Ein Schatten seiner selbst

 
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Ein Schatten seiner selbst
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Ein Schatten
seiner selbst
Zum ersten Mal seit seiner Wahl ist ÖVP-Chef
Sebastian Kurz mit einer Obmann-Debatte
konfrontiert. Immer mehr Schwarze kritisieren
(noch intern) die Arroganz türkiser Machtzirkel
und sorgen sich um den guten Ruf einer            KRISENSTIMMUNG.
staatstragenden Partei                            Bundeskanzler Sebastian
                                                  Kurz sieht sich mit der
Von Renate Kromp und Günter Fritz                 größten Krise seiner
                                                  bisherigen Politkarriere

                                                                                         Foto: ALEX HALADA / picturedesk.com
                                                  konfrontiert. Parteiinterne
                                                  Kritiker werden lauter

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                                                                                                                                                                                                            „Die ÖVP ist seit jeher                                                                        chefs „aber noch schweigen“. „Aber nur so
                                                                                                                                                                                                                                                                                                           lange, bis es zu der ersten Wahlniederlage

                                                                                                                                                                                                            machtorientiert“
                                                                                                                                                                                                                                                                                                           kommt“, glaubt Mitterlehner.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Auch auf Kurz-Intimus Finanzminister
                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Blümel, der wegen seiner Auftritte im
                                                                                                                                                                                                                                                                                                           U-Ausschuss und vor allem auch wegen
                                                                                                                                                                                                            Der ehemalige ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner                                                   der veröffentlichten Chats immer stärker
                                                                                                                                                                                                            rechnet mit dem System Kurz ab und rät dem Kanzler,                                            unter Druck geraten ist, könnte noch Un-
                                                                                                                                                                                                            bei einer Anklage sein Amt ruhend zu stellen                                                   gemach zukommen. Wenn das so weiter-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                           gehe – und es vergehe keine Woche, in der

                                                                                                                                                                                                            S
                                                                                                                                                                                                                                                                                                           nicht Neues publik werde – werde man
                                                                                                                                                                                                                   ollte es zu einer Anklage gegen          net. So etwas sei „ein schweres Problem“.      etwas unternehmen müssen. „Minister
                                                                                                                                                                                                                   Sebastian Kurz kommen, sollte die-       Ähnliches gelte für die zum Teil „pein-        oder Manager in Unternehmen im öffent-
                                                                                                                                                                                                                   ser seine Funktion als Bundeskanz-       lichen bzw. unerträglichen“ Chats von          lichen Eigentum sollten in ihrer Funktion
