Evangelische Heimstiftung - geht neue Wege Das MagazinAus der Heimstiftung
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Das Magazin 2/2017 Aus der Heimstiftung ALADIEN – QuartrBack WohnenPLUS in Labor und Praxis geht an den Start Modernes Quartiershaus Evangelische Heimstiftung geht neue Wege
Editorial Sehr geehrte Leserinnen und Leser, unsere Gesellschaft wird älter und bunter. Das Ge- schenk eines langen Lebens und die damit verbun- denen individuellen Erwartungen und Ansprüche fordern uns als Evangelische Heimstiftung heraus auch neue Betreuungs- und Versorgungsstrukturen zu entwickeln. Im Fokus stehen dabei Dienstleis tungen, die möglichst lange den selbstständigen Verbleib in der eigenen Häuslichkeit, im gewohnten Quartier oder Wohnort unterstützen. 70 Prozent aller Pflegearrangements finden in den Familien statt. Bei einem Drittel davon unterstützt ein ambulanter Pflegedienst. Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, dass sich die Verantwortungs- gemeinschaft pflegender Angehöriger mit bürger- schaftlich engagierten Menschen und professio- nellen Diensten zu einer „Caring Community“ weiterentwickeln kann, die vielfältige Lebensent- würfe, Wohnformen und Assistenzsettings ermög- licht. Wie das konkret aussehen kann, zeigt Ihnen unser aktuelles Titelthema. Neue Wege gehen wir aber nicht nur in der Pflege, sondern auch politisch. Lesen Sie beispielsweise von unserer engagierten Pflegekraft, die den Mut findet sich in einer Live-Sendung für bessere Rah- menbedingungen für Pflegekräfte und Bewohner einzusetzen und damit den Kanzlerkandidaten Martin Schulz herausfordert. Das großartige Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort zeigt sich auch in den zahlreichen Berichten und Geschichten, die einen kleinen Einblick in den Alltag unserer Häuser geben. Wir danken allen Mitarbeitern von ganzem Herzen für ihr Engagement und den Bewohnern, Angehö- rigen, Kunden und Partnern für ihr Vertrauen im vergangenen Jahr und wünschen für die kommen- den Weihnachtsfeiertage ruhige und besinnliche Momente. Für das Jahr 2018 alles Gute, Gesundheit und Gottes Segen. Ihr Bernhard Schneider „Aus der Heimstiftung“ 2/2017 3
Inhalt 08 10 Inhalt 2/2017 6 | Standpunkt 22 | Impuls Das Magazin 2/2017 Aus der Heimstiftung P flege-Auszubildende testen Der Seele Raum geben QuartrBack ALADIEN – QuartrBack WohnenPLUS in Labor und Praxis geht an den Start Modernes Quartiershaus Evangelische Heimstiftung geht neue Wege Evangelische Heimstiftung über- 24 | Aus der Heimstiftung nimmt ambulanten Pflegedienst Fachgespräch mit Bernhard Schneider als Minister Hermann Gröhe DEVAP-Vorsitzender zurück- getreten Kunst im Heim Dreharbeiten im 8 | Titel Stephanuswerk Isny Evangelischen Heimstiftung Erfolgreiche Partnerschaft geht neue Wege Kooperation mit Hospizgruppe Anfassen und Ausprobieren Langenau QuartrBack geht an den Start Lokale Allianz für Menschen mit Demenz 16 | Meinung Egli-Ausstellung in Freudenstadt Danke Personalien Führungskräftetagung Nach 25 Jahren verdient mit Claus Fussek im Ruhestand 20 | Perspektiven Wer macht was in der Evangelischen Heimstiftung? An einem Tisch mit Martin Schulz 4 „Aus der Heimstiftung“ 2/2017
Inhalt 20 27 30 30 | Bau Impressum „Das Magazin. Aus der Heimstiftung“ Modernes Quartiershaus Verantwortlich: Bernhard Schneider nach WohnenPLUS Redaktion: Marina Rapp Mobil (01 51) 62 80 14 89 Einweihung magazin@ev-heimstiftung.de Nicht gekennzeichnete Artikel sind Spatenstich/Grundsteinlegung von der Redaktion verfasst Anschrift der Redaktion: Richtfest „Das Magazin. Aus der Heimstiftung“ Hackstraße 12, 70190 Stuttgart Gestaltung: Amedick & Sommer GmbH, Stuttgart 34 | Übersicht Fotos: alle Fotos Evangelische Heimstiftung Namen und Anschriften mit Ausnahme von: Fotolia: Titel (großes Bild), 9 (o. links) www.tipronet.net: Seite 6 Mit freundlicher Unterstützung der Firmen Kärcher und Leifheit: Seite 13 (o. links) Spiegel TV / RTL: Seite 20, 21 Essinger Wohnbau: Seite 30 Produktion und Druck: Henkel GmbH Druckerei, Stuttgart Nachdruck und elektronische Verwendung nur mit schriftlicher Genehmigung. „Das Magazin. Aus der Heimstiftung“ erscheint zweimal im Jahr. Auflage: 22.500 Herausgeber: Evangelische Heimstiftung GmbH www.ev-heimstiftung.de Der Bezugspreis ist durch den Beitrag abgegolten. Im Magazin der Heimstiftung wird nur die männliche Form verwendet. Dies dient lediglich der Lesefreund- lichkeit und schließt die weibliche Form mit ein. „Aus der Heimstiftung“ 2/2017 5
Standpunkt Pflege-Auszubildende testen QuartrBack „QuartrBack ist ein Modellprojekt und bislang testeten, inwieweit die eingesetzte Technik für die in Deutschland einzigartig“, erklärt Dr. Susan Benutzer gut verständlich ist, wie das Helfernetz Smeaton, wissenschaftliche Leiterin des Inno- damit zurechtkommt – und auch, ob QuartrBack vationszentrums bei der Evangelischen Heim- tatsächlich seinen Dienst erfüllt. Dafür schlüpften stiftung. Die Heimstiftung ist Konsortialführer die Auszubildenden in alle beteiligten Rollen: des QuartrBack-Projekts, das vom Bundes Betroffene, Angehörige und Ehrenamtliche. Zum ministerium für Bildung und Forschung gefördert Abschluss wurden die Auszubildenden am 10. Juli wird. in das Antonie-Kraut-Haus eingeladen, der Zen- trale der Evangelischen Heimstiftung in Stuttgart. QuartrBack wurde speziell für Menschen mit nach Ihr Fazit nach den Pretests: Der Bürger-Profi- lassendem Gedächtnis oder demenziellen Ein- Technik-Mix funktioniert und kann Menschen schränkungen entwickelt. Ziel von QuartrBack ist, mit Pflegebedarf im Alltag unterstützen. dass sich Menschen möglichst lange in ihrer eige- nen, gewohnten Umgebung aufhalten und selbst- Nach der Abschlussdiskussion ging es weiter ins ständig leben können. Dafür wird ein Mix aus Paul-Collmer-Heim nach Stuttgart-Untertürkheim. intelligenter Technik, professionellen Dienstlei- In dieser Einrichtung hat die Heimstiftung im Mai stungen und einem Hilfsnetzwerk aus Angehöri- 2017 eine ALADIEN-Musterwohnung eröffnet. „So können sie gen, Nachbarn und Ehrenamtlichen eingesetzt. ALADIEN ist ein selbst entwickeltes, technisches auch im Alter am Dieses Netzwerk steht Nutzern von QuartrBack Assistenzsystem, das darauf abzielt, Pflegebedürf- gesellschaftlichen unterwegs zur Verfügung. So können sie auch im tigen den möglichst langen Verbleib in der eigenen Geschehen teil- Alter am gesellschaftlichen Geschehen teilhaben, Häuslichkeit zu ermöglichen. Dienstleistungen wie haben, ganz im ganz im Sinne des Mottos von QuartrBack „bewe- Sturzsensoren, eine automatische Lichtsteuerung, gen – begegnen – bleiben“. automatische Herdabschaltung oder ein moderner Sinne des Mottos Hausnotruf unterstützen den Bewohner individu- von QuartrBack Mit dem sogenannten Bürger-Profi-Technik-Mix ell im Alltag. ALADIEN wird über ein Tablet gesteu- ,bewegen – be- sind individuelle Angebote möglich, erklärt Sme- ert, über das je nach Bedarf weitere Dienstleis gegnen – bleiben‘.