Explosionsschutz: Thema im Blickpunkt.Spezial
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12. Jahrgang . 11/12 November/Dezember 2021 Zeitschrift für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie Explosionsschutz: Thema im Blickpunkt.Spezial Aus Unfällen lernen: das Ereignisinformationssystem Reha-Preis 2022: Jetzt bewerben! Autofahren im Winter: Tipps für Ihre Sicherheit
BLICKPUNKT EDITORIAL BG RCI.magazin 11/12 2021 Editorial Liebe Leserin, lieber Leser! Ein weiteres Jahr der Herausforderungen geht langsam in Ihrem Unternehmen nicht ereignen. Zugleich können zu Ende. Die Coronapandemie – obwohl weiterhin auf der Sie als Mitgliedsunternehmen zum Wohle aller am Tagesordnung – verlor dank fortschreitender Impfkam Ausbau des Systems mitwirken, indem Sie uns nach pagne etwas an Brisanz und das Leben hat sich ein Stück einem Unfall die Informationen darüber zur Verfügung weit normalisiert. Dennoch stellen sich uns neue Fragen: stellen. Denn wir alle wissen: Jeder Unfall ist einer zu viel! Wie gehen wir in den Betrieben mit Mitarbeitenden um, die sich nicht impfen lassen wollen? Kann es Lockerungen Einen weiteren großen Lerneffekt erhoffen wir uns von für Geimpfte und Genesene geben? Eine neue Broschüre unserem Themenschwerpunkt, der ab Seite 10 eine der DGUV (Seite 4) gibt hierzu wertvolle Hinweise für den besonders gefährliche Kategorie von Arbeitsunfällen betrieblichen Alltag. behandelt: Explosionen. Zum Glück geschehen sie in unseren Branchen eher selten, aber falls doch, enden sie oft verheerend, wie wir Mitte des Jahres leidvoll bei Currenta in Leverkusen erfahren mussten. In unserem Blickpunkt.Spezial analysieren wir Ursachen und Folgen von Explosionen, berichten über tatsächlich geschehene Unfälle, regen Präventionsmaßnahmen an und präsen tieren Ihnen unser breites Spektrum an Medien, mit deren Hilfe Sie Gefährdungen erkennen, rechtssicher vorbeugen und abstellen können. Einige Explosionen werden aber trotzdem bald kommen – wenn zu Silvester die Böller und Raketen knallen. Ausführlicher berichten wir ab Seite 8 über ein neues Bitte seien Sie auch dann vorsichtig, damit Sie gesund digitales Präventionsprodukt der BG RCI: das Ereignis und munter in ein hoffentlich unfallfreies neues Jahr 2022 informationssystem, erreichbar über unsere Website starten können. unter www.bgrci.de/ereignisinformationssystem. Die Web-Anwendung kommt sachlich und nüchtern daher, Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien ein frohes Weih bietet aber noch nie Dagewesenes. Denn das Ereignis nachtsfest und eine friedvolle, möglichst coronafreie Zeit. informationssystem ist ein wachsendes Archiv realer Arbeitsunfälle, das anonymisierte Infos über Unfallort und -hergang, über Ursachen und ergriffene Sofortmaß Ihre nahmen enthält, sortiert nach Branche, Unfallart und vielen weiteren Kriterien. Angelegt als kollektives Ge dächtnis, ermöglicht das System Ihnen, aus den Fehlern anderer zu lernen und mit den richtigen Präventions Markus Oberscheven Stefan Weis maßnahmen dafür zu sorgen, dass sich solche Unfälle Hauptgeschäftsführer Stv. Hauptgeschäftsführer 2
11/12 2021 BG RCI.magazin BLICKPUNKT INHALT Blickpunkt Autofahren im Winter Tipps für Ihre Sicherheit 20 Editorial2 Zertifizierungen und Gütesiegel 21 BG RCI Azubi-Wettbewerb 2021/2022: Jetzt geht’s los! 4 Gütesiegel der BG RCI für BYK-Chemie GmbH Hinweise zum Umgang mit Geimpften Gruppenweiter Erfolg 22 und Genesenen im Betrieb 4 Gütesiegel der BG RCI für Dyckerhoff Kieswerke „kommmitmensch“ endet Flexibel, gesund – und „Sicher mit System“ 23 zum 31. Dezember 2021 4 Fachtagung 2022 für Berichte und Informationen Betriebe unter Bergaufsicht 5 IVSS-Symposium Sektion Chemie 2021 Neue Rubrik „Häufige Fragen“ im In neuem Format erfolgreich 24 Fachwissenportal „Maschinensicherheit“ 5 Auszeichnung für Arbeitgebende Neues digitales Präventionsprodukt Reha-Preis 2022: Jetzt bewerben! 27 Das Ereignisinformationssystem 6 Neue kurz & bündig-Broschüre Blickpunkt.Spezial Sicher und gesund im Homeoffice 28 Ursachen – Beurteilung – Prävention Infektionsschutz-Maßnahmen Grundlagen des Explosionsschutzes 8 Dicke Luft? 29 Explosionsschutz-Regeln der Berufsgenossenschaften App „Maschinen-Check“ mit neuen Funktionen Wichtige Basis für die Sicherheit 13 Checklisten für die wiederkehrende Prüfung 30 Welcher Explosionsschutz-Seminartyp Rezension 31 sind Sie? 14 Impressum31 Der Teufel steckt im Detail 15 • BG RCI.agenda 32 Medien und Angebote der BG RCI Explosionsschutz in Wort und Bild 16 Titelbild: Ausgabe mit Knalleffekt: Die Feuer- und Qualmwolke im Aus der Praxis Hintergrund symbolisiert unser Schwerpunktthema Explosions- Baumunfälle schutz. Foto: ©Andrew Burges - stock.adobe.com Tödliches Risiko auf Landstraßen 18 3
