Erneuerbare Energien - SSES

 
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Erneuerbare Energien - SSES
Erneuerbare                         13 SOLARMARKT
                                                            Grosse Anlagen hatten es

                        Energien
                                                            letztes Jahr schwer in der
                                                            Schweiz.

                                                            16 VORFERTIGUNG
                                                            So können Dächer mit
                                                            PV-Anlagen rascher und
                                                            günstiger montiert werden.

                                                            21 SOLARFASSADEN
                                                            Eine Untersuchung gibt
                                                            Aufschlüsse über Erträge und
                                                            Wirtschaftlichkeit.
Nr. 4   August 2018

Eine Publikation der SSES in Zusammenarbeit mit Swissolar

   WEICHENSTELLUNG
   RICHTUNG ENERGIEWENDE
   IST WIRTSCHAFTLICH
   SEITE 8
Erneuerbare Energien - SSES
Wir setzen Standards – Sie profitieren.
    Der PLENTICORE plus.
       Einfach. Vielfältig. Smart.

                                                                        Mehr erfahre
                                                                     Smart conn      n auf der
                                                                                ections.Tou
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        Mit dem ersten PV-Hybridwechselrichter setzt KOSTAL einen neuen Standard.
         Vielfältiger Einsatz, z. B. als PV- oder Batterie-Wechselrichter mit diversen Hochvoltspeichern
         Einfache Gerätekonfiguration, sichere Installation und umfassender Service
         Smart connected durch ein umfangreiches und zukunftssicheres Kommunikationspaket
         Smart performance durch ertragssteigernde Features, z. B. selbstlernendes Schatten-
           management und dynamische Wirkleistungssteuerung
        Die KOSTAL-Gruppe – ein weltweit agierendes Familienunternehmen mit über 100 Jahren Erfahrung.
        www.kostal-solar-electric.com . Tel.: +49 761 47744-100
Erneuerbare Energien - SSES
EDITORIAL                                              INHALT

WIR HELFEN, ZWEIFLER                                                                             Aktuell                                      4

GEZIELT ANZUSPRECHEN                                                                             Schwerpunkt

                                                                                                 Erneuerbar oder fossil: Ein Vergleich zeigt
                                      Der Klimawandel ist allgegenwärtig – aktuell direkt
                                                                                                 die Wirtschaftlichkeit verschiedener
                                      wahrzunehmen in der lang andauernden Trockenheit
                                                                                                 Energieszenarien.                           8
                                      sowie in den sommerhaften Temperaturen, die be-
                                      reits der Frühling gebracht hat. Auch der Bundesrat        Solarmarkt: Im vergangenen Jahr hatten
                                      beschäftigt sich mit dem Klimawandel und seinen            es grosse Solaranlagen schwer in der
                                      Folgen: Er lässt Studien und Szenarien dazu erarbei-       Schweiz.                              13
                                      ten, wie mit den steigenden Temperaturen in der
                                                                                                 Solarthermie: Die Technologie erlebt eine
                                      Schweiz umgegangen werden soll. Die Natur wartet
                                                                                                 kleine wirtschaftliche Renaissance dank
                                      nicht auf Studienresultate, bis sie handelt: Fische, Vö-
                                                                                                 neuen Anwendungen.                      14
                                      gel und Insekten «flüchten» bereits in höher gele-
                                      gene Gebiete. Ursache für die Erwärmung ist – wie          Effiziente Dächer: Dank Vorfertigung
                                      wir alle seit Jahrzehnten wissen – der verstärkte          können Dächer mit PV-Anlagen rascher
                   Walter Sachs       Treibhauseffekt. Das CO2 in der Atmosphäre lässt viel      und günstiger montiert werden.       16
                 Präsident SSES       Sonnenstrahlung hinein, aber wenig Wärmestrah-
                                                                                                 Nachhaltig wachsen mit Energie: Nach
                                      lung wieder hinaus. Das seit Jahrhunderten durch die
                                                                                                 zehn Jahren zieht die Energieregion Goms
Natur erstellte Gleichgewicht in der Energiebilanz ist durch die steigende CO2-Konzent-
                                                                                                 ein positives Fazit.                  18
ration gestört, wir sitzen bildlich gesprochen in einem Treibhaus mit immer dichter wer-
denden Fenstern. Die einzige Lösung ist, die Emission von Treibhausgasen zu verringern.          Effizient bauen: Elektrobaumaschinen
Um das Klimaabkommen von Paris einzuhalten, ist eine Verringerung des CO2-Ausstos-               helfen, im täglichen Einsatz Energie und
ses auf 0 Tonnen bis 2040 notwendig, und dafür bleiben uns noch genau 22 Jahre …                 CO2 zu sparen.                          20
CO2 entsteht vor allem durch die Verbrennung fossiler Brenn- und Treibstoffe wie Kohle,
                                                                                                 Solarfassaden in der Stadt: Eine Untersu-
Gas und Benzin – dabei gibt es mit der Energiewende schon längst eine Alternative: eine
                                                                                                 chung gibt erste Aufschlüsse über Erträge
Energieversorgung, die auf den Pfeilern Wasser, Wind, Sonne und Biomasse basiert.
                                                                                                 und Wirtschaftlichkeit.                  21
Technisch ist sie gut umsetzbar, die Versorgungssicherheit ist gewährleistet – doch wie ist
das wirtschaftlich? Diese Ausgabe beschäftigt sich mit den wirtschaftlichen Aspekten. So         Unternehmerpreis: Im Kanton Bern
berichten wir unter anderem über eine neue Studie der EPFL, die aufzeigt, dass die Ener-         werden energetisch vorbildliche Firmen
giewende volkswirtschaftlich nur Vorteile bringt – wobei ein schnelles und konsequentes          ausgezeichnet.                         24
Handeln volkswirtschaftlich sogar das beste Szenario für die Schweiz wäre. Wir von der
SSES haben uns gefragt, worauf wir dann noch warten. Welche Personen, welche Insti-              Politik und Wirtschaft
tutionen und welche Verbände sind die «Bremsklötze», die eine schnelle Umsetzung ver-
hindern? Dies soll, nebst der aktiven Unterstützung derer, die sich jetzt schon für die          Bauen und Modernisieren: Die Fachmesse
Energiewende einsetzen, ein Schwerpunkt unserer Arbeit in der zweiten Hälfte des Jah-            in Zürich präsentiert auch Lösungen für
res 2018 werden – das gezielte Ansprechen von Personen, Institutionen und Verbänden,             Energiefragen.                          26
welche die Umsetzung noch behindern. Auch Sie können tätig werden: Haben Sie eine
Person im Bekanntenkreis, die am Sinn der Energiewende oder am Klimawandel zwei-                 Flash                                       27
felt? Dann kontaktieren Sie sie am besten gleich und reden mit ihr, oder eröffnen Sie eine
Diskussion im Energiewendeforum unter www.forumE.ch. Möchten Sie selbst eine Ver-                SSES-News
anstaltung zur Energiewende organisieren und benötigen dazu Info- oder Vortragsmate-
                                                                                                 VESE-News
rial? Dann schreiben Sie uns! info@sses.ch.
                                                                                                 Cartoon

                                                                                                 Branchenverzeichnis                         29

                                                                                                 Impressum                                   31

Liebe Mitglieder
                                                                                                 Agenda                                      32
Die elektronische Version der «Erneuerbaren Energien» finden Sie auf der Website
der SSES: www.sses.ch. Sie erhalten an dieser Stelle jeweils das Passwort für die
aktuelle Ausgabe. Benutzername: ee Passwort: sunshine

                                                                                                 Titelbild: Beat Kohler

                                                                                                    Erneuerbare Energien Nr. 4 August 2018    3
Erneuerbare Energien - SSES
AKTUELL

                             PELLETPREISE                                                                                          GEBURTSTAG
                             August 2017 bis August 2018                                                                           Die 40. Vereinsversammlung von Holz-
                             Pelletpreise in CHF/t (inkl. MwSt. und Lieferung)                                                     energie Schweiz, dem Dachverband der
                                                                                                                                   Holzenergiebranche, fand am 6. Juni 2018
                                                                                                                                   auf dem Campus der Fachhochschule
                                                                                                                                   Nordwestschweiz (FHNW) in Brugg-Win-
                                                                                                                                   disch statt. Präsident Konrad Imbrach wies
                                                                                                                                   auf die wichtigsten politischen Aktivitäten
Grafik: www.pelletpreis.ch

