Eine Spindel - Digital Manufacturing Magazin

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Eine Spindel - Digital Manufacturing Magazin
7/21                            www.digital-manufacturing-magazin.de   D, A, CH: 14,40 Euro, weitere EU-Länder: 16,60 Euro | ISSN 1867-9781

                            AUFBAU UND OPTIMIERUNG IT-GESTÜTZTER PRODUKTIONSPROZESSE                   Industrie 4.0 | Internet der Dinge
Bild Flugzeug: shutterstock/aapsky

                                     AUTOMATISCHER WERKZEUGWECHSEL
                                     BESCHLEUNIGT UMRÜSTUNG VOM PASSAGIER- ZUM FRACHTFLUGZEUG

                                           Eine Spindel
                                                      macht den Unterschied
Eine Spindel - Digital Manufacturing Magazin
SCHON MAL DARÜBER
NACHGEDACHT,

MANU
FACTU
RER
                                                          IHRER
                                                          EIGENEN
                                                         VISION
                                                         ZU SEIN?
GEMEINSAM MEISTERN WIR DEN WEG IN DIE ZUKUNFT DES MANUFACTURINGS.
Wer nachhaltig erfolgreich sein möchte, muss heute das Morgen in die Hand nehmen. Als Beratungs-
unternehmen und Digitalisierungsexperte kennen wir die derzeitigen Herausforderungen und die
sich daraus ergebenden Chancen im Ökosystem der Discrete Manufacturing Industry. Wir unterstützen
Sie bei der digitalen Transformation vom Produkt- zum Serviceanbieter und ermöglichen Ihnen so
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Eine Spindel - Digital Manufacturing Magazin
I TO R I A L
 Sparen mit System                                                          E D
                                                           zeit virtuell zu analysieren und real zu optimieren. Die
                                                           Energiekosten lassen sich dann über ein kontinuier­
                                                           liches Energiemonitoring senken.
 Liebe Leserinnen und Leser,                                  Der Beitrag auf den Seiten 42 und 43 belegt wie­
                                                           derum, dass spürbare Einsparungen nicht unbe­
 im letzten Editorial habe ich auf die gewaltigen          dingt an große Investitionen in die Energieinfrastruk-
 Herausforderungen hingewiesen, vor denen viele
 ­                                                         tur gekoppelt sind. Anhand von Praxisbeispielen
 Industrieunternehmen auf dem Weg zur CO2-Neu-             erfahren Sie, wie smartes Energiemanagement funk-
 tralität stehen. In dieser Ausgabe vertiefen wir nun      tioniert und welche Energieeinsparpotenziale ver-
 das ­Energie-Thema und haben für Sie Fachbeiträge         steckte Verbraucher bieten. Aber auch in den
 zusammengetragen, die zeigen, wie Unternehmen             Produktionsprozessen selbst steckt Optimierungs­
 bereits heute mehr Energieeffizienz erzielen können.      potenzial. In diesem Beitrag finden Sie ein Beispiel,
    Zunächst gilt: Was verbessert werden soll, muss        das zeigt, wie sich die ungenutzte Abwärme aus an-
 zuerst zuverlässig gemessen werden. Produzierende         deren Prozessen nutzen lässt, um das Reinigungs-
 Unternehmen müssen in der Lage sein, ihre CO2-Aus-        wasser aufzuheizen, mit dem Komponenten und
 stöße und Energieverbräuche objektiv zu ermitteln.        Werkzeuge gereinigt werden. Das schont Ressour-
 Im digitalen Zeitalter übernimmt das die daten­           cen und hilft, Kosten einzusparen.                         BESUCHEN SIE DIGITAL
 gesteuerte Fertigung. Mit ihr lässt sich die Nachhal-                                                                MANUFACTURING AUCH
 tigkeit erfolgreich managen. Genau darum geht es im       Viel Spaß beim Lesen!                                      AUF FACEBOOK, TWITTER,
 Beitrag auf den Seiten 24 und 25. Ein wichtiger Aspekt                                                               XING UND LINKEDIN.

 ist dabei der digitale Zwilling der Produktion. Denn er   Rainer Trummer
 ermöglicht es, Verschwendungen in Fabriken in Echt-       Chefredakteur

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Ob Sie nur eine neue Roboterarbeitszelle oder gleich
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Eine Spindel - Digital Manufacturing Magazin
INHALT

                                      14
                     LACKIERROBOTER
          Ein Lackproduzent setzt mit
             einem Lackierroboter von
         ABB flexibel Prozesse um und
         bringt so Lacke schneller zum
                         Serieneinsatz.
                        Bild: Csaba Mester

                TITELSTORY
                Ungenutzte Passagierflugzeuge werden
                zunehmend zu Frachtflugzeugen umgebaut. Die
                Unternehmen ST Engineering Aerospace und                     Manufacturing Operations Management
                Helios Applied Systems automatisieren dabei                  Mit einer digitalisierten Produktion zum Spitzen-Wodka   28
                Prozesse mittels einer Roboterzelle, in der eine             Kennzahlen mit dem MES generieren
                Motorspindel der Zimmer Group arbeitet.                     Den Blick weiten                                         30
                SEITE 10
                                                                             ERP und Lean Management
                                                                             Keine Zeit für Verschwendung                             32

                                                                             Werkzeugeinstellung vernetzt
             News                                                            Die neuen Möglichkeiten                                  34
             Aktuelles aus der Branche                                  6
                                                                             Toolmanagement in der Praxis
             TITELSTORY:                                                     Röntgenstrahlen bändigen                                 36
             Automatischer Werkzeugwechsel
             beschleunigt Flugzeugumrüstung                                  Industrial Internet of Things
             Eine Spindel macht den Unterschied                        8    Industrie-Router als Basis für IIoT-lösungen             38

             Expertenumfrage Automatisierung                                 Automation und digitale Services
             KI voll im Trend                                          10   rund um die Maschine
                                                                             Die Vorzeichen berücksichtigen                           40
             Industrierobotik
             Ein Roboter als Farbenjongleur                            14   Intelligentes Energiemanagement
                                                                             in der Produktion
             Künstliche Intelligenz                                          Wann, wenn nicht jetzt?                                  42
             in der Fertigungssteuerung
             Hier plant die KI                                         16
                                                                             EDITORIAL	                                                3
             Mehr Transparenz durch MES
             Softwareumstellung treibt die eigene Prozessoptimierung   18   MARKETPLACE	                                             44
                                                                             VORSCHAU, IMPRESSUM                                      46
             MES an ERP-System anbinden
             Heiße Stähle cool geplant                                 20

             Effizienter durch einheitliche Datenbasis
             Wichtige Faktoren für die Smart Factory                   22
                                                                             REDAKTIONELL ERWÄHNTE INSTITUTIONEN, ANBIETER UND VERANSTALTER
             Datengesteuerte Fertigung                                       ABB S. 14, Arno Werkzeuge S. 36, Bosch Connected Industry S. 42, Bosch Rexroth S. 7,
             Auf dem Weg zur CO2-neutralen Fertigung                   24   Coretigo S. 10, Coscom S. 6, Extended3D S. 6, Forcam S. 24, gbo datacomp S. 22,
             MES, APS                                                        Gfos S. 18, Heitec S. 10, Inform S. 26, Kelch S. 34, MB Connect Line S. 38, Mitsubishi
             Vorausschauende Produktions­planung per APS-System        26   Electric S. 11, MPDV S. 7, 16, Optalio S. 11, Phoenix Contact S. 12, Proalpha S. 32,
                                                                             Proxia S. 21, Robominds S. 6, Schwäbische Werkzeugmaschinen (SW) S. 40,
                                                                             Siemens S. 12, 28, T.Con S. 30, Walter S. 7, Weidmüller S. 13, Zimmer Group S. 8

4                       7/ 2 0 2 1                                                                                                                  www.digital-manufacturing-magazin.de
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INHALT

                                   26
                                  ADVANCED PLANNING & SCHEDULING
                                  Bausch+Ströbel plant die Produktion
                                  seiner Abfüllanlagen für Impfstoffe und
                                  andere Arzneimittel heute mit einem
                                  APS-System. Was die Einführung
                                  gebracht hat, erfahren Sie hier.
                                  Bild: Bausch+Ströbel

 32
ADDITIVE FERTIGUNG
Ein Schweizer Systemlieferant
setzt bei einer Fertigungstiefe
von 75 Prozent voll auf Lean
Management. Selbst das einge-
setzte ERP ist dabei immer wie-
der auf dem Prüfstand.
Bild: Ringele AG
Eine Spindel - Digital Manufacturing Magazin
NEWS