“ aton: „Menschen möchten bis ins hohe Alter und tungen hinzugefügt werden können. „Insofern ist auch bei Krankheit weiterhin Teil des Quartiers QuartrBack eine Ergänzung zu ALADIEN, die den und der Gemeinschaft vor Ort bleiben, und zwar Bewohner auch dann begleitet, wenn er seine nicht irgendwie, sondern so, wie sie es ihr Leben Wohnung verlässt", erklärt Smeaton. lang gewohnt waren. Dazu steuert QuartrBack einen maßgeblichen Anteil bei“. So können Men- QuartrBack geht in die nächste Phase schen mit nachlassender Gedächtnisleistung Ortungssysteme nutzen, die rund um die Uhr mit Nachdem im März mit den Altenpflegeschulen in einer Serviceleitstelle verbunden sind. Dadurch Calw, Freudenstadt und Dornstadt bereits erste entlastet QuartrBack die Angehörigen, erhöht den Pretests liefen, ging QuartrBack im Oktober 2017 Freiraum der Betroffenen und fördert die Einbin- in die Feldtestphase über. Ein halbes Jahr lang dung von Ehrenamtlichen. Dadurch werden auch werden an zwei Standorten das Helfernetz und die gemeinsame Aktivitäten im Quartier gefördert. Technik auf Herz und Nieren geprüft. Ab sofort werden in Calw und Besigheim weitere Helfer und Anwender gesucht, die bei den Tests mitwirken Erste Pretests erfolgreich abgeschlossen möchten, um erste Erfahrungen zu sammeln. In Zusammenarbeit mit Auszubildenden mehrerer Denn QuartrBack ist vor allem eins: Ein lernendes Altenpflegeschulen fanden in diesem Jahr die er- System, das sich aus Erfahrungswerten kontinu- sten Pretests statt. In verschiedenen Rollenspielen ierlich optimieren lässt. Dafür ist die Unterstüt- wurden Alltagssituationen simuliert, in denen zung in den Quartieren vor Ort von großer Bedeu- QuartrBack zum Einsatz kommt. Auszubildende tung. 6 „Aus der Heimstiftung“ 2/2017
Standpunkt Evangelische Heimstiftung übernimmt ambulanten Pflegedienst Die Evangelische Heimstiftung übernimmt alle rund 150 Kunden in Lauda-Königshofen. „Die Geschäftsanteile an der RUNDUM Pflege GmbH Evangelische Heimstiftung ist mit ihren eigenen in Lauda-Königshofen. Der Gesellschafterwechsel Einrichtungen in der Region gut vertreten. Deshalb wurde zum 1. Oktober vollzogen. Die Evange- freuen wir uns, wenn wir unsere Leistungen mit lische Heimstiftung betreibt in Tauberbischofs- der Übernahme der RUNDUM Pflege sinnvoll er- heim und Bad Mergentheim bislang bereits vier weitern können“, betont Bernhard Schneider, „Deshalb freuen stationäre Einrichtungen, zwei Tagespflegen und Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstif- wir uns, wenn zwei Standorte der Mobilen Dienste. tung. Nach der Übernahme wird das Unternehmen wir unsere Leis- in eine gemeinnützige GmbH umgewandelt. tungen mit der Die Gesellschafterversammlung der RUNDUM Übernahme der Pflege GmbH hat ihre Geschäftsanteile zum 1. Die Ausweitung ambulanter Leistungen gehört zur Oktober an die Evangelische Heimstiftung verkauft. Wachstumsstrategie der Evangelischen Heimstif- RUNDUM Pflege Die Heimstiftung übernimmt damit alle Rechte tung. In der Region sind die Mobilen Dienste der sinnvoll erwei- und Pflichten der bisherigen Gesellschafter und Heimstiftung fest etabliert, ebenso wie die statio- tern können.“ tritt in bestehende Verträge als Partner ein. Außer- nären Pflegeeinrichtungen in Tauberbischofsheim dem werden alle Mitarbeiter von der Heimstiftung und Bad Mergentheim sowie die Tagespflegen. übernommen. Die RUNDUM Pflege wurde 1996 Dadurch ergeben sich sowohl für Mitarbeiter als gegründet, hat derzeit zehn Gesellschafter und auch für Kunden sinnvolle Synergieeffekte. Bernhard Schneider als DEVAP-Vorsitzender zurückgetreten Der Hauptgeschäftsführer der Evangelischen wurde deutlich, dass die Vorschläge des Vorstandes Heimstiftung, Bernhard Schneider, legte sein insbesondere auf Seite der diakonischen Landesver- Amt als Vorstandsvorsitzender des Deutschen bände keine Zustimmung fanden. Nun zog der Evangelischen Verbands für Altenarbeit und Vorstandsvorsitzende Bernhard Schneider die Pflege (DEVAP) zum 1. Oktober 2017 nieder. Konsequenz und legte sein Amt nieder. Der Entscheidung geht eine Diskussion über die Neuausrichtung des DEVAP voraus. Zu seiner Entscheidung erklärte Bernhard Schneider: „Mein persönliches Ziel ist, der Altenhilfe auf Bun- Seit Anfang 2016 setzt sich der Vorstand des Deut- desebene eine starke, profilierte und werteorientierte schen Evangelischen Verbands für Altenhilfe und Stimme zu geben. Die Diskussion um die Satzungs- Pflege (DEVAP) intensiv mit der Frage seiner Ziele, reform hat aber gezeigt, dass die Landesverbände und seiner Rolle und seiner Struktur auseinander. Eine auch der Bundesverband die Chancen nicht sehen, Mitgliederumfrage im Jahr 2016 sowie die Einschät- die sich aus einem stärkeren Engagement und einer zung mehrerer Mitglieder haben gezeigt, dass der klaren Positionierung ihrer Altenhilfeträger für die DEVAP die Altenhilfe auf Bundesebene schärfer Diakonie ergibt. Wir können das Feld nicht allein profilieren muss. Um dies zu ermöglichen, hat der den Privaten und den Pflegekammern überlassen. Vorstand eine Satzungsreform auf den Weg gebracht, Die Mehrheit im DEVAP will diese Rolle aber nicht mit der die Rolle des DEVAP als Einrichtungsverband übernehmen. Als Verwalter einer bloßen Doppel gestärkt sowie die Mitglieder- und Beitragsstruktur struktur im Diakonischen Werk, bestenfalls als angepasst und deutlich vereinfacht werden sollten. dessen Aushängeschild einer vorgeblich lebendigen Unternehmerkultur, stehe ich aber nicht zur Verfü- Auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung gung.“ Bernhard Schneider war seit Ende 2015 Vor- im September 2017 hat der Vorstand die Ziele und sitzender des DEVAP. Die ordentliche Mitgliederver- Eckpunkte der Satzungsreform erläutert und mit sammlung wählte am 16. November Bodo de Vries den Mitgliedern ausführlich diskutiert. Dabei zum neuen Vorstandsvorsitzenden. „Aus der Heimstiftung“ 2/2017 7