MELDUNGEN BG RCI.magazin 11/12 2021 BG RCI Azubi-Wettbewerb 2021/2022: Jetzt geht’s los! Der Startschuss ist gefallen: Trotz der besonderen warten weitere Aufgaben, um die erfolgreichsten Teams Pandemie-Lage haben bis jetzt 137 Mitgliedsbetriebe der für das große Finale im nächsten Sommer zu ermitteln. BG RCI über 2.000 Auszubildende zum Wettbewerb angemeldet! „Es gab einige Bedenken bezüglich der Die Anmeldung zur Einzel-Challenge läuft derweil weiter: Pandemie-Lage, aber es überwiegt eine grundlegende Noch bis zum 10. März 2022 können Betriebe ihren positive Resonanz“, berichtet Koordinator Gerold Soest Nachwuchs ins Rennen schicken, dann beginnt auch in meyer. Zusammen mit Marina Prelovsek und seinem der Einzel-Challenge die heiße Phase. Projektteam wurden viele Gespräche geführt, die sich aus den Fragen Interessierter ergaben. „Im Fokus stand immer Das Organisationsteam bedankt sich bei allen, die schon der Nutzen des Wettbewerbs, und alle Mitgliedsunterneh dabei sind, und freut sich über jede weitere Anmeldung men unterstützten das Angebot zum Weitermachen.“ bis kommenden März. Am 4. Oktober startete der Wettbewerb mit der Stufe 1 in Infos und Kontakt: der Team-Challenge. Die teilnehmenden Betriebe vermit E-Mail: azubi-service@bgrci.de teln ihren Auszubildenden nun das erforderliche Rüstzeug www.bgrci-azubiwettbewerb.de für sicheres, gesundes Arbeiten. Unterstützt durch BG RCI-Aufsichtspersonen, müssen sich die jungen „Safety Heroes“ der ersten Herausforderung in Form eines schriftlichen Tests stellen. Ziel ist die Qualifikation für Stufe 2 des Wettbewerbs (Start: 28. Februar 2022), in der die Auszubildenden dann als Teams weitermachen. Dort Gerold Soestmeyer, BG RCI, Bochum Miteinander. Sicher. Gesund. „kommmitmensch“ Hinweise zum Umgang mit tä n d li c h sic h er und ge Selb endet stverszum Broschür Geimpften und Genesenen e r K ita und Schule – So lä31. uft esDezember 2021 run d in d im Betrieb Rund vier Jahre lang hat „kommmitmensch“ Die jüngsten Änderungen der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung, die Kultur der Prävention in Betrieben und die zum 10. September 2021 in Kraft getreten sind, ermöglichen Bildungseinrichtungen vorangebracht, nun Ausnahmen für geimpfte oder genesene Beschäftigte in den endet die Kampagne der gewerblichen Betrieben. „Bei der Festlegung und der Umsetzung der Maßnahmen Berufsgenossenschaften, der Unfallkassen des betrieblichen Infektionsschutzes kann der Arbeitgeber einen und der DGUV. Ihr Thema wird jedoch weiter ihm bekannten Impf- oder Genesungsstatus der Beschäftigten hin eine zentrale Rolle spielen – überführt in berücksichtigen“, heißt es in der Verordnung. Was das für den die reguläre Präventionsarbeit und angesie Betriebsalltag bedeutet und was Arbeitgebende dabei beachten delt in den Fachbereichen und Sachgebieten. sollten, steht in der neuen DGUV-Broschüre „Hinweise zum Umgang Die stark nachgefragten Kampagnenmedien mit Geimpften und Genesenen im Betrieb“, kostenfrei verfügbar werden auch künftig weiterentwickelt und unter https://publikationen.dguv.de/ (> Publikationen zum Corona angeboten. Welche wo auffindbar sein virus). werden, gibt die DGUV noch in diesem Quartal bekannt. Auch die Handlungshilfen DGUV/mho und Mini-Kampagnen zu Themen der Pande mie werden fortgesetzt. DGUV/mho 4
11/12 2021 BG RCI.magazin MELDUNGEN Fachtagung 2022 für Betriebe unter Bergaufsicht Die BG RCI richtet mit ihrer Präventionsabteilung Notfall management im kommenden Jahr zum zweiten Mal eine Tagung für Leiterinnen und Leiter von Gruben- und Gasschutzwehren, Atemschutzmannschaften und Feuerwehren aus Betrieben unter Bergaufsicht aus. Diese Veranstaltung führt die ehemaligen Tagungen der Oberführerinnen und Oberführer mit den Tagungen der Leiter und Leiterinnen von Gruben- und Gasschutzwehren, Atemschutzmannschaften und betrieblichen Feuerwehren Die Tagung bietet Expertinnen und Experten ein zentrales aus Betrieben unter Bergaufsicht zusammen. Durch Forum für Information, Erfahrungsaustausch und Diskus die vielen thematischen Überschneidungen und einen sion. Es werden rund 150 Teilnehmende erwartet. Die Ver- verbreiterten Erfahrungsaustausch wird das neue Format anstaltung beginnt am 9. März 2022 um 9 Uhr und endet erhebliche Synergien erzielen. am 10. März 2022 gegen 13 Uhr. Tagungsort ist das Hotel Park Soltau. Das Programm der Veranstaltung ist noch in Vorbereitung. Teilnahmeunterlagen sowie Informationen zu den Über nachtungsmöglichkeiten können Sie formlos bei Uta Böttcher (uta.boettcher@bgrci.de), Telefon: 06221 5108- 28506, anfordern. Dort können Sie auch Themenvorschlä ge oder Besprechungswünsche einreichen und eigene Beiträge oder Präsentationen anmelden. Die Kapazitäten der Veranstaltung sind begrenzt. Bitte beachten Sie, dass alle Anmeldungen in der Reihenfolge des zeitlichen Eingangs berücksichtigt werden. Nach Erreichen der Kapazitätsgrenze ist keine Anmeldung mehr möglich. Roman Preißler, BG RCI, Clausthal-Zellerfeld Neue Rubrik „Häufige Fragen“ im Fachwissenportal „Maschinensicherheit“ Das Fachwissenportal „Maschinensicherheit“ auf unseren BG RCI. Der neue, weiter wachsende Bereich ist also Präventionsseiten hat ein neues Untermenü: „Häufige erste Anlaufstelle für Fragen rund um die Maschinen Fragen“ beantwortet kurz, knackig und verständlich sicherheit – für SiFas aus den Mitgliedsbetrieben, aber 21 Fragen in derzeit sieben Kategorien. Für alle, die es auch für die Aufsichtspersonen der BG RCI. Es lohnt sich, genauer wissen wollen, gibt es Hinweise zu weiterführen immer mal hineinzuschauen unter www.bgrci.de (Seiten den Infos; wo es sich anbietet, führen Links weiter zu ID: #F8CT). Arbeitshilfen, Checklisten und anderen Medien der Annett Bruhns, BG RCI, Langenhagen 5