                                                                                       COSCOM
                                   TITELANZEIGE:
                                   ZIMMER GROUP                                        Mess- und Prüfmittel
                                   EINE SPINDEL MACHT DEN                              standardisiert anbinden
                                   UNTERSCHIED
                                                                                       Fertigungs-IT-Plattform-
                                    Die Corona-Pandemie hat die Passagierluft-         Anbieter Coscom betrach-
                                    fahrt hart getroffen. Während jedoch der           tet nach eigenen Angaben
                                    Personenverkehr darnieder liegt, boomt             Mess- und Prüfmittel genau-
                                    der Luftfracht-Sektor. Durch das verstärkte
                                                                                       so als Betriebsmittel im Zer-
                       Wachstum des Online-Handels steigt der Bedarf, die
                                                                                       spanungsprozess, wie etwa
                       ungenutzten Passagierflugzeuge zu Frachtflugzeugen
                                                                                       Fräs- und Drehwerkzeuge.
                       umzubauen. Ein Flugzeugumbau ist jedoch sehr komplex
                                                                                       Deshalb sollten auch Mess-
                       und erfordert hochqualifizierte Techniker und eine Viel-

                                                                                                                                                                             Bild: Coscom
                                                                                       und Prüfmittel von Beginn
                       zahl von Teilen, deren Verarbeitung zeitlich aufeinander
                                                                                       eines Fertigungsauftrages
                       abgestimmt sein muss, um einen reibungslosen Ablauf
                                                                                       an den entsprechenden
                       und eine rechtzeitige Fertigstellung zu ermöglichen. Da
                                                                                       Stellen verfügbar sein. Häu-
                       auch in der Flugzeugindustrie heutzutage immer mehr
                       sogenannte Maintenance/Repair /Operation-Prozesse               fig jedoch sähen klassische Tool-      linie VDI/VDE 2623 vereinheitlichte
                       (MRO) automatisiert werden, konnte die Zimmer Group             Management-Systeme ausschließ-         Calibration-Data-Exchange-Format
                       jetzt mit einer in einer Roboterzelle integrierten, luftge-     lich das CAD/CAM-Umfeld oder           (CDE). Es soll künftig auch mög-
                       kühlten Spindel inklusive Ethercat-Bedienterminal und           die Werkzeugvoreinstellung als re-     lich machen, Prüfmitteldaten über
                       Frequenzumrichter einen Beitrag zur Automatisierung             levant an. Das Coscom-System be-       Internet-basierte      Technologien
                       dieser komplexen Umrüst-Prozesse leisten.                       trachtet hingegen die komplette        zwischen verschiedenen Anwen-
                                                                                       Betriebsmittelbereitstellung, was      dungen auszutauschen. Die An-
                       Zimmer Group                                                    bedeutet, dass auch die in der Fer-    wendung dieser Richtlinie erlaubt
                       Im Salmenkopf 5                                                 tigung qualitätssichernden Prozes-     also den zuverlässigen und schnel-
                       77866 Rheinau                                                   se miteinbezogen werden. Deshalb       len Austausch von Prüfmitteldaten
                       Deutschland                                                     möchte der Anbieter die operati-       zwischen unterschiedlichen Syste-
                       Telefon: +49 (0) 78 44 / 91 39-0                                ven QS-Systeme mit einer standar-      men, Abteilungen, Unternehmen
                       Fax: +49 (0) 78 44 / 91 39-11 99                                disierten Datenschnittstelle in sei-   oder Werken. Deshalb nutzt der An-
                       E-Mail: info@zimmer-group.de                                    ne Shopfloor-Plattform integrieren.    bieter sie in seiner Lösung Eco-Sys-
                       www.zimmer-group.de                                             Dazu nutzt Coscom das in der Richt-    tem, um QS-Systeme anzubinden.

                     EXTEND3D UND SPS                                                                                   ROBOMINDS UND HANDLING AWARD

                     AR in der Qualitätssicherung                                                                       Dritter Platz gesichert
                     Extend3D, Anbieter von 3D-Augmen-                   toren, die Markierungen auf dem Bau-           Robominds hat beim Handling Award
                     ted-Reality-Systemen zur Werkerunter-               teil erzeugen und dem Werker zeigen,           in der Kategorie Robotik die Neuheit
                     stützung, zeigt auf der SPS vom 23. bis             wo er Bereiche bearbeiten muss. Der            Robobrain Neuros eingereicht. Das
                     25. November eine Inline-Kontrolle für              Clou ist, dass Referenzpunkte kontinu-         Betriebssystem für intelligente Robo-
                     Karosseriebauteile. Dazu wird am Mes-               ierlich mitwandern. Seit kurzem lassen         tik in der Industrie erreichte das Fina-
                     sestand eine Elektrohängebahn inklusi-              sich zudem die Position der Werkzeuge,         le und den dritten Platz. Neuros steht
                     ve Laserprojektoren, Schaltschrank und              hier Schleif- und Polierwerkzeuge, sowie       für Neural Robotic Operating System.
                     SPS aufgebaut. Der Demonstrator soll                die Verweildauer an den Arbeitspositio-        Es ist auf den Industrie-PC Robobrain
                     verdeutlichen, was das Projektionssys-              nen erfassen. Auf diese Weise erkennt          optimiert und unterstützt eine breite
                     tem des Unternehmens in der Fließfer-               das System, in welchem Stadium die Be-         Palette an Komponenten wie Greifer,
                     tigung leisten kann. Eine Fahrzeugtür               arbeitung ist und welches Werkzeug ak-         Roboter und Vision-Systeme. Mit der
                     fährt durch das Sichtfeld zweier Projek-            tuell verwendet wird. Auf zu schleifende       Automatisierungsumgebung lassen
                                                                                     Stellen projiziert das System      sich Anwendungen in unterschiedli-
                                                                                     zum Beispiel ein Dreieck, auf      chen Industrien und bei verschiede-
                                                                                     zu polierende einen Kreis.         nen Unternehmensgrößen umsetzen.
                                                                                     Die Form des Symbols ver-          Die Funktionen der Robotikkompo-
                                                                                     ändert sich erst, wenn der         nenten lassen sich als sogenannte
                                                                                     Bearbeitungsschritt erledigt       Skills über den Robominds-Skill-Store
    Bild: Extend3D

                                                                                     ist. Wenn das Teil an allen        beziehen und adaptieren. Auch be-
                                                                                     Stellen korrekt poliert ist, er-   steht die Möglichkeit diese mittels ei-
                                                                                     lischt die Projektion.             ner SDK selbst zu entwickeln.

6                                      7/ 2 0 2 1                                                                                          www.digital-manufacturing-magazin.de
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NEWS

     MPDV UND BOSCH-REXROTH
                                               OT und IT zu schließen. Mit der App       niert so, dass beispielsweise Prozess-
                                               sollen sich künftig maschinen- und        werte und Signale mit betriebswirt-
     IT und OT verbinden                       prozessorientierte Daten aus der Au-      schaftlichen Daten wie Auftrags- oder
                                               tomatisierungsplattform       erfassen    Artikelnummer verknüpft werden.
     Bosch Rexroth hat für seine Automa-       und um den betriebswirtschaftlichen       Diese durch den SFG verarbeiteten
     tisierungsplattform ctrlX Automation      Kontext ergänzen lassen. Zwecks Wei-      Daten werden dabei automatisch in
     neue Partner ins Boot geholt – mit da-    terverarbeitung und Analyse stellt die    ein standardisiertes, semantisches In-
     bei ist auch der Fertigungs-IT-Anbieter   App die aggregierten Daten externen       formationsmodell eingeordnet. Fer-
     MPDV. Im Fokus dabei: Die App Smart       Business-Anwendungen zur Verfü-           tigungsorientierte Daten können so
     Factory Gateway (SFG) des Anbieters,      gung. Das kann ein MES, ein ERP oder      direkt in die Business-Anwendungen
     dessen Ziel es ist, die Lücke zwischen    auch ein KI-Tool sein. Die App funktio-   integriert werden.

WA LT E R

Schnellliefer-
Service ausgebaut
Über den Schnelllieferservice
Xpress bietet Walter seinen
Kunden        Sonderwerkzeuge
mit maximal vier Wochen Lie-
ferzeit an, also in rund der Hälf-
te der sonst üblichen Zeit – bei
standardähnlichem Preis. Das
war auch bisher bereits für be-
stimmte Fräser, Bohrer oder
auch      Wendeschneidplatten
möglich; nun weitet der Werk-
zeuglieferant das Angebot auf
Stechwerkzeuge und -Schneid-
einsätze aus. Damit lassen sich
jetzt auch die Monoblock-
Stechwerkzeuge G1011 und
G4011 sowie die zwei- bezie-
hungsweise vierschneidigen
Schneideinsätze der Systeme
                                                                                          DIGITALISIERUNG IST
DX und GX beziehungsweise                                                                 KOMPLEX UND TEUER.
MX über Walter Xpress bestel-
len: in den Schaftgrößen 10 bis
                                                                                          UND DIE ERDE IST EINE
50 Millimeter, als Vierkantschaft                                                         SCHEIBE.
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legen kann. Er kann sein Werk-
zeug, gemeinsam mit einem
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online konfigurieren: mit der für
ihn passenden Schaftvariante,
in verschiedenen Anstellwin-
keln, mit und ohne Innenküh-
lung.
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Eine Spindel - Digital Manufacturing Magazin
TITELSTORY: AUTOMATISCHER WERKZEUGWECHSEL BESCHLEUNIGT FLUGZEUGUMRÜSTUNG