Ehrenamt aktiv Titel Evangelische Heimstiftung geht neue Wege Geschäftsbereich „Neue Wohnformen und Dienste“ startet im Januar Zum 1. Januar 2018 führt die Evangelische Heimstiftung in ihrer Unternehmenszentrale in Stuttgart einen neuen Geschäftsbereich ein – „Neue Wohnformen und Dienste“. Der bisherige Stuttgarter Regionaldirektor Martin Schäfer wechselt damit zum Jahresbeginn als neuer Prokurist ins Antonie-Kraut-Haus. „Unsere Gesellschaft wird älter und bunter. Das Martin Schäfer zum Prokuristen Geschenk eines langen Lebens und die damit bestellt verbundenen individuellen Erwartungen und Ansprüche fordern uns als Evangelische Heim- Martin Schäfer, der bisherige Regionaldirektor der stiftung heraus auch neue Betreuungs- und Ver- Region Stuttgart wurde in der letzten Aufsichts- sorgungsstrukturen zu entwickeln. Im Fokus ratssitzung im Oktober als neuer Prokurist bestellt stehen dabei Dienstleistungen, die möglichst und verantwortet ab Januar den neuen Geschäfts- lange den selbstständigen Verbleib in der eigenen bereich. Der 53-Jährige ist Karlshöher Diakon, Häuslichkeit, im gewohnten Quartier oder Wohn- studierte „Diakonie und Pflegemanagement“ und ort unterstützen“, so Bernhard Schneider. ist seit 1985 in verschiedenen Tätigkeiten bei der Evangelischen Heimstiftung tätig. „Er engagiert „Der neue Geschäftsbereich vereint deshalb alle sich darüber hinaus seit mehreren Jahren in zahl- Wohnformen und Dienste, die sich von klas- reichen einrichtungsübergreifenden und für die Martin Schäfer sischen stationären Einrichtungen abgrenzen. Es gesamte Heimstiftung bedeutenden Projekten. geht uns zunächst darum die WohnenPLUS-Pro- Martin Schäfer hat als Zivildienstleistender in der jekte erfolgreich an den Start zu bringen und für Evangelischen Heimstiftung angefangen und ist die Zukunft wettbewerbsfähig zu machen, den deshalb ein gutes Beispiel dafür, wie man in der „Es geht uns zu- ambulanten Bereich weiter zu etablieren und die Pflege Karriere machen kann“, freut sich Hauptge- nächst darum neuen Dienste, wie den EHS-Hausnotruf, ALADIEN schäftsführer Bernhard Schneider über die Ent- die Wohnen- und die geplante Service-Hotline weiter zu entwi- scheidung des Aufsichtsrats. Zum 1. Januar wech- ckeln und auszubauen. Außerdem nehmen wir die seln auch die Mobilen Dienste der Evangelischen PLUS-Projekte Herausforderungen der digitalen Transformation Heimstiftung und das ServiceCenterPflege in den erfolgreich an von Unternehmen an und reagieren darauf mit neuen Geschäftsbereich. den Start zu einer umfassenden Digitalisierungsstrategie. Das bringen und für heißt, wir entwickeln beispielsweise neue Produkte, Neue Wohnformen und Dienste die Zukunft Services und Apps, um Mitarbeitern und Kunden auch den digitalen Zugang zur Evangelischen Zukünftig richtet die Evangelische Heimstiftung wettbewerbs- Heimstiftung zu ermöglichen, nutzen die Poten- die Produktpolitik im stationären und ambulanten fähig zu machen.“ ziale sozialer Medien und ergründen Einsatzmög- Bereich vorrangig auf Wohn- und Betreuungsan- lichkeiten der Robotik im Service- und Betreuungs- gebote aus, die sich an der eigenen Häuslichkeit bereich sowie von Exoskeletten im Gesundheits- orientieren, ein selbstbestimmtes Leben ermögli- management“, erklärt Martin Schäfer. chen und Teilhabe fördern. 8 „Aus der Heimstiftung“ 2/2017
Titel Zum Einzug in eine ALADIEN-Wohnung bekommen die Bewoh ner ihr eigenes Tablet LUS WohnenP flegeheim P ative zum Die Altern – 55 m² 30 nungen / ten e Mietwoh Klingel und Briefkas eie autark stür, Barrierefr eige ne r H au Bad, WC, otruf mit Küche, mit Hausn ALADIEN W TP G) chaf t (§4f äude zt e W oh ngemeins en im G eb stüt Person Uhr e trägerge 8 oder 12 nd um die Ambulant em eins chaften à 4 h oder 36 h) ru Das heißt, sie investiert an neuen Standorten vor ng ft (2 Max. 2 Woh d. einer Präsenzkra enheit min rangig in Seniorenwohnungen, die mit ALADIEN mit Anwes tur Infrastruk ge fü r da s Quartier ausgestattet sind und die nach dem Wohnen- Tagesp fle ff “ „Bürgertre Mobiler D ienst Mo. – So. PLUS-Konzept oder als Betreutes Wohnen von der der EHS Evangelischen Heimstiftung betrieben werden. ALA- nPLUS DIEN steht für alltagsunterstützende Assistenzsysteme von Wohne Die Module mit Dienstleistungen und wurde von der Evange- lischen Heimstiftung speziell für Menschen mit Un- terstützungs- und Pflegebedarf entwickelt. Es bedeutet, Ausgangspunkt sind dabei seniorengerechte Miet- dass technische Systeme wie eine automatische Licht- wohnungen des Betreuten Wohnens, die mit mo- und Rolladensteuerung, eine automatische Herdab- dernster Hausnotruftechnik erschlossen sind und schaltung, Sturzsensoren oder ein moderner Haus- eine Vielzahl an Serviceleistungen für die Mieter notruf die Bewohner im Alltag unterstützen. bereithalten. Öffentliche Flächen (z. B. Quartiers- treff, Gemeinschaftsraum) schlagen Brücken ins Die bestehenden Pflegeheime werden im Rahmen Quartier und ergänzen das ambulante und teilstati- eines Masterplanes vorrangig baulich qualifiziert onäre Angebot. und durch Wohngruppen- oder Hausgemeinschafts- modelle konzeptionell weiterentwickelt. Neue Ein- „Einfach gesagt, ist WohnenPLUS die Kombination richtungen werden ausschließlich in Form von aus Betreutem Wohnen und einer an 365 Tagen im Hausgemeinschaften oder Wohngruppen organi- Jahr geöffneten Tagespflege für Betroffene, die bereits siert. „Damit reagieren wir frühzeitig auf sozialpo- einen Pflegebedarf haben. Diese wird von unseren litische Tendenzen der Ambulantisierung und Mobilen Diensten betrieben, die auch im Gebäude wohnortnahen Versorgung im Gesundheits- und mit einem Stützpunkt vertreten sind. Damit finden Pflegesektor“, erklärt Martin Schäfer. sich alle Möglichkeiten der Grund- und Behandlungs- pflege direkt bei den Kunden zuhause“, erklärt Schäfer. Mit der Umsetzung beispielsweise von WohnenPLUS werden räumliche und organisatorische Strukturen Wer mehr über WohnenPLUS erfahren möchte, geschaffen, die Einzelpersonen, Paaren oder Grup- kann sich auf unserer Homepage umfassend infor- pen auch bei zunehmendem Unterstützungsbedarf mieren und dort auch das Konzept downloaden. einen längstmöglichen Verbleib in der eigenen Marina Rapp Häuslichkeit, beziehungsweise in ihrem Quartier und der gewohnten Umgebung mit ihren sozialen www.ev-heimstiftung.de/leistungen/wohnen-im-alter/ Bezügen, ermöglichen. wohnenplus/ „Aus der Heimstiftung“ 2/2017 9