BLICKPUNKT BG RCI.magazin 11/12 2021 Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie Prävention Neues digitales Präventionsprodukt der BG RCI Kurfürsten-Anlage 62 69115 Heidelberg www.bgrci.de Das Ereignisinformationssystem Kontakt: E-Mail: ereignisinformation ssystem@bgrci.de www.bgrci.de/ereignisin formationssystem Die BG RCI hat ein neues digitales Präventionsprodukt als Web-Anwendung an den Start gebracht: das Ereignisinforma- Neu: tionssystem. Es informiert, wie der Name bereits andeutet, über Für Mitglieds- schwere und tödliche Arbeitsunfall-Ereignisse – ein einzigarti- unternehmen der BG RCI ges Werkzeug im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung, mit dem erstmals auch kleinere und mittlere Mitgliedsbetriebe systematisch Erkenntnisse für die eigene Präventionsarbeit gewinnen können. Es ist uns ein großes Anliegen, mit der Kommunikation von Unfall ereignissen weitere schwere oder tödliche Unfälle in Zukunft zu Ereignisinformations- verhindern! Grundlage dafür ist unser Auftrag „Prävention mit allen Herausgeber: system geeigneten Mitteln“. Zudem wünschen sich Beruauch Eine Chance, Unfälle zu fsgenossedie nschaftArbeitgeber- Rohstoffe und chemische verhindern Industrie und Arbeitnehmervertretungen in unseren©ehrenamtlichen BG RCI Gremien Vervielfältigung, auch ausz ausdrücklich einen solchen Kommunikationskanal. ausdrücklicher Genehmig ugsweise, nur mit ung. Ihre gesetzliche Unfallver sicherung 6
11/12 2021 BG RCI.magazin BLICKPUNKT Rechtssicher, anonym, nutzerfreundlich Jeder Ereignisinformation werden die jeweils ursächlichen Um das Ereignisinformationssystem zu „füttern“, pflegen Gefährdungs- und Belastungsfaktoren aus dem Merkblatt unsere Aufsichtspersonen Informationen über die A 017 „Gefährdungsbeurteilung“ zugeordnet. Über diese untersuchten Unfälle in eine Datenbank ein. Die Texte gemeinsame Schnittmenge verbindet das System den werden anonymisiert, und es findet eine Zuordnung zu korrektiven mit dem präventiven Teil des Arbeitsschutzes. festgelegten Kategorien statt. Bei einigen Unfällen sollen Die betriebliche Unterweisung – strukturiert mit Hilfe auch Fotos in anonymisierter bzw. retuschierter Form zum des Merkblatts A 026 „Gefährdungsorientiertes Unter Einsatz kommen. Diese Vorgehensweise ist selbstver weisen“– kann dann mit einer Ereignisinformation noch ständlich konform mit den aktuellen Regelungen des überzeugender und präziser gestaltet werden. Datenschutzes bzw. der Bildrechtevorgaben. Wachsendes Kompendium Über die Internetadresse www.bgrci.de/ereignisinforma- Das Ereignisinformationssystem ist mit einem Archiv tionssystem können Sie die Web-Anwendung starten, von rund 100 Unfällen gestartet und wird kontinuierlich auch auf mobilen Endgeräten. Die Anmeldung erfolgt mit erweitert, bis im Laufe der Zeit eine umfassende Informa Ihrer Mitgliedsnummer und der dazu gehörigen Postleit tionsquelle über das Unfallgeschehen verfügbar sein wird. zahl. Über die Suche nach verschiedenen Kategorien wie etwa Gewerbezweig, Gefährdungs-/Belastungsfaktor oder Falls Sie einen Unfall aus Ihrem Betrieb in das Ereignis Thema steigen Sie ins System ein. Durch Anklicken des informationssystem einpflegen lassen wollen, wenden Sie jeweiligen Unfallereignisses erhalten Sie weitergehende sich bitte an Ihre Aufsichtsperson, denn: Dies könnte ein Informationen zum Unfallhergang, zu den Ursachen sowie wichtiger Beitrag dafür sein, dass sich ein solcher Unfall den erfolgten Sofortmaßnahmen. Das Ereignis mit allen nicht in einem anderen Betrieb wiederholt. Informationen können Sie als PDF oder Link schnell mit anderen Abteilungen teilen. Meriam Khani und Dr. Günter Klesper, BG RCI, Köln 7
BLICKPUNKT.SPEZIAL BG RCI.magazin 11/12 2021 Ursachen – Beurteilung – Prävention Grundlagen des Explosionsschutzes Explosionen sind selten. Zum Glück! Kommt es aber doch dazu, sind die Folgen meist schwer – Explosio- nen zählen zu den fünf häufigsten Ursachen für tödliche Arbeitsunfälle. Entsprechend wichtig ist es, das Auftreten einer Explosion zu vermeiden und, falls das nicht möglich ist, die Ausbreitung und die Auswir- kungen zu beschränken. Wie kommt es zu einer Explosion? explosionsfähiger Gemische zu rechnen. Bei versprühten Die vier Spitzen des Gefahrentetraeders (siehe Abbil oder verdüsten Flüssigkeiten gilt dies nicht – hier ist stets dung 1) beschreiben vier Voraussetzungen, die alle eine Explosionsgefahr anzunehmen. gleichzeitig erfüllt sein müssen, damit es zu einer Explo sion kommen kann: • brennbarer Gefahrstoff • Oxidationsmittel, z. B. Sauerstoff • Durchmischung im richtigen Mischungsverhältnis Abbildung 1: • wirksame Zündquelle Gefahrentetraeder für Explosionen. Brennbare Gefahrstoffe sind alle Stoffe, die nach ihrer Entzündung mit einem Oxidationsmittel – meist ist dies der natürlich in der Luft vorkommende Sauerstoff – ver brennen können. Typische Beispiele: Lösemittel in La cken, Klebern oder Reinigern, sowie Stäube, etwa Holz-, Metall- oder Zuckerstäube. Damit es zur Durchmischung der Stoffe mit dem Oxidationsmittel kommen kann, müs sen Flüssigkeiten verdampfen oder Stäube aufgewirbelt werden. Beurteilt wird dies für Flüssigkeiten meist anhand des Flammpunkts: Dies ist die niedrigste Temperatur einer Flüssigkeit, bei der sich unter bestimmten genormten Be dingungen aus ihr Dämpfe in solcher Menge entwickeln, dass sie entzündet werden können. Liegt die Temperatur nicht sicher unter dem Flammpunkt, ist mit der Bildung 8