      Eine Spindel macht den Unterschied
      Der Bedarf, ungenutzte Passagierflugzeuge zu Frachtflugzeugen umzubauen, steigt. Ein Flugzeugumbau ist jedoch technisch komplex.
      Die Unternehmen ST Engineering Aerospace und Helios Applied Systems konnten die aufwändigen Prozesse mit Unterstützung einer
      Roboterzelle automatisieren. Einen wichtigen Anteil daran hat eine Motorspindel der Zimmer Group. VON GREGOR NEUMANN

      D
              ie Corona-Pandemie hat weltweit          Angetrieben durch den Luftfracht-Boom
              Lieferketten gestört und Produk­         und das Wachstum des Online-Handels
              tionsbänder lahmgelegt. Seit über        steigt so der Bedarf, ungenutzte Passa-
              einem Jahr ist die Wirtschaft im         gierflugzeuge zu Frachtflugzeugen um-        Die Roboter-Wechseleinheit
      Ausnahmezustand. Besonders hart hat es           zubauen. Dies beschreibt der Begriff „Pas-   ermöglicht es, die Motor­
      dabei die Luftfahrtindustrie getroffen. Der      senger to freighter“ (P2F). Basierend auf
      Luftverkehr wird aufgrund der Corona-­           dem aktuellen Markt, erwarten Analysten
                                                                                                    spindel gegen ein anderes
      Krise global in einem bislang beispiel­          eine wachsende Nachfrage in diesem Be-       Werkzeug oder Handling-
      losen Ausmaß beeinträchtigt: Tausende            reich. Neben Flugzeugherstellern profitie-   Aggregat auszuwechseln.
      Flüge wurden storniert, teilweise werden         ren auch Wartungsbetriebe, Fluggesell-
      komplette Flugzeugflotten geparkt und            schaften und Leasingunternehmen von
      eingemottet.                                     den Umrüstungen.                             mehr sogenannte MRO-(Maintenance/
         Die Maßnahmen zur Eindämmung der                                                           Repair/Operation)-Prozesse automatisiert.
      Corona-Pandemie treffen neben dem                Komplexer Flugzeugumbau                      Die Verstärkung der Bodenstruktur von
      Passagierverkehr auch die Luftfracht (ein-       Ein Flugzeugumbau ist technisch gesehen      Passagierflugzeugen, um schwerere Nutz-
      schließlich Luftpost), denn eigentlich           jedoch sehr komplex. Dafür sind hoch-        lasten aufzunehmen, ist solch ein arbeits-
      transportieren Passagierflugzeuge einen          qualifizierte Techniker und eine Vielzahl    intensiver Prozess. Dabei müssen Tau-
      großen Teil (zirka 50 Prozent) der Luftfracht.   von Teilen erforderlich, deren Verarbei-     sende von Löchern gebohrt werden.
      Profiteure der aktuellen Krise sind Fracht-      tung zeitlich aufeinander abgestimmt         Hier setzt die Luft- und Raumfahrtab-
      Airlines/Mixed Carriers (Frachter und PAX-       sein muss, um einen reibungslosen Ab-        teilung des in Singapur ansässigen
      Maschinen) sowie Charter-­      Airlines, die    lauf und eine rechtzeitige Fertigstellung    Unternehmens ST Engineering Aero-
      in diesen Zeiten sehr wahrscheinlich auf         zu ermöglichen. Noch vor wenigen Jah-        space Ltd. – einem Spezialisten für den
      Rekordergebnisse zurückblicken können.           ren hat man viele Arbeitsschritte manu-      Flugzeug­ umbau – auf die Unterstüt-
                                                       ell durchgeführt, heute werden jedoch        zung einer Roboterzelle. Das Unterneh-
                                                       auch in der Flugzeugindustrie immer          men arbeitet dafür seit 2019 mit dem
                                                                                                    ebenfalls in Singapur angesiedelten
                                                                                                    Unternehmen Helios Applied Systems

        Für die Flugzeugumrüstung
    lieferte die Zimmer Group eine
     luftgekühlte Spindel ­inklusive
     EtherCAT-Bedien­terminal und
                Frequenzumrichter.
                 Bild: ST Engineering

8                         7/ 2 0 2 1                                                                                   www.digital-manufacturing-magazin.de
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TITELSTORY: AUTOMATISCHER WERKZEUGWECHSEL BESCHLEUNIGT FLUGZEUGUMRÜSTUNG

zusammen, um solche aufwändigen Pro­                                Die Motorspindeln der Zimmer
zesse zu automatisieren.                                             Group ermöglichen eine hohe
                                                                  Produktivität und Präzision. Dies
                                                                  führt zu einer hohen Werkstück-
Kollege Roboter hilft                                                    qualität. Bild: Zimmer Group
Im Werk von ST Engineering bei Paya
­Lebah bohrt die Roboterzelle Dutzende
 Löcher in die Bodengitter des Flugzeug-
 typs 767-300ER von Boeing, um die-           Flexibel durch Roboter-Wechseleinheit
 sen gemäß des STC (Supplemental Type         Um bei künftigen Anwendungen flexi-
 Certi­ficate) von Boeing in eine Frachtma-   bler zu sein, wurde die Spindel an eine
 schine umzurüsten. Dieses Zertifikat ist     Roboter-Wechseleinheit (WWS100F-001/
 eine ergänzende Musterzulassung eines        WWWS100L-001) – ebenfalls von der
 Flugzeugs und wurde durch eine Luft-         ­Zimmer Group – montiert. Diese Robo-
 fahrtbehörde genehmigt.                       ter-Wechseleinheit ermöglicht es, die
    Bei der Umrüstung bewegt sich die          Motorspindel gegen ein anderes Werk-
                                               ­
 Roboterzelle entlang der Bodenstruktur,       zeug oder Handling-Aggregat auszu-
 so dass der Roboter die entsprechen-          wechseln, um dadurch die Mehrfachnut-                zeugt. Besonders begeistert waren wir
 den Löcher nach einem vordefinierten          zung eines Roboters zu ermöglichen.                  auch vom Service der Zimmer Group, die
 Plan bohren kann. Die Zelle steht in ei-      Zusätzlich hat der Automatisierungs­                 uns während der ganzen Installation im-
 ner H
     ­ alle, die praktischerweise direkt an    spezialist eine Aufbewahrungsstation                 mer helfend zur Seite standen,“ so Mana-
 die umzurüstenden Flugzeuge angrenzt.         für die Werkzeugaufnahme geliefert. Die              ging Director Shyi-Herng Kan.
 Die Roboterzelle besteht aus einer hy­        HSK-Aufnahmen und Werkzeuge selbst
 draulisch anhebbaren, beweglichen Platt-      wurden vor Ort von Helios zur Verfügung              In der Zukunft vielbeschäftigt
 form, einem Yaskawa-Roboter mit 180           gestellt. Helios nutzt die Zimmer-Spindel            Während sich der Roboter derzeit auf das
 Kilogramm Nutzlast, einem End-of-arm-         mit einer Feldbusanbindung (EtherCAT).­              Bohren von Bodengittern konzentriert,
 Tool mit einem speziellem, von Helios                                                              arbeitet das Team von ST Engineering
 entwickelten Bildverarbeitungssystem                                                               mit Helios daran, die Maschine so zu pro-
 und einer Motorspindel mit sechs Kilo-                                                             grammieren, dass sie sich auch zum Set-
 watt Leistung sowie einer Hohlschaft-        Wir schätzen die Zimmer Group                         zen von Senknieten einsetzen lässt. „Wir
 kegelaufnahme für den automatischem                                                                glauben, dass die Roboter diese Prozesse
 Werkzeugwechsel.
                                              als langjährigen Partner und sind                     gut bewältigen können“, betont Hui Fung
                                              von den Qualitäten der Spindel                        Lee, SVP und Leiter der Abteilung Innova-
Auf die Spindel kommt es an                   absolut überzeugt.“                                   tion und kontinuierliche Verbesserung bei
Neben Parametern wie Rundlaufgenau-                                                                 ST Engineering Aerospace in einem Inter-
igkeit und hohen Drehzahlen, war für          SHYI-HERNG KAN, MANAGING DIRECTOR BEI HELIOS          view der Zeitschrift „cargo facts“.
die Wahl der richtigen Spindel eine wich-                                                              In den kommenden Monaten wird der
tige Voraussetzung, dass sich diese mit-      Die komplette Parametrierung hat das                  Roboter bei ST Engineering auch für an-
tels Roboter-Wechseleinheiten einfach         Unter­nehmen ebenfalls von dem Rhein­                 dere Funktionen und für die Arbeit an
an den bestehenden Roboter adaptieren         auer Automatisierungsexperten erhalten.               anderen Flugzeugmodellen program-
lässt. Fündig wurde Helios beim Automa-       Wichtige Punkte waren auch der umfang-                miert, einschließlich der Umrüstung
tisierungsspezialisten Zimmer Group aus       reiche Produkt-Support und die Unterstüt-             von Airbus-Frachtern. „Wir wissen, dass
Rheinau in Deutschland. Dieser besitzt        zung bei Software-Fragen während der                  das P2F-Verfahren sehr komplex ist und
weltweit 13 Niederlassungen – drei da-        Installation und beim Betrieb der Anlage.             viele Menschen für den gesamten Um-
von in Asien. Die Zimmer Group lieferte                                                             stellungsprozess benötigt werden“, er-
Helios ihre luftgekühlte Spindel der Serie    Gelungene Zusammenarbeit                              klärt Lee und führt fort: „Daher suchen
HF145-001 mit einer Leistung von sechs        „Durch die steife Konstruktion und dem                wir ständig nach Möglichkeiten, unsere
Kilowatt und einer maximalen Drehzahl         sehr ruhigen Lauf der Spindel – auch bei              Produktivität zu verbessern.“ Aufgaben,
von 24.000 U/min, komplett mit Ether-         höheren Drehzahlen – ist das Bohrergeb-               die sich für eine Automatisierung eig-
CAT-Bedienterminal, allen notwendigen         nis sehr gut. Man muss bedenken, dass                 nen, seien in der Regel standardisiert
Kabeln und mit dem abgestimmten Fre-          diese Teile nicht ganz flach sind, so dass            und sehr repetitiv, so Lee. Ab nächstem
quenzumrichter. Dieser eignet sich be-        das Vision-System die Position und den                Jahr plant ST Engineering das Bohren
sonders für exakte Positionieraufgaben        Winkel jeder Bohrung erkennen muss“, er-              von ­Bodengittern für die A321-200P2F-­
mit integrierter Sicherheitstechnik (STO)     läutert Sunil Raibagi, Projektverantwort-             Umrüstungsprogramme zu automatisie-
und für Vorgänge bei geringer oder ho-        licher und Vice President Business Deve-              ren, die es über EFW – ein Joint Venture
her Drehzahl. Darüber hinaus bietet der       lopment and Strategy der Zimmer Group.                mit Airbus – besitzt.               RT
Umrichter eine optimale Performance           Auch der Kunde Helios zeigt sich zufrie-
beziehungsweise Leistungsausbeute bei         den: „Wir schätzen die Zimmer Group als
perfekter Abstimmung von Spindel und          langjährigen Partner und sind von den                 GREGOR NEUMANN arbeitet im Bereich Medien
Frequenzumrichter.                            Qualitäten der Spindel absolut über-                  & Kommunikation bei der Zimmer Group.