                                                                                                                                   von Holzenergie Schweiz im vergangenen
                                                                                                                                   Jahr hin: einerseits die Revision der Luft-
                                                                                                                                   reinhalte-Verordnung (LRV), andererseits
                                                                                                                                   die Lösung des Entsorgungsproblems für
                                                                                                                                   die Holzaschen. Beide Themen stehen für
                                                                                                                                   Imbrach beispielhaft für den verhängnis-
                             Der Index ist ein Durchschnittspreis, der sich aus den Preisangaben verschiedener Pelletlieferanten   vollen Trend: Einzelthemen erhalten ein
                             zusammensetzt.                                                                                        derart grosses Gewicht, dass die effektiven
                             © www.pelletpreis.ch, jeden Monat die aktuellen Pelletpreise                                          Trümpfe der Holzenergie – Erneuerbarkeit,
                                                                                                                                   CO2-Neutralität, Beitrag an Energie-
                                                                                                                                   wende – scheinbar keine Rolle mehr spie-
                                                                                                                                   len. Hier werde der Verband in Zukunft
                             WINDANLAGEN LEISER MACHEN                                                                             mehr denn je gefordert sein. «Denn das
                                                                                                                                   einzige Ziel aller Aktivitäten von Holzener-
                             Wenn der Wind an der Hinterkante der Flügel von Windenergieanlagen «abreisst», entste-                gie Schweiz besteht darin, dass Holzener-
                             hen Windturbulenzen, die störende Geräusche verursachen können. Die Hersteller haben                  gieanlagen realisiert werden und dadurch
                             dieses Problem schon vor einiger Zeit erkannt und auf verschiedenen Ebenen geforscht, um              die Nachfrage nach Energieholz weiterhin
                             es zu beheben. Daraus hervorgegangen ist unter anderem eine Art «Gefieder», sprich                    steigt», wie Geschäftsführer Andras Keel
                             Kämme, die den Flügeln von Vögeln abgeschaut wurden. Auch ältere Anlagen können teil-                 kurz und bündig festhielt.
                             weise mit dieser Technologie nachgerüstet werden. Messungen an den beiden Anlagen in                                          Pressedienst/Redaktion
                             St. Brais im Berner Jura vor und nach der Nachrüstung im Juli 2017 haben gezeigt, dass auch
                             mit einer Nachrüstung eine deutliche Verbesserung erzielt wird: «Die Geräuschmessungen
                             vor und nach Anbringung der Kämme haben ergeben, dass sich die Lärmbelastung um zwei
                                                                                                                                   FARBIGE FASSADE
                             bis vier Dezibel verringert hat», erklärt Xavier Falourd. «Das sind durchschnittlich drei Dezi-       Was ist heute bereits möglich? Wie kann
                             bel bei einem Windaufkommen von über sechs Metern pro Sekunde auf der Höhe der Gon-                   ich als Hausbesitzer meinen Solarstrom effi-
                             del. Bei einer Strasse wäre das vergleichbar mit einer Halbierung des Strassenverkehrs», führt        zient nutzen und speichern? Diese und
                             der Fachmann für Akustik aus. Die Anlagen in St. Brais erfüllten schon bei der Inbetrieb-             viele weitere Fragen beantworten die bei-
                             nahme 2009 die strengen Anforderungen der Lärmschutzverordnung. Aufgrund der beson-                   den neuen Ausstellungen «Farbige Solar-
                             deren topografischen Lage waren sie im Dorf bei starken Winden aber trotzdem hörbar. Aus              fassaden» und «Speicherbatterien», wel-
                             Rücksicht auf die Bevölkerung reduzierte die Eigentümerin, die Bürgerbeteiligungsgesell-              che die Umwelt Arena Schweiz unter ande-
                             schaft ADEV Windkraft AG, jedoch die Leistung der Anlagen nachts. «Wir sind sehr erfreut,             rem dank Unterstützung von Partnern aus
                             dass wir endlich eine Lösung für alle Beteiligten gefunden haben und dass die deutliche Ver-          der Privatwirtschaft und EnergieSchweiz
                             besserung mit den wissenschaftlichen Messungen von Prona SA nachgewiesen werden                       realisieren konnte.    Pressedienst/Redaktion
                             konnte», erklärt Andreas Appenzeller, Vorsitzender der Geschäftsleitung der ADEV Wind-
                             kraft AG. Die Anlagen können jetzt rund um die Uhr ohne Einschränkung Strom produzieren
                             und sind insbesondere bei starken Winden nun noch leiser.                Pressedienst/Redaktion.
                                                                                                                                   VORBILD SEIN
                                                                                                                                   Der Bundesrat hat beschlossen, die Initia-
                                                                                                                                   tive «Energie-Vorbild Bund» (VBE) von
                                                                                                                                   2021 bis 2030 weiterzuführen. In der Ende
                                                                                                                                   2014 gestarteten Initiative verfolgen Orga-
                                                                                                                                   nisationen und Unternehmen der öffentli-
                                                                                                                                   chen Hand das gemeinsame Ziel, ihre Ener-
                                                                                                                                   gieeffizienz bis Ende 2020 gegenüber dem
                                                                                                                                   Ausgangsjahr 2006 um 25% zu steigern.
                                                                                                                                   Dazu wurden 39 gemeinsame Massnah-
                                                                                                                                   men definiert, die bis 2020 zu 80% umzu-
                                                                                                                                   setzen sind. Die Umsetzung verlaufe sehr
                                                                                                                                   erfolgreich: Im Durchschnitt hätten die
Bild: Reto Rigassi

                                                                                                                                   VBE-Partner ihre Energieeffizienz bereits
                                                                                                                                   um rund 27% verbessert und 72% der ge-
                                                                                                                                   planten Massnahmen umgesetzt, schreibt
                                                                                                                                   der Bundesrat.          Pressedienst/Redaktion

                             4     Erneuerbare Energien   Nr. 4   August 2018
Erneuerbare Energien - SSES
AKTUELL

VERBRAUCH SINKT UM 0,4%                                                   NEUES ELEKTROTAXI
Der Endenergieverbrauch der Schweiz ist 2017 gegenüber dem
Vorjahr um 0,4% auf 849 790 Terajoule (TJ) gesunken. Dies ist ge-
mäss Bundesamt für Energie in erster Linie auf die etwas wärmere
Witterung im Jahr 2017 zurückzuführen. Die Anzahl Heizgradtage
nahm gegenüber dem Vorjahr um 1,5% ab. Hingegen stiegen 2017
Faktoren, die den langfristigen Wachstumstrend des Energiever-
brauches bestimmen: die ständige Wohnbevölkerung (+0,9%), das
Bruttoinlandprodukt (+1%), der Motorfahrzeugbestand (+1,2%)
und der Wohnungsbestand. Der Verbrauch von Heizöl extraleicht
sank um 6,5%, derjenige von Erdgas stieg dagegen um 1,4%. Der
Elektrizitätsverbrauch nahm um 0,4% zu. Diese drei Energieträger
machen mehr als die Hälfte des Endenergieverbrauches aus (2017:

                                                                                                                                                      Bild: Badener Taxi AG
53,4%). Der Treibstoffverbrauch insgesamt hat gegenüber dem
Vorjahr leicht abgenommen (–0,6%). Der Absatz von Dieselöl sank
um 0,3%, der Benzinverbrauch um 3,1%. Die fossilen Treibstoffe
machen gut einen Drittel (34,1%) am gesamten Endenergiever-
brauch aus. Der Verbrauch erneuerbarer Energie nahm zu. Die Nut-
zung von Umgebungswärme mit Wärmepumpen lag 4,5% über
dem Vorjahreswert, ebenso hat der Verbrauch von Fernwärme                 «Moderner, grüner, leiser und cleverer.» Unter diesem Motto hat
(+2,4%) und Solarwärme (+2,4%) zugenommen. Der Anteil dieser              sich die Badener Taxi AG als erstes Unternehmen der Schweiz zum
Energieträger am gesamten Endenergieverbrauch 2017 betrug                 Ziel gesetzt, bis 2023 ihre komplette Flotte auf Elektroautos umzu-
9,2% (Energieholz: 4,5%, Umgebungswärme: 2,0%, Fernwärme:                 stellen. Die ersten Autos des Typs Tesla S75 stehen im Einsatz. «Un-
2,4%, Solarwärme: 0,3%). Die direkte Nutzung von Biogas stieg             sere Kunden sollen mit der Badener Taxi AG auch in puncto An-
leicht um 0,6%. Unter Berücksichtigung des ins Erdgasnetz einge-          triebskraft sauber und sicher unterwegs sein», erklärt Geschäftslei-
speisten Biogases (das statistisch unter Gas verbucht wird) ergibt        ter Roland Wunderli das Engagement. Die neuen E-Taxis werden zu
sich ein Anstieg des Biogasverbrauches von 4%. Am gesamten Gas-           100 Prozent mit dem umweltfreundlichen und regional produzier-
verbrauch machte das eingespeiste Biogas 2017 0,9% aus.                   ten Aquae-Strom der Regionalwerke Baden betrieben.
                                                 Pressedienst/Redaktion                                                    Pressedienst/Redaktion

CHINA DÄMPFT AUSBAU, POSITIVE SIGNALE AUS EUROPA
Die diesjährige Intersolar Europe hat zu-        der wachsenden Produktion an Windener-
sammen mit den Parallelveranstaltungen           gie im ersten Quartal 2018 auf 30%. In
neue Massstäbe für die Photovoltaik welt-        Spanien verkündete der nationale Netzbe-
weit gesetzt. Diese Messe ist seit vielen Jah-   treiber Red Eléctrica, dass im ersten Halb-
ren Plattform und Treiberin der Transforma-      jahr 2018 knapp 46% der Stromnachfrage
tion des Energiemarktes hin zu einer dezen-      durch erneuerbare Quellen gedeckt werden
tralen und nachhaltigen Energieversorgung.       konnten. In Deutschland haben die erneu-
Speziell die Solarenergie ist in zunehmen-       erbaren Energien im selben Zeitraum erst-
dem Masse speicherbar, systemdienlich und        mals mehr Strom erzeugt als alle Kohle-
                                                                                                  Dr. Matthias Fawer        Christian Rath
wettbewerbsfähig. Deshalb standen dieses         kraftwerke zusammen. Die Photovoltaik
Jahr insbesondere integrative Lösungen im        steigerte ihren Anteil ebenfalls weiter und      Begrenzung der dezentralen Erzeugungsan-
Mittelpunkt. Ein interessante Entwicklung        kommt mittlerweile schon auf 7,3%. Ver-          lagen auf zehn GW verhängt werden.
findet in der Landwirtschaft auf globaler        schiedene PV-Unternehmen und For-                Gleichzeitig wurde auch der PV-Einspeise-
Ebene statt. Das Fraunhofer-Institut ISE         schungsinstitute fordern in einem offenen        tarif per sofort von 0,37 um 0,05 Yuan auf
führt in Chile verschiedene Pilotprojekte zur    Brief an die Bundesregierung eine stärkere       0,32 Yuan gesenkt. Diese unerwartete Be-
Agrophotovoltaik (APV) durch. Eine Ver-          industriepolitische Strategie für die heimi-     kanntgabe hat innerhalb kurzer Zeit die
bindung von Solarstrom- und landwirt-            sche Solarindustrie. In Frankreich beispiels-    Nachfrage in China stark negativ beein-
schaftlicher Produktion auf der gleichen         weise fliesst der CO2-Fussabdruck der Mo-        flusst. Die unabhängige Energieanalystin
Fläche hat sich bereits in Pilotprojekten in     dule in die Vergabe von Ausschreibungen          Corrine Lin rechnet damit, dass der ur-
mehreren europäischen Ländern bewährt.           mit ein. Die Initianten sehen so einen Vorteil   sprünglich für China geplante Zubau von
Das Potenzial der APV wird speziell für tro-     für klimafreundlichere Produkte. Wichtigs-       40 bis 45 GW für 2018 auf 28 bis 35 GW
ckene Regionen als sehr gross eingeschätzt.      tes Thema der vergangenen Wochen war             absinken dürfte. Die weltweit neu instal-
Durch die partielle Verschattung von Acker-      jedoch die überraschende Ankündigung der         lierte PV-Leistung könnte auf 80 bis 85 GW
flächen senken solche APV-Anlagen nach-          chinesischen Energiebehörde NEA vom              zurückgehen – rund 20% weniger im Ver-
weislich den Wasserbedarf und bieten             31. Mai. Darin hiess es, dass für das Jahr       gleich zu den rund 100 GW im Jahr 2017.
Nutztieren Schatten. Im UK stieg der Anteil      2018 eine vorübergehende Aussetzung der            Dr. Matthias Fawer und Christian Rath, Thematic
der erneuerbaren Energien vor allem dank         Förderung von PV-Grossanlagen und eine                    Investment, Vontobel Asset Management