11/12 2021 BG RCI.magazin BLICKPUNKT.SPEZIAL Von Feststoffen geht eine Explosionsgefahr nur aus, so Gefahrstoff mit Luft mischt, reicht also noch nicht aus. Nur fern sie in ausreichender Feinheit vorliegen: im richtigen Mischungsverhältnis – zwischen der unteren Mit abnehmender Korngröße nimmt die Oberfläche der Explosionsgrenze (UEG) und der oberen Explosionsgrenze Stäube zu (siehe Abbildung 2), somit kann die Verbren (OEG) – kann eine Mischung brennbarer Gefahrstoffe mit nung schneller ablaufen, was schließlich zu einem ex Luft bei Entzündung explodieren. Unterhalb der UEG plosionsartigen Verlauf führt. Typischerweise ist dies bei enthält das Gemisch zu wenig Brennstoff, es ist zu Korngrößen unterhalb 0,5 mm der Fall. „mager“. Oberhalb der OEG enthält es zuviel Brennstoff, es ist zu „fett“ und brennt „nur“ ab, statt zu explodieren Allgemein bezeichnet man solche Gemische als „explo (siehe Abbildung 3). Achtung: Die OEG findet bei Stäuben sionsfähige Gemische“. Liegt dieses Gemisch unter keine Anwendung. atmosphärischen Bedingungen (Umgebungstemperatur: -20 °C bis +60 °C; Luftdruck: 0,8 bis 1,1 bar; Oxidations Die letzte für eine Explosion erforderliche Voraussetzung mittel: Luft) vor, spricht man von einer „explosionsfähigen ist eine wirksame Zündquelle. Von den dreizehn bekann Atmosphäre“. Da dies der häufigste Fall ist, gehen wir im ten Zündquellenarten spielen in der Praxis die folgenden Folgenden nur hierauf ein. Bei einer „gefährlichen sechs die größte Rolle: explosionsfähigen Atmosphäre“, kurz „g. e. A.“, treten diese in gefahrdrohender Menge auf. Eine gefahrdrohen • heiße Oberflächen de Menge liegt vor bei einem Volumen ≥ 10 l bzw. • Flammen und heiße Gase ≥ 1/10.000 Rauminhalt oder bei Auftreten in unmittelba • Zündquellen durch mechanische Reib-, Schlag- rer Nähe von Menschen. und Abtrennvorgänge • elektrische Anlagen Auf die Mischung kommt es an • elektrische Ausgleichsströme, kathodischer Dieser Spruch gilt nicht nur beim Kochen, sondern auch Korrosionsschutz im Explosionsschutz. Allein, dass sich ein brennbarer • statische Elektrizität Abbildung 2: Abhängigkeit der Oberfläche von der Korngröße bei Staubpartikeln. Abbildung 3: Bei Gasen, Dämpfen und Nebeln wird der Bereich zwischen den beiden Explo- sionsgrenzen (OEG und UEG) als Explosions- bereich bezeichnet. Fotos: ©olegusk-/©Andrew Burges-/©stockphoto-graf-/©visoot-stock.adobe.com / BG RCI/Gerold Soestmeyer 9
BLICKPUNKT.SPEZIAL BG RCI.magazin 11/12 2021 Gefährdungsbeurteilung Vorrangige Schutzmaßnahme ist die Substitution. Dabei Das wichtigste Hilfsmittel, um eine Explosionsgefährdung gilt es zu prüfen, ob die brennbaren Gefahrstoffe durch einschätzen und beherrschen zu können, ist die Gefähr weniger gefährliche Stoffe ersetzt, also substituiert dungsbeurteilung. Die Maßnahmen unterliegen dabei der werden können. Das wären etwa Flüssigkeiten mit einem in Abbildung 4 dargestellten Rangfolge. höheren Flammpunkt oder solche, die nicht brennbar sind; statt Stäuben könnten Granulate zum Einsatz Der beste Schutz vor einer Explosion: Es ist nichts da, kommen. Auch Arbeitsverfahren, die keine oder weniger das explodieren könnte. Das heißt, die Bildung einer Stoffe freisetzen (z. B. Pinselauftrag anstelle von Versprü g. e. A. ist sicher verhindert, sprich eine der drei Ecken des hen), können schützen. Gefahrentetraeders, nämlich „Oxidationsmittel“, „brenn barer Gefahrstoff“ oder „Durchmischung im richtigen Ist keine ausreichende Substitution möglich? Dann muss Mischungsverhältnis“ fehlt. Geht das nicht, gilt es, geprüft werden, ob durch Maßnahmen wie Dichtheit von Zündquellen auszuschließen, also die vierte Spitze des Behältern oder Anlagen, Beseitigung von Staubablage Gefahrentetraeders zu kappen. Falls auch das nicht rungen oder natürliche Lüftung eine g. e. A. sicher zuverlässig realisierbar ist, müssen Maßnahmen her, verhindert ist. In einem solchen Fall – dokumentiert in die die Ausbreitung einer Explosion verhindern und ihre der Gefährdungsbeurteilung – sind weitere Explosions Auswirkungen beschränken. schutzmaßnahmen nicht erforderlich. Weiterführende Maßnahmen müssen überwacht und geprüft werden, 1. Ebene der Maßnahmen: um ihre Wirksamkeit sicherzustellen. Darum unterliegen Vermeidung der Bildung von g. e. A. sie der Prüfverpflichtung nach Anhang 2 Abschnitt 3 In der GefStoffV ist das STOP-Prinzip verankert. Die BetrSichV. Beispiele für solche Maßnahmen sind: Abkürzung STOP beschreibt die Rangfolge der Schutz maßnahmen: Substitution, Technische Schutzmaßnah Technische Lüftungsmaßnahmen: Durch eine Absaugung men, Organisatorische Schutzmaßnahmen, Persönliche oder Raumlüftung werden brennbare Gefahrstoffe aus der Schutzmaßnahmen. Luft entfernt oder zumindest in ihrer Konzentration Abbildung 4: Maßnahmenrangfolge im Explosionsschutz mit beispielhaften Schutzmaßnahmen und Verweis auf das entsprechende Technische Regelwerk (nach: KB 028-1). 10