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Eine Spindel - Digital Manufacturing Magazin
EXPERTENUMFRAGE: AUTOMATISIERUNG                                                                                                      Nicht nur KI ist ein wichti-
                                                                                                                                      ges Tool im Zukunftsbau-
                                                                                                                                      kasten der Automatisie-
                                                                                                                                      rungstechnik – aber es ist
                                                                                                                                      eines, das aktuell beson-
                                                                                                                                      ders im Fokus ist.
                                                                                                                                      Bild: Greenbutterfly/Adobestock

         KI voll im Trend
         Im Vorfeld der SPS Smart Production Solutions haben wir
         sieben Experten befragt, was für sie die aktuellen Trends                         2.     Die heutigen, komplexen Produktionsprozesse werden
                                                                                                  durch die zunehmende Digitalisierung für den Anwen-
                                                                                           der transparent und somit handhabbar. Aus der Vielzahl der
         in der Automatisierung sind. Hier die Antworten.                                  Produktions-Parameter und -Messwerte können neue Soft-
                                                                                           waresysteme Rückschlüsse auf die Produktqualität und den Zu-
                                                                                           stand der Maschinen ziehen, den Anwender informieren, alar-
         UNSERE FRAGEN AN DIE EXPERTEN                                                     mieren und notwendige Maßnahmen regelbasiert einleiten.

                                                                                           3.
           1    it der SPS findet nun endlich wieder eine Präsenzmesse für die
               M                                                                                   KI wird weiter in die Fabrikautomation vordringen.
               Automatisierung statt. Welche Trends sehen Sie in der Fabrikauto­                   Predictive Maintenance, Predictive Quality, Condition-
               matisierung mit Blick auf die Produktion im Vorfeld des Branchentreffs?     Monitoring sind heute bereits als System-Lösungen verfüg-
           2    elche Vorteile ergeben sich aus einer zunehmenden Digitalisierung
               W                                                                           bar. Industrielle Bildverarbeitung und Cyber-Security sind
               der Produktion für die Anwender?                                            weitere Anwendungen, die für Lösungen mittels KI prädesti-
                                                                                           niert sind. Sie wird ihre Stärken in holistischen Systemen bei-
           3    elche Rolle spielt die künstliche Intelligenz (KI) im Fertigungsalltag
               W
                                                                                           spielsweise durch kombinierte Analyse von Bild- und Produk-
               heute und in Zukunft?
                                                                                           tionsprozess-Daten, beweisen.

                                          Martin Reich                                                              Oliver Matipa
                                          Business Development Director
                                                                                                                    Vertriebsleiter, Heitec AG
                                          DACH, Coretigo Israel

         1.     Als Spezialist für IO-Link-Wireless-Lösungen sehen wir
                in unseren Marktsegmenten drei Trends mit hohen
         Zuwachsraten, die durch IO-Link-Wireless-Lösungen initi-
                                                                                           1.     Der Trend geht weiter in Rich-
                                                                                                  tung Smart Factory: „Schnel-
                                                                                           ler zur vernetzen Produktion“ ist un-
         iert wurden: Es entstehen neue, flexible Maschinenkonzepte                        ser Leitmotiv. In den Fokus rücken      Der Trend geht weiter in
         für die adaptive Fertigung, hochoptimiert und adaptiv. Als                        verstärkt Themen wie Absicherung        Richtung Smart Factory:
         zweites entstehen IO-Link-Wireless-Sensoren und -Aktoren,                         und Optimierung der Produktion          „Schneller zur vernetzen
         die die Grundlage für diese Maschinenkonzepte bilden. Der                         durch den digitalen Zwilling, trans-
         dritte Trend sind intelligente smarte Retrofit Lösungen, die                      parente Übersicht von Produkti-
                                                                                                                                   Produktion“ ist unser
         bestehende Anlagen zu modernen Anlagen transformie-                               onsdaten für Werks- und Produkti-       Leitmotiv.
         ren und mit neuester Konnektivität ausrüsten. Die Vielfalt                        onsleiter mittels Dashboards oder
                                      an Sensordaten wird zukünftig in                     allgemein die Vorteile, die sich aus Remoteanwendungen er-
                                      zentralen, intelligenten, cloudba-                   geben. Die Chancen aus all dem werden immer stärker wahr-
                                      sierten Softwarelösungen analy-                      genommen. Auch nicht außer Acht zu lassen, ist der wach-
     Es entstehen neue, flexible siert und spielen zukünftig eine                          sende Trend zu mehr Cloudapplikationen.
     Maschinenkonzepte für die wichtige Rolle in der Produktions-

     optimiert und adaptiv.
                                      Planung und -Steuerung. Qualität
     adaptive Fertigung, hoch- und Wettbewerbsfähigkeit sind
                                      die treibenden Faktoren.
                                                                                           2.      Wer auf Digitalisierung zurückgreift, hat definitiv mehr
                                                                                                   Chancen als Risiken. Wer seinen Bedarf kennt und auf
                                                                                           die richtigen Lösungen setzt, profitiert von einer höheren Pro-

10                          7/ 2 0 2 1                                                                                                  www.digital-manufacturing-magazin.de
EXPERTENUMFRAGE: AUTOMATISIERUNG

     zesssicherheit und einer besseren Transparenz. So lassen sich              zur Anomalie-Erkennung wären die lokalen Geräte jedoch
     beispielsweise Maschinenzustände für die vorausschauende                   überfordert. Hier ist wieder die Cloud gefragt. Wegen diesem
     Instandhaltung und Abwicklungsgrade von Aufträgen über-                    komplexen Zusammenspiel wird insbesondere der Zwischen-
     sichtlich abfragen und darstellen. Das ermöglicht eine bessere             ton – „Edge Computing“ – in der Zukunft weiter an Bedeutung
     Planung für Hochproduktionsphasen, schnellere Reaktionszei-                gewinnen. Denn die Edge kann schnell auf Ereignisse reagie-
     ten bei unvorhergesehenen Ereignissen oder auch ein schnel-                ren und bringt gleichzeitig ausreichend Rechenleistung mit.
     leres Beheben von Störgründen durch eine Störgrundanalyse.                 Dies gilt für die schnelle Reaktion auf Ereignisse, aber auch für
     Digitalisierung in der Produktion dient als datengetriebene                die Sicherheit der Unternehmensdaten. KI klingt immer erst
     Entscheidungshilfe zur Optimierung der Prozesse und Abläufe.               kompliziert, das Gute ist jedoch: ihre Anwendung wird für die
                                                                                Nutzer zunehmend einfacher werden, denn vorgefertigte KI-

     3.      KI dient als Entscheidungsunterstützung auf allen Ebe-
             nen der Fertigung. Perspektivisch kann KI in Zukunft
     durch das Einspielen relevanter Daten selbst Entscheidungen
                                                                                Modelle und Prozess-Know-how der Anbieter unterstützen
                                                                                den Anwender beim Umgang und Anlernen der spezifischen
                                                                                KI. Das neuronale Netz muss der Anwender dann letztendlich
     treffen. So können Prozesse und Abläufe präziser und unvor-                nicht mehr programmieren.
     eingenommener ausgewertet werden. Damit wird der kontinu-
     ierliche Verbesserungsprozess unterstützt und die Qualität der
     Produktion wie auch der Produkte steigt.