                                                                                                    Erneuerbare Energien Nr. 4 August 2018       5
Erneuerbare Energien - SSES
AKTUELL

                         GLOBALSTRAHLUNG (KWH/M2)                                                                                                                                                                                    ZENTRALE
                                      6°E                                   7°E                                   8°E                                  9°E                            10°E                             11°E
                                                                                                                                                                                                                                     ANLAUFSTELLE
                                            Schweiz                                                                                                                                                           Monatssumme
                                                                                                                                                                                                              kWh/m2

                                                                                                                                           Schaffhausen                                                   >     > 245                Ende Juni hat der neue Guichet Unique für
                                                                                                                                                                Kreuzlingen                                     241 - 245

                                                                                                     Basel                                         Frauenfeld
                                                                                                                                                                                                                236 - 240
                                                                                                                                                                                                                231 - 235
                                                                                                                                                                                                                226 - 230
                                                                                                                                                                                                                                     die Windenergie seine Tore geöffnet. Der
                                                                                                                                               Winterthur           Rorschach
                                                                                                         Liestal                Baden
                                                                                                                                                        Wil      St.Gallen
                                                                                                                                                                                                                221 - 225
                                                                                                                                                                                                                216 - 220            virtuelle Schalter bildet eine zentrale An-
                                                                                                                        Aarau            Zürich               Herisau
                                                                                                                                                                                                                211 - 215
                                                                                         Delémont            Olten
                                                                                                                                               Uster
                                                                                                                                                                                                                206 - 210
                                                                                                                                                                                                                201 - 205
                                                                                                                                                                                                                196 - 200
                                                                                                                                                                                                                                     laufstelle für alle Anliegen an den Bund
                                                                                                                                                                              Schaanwald
                                                                                                                                                                                                                                     rund um die Windenergie. Mehr als 15 Ak-
                                                                                                                                                                                                                191 - 195
                                                                                                    Solothurn                                                                                                   186 - 190
                                                                                                                                        Zug                               Vaduz
                                                                                      Biel                                                      Einsiedeln                                                      181 - 185

                                                                                                                                                                                                                                     teure des Bundes beteiligen sich daran, wie
                                                                                                                                                                                                                176 - 180
                                                                                                      Burgdorf                  Luzern                                                                    >     171 - 175

                                                                                                                                                                                                                              47°N
                                                                                                                                              Schwyz                                                            166 - 170
                                                                            Neuchâtel
                             47°N

                                                                                       Bern
                                                                                                                                                                                                                                     das Bundesamt für Energie mitteilt. Die Be-
                                                                                                                                                                                                                161 - 165
                                                                                Murten                                                                                                                          156 - 160
                                                                                                                                                                              Chur                              151 - 155
                                                                Yverdon-                                                                                                                          Scuol         146 - 150
                                                                les-Bains
                                                                                    Fribourg
                                                                                                      Thun
                                                                                                                                                                                     Davos
                                                                                                                                                                                                                141 - 145
                                                                                                                                                                                                                136 - 140
                                                                                                                                                                                                                                     urteilung der Verträglichkeit von Wind-
                                                                                                                                                                                                                131 - 135
                                                                                                                Interlaken                                                                                      126 - 130
                                                                                                                                                                                                                121 - 125
                                                                                                                                                                                                                                     energieanlagen mit verschiedenen anderen
                                                                                                                                                                                                                116 - 120
                                                                Lausanne                                                                                                             St.Moritz                  111 - 115
                                                                                                                                                                                                                106 - 110
                                                                                                                                                                                                                                     Bundesinteressen soll dank dem Guichet
                                                                        Montreux                                                                                                                                101 - 105
                                                 Nyon                                                                                                                                                           96 - 100
                                                                                                                                                                                                                91 - 95
                                                                                                                                                                                                                                     Unique besser koordiniert werden. Projekt-
                                                                                                                                                                                                                86 - 90

                                             Genève                                          Sion
                                                                                                                                                                                                                81 - 85
                                                                                                                                                                                                                76 - 80
                                                                                                                                                                                                                                     entwickler, kantonale und kommunale Be-
                                                                                                                                              Locarno        Bellinzona                                         71 - 75

                                                                                  Martigny
                                                                                                                                                                                                                66 - 70
                                                                                                                                                                                                                                     hörden sowie weitere interessierte Perso-
Grafiken: Meteotest AG

                                                                                                                                                                                                                61 - 65

                                                                                                                                                                                                                              46°N
                                                                                                                                                                                                                56 - 60
                                                                                                          Zermatt                                       Lugano
                                                                                                                                                                                                                                     nen können sich mit ihren Anliegen im Zu-
                             46°N

                                                                                                                                                                                                                51 - 55
                                                                                                                                                                                                                46 - 50
                                                                                                                                                                                                                41 - 45

                                            Quelle:
                                                                                                                                                                                                                36 - 40
                                                                                                                                                                                                                31 - 35
                                                                                                                                                                                                                                     sammenhang mit der Windenergie an diese
                                            Meteotest                                                                                                                                                           26 - 30
                                            CH-3012 Bern
                                            www.meteotest.com
                                            www.meteonorm.com
                                                                                                                                                                                                                21 - 25
                                                                                                                                                                                                                16 - 20              Stelle wenden. Als zentrale Anlaufstelle
                                                                                                                                                                                                                11 - 15

                                            Juli 2018
                                                                                                                                                                                                                6 - 10
                                                                                                                                                                                                                ≤6                   und Informationsdrehscheibe des Bundes
                                    6°E                                     7°E                                    8°E                                   9°E                               10°E
                                                                                                                                                                                                                                     beantwortet der Guichet Unique Fragen
                                                                                                                                                                                                                                     und koordiniert Stellungnahmen und Be-

                         ANOMALIE (%)                                                                                                                                                                                                willigungen auf Bundesebene im Zusam-
                                                                                                                                                                                                                                     menhang mit Windenergieprojekten. Die
                                     6°E                                    7°E                                   8°E                                  9°E                            10°E                             11°E
                                                                                                                                                                                                                                     Einführung des Guichet Unique ändere
                                           Schweiz: Relative Abweichung                                                                                                                              Relative                        nichts an den Zuständigkeiten für die Pla-
                                                                                                                                                                                                     Abweichung [%]
                                           zur Referenzperiode 1991-2010                                                                   Schaffhausen                                                       > 125                  nung und Bewilligung von Windenergiean-
                                                                                                                                                                Kreuzlingen                               121 - 125

                                                                                                     Basel                                         Frauenfeld
                                                                                                                                                                                                          116 - 120
                                                                                                                                                                                                           111 - 115                 lagen, betont das BfE: Die Festlegung von
                                                                                                                                                                                                          106 - 110
                                                                                                                                               Winterthur           Rorschach
                                                                                                         Liestal                Baden
                                                                                                                                                        Wil      St.Gallen
                                                                                                                                                                                                          101 - 105
                                                                                                                                                                                                                100                  Zonen für die Windenergienutzung sowie
                                                                                                                        Aarau            Zürich               Herisau                                       96 - 99
                                                                                         Delémont            Olten
                                                                                                                                               Uster                                                        91 - 95
                                                                                                                                                                                                            86 - 90                  die Baubewilligung für die Turbinen ver-
                                                                                                                                                                                                            81 - 85
                                                                                                                                                                              Schaanwald
                                                                                                    Solothurn
                                                                                                                                        Zug                               Vaduz
                                                                                                                                                                                                            76 - 80
                                                                                                                                                                                                               < 75                  bleiben in der Hoheit der Kantone bezie-
                                                                                      Biel                                                      Einsiedeln
                                                                                                      Burgdorf                  Luzern                                                                                               hungsweise der Gemeinden.
                                                                                                                                                                                                                              47°N

                                                                                                                                              Schwyz
                                                                            Neuchâtel
                          47°N

                                                                                       Bern
                                                                                Murten                                                                                                                                                                      Pressedienst/Redaktion
                                                                                                                                                                              Chur
                                                                Yverdon-                                                                                                             Davos        Scuol
                                                                                    Fribourg
                                                                les-Bains
                                                                                                      Thun

                                                                                                                                                                                                                                     HÖHERE TÜRME
                                                                                                              Interlaken

                                                                Lausanne                                                                                                             St.Moritz
                                                                        Montreux
                                                 Nyon                                                                                                                                                                                Die Max Bögl Wind AG hat ihr Hybridturm-
                                             Genève                                          Sion                                                                                                                                    system weiterentwickelt. Mit den aus Be-
                                                                                                                                              Locarno        Bellinzona

                                                                                  Martigny                                                                                                                                           ton und Stahl kombinierten Hybridtürmen
                                                                                                                                                                                                                              46°N

                                                                                                         Zermatt                                        Lugano
                                                                                                                                                                                                                                     lassen sich schon heute Nabenhöhen von
                          46°N