Titel Anfassen und Ausprobieren ALADIEN – in Labor und Praxis Moderne Technologien sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Sie machen unseren Alltag vernetzter und komfortabler, bringen aber auch Regeln mit sich, an die man sich häufig erst dann erinnert, wenn ein Akku wieder leer ist oder der neue Fernseher andere Anforderungen an seine Fernbedienung stellt. Wenn man in diesem Bewusstsein moderne Technologien mit dem Ziel einsetzt mehr Teilhabe zu ermöglichen, schafft man Lebensräume, in denen sich Menschen zu Hause fühlen und wertvolle Begegnung erfahren. Mit ALADIEN verbindet die Evangelische Heimstiftung Alltagsunter- stützende Assistenzsysteme mit Dienstleistungen zu einem Bürger-Profi-Technik-Mix, der Menschen auch bei zunehmendem Unterstützungsbedarf ein Leben zu Hause ermöglichen soll. ALADIEN ist bereits in über 70 Betreuten Woh- nungen der Evangelischen Heimstiftung im Einsatz und kann auf vielfältige Weise kennen gelernt Eine Türkamera über- werden: In der Musterwohnung in Stuttgart-Unter- trägt das Bild von türkheim wird gezeigt, was heute und morgen Haus- und Wohnungs- tür – je nachdem, wo bereits möglich ist. Das angeschlossene Labor er- geklingelt wurde möglicht Besuchern und Mitarbeitern des Innova- tionszentrums ausgiebige Tests von Technologien auf Herz und Nieren, veranschaulicht Chancen und Grenzen des Technologieneinsatzes und ermöglicht Entscheidungen ob, wann und wie ein Einsatz in der Praxis gefördert werden soll. Wer ALADIEN selbst einmal hautnah erleben möchte, kann dies in der Probewohnung in Bad Sebastiansweiler tun. Nach dem Hotel-Prinzip kann man sich tage- oder wochenweise dort in Vollpension einmieten und den Aufenthalt mit Kur- und Rehaanwendungen verbinden und sich intensiv zur Anpassung der eigenen Häuslichkeit beraten lassen. Wie muss man sich das vorstellen? ALADIEN öffnet Türen und beschreitet neue Wege Manchmal sind es die neuen Wege, die zu bewährten Zielen führen. Und manchmal erscheint ein Weg neu, weil er unter anderen Umständen oder mit anderer Ausrüstung gegangen wird. ALADIEN schlüpft mit Alltagsunterstützenden Assistenzsy- stem und Dienstleistungen auch in die Rolle des Begleiters. Er macht sich fit für die unterschiedlichs- ten Bedürfnisse und Bedarfe der Menschen, denen 10 „Aus der Heimstiftung“ 2/2017
Titel Video-Türkommunikationssysteme im Bürgerlabor er dienen soll. Wie unterschiedlich die Bedürfnisse Im Zuge der Führung entfaltet sich die Wohnung auf den gleichen Wegen sein können, zeigt sich Schritt für Schritt für den Betrachter. Ein Bett unter schon am barrierefreien Zugang zur Musterwoh- stützt elektromotorisch beim Aufstehen, Schrank nung und der automatisierten Haustür, die mittels türen öffnen sich wie von Zauberhand oder Küchen- Transponder und motorgetrieben den Zugang zum zeile und Schränke sind höhenverstellbar. Unschein- Gebäude ohne Kraftanstrengung ermöglicht. Da- bare Pflanzen reinigen die Luft, Bewegungsmelder rüber sind nicht nur die Bewohner glücklich – auch steuern das Licht und sind gleichzeitig Teil eines Paketdienste, Handwerker oder Angehörige mit Systems, das auf Hilfeszenarien hinweist. So kann ein Kinderwagen erfreuen sich an dieser technischen Sturzverdacht an die Hausnotrufzentrale gemeldet Ausstattung. Gekoppelt mit dem Tür-Videosystem werden, die über den Hausnotruf einen persönlichen weiß man dann bereits vor dem Öffnen, wer vor Kontakt bis in die Wohnung hinein ermöglicht. der Tür steht und wem man Zutritt ins Gebäude gewährt. Die Wohnung veranschaulicht, dass es keine per se gute oder schlechte Technik gibt. Es kommt immer Reinkommen, ankommen und auf auf den Kontext an, in den die Technik eingebunden wird. Was für den einen gut ist, kann für den anderen einen Blick informiert sein verheerend sein. Dies gilt sowohl für Helligkeit und Während man auf den Aufzug wartet, informiert Farbgebung des Nachtlichts als auch für die Lebens- bereits das digitale Schwarze Brett im Eingangsbe- situation, in der es zum Einsatz kommt. So macht es reich Bewohner und Gäste über aktuelle Veranstal- beispielsweise einen Unterschied, ob man alleine tungen. Diese Informationen können Sie in der wohnt oder eine Katze sein Eigen nennt: Vor allem Musterwohnung auch in aller Ruhe auf dem ALA- wenn, der geliebte Stubentiger die Nacht zum Tag DIEN-Tablet ansehen und entscheiden, an welchen macht, in dem er das mit Bewegungsmeldern gesteu- gesellschaftlichen Veranstaltungen Sie gerne teil- erte Nachtlicht immer wieder zum Leuchten bringt. nehmen möchten. Die Tür zur Musterwohnung In diesem Fall ist ein Funkschalter zur gezielten An- steht Ihnen offen und auf den ersten Blick scheint steuerung mit Sicherheit die bessere Alternative. es, als würden Sie eine ganz normale Wohnung be Versteckter Sitzplatz für bis zu zehn Personen treten. Sie hängen Ihre Jacke an die Garderobe und Das Führungskonzept der Musterwohnung orien- Ihr Blick wandert durch die großzügige Wohn-Ess- tiert sich deshalb an fiktiven Lebenslagen von Küche. Es duftet nach Kaffee und die schlichte De- Menschen, die mit ihren individuellen Zielen, koration mit Pflanzen und Bildern ist ansprechend. Ressourcen und Herausforderungen in dieser Woh- Hier möchte man am liebsten sofort einziehen! nung leben könnten. So wird der Blick der Besucher >>> „Aus der Heimstiftung“ 2/2017 11
Titel Nachtlichtschaltung weiß – nur Nachtlichtschaltung rot – erhält die Nachtlichtschaltung grün – erhält den Schlaf Nachtlichtschaltung blau – aktiviert Fußbodenbeleuchtung Nachtsicht können Tests alltagsnah durchgeführt werden und Nachbarn, Besucher und Gäste der Musterwohnung können auf Wunsch verschiedenste Technologien auf Herz und Nieren vor Ort testen oder ausleihen und ihr Feedback zu Weiterentwicklungspotentialen geben. Für das Innovationszentrum ist es darüber hinaus eine wichtige Option außerhalb von For- schungsprojekten und konkreten Anlässen voraus zu denken und zu testen. Aktuell suchen wir nach Lösungen für eine automatische Herdabschaltung bei höhenverstellbaren Küchen. Im Versuchsaufbau werden „brandgefährliche Situationen” in verschie- denen Herdpositionen simuliert. Die Auswertung Temperaturmessung mit verschiedenen Wärmequellen und bei verschiedenen Sensibilitätsein- der Tests ermöglicht Herstellern, anhand beschrie- stellungen an der automatischen Herdabschaltung bener Anforderungen, die gezielte Weiterentwick- lung ihrer technischen Lösung. >>> auf das Wesentliche geschärft und eine Auseinan- dersetzung über einen sinnvollen, also ethisch und Gemeinsam begeistert und fachlich reflektierten Technikeinsatz, ermöglicht. kritisch Denken Das Labor der Evangelischen Zusätzlich zu den eigenen Versuchen öffnet die ALADIEN-Musterwohnung ihre Türen auch für das Heimstiftung sogenannte Bürgerlabor. Damit schafft die Heim- Die Musterwohnung ist nicht nur Schauplatz für stiftung neben den (Technik-)Stammtischen und Technologien von heute und morgen, sondern dient (Technik-)Schulungen ein weiteres Format von auch als Experimentierraum für Mitarbeiter des Forschung und Teilhabe. Bei den Stammtischen Innovationszentrums sowie für interessierte Besucher werden Themen in aller Breite in geselliger Runde und Entwicklungspartner. In der Laborumgebung besprochen. Im Bürgerlabor werden Themen in der Höhenverstellbare Küchenoberschränke und Arbeitsplatte 12 „Aus der Heimstiftung“ 2/2017