                                                                                                         Benedikt Sturm
                                                                                                         CTO & Mitgründer, Optalio

                                            Thomas Lantermann
                                            Senior Consultant Digitalization,

                                                                                1.
                                            Mitsubishi Electric
                                                                                        Einer der größten Trends ist weiterhin der digitale Zwil-
                                                                                        ling. Damit können Anwender nicht nur den Produkti-
                                                                                onsaufbau, sondern auch Arbeitsabläufe darstellen und simu-

    1.      Ein wichtiges Thema ist unter anderem der digitale
            Zwilling und seine diversen Vorteile für Anwender und
                               Anbieter von Automatisierungs-
                                                                                lieren. Die Verantwortlichen können damit die Maschinen und
                                                                                Einstellungen sehr genau aufeinander abstimmen. Und das be-
                                                                                reits vor der realen Umsetzung von beispielsweise Umbauten
                               technik. Speziell die Bereiche des               oder einer Produkteinführung. Ein weiterer Trend ist der hin zur
                               digitalen Typenschildes, Life Cycle              KI in der Fertigung. Daten verfügbar zu machen, ist aus tech-
Die zunehmende Digita-         Management, vorbeugende War-                     nischer Sicht nichts Neues. Jetzt geht es darum, diese auch zu
                               tung und KI werden im Mittelpunkt                nutzen und Mehrwehrte daraus zu ziehen. KI ist dafür präde-
lisierung vereinfacht die
                               stehen. Der positive Trend hält an,              stiniert. Eine intelligentere Produktionsplanung, eine voraus-
Interoperabilität und den dass IT und OT weiter zusammen                        schauende Instandhaltung und die Steuerung von Produktle-
Datenaustausch zwischen wachsen. Das ermöglicht die trans-                      benszyklen sind hier nur einige Anwendungsbeispiele.
den Komponenten.               parente Einbindung der Produk-
                               tion in die Wertschöpfungskette.
      Auch werden die Themen IoT-Gateways, Edge Computing,
      Analyse von Daten (in der Edge und Cloud) und KI vielfältig
                                                                                2.     Durch die Digitalisierung verbessert sich der Nutzen
                                                                                       von Daten dramatisch. Sie ermöglicht tiefgehende
                                                                                Analysen, woraus sich diverse Optimierungspotenziale er-
      gespiegelt und allgegenwärtig sein.                                       geben. Beispielsweise können Verantwortliche mithilfe einer
                                                                                KI-basierten Datenanalyse von Pro-

     2.     Die zunehmende Digitalisierung vereinfacht die Intero-
            perabilität und den Datenaustausch zwischen den Kom-
     ponenten. Sie fördert einheitliche Schnittstellen wie TSN, OPC
                                                                                duktionsplänen und Kapazitäten
                                                                                Engpässe erkennen und beheben.
                                                                                Maschinendaten lassen sich aber
     UA, MQTT und den Einsatz von Open-Source-Lösungen. All das                 auch für die Instandhaltung nutzen.   Jetzt geht es darum, die
     verbessert die Transparenz. Dies gilt für die Automatisierungs-            Auswertungen decken Anomalien         bestehenden Trends auch
     hardware aber auch für Programmier-Werkzeuge und Enter-                    auf und verhindern Stillstände so-
                                                                                                                      zu nutzen und Mehrwehr-
     prise-Software. Daten-Analyse in der Edge und in der Cloud                 wie Ausschuss. Die Beispiele lassen
     optimieren die Produktion weiter und führen zu Energie-Ein-                sich beliebig fortführen.             te daraus zu ziehen. KI ist
     sparungen und Ressourcen-Effizienz in vielen Bereichen.                                                              dafür prädestiniert.

     3.      KI dringt künftig in alle Bereiche der Wertschöpfungs-
             kette vor. Das bringt Chancen und Herausforderungen
                                                                                3.     KI hat bereits Einzug in die
                                                                                       Fertigung gehalten und wird zunehmend an Bedeu-
                                                                                tung gewinnen. Die Anwendungsbereiche sind vielfältig – und
     für die Produktion mit sich. Denn bei den schnellen Abläufen               längst noch nicht ausgereizt. Das liegt an der Leistungsfähig-
     in der Roboter-Automatisierung kann eine Analyse der Echt-                 keit von KI und ihrem immensen Potenzial: von der Analyse
     zeitdaten in der Cloud bei den Reaktionszeiten nicht mithal-               komplexester Vernetzungen bis hin zur eigenständigen Muste-
     ten. Die vorbeugende Wartung muss direkt in den Geräten                    rerkennung. Sie zeigt Handlungsbedarf auf und analysiert dazu
     mittels KI durchgeführt werden. Mit großen Datenmengen                     Datenmengen, die der Mensch selbst nicht erfassen kann.

     www.digital-manufacturing-magazin.de                                                                                   7/ 2 0 2 1              11
EXPERTENUMFRAGE: AUTOMATISIERUNG

         UNSERE FRAGEN AN DIE EXPERTEN                                                     einer Anlage sein, wobei der Algorithmus das Werkzeugalter,
                                                                                           die Qualität des Verbrauchsmaterials und die aktuellen Umge-
           1    it der SPS findet nun endlich wieder eine Präsenzmesse für die
               M
                                                                                           bungsbedingungen berücksichtigt. Machine Learning kann zu-
               Automatisierung statt. Welche Trends sehen Sie in der Fabrikauto­
                                                                                           dem Hilfestellung bei der Erkennung von Abweichungen zum
               matisierung mit Blick auf die Produktion im Vorfeld des Branchentreffs?
                                                                                           Normalverhaltens der Maschine geben.
          2     elche Vorteile ergeben sich aus einer zunehmenden Digitalisierung
               W
               der Produktion für die Anwender?
          3     elche Rolle spielt die künstliche Intelligenz (KI) im Fertigungsalltag
               W
               heute und in Zukunft?                                                                                 Marcus Bliesze
                                                                                                                     Vice President Marketing Factory
                                                                                                                     Automation, Siemens AG, Digital
                                                                                                                     Industries, Factory Automation

                                                                                           1.     Da ist zunächst der zunehmend profitable Einsatz von
                                                                                                  digitalen Zwillingen: Mittels eines vollständig webba-
                                          Frank Woortmann                                  sierten Prozessleitsystems beispielsweise lässt sich die Produk-
                                          Vice President Vertical Market
                                                                                           tionsflexibilität stark er-
                                          Management Factory Automation,                   höhen. Zudem richtet
                                          Phoenix Contact                                  sich der Fokus verstärkt
                                                                                           auf die Nachhaltigkeit      Wichtig für den Erfolg ist aber
                                                                                           durch energieeffizien-
                                                                                                                       nicht eine Technologie. Es gilt KI
         1.     Da fallen mir spontan folgende wichtige Trends ein: CO2-
                Reduzierung und Effizienzsteigerung durch Digitalisie-
         rung. Es gibt einen starken Umsetzungswillen in der Industrie,
                                                                                           te Produktion und In-
                                                                                           frastruktur. Auch die
                                                                                           Standardisierung ist ein
                                                                                                                       ebenso zu nutzen wie Additive
                                                                                                                       Fertigung, Autonome Robotik,
         Energieverbräuche einzusparen und entsprechende Maßnah-                           wichtiges Thema, mit
                                                                                                                       Simulation, Konnektivität und
         men einzuführen. Ziel ist es, nachhaltiger zu produzieren. Das                    der OT- und IT-Netzwer-
         erfordert eine vollständige standortübergreifende Vernetzung                      ke zusammengeführt          intelligente Geräte, Cybersicher-
         zwischen OT- und IT-Systemen, nur so lassen sich alle Daten                       werden sollen. Das er-      heit und Datenanalytik.
         auswerten und nutzbringend zur Optimierung einsetzen.                             leichtert die datenge-
                                                                                           stützte Entscheidungsfindung von der Maschine bis zur Fab-