                                           Quelle:                                                                                                                                                                                   bis zu 190 Metern realisieren. Jetzt hat das
                                           Meteotest
                                           CH-3012 Bern
                                           www.meteotest.com
                                           www.meteonorm.com
                                                                                                                                                                                                                                     Unternehmen seinen Hybridturm 2.0 ent-
                                           Juli 2018                                                                                                                                                                                 wickelt, der weniger Material benötigt,
                                    6°E                                     7°E                                    8°E                                   9°E                               10°E
                                                                                                                                                                                                                                     aber gleichzeitig höchste Standsicherheit
                                                                                                                                                                                                                                     gewährleisten soll, wie es mitteilt. Das ma-
                                                                                                                                                                                                                                     che den Bau kosteneffizienter und die
                         LIEBER SOLARSTROM TANKEN                                                                                                                                                                                    Hybridtürme insgesamt noch wirtschaftli-
                                                                                                                                                                                                                                     cher.                  Pressedienst/Redaktion
                         73 Prozent der deutschen Autofahrer sprechen sich dafür aus, dass die Solarenergie stärker
                         ausgebaut werden soll, damit Elektroautos klimafreundlich mit Ökostrom fahren können.
                         Das ist das zentrale Ergebnis einer vom Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) beauf-
                                                                                                                                                                                                                                     NEUES RECYCLING
                         tragten repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa. 90 Prozent der                                                                                                                       Das finnische Bergbauunternehmen Keli-
                         Autofahrer, für die grundsätzlich die Anschaffung eines Elektroautos infrage kommt, wür-                                                                                                                    ber, Produzent von Lithiumcarbonat, betei-
                         den ihr E-Mobil am liebsten mit Solarstrom tanken. Nur für acht Prozent wäre es egal, aus                                                                                                                   ligt sich an einem Projekt zur Entwicklung
                         welcher Quelle der Ladestrom stammt. Bereits für vier von zehn Autofahrern kommt die                                                                                                                        eines neuen Lithium-Ionen-Batterie-Recyc-
                         Anschaffung eines Elektroautos infrage. Die Mehrheit (66%) hält Förderprogramme für ein                                                                                                                     ling-Prozesses. Dieser soll für grössere zu-
                         flächendeckendes Netz an Ladestationen für besonders geeignet, um die Elektromobilität                                                                                                                      künftige Volumen geeignet sein und eine
                         zu fördern. Gut jeder zweite Autofahrer hält höhere Kaufprämien und Steuerrabatte für                                                                                                                       viel höhere Materialrückgewinnungsrate
                         Elektroautos (55%) oder eine schnelle Umstellung von öffentlichen Fahrzeugen auf Elekt-                                                                                                                     aufweisen als die heutige Recyclingtechno-
                         roautos (52%) für geeignete politische Fördermassnahmen.              Pressedienst/Redaktion                                                                                                                logien.                Pressedienst/Redaktion

                         6                Erneuerbare Energien                       Nr. 4          August 2018
Erneuerbare Energien - SSES
AKTUELL

DER STROMREBELL 2018                                                         ENERGIESPEICHER GELIEFERT
Der Preis des Stromrebellen der Elektrizitätswerke Schönau ging in
diesem Jahr an Syril Eberhart. Der heute 30-Jährige gründete im
Jahr 2013 in Spiez die Energiewendegenossenschaft. Eberhart hat
sich schon früh für die Energiewende engagiert. Der Ausbau der er-
neuerbaren Energien ging ihm aber nicht schnell genug. Seine Idee:
Menschen in die Lage versetzen, sich eine Photovoltaikanlage selbst
aufs Dach zu bauen. Auf diese Weise können Kosten gespart wer-
den und der Anlagenbesitzer hat einen direkten Bezug zu der Tech-
nik auf seinem Dach. Dafür arbeitete Syril Eberhart sich ein und
baute zunächst eine Anlage im Selbstversuch auf das Dach seines
Elternhauses. Dabei machte er die Erfahrung, dass der Selbstbau al-

                                                                                                                                                     Bild: Jenni Energietechnik AG
leine nur schwer möglich ist. Darum gründete er die Energiewende-
genossenschaft. Ein Mitglied baut sich eine PV-Anlage und erhält
tatkräftige Hilfe von Mitgliedern, die bereits Erfahrung im Selbstbau
gemacht haben. Im Gegenzug verpflichtet sich das Mitglied seiner-
seits, andere Mitglieder beim Anlagenbau zu unterstützen. Mit ihrer
Idee ist die Genossenschaft in eine Marktlücke gestossen. Das Inte-
resse war und ist enorm. Sie hat inzwischen mehr als 200 Anlagen
installiert. Nach ihrem Vorbild sind in anderen Kantonen bereits drei        Am 14. Juni 2018 lieferte Jenni Energietechnik AG einen 7,7 MWh-
weitere Genossenschaften entstanden. Der Preis wurde wie immer               Energiespeicher nach Huttwil. Der Spezialtransport des knapp
im Rahmen des Stromseminars in Schönau in Baden-Württemberg                  4 Meter breiten Konvois erfolgte unter Polizeibegleitung ab Ober-
verliehen. Syril Eberhart ist zurzeit auf einer einjährigen Weltreise zu     burg bis auf den Bauplatz. Für den Ablad auf der Baustelle stand ein
Wasser und Land und konnte daher nicht selbst dabei sein. Deshalb            Pneukran bereit, der den 12-Tonnen-Wasserspeicher im Kellerge-
wurde er per Video live aus Panama zugeschaltet und versicherte im           schoss platzierte. Der im Emmental produzierte Wärmespeicher ist
Gespräch mit Vorstand Sebastian Sladek, dass er nach seiner Rück-            das Herzstück der thermischen Solaranlage, die das Achtfamilien-
kehr Ende des Jahres die Arbeit wiederaufnehmen und sich auf die             haus zu 100% mit erneuerbarer Wärme versorgen wird, wie Jenni
Gründung weiterer Selbstbaugenossenschaften konzentrieren                    Energietechnik AG mitteilt. Im Zentrum des Hauses aufgestellt, wird
werde. Auch die Gründung einer Dachgenossenschaft für die Ver-               das Gebäude um den Speicher herum entstehen. Wie schon bei den
netzung und den Austausch von Know-how kann er sich vorstellen.              Solar-Mehrfamilienhäusern in Oberburg wird auch in Huttwil die
In Vertretung nahm Marlis Toneatti, die Präsidentin der Energie-             Südseite des Daches mit Sonnenkollektoren für Heizung und Warm-
wendegenossenschaft, gemeinsam mit ihrer Tochter Kade den Preis              wasser eingedeckt. Der Energiebedarf pro Haus beträgt bis 10 kW
entgegen.                                           Pressedienst/Redaktion   bei einer Aussentemperatur von –8 °C. Voraussichtlich im Frühjahr
                                                                             2019 werden die ersten acht Miet- respektive Eigentumswohnun-

WICHTIGES STELLDICHEIN                                                       gen zum Bezug bereit sein. Bei Jenni Liegenschaften ist man über-
                                                                             zeugt: «Unsere Wohnungen heben sich von anderen Überbauun-
Die Energiewelt wird immer elektrischer, effizienter, dezentraler und        gen ab.» Dies auch dank dem nachhaltigen Energiekonzept, das so-
digitaler. Dies stellt sowohl Produzenten als auch Konsumenten vor           wohl für Mieter als auch für Eigentümer tiefe laufende Kosten mit
grosse Herausforderungen. Vom 5. bis 7. Juni traf sich in der Messe          sich bringt.                                   Pressedienst/Redaktion
Zürich die Schweizer Stromwirtschaft bereits zum achten Mal zu
den Powertagen. 168 Aussteller präsentierten ihre Produkte, Tech-
nologien und Dienstleistungen aus diversen Bereichen der Strom-              HILFE BEI HANDWERKERSUCHE
wirtschaft. Mehr als 2150 Besucherinnen und Besucher nutzten die
Gelegenheit. Ein wichtiger Teil waren die Fachforen mit qualitativ           Unter www.energieheld.ch können Hausbesitzer unverbindlich eine
hochstehenden Vorträgen. Jeweils am Vormittag referierten Spezia-            Anfrage zu Sanierungsthemen stellen: vom Heizungsaustausch
listen aus der Energiewirtschaft, den Bundesbehörden und der Poli-           über die Installation von Photovoltaikanlagen oder Solarthermie
tik vor vollen Rängen zum aktuellen Programmpunkt. Auf dem Pro-              und Fassaden- oder Dachsanierungen bis hin zur Dämmung und
gramm standen zum Beispiel die Relevanz von Big Data für die                 zum Fensterersatz. Laut der Centralschweizerischen Kraftwerke AG,
Energiebranche, die Bedeutung der Wasserkraft für die Schweiz und            die diese Plattform in der Schweiz betreibt, ist dies kostenlos und
ein Blick in die Energiezukunft unseres Landes. Auf grosses Interesse        unverbindlich. «Wir wollen Hausbesitzer ganzheitlich unterstützen,
stiess auch das Start-up-Village xplor, wo Schweizer Energie-Start-          ihre Energie- und Heizkosten nachhaltig zu senken», sagt Andreas
ups Produktneuheiten, Vorzeigeprojekte und innovative Technolo-              Uthmann, Energieheld Schweiz. Erfahrene «Energiehelden» prüfen
gien zeigen konnten. Am 5. Juni wurden unter den teilnehmenden               die Anfragen, beraten Interessenten herstellerunabhängig am Tele-
Start-ups drei Awards verliehen. Einer der Awards – sowie auch der           fon und vermitteln passende und qualifizierte Handwerkspartner. In
Publikumspreis – ging an die smart-me ag aus Rotkreuz für ihr                Deutschland hat sich das in Hannover ansässige Start-up Energie-
Smart-Metering-System. Die Clemap AG aus Zürich erhielt für ihren            held schnell zur führenden Plattform mit jährlich 20 000 Sanie-
Sensor zur Energieaufschlüsselung ebenfalls einen der begehrten              rungsanfragen entwickelt. «Die Onlineplattform bietet eine grosse
Preise. Und der dritte Award staubte die Virtual Global Systems AG           Chance für regionale Handwerkspartner in der ganzen Deutsch-
aus Aarau für ihr virtuelles Kraftwerk ab, das hilft, die Netzstabilität     schweiz, ihre Dienstleistungen einfach und zielgerichtet zu ver-
zu sichern.                                      Pressedienst/Redaktion      markten», so Uthmann.                          Pressedienst/Redaktion