                                                                                                                                                                                                                   ler auf jeden Fall ruhen lassen, sagt    Öbag-Chef Thomas Schmid mit Kanzler            dem Volk und dem Staat dienlich sein
                                                                                                                                                                                                            dessen Vorgänger als ÖVP-Chef Reinhold          Kurz und Finanzminister Gernot Blümel.         und sich nicht selbst bedienen“, urteilt
                                                                                                                                                                                                            Mitterlehner: „Wenn es zu keiner Verurtei-                                                     Mitterlehner, „und das haben die Burschen
                                                                                                                                                                                                            lung kommt und er freigesprochen wird,          Kommandostruktur statt Inhalten                nicht begriffen.“
                                                                                                                                                                                                            kann er seine Funktion ja wieder aufneh-        Dass Schmid, dessen zuletzt bekannt
                                                                                                                                                                                                            men“, erklärt Mitterlehner im Gespräch          gewordene „Pöbel und Tiere“-Nachrichten
                                                                                                                                                                                                            mit News. Dass er sich in der Zwischenzeit      für besondere öffentliche Aufregung ge-
                                                                                                                                                                                                            von einem ÖVP-Landeshauptmann vertre-           sorgt haben, jetzt zurückgetreten sei, war
CHAT-SKANDAL I. „Du bist Familie“, schrieb Gernot Blümel (re.) an Thomas Schmid, als dieser sich im Finanzministerium die Öbag                                                                              ten lassen könnte – beispielsweise vom          „überfällig“, sagt Mitterlehner. Generell
zurechtzimmerte. Nun musste Schmid gehen. Chats, in denen er andere Menschen „Pöbel“ und „Tiere“ nannte, beschleunigten seinen Fall                                                                         Vorarlberger Markus Wallner, wie zuletzt        habe es immer politische Postenbesetzun-           Das System Kurz ist

Z
                                                                                                                                                                                                            spekuliert wurde –, schätzt der Ex-Partei-      gen gegeben, aber früher „mit einem stär-
                                                                                                                                                                                                            chef hingegen als „nicht so einfach“ ein:       keren qualitativen Ansatz“, so der Ex-ÖVP-         für die alte, schwarze
            ieht ein Landesfürst in einen     schon der frühere Justizminister Wolfgang       waltschaft wegen vermuteter Falschaus-                                                                        „Rein formal müsste die Vertretung              Chef. „Jetzt sind vor allem Netzwerke und          ÖVP nur noch schwer
            Landtagswahlkampf, sind auf-      Brandstetter die Konsequenzen aus seinen        sage vor dem U-Ausschuss. Sein grüner                                                                         eigentlich durch einen Minister erfolgen.“      persönliche Verbindungen entscheidend.             zu ertragen“
            munternde Besuche aus der         verwerflichen Unterhaltungen mit Justiz-         Koalitionspartner und die Oppositionspar-                                                                        Was die zuletzt in Permanenz veröf-          Und das macht schon einen großen Unter-
            jeweiligen Bundespartei meist     sektionschef Christian Pilnacek gezogen         teien arbeiten sich seither an der Frage ab,                                                                  fentlichen Chats aus den inneren Zirkeln        schied aus.“ Nicht von ungefähr habe der
            nicht gefragt. So war das bei     und mit sofortiger Wirkung den Verfas-          an welchem Punkt der Kanzler eigentlich                                                                       der Türkisen betrifft, so sieht Mitterlehner     deutsche CDU-Grande Wolfgang Schäuble          Dass sich die ÖVP mit Kurz so unter Druck