         2.      In der unternehmenseigenen Fertigung haben wir
                 festgestellt, dass wir durch die Digitalisierung (Opti-
          mierungs-)Projekte wesentlich schneller umsetzen können.
                                                                                           rikebene. Auch der sichere und trotzdem flexible Fernzugriff
                                                                                           wird wichtiger. Und viele Unternehmen möchten ihr Geschäft
                                                                                           skalieren, wobei Marktplätze und Eco-Systeme helfen. Sie bie-
          Weil alle Prozess- und Maschinendaten in vergleich- und aus-                     ten ein moderne Einkaufsplattformen auch für produktionsna-
          wertbarer Form vorliegen, können wir schneller zielgerichte-                     he Software und Dienstleistungen.
                                    te Entscheidungen treffen. Dabei
                                    unterstützen KI-basierte Systeme
                                    unsere Produktionsexperten bei-
                                    spielsweise durch automatische
                                                                                           2.     Für die digitale Transformation brauchen Unternehmen
                                                                                                  die passenden Lösungen und Services, die ihnen, Vortei-
                                                                                           le bringen: Qualitätssteigerung in der Produktion durch höhe-
     Da fallen mir spontan
                                    Verbesserungen oder Vorschläge.                        re Transparenz durch Informationen in Echtzeit beispielsweise;
     folgende wichtige Trends Ziel ist immer, einen größtmögli-                            eine Steigerung der Produktionsleistung durch digitale Arbeits-
     ein: CO2-Reduzierung und chen Output bei möglichst gerin-                             abläufe; schnellere Produktneueinführungen durch virtuelle
     Effizienzsteigerung durch gem Ressourcenverbrauch und ho-                             Tests; höhere Anlagenverfügbarkeit durch gezielte Diagnose
                                    her Produktqualität zu erreichen.                      und exakte Kalkulation von Anlagenwartungen. Darauf haben
     Digitalisierung.               Insgesamt haben wir auf diese                          wir unser Lösungsportfolio ausgerichtet und berücksichtigen
                                    Weise das komplette Fertigungs-                        dabei die spezifische Anforderungen verschiedener Branchen.
          management – also welche Produkte zu welcher Zeit auf
          welcher Maschine hergestellt werden – optimiert und be-
          kommen außerdem eine detaillierte Übersicht, wie groß der
          CO2-Fußabdruck eines einzelnen Produkts ist.
                                                                                           3.     Dank künstlicher Intelligenz (KI) lässt sich das enorme
                                                                                                  Potenzial auf Basis heute bereits vorhandener Daten aus
                                                                                           den Produktionsumgebungen bereits schrittweise erschließen.
                                                                                           Und erste reale KI-Anwendungen sind bereits im industriellen

         3.      KI wird eine wesentliche Komponente beim Betrieb von
                 Maschinen und Anlagen sein. Mit Blick auf die Alterspy-
         ramide gestaltet es sich immer schwieriger, vakante Fachkräf-
                                                                                           Alltag angekommen: Spracherkennung zum Bearbeiten einfa-
                                                                                           cher Aufträge, das Erfassen von Umgebungen mittels Kameras,
                                                                                           Laser- oder Röntgenstrahlen bis hin zu virtuellen persönlichen
         testellen wieder zu besetzen. Deshalb wird es notwendig sein,                     Assistenten in der Logistik. Wichtig für den Erfolg ist aber nicht
         dass Machine-Learning-Algorithmen den Betreiber und An-                           eine Technologie. Es gilt KI ebenso zu nutzen wie Additive Ferti-
         lagenführer bei der optimalen Funktion der Maschine unter-                        gung, Autonome Robotik, Simulation, Konnektivität und intelli-
         stützen. Das kann die Ermittlung von Einstellungsparametern                       gente Geräte, Cybersicherheit und Datenanalytik.

12                          7/ 2 0 2 1                                                                                                 www.digital-manufacturing-magazin.de
EXPERTENUMFRAGE: AUTOMATISIERUNG

                                                                                       mengen zu analysieren und logisch zu verknüpfen.
                                                                                       So können am Ende echte Mehrwerte generiert wer-
                                                                                       den. Dabei ergänzen die KI- und Machine-Learning-
                                                                                       Methoden die Automatisierungslösungen durch
                                       Dr. Björn Griese                                neue, bisher nicht zu erzielende Erkenntnisse. Eine
                                       Leiter Innovation- und                          verbreiteter Anwendungsfall ist die vorausschauen-
                                       R&D-Center, Weidmüller
                                                                                       de Erkennung von Fehlerbildern. Hier kann mit Hilfe
                                                                                       der KI die regelmäßige Wartung durch die zustands-
                                                                                       basierte notwendige Instandhaltung ersetzt wer-

1.      In den vergangenen Jahren hat das Thema Digitalisie-
        rung insgesamt ordentlich Fahrt aufgenommen. Immer
mehr Funktionalitäten zur Steuerung einer Produktion wan-
                                                                                       den. In der Zukunft wird noch weit mehr möglich
                                                                                       sein. KI kann auch bei der dynamischen Anpassung
                                                                                       der Fertigungsabläufe eingesetzt werden.     JBI
dern in die Cloud. Damit wird
in den Fabriken ein echter
Mehrwert möglich. Mit Indus-
trial IoT-Technologien können
wir eine durchgängige Kom-
munikation vom Sensor bis in
                                                       EINE NEUE ÄRA
die Cloud aufbauen, mit de-                            KOLLABORATIVER
nen sich Produktionsanlagen
sehr einfach und intuitiv digi-                        TECHNOLOGIE
talisieren lassen.
                                                       BEGINNT
2.      Die Flexibilisierung der
        Produktion ermöglicht
dem Anwender einen sehr tie-
fen Einblick ins Produktionsge-
schehen und dies unabhängig
vom Ort der Produktionsstät-
te. Es stehen immer mehr Pro-
duktionsdaten für die Analyse
zur Verfügung. Eine Effizienz-
und Produktivitätssteigerung
lässt sich allerdings nur dann
erzielen, wenn die gesammel-
ten Daten durch Verarbeitung
auch wirklich Mehrwerte ge-
nerieren. Hier unterstützen wir
unsere Kunden von der Daten-
erfassung und -vorverarbei-
tung über die Datenkommuni-
kation bis zur Analyse.

Die KI- und Machine-
Learning-Methoden er-
gänzen die Automatisie-
rungslösungen durch neue,
bisher nicht zu erzielende                                              Sicher        Leichtgewicht      Höchste         Schnelle        Einfache
                                                                    ISO 10218-1           40 kg       Zuverlässigkeit   Einrichtung   Programmierung
Erkenntnisse.                                                   (inkl. ISO/TS15066)

3.      Künstliche Intelligenz
        (KI) ist ein zentrales
Mittel in der industriellen Pro-
                                                                                                                                            WWW.FANUC.DE

duktion, um große Daten-

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INDUSTRIEROBOTIK

          Ein Roboter als
          Farbenjongleur
          Der Lackproduzent Peter/Lacke bildet mit Robotik schnell und
          flexibel kundennahe Prozesse ab und bringt so Lacke schneller
          zum Serieneinsatz. Im Mittelpunkt steht der Lackierroboter ­
          IRB 5510 von ABB. VON MARC WISCHNEWSKI

         U
                  m Lackiervorgänge so effizient wie möglich zu gestal-
                  ten, setzen Unternehmen vielerorts auf Robotik. Gerade
                  in der Automobilindustrie sind Roboter in den Lackier-           Schnell, flexibel und für jeden Einsatz
                  straßen kaum noch wegzudenken, bringen sie neben                 gewappnet: Der Lackproduzent Peter/Lacke
                                                                                   hat sich im Rahmen der Lackentwicklung für
          den Effizienzvorteilen auch ein Plus an Schutz für die Mitarbei-         Robotik entschieden. Kernelement der neuen
          tenden. In vorgelagerten Prozessen jedoch – wie der Entwick-             Testanwendung bildet der Lackierroboter
          lung von Farben und Lacken – sind manuelle Prozesse häufig               IRB 5510 von ABB. Bilder: Csaba Mester
          an der Tagesordnung. Ein wenig anders sieht es dagegen bei
          Peter/Lacke aus: Der Lackproduzent hat in seinem neuen Tech-
          nikum erstmals einen Industrieroboter
          von ABB implementiert und somit eine                                                              weltweit – und zählt namhafte Größen
          flexible Testanwendung geschaffen, die                                                            aus den Segmenten Automotive, Lifestyle
          dem realen Abbild seiner Kunden sehr                                                              und Glas zu seinen Kunden. Erst kürzlich
          nahekommt. So lassen sich Validierun-       Da viele unserer Kunden mit                           wurde am Stammsitz im ostwestfälischen
          gen signifikant beschleunigen.                                                                    Hiddenhausen ein neues Technikum zur
                                                      Robotern lackieren, bestand                           Entwicklung von Farben und Lacken fer-
          Hidden Champion                             schnell Konsens darin, dass wir                       tiggestellt. Unterstützt werden die Mit­
          Die Peter/Lacke Holding GmbH ist ein        für unser neues Technikum                             arbeitenden vor Ort dabei erstmals von
          klassischer Hidden Champion. Gegrün-                                                              einem Lackierroboter – dem flexiblen
          det 1906, produziert das Unternehmen        ebenfalls     in Robotik    investieren.“             und präzisen IRB 5510 von ABB.
          mit seinen mehr als 600 Mitarbeitern und    FRANK ZUCHT, DIRECTOR GLOBAL APPLICATION                 „Da viele unserer Kunden mit Robotern
          Mitarbeiterinnen heute in neun Ländern      BEI PETER/LACKE.                                      lackieren, bestand schnell Konsens da-
                                                                                                            rin, dass wir für unser neues Technikum
                                                                                                            ebenfalls in Robotik investieren. Ziel war
                                                                                                            es, die Lackierprozesse unserer Kunden
                                                                                                            so repräsentativ wie möglich abzubilden.
                                                                                                            Ein großer Fokus lag dabei auf der Auto-
                                                                                                            mobilbranche, die einerseits den höchs-
                                                                                                            ten Automatisierungsgrad aufweist und
                                                                                                            anderer­ seits unser größtes Kundenseg-
                                                                                                            ment darstellt“, betont Frank Zucht, Direc-
                                                                                                            tor Global Application bei Peter/Lacke.

