EAA.ENERGIE INSIDE - EnergieAllianz Austria

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EAA.ENERGIE INSIDE - EnergieAllianz Austria
EAA. INSIDE         ENERGIE
                                                                                      NOV | 2015

  Was bringt uns die
  ENERGIEWENDE?
     Sichtbare                        Willkommen im                        Energieeffizienz
   Energiewende                        freien Markt                          ante portas
Veränderte Rahmenbedingungen      Die Marktöffnung hat Konsumenten und   Energieeffizienz ist wichtig, deren
am österreichischen Strommarkt.        Wirtschaft Vorteile gebracht.     Umsetzung aber noch schwerfällig.
EAA.ENERGIE INSIDE - EnergieAllianz Austria
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       erhalten Sie Energie für ...

                 ❄

                              +                   +                                 +
      24 Stunden                    6 Stunden           6 Stunden
        Kühlen                      Fernsehen            Internet

                              +                   +                                 +
      6 Stunden                     2 Stunden            1 Stunde
     Beleuchtung                  Wäschewaschen          Kochen

                          +                 +                +
   22 Minuten                  18 Minuten       12 Minuten           8 Minuten
     Bügeln                   Staubsaugen        Duschen              Föhnen

2 ENERGIE INSIDE NOV/15                                      Quelle: DENA, stromverbrauchinfo.de
EAA.ENERGIE INSIDE - EnergieAllianz Austria
INHALT
                  Zum Geleit                                                                                                                 04 kurz und bündig
                       EAA-Energie Inside ist das neue Unternehmensmagazin der EAA-EnergieAllianz Aus-
                  tria, das Sie in Zukunft regelmäßig über aktuelle Themen der Energiewirtschaft informieren                                 07 N
                                                                                                                                                 eue Perspektiven
                  wird. EAA-Energie Inside berichtet über aktuelle Marktentwicklungen und setzt sich kri-                                       für den Energiemarkt
                  tisch mit den Rahmenbedingungen und Plänen der Energiepolitik auseinander. Wir berich-
                  ten über Hintergrundinformationen sowie Entscheidungen und Entwicklungen, die für uns                                      08 Wir sind EAA
                  als größte Vertriebsgesellschaft für Strom und Erdgas und als bedeutendes Handelshaus in
                  Österreich eine wichtige Rolle spielen.                                                                                    10 E
                                                                                                                                                 nergieAllianz Austria
                                                                                                                                                und e&t rücken zusammen
                  Auf den Punkt gebracht
                      In der vorliegenden ersten Ausgabe hat EAA-Energie Inside für Sie einen spannen-                                       12 Sichtbare Energiewende
                  den Mix zusammengestellt: Dieser reicht von der aktuellen Diskussion um die Einführung
                  von Preiszonen in Deutschland über die Auswirkungen des Energieeffizienzgesetzes bis                                       14 D
                                                                                                                                                 er Kampf um den
                  hin zu einem Faktencheck des Wettbewerbs in Österreich. Sie finden im Magazin auch                                            gemeinsamen Strommarkt
                  ein Interview mit Univ.-Prof. Reinhard Haas zum Thema Energiemarktliberalisierung und
                  Regelenergiemarkt. Außerdem entführen wir Sie zum aktuellen EAA-Energie Talk und be-                                       18 S
                                                                                                                                                 teuern wir auf eine
                  richten Ihnen gleich zu Beginn die Hintergründe zur neuesten Veränderungen in unserem                                         Planwirtschaft zu?
                  Unternehmen – der Verschmelzung der beiden Schwesterunternehmen EnergieAllianz                                                Interview mit Energie-
                  Austria GmbH mit e&t Energiehandelsgesellschaft m.b.H. zur neuen EAA-EnergieAllianz                                           forscher Reinhard Haas
                  Austria GmbH.
                                                                                                                                             20 Mythen
                                                                                                                                                     zum Energiemarkt
                      Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre mit Einblicken hinter die Kulissen der                                          Faktencheck
                  Energiebranche – auf den Punkt gebracht von Ihrem EAA-Team.
                                                                                                                                             22 W
                                                                                                                                                 illkommen im
                  Ihr EAA-Team                                                                                                                  freien Markt

                                                                                                                                             24 M
                                                                                                                                                 arktöffnung bringt
                                                                                                                                                Vorteile für Konsumenten

                                                                                                                                             26 Wirtschaftsfaktor Energie

                                                                                                                                             28 E
                                                                                                                                                 nergieeffizienz
                                                                                                                                                ante portas

                                                                                                                                             30 E
                                                                                                                                                 nergieeffizienz
                                                                                                                                                trotz Effizienzgesetz

                                                                                                                                             32 H
                                                                                                                                                 and in Hand mit
                                                                                                                                                unserem Kunden Scania

                                                                                                                                             34 EAA-Veranstaltungen

                  Die EAA-EnergieAllianz Austria legt großen Wert auf Gleichbehandlung. Der Text des Magazins folgt ausschließlich dem Ziel, Information in gut lesbarer Form zu vermitteln. Aus diesem
                  Grund haben wir bewusst auf geschlechtsspezifische Formulierungen verzichtet und entweder die maskuline oder feminine Bezeichnung gewählt. Im gesamten Magazin sprechen wir
                  Frauen und Männer völlig gleichwertig an.

                  Impressum: Das Unternehmensmagazin der EAA-EnergieAllianz Austria Medieninhaber, Verleger, Herausgeber und Eigentümer: EnergieAllianz Austria GmbH, Vienna Twin
                  Tower, Wienerbergstraße 11, A-1100 Wien, Tel.: +43 1 904 10-0, E-Mail: office@energieallianz.at Geschäftsführung: Mag. Markus Felder, MSc; Mag. Jörg Sollfelner; Ing. Mag. Christian
Foto: EAA / Ehm

                  Wojta, MBA Presse & Kommunikation: Mag. Peter Koller Redaktion: Foggensteiner Public Relations GmbH Fotos: Ian Ehm Grafik: Beatrice Bognar, OFFBEAT Graphik & Design Druck:
                  Druckerei Lischkar Grundlegende Richtung: Unternehmensmagazin mit Energieschwerpunkt Offenlegung der Eigentumsverhältnisse nach dem Mediengesetz: EAA-EnergieAllianz
                  Austria GmbH

                                                                                                                                                                     ENERGIE INSIDE NOV/15 3
EAA.ENERGIE INSIDE - EnergieAllianz Austria
kurz und bündig
Strom und Erdgas                               Jörg Sollfelner wurde EAA-Geschäftsführer
wird für Ostösterreich                         Mag. Jörg Sollfelner, 41, wurde per 1. Oktober 2015 zum Geschäftsführer der EAA-EnergieAl-
wieder billiger                                lianz Austria GmbH bestellt. Er folgt DI Werner Perz nach, der nach zwölf Jahren an der Spitze
Haushaltskunden in Ostösterreich können        der EAA am 30. September seinen Ruhestand angetreten hat. Jörg Sollfelner führt nun gemein-
sich nach der Preissenkung im Vorjahr auf      sam mit den beiden bisherigen Geschäftsführern Ing. Mag. Christian Wojta, MBA und Mag.
noch günstigere Strom- und Erdgaspreise        Markus Felder, MSc die Geschäfte der EAA. Jörg Sollfelner ist gebürtiger Kärntner, verheiratet,
einstellen. Die EAA-EnergieAllianz Austria,    Vater zweier Kinder und absolvierte ein Studium der Volkswirtschaft an der Wirtschaftsuni-
ENERGIE BURGENLAND, EVN und WIEN               versität Wien. Der ausgewiesene Energieexperte war seit 2003 in verschiedenen Positionen
ENERGIE senkten per 1. Oktober die Ener-       bei der EVN AG tätig. 2006 übernahm er die kaufmännische Führung der Beteiligungen der
giepreise für Strom und Erdgas um rund         EVN in Bulgarien sowie die Projektleitung bei verschiedenen Umstrukturierungsmaßnahmen.
fünf Prozent. Damit werden die Einkaufs-       Als CEO und Country Manager war Sollfelner fünf Jahre lang für die gesamte EVN Bulgaria
vorteile aus den gesunkenen Börsenprei-        Gruppe verantwortlich. Zuletzt war er als Prokurist bei der EVN Energievertrieb GmbH & Co KG
sen an rund drei Millionen Privatkunden        maßgeblich an der Projektkoordination bei der Fusion von EAA und e&t beteiligt.
weitergegeben.                                     Bei der EAA zeichnet Sollfelner nun für die Bereiche Energiehandel, Energiewirtschaftliche
                                               Dienste sowie IT verantwortlich. Die Bestellung zum Geschäftsführer bezeichnet er als gro-
                                               ße Auszeichnung: „Ich freue mich auf die
                                               neue Aufgabe und darauf, meine langjäh-
                                               rigen Erfahrungen aus verschiedensten
                                               Bereichen in die erfolgreiche Weiterent-
                                               wicklung der EAA einbringen zu können.“
                                                   Werner Perz hatte als EAA-Geschäfts-
                                               führer in den vergangenen zwölf Jahren
                                               die erfolgreiche und kontinuierliche nati-
                                               onale und internationale Entwicklung der
                                               EAA mitbestimmt. Wojta bedankte sich
                                                                                               Jörg Sollfelner (links) hat Werner Perz (rechts) in
                                               bei Werner Perz „für die gute Zusammen- der Geschäftsführung der EAA abgelöst
                                               arbeit in all den vielen Jahren".