            früheren ÖVP-Chefs – und so       sungsgerichtshof verlassen.                     rücktrittsreif wäre. Bei einem Strafantrag,                                                                   „ein mehr als unschönes Sittenbild“, das        jüngst vor einem „System Kurz“ für die         befinde, sei für ihn aber „keine Genug-
ist es neuerdings auch bei Sebastian Kurz.        Doch reicht das, um die türkise Krise in    bei einer Verurteilung? „Die Frage nach                                                                       schädlich für Partei und Politik an sich sei.   Bundesrepublik gewarnt. Da stehe „nicht        tuung“, erklärt Mitterlehner, der sich dar-
Galt der junge Kanzler bisher als sicherer    den Griff zu bekommen? Eher nicht, sagen         der politischen Verantwortung, die ja                                                                         Diese würden „fehlenden Respekt gegen-          die inhaltliche Linie im Vordergrund,          über hinaus nicht zum Zustand der Partei
Stimmenbringer und war in jedem Wahl-         immer mehr Parteifreunde, aber auch par-        eigentlich schon früher einsetzt, rückt                                                                       über demokratischen und rechtlichen             sondern eine klare Kommandostruktur“.          äußern will: „Ich habe mir aber von Anfang
kampf gern gesehen, wird er derzeit als       teiferne Experten. Denn es ist unklar, wel-     damit total in den Hintergrund“, sagt ein                                                                     Institutionen“ zum Ausdruck bringen. Er            Dieses „System Kurz“ sei „für die alte,     an erwartet, dass es problematisch werden
Last empfunden. „Die Anwesenheit von          che für Kurz entlarvend-peinlichen Nach-        Kurz-Skeptiker in der ÖVP und räumt wi-                                                                       meint damit z. B. jene zwischen Sektions-       schwarze ÖVP nur noch schwer zu ertra-         kann. Es fehlt in der Truppe um Kurz ein-
Bundespolitikern war schon einmal er-         richten aus dem Ibiza-Untersuchungsaus-         derstrebend ein: „Die Strategie ,Alle sind                                                                    chef im Justizministerium Christian             gen“, sagt der Ex-ÖVP-Chef: „Die Bünde         fach an Reife und Erfahrung – und das
wünschter“, hört man aus Oberösterreich,      schuss noch kommen. Das parlamentari-           gegen Kurz‘ trägt dazu bei, dass die Funk-                                                                    Pilnacek und Ex-Justizminister und -VfGH-       sind abmontiert und die Länder ringen um       schlägt sich jetzt nieder.“
wo am 26. September der Landtag gewählt       sche Kontrollgremium tagt bis Mitte Juli,       tionäre nach einer ersten Schrecksekunde                                                                      Richter Wolfgang Brandstetter, die er als       ihren Einfluss.“ Da „die ÖVP seit jeher sehr
wird. Spitzenkandidat Thomas Stelzer          es sind längst nicht alle gelieferten Akten     wieder stärker hinter ihm stehen. Das war                                                                     für den Rechtsstaat „untragbar“ bezeich-        machtorientiert“ sei, würden die Landes-       Keine politischen Alternativen
kann sich über beruhigende Umfragewerte       ausgewertet. Dazu kommt, dass die ÖVP,          geschickt gemacht.“ Zuvor hatte in den                                                                                                                                                                       Die Situation bei den Türkisen wirke sich
von rund 40 Prozent der Stimmen freuen.       allen voran ihr Fraktionschef im Ausschuss,     schwarzen Bundesländern bereits die                                                                                                                                                   Ex-ÖVP-Chef            auch innenpolitisch aus: Sie bedinge, dass
Zum Amtsbonus des Landeshauptmanns            Andreas Hanger, die Debatten durch An-          Variante die Runde gemacht, der Vorarl-                                                                                                                                               Reinhold               auch der Druck auf die Grünen steige,
kommt in diesen Zeiten ein besonderes         griffe auf die Justiz und einzelne Staats-       berger Landeshauptmann Markus Wallner                                                                                                                                                 Mitterlehner fühlte    wenngleich „die Koalition“ in den Augen
Atout: Stelzer wirkt trocken, kontrolliert,   anwälte befeuert. „Die Strategie ist wohl,      könnte übernehmen, wenn sich die juristi-      Fotos: Lukas Ilner /trend, Ricardo Herrgott, Sebastian Reich                                                                           sich bei seiner von    von Mitterlehner „aneinandergekettet“
auf manche vielleicht sogar langweilig. Für   die Diskussionen weg von der Parteispitze       sche Lage zuspitzt.                                                                                                                                                                   Sebastian Kurz         ist – „das vor allem mangels Alternativen“.