Titel Welche Reinigungsgeräte unterstützen hauswirtschaftliche Dienste? Tiefe bearbeitet, immer mit dem Ziel, allparteiliche Beurteilungskriterien zu finden. Hierzu werden verschiedenste Lösungsoptionen nebeneinander Tisch mit Handlauf – und Übungsstation für die „fünf Esslinger” gestellt. Ziel ist dabei eine möglichst kontrastreiche Vielfalt darzustellen. Dieser Kontrast wird schließ- lich aus möglichst unterschiedlichen Perspektiven Mitmachen und Lernen in beurteilt. Dies verbessert die Beratung, denn: Im Einzelfall kann zunächst darüber gesprochen wer- der Musterwohnung den, welche Beurteilungskriterien überhaupt rele- Die Evangelische Heimstiftung sieht sich als starker vant sind, und im zweiten Schritt die passende Partner der Bürger und der Pflege in Theorie und Lösung ausgewählt werden. Das Bürgerbüro testet Praxis. Wir wollen Wissen teilen, Wissen erweitern also nicht einzelne Produkte, wie beispielsweise und Wissen vermehren. Die Musterwohnung ist ein Stiftung Warentest. Das Bürgerlabor entwickelt die Ort dieses Wissensaustauschs. Von den Gästen ha- Kriterien, auf deren Basis abgewogen werden kann, ben wir den Impuls bekommen, dass mit einem Haben wir auch Ihr welche Lösung für den Einzelfall die geeignetste Glasboden der Schrankinhalt auch von unten gese- ist. Mit diesen Kriterien soll nicht beurteilt werden, hen werden kann. Von anderen Gästen haben wir Interesse geweckt? ob eine Lösung „gut“ oder „schlecht“ ist. Vielmehr die Anregung bekommen, dass der Tisch mit Hand- Schon im ersten Quartal nach soll beurteilt werden, welche Lösung am besten zu lauf geeignet ist, um die „fünf Esslinger“ als tägliche Eröffnung der Musterwohnung den Zielen in der individuellen Lebenssituation Gymnastik umzusetzen. Von diesem Wissen profi- ist die Nachfrage sehr groß. passt. Das ist für uns der Schlüssel zu bedarfsge- tieren alle anderen Besucher. Diese sind gleichzeitig Sofern wir auch Ihr Interesse rechten Lösungen im Bürger-Profi-Technik-Mix. eingeladen, ihr Wissen und ihre Eindrücke in ver- geweckt haben, freuen wir schiedenen Teststellungen mit einzubringen. Im uns auf die Vereinbarung Ihres Das Bürgerlabor – Schlafzimmer können Sie die für Sie optimale Farbe persönlichen Besuchstermins. und Helligkeit des Nachtlichts einstellen. Abgetrennt eine saubere Sache Hierzu steht Ihnen Josef M. vom Labor- und Entwicklungsbetrieb der ALA- Huber gerne zur Verfügung j. Bereits beim Ziel, eine saubere Wohnumgebung zu DIEN-Musterwohnung, bietet die ALADIEN-Probe- huber@ev-heimstiftung.de. haben, kommt der Bürger-Profi-Mix zum Tragen. wohnung die Möglichkeit, sich hotelmäßig einzu- Immer mittwochs bieten wir Auch wenn die Grundreinigung der Wohnung von mieten. Die ALADIEN-Probewohnung ist an die Bad regelmäßig Führungen an, für den Diensten der Evangelischen Heimstiftung über- Sebastiansweiler GmbH, das moderne Zentrum für Gruppen vereinbaren wir auch nommen wird, besteht der Wunsch, kleine Verun- Rehabilitation, Pflege und Therapie angeschlossen. gerne gesonderte Termine. reinigungen sofort zu beseitigen. Ob nun der Damit können Lösungen im eigenen Alltag ange- Ab Februar 2018 besteht auch Sprühwischer oder der Elektro-Kehrsauger die beste wandt und auf längere Zeit erprobt werden. Diese die Möglichkeit, an verschie- Ergänzung zur Dienstleistung sind, kommt nicht Option bietet sich insbesondere im Anschluss an denen Tagen an einer Führung nur auf die Wohnung an, sondern auch auf den einen Reha- oder Wellness-Aufenthalt an. Dort durch die Musterwohnung Lebensstil. Im Bürgerlabor nehmen wir mit freund- können verschiedenste Möglichkeiten ausprobiert teilzunehmen. Besuchen Sie licher Unterstützung von Herstellern verschiedenste werden. Sie bildet damit eine Brücke zwischen dem unsere Musterwohnung gerne Geräte unter die Lupe und entwickeln Kriterien, die Labor der Musterwohnung und dem Einsatz von über unsere Homepage: bei der Auswahl einer bestmöglichen Lösung helfen. ALADIEN-Lösungen in der eigenen Wohnung. www.ev-heimstiftung.de Josef M. Huber „Aus der Heimstiftung“ 2/2017 13
Titel Carla Eisele* und ALADIEN – Oder wie ich Carla Eisele ein Tablet erklärte „Ein Tablet hatte ich doch heraus, dass sie das schon oft beobach- ja noch nie in der tet hat. „Ich habe mich immer gefragt, was Hand“: Mit diesem da meine Enkelin denn mit ihrem Zeigefinger Satz begrüßte mich auf dem Telefon macht. Nun kann ich das auf Simone Maier Carla Eisele, als ich meinem Tablet auch“, sagt die Bewohnerin ihr das ALADIEN - voller Stolz. Tablet vorbei brachte. Die 82-Jährige wohnt in Bewohner entdecken die Welt des Tablets Stuttgart-Untertürkheim in einer Betreuten Bei der Vorstellung der Videotelefonie kam Wohnung mit ALADIEN. Die Bewohner erhal- sie dann ins Schwärmen. Sie spielte sofort Ebenso wurde die technische Inbetriebnah- ten kurz nach ihrem Einzug in das Betreute mit dem Gedanken ihren Enkel, der derzeit me von ALADIEN als sehr interessant von Wohnen das Tablet, mit dem sie einige Funk- in Australien lebt, darüber zu kontaktieren: den Bewohnern empfunden. Unser ALA- tionen von ALADIEN nutzen können. Bereits „Es wäre so schön, meinen Enkel mal wieder DIEN-Techniker wurde in jeder Wohnung nach wenigen Minuten meiner Erklärungen zu sehen und mit ihm zu sprechen. Ich habe herzlich empfangen und stand für alle zur Funktionalität legten sich die Ängste der ihn schon über ein Jahr nicht mehr gesehen technischen Fragen rund um ALADIEN zur 82-Jährigen das Tablet zu berühren. Nach und außer auf Bildern“. Nach dem Einrichten des Verfügung. Dies haben die Bewohner gerne nach erkannte sie die Vorteile des Tablets, dazu notwendigen Zugangs, konnten wir ihr in Anspruch genommen. Frau Eisele brachte obwohl sie in ihrem langen Leben noch nie diesen Wunsch erfüllen. Ich weiß nicht, wer ihm vollstes Vertrauen entgegen – schließlich ein Tablet bedient hatte, geschweige denn in sich in diesem Moment mehr gefreut hat, ihr kennt man ihn mittlerweile im Haus: „Ich der Hand hielt: „Selbst zum Zeitvertreib sind Enkel oder sie selbst. habe den Techniker die letzten Wochen Spiele für uns angelegt“, freut sie sich. täglich gesehen und auch schon zu ALADIEN Bei den ALADIEN-Stammtischen, die in der Fragen gestellt. Daher war es für mich kein Über diese Aussage musste auch ihre Tochter Einführungszeit ein- bis zweimal im Monat Problem ihn in meine Wohnung zu lassen.