Bundesenergieeffizienzgesetz – Meldung                                   EU will CO2-Handel reformieren
Gemäß Bundesenergieeffizienzgesetz sind große Unternehmen –              Die EU-Kommission will den CO2-Handel reformieren. Da der Preis
mit mindestens 250 Mitarbeitern oder mehr als 50 Millionen Euro          je Tonne CO2 derart niedrig ist, fehlen Anreize zum Sparen. Daher
Umsatz (bzw. mehr als 43 Millionen Euro Bilanzsumme) – verpflich-        will die EU-Kommission die Regeln ab 2020 verschärfen. Konkrete
tet, bis spätestens 30. November die Durchführung eines Energie-         Pläne dazu wurden am 15. Juli in Brüssel vorgestellt. So soll die Zahl
audits oder die Einführung eines zertifizierten Managementsystems        der verfügbaren Verschmutzungsrechte ab 2021 jedes Jahr stärker
zu melden. Wenn Sie Informationen zum Thema Energieeffizienz             als geplant sinken. Das Europaparlament und die EU-Staaten müs-
benötigen, nehmen Sie bitte Kontakt mit der EAA auf:                     sen nun über die Vorschläge beraten. Ein erster Reformschritt zur
energieeffizienz@energieallianz.at                                       Stabilisierung des CO2-Preises wurde vom EU-Parlament bereits am
                                                                         8. Juli beschlossen. Dabei sollen etwa 1,5 Milliarden CO2-Rechte ab
                                                                         2019 als Marktstabilitätsreserve verschoben werden, wo sie dem
Zwischenbilanz zum Energieeffizienzgesetz                                Markt auf lange Sicht entzogen wären.
Die Wirtschaftskammer Österreich hat eine Zwischenbilanz zum seit
Jahresbeginn in Kraft getretenen Energieeffizienzgesetz gezogen:
„Ernüchternd" sieht WKÖ-Experte Stephan Schwarzer die bisheri-
ge Umsetzung. Noch immer fehle die Richtlinienverordnung über
                                                                                                                                                     Fotos: EAA / Pröll; istock

die Anrechenbarkeit und den Wert der möglichen Sparmaßnah-
men. Es gebe keine Rechtssicherheit, insbesondere für innovative
Maßnahmen zum Energiesparen. Der Handel mit energiesparenden
Maßnahmen sei minimal.

4 ENERGIE INSIDE NOV/15
EAA.ENERGIE INSIDE - EnergieAllianz Austria
EAA forciert Wettbewerb
                                                                     Die EAA intensiviert ihre österreichweiten Vertriebsaktivitäten.
                                                                     Speziell in den Bundesländern Steiermark, Kärnten und Salzburg
                                                                     profitieren bereits 500 Neukunden von den speziellen Energie-
                                                                     preisen bei Strom und Gas. Die derzeit gute Marktsituation gibt der
                                                                     EAA die Möglichkeit, vor allem Gewerbe- und Produktionsbetriebe
                                                                     mit einem hohen Energieverbrauch von ihren attraktiven Angeboten
                                                                     zu überzeugen. Mit einem kreativen und sympathischen Kunden-
                                                                     mailing unter dem Motto „Bringen Sie ihren Energietarif ins Trocke-
                                                                     ne“ konnte die EAA bei Gewerbekunden ebenso wie bei Groß- und
                                                                     Industrieunternehmen punkten.
                                                                                                                                            Bundespräsident Dr. Heinz Fischer (Mitte) und der Präsident des
                                                                                                                                            Gemeindebundes Helmut Mödlhammer (2.v.r.) am EAA-Messestand

                                                                     EAA-Energiemanagement                                                  EAA auf der Kommunalmesse in Wien
                                                                     Die im September 2013 gestarteten EAA-Energie-Seminare zum             Die EnergieAllianz Austria präsentierte sich von 9. bis 11. September
                                                                     Thema Energieeffizienz wurden in Summe von über 300 Kunden be-         auf der Kommunalmesse in Wien. Interessierte konnten sich drei
                                                                     sucht. Im November 2014 fanden die ersten Termine der EAA-Work-        Tage lang beim Messestand über die Leistungen der EAA informie-
                                                                     shopreihen zum Thema Energiemanagement 50001 statt. Knapp ein          ren. Auch Bundespräsident Heinz Fischer mischte sich unter die Be-
                                                                     Jahr später, am 9. und am 16. September 2015, freuen wir uns ge-       sucher und zeigte großes Interesse am EAA-Stand. Als Marktführer
                                                                     meinsam mit unseren Kunden, nach Abschluss der letzten Einzelter-      begleitet die EAA drei Landeshauptstädte, fünf Statutarstädte, 88
                                                                     mine die ersten zertifizierten Energiemanager aus dem Hause EAA        Stadtgemeinden sowie 656 Gemeinden durch die Herausforderun-
                                                                     begrüßen zu dürfen. Gratulation an alle erfolgreichen Teilnehmer!      gen der Energiewende. Darüber hinaus versorgt das Unternehmen
                                                                                                                                            mehr als 100 weitere Liegenschaften der Öffentlichen Verwaltung in
                                                                                                                                            ganz Österreich mit Strom und Erdgas.

                                                                                                                                            Russland und Ukraine legen Gasstreit bei
                                                                                                                                            Trotz schwerwiegender politischer Differenzen haben sich die Ukrai-
                                                                                                                                            ne und Russland auf die Gasversorgung für den kommenden Winter
                                                                                                                                            verständigt. Der für Energie zuständige Vizepräsident der EU-Kom-
                                                                                                                                            mission, Maros Sefcovic, hatte zwischen beiden Seiten vermittelt.
                                                                                                                                            Unterzeichnet sind die nötigen Dokumente allerdings noch nicht.
                                                                                                                                            Sefcovic sagte nach der Einigung: „Dies ist ein entscheidender
                                                                                                                                            Schritt, um sicherzustellen, dass die Ukraine im kommenden Winter
                                                                                                                                            ausreichende Gaslieferungen hat.“ Das sei laut Sefcovic für einen
                                                                     Die ersten von der EAA ausgebildeten Energiemanager mit Zertifikaten
                                                                                                                                            „anhaltenden, sicheren und verlässlichen Gastransit aus Russland
                                                                                                                                            in die Europäische Union“ auch nötig. Die Ukraine ist das wichtigste
                                                                                                                                            Transitland für russisches Gas in die EU. Die Vereinbarungen betref-
                                                                     Ergebnissprung bei switch                                              fen den Zeitraum von 1. Oktober 2015 bis Ende März 2016.
                                                                     Der Energielieferant switch, eine Tochter der EnergieAllianz Aust-          Im Oktober solle die Ukraine zwei Milliarden Kubikmeter vom
                                                                     ria, hat im abgelaufenen Geschäftsjahr 2014/15 ein deutliches Ge-      russischen Energiekonzern Gazprom für ihre unterirdischen Lager
                                                                     winnplus verzeichnet. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstä-       kaufen. Die Ukraine benötigt für den kommenden Winter mindes-
                                                                     tigkeit (EGT) hat sich von knapp 900.000 Euro auf 2,2 Millionen Euro   tens noch zwei weitere Milliarden Kubikmeter Erdgas.
                                                                     mehr als verdoppelt.
Fotos: EAA / APA-Schedl; EAA / Pressedienst HBF; E-Control; istock

                                                                          switch erwartet auch im neuen Geschäftsjahr ein gutes Er-
                                                                     gebnis und geht von einem moderaten Kundenwachstum aus, so
                                                                     Geschäftsführer René Huber. Der Umsatz stieg im abgelaufenen
                                                                     Geschäftsjahr von 46,7 auf 47,4 Millionen Euro. Von den etwa
                                                                     55.000 Kunden entfielen 35.000 auf Deutschland und 20.000 auf
                                                                     Österreich.

                                                                                                                                                                                      ENERGIE INSIDE NOV/15 5
EAA.ENERGIE INSIDE - EnergieAllianz Austria
Wussten Sie,
dass die EAA ...

... ab   1. Oktober mit mehr als 170                      rund   2,2 Milliarden

u           umsetzen wird? Das Unternehmen beliefert          3,191.245

Millionen                 in   9           und   16          Bundesländern an

5    Vertriebsstandorten mit          56           . In Summe lieferte die EAA

18,5 Terawattstunden                    sowie    14,6 Terawattstunden         .

Mehr als die                   davon geht an Unternehmens- und Industrie-

betriebe. Übrigens haben etwa            15% unserer              eines unserer

vielen ressourcenschonenden                       –          ausgewählt – der

              zuliebe. Mit einem           -volumen von   64 Terawattstunden

bilden wir innerhalb der EAA- Gruppe die zentrale Schnittstelle

zwischen Erzeugung, Vertrieb und Großhandelsmarkt.