viele ÖVP-Sympathisanten ein angeneh-         zu bekommen“, sagt eine Parteikennerin,                                                                                                                                                                                               betriebenen            Dass die FPÖ jetzt mit Ex-Klubobmann
mer Kontrast zu den schrillen Tönen aus                                                       Fast eine Obmann-Debatte                                                                                                                                                              Ablöse 2017            Herbert Kickl als neuem Chef die Regie-
                                              „aber Hanger ist der falsche Mann dafür.“
                                                                                                                                                                                                                                                                                    hintergangen: Für
Wien. Der Kanzler mit seiner Entourage            „Das ständige Hinhauen auf die Justiz       „Wir lassen uns den jungen Kanzler nicht                                                                                                                                                                     rung mit einem radikalen Kurs vor sich
                                                                                                                                                                                                                                                                                    die derzeitigen
verliert langsam, aber beständig Zustim-      kommt nicht so gut an“, berichten jene, die     hinausschießen“, brachte der steirische                                                                                                                                               Schwierigkeiten        hertreiben will, würden wohl auch partei-
mung – in den Sonntagsfragen der Mei-         an der ÖVP-Basis unterwegs sind. Davor          Landeshauptmann Hermann Schützen-                                                                                                                                                     der Volkspartei        interne Kritiker des blauen Scharfmachers
nungsforscher, in den Vertrauensindices       hatte schon der schnoddrige Umgang von          höfer den Spin der Kurz-Strategen zuletzt                                                                                                                                             findet er klare        wie Oberösterreichs Landesparteiobmann
und an den Stammtischen des Landes.           Kurz und Schmid mit Vertretern der katho-       in der TV-„Pressestunde“ unter. Das Um-                                                                                                                                               Worte. Genugtu-        Manfred Haimbuchner akzeptieren müs-
    Letzten Dienstag versuchte die türkise    lischen Kirche – wohl eine Retourkutsche        feld des Kanzlers sei allerdings fragwür-                                                                                                                                             ung sei das für ihn    sen. „Haimbuchner hat im Herbst eine
„Familie“ einen personellen Befreiungs-       für Kritik an der Flüchtlingspolitik der tür-   dig. Ob da die Ablöse Schmids reicht?                                                                                                                                                 aber keine, sagt er:   Landeswahl zu schlagen und dabei nichts
schlag: Thomas Schmid, der umstrittene        kis-blauen Regierung – die amtskirchen-         Schon kursieren weitere Rücktrittsgerüch-                                                                                                                                             „Ich habe mir aber     zu gewinnen. Wenn er dann ohne Regie-
Öbag-Chef, dessen Chats mit Kurz, Gernot      treuen Anhänger einer christlich-sozialen       te: Finanzminister Gernot Blümel, bei dem                                                                                                                                             von Anfang an          rungsbeteiligung auf Landesebene da-
                                                                                                                                                                                                                                                                                    erwartet, dass es
Blümel und anderen Vertrauten die             Volkspartei schwer irritiert.                   die WKStA eine Hausdurchsuchung durch-                                                                                                                                                                       steht, wird die Situation für ihn schwierig.
                                                                                                                                                                                                                                                                                    problematisch
ÖVP-Krise nahezu täglich befeuern, trat           Gegen Kurz selbst ermittelt derzeit die     geführt hat, könne durch einen Vertrau-                                                                                                                                               werden kann“           Da bleibt ihm gar nichts anderes übrig“, so
von all seinen Ämtern zurück. Davor hatte     Wirtschafts- und Korruptionsstaatsan-           ensmann aus Niederösterreich ersetzt                                                                                                                                                                         Mitterlehner.

20           23 | 2021                                                                                                                                                                                                                                                                                                            23 | 2021         21
Ein Schatten seiner selbst
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                                                                                                                                                                                                                                                            für Kurz immer, wenn es ein Problem ge-
                                                                                                                                                                                                                                                            geben hat, jemand anderer schuld: Zuerst
                                                                                                                                                                                                                                                            war es die FPÖ, jetzt stören ihn die Grü-
                                                                                                                                                                                                                                                            nen, das Parlament, die Justiz, irgendwann
                                                                                                                                                                                                                                                            auch die Demokratie.“
                                                                                                                                                                                                                                                                Politikberater Thomas Hofer spricht