11/12 2021 BG RCI.magazin BLICKPUNKT.SPEZIAL reduziert. Beispielsweise mittels Gaswarngeräten (Mes 2. Ebene der Maßnahmen: sung der Konzentration brennbarer Gase/Dämpfe) Vermeidung der Entzündung oder Strömungswächtern (Messung des Luftstroms) Kann eine g. e. A. nicht sicher verhindert werden, muss lässt sich die Wirksamkeit von Absaugung und Lüftung beurteilt werden, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie überwachen. auftreten kann und wie lange sie andauert. Ebenso muss für Zündquellen ermittelt werden, wie wahrscheinlich es Inertisierung: Bei der Inertisierung verdrängen nicht ist, dass sie vorhanden sind oder entstehen (im Prozess, brennbare Stoffe – vor allem Gase wie Stickstoff oder z. B. beim Schleifen, oder bei Gerätefehlern und Störun Kohlenstoffdioxid – den Sauerstoff so weit, dass keine gen) und wirksam werden. Explosion mehr stattfinden kann. Eine Inertisierung ist nur in geschlossenen Anlagenteilen anwendbar und muss Solche Arbeitsbereiche werden mit dem Warnzeichen überwacht werden. Achtung: Inertgase wirken erstickend. D-W021 „Warnung vor explosionsfähiger Atmosphäre“ („Ex-Dreieck“) gekennzeichnet. Zusätzlich sind dort offene Zündquellen wie Rauchen oder offenes Feuer Prüfverpflichtung nach Anhang 2 Abschnitt 3 verboten. Unbefugte dürfen derart gefährdete Bereiche der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV): nicht betreten. Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen (Ex-Anlagen) sind überwachungsbedürftige Das langjährig bewährte Konzept der Zoneneinteilung hilft Anlagen, für die besondere Prüfanforderungen bei der Ableitung des Umfangs der notwendigen Zünd gelten. Die Rechtsgrundlage hierfür ist die quellenvermeidung. Auch die Technischen Regeln für BetrSichV. Der Unternehmer oder die Unterneh Gefahrstoffe (TRGS) der 700er-Reihe nutzen dieses merin hat die Prüfart, den Prüfumfang, die Konzept. Bei der Einteilung der Zonen geht es um die Prüftiefe, die Prüffristen und die erforderliche Häufigkeit und Dauer, mit der g. e. A. auftreten oder Befähigung der zur Prüfung befähigten Person vorhanden sein kann. Zu betrachten sind sie dabei im festzulegen und im Explosionsschutzdokument Verhältnis zur Betriebsdauer des Prozesses – nicht zu zu beschreiben. einem Zeitraum wie einer Woche oder einem Jahr. Für g. e. A. als Gemisch aus Luft und brennbaren Gasen, Prüfungen müssen durchgeführt werden Dämpfen oder Nebeln gibt es die Zonen 0, 1 und 2. • vor erstmaliger Inbetriebnahme, Für g. e. A. in Form einer Staubwolke in Luft gelten die • nach prüfpflichtigen Änderungen und Zonen 20, 21 und 22. • wiederkehrend. Anhand der festgelegten Zone können Betriebe dann die Die Prüfanforderungen werden in der TRBS 1201 zu treffenden Schutzmaßnahmen ableiten – vorausge Teil 1 „Prüfungen von Anlagen in explosionsge setzt, dass das Auftreten der g. e. A. und das Wirksam fährdeten Bereichen“ konkretisiert. werden der Zündquelle voneinander unabhängig sind. Der Zusammenhang zwischen dem Auftreten von g. e. A., der daraus resultierenden Zone und den zu vermeidenden Zündquellen ist in Tabelle 1 dargestellt. Eine Hilfestellung D-W021 „Warnung vor explosions- P003 „Keine offene Flamme; D-P006 „Zutritt für fähiger Atmosphäre“ Feuer, offene Zündquelle und Unbefugte verboten“ Rauchen verboten“ 11
BLICKPUNKT.SPEZIAL BG RCI.magazin 11/12 2021 bei der Zoneneinteilung bietet die Beispielsammlung in 0/20 zu treffen. Für den Einzelfall können Unternehmen in DGUV Regel 113-001, siehe Abbildung 5. der Gefährdungsbeurteilung andere Maßnahmen festle gen, solange diese das gleiche Sicherheitsniveau gewähr Zone Auftreten von Vermeidung von leisten (etwa Tätigkeiten nach TRGS 507 „Oberflächenbe (Gase + Dämpfe/ g. e. A. Zündquellen, die handlung in Räumen und Behältern“). Stäube) 0 / 20 ständig, - ständig oder häufig 3. Ebene der Maßnahmen: langzeitig oder Beschränkung der Ausbreitung bzw. der oder - gelegentlich oder häufig - selten auftreten Auswirkungen einer Explosion Lässt sich eine Explosion trotz aller Maßnahmen nicht 1 / 21 gelegentlich - ständig oder häufig oder sicher ausschließen, ist durch sogenannte „konstruktive - gelegentlich Schutzmaßnahmen“ ihre Auswirkung zu minimieren. auftreten Dabei werden Behälter und Anlagenteile so ausgelegt oder 2 / 22 selten und - ständig oder ausgerüstet, dass durch eine Explosion keine Personen kurzzeitig häufig auftreten verletzt sowie Gebäude und Anlagen geringstmöglich beschädigt werden. Beispiele für solche Maßnahmen: Tabelle 1: Anforderungen an die Zündquellenvermeidung in Ab- hängigkeit von der Häufigkeit und der Dauer des Auftretens von Explosionsfeste Bauweise: Der Behälter oder die Anlage g. e. A. bzw. von der Zoneneinteilung. halten einer Explosion im Inneren stand. Explosionsdruckentlastung: Hierbei wird der Explosions überdruck etwa über Berstscheiben, Explosionsklappen 113-001 oder ständige Öffnungen an die Umgebung abgeführt. l 113-001 DGUV Rege 113-001 DGUV Regel 113-001 Die Druckentlastung darf niemanden gefährden. chutz-Regeln Explosionss I (EX-RL) für das hnischer Reg eln Sammlung tec Gefahren durch explosion Vermeiden der e mit Beispielsammlun fähige Atmosp här exp losionsgefährdeter s- g II Explosionsschutz-Regeln (EX-RL) Sammlung technischer Regeln für das Explosionsunterdrückung: Diese Maßnahmen erkennen und ersticken eine angelaufene Explosion, bevor sie zur Einteilung en Vermeiden der Gefahren durch explosions- Zon Bereiche in fähige Atmosphäre mit Beispielsammlung zur Einteilung explosionsgefährdeter Bereiche in Zonen gefährliche Überdrücke erreicht. Zusätzlich muss die Übertragung auf andere gefährdete 57035 Artikel-Nr.: 412 Anlagenbereiche verhindert werden (explosionstechni Artikel-Nr.: 41257035 sche Entkopplung), etwa durch Löschmittelsperren, Schnellschlussschieber oder -klappen und Zellenrad schleusen. 