                                                                                                        Erneuerbare Energien Nr. 4 August 2018   7
Erneuerbare Energien - SSES
WIRTSCHAFTLICHKEIT

ERNEUERBARE
EROBERN DIE
ENERGIEWIRTSCH
                           TEXT: HEINI LÜTHI-STUDER, INVESTOR UND BERATER     einbruch von über 30% verabschiedeten sich Shell und
                  FÜR ERNEUERBARE ENERGIE/BEAT KOHLER                         BP aus der Liste der umsatzstärksten Unternehmen; 2017
                                                                              erzielten die Erdölkonzerne kaum noch einen Fünftel des
                  Im Jahr 2000 kostete ein Barrel Erdöl 30 US-Dollar, ein     Gewinns, den sie in den Ölpreis-Spitzenjahren verbucht
                  Quadratmeter Photovoltaikmodul über 700 Dollar. Beflü-      hatten.
                  gelt vom frisch eingeführten deutschen Erneuerbare-
                  Energien-Gesetz (EEG) startete Solarworld damals die        VON DEUTSCHLAND ZU CHINA
                  Photovoltaikproduktion in Deutschland. Bis dahin waren      In der Gegenwart, im Jahr 2018, kostet ein Barrel Erdöl
                  erstaunlicherweise die Erdölkonzerne BP und Shell die       um die 60 Dollar, ein Quadratmeter Photovoltaik unter
                  bekanntesten Produzenten von PV-Modulen. 2006 ver-          100 Dollar. In südlichen Ländern liegen die Strompro-
                  kaufte Shell seine US-amerikanische Modulproduktion         duktionskosten der Photovoltaik weit unter denjenigen
                  an Solarworld. BP zog sich 2012 aus dem Photovoltaik-       von Erdöl oder Kohle. Die weltweite Kohleproduktion ist
                  geschäft zurück. Umgekehrt kaufte der französische          seit drei Jahren rückläufig. Dies trotz gewaltigen Wachs-
                  Energiekonzern Total 2011 die 1985 gegründete Solar-        tumsquoten im Fernen Osten. China, das mit seinem Mil-
                  pionierin Sunpower – was im Hinblick auf die aktuelle       liardenvolk 1990 nicht mehr Strom als 80 Millionen
                  Entwicklung erwähnenswert ist.                              Deutsche konsumierte, verzehnfachte innert 25 Jahren
                  Im Jahr 2008 kostete ein Barrel Erdöl 140 Dollar, ein       die Elektrizitätsproduktion linear mit dem Einkommens-
                  Quadratmeter Photovoltaik rund 350 Dollar. Solarstrom       zuwachs – bis 2013 war Kohlekraft die massgebliche
                  liess sich für rund 30 Rappen pro Kilowattstunde produ-     Treiberin. Dann wurde der deutsche Solarmarkt politisch
                  zieren – erstmals günstiger als Erdölstrom. In den Folge-   ausgebremst: Mit einem jährlichen Zubau von über
                  jahren brach jedoch der Ölpreis ein. Mit einem Umsatz-      7 GW war Deutschland bis 2012 der dominierende Ab-

8   Erneuerbare Energien    Nr. 4   August 2018
Erneuerbare Energien - SSES
SCHWERPUNKT

                                                              Foto: Beat Kohler
                                                                                  VOR ALLEM IN ASIEN HABEN VERSCHIEDENE
                                                                                  LÄNDER DIE CHANCEN DER PHOTOVOLTAIK FÜR
                                                                                  SICH ENTDECKT. AUCH IM EUROPÄISCHEN
                                                                                  ENERGIEMARKT FINDET EIN UMBRUCH STATT. UND
                                                                                  IN DER SCHWEIZ KOMMT EINE AKTUELLE STUDIE
                                                                                  ZUM SCHLUSS, DASS EINE STÄRKERE NUTZUNG
                                                                                  ERNEUERBARER ENERGIEN IN VERBINDUNG MIT
                                                                                  MEHR MASSNAHMEN ZUR STEIGERUNG DER
                                                                                  ENERGIEEFFIZIENZ MEHR ARBEITSPLÄTZE SCHAFFEN
                                                                                  UND DIE ENERGIEUNABHÄNGIGKEIT DES LANDES
                                                                                  ERHÖHEN WÜRDE, OHNE DASS SICH DIES AUF DIE
                                                                                  GESAMTKOSTEN AUSWIRKTE.

HAFT                                                                              Nicht aus Vernunft, aber aufgrund der Wettbewerbsfähigkeit der
                                                                                  erneuerbaren Energien sind Erdöl und auch Kohle künftig auf dem
                                                                                  Rückzug.

  satzmarkt für Photovoltaik, seit 2013 sind es unter 3 GW.                        identifiziert hat. Indien produziert die Elektrizität bislang
  Weltweit wurden aber im Jahr 2013 bereits PV-Module                              zu 70% aus Kohle, doch die indischen Kohlevorräte sind
  mit einer Gesamtleistung von rund 20 GW produziert,                              begrenzt und von schlechter Qualität. Um eine wach-
  vorwiegend in China. Die Chinesen konnten nun nicht                              sende Wirtschaft zu befeuern, müsste das Land Kohle
  mehr auf den Exportmarkt Europa zählen – der Solar-                              importieren – oder Solarkraftwerke zubauen. Der Aufbau
  stromzubau im eigenen Land wurde von 3 auf 10 GW                                 einer Industrie der erneuerbaren Energien ist heute für
  erhöht und überholte bald die Windkraftinstallationen.                           die Inder preiswerter und deshalb nichts anderes als ein
  Dies auch, weil in den Städten wegen der Kohleabgase                             logischer Schritt. Während im stagnierenden Europa die
  die Smogemissionen lebensbedrohlich wurden. Alleine                              Energiewende auf Widerstand stösst, gibt es für expan-
  im vergangenen Jahr haben die Chinesen über 50 GW                                dierende asiatische Energieversorger kaum einen ande-
  Photovoltaik verbaut. Allerdings ist gleichzeitig der                            ren Weg als die erneuerbaren Energien.
  wachsende Energiehunger so gross, dass gemäss den
  Weltenergiezahlen 2017 von BP die Kohleproduktion                                WIE STEHT ES UM DIE ATOMENERGIE?
  wieder um 3,2% zugenommen hat, eine Zunahme, die                                 Der französische Areva-Konzern war treibende Kraft
  zur Hälfte auf eine erneute Produktionssteigerung in                             hinter dem Bau einiger neuer Kernkraftwerke. Dieser
  China zurückzuführen ist.                                                        verzögert und verteuert sich allerdings jährlich. Auf-
                                                                                   grund hoher Verluste bei verschiedenen Projekten wurde
  CHANCEN DER                                                                      die Areva-Gruppe ab 2017 grundlegend restrukturiert
  ERNEUERBAREN ENERGIEN ERKANNT                                                    und durch den französischen Staat rekapitalisiert. Der
  Gleichwohl lässt sich erkennen, dass das zweite Milliar-                         staatliche Energieversorger EDF übernimmt die Kraft-
  denvolk seine Chancen in den erneuerbaren Energien                               werksbau-Sparte von Areva, das Nuklearbrennstoff-

                                                                                                                         Erneuerbare Energien Nr. 4 August 2018   9
Erneuerbare Energien - SSES
SCHWERPUNKT

                                                                                                                                                                         nen hält sich Total in den letzten Jahren relativ gut. Mit
           Photovoltaic                                                                                                                                                  erneuerbaren Energien – und Erdgas – tritt der französi-
        Installa.on in GW                                                                                                                                                sche Konzern nun gegen seine atomlastigen Brüder im
                                                                                                                                                                         eigenen Land an. Dass der französische Staat an den ver-
                                                                                                                                                                         lustträchtigen Atombeteiligungen festhält, lässt sich
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      50                                                                                                                                                                 Frankreich sieht sich auch in Zukunft als Atommacht.
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       35                                                                                                                                                                WEITERES WACHSTUM IN ASIEN
       30                                                                                                                                                                Erneuerbare Energien wurden politisch motiviert in
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                                                                                                                                                                         Europa aufgebaut, nun werden sie zum Selbstläufer in
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                                                                                                                                                                 2017
                                                                                                                                                                         tenzial unterentwickelter Länder begrenzt. Getrieben von

                                                                                                                                                          2016
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                                                                                                                                                   2015
         0                                                                                                                                                               erneuerbaren Energien schrumpft der Wohlstandsvor-

                                                                                                                                            2014
                                                                                                                                                                         sprung vom Westen. Wer «America first» durchsetzen
                                                                                                                                     2013
               China

                                                                                                                              2012
             Japan

                                                                                                                                                                         wollte, hätte wohl tatsächlich das Aufkommen der Solar-
                                                                                                                       2011
                           US A

                                                                                                                2010

                                                                                                                                                                         industrie noch konsequenter unterdrücken müssen. Doch
                           y

                                                                                                         2009
                   German
                     Spain

                                                                                                  2008

                                                                                                                                                                         heute kann man China und Indien – ausser mit kriegeri-
                   Italy

                                                                                           2007
                                                                                   India

                                                                                                                                                                         schen Mitteln – kaum mehr davon abhalten, mit Wind-
                                                                                  2006

