DLVAKTUELL LRS / Dyslexie (Tag der Logopädie 2022) - DLV Deutschschweizer Logopädinnen- und Logopädenverband - Logopaedie-ch
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DLVAKTUELL AUSGABE NR 4 / 2021 DLV Deutschschweizer Logopädinnen- und Logopädenverband LRS / Dyslexie (Tag der Logopädie 2022)
Editorial Schwerarbeit Lesen und Schreiben Einen Tag lang Aphasie simulieren und nicht sprechen, ein paar Stunden im Rollstuhl in der Stadt herumkurven, ein Essen im total verdunkelten Restaurant «Blinde Kuh» buchen oder einen Text so dargestellt lesen, wie ihn Menschen mit Dyslexie erleben – alles eindrückliche Selbsterfahrungen. Die ganze Not der Betroffenen mögen sie nicht abbilden, auf jeden Fall aber mehr Verständnis wecken. Der Schwerpunkt Lese-/Rechtschreibstörungen zum Tag der Logopädie am 6. März 2022 und in dieser DLVaktuell-Ausgabe hat zum Ziel, mehr Verständnis und Rücksichtnahme dafür aufzubauen. Weiter sollen Betroffene ermutigt werden, ihre Beeinträchtigung immer wieder anzugehen und gleichzeitig selbstbewusst durchs Leben zu gehen. Und nicht zuletzt sollen Angehörige, Lehrpersonen, Arbeitgeber:innen und Fachleute mehr über Lese-/Rechtschreibschwäche erfahren und ihr Wissen dazu erweitern oder aktualisieren. So finden Sie in diesem Heft Texte von Betroffenen (S. 3), von Fachleuten (S. 8), über hilfreiche Strategien (S. 6, 10) und präventive Ansätze (S. 4, 12). Das Angebot des DLV zum Tag der Logopädie 2022 wird auf S. 15 vorgestellt. Wir hoffen, dass viele Logopäd:innen und Studierende mithelfen, auf Dyslexie und deren Bewältigungsstrategien und damit auf die Logopädie allgemein aufmerksam zu machen. Herzlichen DANK. Edith Lüscher, Geschäftsleiterin Übersetzung Titelbild: «So anstrengend ist es für Menschen mit Dyslexie, einen Text zu lesen» Ausgabe 4 / 2021: LRS / Dyslexie EDITORIAL Schwerarbeit Schriftsprache 2 INTERVIEW Erfahrungen zweier Jugendlicher 3 SCHWERPUNKT Prävention Vorlesen 4 Technologische Hilfsmittel 6 Lesemotivation 8 Kooperatives Lese-Tandem 10 Zauberhafte LRS-Therapie 12 DLV INTERN Tag der Logopädie 2022 15 Neue DLV-Karten 16 UMFRAGE HFH Dialekt oder Hochdeutsch? 17 MASTERARBEIT Umfrage Teletherapie 19 LETZTE SEITE Wechsel in der Redako 20 Impressum 20 2 2 DLVAKTUELL DLV AKTUELL4/ 4/2021 2021 EDITORIAL UND INHALT
Betroffene Jugendliche erzählen Immer offen mit anderen sein Silas (15 Jahre) und Justin (16 Jahre) erleben die Schriftsprache anders als gleichaltrige Jugendliche. Beide Jugendliche besuch(t)en das Zentrum Aargauische Sprachheilschule (ZASS). Silas befindet sich in der Ausbildung zum Motorrad-Mechaniker. Justin steckt mitten im letzten Jahr seiner obligatorischen Schulzeit. Sie beantworten vier Fragen zum Thema «Lesen und Schreiben». Wann hast du gemerkt, dass du mehr Mühe mit Lesen und Justin: Bis ich in das ZASS gekommen bin, haben mich die Schreiben hast als andere? Lehrer:innen keine Texte lesen oder schreiben lassen. Sie waren Silas: In meinem ersten Skilager wurde ich zuerst wegen mei- auch alle überrascht, dass ich das nicht kann, und haben es zu- ner Aussprache ausgelacht. Ich war etwa in der 3. oder 4. Klas- erst nicht geglaubt. Im ZASS haben sie normal reagiert und mir se. Da habe ich schon gemerkt, dass ich anders bin. Ich habe sehr geholfen. Ich war da sehr froh darüber. Zuhause war es nie mir viele Gedanken gemacht und mir fiel auf, dass ich im Lesen ein Problem. Nur meine Oma wusste es eine lange Zeit nicht. und im Schreiben nicht so fit war. Justin: Am Anfang ist mir das nicht so aufgefallen. Erst ab der Wie geht es dir heute allgemein und in Bezug auf Lesen dritten Klasse wurde es mir klar. Beim Lernen von Buchstaben und Schreiben? war noch alles Ordnung, aber als wir Texte lesen oder schreiben Silas: Mit Lesen und Schreiben geht es jetzt viel besser, vor al- mussten, merkte ich, dass ich es nicht so gut kann wie meine lem seit der Oberstufe. Nur an meiner Motivation hat sich nicht anderen Klassenkameraden. viel verändert. Ich schreibe nicht gerne, weil ich mich nicht so gut ausdrücken kann, wie ich will. Meine Persönlichkeit kommt Wie hat das Umfeld reagiert und was wurde unternommen? dann einfach weniger gut rüber. Ich bewundere diejenigen, die Silas: Ich habe bis zu Beginn des grossen Kindergartens in freiwillig gerne schreiben und viel lesen. Schon in der Schulzeit einer «eigenen Sprache» gesprochen. Ich hatte ca. 15 Laute musste ich mich immer eher zwingen, etwas für das Lesen und und Wörter plus einige ganz einfache Sätze. Meine Familie und das Schreiben zu tun. die Umgebung haben mich trotzdem verstanden, ich habe auch Justin: Grundsätzlich geht es mir gut. Wenn ich Leute kennen- die Hände zum Reden genommen. Beim Lesen und Schreiben lerne oder an einem neuen Ort bin, fühle ich mich noch unwohl. haben sie dann auch früh reagiert. In meiner Familie musste ich In der Schule ist das Vorlesen nicht so meins. Aber das Schrei- z. B. in den Ferien Briefe an meine Grosseltern schreiben. Oder ben macht mir mittlerweile Spass. am Abend öfters etwas vorlesen. Es war aber für alle nie ein Problem, dass ich Mühe mit Lesen und Schreiben habe oder die Was würdest du anderen Jugendlichen in der gleichen Sprachheilschule besuchte. Meine Eltern wollten dies so, damit Situation raten? ich gefördert werde. Silas: Anderen Jugendlichen würde ich den Tipp geben, immer offen mit anderen zu sein. Man soll zu sich und seinen Schwä- chen stehen. Das ist nicht immer ein Nachteil, das habe ich jetzt in der Berufsschule gemerkt. Natürlich brauche ich trotzdem Hilfsmittel wie den Duden, aber das hilft mir ja. Ich kann mit den anderen trotzdem locker mithalten. Ich würde auch noch den Tipp geben, auf ruhige und scheue Jugendliche zuzugehen. Wenn man miteinander zu sprechen beginnt, kann man Freund- schaften aufbauen. Mir persönlich hat das Kunstradtraining geholfen, dass ich mehr Selbstvertrauen z.B. für Gespräche und Vorträge aufbauen konnte. Justin: Es gibt nicht einen einzigen Tipp. Aber mir hilft, wenn ich meine Texte noch einmal durchlesen kann. Es hilft mir auch, wenn ich das Wort, das ich schreiben will, laut sage und im Kopf buchstabiere. Das Interview mit Silas Göbelbecker und Justin Sörensen führten Ursina Marti, Logopädin am ZASS und Justin Sörensen Silas Göbelbecker Anika Helfer, Logopädin am ZASS und Mitglied der RedaKo INTERVIEW DLV AKTUELL 4/ 2021 3