1 August 202 August 2021 Dokumentation 001a_113-001_Titelblatt_II.indd 1 19.07.2021 09:28:32 Ihre Gefährdungsbeurteilung zum Explosionsschutz Abbildung 5: Die Explosionsschutz-Regeln (DGUV Regel 113- müssen Betriebe in einem sogenannten Explosionsschutz 001 – Teile 1 und 2) bündeln alle explosionsschutzrelevanten dokument dokumentieren, einem speziellen Teil der Technischen Regeln. Anlage 4 enthält die weltweit umfang- Gefährdungsbeurteilung. Informationen zu dem Thema reichste Beispielsammlung zur Einteilung explosionsgefähr- bietet die DGUV Information 213-106 „Explosionsschutz deter Bereiche in Zonen. Weitere Informationen zur Zonenein- dokument“. Auch Prüfungen müssen nach Betriebssicher teilung sowie zur Zündquellenvermeidung bieten die TRGS 720 heitsverordnung dokumentiert werden, siehe TRBS 1201 sowie TRGS 722, TRGS 723 und TRGS 727. Teil 1 „Prüfung von Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen“. Verzichtet ein Betrieb auf die Zoneneinteilung, muss er zunächst davon ausgehen, dass g. e. A. im gesamten Arbeitsbereich dauerhaft auftritt (Worst-Case-Betrach tung). Somit sind Schutzmaßnahmen im Sinn der Zone Dr. Maximilian Hanke-Roos, BG RCI, Heidelberg 12
11/12 2021 BG RCI.magazin BLICKPUNKT.SPEZIAL Explosionsschutz-Regeln der Berufsgenossenschaften Wichtige Basis für die Sicherheit Zu beurteilen, wo es im Betrieb welche Explosionsgefahren gibt und welche Präventionsmaßnahmen die richtigen sind, ist für Unternehmen nicht einfach. Die Berufsgenossenschaften bieten ihnen eine wichtige, praxisorientierte Hilfestellung: die Explosionsschutz-Regeln inklusive einer Sammlung anschaulicher Beispiele. Die berufsgenossenschaftlichen Explosionsschutz-Regeln Ein weiterer Bestandteil ist eine ständig aktualisierte Liste (EX-RL) besitzen eine über 70-jährige Tradition in Deutsch funktionsgeprüfter Gaswarngeräte, welche einen Baustein land. Sie waren Grundlage für viele nationale und inter bei den Maßnahmen zum Explosionsschutz bilden nationale Regelungen, etwa für den Leitfaden zur europäi können. schen Richtlinie 1999/92/EG, Basisnorm im Explosions- schutz DIN EN 1127-1 und viele Technische Regeln zur Anwendung der Beispielsammlung Betriebssicherheit bzw. für Gefahrstoffe. In der heutigen Die in den einzelnen Beispielen der Sammlung aufge Fassung (Stand 08/2021) bietet die DGUV Regel 113-001 führten Maßnahmen gelten für den Normalbetrieb, den Unternehmen eine Sammlung aller explosionsschutz berücksichtigen aber auch betriebsübliche Störungen: relevanten technischen Regeln. also vorhersehbare Störungen oder Gerätefehler, die üblicherweise in der Praxis auftreten, wie etwa der Außerdem enthalten die aktuellen EX-RL eine Beispiel Sackabriss bei einer Absackmaschine. Auch eine solche sammlung, die bei der praktischen Umsetzung von Störung gilt es bei der Zoneneinteilung zu berücksichtigen. Explosionsschutzmaßnahmen hilft. Sofern die Bildung einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre (kurz Die Beispielsammlung dient als Entscheidungshilfe bei g. e. A.) im Inneren von Arbeitsmitteln oder in deren der Auswahl von Art und Umfang der Schutzmaßnahmen Umgebung nicht sicher ausgeschlossen werden kann, ist für das Vermeiden von Explosionsgefahren. Die Entschei es möglich, die explosionsgefährdeten Bereiche in Zonen dung, ob und mit welcher Wahrscheinlichkeit g. e. A. einzuteilen (siehe auch unseren Grundlagenartikel ab auftreten können, hängt von den gegebenen Umständen Seite 13). ab und muss sich stets auf den vorliegenden Einzelfall beziehen. Deshalb ist immer zu untersuchen, ob der Schwierig, aber kapitalschonend konkrete Fall hinsichtlich Menge und Wahrscheinlichkeit Viele Betreiber, die mit der Bildung einer g. e. A. rechnen mit dem Sachverhalt aus dem Beispiel der Sammlung müssen, tun sich schwer mit der Einteilung explosionsge korrespondiert. Dabei helfen die einführenden Hinweise fährdeter Bereiche in Zonen. Oft fehlen die Erfahrungen, zur Sammlung und die Umsetzung der Schutzmaßnahmen zuverlässige Praxishilfen oder erforderliche Daten für nach TRGS 722 (Spalte 4 der EX-RL – Beispielsammlung). Berechnungen. Vorteil dieser Darstellung: Die Zoneneinteilung ist nicht Zudem gehen mit der Zoneneinteilung oft spürbare nur abstrakt in einer Tabelle dargestellt – die Beispiel finanzielle Aufwendungen einher. Nehmen wir an, szenarien gehen auch näher auf die Begleitumstände ein, dass der Kaufpreis für ein neu anzuschaffendes elektri die zu dieser Zoneneinteilung geführt haben. Bestehen sches, nicht-explosionsgeschütztes Flurförderzeug rund Zweifel, ob die konkreten Randbedingungen des betrach 10.000 € beträgt. In Kategorie 3 zum Einsatz in Zone 2 teten Einzelfalls die Anwendung der in der EX-RL – Bei kostet es bereits das 1,8- bis 2,7-fache. Und in Kategorie spielsammlung oder in anderen Regelungen angegebenen 2 zum Einsatz in Zone 1 schlägt das Fahrzeug sogar mit Zoneneinteilung zulassen, können orientierende Messun dem 4-fachen zu Buche. gen zur Klärung beitragen, realisierbar entweder selbst mit geeigneten Geräten und erfahrenem Personal oder durch Insofern ist eine großzügige Einteilung ganzer Bereiche in eine beauftragte Messstelle. Dabei ist wichtig, für die Zone 1 oder 2, wie früher oft üblich, finanziell nicht mehr Zoneneinteilung nicht nur die Messergebnisse beim vertretbar. Somit ist die präzise Zoneneinteilung nicht nur störungsfreien Betrieb zu berücksichtigen, sondern alle Teil einer Gefahrenabwehr, sondern auch von großem regulären Betriebszustände sowie die bereits erwähnten wirtschaftlichem Nutzen. Dabei hilft die aktuelle DGUV- betriebsüblichen Störungen. Regel mit der weltweit größten Beispielsammlung zur Einteilung explosionsgefährdeter Bereiche in Zonen. Björn Poga, BG RCI, Heidelberg 13