6 ENERGIE INSIDE NOV/15
EAA.ENERGIE INSIDE - EnergieAllianz Austria
Neue Perspektiven für den

                                                                      Energiemarkt
                    Die Fusion von Energievertrieb und Energiehandel – Ziele und Perspektiven

                    Sehr geehrte                                    zu Preisen von mehreren hundert Euro kom-       Durch den gestaffelten Start eines Un-
                    Leserinnen und Leser,                           men. Aufgrund der Marktveränderungen hat        ternehmens können unerwünschte Ver-
                         die beiden Schwesterunternehmen EAA-       die EAA ihre Organisationsstruktur optimiert.   brauchsspitzen vermieden werden. Daraus
                    EnergieAllianz Austria und e&t wurden per       Damit rücken die Experten des Stromein-         entstehen für die EAA neue Geschäftsfelder,
                    1. Oktober zur neuen EnergieAllianz Austria     kaufs noch enger mit jenen des Vertriebs        wie der Regelenergiemarkt. Ein weiterer
                    fusioniert. Damit sind Energievertrieb und      zusammen. Vorteil: Innerhalb kürzester Zeit     Pluspunkt der Fusion: In der vergrößerten
                    -handel ab sofort unter einem Dach. Un-         können richtige Marktentscheidungen im          EAA können wir Synergien besser nutzen.
                    sere Eigentümer WIEN ENERGIE, EVN und           Sinne unserer Kunden getroffen werden.          Etwa im Energiehandel, in der Vertriebs-
                    ENERGIE BURGENLAND haben sich zu die-
                    sem Schritt entschlossen, weil sich durch
                    die Integration der erneuerbaren Energie in
                    den Markt die Energiewirtschaft verändert
                    hat. Bis vor einigen Jahren haben vor allem
                    heimische Lauf- und Wasserkraftwerke so-
                    wie thermische Kraftwerke den Energiebe-
                    darf in Österreich gedeckt. Es gab Stromim-
                    porte in einem geordneten Ausmaß und zu
                    den Verbrauchsspitzen wurde Spitzenstrom
                    nach Deutschland exportiert. Nach der Re-
                    aktorkatastrophe in Fukushima beschloss
                    die deutsche Bundesregierung 2011 den
                    Atomausstieg Deutschlands bis 2022. Erneu-
                    erbare Energie wurde vermehrt produziert
                    und gleichzeitig wurde damit begonnen,
                    Atomkraftwerke abzuschalten. Durch den
                    Ausbau und die Subventionierung von Pho-
                    tovoltaik und Windkraft verringerte sich die
                    Rentabilität herkömmlicher Kraftwerke. Vor
                    allem die an Emissionswerten gemessenen
                    sauberen Gaskraftwerke konnten mit der
                    billigeren Braunkohle nicht mehr mithalten.
                    Sie wurden zum größten Teil abgeschrie-
                                                                                                                    EAA-Geschäftsführer: Christian Wojta,
                    ben. Trotz laufender Abschaltungen weiterer                                                     Jörg Sollfelner und Markus Felder (v.l.n.r.)
                    thermischer Kraftwerke werden die Über-
                    schüsse beim Stromangebot nach wie vor
                    nicht kleiner: Das spiegelt sich auch in den    Neue Geschäftsfelder                            steuerung, im Rechts- oder im IT-Bereich.
                    hochvolatilen Börsenpreisen für elektrische         Durch das Verschmelzen von Handel           Mit mehr als 170 motivierten Mitarbeitern
                    Energie wider. Diese Effekte sind für die eu-   und Vertrieb ergeben sich neue Geschäfts-       haben wir eine sehr gute Voraussetzung, um
                    ropäischen Energieversorger herausfordernd.     felder: Mit der Laststeuerung können bei        weiterhin erfolgreich auf den nationalen und
                    Denn es gibt Tage, an denen Strom an der        Engpässen in der Stromerzeugung oder bei        internationalen Märkten aktiv zu sein und
                    Börse nichts oder fast nichts mehr kostet.      großem Bedarf an Energie elektrizitätver-       unsere energiewirtschaftliche Kernkompe-
                    An anderen Tagen, an denen kein Wind bläst      brauchende Geräte ab- und wieder zuge-          tenz weiter auszubauen. Davon sollen vor
Foto: EAA / Pröll

                    und Wolken die Sonne verdecken, kann es für     schaltet werden. Der Energiebedarf wird         allem unsere Kunden und Geschäftspartner
                    eine Megawattstunde an den Spotmärkten          somit den Verbrauchsspitzen angepasst.          profitieren.

                                                                                                                                         ENERGIE INSIDE NOV/15 7
EAA.ENERGIE INSIDE - EnergieAllianz Austria
8 ENERGIE INSIDE NOV/15
EAA.ENERGIE INSIDE - EnergieAllianz Austria
Unter dem Dach der EAA fusionieren Österreichs größter Energievertrieb und das Energiehandelshaus e&t.
Das neue Unternehmen wird ab Oktober 2015 mit mehr als 170 Mitarbeitern rund 2,2 Milliarden Euro umsetzen
und insgesamt 3,2 Millionen Kunden mit Strom und Erdgas versorgen. Mehr dazu lesen Sie ab Seite 10.
                                                                                                                  Foto: EAA / Ehm

                                                                                        ENERGIE INSIDE NOV/15 9
EAA.ENERGIE INSIDE - EnergieAllianz Austria
EnergieAllianz Austria

Aufgrund der veränderten Marktbedingungen in der Energiewirt-
                                                                                    EAA
schaft wurden die EAA-EnergieAllianz Austria und der Energie-
großhändler e&t unter dem Dach der EAA fusioniert. Das neue Un-
ternehmen wird mit 3,2 Millionen Kunden rund 2,2 Milliarden Euro
umsetzen und mehr als 170 Mitarbeiter beschäftigen. Die EAA, Öster-
reichs größter Energievertrieb für Strom und Erdgas, und ihr Schwes-
terunternehmen, die e&t Handelsgesellschaft m.b.H., wurden per 1.
Oktober zu einem gemeinsamen Unternehmen fusioniert. Das neue
Unternehmen wird künftig unter dem Namen EAA-EnergieAllianz
Austria die europäischen Energiemärkte bearbeiten. Dem Unterneh-
men stehen die bisherigen Geschäftsführer Ing. Mag. Christian Wojta,
MBA und Mag. Markus Felder, MSc sowie der neu bestellte Mag. Jörg
Sollfelner vor, der zuletzt sowohl Prokurist der e&t Handelsgesell-
schaft m.b.H. als auch der EVN Energievertriebs-GmbH & Co KG war.

Veränderungen auf dem Energiemarkt
    Hauptursachen für die Fusion von Handel und Vertrieb waren
die verschärften Marktbedingungen, die verstärkte Marktintegrati-
on erneuerbarer Energieträger als auch das Nutzen von Synergien
zur optimalen Servicierung der Kunden. Aufgrund der klimatischen
Veränderungen kommt es auch in Österreich immer öfter zu her-
ausfordernden Situationen auf dem Markt. Wenn Photovoltaik und             beteiligt und hat die Berechtigung zum Energiehandel in Österreich,
Windparks für ein Überangebot am Markt sorgen, führt das regelmä-          Deutschland, Tschechien, Serbien, Rumänien, Bulgarien, Mazedo-
ßig zu negativen Preisen auf dem Markt. Gleichzeitig führen Flaute         nien und Ungarn. Dank des großen Kraftwerksparks, den die EAA-
und Schlechtwetter zu akuter Energieknappheit und besonders ho-            Gesellschafter besitzen, kann die EAA auf alle Marktsituationen fle-
hen Preisen. Christian Wojta: „Unsere Organisation wurde jetzt den         xibel reagieren: Der optimierte Einsatz des Gas-, Öl-, Kohle- und Hy-
Erfordernissen des Marktes angepasst. Damit sind die Kommunikati-          drokraftwerksparks samt Pumpspeicher- und Laufkraftwerken ist ein
onswege zwischen unseren Handels- und Vertriebsprofis noch kürzer          wichtiger Bestandteil für eine sichere Energieversorgung im Interesse
geworden.“                                                                 der Kunden. Zusätzlich bietet die EAA als führender Energiehändler in
    Für die EAA stehen bei der Belieferung der Kunden mit Strom            Mitteleuropa umfangreiche Dienstleistungen an, die im Zusammen-
und Erdgas vor allem Stabilität und Versorgungssicherheit im Mittel­       hang mit dem Energiehandel stehen. Dazu gehören unter anderem
punkt. „Mit der Fusion von Österreichs größtem Energievertrieb mit         strukturiertes Beschaffungs- und Vertriebsmanagement, Spot- und
dem Handelshaus e&t sorgen wir für Stabilität und unterstützen die         Terminhandel, Marktinformation sowie Fahrplan-, Portfolio- und Ri-
Weiterentwicklung zur Integration der europäischen Energiemärkte",         sikomanagement.
sagt Wojta.
                                                                           Kerngeschäft Vertrieb
Neues Geschäftsfeld Energiehandel                                               Die EAA führt von Wien aus ihre Vertriebsniederlassungen in Linz
     Von der Zentrale im Vienna Twin Tower handelt die EAA bilateral       und Essen sowie die Vertriebsbüros in Berlin und München. Mit dieser
an allen wichtigen europäischen Energiebörsen in Wien (EXAA, CEGH),        kundennahen Unternehmensstruktur ist die EAA in der Lage, ihre
Leipzig (EEX), Paris (EPEX), London (ICE), Rom (IPEX), Prag (OTE), Buka-   zielgruppengerechte Marktbearbeitung konsequent umzusetzen.
rest (OPCOM) sowie an der europäischen Klimabörse ECX und an den           Industrie-, Groß- und Gewerbekunden im In- und Ausland werden
OTC-Märkten. Dabei kauft die EAA an den internationalen Handelsplät-       unter der Qualitätsmarke EAA angesprochen und beliefert. Preis-
zen die von den Kunden benötigte Energiemenge zum bestmöglichen            sensible Privatkunden und kleine Gewerbekunden werden über die
Preis. Ebenso werden Handels- und Terminprodukte, Emissionszer-            Wechselmarke switch und Umweltbewusste über die Ökostrommarke
tifikate und Herkunftsnachweise an den Börsen ein- und verkauft.           Naturkraft angesprochen. Neben dem reinen Energievertrieb ste-
Die EAA ist an den Energiebörsen EEX in Leipzig und EXAA in Wien           hen für die EAA immer mehr auch umfassenden Dienstleistungen