Die vielen Dimensionen des Vorlesens Ich lese, also bin ich. Wenn wir lesen, entstehen Bilder und in unserem Inneren beginnt das «Kopfkino». Beim Vorlesen entsteht dieses Kino in den Köpfen der Kinder. Sie tauchen ab in neue Welten. So wird oftmals die intrinsische Motivation für den eigenen Leseerwerb entfacht. Kinder, welchen früh und regelmässig vorgelesen wird, entwickeln bessere Schulleistungen. Ist der Zusammenhang so eindimensional? Britta Massie Lesesozialisation erweitert und differenziert. Durch den gemeinsamen Fokus auf Die Expertin für Literale Förderung des Schweizerischen Ins- ein Bild oder einen Text entstehen beim Kind Verknüpfungen tituts für Kinder- und Jugendmedien (SIKJM) Barbara Jakob von sprachlichen Einheiten mit der Bedeutung. Das so genannte berichtete in einem Interview mit dem SRF aus dem Jahr 2020, dialogische Vorlesen, bei welchem die Kinder in das Geschehen dass in der Schweiz ca. 20 Prozent der Schulabgänger:innen durch Fragen und Aufforderungen eingebunden werden, hat den Schwierigkeiten im Lesen aufweisen. Sie bekräftigte damals: grössten Nutzen auf sprachsystematische Lernzuwächse. Beim «Um Lesefreude zu entwickeln, muss ein Kind schon früh er- gemeinsamen Reflektieren über das Gelesene werden sowohl fahren, dass es sich lohnt, zwischen Buchdeckel zu blicken». das kontextunabhängige Verstehen als auch die kontextunge- bundene Verwendung von Sprache begünstigt. Dies stellt einen Im vorliegenden Beitrag werden die Dimensionen der Leseso- wichtigen Meilenstein im Spracherwerb dar. Darüber hinaus zialisation und -motivation, der sprachlichen Voraussetzungen wird der kreative Umgang mit der Sprache durch das Vorlesen für den Leseerwerb, sowie die verschiedenen Modalitäten des angeregt. Kinderliteratur beinhaltet häufig Reime, Lieder und Lesens beleuchtet. Verse, welche spielerisch die Verknüpfung von Buchstaben mit den dazugehörigen Lauten thematisieren. Im Alltag kommen Kinder bereits vor dem Eintritt in den Kinder- garten mit der Schriftsprache in Berührung. Sie sehen Stras- Bei all diesen positiven Auswirkungen stellt sich die Frage, sennamen oder Embleme von Geschäften, welche gross am ab wann Eltern vorlesen sollten. In einer Studie zum Einfluss Eingang prangen. Wenn die Bezugspersonen darauf nicht weiter des Vorlesebeginns auf die sprachlichen und kognitiven Leis- eingehen, verblassen diese Erfahrungen schnell und hinter tungen von Vorschüler:innen (Niklas et al., 2016) stellten die lassen wenig Spuren. Die Haltung der Lebensumwelt in Bezug Autor:innen fest, dass ein früher Vorlesebeginn, vor Vollendung auf Literatur und Bücher spielt eine wichtige Rolle für das eige- des zweiten Lebensjahrs, die sprachlichen Kompetenzen im ne Interesse am Medium Schrift. Wächst ein Kind in einer Fami- Vorschulalter voraussagen kann. Ausserdem konnte ein Zu- lie auf, in welcher die Eltern regelmässig und mit Freude lesen, sammenhang zwischen dem Vorlesebeginn und dem weiteren und in der ausreichend Kinderliteratur zur Verfügung steht, so Vorleseverhalten beobachtet werden. Eltern, welche früh mit zeigt es selbst Lust an der Schrift. Die familiären Komponenten, dem Vorlesen begonnen hatten, lasen im weiteren Verlauf welche den Schriftspracherwerb fördern, werden unter dem Be- auch häufiger vor. Die Autor:innen schlussfolgern, dass der griff Home Literacy Environment (HLE) zusammengefasst (vgl. Vorlesestart ein guter Prädiktor für die schriftsprachlichen Niklas, 2015). Eine positiv gestaltete HLE begünstigt die Ent- Vorläuferfertigkeiten zu sein scheint (Niklas et al., 2016). Unter wicklung des Schriftspracherwerbs (vgl. Niklas et al., 2016). Das Vorläuferfertigkeiten werden Kompetenzen zusammengefasst, frühe Vorlesen als besondere Komponente der HLE befördert welche Kinder befähigen, den Schriftspracherwerb erfolgreich nicht nur die Motivation, sondern auch die Entwicklung sprach- zu meistern. spezifischer Kompetenzen. So wird zum Beispiel der Wortschatz 4 DLV AKTUELL 4/ 2021 SCHWERPUNKT
Vorläuferfertigkeiten Lesemodalitäten Das Konzept der phonologischen Informationsverarbeitung Der technologische Fortschritt ermöglicht das Vorlesen mittels stellt eine der bekanntesten Vorläuferfertigkeiten des Schrift- Lern- und Lesestiften oder elektronischen Bilderbüchern. Im spracherwerbs dar. Es gehört zum gängigen Repertoire, wenn Gegensatz zum Vorlesen im Print-Format scheinen die digitalen es um die Prävention und Behandlung von Lese- und Recht- Versionen sowohl in Familien mit hohem als auch mit niedrigem schreibstörungen geht. Die phonologische Bewusstheit nimmt sozio-ökonomischen Status in ähnlichem Masse vorhanden zu hierbei einen besonderen Stellenwert ein. Sie ist weitreichend sein. Dies wird unter anderem auf den Unterhaltungscharakter erforscht, lässt sich frühzeitig und spielerisch trainieren und der elektronischen Kinderbücher zurückgeführt (vgl. Pfost et al., wirkt sich positiv auf den Erwerb des Lesens und Schreibens 2020). Je nach Medium erhält das Kind neben dem Kontakt zur aus. Die neusten Erkenntnisse zur Vorhersagekraft, Förderung Schriftsprache weitere multimediale Eindrücke wie Geräusche, und Therapie der phonologischen Bewusstheit dämpfen diese Lieder, Spielmöglichkeiten und/oder kurze Filmsequenzen. Erwartungen jedoch ein wenig. Da sich die phonologische Be- Dies stellt einerseits einen Mehrwert dar. Andererseits kann wusstheit auf Lautebene vor allem im Zusammenspiel mit dem dies die Kinder aber auch vom Wesentlichen, dem Text und Schriftspracherwerb entwickelt, kann sie im Kindergartenalter der Geschichte, ablenken. In letzterem Fall würde der Nutzen nur bedingt eine Aussage über den Erfolg beim Lesen- und vom Vorlesen abgeschwächt. In verschiedenen Studien und Schreibenlernen treffen. Ausserdem gilt es als erwiesen, dass Metaanalysen konnten dennoch lernförderliche Effekte für elek- die isolierte Förderung respektive Therapie der phonologischen tronische Vorlese-Medien nachgewiesen werden. Den grössten Bewusstheit nicht zielführend ist. Vielmehr sollte sie immer Erfolg liefern solche Programme, die wenig Ablenkung und im Zusammenhang mit der Schriftsprache behandelt werden irrelevante Features bieten (vgl. Pfost et al., 2020). Pfost, Freund (Klassert, 2021). Eher neu im deutschsprachigen Raum ist auch und Becker (2020) empfehlen daher bei der Auswahl elektroni- die Beachtung des Einflusses der morphologischen Bewusstheit scher Medien auf die pädagogische Qualität zu achten. Werden auf den Schriftspracherwerb. Mit diesem Konzept wird – ana- diese Punkte beachtet, können sie eine sinnvolle Ergänzung log zur phonologischen Bewusstheit – die Fähigkeit beschrie- zum Vorlesen darstellen. ben, Morpheme wahrzunehmen und sie zu manipulieren (vgl. Volkmer et al., 2019). Die vereinzelten Evidenzen aus dem Fazit deutschsprachigen Raum bestärken, dass die morphematische Das Vorlesen ist und bleibt eine Wunderwaffe für den erfolgrei- Bewusstheit im Schriftspracherwerb eine aussagekräftige Rolle chen Schriftspracherwerb. Es zeigt sich: Je früher, desto besser einnimmt (bspw. Volkmer et al., 2019). Sie wird zukünftig eine und je interaktiver, desto nachhaltiger. Digitale Medien können weitere wichtige Komponente in der Prävention, Förderung und nach sorgfältiger Auswahl als Ergänzung eingesetzt werden. Es Therapie von Lese- und Rechtschreibstörungen darstellen. lohnt sich, alle Dimensionen des Vorlesens zu berücksichtigen und womöglich auch neue Wege zu wählen. Das frühe Vorlesen befördert also die Motivation zum Lese- Britta Massie, Dr. rer. biol. hum., HfH Zürich, Dozentin mit erwerb und ist der HLE zuträglich. Dies wiederum fördert die Schwerpunkten Sprachentwicklungsstörungen und Lese- Vorläuferfertigkeiten, welche Kinder zum erfolgreichen Schrift- Rechtschreib-Störungen spracherwerb benötigen. Was ist aber, wenn die Bezugsperso- nen nicht ausreichend Zeit zur Verfügung haben oder sich das Vorlesen nicht zutrauen? Können neue Techniken wie sprechen- de Stifte und Vorleseprogramme diese Aufgabe übernehmen? Die Literaturliste befindet sich auf www.logopaedie.ch TAG DER LOGOPÄDIE e Dyslexi SCHWERPUNKT DLV AKTUELL 4/ 2021 5