BLICKPUNKT.SPEZIAL BG RCI.magazin 11/12 2021 Welcher Explosionsschutz-Seminartyp sind Sie? Die Präventionsabteilung Qualifizierung der BG RCI bietet verschiedene Seminare zum Thema Explosionsschutz an. Welches das für Sie passende mit dem größtmöglichen Nutzen ist, können Sie mit diesem Entscheidungsbaum ermitteln. Nähere Informationen zu unseren Qualifizierungsmaßnahmen und der Anmeldung finden Sie online unter seminare.bgrci.de Dr. Viktoria Kapoustina, BG RCI, Maikammer; Anne-Kathrin Fiedler, BG RCI, Heidelberg 14
11/12 2021 BG RCI.magazin BLICKPUNKT.SPEZIAL Der Teufel steckt im Detail Explosionen, ob groß oder klein, kommen leider immer wieder vor. Dabei sind es häufig scheinbar banale Abweichungen von der sicheren Arbeitsweise, die dazu führen. Im Explosionsschutzportal www.exinfo.de des Referats Explosionsschutz der BG RCI (er- reichbar über den QR-Code) sind einige solcher Szenarien aufgearbeitet. So wird die Ursache erkennbar, und in ähnlichen Situationen lassen sich Unfälle einfacher vermeiden. Keine gute Idee: Benzin zur Bodenreinigung ein Teelöffel flüssiges Benzin. Deshalb ist es nicht verwun Aus gutem Grund kommen zur Reinigung von Fußböden derlich, dass restentleerte, vermeintlich „saubere“ Fässer keine brennbaren hochgradig gefährlich sind. Lösemittel zum Einsatz. Doch eine In diesem Fall sollten alte Fässer gereinigt und zur Mitarbeiterin des Entsorgung aufgetrennt werden. Die Gefahr wurde Reinigungspersonals unterschätzt, eine Gefährdungsbeurteilung für die verwendete – ohne Trennarbeiten wurde nicht als erforderlich angesehen – Rücksprache mit man ging davon aus, dass die Fässer nur geringe Rest ihrem Vorgesetzten – mengen von Altöl enthielten. Ein tödlicher Fehler: Einer zur Entfernung eines der Beschäftigten starb. Schwere und tödliche Unfälle etwas größeren bei Schweiß- und Trennarbeiten an Altfässern geschehen Ölflecks „Wundben leider bis heute, obwohl die Gefahr und die erforderlichen zin“ (Petrolether) statt Maßnahmen schon lange bekannt sein sollten. des vorgesehenen Reinigungsmittels. Kleine Ursache – große Wirkung Der Petrolether Hier ist „nur“ eine Flasche verdampfte und heruntergefallen und zerbrochen– bildete schnell eine allerdings eine mit mehreren explosionsfähige Atmosphäre – die dann wohl durch den Litern eines leicht flüchtigen Wischvorgang entzündet wurde. Lösemittelgemisches. Aus der Es kam zu einer Stichflamme, die der Reinigungskraft großen Lache verdampfte das Verbrennungen im Gesicht, am Hals und an den Beinen Gemisch schnell und bildete eine zufügte und auch den Putzwagen in Brand setzte. gefährliche explosionsfähige Atmosphäre, die sich an einem Leider ein Klassiker: Tödlicher Unfall elektrischen Gerät entzündete. beim Zertrennen eines Altölfasses Die Person, der die Flasche Zur Bildung einer gefährlichen explosionsfähigen Atmo heruntergefallen war, blieb sphäre braucht es nicht viel! Für ein 200-Liter-Fass genügt unverletzt: Sie hatte gerade den Raum verlassen, um mehr Tücher zum Aufnehmen des Lösemittels zu holen. Der Praxishilfe-Ordner „Aus Arbeitsunfällen lernen“ enthält weitere Unfallbeispiele auch aus anderen Bereichen. Dr. Maximilian Hanke-Roos, BG RCI, Heidelberg 15
BLICKPUNKT.SPEZIAL BG RCI.magazin 11/12 2021 KB 028-2 kurz & bün dig Gefährdu ngsbeurt eilung Explosio nssc hutzkonz ept Sicherhe it Rechtlich er im Explos Wegweiser ionsschu tz Explosione n im Betrieb unterstreic zählen zu ht die Bed den fünf erkannt und eutung eine häufigsten bewertet r gut stru Ursachen konzept erst werden. Bes kturier für tödlich ellt werden teht das Risi ten Gefährdungsb e Arbeits unfälle. Die zur Reduzie . Darin sind ko einer Exp eurteilung s rung der , durch die bezüglich Auswirkung Maßnahmen zur losion, mu ss ein Exp Gefahren Hinweise en auf ein Vermeidun losionssch zur Vorgeh vertretbar g einer Exp utz ensweise es Maß bes losion ode und zu eins chrieben. r zumind chlägigen Diese Sch est Das Arbe itsschutz rechtlich rift gibt die Gefahrsto gesetz (ArbS en Bestim s ffverordn ung (GefS chG) bilde t in Verb mungen. ordnung toffV indu ng mit der (BetrSich ) und der Explosion V) den rech Betriebss tet: Man sschutz. tlichen Rahm icherheit kann bei tungen für Die dort en für den sver- gehe Befolgun formulier betrieblic n, g der Tech > Durchfüh den Unte rnehmer ten wese ntlichen hen erfül dass die Anforderu nischen Rege lt sind. ngen der rung der Gefährdu bzw. die Unterneh Verpflich - entsprechend ln davon aus- > Erstellung ngsbeurte merin sind en Verordnu eines Expl ilung (sieh die: ng > Auswahl osionssc e Absc Abweichunge und hutzkonz hnitt 2), n von Tech Geräte (sieh Verwendung geei eptes (sieh e Abschnitt muss in der Gefä nischen e Absc gneter expl 3), hrdu Regeln sind > Durchfüh