10 ENERGIE INSIDE NOV/15
und
                              e&t                                                         rücken zusammen
                                                                                          Energievertrieb und -handel nun unter einem Dach

                                                                                              EAA in Kürze
                                                                                                  Hinter dem Namen EAA-EnergieAllianz Austria stehen als Eigentümer
                                                                                              die Energiekonzerne WIEN ENERGIE, EVN und ENERGIE BURGENLAND.
                                                                                              Die EAA ist die gemeinsame Energievertriebs- und Dienstleistungsgesell-
                                                                                              schaft der Eigentümer. Seit 1. Oktober 2015 beschäftigt das Unternehmen
                                                                                              mehr als 170 Mitarbeiter. Obwohl die EAA ein relativ junges Unterneh-
                                                                                              men ist, verfügen die einzelnen Gesellschafter über mehr als hundert
                                                                                              Jahre Erfahrung. Diese Markterfahrung und die bereits erzielten Erfolge
                                                                                              am österreichischen und deutschen Markt haben die EAA zu einem der
                                                                                              führenden Vertriebs-, Dienstleistungs- und Handelsunternehmen für
                                                                                              Strom und Erdgas in Mitteleuropa gemacht. Insgesamt versorgt die
                                                                                              EAA 3,2 Millionen Kundenanlagen mit Strom, Erdgas und energienahen
                                                                                              Dienstleistungen.

                  und Services im Mittelpunkt der Marktbearbeitung: von der in-
                  dividuellen Beratung in allen Bereichen der Energienutzung bis
                  hin zur Effizienzberatung für Unternehmen und Privatpersonen.
                  Hier bündelt die EAA auch das Wissen und Know-how von EVN,
                  WIEN ENERGIE und ENERGIE BURGENLAND: Vertrieb, Handel, Marke-
                  ting und IT werden zentral gesteuert – und führen zu einem umfas-
                  senden Produktportfolio, das die Bedürfnisse aller Zielgruppen ab-
                  deckt. Durch die Größenvorteile konnte sich die EAA ihre Position auf
                  dem Strom- und Erdgasmarkt in den vergangenen Jahren nicht nur
                  sichern, sondern auch entsprechend ausbauen.

                  Optimale Unterstützung
                  von Kunden und Mitarbeitern
                       Zusätzlich bietet die dezentrale Organisation der EAA viele
                  Vorteile: außergewöhnliche Kundennähe und aktive Präsenz vor Ort
                  sowie optimale Beratung und individuelle Lösungen. Auch die Mitar-
                  beiter der EAA profitieren von der permanenten Weiterentwicklung
                  des Unternehmens: In der eigens aufgebauten EAAkademie wer-
                  den sie durch spezielle Seminare und Vorträge in ihrer persönlichen
                  und beruflichen Weiterbildung unterstützt. Ein weiterer Pluspunkt
                  der EAA: Ein bedeutender Teil der von der EAA verkauften Elektri-
                  zität entstammt erneuerbaren Energiequellen. Es ist ein besonde-
                  res Anliegen des Unternehmens, ressourcenschonende Energien
Foto: EAA / Ehm

                  sowie neueste Technologien zu nutzen, um Emissionen zu reduzieren
                  und die Umwelt zu schützen.

                                                                                                                                ENERGIE INSIDE NOV/15 11
Sichtbare
           Energiewende    Eine Entdeckungsreise durch Österreichs neue Energiewelt:
                           Vater Wolfgang und sein elfjähriger Sohn Lukas haben auf
                           ihrer Radtour drei Bundesländer bereist und drei unter-
                           schiedliche Kraftwerke in Wien, Niederösterreich und dem
                           Burgenland entdeckt. Dort erfahren die beiden, wie Strom
                           aus den erneuerbaren Energieträgern Wind, Wasser und
                           Sonne erzeugt wird.

12 ENERGIE INSIDE NOV/15
Samstag, 26. September, 09:13 Uhr
Windpark Andau, Burgenland
Die erste Station der gemeinsamen Reise ist der burgenländische Windpark Andau/Halb-
turn. Er ist mit 79 Windkraftanlagen und einer installierten Leistung von 237 Megawatt der
größte Windpark Mitteleuropas. Lukas ist von den 186 Meter hohen, modernen Stromtitanen
begeistert: „Die sind ja unglaublich riesig!" Ihre Leistung ist ebenfalls beachtlich:
Die Anlagen decken den Jahresstrombedarf von 155.000 Haushalten.
                                                                                               Foto: EAA / Ehm

                                                                    ENERGIE INSIDE NOV/15 13
Der
                                    Kampf
Seit 2002 besteht zwischen Deutschland und Österreich ein gemeinsamer freier Energiemarkt.
                                                                                                                                     um

Doch der könnte bald Geschichte sein. Denn derzeit prüft die EU-Behörde ACER, ob es in dem
gemeinsamen Marktgebiet zu Übertragungsengpässen kommt. Das Worst-Case-Szenario sind zwei
Preiszonen und Mehrkosten von bis zu 275 Millionen Euro – für Bayern und Österreich.

In Wien und München herrschen Verstimmung und Unverständnis                   Das hätte teure Folgen – vor allem auch für Österreich. Schwarzer:
über die aktuelle Entwicklung auf dem europäischen Strommarkt.            „Anstatt über die Teilung des bestehenden Strommarktes nachzuden-
Polen hat die Angelegenheit mit einer Klage ins Rollen gebracht. Aber     ken, sollte es vielmehr darum gehen, wie die Vorteile der gemeinsamen
schon 2012 forderten die Netzbetreiber in Polen, Tschechien, der Slo-     Preiszone noch besser genutzt werden können.“
wakei und Ungarn von Deutschland, den gemeinsamen Strommarkt
mit Österreich aufzukündigen und mindestens zwei Preiszonen in            Bis zu 275 Millionen Euro Mehrkosten
Deutschland einzuführen.                                                       Dr.-Ing. Christian Zimmer, Senior Consultant der Beratungsge-
     Die Vorgeschichte: Im Norden Deutschlands wird in Offshore-          sellschaft Consentec, hat im Auftrag der Strombörsen EEX und EPEX
Windparks vergleichsweise viel erneuerbare Energie erzeugt. Der           SPOT die wirtschaftlichen Effekte von Preiszonen in Mitteleuropa
Strom wird vor allem im Süden Deutschlands benötigt. Doch die             untersucht: „Preiszonen zu verkleinern, ist wirtschaftlich nicht sinn-
innerdeutschen Stromnetze stoßen kapazitätsmäßig regelmäßig an
ihre Grenzen. Die Energie sucht sich aufgrund von physikalischen
Gesetzen den Weg des geringsten Widerstands und weicht regelmä-
ßig nach Polen, Tschechien, in die Slowakei, Ungarn und auch nach                                  „Kleinere Preiszonen bedeuten
Österreich aus. Die jeweiligen Netzbetreiber haben alle Hände voll zu                               Nachteile für die europäische
tun, um das Thema technisch in den Griff zu bekommen – obendrein                                          Volkswirtschaft“
ist es kostspielig.                                                                               Christian Zimmer
                                                                                                  Senior Consultant,
     Zur technischen Komponente kommt also auch noch ein wirt-                                    Beratungsgesellschaft Consentec
schaftlicher Aspekt: 2002 haben sich Deutschland, Österreich und
Luxemburg dazu entschieden, ein gemeinsames Strommarktgebiet              voll“, sagt er, „weil es dadurch zu einem Eingriff in den freien Strom-
einzurichten. Seit zwölf Jahren gibt es einen gemeinsamen deutsch-ös-     markt kommt.“ Das Aufteilen der bislang gemeinsamen Preiszone von
terreichisch-luxemburgischen Strommarkt mit einheitlichen Preisen.        Deutschland und Österreich führe zu erheblichen Zusatzkosten für
Der Markt funktioniert nicht nur, sondern ist laut Univ-Doz. Dr. Mag.     die Stromkunden in Mitteleuropa. Diese resultierten einerseits aus
Stephan Schwarzer, Leiter der Abteilung für Umwelt- und Energie-          der Schwierigkeit, „richtige“ und dennoch stabile Zonengrenzen zu
politik der Wirtschaftskammer Österreich „ganz klar ein Erfolgsmo-        finden, und andererseits aus der Vielzahl von Folgewirkungen, von
dell.“ Nun will Polen mit seiner Klage bei der ACER überprüfen lassen,    reduzierter Marktliquidität bis hin zur notwendigen IT-Umstellung bei
ob die „Engpassbewirtschaftung dem europäischen Recht entspricht“,        den Energieversorgern.
wie das ein EU-Experte für den Strommarkt in Brüssel formuliert.
                                                                              Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)
                                                                          hat im Frühjahr eine Studie vorgelegt. Es hat Preisunterschiede
                                                                                                                                                    Fotos: Schwarzer / WKO; Zimmer / Consentec