Logopädie und/oder Einsatz von technologischen Hilfsmitteln UND oder ODER? Im Forschungsprojekt «Assistive Technology – eine aussichtsreiche Möglichkeit für Kinder mit LRS?» wird der Nutzen der Spracherkennungstechnologie untersucht. Anhand von fünf Fragen wird beurteilt, ob es «Kompensation UND Logopädie» oder «Kompensation ODER Logopädie» heissen müsste. Silvana Flütsch Keravec Warum untersuche ich den Einsatz eines Ein weiteres Argument für den Einsatz von Kompensationsmass- Kompensationsmittels? nahmen ist die Verbesserung der Schreibmotivation. Svensson Die korrekte Rechtschreibung ist gemäss Sturm und Schnei- et al. (2019) gehen davon aus, dass auf Menschen mit LRS ein der (2019) nicht das eigentliche Ziel des Schreibens, sondern grosser Leidensdruck lastet und dass das Schreiben mit vielen unterstützt die Verständlichkeit eines Textes und geht oft mit negativen Gefühlen und einem beeinträchtigten Selbstwertge- der Textqualität einher. Das Ziel des Schreibens liegt in der fühl verbunden ist. Dies wirkt sich negativ auf die Schreib- und schriftlichen Kommunikation und dem Belegen von schuli- allgemeine Schulmotivation aus. Den Nutzen der Kompensation schem Wissen. Zudem wird das Schreiben als Lernwerkzeug in diesem Bereich im Gegensatz zur herkömmlichen Technik eingesetzt. Dieses Ziel muss in der Unterstützung von Kindern konnten die Autoren insbesondere für Schüler:innen mit schwe- und Jugendlichen mit LRS vor Augen gehalten werden. Dies ren Schriftspracherwerbsstörungen belegen. gilt gerade, weil das Schreiben nach wie vor sehr wichtig für den schulischen und beruflichen Erfolg ist und in der Alltags- Worum handelt es sich bei der kommunikation sogar immer wichtiger wird (Arcon et al., 2017; Spracherkennungstechnologie? Graham & Hall, 2016; Troia & Graham, 2017). In der Logopädie Im Forschungsprojekt zu Assistive Technology und LRS wird der allgemein anerkannt ist zudem die Tatsache, dass Probleme Nutzen einer Spracherkennungssoftware untersucht, welche beim Schriftspracherwerb über die Schulzeit relativ stabil sind, mündliche Sprache automatisch in schriftlichen Text überführt. d.h. die Mehrheit der Betroffenen trotz absoluter Lernfort- Die Diktierenden sprechen also ihren Text in den Computer ein schritte sozialnormbezogen im unteren Leistungsbereich bleibt und der Computer wandelt diesen zu Schrift am Bildschirm um. (Scheerer-Neumann, 2018). Die Frage nach Alternativen für Diese Technologie wird im engl. Sprachraum als Speech-to-text Betroffene, wie z.B. dem Einsatz eines Kompensationsmittels, (abgekürzt STT) bezeichnet (Schüler, 2020). liegt nahe. Während die Spracherkennungstechnologie in Domänen mit Wie kann der Einsatz eines Kompensationsmittels bei LRS stark standardisierten Texten (Medizin, Rechtswesen) bereits theoretisch begründet werden? seit längerer Zeit eingesetzt wird, erhält ihr Einsatz etwa seit Die ‘Cognitive Load Theory’ (Kellogg et al., 2013) nimmt an, dass der Jahrtausendwende auch in der sprachdidaktischen und die Ressourcen im Arbeitsgedächtnis begrenzt sind und ver- der förderpädagogischen Forschung Aufmerksamkeit. Dies hat schiedene Prozesse darum konkurrieren. Während kompetente damit zu tun, dass die technologische Entwicklung einen Stand Schreiber:innen schnell und ohne Anstrengung Repräsenta- erreicht hat, der den Einsatz für breitere Nutzerkreise möglich tionen aus dem Langzeitgedächtnis abrufen können, müssen macht (Schüler, 2020). weniger kompetente Schreiber:innen die Wortformen mit Hilfe der ‘Phonologischen Schleife’ innerhalb des Arbeitsgedächt- Der Einsatz des Diktierens als Kompensation basiert auf nisses aufrechterhalten. Dadurch wird dieses belastet und die der Idee, die Herausforderungen der Schriftproduktion inkl. Ressourcen stehen nicht der Planung, Übersetzung von Ideen in Orthografie und motorischen Schreibfertigkeiten – auch als Text und Überarbeitung beim Schreiben, zur Verfügung. hierarchieniedrigen Schreibprozessen bezeichnet – zugunsten 6 DLV AKTUELL 4/ 2021 SCHWERPUNKT
der Verfügbarkeit von Ressourcen für die Textproduktion sind der konsequente Gebrauch sowie die Motivation und der zu entlasten. Die Ideengenerierung, die Planung und Wille zum Erlernen des Tools notwendig. Strukturierung des Textes geschehen genauso wie beim herkömmlichen Schreiben. Sie werden als hierarchiehohe Was könnte das für die Zukunft der logopädischen Arbeit Schreibprozesse bezeichnet (Philipp, 2019). bedeuten? Die Spracherkennung ist ein Tool, das alltagstauglich geworden Was ist über den Einsatz der Spracherkennungstechnologie ist und das Potential hat, gut akzeptiert zu werden - mehr noch, bei LRS bekannt? dass es Schul- und Berufskarrieren barrierefreier machen Neben der genannten Steigerung der Schreib- und Schulmo- kann. Möglicherweise bietet es auch die Chance, Kapazitäten tivation konnte in wissenschaftlichen Arbeiten gezeigt werden, für andere Therapieschwerpunkte freizusetzen. Es ist aber dass die Entwicklung der Rechtschreibung trotz Kompensation anzunehmen, dass Anpassungen im Unterricht und im Klas- nicht stagnierte (Svensson et al., 2019) und dass Schreibstrate- senzimmer sowie Absprachen unter allen Beteiligten und deren gien unabhängig von der Modalität erworben werden konnten Unterstützung dafür notwendig werden. (Haug & Klein, 2018). Dies scheint eine wichtige Beobachtung, da Bedenken bezüglich einer Stagnation der entlasteten Ent- Obwohl vielerorts Computer, Tablets und verschiedene Apps aus wicklungsbereiche bestimmt berechtigt sind. In Untersuchun- der Logopädie nicht mehr wegzudenken sind, ist wenig evidenz- gen zum Diktieren mit STT mit Kindern mit Schreibschwierig- basiertes Wissen darüber vorhanden, wie, wann und bei wem keiten (MacArthur, 2009) und Schreiben in der Zweitsprache welche Hard- und Software therapeutisch sinnvoll eingesetzt (Arcon