ganze Reihe von 737-200 mit dem Kranich am Leitwerk auf dem Boeing-Vorfeld, bis der Autopilot nach den Wünschen der Hamburger Ingeni- Die Chronik des Aufbaus eure umgebaut war. 1965 bis 1973 Lufthansa galt schon damals bei den Amerikanern als ein nicht gerade einfacher Kunde. Bereits 1958 war in Hamburg Seattle eine Werksvertretung eingerich- 1965 Büro-Anbauten an Werkstätten, tet worden, deren Prüfer das Entstehen Sitzwerkstatt jedes einzelnen Lufthansa-Flugzeugs mit Argusaugen verfolgten. Denn nicht nur 1966 Neubau Triebwerkswerkstatt, das Endprodukt sollte technisch perfekt verschiedene Erweiterungsbauten sein. Die Technik-Botschafter stellten 1967 Energieversorgungszentrale sicher, dass bereits beim Bau nach den Lufthansa spezifischen Qualitätsrichtlinien 1968 Bürogebäude C, Heizzentrale verfahren wurde. Diese Zusammenarbeit erwies sich für beide Seiten als fruchtbar, 1969 Technische Schule, denn viele Verbesserungsvorschläge der Erweiterung Kantine 1 Lufthanseaten wurden von Boeing gern in die Serienfertigung übernommen. 1972 Galvanikgebäude, Zentralwerk- zeigten sich mäßig interessiert, aber der statt, Haus des Ärztlichen Dienstes, Boeing 747 am Start damalige amerikanische „Flag Carrier“ Borddienstgebäude der LSG Noch hatte die Boeing 737 nicht einmal Pan Am bestellte 25 Exemplare. ihren Erstflug absolviert, da beherrschte Ansonsten lief der Verkauf der 747 1973 Hochregallager, Material- annahme und -versand schon ein neues Flugzeug die Gedan- in den ersten Jahren schleppend an. ken der Ingenieure und die Schlagzeilen Obwohl Prof. Höltje und seine Mitden- der Medien: die Boeing 747, das erste ker vom Erfolg der Großraumflugzeuge Frankfurt Großraumflugzeug der zivilen Luftfahrt. überzeugt waren, agierte auch Lufthansa 1970 Jumbo-Wartungshalle. Sie war Seine Entstehungsgeschichte war zunächst eher zurückhaltend und orderte – ebenso wie Anfang der 60er Jahre ebenso einfach wie logisch. Boeing hatte – als erste Gesellschaft außerhalb der die „Schmetterlingshalle“ – zu ihrer sich beim amerikanischen Verteidi- USA – drei 747-100. Bis zur nächsten Zeit die größte der Welt. gungsministerium um den Bau eines Bestellung dauerte es immerhin fast drei großen Transportflugzeuges bewor- Jahre. Im März 1969 wurde Lufthansa ben, aber den Zuschlag nicht erhalten. Launching Customer für den 747-Frach- Folglich beschloss man, die bei der ter. Bis Ende 2015 kaufte sie insgesamt Konzeption dieser „C 5“ gewonnenen 81 Boeing „Jumbos“. Erkenntnisse zur Entwicklung eines zivi- Nach den ersten Düsenflugzeugen len Flugzeugs zu nutzen, das jedoch in markierte die Boeing 747 die zweite allen Details ein völlig neuer Entwurf war. Revolution des zivilen Luftverkehrs Die internationalen Fluggesellschaften binnen kaum mehr als einem Jahrzehnt. 24
Mein erster Tag… Von Wolfgang Mayrhuber Am 2. Februar 1970 stand ich um halb acht im Büro von Wolfgang Hergesell, dem Leiter der Triebwerksinstandhal- tung. Er war als „Mr. Engine“ weltweit anerkannt und im Unternehmen als energiegeladener Vollblut-Lufthanseat und charismatische Führungskraft verehrt und gefürchtet zugleich. Zeit für Ouvertüren gab es nicht. Als er Am 9. März 1970 kommt die Aufgabe eines Planungsingenieurs die erste Boeing 747-100 in der Fertigungsvorbereitung (FeVo) nach Frankfurt und geht kurz umriss, hob ich die Hand. Und wenige Wochen später in schon war ich, obwohl Berufsanfänger, den Liniendienst. mitten im Geschehen. Der Sprung ins kalte Wasser war erfrischend, die Verantwortung groß. Ihr 70 Meter langer Rumpf fasste, je 250-Sitzer und mit großem Rumpf- Meine erste Aufgabe war die Erstellung nach Bestuhlung, 350 bis 380 Passagie- querschnitt sowie zwei Kabinengängen von Arbeitskarten für die Aufrüstung ebenfalls ein echtes Großraumflugzeug. der JT9-Motoren mit Schubumkehr, re. Ihr Startgewicht betrug 300 Tonnen, Wärmetauschern etc. für die Boeing ihre Reichweite 9.000 Kilometer. Im Sie bediente ab 1974 die Langstrecken, 747-200. Oberdeck hinter dem Cockpit installierte auf denen die 350 Sitze eines Jumbos Lufthansa, wie auch andere Fluggesell- nicht zu füllen waren. Das Büro teilte man mit einem Dutzend schaften, eine Lounge mit kleiner Bar für Mit den Düsenflugzeugen verlager- Kollegen. Es gab vier Telefone und eine die Passagiere der First Class, die über ten sich die Gewichte innerhalb der Schreibmaschine. Dennoch: Mit Kon- eine Wendeltreppe zu erreichen war. Das Lufthansa Technik erheblich. Frankfurt zentration aufs Wesentliche und Tipp- änderte sich jedoch bald mit der Ein- wurde schon früh Heimathafen der Jets Ex klappte es erstaunlich gut. Wir hatten sicht, dass zusätzliche Sitze mehr Ertrag und operationelle Basis des gesamten viel zu tun und Freude an der Arbeit. bringen. Die Bar verschwand. Flugbetriebs. Hamburg blieb Hauptsitz Aber es gab Langstrecken, für die der Technik und konzentrierte sich auf Wolfgang Mayrhuber war von 1995 der Jumbo zu groß und die 707 zu die Überholung: die im Abstand von bis 2000 Vorstandsvorsitzender der Lufthansa Technik AG und von Juni klein waren. Nach langem Überlegen mehreren Jahren vorgeschriebenen 2003 bis Dezember 2010 Vorstands- entschlossen sich Verkauf und Tech- Checks und Reparaturen von Struktur, vorsitzender der Deutschen Lufthansa nik deshalb, zum ersten Mal einen Jet Bauelementen, Kabine, Geräten und Ins- AG. Im Mai 2013 wurde Mayrhuber in in die Flotte aufzunehmen, der nicht trumenten sowie die Instandhaltung der den Lufthansa Aufsichtsrat gewählt aus dem Hause Boeing stammte: die Triebwerke, für die ein eigener großer und nimmt seitdem den Vorsitz dieses dreistrahlige DC-10 von Douglas, ein Werkstattkomplex entstand. Gremiums wahr. 25
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