“ schmunzeln, die wie viele Angehörige bei der angeboten werden, haben die Bewohner Übergabe des Tablets anwesend war. Denn Gelegenheit sich kennenzulernen und auch Weiter berichtet sie schmunzelnd: „Selbst sie hat vor ihre Mutter gelegentlich bei der auszutauschen. Carla Eisele fällt es in diesem als er nachmittags geklingelt hat und ich Nutzung zu unterstützen. Der Schwiegersohn Rahmen besonders leicht, mit ihren Nach- mich gerade für einen Mittagsschlaf hinle- von Carla Eisele hat auch schon angekündigt, barn in Kontakt zu treten und sich einzubrin- gen wollte, habe ich ihn hereingebeten. Mein dass er das Tablet gerne während seines gen: „Bei den Stammtischen haben wir die Mittagsschlaf scheint ihn während der Besuchs ausprobieren möchte. Möglichkeit uns untereinander auszutau- Ausführung seiner Arbeit nicht gestört zu schen und mitzuteilen, an welchen Stellen haben.“ Als ich in meinen Erklärungen die Wörter es bei ALADIEN noch Unterstützung bedarf, „Wischen“ oder „App“ verwendete, schaute und wo ALADIEN noch einfacher für uns Insgesamt habe ich als zuständige Referen- mich Carla Eisele mit fragenden Blicken an. gestaltet werden kann“, sagt die 82-Jährige tin den Einführungsprozess als sehr positiv Schnell wurde mir klar, dass ihr diese Begriffe und berichtet begeistert weiter: „Vor allem erlebt. Nach meiner Einschätzung war der völlig neu waren. Jedoch stellte sich nach für mich als „Tablet-Neuling“ ist es schön zu wesentliche Erfolgsfaktor, dass wir mit ent- dem Aufklären des Begriffs „Wischen“ dann erfahren, dass uns versierte Nutzer im Haus sprechendem Zeiteinsatz und ganz individu- ihre Hilfe anbieten und sogar ell die Technik zu den Bewohnern bringen. Vorstellung der Video-Telefonie Tabletnachmittage selbst Nur so kann die Akzeptanz, der Mehrwert ständig organisieren wollen, oder der Spaßfaktor den Menschen vermit- so dass wir auch zu Profis telt werden, die noch nie in ihrem Leben werden. Das Miteinander, einen Tablet-PC bedient haben. das sich auch durch ALA- DIEN entwickelt, zeigt mir, Aber deshalb heißt ALADIEN auch Alltags- dass es die richtige Ent- unterstützende Assistenzsysteme und Dienst scheidung war, hier einzu- leistungen. Simone Maier, ziehen“. Referentin ServiceCenterPflege * Name von der Redaktion geändert 14 „Aus der Heimstiftung“ 2/2017
Titel QuartrBack geht an den Start QuartrBack ist ein Forschungsprojekt, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, das in einem Bürger-Profi-Technik-Mix die Bewe- gung von Menschen mit Demenz be- jaht, auch und gerade bei zunehmender Desorientierung. Technologien aus den Bereichen Ortung und Mobiltelefonie werden entwickelt und eingesetzt, um Projekt nur Geräte eingesetzt, mit denen oder in einem Funkloch unterwegs ist. Freiheiten zu schaffen, Gesundheit zu eine Sprachverbindung aufgebaut werden Darüber hinaus erfahren wir, wo mögli- fördern, Betroffene und Angehörige kann. cherweise auch Angebote in der Kommune zu entlasten. fehlen, wie beispielsweise ein Fahrdienst Unabhängig vom Gerät kann wie beim in die nahe gelegene Stadt sein, da der öf- QuartrBack wurde als ein Modul von klassischen Hausnotruf ein Hilferuf per fentliche Verkehr nur bis 17:00 Uhr ver- ALADIEN entwickelt. Während der Knopfdruck ausgelöst werden, der dann an kehrt. Somit verfolgen wir den Ansatz der Schwerpunkt von ALADIEN auf der Häus- das rund um die Uhr besetzte SCP weiter Quartiersentwicklung, indem fehlenden lichkeit liegt, zielt QuartrBack auf Akti- geleitet wird. Darüber hinaus können die Angeboten nachgegangen wird. Im Projekt vitäten im Quartier, indem es die Per- Ortungsgeräte auch automatisch Hilferufe werden auch zu einem geringen Grad die sonen auf Spaziergängen, Arztbesuchen auslösen, da sie lernen, welche Wege je- ambulanten Pflegedienste mit eingebun- oder Einkäufen virtuell begleitet. Das mand normalerweise geht und aufgrund den, indem sie mit darauf achten, dass das Konzept QuartrBack kann als erweiterter dessen erkennen, wenn jemand einen un- Ortungsgerät geladen ist und daran erin- Hausnotruf verstanden werden, der es gewöhnlichen Weg einschlägt oder sich nern, dieses beim Verlassen des Hauses ermöglicht, Hilfe auch außerhalb der länger nicht vom Fleck bewegt. In diesem auch mitzunehmen. eigenen Wohnung über ein zentrales Fall kann nicht ausgeschlossen werden, dass ServiceCenterPflege (SCP) einzufordern. die Person sich verlaufen hat bzw. gestürzt Nachdem die Tracker und das System von Hierzu werden sogenannte Ortungsgeräte ist. Vom SCP kommt in solchen Fällen die Auszubildenden der Altenpflege getestet eingesetzt, mit denen sich die zurückge- Nachfrage, ob alles in Ordnung ist, um wurden, befinden wir uns derzeit im so- legten Wege bzw. der ungefähre Standort Fehlalarme zu erkennen und demzufolge genannten Feldtest, in dem beides mit der Personen nachvollziehen bzw. bestim- kein Helfer umsonst losgeschickt wird. realen älter werdenden Menschen bei men lassen. Das Besondere am Projekt ist, unterschiedlich ausgeprägten kognitiven dass das eigene Helfernetzwerk des Men- Dies soll am Beispiel von Otto Ostermann* Einschränkungen im Quartier getestet schen in Anspruch genommen wird. Wer verdeutlicht werden. Er ist autonom und wird. Derzeit nehmen etwa zehn Proban- zum Helfernetzwerk gehören soll, erfah- weitestgehend selbstständig. Nach dem den und 15 Helfer teil. Zu Testzwecken ren wir in einem gemeinsamen Gespräch Mittagessen geht er gerne spazieren. Er werden seit Oktober 2017 einmal wö- mit den Probanden. Die Helfer lassen sich nimmt immer den gleichen Weg, von der chentlich in den Regionen Besigheim, und über ihre Handys ebenfalls vom SCP orten Wohnung zum Friedhof, weiter bis zu den Calw Probealarme ausgelöst. So können und – sofern sie sich als erreichbar ge- Eichen am Waldrand und zurück. Zum die Probanden das Auslösen eines Notfalls meldet haben – über eine Helfer-App auf Zahnarzt fährt er mit dem Bus in die nahe verinnerlichen. Nach Abschluss der Test- dem Handy benachrichtigen, um gege- gelegene Kleinstadt. Gelegentlich ist er auch phase werden die Ergebnisse zeigen, ob benenfalls Unterstützung zu leisten. schon gestürzt, aber bislang hat er sich nicht und wenn ja, welche Veränderungen Diese kann erforderlich sein, wenn je- ernsthaft verletzt. Otto Ostermann erzählt QuartrBack bewirkt hat. Nach einer Phase mand stürzt oder sich verläuft. Es stehen uns im freien Interview seine Geschichte der Nachbesserung könnte das Hil- verschiedene Tracker zur Verfügung. Der und seinen Tagesablauf. Mit dieser Methode fe-System schätzungsweise ab 2020 auf Markt bietet neben dem blauen Anhän- des Erzählens erhalten wir Anhaltspunkte dem Markt zur Verfügung stehen. ger auch Uhren bzw. sehr einfach zu dafür, wo er sich aufhalten könnte, wenn Dr. Susan Smeaton, bedienende Mobiltelefone. Es werden im er sein Ortungsgerät nicht eingesteckt hat Wissenschaftliche Leitung Innovationszentrum * Fiktive Person „Aus der Heimstiftung“ 2/2017 15