et al., 2017) wurden mehr Ideen, längere Texte und eine wird. Es braucht daher die Erfahrung der Praxis und der Betrof- Verbesserung der Textqualität beobachtet. fenen zusammen mit soliden Forschungsresultaten und einem gewinnbringenden Austausch zwischen allen Beteiligten, damit Dawson et al. (2019) betonen in ihrem Forschungsbericht über die passende Technologie zum richtigen Zeitpunkt eingesetzt die Unterstützung von Schüler:innen mit LRS durch Assistive werden kann. Zudem wird in diesem Bereich ein gutes Aus- und Technology zwei Dinge, die für die Logopädie zentral erschei- Weiterbildungsangebot notwendig sein, damit die Logopädie nen. Erstens, dass Schüler:innen mit LRS Technologien bevor- in diesem Prozess die Rolle der Begleitung und Koordination zugen, die die Grenze von Assistive Technology und «everyday übernehmen kann. technologies» verwischen. Zwar gehört STT zu den Alltagstools, die nicht für den sonderpädagogischen Bereich entwickelt wur- Mein Fazit auf die zu Beginn gestellte Frage lautet «und». Eine den. Trotzdem ist für das Diktieren im Klassenzimmer etwas logopädische Intervention kann durch die sinnvolle Kombination Anpassung notwendig, da das Diktieren Lärm in der Klasse von störungsspezifischer Therapie und dem Einsatz von techno- verursacht und möglicherweise seinerseits vom Lärm der Klas- logischen Hilfsmitteln ihr Potential voll entfalten. se ungünstig beeinflusst wird. Zweitens betonen die Autoren, Silvana Flütsch Keravec, dipl. Logopädin MA und Wissenschaftliche dass ein Kind für das Erlernen und Einsetzen des Tools eine Mitarbeiterin an der PHZH am «Zentrum Bildung und Digitaler enge und sorgfältige Begleitung durch eine fachkundige Person Wandel» braucht. Ausserdem scheint eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten unabdingbar. Das vorgestellte Forschungsprojekt wird vom SNF über die Förderlinie Doc.CH finanziert: Als weitere Bedingungen für den erfolgreichen Einsatz von STT https://phzh.ch/de/Forschung/projektdatenbank/projektdetail/?id=229 nennen Haug und Klein (2018) den spezifischen Schreibunter- richt, bzw. die explizite Instruktion von Schreibstrategien. Auch Die Literaturliste befindet sich auf www.logopaedie.ch TAG DER LOGOPÄDIE e Dyslexi SCHWERPUNKT DLV AKTUELL 4/ 2021 7
Masterarbeit Motiviert Lesen trotz geringer Lesekompetenz? Wie gestaltet sich die Lesekompetenz und die Lesemotivation der 7. – 9. Klassen (Zyklus 3) an Deutschschweizer Sprachheilschulen? Dieser Frage ist Katrin Remund Schnyder in einer Querschnittstudie im Rahmen ihrer Masterarbeit nachgegangen. Katrin Remund Schnyder Die Deutschschweizer Sprachheilschulen im Zyklus 3 Zu den Erfolgskriterien beim Lesen gehört ebenso die Bedeu- Vier der insgesamt sieben Sprachheilschulen in der Deutsch- tung, die das Lesen für Jugendliche hat. In der Literatur werden schweiz mit Sekundarstufe I nehmen zum Zeitpunkt der unter anderen extrinsische und intrinsische Lesemotive be- Untersuchung Schüler:innen mit diagnostizierten Sprachstö- schrieben, welche für die Lesekompetenz als besonders rele- rungen im Sinne der Invalidenversicherung (IV) auf, wenn sie vant diskutiert werden (Ryan & Deci, 2000). Intrinsische Motive über eine mindestens durchschnittliche Intelligenz verfügen. zeigen sich in purer Freude am Lesen, einer Involviertheit und Der häufigste Grund für den Besuch einer Sprachheilschule Neugier für Geschichten oder ein Sachthema. Letztere scheinen ist eine Spracherwerbsstörung (92 %) und/oder eine Lese- im Verlaufe der Entwicklung zuzunehmen. Extrinsische Motive, Rechtschreibstörung (47 %). Obwohl überwiegend nach dem wie das Lesen für gute Noten, Anerkennung oder aus Wett- geltenden Regelschullehrplan unterrichtet wird und viele bewerbsgründen, verlieren hingegen an Bedeutsamkeit. Das Schüler:innen nach der 9. Klasse im ersten Arbeitsmarkt eine bedeutet, dass Leseanfänger:innen und schwache Leser:innen Berufsausbildung machen, nahmen die Sonderschulen nicht an grundsätzlich noch eher aus extrinsischen Motiven lesen, wäh- der internationalen PISA Studie teil (DVK, 2019; Isele & Stieger, rend mit zunehmender Lesekompetenz intrinsische Motive 2010). Gerade für die Teilhabe an Gesellschaft und Kultur ist wichtiger werden. Die Sekundarstufe I stellt in diesem lebens- eine ausreichende Lesekompetenz wichtig, denn das Lesen be- langen Prozess einen Übergang dar, da beide Motive vorhanden einflusst Lernprozesse und bildet Persönlichkeit. Lesen sensibi- sind (Alexander, 2005). Die Lesemotivation fungiert im Lese- lisiert für die Sprache und trainiert die Perspektivenübernahme, kompetenzerwerb als treibender Motor (Philipp, 2010). Auch womit Entwicklungsprozesse beeinflusst werden, welche über die PISA Studie von 2018 zeigt einen statistisch signifikanten die reine Schriftaneignung hinausgehen (Hurrelmann, 2004). Zusammenhang zwischen der Freude am Lesen und der Lese- kompetenz. Die Mädchen weisen darin eine höhere Lesefreude Was heisst motiviert und kompetent lesen? als die Knaben auf (Konsortium PISA.ch, 2019). Die Lesekompetenz zeigt sich im Textverstehen. Es braucht zum Textverstehen sowohl ein Mass an Lesegeläufigkeit in Form von Stichprobe und Messinstrumente der Untersuchung fliessendem und fehlerfreiem Lesen als auch die Fähigkeit, ge- An der vorliegenden Untersuchung nahmen 79 der 187 Jugend- sprochene Sprache zu verstehen, also das Hörverstehen. Beim lichen teil, die zum Zeitpunkt der Untersuchung eine Deutsch- Simple-View-of-Reading-Modell wird angenommen, dass beim schweizer Sprachheilschule besuchten. Davon waren 58 Hörverstehen und Textverstehen im Grunde dieselben Prozesse männlich. Es wurden sowohl kognitive Aspekte des Lesens als ablaufen (Hoover & Gough, 1990). Diese Prozesse können in auch motivationale Aspekte erfasst und diskutiert. Dazu wurde hierarchieniedere und hierarchiehohe Ebenen unterteilt werden, für die Lesekompetenz die Lesetestbatterie LESEN 6-7/8-9 die einerseits das fliessende Lesen, andererseits das kohärente verwendet (Bäuerlein, 2012). Die intrinsische und extrinsische Verstehen beschreiben (Lenhard, 2013). Lesemotivation wurde mit dem Lesemotivationsfragebogen (LMF) erfasst (Schiefele & Schaffner, 2016). Die Daten wurden statistisch ausgewertet. 8 DLV AKTUELL 4/ 2021 SCHWERPUNKT