                                                                                                                                                                         und Solarparks zu Kräften zu kommen. Nicht zu Unrecht
                                                                                                                                                                         wurde lange zwischen Solar- und Erdölmarkt differen-
Installierte           Geschäft wurde der neu gegründeten Orano anvertraut.                                                                                              ziert – der Solarmarkt ist kaum vom Erdölpreis und von
Photovoltaik­          Areva gibt es nicht mehr – weltweit werden Tausende                                                                                               dessen Entwicklung abhängig. Erdöl war auf dem Strom-
leistung in
                       Jobs im thermischen Kraftwerksbau abgebaut. Frank-                                                                                                markt noch nie von grosser Bedeutung. Erdöl dominiert
Gigawatt.
                       reich will bis 2025 den Atomstromanteil von über 70 auf                                                                                           den Mobilitätssektor. Dass zukünftig Milliarden von Asi-
                       50% reduzieren – und die nicht atomare Konkurrenz                                                                                                 aten ebenfalls mit Erdöl unterwegs sein werden, ist im
                       wächst. Der Erdölkonzern Total war bei der Gründung                                                                                               Hinblick auf die beschränkte Verfügbarkeit dieser Res-
                       um 1924 auch zu 35% vom französischen Staat finan-                                                                                                source unrealistisch. Erneuerbare Elektrizität hingegen
                       ziert. Mittlerweile ist die staatliche Beteiligung vernach-                                                                                       ist unbegrenzt ausbaubar – und drängt folgerichtig auch
                       lässigbar. Total hat jetzt Direct Energy erworben, die mit                                                                                        in den Mobilitätssektor. Der Erdölpreis kann unter diesen
                       Gaskraftwerken und erneuerbaren Energien über zwei                                                                                                Voraussetzungen nicht mehr signifikant ansteigen –
                       Millionen Kunden versorgt. In der Versorgung der Gas-                                                                                             denn der Preisvorteil der elektrischen Mobilität würde
                       kraftwerke mag es eine Symbiose in der Supply Chain                                                                                               sich dadurch nur weiter vergrössern.
                       geben. Aber auch im Solarbereich gibt es die: Über
                       100 GW Stromerzeugungskapazität will Total mit Sun-                                                                                               ERNEUERBARE ENERGIEN
                       power und Direct Energy über die nächsten fünf Jahre                                                                                              SIND WETTBEWERBSFÄHIG
                       aufbauen. Gleichzeitig kauft die von Total kontrollierte                                                                                          Es ist so weit: Nicht aus Vernunft, aber aufgrund der
                       Sunpower das Amerikageschäft von der insolventen So-                                                                                              Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energien sind
                       larworld-Gruppe. Im Vergleich zu anderen Erdölkonzer-                                                                                             Kohle und auch Erdöl künftig auf dem Rückzug. In der

                                                                                 100                                                                                                                                                    Grafiken: ibee-studer.net

                                                                                 90
                             Kosten für 1 kWh mechanische Endenergie (US-cent)

                                                                                 80
                                                                                                                                                                                                       2007       2016     2016
                                                                                 70                                                                                                                   Umsatz -rückgang Gewinnrückgang
                                                                                                                                                                                                Nr    Mrd USD                     Nr
                                                                                 60
                                                                                                                                                                          Wallmart      USA       1    378.8     +28%       +7%    1
                                                                                                                                                                          ExxonMobile   US        2    372.8      -45%     -81%   10
                                                                                                                                                                          Shell         NL        3    355.8      -33%     -85%    7
                                                                                 50
                                                                                                                                                                          BP            GB        4    291.4      -36%     -99%   12
                                                                                                                                                                          Toyota        Japan     5    230.2     +11%      +13%    5
                                                                                 40
                                                                                                                                                                          Chevron       USA       6     210       -49%    -104%   45
                                                                                                                                                                          Sinopec       China    16   159.26     +68%      -69%    3
                                                                                 30

                                                                                 20

                                                                                 10

Kosten für                                                                        0
                                                                                       1970
                                                                                       1972
                                                                                       1974
                                                                                       1976
                                                                                       1978
                                                                                       1980
                                                                                       1982
                                                                                       1984
                                                                                       1986
                                                                                       1988
                                                                                       1990
                                                                                       1992
                                                                                       1994
                                                                                       1996
                                                                                       1998
                                                                                       2000
                                                                                       2002
                                                                                       2004
                                                                                       2006
                                                                                       2008
                                                                                       2010
                                                                                       2012
                                                                                       2014
                                                                                       2016

1 kWh
mechanische
Endenergie in                                                                              Erdöl US-cent pro 3 kWh                          Solarstrom US-cent pro kWh
US­Cent.

10    Erneuerbare Energien                     Nr. 4                                   August 2018
SCHWERPUNKT

 NACHGEFRAGT                                    Volkswirtschaft, wenn sie auf Energieeffi­    meintlich billiger fossiler Energie auf teu-
 Professor Philippe Thalmann unterrichtet       zienz und erneuerbare Energien setzt?         rere erneuerbare Energien.
 Studierende der Architektur in Immo-           In unseren Simulationen gibt es eine poli-
 bilien- und Wohnungswirtschaft, aber           tische Vorgabe – den Ausstoss von Treib-      Welche Akteure hätten den grössten Nut­
 auch in der Ingenieurwissenschaft und          hausgasen mehr oder weniger schnell zu        zen in einem raschen Energiewendesze­
 den Naturwissenschaften, vor allem in          reduzieren – und die notwendigen Förder-      nario?
 den Bereichen Klimawandel, Wachstum            und Lenkungsmassnahmen, um dieses             Einen klaren Nutzen haben, nicht überra-
 und nachhaltige Entwicklung. Sein aktu-        Ziel zu erreichen. Die Volkswirtschaft re-    schend, die Industrie- und Dienstleistungs-
 elles Forschungsinteresse konzentriert         agiert auf diese Massnahmen. Da die           sektoren, die erneuerbare Energie liefern
 sich auf die Ökonomie der natürlichen          Wirtschaft durch diese Massnahmen von         oder Effizienzmassnahmen ermöglichen.
 und der gebauten Umwelt.                       ihrem «natürlichen» Entwicklungspfad          Hier nehmen die Preise und die Wertschöp-
                                                verdrängt wird und auf teurere Energien       fung zu, während sie in anderen Sektoren
 Beat Kohler: Lassen sich angesichts der        umstellen muss, entsteht gemessen am          abnehmen. In unserem Hauptmodell gibt
 andauernden grossen Umbrüche im Ener­          Haushaltskonsum vorerst einmal ein            es leider nur einen Haushaltstyp. Unser re-
 giesektor langfristige Prognosen zu wirt­      volkswirtschaftlicher Schaden. Der ist aber   präsentativer Haushalt besitzt das Kapital
 schaftlichen Auswirkung überhaupt stel­        gering. Er liegt unter 2%, sogar bei den      aller Sektoren und bietet seine Arbeit in al-
 len?                                           ambitiösesten politischen Vorgaben (z.B.      len Sektoren an. Verteilungseffekte oder
 Philippe Thalmann: Wir gehen in unseren        1 Tonne CO2 pro Kopf bis 2050). Dass da-      die besondere Belastung für Haushalte mit
 Simulationen von der Annahme aus, dass         mit auch die Umweltbelastung abnimmt,         tieferen Einkommen (energy poverty) kön-
 der Wandel bei der Energieeffizienz, beim      möglicherweise neue Exportmärkte er-          nen wir leider nicht bemessen.
 Ausbau der erneuerbaren Energien, bei          obert werden können und sonstige Zu-
 den Elektrofahrzeugen und anderem mehr         satznutzen entstehen, können wir in unse-     Was sind die wesentlichen Voraussetzun­
 graduell stattfindet. Es gibt keinen überra-   rem neoklassischen makroökonomischen          gen, damit ein solches Szenario eintritt?
 schenden Durchbruch. Die Geschwindig-          Modell leider nicht berücksichtigen – die     Da wir keine drastische Zunahme der
 keit des Wandels hängt von der wirt-           Abnahme der Energieeinfuhren, die Ein-        Preise für fossile Energieträger erwarten,
 schaftlichen Entwicklung, Preisen und För-     sparungen beim Energieverbrauch, die          findet der Energiewandel nur statt, wenn
 der- und Lenkungsmassnahmen ab.                Verlagerungen zwischen Branchen aber          genügend griffige Förder- und Lenkungs-
                                                schon. Dies ist alles enthalten und zeigt     massnahmen eingeführt werden. Wir ar-
 Welches sind aus Ihrer Sicht die haupt­        auf, dass der volkswirtschaftliche Schaden    beiten oft mit einer CO2-Abgabe, die auf
 sächlichen Vorteile für die Schweizer          nicht so gross ist, wie man erwarten          Treibstoffe ausgeweitet und sukzessive er-
                                                könnte bei einer Verlagerung von ver-         höht wird.

Schweiz ist im Heizungsbereich der Erdölabsatz bereits        Analysiert wurden die wirtschaftlichen Auswirkungen
eingebrochen. Alleine 2017 sank der Verbrauch von             dreier Energiewendeszenarien auf die Energiesituation
Heizöl extraleicht um 6,5%, derjenige von den schweren        der Schweiz im Jahr 2050. Die Szenarien unterscheiden
Heizölsorten sogar um 33,3%. In der Mobilität ist diese       sich in der Nutzung fossiler Brennstoffe und erneuerba-
Substitution angesichts der sich laufend verbessernden        rer Energien sowie in ihrer Energieeffizienz. Solche Stu-
Batteriekapazitäten eine Frage der Zeit. Dass sich Ener-      dien waren bisher rar, ganz im Gegensatz zu Untersu-
giekonzerne wie Total um ihre Zukunft sorgen, ist ver-        chungen in Bezug auf CO2-Emissionen sowie Endener-
ständlich. Der Rückzug von Kapital aus dem Geschäft           gie- und Stromverbrauch. Forscher an der EPFL haben
mit fossilen Energien ist vordergründig eine moralisch        diese Lücke geschlossen. Die drei Annahmen weichen
anpreisbare Sache. Dahinter stehen aber handfeste wirt-       ziemlich deutlich voneinander ab. Beim «Status quo»-
schaftliche Interessen, weil das fossile Kapital mit den      Szenario gingen die Forscher davon aus, dass die Ener-
rückgängigen Gewinnen unweigerlich an Wert verliert.          giepolitik des Bundes 2011 ohne zusätzliche Massnah-
Die aktuell rechtskonservative Politik (hierzulande, in       men bestehen bliebe. Im zweiten Szenario untersuchten
den USA und anderswo), die Kohle und Öl «retten» will,        sie, wie die Situation aussähe, wenn die kürzlich vom
ist lediglich Ausdruck einer Verteidigungshaltung – der       Bundesrat beschlossenen Massnahmen vollständig um-
Verteidigung etablierter Geschäfte und des Wohlstands         gesetzt würden. Und das dritte Szenario basiert auf der
des Westens.                                                  Annahme, dass nicht nur das erste Massnahmenpaket
                                                              der Energiestrategie 2050, dem das Schweizer Volk vor
DER RICHTIGE WEG FÜR DIE SCHWEIZ                              einem Jahr zugestimmt hat, sondern auch die weiteren
Dass die Energiewende auch in der Schweiz der wirt-           angedachten Schritte umgesetzt würden. Mit energy-
schaftlichste Weg in die Energiezukunft ist, hat kürzlich     scope.ch, dem Onlinerechner des EPFL Energy Center
eine Studie belegt, für die sich eine Handvoll EPFL-La-       und des Labors Industrial Process and Energy Systems
boratorien zusammengetan haben. Denn die wirtschaft-          Engineering (IPESE), analysierten die Forscher die Aus-
lichen Auswirkungen der Energiewende geben immer              wirkungen, die jedes dieser Szenarien auf die Arbeits-
wieder Anlass zu Diskussionen. Mitte Mai hat das Energy       plätze, die Energiekosten und den Selbstversorgungsgrad
Center der École polytechnique fédérale de Lausanne           und damit auf die Unabhängigkeit der Schweiz haben
(EPFL) die Resultate dieser aktuellen Studie vorgestellt.     würde. Dieser Rechner steht übrigens allen offen, die