                                                                                                          Flexible Anpassbarkeit an die
                                                                                                          jeweilige Kundenanforderung
                                                                                                          Sobald beim Lackproduzenten ein neu-
                                                                                                          es Kundenprojekt startet, werden die
                                                                                                          exakten Lackierparameter des Kunden
     Dank Schnellwechselsystem                                                                            abgefragt. Anschließend finden in der
     lassen sich die unterschiedlichen                                                                    Anwendungstechnik Vorversuche mit
     Zerstäuber in kürzester Zeit aus-                                                                    den unterschiedlichen Parametern und
     tauschen. Zur Versorgung mit ­
     Ein- oder Zweikomponenten­
                                                                                                          Lackeinstellungen statt. Das jeweils bes-
     lacken steht eine geregelte                                                                          te Ergebnis nimmt der technische Außen-
     Anlage zur Verfügung.                                                                                dienst mit zum Kunden, um es auf dessen

14                          7/ 2 0 2 1                                                                                        www.digital-manufacturing-magazin.de
INDUSTRIEROBOTIK

                                                      GmbH & Co. KG – ein Unternehmen mit lang-
                                                      jähriger Erfahrung in der Implementierung von
                                                      ­Lackiersystemen. Nach eingängiger Analyse und
                                                       Vorprojektierung setzte L&S eine entsprechende
                                                       Robotik-Lösung in nur zwei Monaten um. Sie be-
                                                       steht aus dem Lackierroboter IRB 5510 von ABB,
                                                       der mit verschiedenen Applikationssystemen, di-
                                                       versen Lackierpistolen und einem Hochrotations-
                                                       zerstäuber ausgestattet ist. Dank Schnellwech-
                                                       selsystem lassen sich die unterschiedlichen
                                                       Zerstäuber in kürzester Zeit austauschen. Zur
                                                       Versorgung mit Ein- oder Zweikomponenten­
                                                       lacken steht eine geregelte Anlage zur Verfü-
                                                       gung. Darüber hinaus können verschiedene
                                                       Pumpen oder Druckgefäße für Kleinstmengen
                                                       angeschlossen werden.
                                                          Ebenso maßgeblich für die zügige Projekt­
                                                      umsetzung war der Einsatz der Simulations-
                                                      und Offline-Programmiersoftware RobotStudio          Mikro-
                                                      von ABB, mit der man die komplette Roboter­
                                                      anlage in einer virtuellen 3D-Umgebung erstel-
                                                       len, simulieren und testen konnte.
                                                                                                           fertigung
                                                          „Den größten Vorteil der neuen, roboterge-
                                                       stützten Anlage sehen wir darin, dass Peter/        in hochster
                                                       Lacke nun in der Lage ist, auch komplexere 3D-
Anlagen transferieren zu können. Ziel ist es, ein
serientaugliches Ergebnis in möglichst kurzer Zeit
                                                       Teile, die sie vorher manuell lackieren mussten,
                                                       automatisiert lackieren zu können – mittels
                                                                                                           Prazision
zu erzielen, ohne die Kundenprozesse in der S­ erie    pneumatischer Zerstäubung oder Hochrota­
zu beeinträchtigen. Weil sich jedoch neue Lackier-     tion. Beide Verfahren lassen sich dabei mit und     Suchen Sie 3D-DLP-
verfahren – wie etwa über einen Hochrotations-         ohne elektrostatische Unterstützung ausfüh-
zerstäuber – bis dato nur eingeschränkt in der         ren“, betont Peter Hornschu, Vertriebsleiter bei
                                                                                                           Systeme, welche
hauseigenen Versuchswerkstatt simulieren ließen,       L&S Oberflächentechnik. „Damit kann exakt wie       die Qualität von
waren weitere Test beim Kunden unumgänglich.           in der realen Umgebung des Kunden getestet          Mikrospritzguss und
Dies wiederum verlängerte die Zeit für die Validie-    werden – was wiederum die Zeit für die Validie-
                                                                                                           der CNC-Bearbeitung
rung entsprechend.                                     rung signifikant verkürzt.“
   Um alle unterschiedlichen Lackier-Applika­                                                              erreichen?
tionen abbilden zu können, die die Kunden             Mehr Sicherheit für Mitarbeiter
von Peter/Lacke einsetzen, war eine flexible          Der Einsatz einer robotergestützten Testapplika-
Robotik-Lösung gefragt: „Wir benötigten die
­                                                     tion hat sich für den Lackhersteller aus Hidden­        BITTE SEHR:
Möglichkeit, schnelle Wechsel der Applikations-       hausen gleich doppelt gelohnt. Neben der Mög-           BMF3D.DE
methode vorzunehmen, etwa von pneumati-               lichkeit, schneller und vielseitiger zu testen und
scher Zerstäubung auf eine Hochrotationsglocke        damit früher die Serienreife seiner Lacke zu er-
und umgekehrt. Wir haben keinen Serienbetrieb,        langen, hat sich mit dem Wegfall manueller Ver-
sondern arbeiten die neuen Aufgabenstellungen         fahren auch die Sicherheit für die Mitarbeiter
täglich ab“, fährt Frank Zucht fort.                  und Mitarbeiterinnen erhöht. Kaum verwunder-
                                                      lich, dass das Unternehmen auch in Zukunft auf
Validierungen signifikant beschleunigt                Robotik setzt: „Wir sind sehr zufrieden mit dieser
Um diese Herausforderung zu meistern, wandte          neuen Lösung. Damit konnten wir für uns neue
sich Peter/Lacke an die L&S Oberflächentechnik        Anwendungen erschließen. Zudem planen wir,
                                                      ein weiteres Lackierverfahren speziell für den
                                                      Einsatz von Wasserlacken zu integrieren. Wir wer-
                                                      den auch weiterhin genau beobachten, wie wir
                                                      Robotik für die Entwicklung zukünftiger Lacke
Die Robotik-Lösung besteht aus einem                  nutzen können. Ich sehe hier enormes Potenzial“,
Lackierroboter IRB 5510 von ABB, der mit              so Frank Zucht abschließend.                 RT
verschiedenen Applikationssystemen,
Lackierpistolen und einem Hochrota­                   MARC WISCHNEWSKI ist Senior Sales Manager
tionszerstäuber ausgestattet ist.                     bei ABB Robotics Deutschland.

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KI
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ IN DER FERTIGUNGSSTEUERUNG

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         Bei Vaco Maschinen
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                                                                                                die KI auf Herz und Nieren geprüft wur-
                                                    kels in Serie fertigen, gleicht hier kaum   de: Alle Planungen wurden als Simula-
                                                    ein Produkt dem anderen. Es gibt keine      tion gespeichert und genauestens be-
                                                    Durchgängigkeit wie beim Spritzguss.        gutachtet. Im März erfolgte dann der
       Kapazitäten, Qualifikationen, Rüstzeiten       Michael Wetzel-Staar, Fertigungsleiter    Go-live: „Man hätte es nicht schneller
       und vieles mehr: Der Fertigungsplaner        bei Vacom, erläutert: „Wir haben nicht      machen können“, resümiert Michael
                                                    1.000 Aufträge mit dem gleichen Ablauf.     Wetzel-Staar. Seitdem nimmt die Künst-
       berücksichtigt bei der Auftragsplanung
                                                    Wir haben 1.000 Aufträge, die alle einen    liche Intelligenz die Planung vor.
       eine Vielzahl von Variablen. Dabei ist das   unterschiedlichen Ablauf haben und bei         Gerade die Tatsache der Individual-
                                                    denen sich die logistischen Wege X-Mal      und Einzelteilfertigung macht laut Mi-
       Ergebnis nie perfekt. Was bringt der
                                                    kreuzen. Manche Bauteile gehen fünf-        chael Wetzel-Staar, Fertigungsleiter bei
       Einsatz von KI? VON ANDREA BERNEKER          bis zehnmal zwischen der Fräserei und       Vacom, den Einsatz von KI für das Un-
                                                    der Schweißerei hin und her.“               ternehmen so wichtig. Die gesamte Pla-
                                                      Vacom hat bereits seit mehreren Jah-      nungstätigkeit, die sonst mehrere Stun-