Lesekompetenz und Lesemotivation an Anreize darstellen. Demzufolge könnte mit dem Einsatz alter- Deutschschweizer Sprachheilschulen sentsprechender äusserer Anreize bei schwachen Leser:innen Ergebnisse zeigen, dass es sich bei der Sprachheilschülerschaft der Sekundarstufe I die Lesekompetenz zielführend verbessert um mehrheitlich schwache bis sehr schwache Leser:innen han- werden. delt. Sowohl die Dekodierfähigkeit, eine hierarchieniedere Fä- higkeit, als auch das Textverstehen auf hierarchiehoher Ebene Fazit für die Praxis sind deutlich tiefer als in der Normierungsstichprobe des Tests. Aus der Tatsache, dass Jugendliche in Sprachheilschulen so- Sprachheilschüler:innen haben Mühe, altersentsprechende Tex- wohl extrinsische als auch intrinsische Lesemotive zeigen, lässt te in angemessener Zeit zu lesen und sie in ihrem Zusammen- sich für schulische Kontexte in der Förderung weiter schliessen, hang zu verstehen. Die Lesegeläufigkeit und das Textverstehen dass es wichtig ist, die individuellen Motive der Jugendlichen zu hängen dabei eng zusammen. kennen und sie leseförderlich einzusetzen. Ansätze sollten we- niger die soziale Bezugsnorm verfolgen, sondern individuell und Die Ergebnisse zur Lesemotivation zeigen, dass die intrinsische gezielt eigene Lesemotive der Jugendlichen in Lernangeboten Lesemotivation trotz schwacher formaler Lesekompetenzen miteinbeziehen (Schneider et al., 2009). ausgeprägter ist als die extrinsische, jedoch beide Motive vor- handen sind. Mit dem Hintergrund der aktuellen Forschungs- Die Institution Sprachheilschule trägt mit ihren Aufnahmekri- lage wäre zu erwarten, dass schwache bis sehr schwache terien dazu bei, dass bei der Schülerschaft in geballter Weise Leser:innen wenig ausgeprägte intrinsische Motive zeigen. Man lesehinderlich diskutierte Faktoren zusammenkommen. Erfolg- würde denken, dass sie eher für gute Noten oder der Anerken- reiches Peerlernen könnte erschwert sein. Andererseits könnte nung wegen lesen, also aufgrund extrinsischer Motive (Stutz et dieselbe Tatsache dazu führen, dass sich die Jugendlichen in al., 2017). Jugendliche in Sprachheilschulen lesen jedoch trotz der Anschlusskommunikation dank der homogenen Gruppe als geringer Lesekompetenz aus Neugier und Involviertheit. Sie selbstkompetent wahrnehmen und ihr Vorwissen sinnstiftend scheinen aus Freude an einer Geschichte oder aus Interesse an einbringen. einem Sachverhalt zu lesen. Es stellt sich die Frage, wie diese Jugendlichen intrinsische Lesemotive entwickeln. Eine national Wenn es gelingt, Schüler:innen mit einer Sprachbehinderung an angelegte Studie mit über 1000 teilnehmenden Jugendlichen einer Sprachheilschule in der Art zu fördern, dass sie intrinsisch konnte zeigen, dass die Resilienz bestimmt, inwieweit schwache motiviert zu angepasster Literatur greifen, ein leseförderliches Jugendliche Lesefreude entwickeln (Schneider et al., 2009). Selbstkonzept entwickeln und formale Fortschritte im Lesen Das eigene Kompetenzerleben, die Selbstbestimmung und das machen, dann haben Sprachheilschulen einen wichtigen Auf- Vorwissen spielen dabei eine wichtige Rolle (Knickenberg, 2018). trag erfüllt. Gehören diese Jugendlichen später als Erwachsene Dass die Jugendlichen in Sprachheilschulen trotz schwacher im Mindesten zu den 10 % Menschen, welche trotz geringer Leseleistung gerne lesen, könnte folglich damit erklärt werden, Lesekompetenz gerne und viel lesen (Rammstedt et al., 2013), dass sie sich selbst als kompetente Leser:innen erleben. Das ist lesende Teilhabe an Gesellschaft und Kultur gelungen. eigene Vorwissen der Jugendlichen könnte insofern passen, als Katrin Remund Schnyder, Dozentin PH FHNW mit Schwerpunkt dass sie sich in Gesprächen über Gelesenes erfolgreich einbrin- Schriftsprache bei Kindern und Jugendlichen gen können und sich so als selbstkompetent erleben. Die Untersuchung zeigt im Weiteren, dass extrinsische Motive Die Masterarbeit erfolgte im Masterstudiengang Sonderpädagogik mit ebenfalls eine Rolle spielen. Obwohl Sinn und Zweck von Beloh- Option Logopädie an der Universität Freiburg nungssystemen in der Literatur kontrovers diskutiert werden, Die Literaturliste befindet sich auf www.logopaedie.ch zeigt die Studie von Schneider und Kollegen (2009), dass Aner- kennung und Wettbewerb für schwache Leser:innen wichtige TAG DER LOGOPÄDIE e Dyslexi SCHWERPUNKT DLV AKTUELL 4/ 2021 9
Wirksamkeitsstudie Das kooperative Lautlesetandem im Kontext der LRS Romy Wüthrich schildert im vorliegenden Artikel die Ergebnisse der longitudinalen Einzelfallstudie im Rahmen ihrer Masterarbeit. Die Intervention des kooperativen Lautlesetandems wurde bei vier Schüler:innen mit LRS überprüft. Auch an der Sprachheilschule Bern werden schwache Leser:innen im Rahmen eines Pilotprojekts mittels kooperativen Lautlesetandems unterstützt. Romy Wüthrich Das kooperative Lautlesetandem kombiniert die Methoden des in Kombination mit anderen Diagnosen vor. Eine besondere Risi- wiederholten und des begleitenden Lesens mit dem Ziel, eine kogruppe für die Ausbildung einer LRS sind Kinder mit Spezifi- dem Text angemessene Leseflüssigkeit zu erreichen (Rosebrock schen Spracherwerbsstörungen. et al., 2017). Die heterogenen Profile von Kindern und Jugendlichen mit Die neuere Forschung zeigt, dass der Leseflüssigkeit als Vor- LRS implizieren eine an das Individuum angepasste Förderung, aussetzung für sinnverstehendes Lesen ein hoher Stellenwert wobei die Berücksichtigung der Leseflüssigkeit, Strategien zum zugetragen werden muss, denn die verschiedenen Teilkompo- Leseverstehen sowie die Ermutigung und Unterstützung bei der nenten der Leseflüssigkeit unterstützen das Textverstehen. Bei Selbstreflexion und beim Leseengagement (z.B. Lesen in der geübten Leser:innen laufen basale Lesefähigkeiten weitgehend Freizeit) eine grosse Rolle spielen, um negative Folgen zu mini- automatisiert ab (Rosebrock et al., 2017, 14), während hierar- mieren. Philipp (2012a, 203ff.) hat aus insgesamt 40 vorwiegend chiehöhere Fähigkeiten mit einem höheren Grad an Bewusstheit angelsächsischen Metaanalysen wichtige inhaltliche Prinzipien einhergehen (Lenhard, 2019, 21). Wenn Kinder über eine lange abgeleitet. Neben der Förderung der Lesemotivation hebt er Zeitdauer ohne Anstrengung lesen können, wirkt sich das posi- hervor, dass das Trainieren von basalen Lesekompetenzen ins- tiv auf die Lesegewohnheiten aus (Ashby, 2016, 82f). Schliess- besondere bei schwachen Leser:innen von Bedeutung ist. lich leistet das (flüssige) Lesen einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung zahlreicher sprachlicher und kognitiver Fähigkeiten Ich habe im Rahmen meiner Masterarbeit an der Universität (Stanovich, 1986, 364). Aus diesem Grund ziehen beschränkte Fribourg eine Einzelfallstudie mit vier Fünft-/Sechstklässlern, Leseerfahrungen negative Konsequenzen nach sich, z.B. auf die darunter Zwillinge, durchgeführt. In der Wirksamkeitsstudie Entwicklung des Wortschatzes und des Wissenserwerbs. Stano- wurden die Lesegeschwindigkeit, die Lesegenauigkeit und vich (1986) weist auf das Gefälle hin, das im Entwicklungsverlauf die Intonation evaluiert. Zudem wurde die Verlaufsdiagnostik immer grösser wird, zumal unflüssige Leser:innen im Vergleich sinnerfassenden Lesens von Walter (2013) beigezogen, welche zu kompetenten Leser:innen in derselben Zeit weniger Wörter anhand von Lückentexten (sog. Maze-Technik) die Kompetenzen verarbeiten können. des Satzverstehens überprüft. Die Lesestörung gehört zu den häufigsten Entwicklungsstörun- Den nicht flüssig lesenden Zwillingen stand ein stärkeres bzw. gen im Kindes- und Jugendalter (Fischbach et al., 2013). Die flüssigeres Lesemodell – ein Trainer – zur Verfügung. Der Grun- Prävalenz von Lese-Rechtschreibstörungen liegt je nach Klassi- dablauf erfolgte stets nach dem gleichen Prinzip und nahm 20 fikationsschema, Land, Sprache, diagnostischer Vorgehenswei- Minuten in Anspruch, geübt wurde viermal pro Woche über ge- sen und berücksichtigter Kriterien (z.B. IQ-Diskrepanzkriterium) samthaft 12 Wochen. Regelmässige Rückmeldungen und eine zwischen 3% und 11%. Eine Lesestörung tritt isoliert oder als Rahmenhandlung, ein Geländerennen, dienten der Motivation Teil einer Lese-Rechtschreibstörung auf. Ausserdem kommt sie (vgl. Rosebrock et al., 2017). 10 DLV AKTUELL 4/ 2021 SCHWERPUNKT
Bei diesem Vorgehen steht das Peer-Learning im Vordergrund, Im Schuljahr 2019/2020 haben wir an der Sprachheilschule Bern was dialogisches Lernen ermöglicht, worin sich Feedback der ein «Pilotprojekt» begonnen, um die schwachen Leser:innen Peers und das formative Feedback wiederfinden (Therrien et al., mittels kooperativen Lautlesetandems intensiv in ihrer Lese 2010, 316). In diesen kooperativen Lernarrangements unterstüt- flüssigkeit zu unterstützen. Für die Implementierung haben zen sich Heranwachsende gegenseitig, überwachen und kom- jeweils zwei Logopädinnen zwei Lektionen eingeplant, so dass mentieren das Einhalten von Prozeduren sowie die Ergebnisse, ab dem Zyklus 2 (3. - 9. Klasse) pro Woche zwei Tandems viermal was sich auf die Lesemotivation auswirkt (Philipp, 2012b). intensiv üben konnten. Das Lesetraining findet teilweise über Der Aufbau und Ablauf wurden im Sinne des Scaffolding-Prin- die Klassengrenzen hinweg statt. Spätestens nach 12 Trainings zips nach Gibbons (2015) umgesetzt. Das Scaffolding gibt eine wochen werden die Gruppen neu zusammengesetzt. Struktur vor, vergleichbar mit einem Gerüst, welches vorüber- gehend zur Verfügung gestellt wird, zum Gelingen beiträgt und Mittels Lernfortschrittsdiagnostik Lesen (LDL) (Walter, 2010) dadurch das Lernen vorantreibt. Im Verlauf des Erwerbs einer lässt sich die Lesegeschwindigkeit evaluieren und Fortschritte neuen Fähigkeit werden die Unterstützungsleistungen schritt- oder Stagnationen werden ersichtlich. Die visuelle Inspektion weise abgebaut und infolge dessen wird das Individuum autono- der Entwicklungsverläufe lässt darauf schliessen, dass die Tan- mer (vgl. Gibbons, 2015, 16). dems vom Lesetraining profitieren. Die Verlaufsdiagnostik eignet sich aufgrund der Einfachheit der Handhabung und im Hinblick Die Ergebnisse der longitudinalen Einzelfallstudie zeigen, dass auf die Änderungssensitivität. Walter (2010, 36) berichtet von die Probanden in der Leseflüssigkeit Fortschritte erzielt haben. praktisch relevanten Zusammenhängen zwischen der Klassen- Die Effekte auf die Lesegeschwindigkeit, die Lesegenauigkeit zugehörigkeit und der LDL-Leseleistung. Souvignier und Förster und auf die Leistung im sinnerfassenden Lesen in der Verlaufs- (2011, 252) bestätigen, dass der Lernzuwachs hinsichtlich der diagnostik sind allerdings nicht bei allen Probanden in Bezug Lesekompetenz bei den Klassen höher ausfällt, in denen dia auf jede Variable gleich ausgefallen. Die Effektgrössen variieren gnostische Informationen zum Lernverlauf zur Verfügung stehen. sowohl zwischen den Teilnehmenden als auch zwischen den ge- messenen Teilleistungen. Die Nachhaltigkeit des Lesetrainings An der Sprachheilschule Bern werden die Schüler:innen für die ist insbesondere für die Verlaufsdiagnostik im sinnerfassenden Erhebungen einzeln aufgeboten. Die Lernkurve dient nicht nur Lesen positiv zu werten. Mit Ausnahme eines Tutors haben alle der Überprüfung von Lernprozessen, sondern auch der Abklä- Teilnehmenden eine praktisch bedeutsame Leistungssteigerung rung bestehender Bedürfnisse und der Ausrichtung weiterer bezüglich Satzverstehensleistungen erzielt. Die festgestellte Interventionen. Zudem können anhand der Erfolgskontrollen Stagnation eines Probanden könnte damit zusammenhängen, neue Lesetandems begründet und gebildet werden. Je nach dass morpho-syntaktische Schwierigkeiten seitens des Tutors Indikation bekommen ehemalige Lesesportler:innen später die hineinspielten, was beispielsweise beim Einsetzen von Funk Möglichkeit, die Rolle der Lesetrainer:in zu übernehmen. tionswörtern zu Fehlern führte. So entsteht ein Kreislauf, in dem die wichtigsten Elemente der evidenzbasierten Praxis nach Garbe und Holle (2009, 274f.) Weiter hat die Untersuchung gezeigt, dass die Zusammenset- enthalten sind. Die Logopäd:innen können sich mithilfe ihrer zung der Lesetandems eine Auswirkung auf die Leistungsent- Expertise bei der Planung, Koordination, der Durchführung wicklung hat. Insgesamt lässt sich sagen, dass die Lesetan- spezifischer, hochfrequenter Lesetrainings sowie der Beratung dems bzw. das kooperative Peer-Tutoring insbesondere für die anderer Fachpersonen einbringen. Tutanden, aber auch für die Tutoren positive Effekte brachte, Romy Wüthrich, Logopädin BA MA welche zumindest teilweise von praktischer Relevanz sind. Die Literaturliste befindet sich auf www.logopaedie.ch TAG DER LOGOPÄDIE enie Legasth SCHWERPUNKT DLV AKTUELL 4/ 2021 11
Sprachtherapeutisches Zaubern als didaktisches Mittel Zauberhafte LRS-Therapie Sprachtherapeutisches Zaubern kann für viele Störungsbilder in der Logopädie präventiv und therapeutisch eingesetzt werden. Im vorliegenden Beitrag wird der Fokus auf den Einsatz in der LRS-Therapie am Beispiel der Förderung der phonologischen Bewusstheit gelegt. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Motivation als Erfolgsindikator in der LRS-Therapie gerichtet. Wolfgang G. Braun Didaktik Didaktik im sprachtherapeutischen Kontext umfasst somit Attri- Die Sprachdidaktik beschäftigt sich mit der professionellen bute von Kompetenzen, Entscheidungen, Begründungen, Vor- Organisation sprach- und kommunikationsspezifischer Lehr- aussetzungen, Interaktionen und Prozessen im therapeutischen Lern-Prozesse. Handeln. Sie dient der wissenschaftlich orientierten Bewälti- gung von Anforderungen im Arbeitsfeld der Logopädie. Aus- Sprache und gangspunkt für all die Überlegungen ist das ‚einzigartige‘ Kind Kommunikation und ihre Beeinträchtigungen im Sinne einer ideografischen Sichtweise. Oftmals begegnen wir in der LRS-Therapie Kindern mit Misserfolgserfahrungen im Ha s Sp l un Schriftspracherwerb und dem damit verbundenen Lernprozess. en he nd r a gs ss sc Sie zu einer Therapie zu motivieren ist ein Schlüsselfaktor für ch ko w i k ti di m ch da da p e den Therapieerfolg. Fa hdi Sprach- k t te is nz c ra didaktik ch e Sp e n Motivation Motivation kann mit den drei Schlüsselbegriffen Zielgerichtetheit, Kind Logopäd:in Anstrengung und Ausdauer umrissen werden (vgl. Rheinberg & Sprachdidaktische Prozessregulierungen Vollmeyer, 2019). Motiviertes Verhalten basiert vereinfacht unter- teilt entweder auf Antrieb (Triebe, Instinkte) oder auf der Anzie- hungskraft der Tätigkeit oder des Zieles an sich (vgl. Braun, 2018). Abb. 1: Sprachdidaktisches Planungs- und Reflexionsmodell (in Anlehnung an Lüdtke & Stitzinger 2015) Schulte-Körne und Galuschka (2019, 16–17) weisen auf die be- deutende Rolle von Motivation beim Erwerb der Schriftsprache Die Logopäd:in gestaltet eine Therapie hin. «Demnach setzt erfolgreiches Lernen optimale motivatio- nale Bedingungen voraus. Für Schulkinder mit einer Lesestö- • im Wissen um die Normsprachentwicklung und deren Abwei- rung, Rechtschreibstörung oder beidem ist es wegen der für sie chungen: Sprachdidaktisches Fachwissen hohen Leistungsanforderungen und ihrer häufigen Misserfolge • auf dem Hintergrund, wie sprachdidaktische Konzeption auf- besonders herausfordernd, zuversichtlich und motiviert zum gebaut sein soll (Sachkompetenz), welche Methoden zum Lesen und Schreiben zu sein» (Wellmann, 2021, 1). Weinrich & gewählten sprachdidaktischen Ansatz passen (Methodenkom- Zehner (2011, 106) benennen Motivation als Motor für jede The- petenz) und wie die Logopäd:in die Therapie dialogisch unter- rapie: «Nur ein motiviertes Kind wird gute Fortschritte machen». stützend gestalten kann (Dialogkompetenz), damit Kommuni- Aber gerade Kinder mit LRS-Problemen erleben seltener Er- kation gefördert wird: Sprachdidaktische Handlungskompetenz folge. Diese Misserfolge können Kinder emotional belasten. Die • und in der Auswahl der Methoden und Medien, die zur Kinder erleben Stress und Versagen, zeigen Vermeidensstrate- Therapeut:innen- und Kindpersönlichkeit passen. Die Integra- gien und erfahren negative Zuschreibungen. Dieser Teufelskreis tion von Therapiezielen in das Sprachhandeln des Kindes ist bedeutet eine misserfolgsorientierte Motivationslage. Sprach oberstes Ziel: Sprachdidaktische Prozessregulierungen therapeutisches Zaubern kann hier entgegenwirken. 12 DLV AKTUELL 4/ 2021 SCHWERPUNKT
Sprachtherapeutisches Zaubern Förderung der phonologischen Bewusstheit Motivation steht im engen Zusammenhang mit dem Begriff der zur Veranschaulichung Motivierung. Kretschmann & Rose (2007, 12) bezeichnen Mo- Exemplarisch sei hier die Förderung der phonologischen tivierung als pädagogischen «Versuch, eine bestimmte Hand- Bewusstheit als Grundlage für einen erfolgreichen Schrift- lungsbereitschaft bei einer Person herbeizuführen». Zaubern spracherwerb dargestellt. Phonologische Bewusstheit ist die birgt eine anziehende Faszination auf Kinder aus und wirkt als Fähigkeit, in der gesprochenen Sprache eine Lautstruktur zu Katalysator für die Bereitschaft an ihren Herausforderungen zu erkennen. Die Kompetenz, sich mit der Sprache bewusst ausei- arbeiten. nanderzusetzen, bietet eine gute Voraussetzung für das Lesen- und Schreibenlernen. «Zaubern Kinder selbst, erleben sie Macht über Dinge. Sie erfahren, etwas zu können, was nicht möglich zu sein scheint In der Förderung der (engeren und weiteren) phonologischen und was andere nicht können. (…) Einen Zaubertrick zu lernen, Bewusstheit wird oft Bild- und Schriftsprachmaterial eingesetzt erfordert wiederholtes Üben. Die Kinder üben nicht, weil es von (Reimwortbilder resp. Anlautgraphem). Da ist der Einsatz von ihnen verlangt wird, sondern weil sie selbst einen Zaubertrick Kartentricks naheliegend. beherrschen wollen» (Wellmann, 2021, 18–19). Ein Karten- und Schachteltrick Das Üben von Zaubertricks bietet Kindern zahlreiche Entwick- Das Zauberkind legt acht Karten (vier Reimwort-Paare) offen lungsmöglichkeiten. Zu den Förderbereichen zählen: auf den Tisch. Während es sich umdreht, sucht jemand aus dem Publikum, ohne dass das Zauberkind es sieht, ein Bild Sozio-emotionaler aus. Das Kind lässt die Zuschauer:innen die Karten mischen, Verbaler Bereich Bereich mischt auch nochmals und legt dann die Karten untereinander • Sprechfreude • Sprachverständnis • Selbstvertrauen mehrmals in zwei Spalten aus. Dann zeigt es auf die geheime • Sprachkulturelle Ebenen • Motivation Karte der Zuschauer:innen. Dem Trickgeheimnis liegt eine • Kreatives Sprechhandeln • Kreativität mathematische Sortierfolge zugrunde (siehe Braun, Spiess & • Selbstbewusstsein Zahner, 2015, 52). Einen hohen Verblüffungseffekt hat auch der Schachteltrick Verschwundener Drachenzahn. Das Zauberkind hat drei Zündholzschachteln vor sich auf dem Tisch liegen. Auf den Schachteln sind Reimwörter abgebildet (Bsp.: Vase, Nase, Hase). In der Schachtel mit der Vase sind Drachenzähne. Das Zaubern Publikum hört sie in der Schachtel klappern, in den anderen beiden hört es nichts, sie sind leer. Das Kind lässt nun die Dra- chenzähne aus der Schachtel mit der Vase verschwinden und Psychomotorischer Kognitiver Bereich zaubert sie in die Schachtel mit dem Hasen, was die Zuschauer Bereich • Logisches Denken beim Schütteln merken: Sie hören nun in der Schachtel mit dem • Feinmechanik • Merkfähigkeit Hasen ein Klappern. Das Trickgeheimnis wird via Video auf einer • Bewegungskoordination • Handlungsplanung frei zugänglichen Onlineplattform gelüftet (siehe unten). • Wahrnehmungsvermögen • Problemlösendes Denken • Handgeschicklichkeit • Erkennen von Zusammenhängen und Der unten aufgeführte QR-Code führt auf diese Plattform mit Handlungsabläufen einem Videobeispiel, einer Literaturliste zum obigen Beitrag, Literaturtipps sowie Förderspielsammlungen im Themenkreis sprachtherapeutisches Zaubern (Entwicklungsarbeiten BA). Abb. 2: Förderbereiche des sprachtherapeutischen Zauberns (Braun, Spiess & Zahner 2015, 18) Fazit Zaubern als Didaktik in der Sprachförderung und Sprachthera- Das Erstellen des Zaubermaterials, das Einüben der Zauber- pie bietet der Logopäd:in eine lustvolle, kreative und vielseitig tricks oder die Präsentation bilden Anlässe zur Förderung der einsetzbare Methodik. Die Kinder werden durch die Faszination Aussprache, des Wortschatzes, grammatischer Strukturen und Zaubern ermutigt und motiviert, repetitiv und ausdauernd mit- pragmatischer Kompetenzen. Ausserdem kann das Zauberma- zuarbeiten. terial selbst Wörter und Sprachstrukturen zur gezielten Sprech- Wolfgang G. Braun, Prof., HfH Zürich, Dozent mit Schwerpunkt und Sprachförderung oder Sprech- und Sprachtherapie liefern. Therapiedidaktik Das Zaubern als didaktisches Mittel kann bezogen auf LRS- Störungen sowohl präventiv (z.B. im Setting einer integrierten Sprachförderung) als auch therapeutisch im Einzelsetting ein- frei he nglic zugä ine- gesetzt werden. «Zaubern als Thema und Tätigkeit ist das Mittel zum Zweck» (Wellmann, 2021, 20). Onl rm tfo Plat SCHWERPUNKT DLV AKTUELL 4/ 2021 13