                                                                                                 Erneuerbare Energien Nr. 4 August 2018   11
SCHWERPUNKT

                     sich mit der Frage befassen wollen, welche Auswirkun-         ERHÖHTE ENERGIEEFFIZIENZ,
                     gen gewisse Entscheide auf die Schweizer Volkswirt-           ERHÖHTE UNABHÄNGIGKEIT
                     schaft hätten. Die EPFL bietet hier zudem ein breites         Das dritte Szenario «Neue Energiepolitik» erwies sich ge-
                     Wissen an. In zehnminütigen Lerneinheiten können Inte-        mäss dem Energy Center EPFL hinsichtlich der Ener-
                     ressierte vor dem Bildschirm in ihrem eigenen Tempo           gieunabhängigkeit der Schweiz als das beste. Die Nut-
                     erfahren, was die Hauptherausforderungen in Bezug auf         zung von lokal erzeugter erneuerbarer Energie – wie
                     die Schweizer Energiewende sind.                              Solar-, Wind-, Wasser- und Holzkraft – in Kombination
                                                                                   mit einer Verbesserung der Energieeffizienz von Autos
                     ENERGIEEFFIZIENZ SCHAFFT ARBEITSPLÄTZE                        und Gebäuden würde zu einem starken Rückgang der
                     Der Rechner von energyscope.ch enthält ein neues Inst-        Energieimporte wie Heizöl, Benzin, Diesel und Erdgas
                     rument zur Analyse der Auswirkungen von Energieeffi-          führen. Die Energieunabhängigkeit des Landes würde in
                     zienzmassnahmen auf die Arbeitsplätze, das kürzlich           diesem Szenario beim Primärenergieverbrauch von heute
                     vom Energy Center und vom Laboratory of Environmen-           26% auf etwa 72% bis 2050 steigen. Im zweiten Szena-
                     tal and Urban Economics (LEURE) entwickelt wurde. Die         rio, in dem die Energiemassnahmen des Bundesrates ein-
                     Ergebnisse zeigen, dass in den energierelevanten Sekto-       geführt werden, würde das Niveau nur noch auf 46%
                     ren der Schweiz im Szenario «Neue Energiepolitik» 35%         steigen. Es überrascht nicht, dass die Energieunabhän-
                     mehr Arbeitsplätze geschaffen werden als bei den beiden       gigkeit der Schweiz im Szenario «Status quo» bei 26%
                     anderen Szenarien. Die Gründe dafür sind wenig überra-        verharren würde.
                     schend und wurden schon im Abstimmungskampf für
                     die Energiestrategie 2050 vorgebracht. Nun sind sie wis-      ÄHNLICHE KOSTEN
                     senschaftlich hinterlegt, wie Professor Philippe Thal-        FÜR ALLE DREI SZENARIEN
                     mann vom LEURE ausführt: «Es liegt vor allem daran,           In allen drei Szenarien liegen die jährlichen Kosten für
                     dass neue Massnahmen zur Steigerung der Energieeffizi-        das Energiesystem (ohne Steuern) bei rund 24 Milliarden
                     enz Arbeitsplätze schaffen würden, insbesondere bei der       Franken. Diese Zahl beinhaltet Infrastrukturkosten (wie
                     Gebäudesanierung, wo ein Grossteil der Wertschöpfung          das Stromnetz, Produktionseinheiten usw.), die Kosten
                     von lokalen Unternehmen in der Schweiz generiert              für die Steigerung der Energieeffizienz und die Kosten
                     würde.» Die anderen Szenarien seien stärker auf Brenn-        für den Import von Erdölprodukten, Erdgas und Strom.
                     stoffimporte angewiesen, die einen grösseren Anteil der       Die Investitionen für die drei Szenarien variierten um
                     Kosten ausmachen und lokal weniger Arbeitsplätze              weniger als 10%. Wenn man also einen gewissen Unsi-
                     schaffen würden. Darüber hinaus würde im Szenario             cherheitsfaktor einkalkuliere, falle kein Szenario auf, das
                     «Neue Energiepolitik» die Zahl der Arbeitsplätze im Ver-      teurer sei als die anderen, schreiben die Verfasser der
                     kehrssektor steigen, da sich der Schwerpunkt stärker auf      Studie. Die zukünftigen Kosten der Szenarien, die stärker
                     den öffentlichen Verkehr verlagerte. Der Anstieg der An-      auf fossile Brennstoffe angewiesen sind, seien jedoch
                     zahl von Elektroautos, die viel weniger Wartung benöti-       unsicherer; solche Energiesysteme sind den Öl- und Gas-
                     gen als Benzin- und Dieselfahrzeuge, würde jedoch             preisen ausgesetzt, die auf lange Sicht schwieriger zu
                     wahrscheinlich zu weniger Arbeitsplätzen in der Auto-         prognostizieren sind als die Preise für saubere Technolo-
                     mobilbranche führen. In ihrer Studie untersuchten die         gien. «Das ist nicht wirklich überraschend», sagt Profes-
                     Forscher jeden Sektor, der direkt mit der Energieerzeu-       sor François Maréchal vom IPESE. «Erneuerbare Ener-
                     gung und -verteilung verbunden ist. Sie verwendeten ein       gien, verbunden mit grösserer Energieeffizienz, würden
                     Input-Output-Modell, um die Zahl der Arbeitsplätze zu         natürlich zusätzliche Investitionen erfordern, aber dies
                     schätzen, die infolge der Energiewende geschaffen wur-        würde durch den Rückgang der Brennstoffimporte aus-
                     den, und betrachteten die strukturellen Auswirkungen          geglichen. Darüber hinaus werden erneuerbare Ener-
                     auf die Wirtschaft auf der Grundlage der aktuellen Ener-      gien – insbesondere die Photovoltaik – und energieeffi-
                     giepreise.                                                    ziente Lösungen wie Elektroautos immer billiger.»

                                                                        Domotec-HPSU - Luft-/Wasser-Wärmepumpe
                                                                        Saubere Energie optimal Nutzen
                                                                        •   Intelligentes Speichermanagement für maximale Energieeffizienz
                                                                        •   Einzigartiges Wärmespeicher-Prinzip bietet höchste Hygiene
                                                                        •   Verhindert Ablagerungen und Legionellenbildung
                                                                        •   Sparsamer und leiser Betrieb
                                                                        •   Heizen im Winter, kühlen im Sommer
                                                                        •   Kombination mit Solaranlage möglich
                                                                        Domotec AG, 062 787 87 87, www.domotec.ch
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12   Erneuerbare Energien     Nr. 4   August 2018
SONNE

SONNENENERGIE-MARKTERHEBUNG 2017
DIE ERHEBUNG WIDERSPIEGELT DIE SCHWIERIGE MARKTSITUATION VOR INKRAFTTRETEN DER
ENERGIESTRATEGIE 2050. BESONDERS AUGENFÄLLIG IST DER DURCH FEHLENDE FÖRDERUNG
BEDINGTE MARKTEINBRUCH UM FAST EIN DRITTEL BEI DEN MITTLEREN UND GROSSEN
PHOTOVOLTAIKANLAGEN GEGENÜBER DEM JAHR 2016. AUCH WENN FÜR DAS LAUFENDE
JAHR EINE ERHOLUNG ZU ERWARTEN IST, BLEIBT DIE MARKTSITUATION FÜR GROSSANLAGEN
SCHWIERIG. SWISSOLAR FORDERT DESHALB EINE VERKÜRZUNG DER SECHSJÄHRIGEN
WARTEFRIST FÜR DIE EINMALVERGÜTUNG.