                              „Die Preiszone mit                          von 1,70 Euro/MWh zwischen den fiktiven Preiszonen errechnet.
                         Deutschland ist ganz klar ein                    „Konsumenten in der südlichen Preiszone“, zu der dann auch Öster-
                                Erfolgsmodell“                            reich gehören würde, müssten laut der Modellrechnung für Strom
                                                                          sogar um „275 Millionen Euro pro Jahr mehr zahlen“. Andere Unter-
                        Stephan Schwarzer                                 suchungen, die APG-Vorstand DI Mag. (FH) Gerhard Christiner beim
                        Leiter der Abteilung für Umwelt- und
                                                                          EAA-Energie Talk erwähnt hat, sprechen von Mehrbelastungen von
                        Energiepolitik der Wirtschaftskammer Österreich
                                                                          300 bis 400 Millionen Euro für österreichische Verbraucher pro Jahr.

14 ENERGIE INSIDE NOV/15
den gemeinsamen

               Strommarkt
               Neben den Gegnern gibt es auch wenige Befürworter für die Ein-
               führung von Preiszonen. Zu ihnen zählt der deutsche Volkswirt Prof.
               Dr. Marc Oliver Bettzüge vom Energiewirtschaftlichen Institut der
               Universität Köln. Er sah Preiszonen in einem Kommentar für die Ta-
               geszeitung „Handelsblatt“ als „Beitrag zur Versorgungssicherheit in
               Süddeutschland“, weil „durch zwei Preiszonen würde der ökono-
               mische Mehrwert von süddeutschen Kraftwerken in Engpass-
               situationen transparent“.

               Ausbau der Netze
                    Die DIW-Experten, allen voran der Forschungs-
               leiter Prof. Dr. Christian von Hirschhausen, lehnen
               jedenfalls Preiszonen ab, weil sie keinen „wesentlichen
               Beitrag zur Verbesserung der Netznutzung“ leisten und
               letztlich zu einer „geringeren Marktliquidität“ führen.
               Christian Zimmer sieht in kleineren Preiszonen
               „Nachteile für die europäische Volkswirt-
               schaft“. Er plädiert daher für den Ausbau
               der Netze und bricht für größere
               Preiszonen in Europa eine Lanze:
               „Wenn es weniger Preiszonengren-
               zen gibt, gibt es auch weniger Limits für
               den Strommarkt, dann können mehr Teilneh-
               mer an einem Marktplatz zusammenkommen.“
               Eine Verkleinerung der Preiszonen ist
               für ihn nur als letzter Ausweg denkbar,
               wenn der Netzausbau nicht rechtzeitig
               erfolgt.

               Behebung der Engpässe
                    Österreichs Wirtschaftsminister
               Dr. Reinhold Mitterlehner äußerte sich im
               Sommer vehement gegen Preiszonen. Er forderte
               seinen deutschen Ressortkollegen Dr. Sigmar Gabriel in
               einem Brief auf, gegen diese Teilung des Strommarktes
               aufzutreten. Auch die deutsche Strompolitik und die
Foto: istock

               deutsche Bundesnetzagentur lehnen bisher eine Auf-
               teilung der deutsch-österreichischen Preiszone ab. >

                                                                                     ENERGIE INSIDE NOV/15 15
Satellitenbild: Europa bei Nacht

                                                              Foto: istock

16 ENERGIE INSIDE NOV/15
Als Gründe nennen sie die „Verringerung der Liquidität und die            zumindest Deutschlands Wirtschaftsminis-
                                                 Gefahr der Ausübung der Marktmacht“. In Deutschland wird un-              ter Sigmar Gabriel. Er besteht auf den Bau
                                                 terdessen akribisch daran gearbeitet, die Ursachen für die Überbe-        von weiteren Starkstromtrassen vom Nor-
                                                 anspruchung der Netze zu beheben: Unter dem Stichwort Redes-              den und Osten Deutschlands nach Bayern
                                                 patching werden die Stromproduzenten in Norddeutschland immer             bis 2024. Das sorgte im Freistaat für poli-
                                                 öfter angewiesen, weniger Elektrizität ins Netz einzuspeisen, um Eng-     tischen Wirbel und Widerspruch. Gabriel
                                                 pässe in den Leitungen von Norddeutschland zu überwinden. Gleich-         drohte den Bayern zuletzt sogar mit Preis-
                                                 zeitig werden Stromproduzenten in Süddeutschland aufgefordert,            zonen – mit dem Effekt, dass nun die politi-
                                                 ihre Produktion anzukurbeln. Etwas langfristiger, aber umso nach-         schen Akteure wieder an einem Tisch sitzen,      Sigmar Gabriel
                                                 haltiger ist der Ausbau der Netze bei unserem nördlichen Nachbarn.        um an einer Lösung zu arbeiten.                  Bundeswirtschafts-
                                                 Aktuell wird zwischen Thüringen und Bayern eine Starkstromleitung                                                          minister Deutschland
                                                 gebaut. Sie soll die Stromversorgung in Nordbayern sichern, wo ein        Prüfung durch Behörden
                                                 Kernkraftwerk abgeschaltet werden soll, und damit auch helfen, die            Unterdessen sind Beamte der Agentur für die Kooperation der
                                                 Probleme mit Polen, Tschechien und der Slowakei zu lindern.               Energieregulatoren in Europa (ACER) mit Sitz im slowenischen Laibach
                                                 Diese Leitung sollte 2016 fertig werden, und das wäre auch für            zu einem Ergebnis gekommen: Sie haben Ende September deutsche
                                                 Österreich gut – jedoch in Wirklichkeit nur ein Tropfen auf dem hei-      und österreichische Regulierungs- sowie Übertragungsnetzbetreiber
                                                 ßen Stein. Besser wären noch mehr innerdeutsche Leitungen, meint          dazu aufgefordert, sich zur Einführung eines Engpassmanagements
                                                                                                                           zu verpflichten und einen Zeitplan vorzulegen. Regulator Martin Graf
                                                                                                                           kommentiert das Ergebnis von ACER als „eine Meinung, die eine Netz-
                                                                                                                           situation in der Vergangenheit behandelt. Uns geht es aber um die
                                                                                                                           Zukunft. Wir sollten daher vor allem über Alternativen nachdenken,
                                                                                                                           die volkswirtschaftlich sowohl für Österreich als auch Deutschland
                                                                                                                           positive Effekte haben und somit kostengünstiger und effektiver sind
                                                                                                                           als das Einrichten des künstlichen Engpasses.“ Klar ist, dass die Ge-
                                                                          Der Rechtsweg                                    spräche zwischen Deutschland und Österreich nun auf Hochtouren
                                                                  Das von Polen bei der Agentur für die                    laufen. Offen ist das Ergebnis. Und auf das wartet nicht nur die Ener-
                                                             Kooperation der Energieregulatoren in Europa                  giewirtschaft mit großer Spannung.
                                                        ACER angestoßene Verfahren war bei Redaktionsschluss
                                                         noch anhängig. Die weitere Vorgangsweise ist in der EU
                                                     „vorgezeichnet“, wie ein hochrangiger EU-Beamter gegenüber
                                                     EAA-Energie Inside erklärt: „Die ACER wird zunächst eine nicht
                                                                                                                                                              Preis-
                                                  verbindliche Stellungnahme abgeben. Binnen vier Monaten müssen
                                                                                                                                                       zonen in Europa
                                                  die Parteien reagieren. Wenn das nicht geschieht, wird die ACER das
                                                                                                                                                Österreich und Deutschland sind eine
                                                  der EU-Kommission mitteilen. Und dann liegt es an der Kommission,
                                                                                                                                         Preis- oder Biddingzone, weil es keine Engpässe an
                                                 zu reagieren“, also soweit erforderlich ein Vertragsverletzungsverfah-
                                                                                                                                     den Grenzen gibt. An den Grenzen anderer europäischer
                                                  ren einzuleiten. Parallel dazu liegen seit Mitte August EU-Regeln zu
                                                                                                                                    Länder, aber auch innerhalb von Nationalstaaten, kommt es
                                                     Preiszonen vor. Laut EU-Kreisen wird zunächst eine Studie der
                                                                                                                                bei der Stromversorgung hingegen immer wieder zu Engpässen. So
                                                   europäischen Übertragungsnetzbetreiber zu Preiszonen gestartet.
                                                                                                                               zum Beispiel zwischen Spanien und Portugal, die fallweise auch eine
                                                      Die Empfehlung von ACER können die Mitgliedsstaaten dann
                                                                                                                              gemeinsame Preiszone sind. Aber sobald die Übertragungskapazitäten
                                                          laut dem EU-Beamten „umsetzen oder auch nicht. In
                                                                                                                           nicht funktionieren, sind die Länder getrennt. Auf nationaler Ebene gibt es
                                                            der Verordnung ist das jedenfalls nicht geregelt.“
                                                                                                                           Systeme mit Preiszonen seit 2001 in Norwegen und seit 2011 in Schweden
                                                                  Hier sind also kurzfristig keine Ergeb-
                                                                                                                          und Italien. Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) lag
                                                                             nisse zu erwarten.
                                                                                                                          der Preisunterschied zwischen den Zonen in Schweden in den vergangenen
                                                                                                                           Jahren bei zwei Euro je MWh. Laut dem DIW-Bericht wurden „die grundle-
                                                                                                                           genden Probleme der schwedischen Stromwirtschaft – Nutzung der Win-
                                                                                                                             dressourcen im Norden und die zukünftige Rolle der Atomkraft – durch
Foto: Bundeswirtschaftsministerium Deutschland