      D
              er Einsatz von Künstlicher Intelli-   ren das Manufacturing-Execution-System      den täglich in Anspruch genommen hat,
              genz (KI) setzt in vielen Bereichen   (MES) Hydra sowie du das Advanced-Plan-     erledigt jetzt die Künstliche Intelligenz.
              neue Potentiale frei. Warum sie       ning-and-Scheduling-System (APS) Fedra      „Wir nutzen die KI für die Einplanung der
              also nicht auch in der Fertigungs-    von MPDV im Einsatz. Die Implementie-       Aufträge und Arbeitsgänge am jeweili-
       planung anwenden? Ein Blick in die Pra-      rung der einzelnen Applikationen erfolgte   gen Arbeitsplatz. Davor war das Ein- und
       xis zeigt: „KI – übernehmen Sie!“ ist kei-   seit 2015 sukzessive in mehreren Phasen.    Umplanen eine rein manuelle Tätigkeit“,
       ne fixe Idee mehr, sondern reif für den        Während das ERP üblicherweise als         kommentiert Wetzel-Staar.
       Produktionsalltag.                           Leitsystem fungiert, sind bei Vacom ERP,       Sobald sich nur ein Auftrag verspäte-
                                                    Warehouse Management System (WMS)           te, hieß es: Noch mal von vorn. Auch die
       Aus Tradition anders                         und MES inzwischen gleichberechtigt.        neuen Aufträge mussten mit allen Ar-
       Die Vacom Vakuum Komponenten &                                                           beitsgängen zeitaufwendig einzeln ge-
       Messtechnik GmbH wurde 1992 in Jena          KI seit März 2021 live                      plant werden.
       gegründet. Die Spezialität sind Vakuum-      Die Entscheidung, die bestehende Pla-          Das macht nun die Software in einem
       kammern sowie entsprechende Sonder-          nung durch AI Planning von MPDV zu          täglichen Planungslauf vollautomatisch,
       bauteile für Anwendungen im Hochva-          ergänzen, fiel 2020. Noch im Sommer         in den auch alle Neuaufträge einfließen.
       kuumbereich nach Kundenwunsch. Im            startete die Testphase, im Herbst wurde     Dieser Vorgang läuft über Nacht. Dann
       Gegensatz zu Unternehmen, die gro-           die Planung im Produktivsystem imple-       herrscht Datenruhe und die KI kann die
       ße Stückzahlen ein und desselben Arti-       mentiert. Anfang 2021 folgte dann ein       Planung sauber aufsetzen.

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KÜNSTLICHE INTELLIGENZ IN DER FERTIGUNGSSTEUERUNG

                                                                                                 Verfügung stehen. Eine lückenlose Per-
                                                                            sage-                sonaleinsatzplanung samt Urlaubs- und
                                                                  r die Aus
                                                         Nicht nu          u ßen ist
                                                                    nach a                       Schichtzeiten sowie möglichst genaue
                                                         fähigkeit auch nimmt
                                                                   n–                            Annäherungswerte bei den einzelnen Ar-
                                                          gestiege
                                                                    n Planern
                                                          die KI de rbeiten ab.                  beitsgängen zählen daher zu den Grund-
                                                                     eA
                                                           repetitiv                             voraussetzungen für ein optimales Pla-
                                                                                                 nungsergebnis.
                                                                                                   „Wenn es bei den Planzeiten zu Ab-
                                                                                                 weichungen kommt und ein Auftrag
                                                                                                 schneller fertig ist oder doch mal länger
                                                                                                 dauert, führt das zu einer falschen Pla-
                                                                                                 nung. Da kann die KI noch so gut sein“,
                                                                                                 erläutert Wetzel-Staar.

                                                                                                 Verbesserte Termintreue
                                                                                                 und Durchlaufzeiten
                                                                                                 Das Hauptziel des KI-Einsatzes bei Va-
                                                                                                 com ist, die Termin- und Liefertreue zu
                                                                                                 erhöhen. Die KI ermöglicht durch die
                                                                                                 enorme Menge an Daten und deren
                                                                                                 Analyse, vorausschauender zu planen.
                                                                                                 Wahrscheinlichkeitsaussagen über Fer-
                                                                                                 tigungsereignisse der Zukunft werden
„Bei uns sind alle Systeme aufeinander                                                           damit immer genauer.
abgestimmt. Wir brauchen erst den au-                                                               Weiteres Ziel ist, die Durchlaufzeiten
tomatischen Lauf von unserem ERP-Sys-         Wir sind in der Lage, dem                          deutlich zu verringern. Wegen der Auf-
tem, damit die neuen Aufträge erzeugt         Kunden bei der Auftrags-                           tragsmenge und Komplexität war es bis-
werden. Daraus entstehen Planaufträge,                                                           lang schwierig, den Überblick über alle
die von der Disposition umgesetzt wer-
                                              bestätigung zu sagen, wann                         Teile und deren Status zu behalten. Mit-
den. Sobald diese umgesetzt sind, ste-        er sein kundenspezifisches                         hilfe des neuen Systems sollen nun die
hen sie zur Einplanung in Fedra an“, er-      Bauteil bekommt.“                                  Zeiträume, in denen ein Auftrag in der
läutert Wetzel-Staar.                                                                            Fertigung ist, verschlankt und verkürzt
                                              MICHAEL WETZEL-STAAR, FERTIGUNGSLEITER, VACOM
                                                                                                 werden. Das wiederum reduziert Umlauf-
Es geht nicht mehr anders                                                                        bestände und somit gebundenes Kapital.
Bei Vacom sind etwa 1.200 Aufträge im
stetigen Umlauf mit jeweils bis zu 20 Ar-     geht. Er hat noch die Möglichkeit, einzu-          Blick in die Zukunft
beitsgängen, zwei bis drei Aufträge pro       greifen. Auch wenn die KI die Ressour-             Für ein Unternehmen aus dem Hoch-
Maschine pro Tag und einen Planungshori-      cen optimal und zuverlässig plant und              technologiebereich, das wie Vacom
zont von sechs Monaten. Damit die Künst-      Michael Wetzel-Staar das Vertrauen in              modernste Maschinen und fahrerlose
liche Intelligenz immer mit ausreichend       die KI als relativ hoch bezeichnet, hinter-        Transportsysteme im Einsatz hat, war
Daten versorgt ist, werden die Personalein-   fragen die Mitarbeiter gerade jetzt in der         die Implementierung von KI in der Pla-
satzdaten für sieben Monate hinterlegt.       Anfangszeit noch, ob sich die Aufträge             nung eine logische Konsequenz, um
   „Das kann kein Mensch überblicken.         nicht doch vielleicht besser planen las-           den Weg in die Zukunft weiter zu be-
Deshalb brauchen wir ein System, das er-      sen – meist aber mit wenig Erfolg.                 schreiten. Auch nächste Schritte sind
kennt, was als Nächstes bearbeitet werden        Laut Michael Wetzel-Staar liegt allein          bereits angedacht: Damit die Künst-
kann und die folgenden Arbeitsgänge au-       die Zeiteinsparung für die Planung bei             liche Intelligenz noch exakter planen
tomatisch einplant. Was die Produktions-      rund 50 Prozent: „Der Kollege hat die              kann, sollen künftig auch die Wegezei-
menge und die Kapazität betrifft, können      Hälfte seiner Arbeitszeit mit der Pla-             ten berücksichtigt werden: „Das wird
wir uns ohne das System nicht mehr wei-       nung verbracht, jetzt hat er genügend              gerade schon umgesetzt“, erklärt Mi-
terentwickeln: Es geht nicht mehr anders“,    Zeit, Dinge im ERP glatt zu ziehen.“ Das           chael Wetzel-Staar. Zunächst einmal
erklärt Michael Wetzel-Staar.                 sei unter anderem deshalb nötig, weil              steht aber das ERP im Fokus: „Mit dem
                                              das ERP nicht vorsieht, dass ein anderes           MES sind wir genau da, wo wir sein wol-
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser       System die komplette Fertigungspla-                len. Aber das Verzahnen ist noch der
Die fertige Planung wird zwar abgespei-       nung übernimmt – und zum Beispiel ei-              Knackpunkt. Jetzt müssen wir erst mal
chert – aber noch nicht final übernom-        nen Start- oder Endtermin vorgibt. Dar-            daran arbeiten.“                 JBI
men: Bevor die Produktion am nächsten         aus resultieren manuelle Anpassungen.
Morgen anläuft, schaut ein zuständiger           Doch auch die KI benötigt Aufmerk-
Kollege der KI über die Schulter, in dem      samkeit und Pflege. Denn sie ist nur so            ANDREA BERNEKER ist Marketing
er die sogenannte Eskalationsliste durch      gut wie die Informationen, die ihr zur             Specialist Content bei MPDV.

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