                                                                                                                                                                                                                                                            von der „bisher größten Krise“ in Kurz’
                                                                                                                                                                                                                                                            ÖVP-Obmannschaft. „Sein Nimbus als po-
                                                                                                                                                                                                                                                            litischer Erneuerer ist dadurch sehr ram-
                                                                                                                                                                                                                                                            poniert – auch international.“ Kurz polari-
                                                                                                                                                                                                                                                            siere weiter, sei aber „viel verwundbarer
                                                                                                                                                                                                                                                            als früher“, sagt Hofer. Dennoch könne
                                                                                                                                                                                                                                                            Kurz auf Zeit spielen: Bis zur Entscheidung
                                                                                                                                                                                                                                                            über die vermutete Falschaussage könne
                                                                                                                                                                                                                                                            es noch lange dauern. Die Grünen als Re-
                                                                                                                                                                                                                                                            gierungspartner stehen noch zur ÖVP. „Sie
                                                                                                                                                                                                                                                            haben inhaltlich noch nichts vorzuweisen
                                                                                                                                                                                                                                                            und müssen erst einmal einen Erfolg                  ENTSCHEIDENDE WAHL. Thomas Stelzer muss in Oberösterreich eine Wahl
                                                                                                                                                                                                                                                            liefern.“ Die SPÖ schaffe es nicht, der Kurz-         schlagen. Wenn Kurz dabei schadet, wird es für ihn an der Spitze ungemütlich
                                                                                                                                                                                                                                                            ÖVP etwas entgegenzusetzen. Meinungs-
                                                                                                                                                                                                                                                            forscher Christoph Haselmayer sieht die
                                                                                                                                                                                                                                                            SPÖ zwar im Aufwind, die Bevölkerung                                                             und politische Moral, die durchaus zusam-
                                                                                                                                                                                                                                                            erkenne aber bei ihr noch keine echte                                                            mengehören, zum knappen Gut. Pflicht-
                                                                                                                                                                                                                                                            Alternative zu Kurz. Die FPÖ könne unter                                                         ethik muss in der großen europäischen
           CHAT-SKANDAL II. Wolfgang Brandstetter (Ex-ÖVP-Justizminister) und Justizsektionschef Christian Pilnacek                                                                                                                                         Herbert Kickl auf bis zu 25 Prozent Stim-                                                        Tradition Tag für Tag neu erarbeitet und
           waren ebenfalls eifrig am chatten. Brandstetter musste bereits als Verfassungsrichter zurücktreten                                                                                                                                               menanteil kommen, der neue Chef sei aber                                                         neu praktiziert werden, sie geht über die
                                                                                                                                                                                                                                                            keine echte Kanzler-Alternative.                                                                 strikt einzuhaltende Rechtsordnung hin-
                                                                                                                                                                                                                                                                Mit Neuwahlen rechnen die beiden                 Sein Nimbus als                             aus“, steht in dessen Präambel. Der Ethik-
werden. Blümel allerdings, sind sich Par-      und unsouveränem Umgang mit Kontrolle
teikenner einig, würde Kurz nur in größter     und Kritik, auf die mit Gegenangriffen re-
                                                                                              Bundesebene habe, darf ich grundsätzlich
                                                                                              nicht mehr ausschließlich im Interesse
                                                                                                                                                                                                                                                            Experten aber ohnedies nicht allzu bald.
                                                                                                                                                                                                                                                            Nächstes Jahr allerdings wären solche