                                                                                                                               die Preiszonen nicht wesentlich gemildert“. Gescheitert ist das Eng-
                                                                                                                                  passmanagement laut DIW zum Beispiel in den USA zwischen
                                                                                                                                      Pennsylvania, New Jersey und Maryland. Aufgrund von
                                                                                                                                          erratischen Preisvariationen sagte der Regulator
                                                                                                                                                     das System binnen weniger
                                                                                                                                                         Monate wieder ab.

                                                                                                                                                                     ENERGIE INSIDE NOV/15 17
Steuern wir auf eine
Planwirtschaft zu?
Im Interview mit EAA-Energie Inside spricht Univ.-Prof. DI Dr. Reinhard Haas
über den Energiemarkt, die Liberalisierung und von Fehlern der Europäischen Union (EU).

Sie aktualisieren für Ihre                     Hier hat die Europäische Union in dem Sinn
Vorlesungen und Seminare                       versagt, dass sie die falschen Ziele gesetzt
laufend die Inhalte. Was steht                 hat. Wenn ich die Reduktionsziele so niedrig
im Wintersemester auf dem                      ansetze, wie sie angesetzt wurden, dann darf
Programm?                                      ich mich nicht wundern, dass kein Anreiz
    Es sind vor allem die geopolitischen       mehr darin besteht, die Emissionen weiter zu
Entwicklungen rund um Ölpreise und Flüs-       verringern. Strom aus schmutziger Kohle ist
sigerdgas, die internationalen Diskussionen    heute wesentlich billiger als aus sauberem
um Kapazitätsmärkte versus Energy Only         Gas.
Märkte sowie die Integration erneuerbarer
Energieträger in das Stromsystem. Aber auch    Das heißt, der Preis für eine
das Thema Nuklearenergie rund um das in        Tonne Kohlendioxid ist zu nied-
Planung befindliche britische Kernkraftwerk    rig. Was wäre Ihrer Meinung                       so sinnvoll, wie Ananas züchten in Alaska."
Hinkley Point. Energie-Förderungen stehen      nach ein besserer CO2-Preis?                      Für diese Arroganz zahlen seine Nachfolger
ebenfalls auf dem Programm, insbesondere           Ein Preis von mehr als 30 Euro je Tonne       jetzt den Preis.
die Förderung der Kernenergie. Wenn wir        wäre das richtige Signal. Auf diesem Niveau
erneuerbare Energie, Atomkraft und auch        waren wir schon einmal und dieses Niveau          Sie haben vorhin von Plan-
Erdgas subventionieren, dann stellt sich die   ist verträglich. Wenn wir allerdings einen        wirtschaft gesprochen – Fakt
Frage, ob wir nicht wieder auf eine absolute   Preis von 50 Euro je Tonne hätten – und das       ist: Die Freiheit der Energie-
Planwirtschaft zusteuern.                      wäre bis 2020 durchaus akzeptabel gewe-           versorger wird laufend einge-
                                               sen – würde das die Treibhausgasemissionen        schränkt.
                                               entsprechend stärker reduzieren.                       Ja, richtig, aber diese tragen teilweise
                                                                                                 auch selbst dazu bei, etwa mit der Forderung
                                               Glauben Sie, dass 50 Euro                         nach Kapazitätszahlungen. Meiner Meinung
                                               durchsetzbar wären?                               nach steht der Strommarkt europaweit auf
                                                   Eine Steigerung auf 50 Euro je Tonne CO2      der Kippe: Geht es mehr in Richtung Markt-
                                               wäre vertretbar. Aber es ginge nicht von heu-     orientierung – das würde auch die Verbrau-
                                               te auf morgen und würde von der internatio-       cherseite, beispielsweise durch Demand-Side
                                               nalen Seriosität in Bezug auf Vereinbarungen      Management, stärker einbeziehen – oder geht
                                               abhängen.                                         es vor allem auch mit den Kapazitätszahlun-
                                                                                                 gen wieder in Richtung Planwirtschaft?
                                               Was sagen Sie zur Bewegung
                                               auf dem deutschen Markt?                          In welche Richtung wird es
Da drängt sich eine Frage auf:                     Viele Unternehmen waren lange der             Ihrer Meinung nach gehen?
Ist die Restrukturierung des                   Meinung, dass sie die Energiewende nicht              Das ist zum Beispiel bei Infrastrukturin-
Strommarkts gescheitert?                       betrifft. Der frühere Vorstandsvorsitzende        vestitionen unerheblich, weil sich an dem
    Nein! Aber sagen wir es so: Es haben       der RWE, Jürgen Großmann, hat zum Bei-            folgenden Grundprinzip nichts ändern wird:
                                                                                                                                                 Fotos: EAA / Schedl

nicht alle marktwirtschaftlichen Instrumen-    spiel einmal gesagt: „Unter einer Million         Wenn Investitionen in Netze oder Kraftwerke
te das gebracht, was man von ihnen erwar-      rühre ich keinen Finger bei einer Investition."   notwendig sind, dann werden das die Verbrau-
tet hat. Zum Beispiel der Emissionshandel:     Er meinte: „In Photovoltaik zu investieren, sei   cher bezahlen – egal ob die Stromversorgung

18 ENERGIE INSIDE NOV/15
wieder zum Monopol wird oder der Markt           Das heißt?                                      Das heißt im
                umkämpft bleibt.                                      Wenn sie sehen, Energie wird knapp und     Regelenergiebereich
                                                                 wir haben Verbrauchsspitzen, aber ange-         beginnt der Wettbewerb.
                Zum Wettbewerb: Wo am                            botsseitig schaut es schlecht aus, reagieren        Ja. In verschiedenen Ländern gibt es
                Markt sehen Sie aktuell                          sie flexibel. Sie reduzieren in ihren 30 ag-    hier Wettbewerb und der wird durchaus
                Wettbewerb?                                      gregierten Bürogebäuden die Leistung ent-       intensiver werden. Hier gibt es schon etliche
                     Wenn wir uns den Markt für Regelener-       sprechend, um aus den Einnahmen aus dem         Player, die auf attraktive Preissignale warten,
                gie anschauen, gibt es dort Wettbewerb (der      Regelenergiemarkt zu profitieren.               um sich dann an dem Markt zu beteiligen.
                in Österreich am Anfang steht. Anm. d. Red).
                Mit der Regelenergie werden kurzfristige         Wie machen sie das?                             Wird der Energiemarkt in
                Schwankungen ausgeglichen. Da gibt es eine            Dazu werden etwa die vorhandenen           Zukunft anders aussehen
                Vielzahl von Interessenten, die hier mitspie-    Speicherressourcen ausgeschöpft. Auch die       als heute?
                len und die vor allem auf der Verbraucherseite   Stromanwendungen für Temperieren, Kühlen             Ja, sehr wohl. Bis vor ein paar Jahren
                Flexibilität einbringen.                         oder Beleuchtung müssen in der Regel nie        waren die Erzeuger das zentrale Glied in
                                                                 alle gleichzeitig mit voller Leistung laufen.   einer Versorgung. Aber die reinen Erzeuger
                Gibt es dafür ein konkretes                      Sie können mit Hilfe von Lastenmanagement       verlieren zunehmend an Bedeutung.
                Beispiel?                                        entsprechend gesteuert werden. Dadurch
                    Ja, die slowenische Telekom. Die aggre-      lassen sich die Spitzen verschieben.            Und wer gewinnt?
                giert Bürogebäude. Sie nimmt zum Beispiel                                                             Heute stehen die Versorger im Mittel-
                30 Bürogebäude unter Vertrag und nützt das       Das heißt: Man spart, wenn                      punkt. Sie müssen schauen und mussten
                Stromverbrauchsverhalten dieses Gebäude-         der Strom teuer ist, und ver-                   das schon immer, woher sie den Strom be-
Foto: TU Wien