MEHR GROSSE SOLARANLAGEN
BRAUCHT DAS LAND
                                                Foto: Schweizer Solarpreis

     TEXT: SWISSOLAR/REDAKTION

Die neu veröffentlichte Markterhebung
Sonnenenergie 2017, die von Swissolar
durchgeführt und vom BFE (Bundesamt
für Energie) plausibilisierte wurde, betrifft
ein Jahr, das wegen der Diskussion über
die Energiestrategie 2050 von fehlender
Förderung und grosser Unsicherheit ge-
prägt war. Die Photovoltaik(PV)-Ver-
kaufszahlen sanken gegenüber dem Vor-
jahr um 9% auf 241 Megawatt, was etwa
einer Fläche von 225 Fussballfeldern
(ca. 1,5 Mio. m2) neu installierter Module                                   Die Anlage auf der Tissot-Arena in Biel ist die grösste Anlage auf einem Fussballstadion.
entspricht. Verursacht wurde der Rück-
gang durch die letztes Jahr fehlende För-                                    wärmung in Mehrfamilienhäusern (+35%                  ren eigenverbrauchsoptimierten Solaran-
derung bei mittleren und grossen Anlagen                                     gegenüber Vorjahr, bezogen auf die Flä-               lagen, die nur einen kleinen Teil der ver-
über 30 kW Leistung (–31%). Besonders                                        che).                                                 fügbaren Dachfläche nutzen. Dies läuft
dramatisch war die Entwicklung bei Anla-                                                                                           den Zielen der Energiestrategie 2050 und
gen über einem Megawatt Leistung                                             MEHR SCHUB FÜR GROSSE                                 den Erfordernissen des Pariser Klimaab-
(–73%). Die Analyse nach Art der Anlagen                                     PV-ANLAGEN                                            kommens zuwider und ist auch volkswirt-
zeigte den grössten Rückgang bei Indust-                                     Swissolar geht für das laufende Jahr von              schaftlich unsinnig. Für die Erreichung
rie und Gewerbe (–23%) und Landwirt-                                         einem leichten Wachstum bei der Photo-                der Ziele braucht es zwingend einen stär-
schaft (–33%). In diesen Bereichen exis-                                     voltaik aus. Trotz der seit Jahresbeginn              keren Ausbau der Grossanlagen auf In-
tieren viele grosse, bestens geeignete Dä-                                   für alle Anlagengrössen verfügbaren Ein-              dustrie-, Gewerbe-, Dienstleistungs- und
cher. Demgegenüber legte das Marktseg-                                       malvergütung bleibt die Marktsituation                Landwirtschaftsbauten. Swissolar fordert
ment der PV-Kleinanlagen (unter 30 kW                                        für Grossanlagen schwierig. Als Grund                 deshalb von den Energieversorgern faire,
Leistung, ca. 200 m2) um 38% und somit                                       nennt der Verband einerseits die lange                der Energieverordnung entsprechende
massiv zu. Dies insbesondere bei Anlagen                                     Wartefrist für Neuanmeldungen für die                 Rückliefertarife für Solarstrom. Die 2017
auf Einfamilienhäusern (+28%) und Mehr-                                      «grosse Einmalvergütung» von mindes-                  installierte Anzahl Batteriespeicher ver-
familienhäusern (+14%). Es zeigt sich,                                       tens sechs Jahren. Swissolar fordert das              dreifachte sich im Vergleich zum Vorjahr.
dass Photovoltaikanlagen auf neuen                                           Bundesamt für Energie auf, diese Frist                In der Schweiz werden jedoch immer noch
Wohnhäusern und bei Sanierungen heute                                        durch eine Umverteilung der verfügbaren               viermal weniger Batteriespeicher pro Kopf
zum Standard gehören. (2017 wurden                                           Mittel auf maximal zwei Jahre (wie bei                installiert als in Deutschland. Swissolar
9131 PV-Anlagen auf Einfamilienhäusern                                       der «kleinen Einmalvergütung») abzusen-               rechnet mit einer schnell wachsenden
installiert, während im gleichen Zeitraum                                    ken. Ein weiterer Grund liegt in den vie-             Nachfrage aufgrund des Preiszerfalls bei
rund 7000 neue EFH gebaut wurden.) Um                                        lerorts sehr tiefen Rückliefertarifen für             Batterien. Dank optimiertem Eigenver-
5% zugelegt haben auch Kollektoranlagen                                      nicht selbst verwendeten Strom. Diese                 brauch werden Stromspeicher zusehends
zur Nutzung der Solarwärme – zum ersten                                      zwingen Betreiber dazu, ihre Anlagen                  wirtschaftlich.
Mal nach vier Jahren rückläufigen Mark-                                      möglichst klein zu dimensionieren. Die
tes. Der Grund dafür ist die wachsende                                       Folge sind die vielerorts (z.B. auf land-             www.swissolar.ch
Beliebtheit solcher Anlagen zur Wasserer-                                    wirtschaftlichen Bauten) bereits sichtba-

                                                                                                                                      Erneuerbare Energien Nr. 4 August 2018   13
SONNE

SOLARWÄRME
SONNENKOLLEKTOREN SIND GUT MIT ANDEREN TECHNOLOGIEN ZUR WÄRMEERZEUGUNG
KOMBINIERBAR. UND SIE SIND SINNVOLL BEI DER ERWÄRMUNG VON WASSER ODER BEIM
HEIZEN. DOCH SOLARTHERMIE FRISTETE IN DEN LETZTEN JAHREN IM VERGLEICH ZUR PHOTO­
VOLTAIK EIN SCHATTENDASEIN: VERKAUF UND INSTALLATION WAREN RÜCKLÄUFIG. WARUM
IST DAS SO, UND WIE IST DIE LEICHTE TRENDWENDE IN JÜNGSTER ZEIT ZU ERKLÄREN?

LEICHTE TRENDWENDE
ZEICHNET SICH AB
     TEXT: ANDREA HOLENSTEIN                                     MEHR SOLARTHERMIE BEI                        Die Solaranlagen seien zwar in letzter Zeit
                                                                 MEHRFAMILIENHÄUSERN                          etwas günstiger geworden, fügt er an. So­
Josef Jenni ist Elektroingenieur und                             Und genau dies bestätigen auch die neus­     lange die Kantone aber nicht entspre­
mehrfach ausgezeichneter Solarpionier.                           ten Zahlen: Gemäss der Markterhebung         chende Vorschriften erliessen, werde ihre
Was meint er zur Entwicklung der Solar­                          von Swissolar haben die Solarthermie­        Zahl nur langsam zunehmen. «Eine wich­
thermie auf dem Markt? Obwohl Jenni                              anlagen 2017 auf dem Schweizer Markt         tige Motivation, Solarwärme zu nutzen,
den Einsatz der Solarthermie für eine er­                        zum ersten Mal leicht zugelegt, und zwar     ist natürlich, unabhängig zu sein und
folgreiche Energiewende für unverzicht­                          um fünf Prozent. In den vier Jahren zuvor    keine fossile Energie mehr zu verbrau­
bar hält, steht für ihn ihre Wirtschaftlich­                     war die Zahl der installierten Anlagen       chen. Kantonale Vorschriften (MuKEn
keit nicht im Vordergrund. «Sagen wir,                           stets zurückgegangen. José Martin, Leiter    2014 der EnDK) können diese Motivation
eine Solaranlage kostet 25 000 Franken.                          Solarwärme und Bildung bei Swissolar,        weiter unterstützen», so Martin. Und Jenni
Linear (ohne Verzinsung) gerechnet ist sie                       begründet diese Zunahme so: «Die Solar­      ergänzt: «Ein höherer Ölpreis hilft der So­
nach 20 bis 30 Jahren amortisiert. Und                           thermie ist vor allem für Mehrfamilien­      larthermie. Aber am meisten hilft die
pro Jahr kann man etwa 1000 Franken                              häuser interessant. Bezogen auf die Fläche   Angst, vom Öl abhängig zu sein, oder
Energiekosten sparen. Das kann man nicht                         wurden hier gegenüber dem Vorjahr            steigende Öl­ oder Strompreise ganz all­
mit wirtschaftlichen Argumenten verkau­                          35 Prozent mehr Anlagen zur Wasser­          gemein. 2008 bis 2010 war in dieser Hin­
fen. Aber es gibt eben sehr wichtige öko­                        erwärmung gebaut. Man kann die Investi­      sicht die beste Zeit für die Solarthermie.»
logische Argumente, und wenn die Kun­                            tionskosten zu 100 Prozent den Mietern
den mit der Anlage und dem Service zu­                           weiterverrechnen. Bei Einfamilienhäusern     ÖL- UND GASKESSEL DURCH
frieden sind, dann funktioniert der Ver­                         kommt es auf die Höhe des Ölpreises be­      SOLARTHERMIE ERSETZEN
kauf trotzdem», erklärt er.                                      ziehungsweise des Preises anderer Ener­      Gibt es bestimmte Anwendungszwecke,
                                                                 gien an, wie gut Solarthermie rentiert.»     wo die Solarthermie die grössten wirt­
                                                                                                              schaftlichen Vorteile bietet? «Physikalisch
                                                                                                              und von den effektiven Kosten her (ohne
                                                                                                              Subventionen) ist es am schlausten, mit
      Solarwärmetrends Segmente EFH und MFH, Röhren- und Flachkollektoren
                          (installierte m2, relative Werte)
                                                                                                              Solarthermie Wärme zu erzeugen. In der
                                                                                                              Schweiz werden 40 bis 45 Prozent des
     2017        23.6%             18.2%                          49.2%                  9.1%
                                                                                                              Energiebedarfs für die Erzeugung von
                                                                                                              Heizwärme und Warmwasser aufgewen­
     2016         28.5%                18.2%                      45.1%                  8.1%
                                                                                                              det. Da ist es sinnvoll, Solarthermie einzu­
     2015         28.8%                15.3%                     37.9%               18.0%
                                                                                                              setzen. Doch die Solarwärme soll mög­
                                                                                                              lichst dezentral dort produziert werden,
     2014         30.2%                 16.0%                      45.2%                 8.6%                 wo sie gebraucht wird», sagt Jenni. Ziem­
       m2                                                                                                     lich wichtig für die Entwicklung der So­
     2013         38.0%                          20.3%                   35.6%             6.0%               larthermie ist laut Martin aber auch die
                                                                                                              Haltung der Installateure. «Bei Swissolar
     2012         44.3%                                  24.3%               25.9%         5.5%
                                                                                                              gibt es 700 Mitglieder, etwa 200 davon
                                                                                                              sind Profis im Solarthermiebereich. Doch
     2011         32.9%                           30.2%                     32.8%          4.1%
                                                                                                              der Gebäudetechnikverband Suissetec hat
     2010         32.2%                        27.4%                       34.2%           6.3%
                                                                                                              rund 3000 Mitglieder, die Sanitäre, Speng­
                                                                                                              ler und Heizungsinstallateure sind. Nur
            0%   10%     20%     30%       40%     50%      60%     70%      80%     90%     100%             wenige davon sind proaktiv im Bereich
            ■ EFH WW (%)       ■ EFH WW+H (%)          ■ MFH WW, WW+H (%)            ■ Rest (%)
                                                                                                              Solarwärme tätig. Hier gibt es noch Ver­
                                                                                                              besserungspotenzial», erklärt er. Und noch

14   Erneuerbare Energien      Nr. 4   August 2018
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