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 politischer Erneuerer                       rat unter dem Vorsitz von Waltraud Klasnic
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             interpretiert dies derzeit ganz im Sinne
Bedrängnis opfern: „Da wären die Ein-          agiert wird. Kurz habe noch bis in die erste   meiner eigenen Klientel arbeiten. Die Tat-                                                                                                                    nicht auszuschließen, meint Hofer. Die               ist sehr ramponiert –                       des türkisen Spins: „Selbstverständlich be-
schläge schon sehr nahe beim Chef.“            Phase der Coronakrise „kommunikations-         sache, dass die ÖVP nun Kritiker und den                                                                                                                      Strategie der ÖVP liege dabei schon auf              auch international“                         obachten die Mitglieder des VP-Ethikrates
    Politikberater Thomas Hofer meint, ein     technisch wie aus dem Lehrbuch agiert.         U-Ausschuss diffamiert, zeugt von einer                                                                                                                        der Hand: „Alle sind gegen Kurz.“                    Thomas Hofer                                die aktuellen Diskussionen und Berichte
Rücktritt Blümels werde nur erfolgen,          Aber PR allein ist zu wenig, um in einer       fehlgeleiteten Einstellung.“                                                                                                                                                                                       Der Politikberater sieht Kurz in seiner     über Strafanzeigen von politischen Man-
wenn der Druck zu groß wird. Davor könn-       komplexen Welt Probleme zu lösen.“                Doch wie kann Kurz aus dieser schwers-                                                                                                                     Ist die Ruhe trügerisch?                             bisher größten Krise                        dataren gegen den Bundeskanzler und
te man aber Ministerinnen und Minister            Dass rund um Kurz und die ÖVP-Chats         ten Krise seiner Karriere kommen? „Schwer                                                                                                                     „Ich bin erstaunt, wie ruhig es ist“, sagt ein                                                   Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und
austauschen, die nicht zu Kurz’ engstem        nun der Eindruck einer machtversessenen,       und nur mit großem Aufwand“, sagt die                                                                                                                         schwarzer Abgeordneter aus Niederöster-                                                          tauschen sich darüber aus. Es gilt gerade

                                                                                                                                            Fotos: Georges Schneider (1)/ Michael Gruber / EXPA / (1)/ picturedesk.com, beigestellt, H & P Public Affairs
Kreis gehören. „Eine Regierungsumbildung       wenig empathischen, erfolgsverwöhnten          Expertin. Der Austausch von Personal hel-                                                                                                                     reich. Und führt diese Unruhe auch auf die       richtig, noch keinen Fehler gemacht und         auch für Personen, die im öffentlichen Le-
ist immer eine Gelegenheit, einen Neustart     „Familie“ entsteht, erklärt die Macht-         fe nicht allein. Wer nach „so einem Riesen-                                                                                                                   Corona-Umstände zurück. „Es gibt ja nach         wird auch in Zukunft keinen machen.             ben stehen, die Unschuldsvermutung und
zu lancieren“, sagt der Strategieberater.      expertin so: „Macht und Anstand wären          bauchfleck wieder aufstehen will, muss                                                                                                                         wie vor kaum persönliche Begegnungen.            Jedes kritische Wort über Kurz und Co. er-      es besteht daher gegenwärtig kein darü-
Auch grollende Landeshauptleute könnten        grundsätzlich kein Widerspruch. Aber die       mit maximaler Transparenz agieren. Er                                                                                                                         Alles geht über Zoom oder Skype. Da gibt         leben sie wie eine persönliche Beleidigung.     berhinausgehender Stellungnahmebedarf
besänftigt werden, indem man eine oder         Republik ist kein Selbstbedienungsladen,       kooperiert idealerweise von sich aus mit                                                                                                                      es keinen Raum zum Matschkern.“ Dazu             Sie wirken wie eine Sekte“, schreibt ein        seitens des VP-Ethikrates. Die Volkspartei
einen der Ihren in ein Ministeramt hievt.      wo ich private Interessen über das Ge-         den kontrollierenden Instanzen, daran                                                                                                                         komme, dass die Landeshauptleute Prag-           schwarzer Ex-Funktionär an News. „Ein           ist übrigens die einzige der im Parlament
                                               meinwohl stelle. Wenn ich ein Amt auf          sieht man, ob es den handelnden Personen                                                                                                                      matiker der Macht sind. Solange Wahlen           zweiter Teil hat wachsende Bedenken über        vertretenen Parteien, die schon seit 2012
Wie kommt Kurz aus der Krise?                                                                 ernst ist.“ Es gehe um die eigene Glaub-                                                                                                                      gewonnen werden, „ist das der Kitt, der          den Kurs von Kurz und seiner Umgebung,          über einen Ethikrat verfügt. Persönlich
Regina Jankowitsch ist Coach für „Political                                                   würdigkeit und den Ruf der Politik, „nicht                                                                                                                    alles zusammenhält. Erst wenn die Ereig-         spricht aber in der Öffentlichkeit nicht         wünsche ich mir allseitig eine Versachli-
Leadership“ und hat unter anderem das                                                         darum, zu sagen: ‚Hauptsache, ich über-                                                                                                                       nisse um Kurz den Länderchefs schaden,           darüber. Viele in öffentlichen Funktionen        chung der Diskussion und eine sorgfälti-
Buch „Tretet zurück! Das Ende der Aus-                                                        lebe.‘ Wenn die ÖVP nun die Diskussion in                                                                                                                     wird es heikel.“ Für Nervosität sorgt aller-     verschweigen sich, weil sie Angst haben.        gere und verantwortungsbewusste Wort-
sitzer und Sesselkleber“ verfasst. Die aktu-                                                  die Richtung lenkt, dass die Chats von                                                                                                                        dings das Ondit, in den ÖVP-Chats könn-          Das aus der Schüssel-Ära bekannte Prinzip       wahl ohne voreilige Schuldzuweisungen“,
elle Lage von Kurz analysiert sie so: „Ein                                                    Schmid, Brandstetter und Pilnacek gar                                                                                                                         ten manche schwarzen Länderchefs ver-            ,Hände falten, Goschn halten‘ gilt wieder.      lässt Klasnic wissen.