Meinung DANKE Am 28. Juli 2016 erreichte Hauptgeschäftsführer Bernhard Schneider ein Brief einer An gehörigen, deren Mutter im Jahr zuvor in einer Einrichtung verstorben ist. Selbst ein Jahr danach hatte sie das Bedürfnis, ihre Gedanken und Erfahrungen nicht nur der Hausdirektion in Friedrichhafen, sondern auch der Geschäftsführung in Stutt- gart mitzuteilen. Auch Frieda Franke, Bewohnerin im Sonnenhof in Langenau, war es ein Bedürfnis den Mitarbeitern in der Einrichtung zu danken und aus ihrer Sicht zu beschrei- ben, wie sie ihr Leben in einem Pflegeheim bewertet. Ein Bericht 29. Juni 2017 Gestern Abend sah ich im Fernsehen eine Sendung ein schönes Zimmer, in einem sehr schönen Haus. über Senioren und ihre Pflegeheime, wie es in Sehr gute Betreuung, liebevolle, hilfsbereite Schwe- manchen Heimen zugeht. Manche werden geschla- stern. Ich muss schon sagen, hier ist alles bestens. gen, zur Strafe kein Essen gegeben, angebunden, Es gibt viel Abwechslung, dass ich vieles nicht noch andere Sachen. Eine Frau beklagte sich über mitmachen kann, liegt aber an meinem Befinden die Behandlung ihrer Mutter, das ging so weit, dass und meinem hohen Alter mit über 94 Jahren und sie und noch andere Hausverbot bekamen, sie meiner Behinderung. Ich bin froh, dass ich im Kopf bekam keinen Besuch mehr. Gut, wenn das der noch klar bin. Ich bin oft überrascht, mit wie viel medizinische Dienst aufdeckt. Liebe und Geduld die Schwestern hier mit sehr schwer behinderten Patienten umgehen. Manch- Ich bin seit dem 5. Oktober 2016 hier im Sonnen- mal kommen Patienten ins Heim, weil die Ange- hof in Langenau. Ich bin sehr zufrieden. Ich habe hörigen am Ende sind. Die Pflege ist schwer und 16 „Aus der Heimstiftung“ 2/2017
Meinung das mit ansehen zu müssen, wie die lieben guten bin ich schon in dem schönsten. Ich habe noch Angehörigen dahin siechen, die nichts dafür kön- nie gehört, dass jemand festgebunden wäre, ge- nen, wie sie heute sind. Für das Pflegepersonal ist schlagen wurde oder kein Essen bekommen hätte, es aber auch schwer solche Kranke zu betreuen. im Gegenteil, es gibt Essen reichlich und gut. Das Umso mehr müssen wir dankbar sein, dass es ist aber jetzt ein sehr langer Bericht geworden und Menschen gibt, die sich für diesen Beruf entschei- will langsam zum Ende kommen. Es bleibt mir nur den. Ich hatte in Weiden eine Verwandte im Heim noch allen Beschäftigten hier in diesem Heim zu und eine habe ich im Nürnberg. Mit denen bin danken. Auch die sind für mich da, die ich selten und war ich immer im Kontakt, telefonisch, ich sehe. Besonders aber die im 2. Stock. Frieda Franke. erfuhr nur immer Positives, beides evangelische Heime. Ich war auch noch nie in anderen Heimen, wo ich nie etwas Negatives gehört habe. Aber hier „Aus der Heimstiftung“ 2/2017 17
Meinung Führungskräftetagung mit Claus Fussek Auf der diesjährigen Führungskräftetagung Anfang Oktober lud die Evangelische Heimstiftung den Pflegekritiker Claus Fussek zu einem Vortrag vor knapp 150 Führungskräften ein. Die einen fanden die Einladung mutig und gut, sich offen und transparent auch mit Kritikern auseinander zu setzen, für die anderen war es unzumutbar, sich in diesem Forum so pauschal kritisieren zu lassen. Im Nachgang der Tagung berichtet Claus Fussek von seinen eigenen Eindrücken – ein kleiner Auszug: Es ist schon ungewöhnlich, dass ein großer Alten- meinem Büro stapeln sich inzwischen einige hilfeträger wie die Evangelische Heimstiftung 10.000 Schicksale aus der bundesdeutschen Pfle- einen Kritiker der eigenen Branche zu einem Vor- geszene. Die meisten Menschen bitten mich um trag einlädt. Welche Erwartungen hatten Sie vor Anonymität – es herrscht meistens ein gespens- der Führungskräftetagung? tisches Klima der Angst und des Schweigens. Ich Ich bin schon häufig zu Vorträgen auch in Pflege- bin immer wieder fassungslos, dass so viele Men- heimen eingeladen worden, aber eine Einladung schen, die in der Pflege Verantwortung tragen, zu so einem Treffen war für mich schon eine Bescheid wissen, mitmachen, wegschauen und Herausforderung. Nach zwei sehr angenehmen schweigen. Es macht mich auch traurig, dass solche Vorgesprächen mit Herrn Schneider habe ich mich Zustände leider auch in vielen Einrichtungen auf diese Tagung sehr gefreut und dafür auch gerne kirchlicher Trägerschaft vorkommen. Und es sind unseren Urlaub verschoben. Außerdem war mir keine „bedauerlichen Einzelfälle“ oder „nur ein klar, dass sicherlich auch die Führungskräfte über paar schwarze Schafe“. Ich erwarte, dass kirchliche Claus Fussek und die Situation in der Altenpflege Bescheid wissen. Einrichtungen auch Schutzräume, wie zum Beispiel Bernhard Schneider Über Pflegenotstand, Missstände, Personalmangel, beim Kirchenasyl, sein müssen. usw. wird doch seit Jahrzehnten auf unterschied- lichen Ebenen gesprochen und diskutiert. Eigent- Wie waren die Reaktionen der Zuhörer auf der lich sind sich alle einig – kein Mensch ist für Tagung? schlechte Pflege, gegen eine Verbesserung der Ich möchte betonen, dass die Atmosphäre in Bad „Ich erwarte, dass Rahmenbedingungen und gegen eine bessere Be- Boll sehr angenehm, interessiert und aufgeschlossen zahlung der Pflegekräfte. war. Zunächst war ich auch erstaunt, dass nach kirchliche Einrich- meinem Vortrag nicht spontan mir sehr bekannte tungen auch Hatten Sie denn Angst vor dem Publikum? ritualisierte Reaktionen geäußert wurden, wie „Sie Schutzräume, wie Nein – Angst hatte ich nicht, ich versuche selbst- machen die Pflege schlecht“, „stellen die Mitarbeiter zum Beispiel beim bewusst mit der Veröffentlichung persönlicher pauschal an den Pranger oder unter Generalver- Kirchenasyl, sein Schicksale denen eine Stimme zu geben, die keine dacht“. Ich habe im Publikum sehr viel Nachdenk- Stimme mehr haben. Ich habe auch in Bad Boll lichkeit, Betroffenheit, Sensibilität erlebt. Auch müssen.“ deutlich gemacht, dass ich mich nicht als Sprecher nach der Veranstaltung, beim Abendessen erfuhr oder Vertreter der Pflegekräfte sehe, sondern ein- ich sehr viel freundliche Zustimmung und selbst- seitig, parteiisch und selbstverständlich auch emo kritische Rückmeldungen. Ich hatte auch das tional die wahren Opfer vertrete: pflegebedürftige, Gefühl, dass die meisten Bescheid wissen und kranke, ausgelieferte, hilflose, besonders schutzbe- einige forderten mich auf nicht aufzugeben. dürftige und sterbende Menschen. Ich muss mir übrigens diese Beispiele nicht ausdenken. Seit Bescheid worüber? vielen Jahren erhalte ich beinahe täglich zahlreiche Ich habe den Eindruck, dass „die Gesellschaft“ die „Hilferufe“ (E-Mails, Briefe, Anrufe) von verzweifelten Zustände in zahlreichen Pflegeheimen, Kliniken, Pflegekräften und ohnmächtigen Angehörigen. In aber auch in der häuslichen Pflege immer noch 18 „Aus der Heimstiftung“ 2/2017