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Tag der Logopädie 6. März 2022 Dyslexie bei Jugendlichen als Schwerpunkt Viele Lehrpersonen, Eltern sowie Kinder und Jugendliche wissen immer noch zu wenig über Lese-/ Rechtschreibschwäche, obwohl eine solche den Alltag der Betroffenen teilweise beeinträchtigt. Der DLV hat sich deshalb entschieden, rund um den Tag der Logopädie (6. März) auf dieses Thema aufmerksam zu machen. Damit rücken auch die Logopädie und die Logopäd:innen als Fachleute in der Dyslexie-Therapie in den Fokus. Zielgruppe des Tag der Logopädie 2022 sind Jugendliche Sek I Als Give-Away sind der Link und der entsprechende QR-Code auf und Sek II, also 12–20-Jährige. Im Zusammenhang mit der einem Bonbonschächteli abgedruckt. Dies soll an Schüler:innen Berufswahl und Ausbildung tauchen die Probleme rund um von Berufsschulen, Berufswahlschulen/10. Schuljahr, Ab- Lesekompetenz und Rechtschreibung häufig nochmals auf oder schlussklassen der Oberstufe etc. abgegeben werden. Die Bon- werden erstmals erkannt. In diesem Alter ist man vielleicht eher bonschächteli können ab 15. Januar 2022 für Aktionen rund um motiviert, die Beeinträchtigung anzugehen und sich damit den den 6. März bestellt werden. Ein Bestellformular wird auf der Berufsweg zu erleichtern. Website aufgeschaltet. Der DLV lässt deshalb eine Website für Jugendliche erstellen, Ein Muster-Medienartikel kann für regionale Berichte genutzt auf der neben kurzen Informationen ein Mini-Lesetest, ein Mini- werden und die Wirkung in der Öffentlichkeit erhöhen. Dieser Rechtschreibtest, Kurzfilme und Links zu finden sind. Die Inhal- steht ab Februar zur Verfügung. te der Website sollen vor allem Mut machen und aufzeigen, dass LRS nichts mit Intelligenz zu tun hat und in jedem Alter noch Wir bitten unsere Mitglieder, Lehrpersonen der oben erwähnten angegangen werden kann. Die Konzipierung und Realisierung Klassen dafür zu gewinnen, die Bonbonschächteli zu verteilen. der Website übernahmen die AG TdLo 2022 (Corina Kast, Katrin Speziell wirksam ist es, wenn der/die Logopäd:in in den Klassen Remund, Anita Kratz, Jelena Arnold) in Zusammenarbeit mit eine kurze Info und das Give-Aaway abgibt. Die Aktion muss www.artischock.com, mit www.buchknacker und mit unserer nicht zwingend am 4. oder 7. März stattfinden, sie kann ihre Webmasterin Cäcile Matter. Finanzielle Unterstützung bot auch Wirkung auch an jedem anderen Datum entfalten. Dyslexie Schweiz (www.verband-dyslexie.ch). Ab Anfang März ist die Website aufrufbar unter www.logopädie-lohnt-sich.ch Wir danken allen, die sich für den Tag der Logopädie und ihren Beruf engagieren. Edith Lüscher + Corina Kast, Arbeitsgruppe TdLo 2022 DLV INTERN DLV AKTUELL 4/ 2021 15
Neue DLV-Karten Die attraktiven Plakat-Sujets sind jetzt auch als Karten erhältlich! Liebes Publikum Es freut Ein Set der A5-Karten (5 Sujets) sowie mich sehr, eine A6-Karte (1 Sujet) liegen diesem Ihnen heute DLVaktuell bei. LiebesOma Liebe Omi meine Schlucken Essen kannkann Die Stimme nicht verlieren. Weitere Karten können über den Shop Liebe LiebesOma Omi Logopädie lohnt sich. bestellt werden (eingeloggt bestellen, doch jedes Kind, oder? Essen Schlucken kannkann DLVP_postkarten_A6_2019_4_QUER.indd 5 19.12.19 14:17 damit ihr vom Mitgliederpreis profitiert). doch jedes Kind, Weiterhin erhältlich sind auch die Plakate oder? Bei Schluckstörungen in jedem Alter. die? e.ch Logopädie lohnt sich. in A4 oder A2-Format. logopaedi Bei Schluckstörungen o p ä in jedem Alter. DLVP_postkarten_A6_2019_4_QUER.indd 2 19.12.19 14:17 Log go! e.ch Logopädie lohnt sich. logopaedi „ ……..! “ lo Na „Daass D ……äähh……mhh en, Din m hhg.. s… ... Ver steh r e . D!“ ings…! e m pre ch it S , Schl en en, en od uck 19.1 2.19 14:1 7 „Waassmmööcchhtete W blem Les Pro eiben, me? ch. du Noah?“ sst t r m i Sch er Sti ohnt s d l ne und mit pädie Wenn Betroffe hlos sind. o Log 4 rac Angehörige sp .indd UER 4_Q 019_ nt sich. A6_2 Logopädie loh rten_ stka P_po DLV 19.12.19 14:17 UER.indd 3 Wenn spreche DLVP_postka rten_A6_2019_4_Q n nicht gelingt. Logopädie loh nt sich. DLVP_postka rten_A6_2019_4_Q UER.indd 1 19.12.19 14:17 "CORONA-Sicher" auch als Live-Web-Seminar ! 16 DLV AKTUELL 4/ 2021 DLV INTERN
Online-Umfrage Schweizerdeutsch oder Hochdeutsch – Chance oder Dilemma? Die Schweiz ist ein Land besonderer der Komplementarität von Dialekt und ber, in welchen Situationen sie welche kultureller Vielfalt und betonter Trans- Hochdeutsch umgegangen wird. Für die Sprache (Dialekt oder Hochdeutsch) für lingualität. Zusätzlich zu den vier Lan- Unterstützung bedanken wir uns herzlich angemessen halten. dessprachen ist Schweizerdeutsch die beim DLV. Ein ganz besonderer Dank zentrale Umgangssprache. Bezüglich gilt den 144 Logopäd:innen, die ihre Zeit Praktiker:innen, die bewusst und be- Kontexterfassung, Diagnostik und The- unserer Kurzbefragung zur Verfügung gründet handeln, können in einem rapie sind konzeptuelle Anforderungen gestellt haben. Bottom-up-Prozess den Weg zu einer an praktisch tätige Logopäd:innen ge- «good practice» leiten. Eine detaillierte stellt. Bei Kindern mit einer anderen Die Ergebnisse werden noch ausgewertet Auswertung der Kurzbefragung erfolgt Erstsprache (L1) als Deutsch gilt es, die und diskutiert. Vorab darf so viel gesagt an anderer Stelle. L1 zu würdigen. Was ist aber nun die werden: Es gibt ein sprachbezogenes Jürgen Steiner, Erika Hunziker, Susanne Therapiesprache? Schweizerdeutsch als «Unentschieden». Ziemlich genau die Kempe, Britta Massie hochrelevante Sprache, um sich im Alltag Hälfte der Befragten präferiert Schwei- Institut für Sprache und Kommunikation zurechtzufinden oder Hochdeutsch als zerdeutsch als Therapiesprache oder unter erschwerten Bedingungen, ISK hochrelevante Sprache, um der Bildung eben Hochdeutsch. Die Entscheidung gerecht zu werden? Diese Frage hat hat nichts mit den (Sprach-)Fähigkeiten durchaus Dilemma-Charakter. der Befragten zu tun, da diese angeben, eine hohe Kompetenz für beide Sprachen Vor diesem Hintergrund wurde Online mitzubringen. Es handelt sich vielmehr eine Befragung zu Einstellung und Ver- um eine bewusste Entscheidungn für die wendung von Hochsprache/Dialekt unter jeweilige Sprach-Präferenz, die die Be- Kolleg:innen in der Deutschschweiz fragten auch begründen können. Zudem durchgeführt mit der Frage, wie mit machen die Befragten Aussagen darü- TAG DER LOGOPÄDIE e Dyslexi AUS DER FORSCHUNG DLV AKTUELL 4/ 2021 17
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