                parks, um auf dem Regelenergiemarkt mit-         braucht, wenn er günstig ist.                   kommen, den sie ihren Kunden liefern. Von
                zuspielen.                                            Ja – wenn es auf dem Strommarkt Über-      ihren Kunden können sie auch ein bisschen
                                                                 schüsse gibt und der Strom günstig ist, kön-    Flexibilität verlangen.
                                                                 nen sie mit der vollen Leistung hineinfahren
                                                                 und zum Beispiel ihre Heizungsspeicher wie-     Was meinen Sie mit
                                                                 der vollkommen füllen. Und wenn die Ener-       Flexibilität?
                                                                 giepreise hoch sind, schöpfen sie die Mög-           Es gibt auch unter dem Aspekt der
                                                                 lichkeiten ihrer Speicher aus und verschieben   Photovoltaikeigenversorger für Kunden
                                                                 die Spitzen. Es geht dabei um technisches       zwei Tarifkomponenten: eine Leistungskom-
                                                                 Demand-Management, das von Preisen auf          ponete, die sagt, was ich pro maximaler
                                                                 einem bestimmten Markt abhängt.                 Leistung, die ich einspeise oder entnehme,
                                                                                                                 bezahle und einen Arbeitspreis für die Kilo-
                                                                 Sie sehen hier Chancen.                         wattstunde. Wenn ich Sicherheitsstrom in
   Über Univ.-Prof. DI. Dr.                                          Es gibt auf der Nachfrageseite viele        beliebigem Ausmaß rund um die Uhr haben
   Reinhard Haas:                                                Möglichkeiten, flexibel zu sein. Aber viele     möchte, bezahle ich einen höheren Tarif als
   Reinhard Haas ist außerordentlicher Uni-                      Unternehmen kennen sie noch nicht. Die          wenn ich mit mehr Flexibilität einverstanden
   versitätsprofessor am Institut für Elektri-                   Preiskurven waren in den vergangenen Jah-       bin.
   sche Anlagen und Energiewirtschaft der                        ren so flach, dass sich das kaum ausgezahlt
   TU Wien und seit 1996 stellvertretender                       hat. Aber im Regelenergiemarkt gibt es er-      Letzte Frage:
   Institutsvorstand. Er hält Vorlesungen zu                     hebliche Anreize. Die Potenziale solcher ver-   Erneuerbare Energie hat die
   den Themen Energiewirtschaft, Regulie-                        braucherseitiger Optionen sind interessant.     Versorgung nicht unbedingt
   rung und Markt in der Energiewirtschaft                                                                       stabiler gemacht. Sehen Sie
   sowie Energiemodelle. Derzeitige For-                                                                         da Gefahren?
   schungsschwerpunkte von Prof. Haas sind                                                                            Die Angst vor großflächigen Stromaus-
   erneuerbare Energieträger, Liberalisierung                                                                    fällen ist sicher übertrieben. Es gibt zwar
   versus Regulierung von Energiemärkten                                                                         potentielle Risiken aufgrund von höherer
   sowie Energiemodelle und Prognosen. Seit                                                                      Gewalt, aber die gab es auch schon vor 50
   mehr als zehn Jahren arbeitet er in diesen                                                                    Jahren. Was heute neu dazu gekommen ist,
   Gebieten und publizierte dazu mehr als                                                                        ist die Cyberkriminalität. Aber hier wird auf
   50 Beiträge in Büchern und Zeitschriften.                                                                     einer anderen Ebene Vorsorge zu treffen
   Weiters leitete Prof. Haas eine Reihe von                                                                     sein, nicht auf der energietechnischen.
   Projekten im Auftrag nationaler Ministerien
   und der EU.                                                                                                   Danke für das Gespräch!

                                                                                                                                  ENERGIE INSIDE NOV/15 19
Mythen zum EnergieMarkt
                     FAKTENCHECK
Mehr Wettbewerb und Transparenz                                       Mythos 2:
auf Österreichs Energiemarkt                                          Viel zu niedrige Wechselrate
     Sowohl Gesetzgeber, Sozialpartner als auch Bundesaufsichtsbe-    und komplizierter Wechselprozess
hörden kritisierten in der Vergangenheit Wettbewerbsdefizite am            Seit 2001 kann jeder Stromkunde und seit 2002 jeder Gaskunde
heimischen Strom- und Gasmarkt und unterstellten den Konsumen-        in Österreich seinen Energieanbieter frei wählen. Diese freie Wahl des
ten, sich wenig zu bemühen, um den Anbieter zu wechseln. Doch die     Energieanbieters haben seit der Liberalisierung der Energiemärkte be-
von der E-Control lang gepflegten und von den Medien gerne ver-       reits mehr als 1,5 Millionen Österreicher – vom Haushaltskunden bis
öffentlichten Mythen eines schwach ausgeprägten österreichischen      zum Industriekunden – in Anspruch genommen. Im Detail haben seit
Energiemarktes mit wenig Wettbewerb bekommen nun Risse. Am 9.         der Marktöffnung 18 Prozent aller Haushaltskunden und 29 Prozent
Juni erörterte der Wirtschaftsausschuss des Österreichischen Parla-   aller Unternehmenskunden ihren Energieanbieter gewechselt. Die
ments den Tätigkeitsbericht (III-165 d.B.) der E-Control zum Thema    Wechselaktivität der Industriekunden (lastganggemessene Kunden)
Energiepolitik unter dem Titel „Mehr Wettbewerb und Transparenz auf   ist noch höher. Mit 89 Prozent haben fast alle Groß- und Industrie-
Österreichs Energiemarkt“. Der von den beiden Vorständen DI Walter    kunden zumindest einmal ihren Energielieferanten gewechselt und
Boltz und DI (FH) Mag. (FH) Martin Graf, MBA präsentierte Bericht     repräsentieren einen höchst kompetitiven Wettbewerbsmarkt. Fast alle
bescheinigt den Konsumenten zunehmende Bereitschaft, ihren An-        heimischen Strom- und Gasanbieter bieten Kunden und Interessen-
bieter zu wechseln, und belegt damit auch das Vordringen des Wett-    ten einen einfachen Online-Anbieterwechsel ohne Unterschrift. Bei 80
bewerbs auf dem heimischen Energiemarkt. Im Detail wurde festge-      Prozent der Stromanbieter und bei 95 Prozent der Gasanbieter wird
halten, dass der heimische Energiesektor zunehmend von Wettbewerb     ein prompter Online-Anbieterwechsel angeboten. Der im Handel oder
und Transparenz geprägt ist. Neben der starken Zunahme des Ökostro-   anderen Branchen übliche Standard von Online-Shoppingportalen
manteils wurde auch ein deutlicher Anstieg beim Versorgerwechsel      ist auch am Energiemarkt „State of the Art“. 83 Prozent der Kunden
dokumentiert. Dennoch hat sich der Ton der Beiträge zum Thema         gaben bei einer Studie im Auftrag der E-Control an, mit der Einfachheit
Wettbewerb am Energiemarkt in den Medien auch im Jahr 2015 kaum       des Wechsels sehr zufrieden oder zufrieden gewesen zu sein.
verändert: Wir wollen daher im nachfolgenden Faktencheck die nach
wie vor bestehenden Mythen eines geringen Wettbewerbs am Strom-
und Gasmarkt aufzeigen und klarstellen, wie es nun wirklich um den    Mythos 3:
österreichischen Strom- und Gasmarkt bestellt ist.                    Kaum Wettbewerb und zu wenig Service
                                                                           Österreichs Strom- und Gasmarkt wird seit Jahren fehlender
Mythos 1:                                                             Wettbewerb nachgesagt. Wahr ist, dass den Wettbewerb in Österreich
Zu wenig Energieanbieter und zu wenig Auswahl                         heute niemand mehr leugnen kann. Der Wechsel des Energieanbie-
    Die Zahl der am Markt tätigen Anbieter hat sich seit dem Jahr     ters dauert 15 Minuten und ist mittlerweile genauso einfach wie der
2001 um 44 Prozent auf 173 Unternehmen erhöht. In Österreich          Wechsel des Mobilfunkbetreibers. Die bereits erwähnte Tatsache, dass
gibt es heute so viele Anbieter und Produkte wie noch nie: Kunden     18 Prozent aller Haushaltskunden und 29 Prozent aller Unternehmen
in Österreich können unter 140 unterschiedlichen Stromanbietern       in Österreich ihren Energieanbieter zumindest einmal gewechselt ha-
auswählen, 30 davon sind österreichweit tätig. Aus wie vielen Ange-   ben, zeigt, dass die Markt- und Wettbewerbsstrukturen in Österreich
boten ein Kunde wählen kann, ist vom Wohnort abhängig. Ein Kunde      bestens funktionieren. Allerdings steht in einem Wettbewerbsmarkt
in Wien etwa kann zwischen 34 verschiedenen Stromlieferanten und      neben der Kundengewinnung natürlich auch die Kundenbindung an
64 unterschiedlichen Stromprodukten wählen. Am Gasmarkt gibt es       vorderster Stelle. Sowohl die EU als auch die Bundesnetzagentur in
insgesamt 33 verschiedene Unternehmen, die über 40 unterschiedli-     Deutschland haben festgehalten, dass die Wechselquote kein alleiniger
che Gasprodukte anbieten. Neben der Zahl der Energieanbieter steigt   Indikator für das Funktionieren des Wettbewerbs ist. Der liberalisier-
auch die Menge der erhältlichen Strom- und Gasprodukte rasant. Die    te Energiemarkt mit einem ausgeprägtem Wettbewerb zeichnet sich
Energieunternehmer passen ihre Produkte immer besser an die Wün-      dadurch aus, dass sämtliche Marktteilnehmer einen fairen Kampf um
sche der Konsumenten an. Alleine in der ersten Hälfte des heurigen    den Kunden führen. Anbieterwechsel finden in alle Richtungen statt.
                                                                                                                                                Foto: istock

Jahres hat sich die Zahl der erhältlichen Produkte um 30 Prozent      Doch das Credo der Medien lautet im Sinne der Schnäppchenjäger:
erhöht.                                                               weg vom Qualitätsanbieter – hin zu einem alternativen Diskonter.