Hauptproblem in der Politik ist, dass Äm-                                                     nicht veröffentlicht werden dürften, hat                                                                                                                       unglimpft werden. Würden diese publik,           Ein dritter Teil ist bestürzt, bedrückt, ent-       Besser hätte man es im Kanzleramt
ter nicht nach Kompetenz, sondern nach                                                        sie die Lektion nicht verstanden.“                                                                                                                            dürften sich die parteiinternen Konflikte         täuscht über die Ära Kurz. Dieser Teil wür-     auch nicht formulieren können.
Loyalität vergeben werden. Aus dieser              Wer nach so einem                                                                                                                                                                                        zuspitzen, sagt Thomas Hofer.                    de sich gern artikulieren, wird aber dank
Fehlentwicklung ergeben sich Domino-               Riesenbauchfleck                           Kurz spielt auf Zeit                                                                                                                                             Und so machen sich vorläufig jene             Message Control in der Öffentlichkeit nur
effekte: Jede Kritik, die gegen einen vorge-        wieder aufstehen will,                     „Die ÖVP-Chats rund um Kurz, Blümel und                                                                                                                       Schwarzen Luft, die sich bereits aus den         wenig gehört – wie lange noch?“
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Renate Kromp, Günter
bracht wird, wird als parteipolitisch moti-                                                   Schmid sind wie das Ibiza-Video, nur war                                                                                                                      türkisen Kreisen zurückgezogen haben:               Wer erinnert sich noch an den Ethikrat
viert abgestempelt, weil sich diese Leute
                                                   muss mit maximaler                         die FPÖ damals in keinen Ämtern, wir                                                                                                                          „Ein Teil der früher Schwarzen und heute         der ÖVP und den Verhaltenskodex, den der                         Fritz, Politik
nicht mehr vorstellen können, dass man             Transparenz agieren“                       schon“, sagt der schwarze Kurz-Kritiker                                                                                                                       Türkisen wirkt wie ,brainwashed‘. Sie ge-        damalige Parteichef Michael Spindelegger
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Und was meinen Sie, wie
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              angezählt ist Sebastian
sie aus sachlichen Gründen kritisiert und          Regina Jankowitsch                         hinter vorgehaltener Hand. Der derzeitige                                                                                                                     ben sich ganz dem Glück hin, mit Kurz an         nach schwarzen Skandalen erarbeiten                              Kurz? Schreiben Sie uns!
dass Kritik ihnen hilft, besser zu werden.“        Die Strategieberaterin und                 Niedergang sei hausgemacht, und das sei                                                                                                                       allen Hebeln der Macht zu ziehen. Sie erle-      ließ? „Mit dem Zerfall überlieferter Selbst-                     kromp.renate@news.at
Das führe zu einer „Wir oder ihr“-Haltung          Machtexpertin über Kurz’ Chancen           eine neue Erfahrung für Kurz: „Früher war                                                                                                                     ben Kurz wie einen Erlöser. Er hat alles         verständlichkeiten werden Alltagsmoral                           fritz.guenter@news.at

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Ein Schatten seiner selbst Ein Schatten seiner selbst Ein Schatten seiner selbst
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