Meinung kollektiv verdrängt. Es wissen doch (fast) alle Be- Heime. Jedes Pflegeheim ist von Station zu Station, scheid. Wir brauchen doch keine Medien oder „den von Schicht zu Schicht verschieden. Es hilft auch Kommentar: Fussek“, damit wir erfahren, wie die Lebens- und nichts, wenn wir verzweifelten Angehörigen er- Welche Bilder und Vorstel Arbeitsbedingungen in den meisten Pflegeheimen zählen, dass es auch gute Heime gibt, wenn diese lungen laufen vor dem sind. Wer es ehrlich wissen will, der kann sich doch längere Wartezeiten haben oder weit entfernt sind. geistigen Auge ab, wenn täglich, unangemeldet zu jeder Tages- und Nacht- Claus Fussek das Berufs- zeit persönlich vor Ort erkundigen, wie es seinen Stimmt es Sie aber nicht doch optimistisch, dass umfeld von Pflegekräften Eltern und Angehörigen geht. es vorwärts geht? Der Träger verändert ja derzeit ausschließlich mit schwar- einiges in der Pflege, mit beispielsweise neuen zen Farben malt? Wenn er von „Missständen“ und In vorbildlichen Pflegeheimen, und ich betone Wohnformen und Unterstützung für mehr Häus- „Menschenrechtsverlet- noch einmal, geht es selbstverständlich auch an- lichkeit. zungen“ spricht? Wenn er ders! Es gibt ein sogenanntes Frühwarnsystem: Viele Sehr interessant finde ich die kreativen, fortschritt- mit unser allertiefsten Pflegekräfte, andere Mitarbeiter, kritische Angehö- lichen Projekte der Evangelischen Heimstiftung Ängste spielt. Und die rige und engagierte Ehrenamtliche kümmern sich WohnenPLUS. Allerdings benötigen wir keine gegenteilige Wirkung er- und übernehmen Verantwortung für die schutzbe- weiteren Modelle oder Studien, wir haben keinerlei zielt, die er vermutlich fohlenen, alten Menschen. Erkenntnisprobleme mehr. intendiert. Dass Pflegebe- dürftigkeit zum Alptraum Ute Leonie beschreibt in ihrem Brief an Herrn Herr Fussek, Sie haben jetzt das letzte Wort: schlechthin wird. Schneider ganz deutlich, dass man in der Öffent- Ich erwarte mir von Vertretern der Kirchen, der Ohne Frage: Diakonie hat die Aufgabe der Anwalt- lichkeit nur grauenhafte Bilder und Vorstellungen Evangelischen Heimstiftung und den Pflegeein- schaft. Aktuell in den hat, was Pflegebedürftige im Heim erwartet. Scha- richtungen in kirchlicher Trägerschaft, dass sie Koalitionsverhandlungen det man nicht dem Ansehen der Pflege, in dem sich klar ethisch positionieren und sich selbstver- um Prioritätensetzung in man die Zustände immer nur einseitig darstellt? ständlich von Menschenrechtsverletzungen in der der Sozialpolitik. Diakonie Ich werde sehr häufig von Seniorenclubs und Pflege öffentlich abgrenzen und distanzieren. muss sich stark machen, Selbsthilfegruppen eingeladen. Ich nehme den Kirchliche Pflegeheime müssen sich doch von dass Pflegeeinrichtungen Vorwurf der Angst sehr ernst und frage die Anwe- börsenorientierten Einrichtungen unterscheiden. Orte der Beheimatung senden. Ich stelle immer wieder fest, dass auch die In allen kirchlichen Einrichtungen müssen palli- und Begegnung mitten im älteren Menschen alle Bescheid wissen, sie besu- ative, geriatrische, pflegerische und medizinische Quartier sind – nicht nur chen Angehörige und Bekannte in den Einrich- Versorgungsangebote selbstverständlich sein. „Schutzräume“ und „Asy- le“. Diakonie hat Mythen tungen. Ein älterer Mann erklärte in einer Diskus- zu benennen, an einem sion: „Herr Fussek, wir sind zwar alt, aber doch Amnesty International hat vor einigen Wochen realistischen Altersbild zu nicht blöd!“ Übrigens – es sprechen sich selbstver- in der Süddeutschen Zeitung mit einer großen arbeiten. Dass nicht die ständlich auch die positiven Beispiele herum! Anzeige einen Leitsatz für die Koalitionsverhand- „schwarze-Schafe“-Dar lungen veröffentlicht: „Vieles ist verhandelbar – stellung das Ventil laut- Sie sehen in Ihrem Alltag immer nur die negati- Menschenrechte sind es nicht“. Ich hoffe, dass starker Empörung bedient ven Beispiele. Gibt es Ihnen nicht Hoffnung, damit auch die Grundrechte alter, pflegebedürf- und geschieht, was nie- wenn Sie sehen, dass es auch anders geht? tiger Menschen gemeint waren. Ich erwarte von mand will: Problemlösung Nicht nur in Bad Boll, sondern bei allen öffentli- Mitarbeitern in kirchlichen Einrichtungen, dass per Gesetz, Kontrolle und DIN-Norm. Die bedeu- chen Einladungen betone ich immer wieder, dass sie für die ihnen anvertrauten Menschen Anwalts- tendste anwaltschaftliche es selbstverständlich auch anders geht, dass men- funktion übernehmen, angstfrei und selbstbe- Aufgabe der Diakonie ist schenwürdige Pflege, auch unter den gegebenen wusst im Sinne christlicher Nächstenliebe und es, die Erzählperspektive Rahmenbedingungen, möglich ist und ich dies bei Barmherzigkeit arbeiten können und dürfen. der Betroffenen wiederzu- vielen Besuchen auch erleben durfte. Warum sollte gewinnen. Erzählen aus der ich das verschweigen? Ich kenne persönlich zahl- Die evangelische Landesbischöfin Susanne Breit- Perspektive derer, die sich reiche vorbildliche Einrichtungen, selbstbewusste, Kessler hat bei einem unserer „Pflegestammtische“ Einrichtungen der Diakonie kompetente, empathische und (noch) motivierte deutlich erklärt: „Von Christenmenschen erwarte anvertraut haben. Erzählen Pflegekräfte und Heimleitungen. In diesen „Leucht ich liebevolle, zärtliche und geduldige Begleitung, statt Klagen oder Anklagen, türmen“ (Zauberwort: „Wertschätzung“ aller Mitar bei Kranken bestmögliche Pflege, palliative Medi- das wäre eine Chance, auf Zukunft hin das soziale beiter) werden beispielsweise auch die Auszubil- zin und Seelsorge – und das Schenken von Zeit Klima anzuwärmen. denden begleitet, „gepflegt“ und nicht ausgebeutet. und Nähe!“ Dr. Thomas Mäule, Pfarrer Es gibt nicht „die“ guten oder „die“ schlechten „Aus der Heimstiftung“ 2/2017 19
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