20 ENERGIE INSIDE NOV/15
Bunte Vielfalt am Energiemarkt:
                                                                                                   Österreichs Konsumenten können heute
                                                                                                   zwischen so vielen Strom- und Gasanbietern
                                                                                                   wählen wie noch nie.

Gleichzeitig wird aber konsequent verschwiegen, welche Vorteile        über die Vorbereitungsarbeiten zur thermischen Sanierung bis hin zum Er-
man aus einem Wechsel in die andere Richtung – also vom alterna-       stellen individueller und regional regionalspezifischer Energiekonzepte.
tiven Diskonter wieder zurück zum Qualitätsanbieter – hat. Quali-      Denn es ist der Konsument, der letztendlich durch seine Nachfrage
tätsanbieter forcieren im Gegensatz zu Diskontanbietern laufend ihre   entscheidet, welche Produkte und Dienstleistungen erfolgreich sein
Kernkompetenzen im Bereich der Servicequalität, der technischen        werden.
Lösungskompetenz und der Energieberatung. Neben effektiven Stro-
munfall-Versicherungen und Bonuspunkteprogrammen stehen vor            Fazit zum Faktencheck
allem Gratis-Energieberatungen zu Energieeffizienz-Themen im Mit-           Die Liberalisierung des Energiemarkts in Österreich ist aus Sicht
telpunkt der Servicepakete von Qualitätsanbietern. Die „nackten Ki-    der Kunden eine Erfolgsgeschichte. Der seit 14 Jahren bestehende
lowattstunden“ der Diskontanbieter werden nicht die Produkte der       Wettbewerb in Österreich brachte den Konsumenten in allen Bundes-
Zukunft sein. Mehr als ein Drittel der Konsumenten will wissen, was    ländern klare Vorteile. Von der Liberalisierung haben alle Kundengrup-
sie für einen effizienteren Umgang mit Energie konkret tun können.     pen profitiert. In Summe haben sich die Kunden seit 2001 rund 80
Die Bandbreite der Qualitätsanbieter reicht von einfachen, aber un-    Millionen Euro erspart: 49 Millionen Euro bei Strom und 31 Millionen
verzichtbaren Beratungsgesprächen zum Thema Wärmedämmung               Euro bei Gas.

                                                                                                                  ENERGIE INSIDE NOV/15 21
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                           Willk mmen im

      Markt

22 ENERGIE INSIDE NOV/15
Samstag, 26. September, 16:35 Uhr
Laufkraftwerk Freudenau, Wien
Die Entdeckungstour mit dem Fahrrad und der Bahn
geht weiter: Vater Wolfgang und sein Sohn Lukas
erreichen das Kraftwerk Freudenau an der Donau in
Wien. Mit einem Laufrad-Durchmesser von siebenein-
halb Meter zählen die Turbinen des Flusskraftwerks
Freudenau zu den größten in Europa. Hier werden aus
Wasserkraft 1.052 Gigawattstunden Strom pro Jahr
produziert. Besonders neugierig macht den elfjährigen
Lukas die Fischaufstiegshilfe, denn Sie hilft mehr als
40 Fischarten beim Überwinden der Staustufe.
                                                           Foto: EAA / Ehm

                                ENERGIE INSIDE NOV/15 23
Marktöffnung bringt
Vorteile für Konsumenten
Am 1. Oktober 2001 wurde Österreichs Strommarkt und ein Jahr später am 1. Oktober 2002 wurde
Österreichs Gasmarkt vollständig liberalisiert. Alle Kunden – von privaten Haushalten bis zur Groß-
industrie – können seither zwischen grüner, sauberer, günstiger oder einfach sicherer Energie wählen.

Durch die Öffnung der Energiemärkte in           Beispiel und verabschiedete in den Jahren      In Österreich etwa haben bis dato rund
Österreich wurden aus den No-Name-               1996, 2004 und 2009 drei Reformpakete,         20 Prozent der Kunden zumindest einmal
Commodities Elektrizität und Erdgas vielfäl-     um einen europäischen Binnenmarkt im           ihren Energieanbieter gewechselt. Damit
tige Produktportfolios mit eigenständigen        Gas- und Stromsektor zu etablieren. Dabei      liegt man im guten europäischen Mittel-
Markenimages für einzelne Zielgruppen ent-       stand – neben der Einführung eines diskri-     feld. Dabei ist zu beachten, dass niedrige
wickelt. Ziel war und ist es, den unterschied-   minierungsfreien Zugangs zu den Stromnet-      Wechselraten nicht per se auf eine schwa-
lichen Kundenwünschen und Ansprüchen             zen – zunächst die schrittweise Öffnung des    che Wettbewerbsintensität hinweisen. Sie
am Markt gerecht zu werden. Die Angebots-        Strommarktes für Großverbraucher im Mit-       können auch durch eine kompetitive Preis-
vielfalt für Konsumenten bei der Auswahl         telpunkt. Seit 2007 haben auch Kleinkunden     setzung der Marktteilnehmer oder eine
des für sie besten Angebots ist heute ganz       innerhalb der EU das Recht, ihre Lieferanten   hohe Kundenzufriedenheit begründet sein.
selbstverständlich. Der Wechsel eines Strom-     frei zu wählen. Die europäischen Konsumen-     Wie die EU-Kommission bereits festgestellt
oder Gasprodukts ist mittlerweile genauso        ten reagieren in den einzelnen Ländern bis-    hat, sind etwa der Faktor Marktkonzentra-
einfach wie der Wechsel eines Telefon- oder      lang mit unterschiedlicher Nachfrageintensi-   tion oder die Anzahl der Marktteilnehmer,
Internetprodukts. Für private Haushalte,         tät auf die neuen Marktbedingungen. Außer      die Vielfalt der am Markt angebotenen
landwirtschaftliche Betriebe, Gewerbe- oder      in Großbritannien ist nach wie vor mehr als    Produkte und Dienstleistungen oder die
Großkunden ist 14 Jahre nach dem Beginn          die Hälfte aller Haushalte in den einzelnen    Preisregulierung ein viel entscheidenderes
der Energiemarktliberalisierung die Auswahl      europäischen Ländern ihrem angestamm-          Indiz für das Funktionieren der Märkte im
des besten Angebots zur Routine geworden.        ten Energielieferanten treu geblieben.         Energiebereich.
Die Entscheidung zur Öffnung des Strom-
und Gasmarkts war eine Folge des Beitritts
Österreichs zur Europäischen Union (EU) und
des Energie-Binnenmarktpakets der EU. Die
Ziele der Liberalisierung waren: Mehr Wett-
bewerb sicherzustellen, die Ökologisierung
voranzutreiben sowie Energieeffizienz und
Versorgungssicherheit innerhalb der EU zu
verbessern. Durch den freien Wettbewerb
der Energiemärkte werden die Konsumen-                                             Hohe Wechselraten allein
ten heute zu den günstigsten Konditionen                                            sind kein Indiz für einen
markt- und kundengerecht mit elektrischer                                        funktionierenden Wettbewerb.
Energie und Erdgas versorgt.
                                                                        Die Wechselquote zeigt nur einen Ausschnitt der Wett-
Energiemarktöffnung in Europa                                         bewerbsintensität. Das haben die EU sowie die Bundesnetz-
    Großbritannien initiierte 1990 als ers-                          agentur in Deutschland bereits bestätigt. Die Einbeziehung des
ter europäischer Staat die Öffnung seines                            Wechsels zu anderen Produkten des bisherigen Versorgers in die
Stromsektors. Mit der Absicht, die Effizienz                         Beurteilung des Wettbewerbs ist daher zwingend. Kundenbin-
zu steigern, wurde der staatliche, vertikal                           dungsmaßnahmen und Alternativangebote an die eigenen Kun-
integrierte Energieversorger entflochten und                           den sind als Elemente des Wettbewerbs anerkannt, senken aber
der Markt für neue Produzenten, Händler                                  tendenziell die Wechselbereitschaft und in weiterer Folge
und Lieferanten geöffnet. Die EU folgte dem                                die Wechselquote. Solche Angebote sind Alternativen
                                                                              zu einem Anbieterwechsel und die Reaktion auf
                                                                                 intensiven Wettbewerb.
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