hnitt 4), osionsge gelegt werd ngsb möglich, rung von schützter en, wie mind eurteilung dann jedoch onssiche Prüfungen gleiche Gesu este nachvollz rheit (sieh zur Gewährle ndheitssc ns die gleic iehbar dar- > Dokumen e Abschnitt istung der hutz für die he Sicherhe tation der 5) und Explosi- Beschäfti it und der onsschut Explosionssc gten errei zdokume hutzmaß cht werden. nt (siehe nahmen Abschnitt im Explosi- Ein zentrales 6). Hilfsmitte Technisch l bei der en Regeln, Gefährdu kretisiere die die ents ngsbeurte n. Für den prechend ilung sind Regeln für Explosionssc en Verordnu die Gefahrsto hutz sind ngen kon- triebssich ffe (TRGS) dies die erheit (TRB und die Tech Technisch und entfa S). Diese nischen Rege en lten die soge geben den ln für Be- nannte „Verm Stand der Technik wied utungswi er rkung“. Das bedeu- Medien und Angebote der BG RCI 8/2021 Explosionsschutz in Wort und Bild KB 028-1 kurz & bündig Explosionsschutz ist ein komplexes Thema. Das zeigt nicht zuletzt auch die Vielzahl relevanter Technischer Regeln. Die BG RCI bietet diverse Schriften und andere Medien, um alle Interessierten bzw. losionsgefahren Brand- und Exp re Tätigkeiten mit brennbaren Stoffen Betroffenen entsprechend ihres Wissensstandes zu unterstützen. Schutzmaßnah men für siche es oder einer Explo sion Risiko eines Brand die zu Bränden Stoffen muss das und Ursachen, mit brennbaren Voraussetzungen men. Bei Tätigkeiten informiert über Schutzmaßnah n. Diese Schrift ise zu geeigneten zur Unterweisu ng beurteilt werde n. Zudem gibt sie Hinwe teilung und und Explosione n führen könne Gefährdungsbeur Erstellung einer Reihe „Kurz & bündig“ Sie soll zur Unter von Beschäftigt stützung bei der en diene n. Stoffe 1.2 Brennbare Die beiden neuen KB 028-1 „Brand- und Explosionsge ihrer Entzündung 1 Brandschutz Brennbare Stoffe sind alle diejeni gen, die nach ff (und weitere n oder anderen soge- Brand (Luft-)Sauersto kommen in ungen für einen in Reaktion mit nen können. Sie 1.1 Voraussetz onsmitteln) verbren vor. Abhängig davon setzungen nannten Oxidati igem Zustand m und gasförm he Brand- fahren – Schutzmaßnahmen für sichere Tätigkeiten mit s müssen drei Voraus festem, flüssige sie in unterschiedlic ung eines Brande des Stoffes werden der Wahl des rich- Für die Entsteh und von der Art dient vor allem gleichzeitig gegebe n sein: F ) eingeteilt. Dies fung). klassen (A bis itt 1.5, Brandbekämp > Brennbarer Stoff (siehe Abschn tigen Löschmittels > (Luft-)Sauersto ff nicht die Flüs- zu beachten, dass brennbaren Stoffen“ und KB 028-2 „Rechtlicher Wegwei > Wirksame Zündqu elle Flüssigkeiten ist n, die sich über der Bei brennbaren Dämpfe brenne (Luft-)Sauersto ff sondern nur die sich ausbrei- sigkeit selbst, Die Dämpfe können keitsob erfläche bilden. gibt es eine wichtig e Kenn- Flüssig elle finden. Dazu unter genormten ten und eine Zündqu beschreibt die punkt. Dieser ste Temperatur, bei der größe, den Flamm ser im Explosionsschutz“ unterstützen beim Einstieg in ngunge n ermittelte, niedrig entwick elt, die Versuchsbedi nd Dämpfe Flüssigkeit genüge können. Wirksame eine brennbare e entzündet werden Zündquelle keitsoberfläch über der Flüssig ndigkeit von fes- nungsgeschwi it und Verbren zu- die vielschichtige Thematik des Brand- und Explosions Die Entzündbarke der Größe der Oberfläche mit Stoffen hängt n kann. ten brennbaren ff in Kontakt komme (Luft-)Sauersto Brennbarer Stoff sammen, die mit Branden tstehung schutzes. KB 028-1 fokussiert dabei die Frage, wie es zu ndreieck für die Abbildung 1: Gefahre 11/2020 Bränden bzw. Explosionen kommen kann; KB 028-2 stellt die rechtlichen Anforderungen an die Gefährdungsbe • T 049 „Explosionsschutz“ urteilung im Explosionsschutz dar. • T 050 „Explosionsschutz an Maschinen“ • T 053 „Entzündbare Flüssigkeiten“ Frequently Asked Questions • T 054 „Brennbare Stäube“ Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Thema „Explo • T 055 „Gaswarneinrichtungen und -geräte für den sionsschutz“ geben die FAQ-Merkblätter: Explosionsschutz“ T 050 T 055 T 053 T 054 T 049 Explosionssc hutz an Maschin Gaswarneinric Antworten auf en htungen und -ge häufig gestell ssigkeiten für den Explos räte Entzündbare Flü ellte Fragen te Fragen ionsschutz häufi g gest Brennbare Stä Antworten auf Antworten auf ube häufi Explosionsschutz Sichere Techni g gestellte Frag k Antworten auf en häufi g gestellte Frag Sichere Technik g gestellte Fragen 4/2015 en Antworten auf häufi 1/2018 Sichere Technik 2/2016 4/2016 Sichere Technik Sichere Technik 4/2016 16
11/12 2021 BG RCI.magazin BLICKPUNKT.SPEZIAL 213-106 on 213-106 DGUV Informati tz- Explosionsschu dokument Juni 2021 T 051 DGUV Information zum Explosionsschutzdokument Ausführliche Erläuterungen zum Explosionsschutz dokument, das Betriebe erstellen müssen, bietet die DGUV Information 213-106. Diese erläutert die Anforde rungen der Gefahrstoffverordnung an das Explosions T 033 TRGS 727 DGUV Informa schutzdokument und gibt Hinweise zur Erstellung, zum tion 213-060 Aufbau und zu den Inhalten. In der neu erschienenen Elektrostatik Antworten auf häufig gestellte Fragen Überarbeitung sind die Bezüge zu den aktualisierten 7/2016 Technischen Regeln korrigiert. Sichere Technik Themenspezifische Informationen Natürlich wird auch in den stoff- oder tätigkeitsspezifi schen Merkblättern der BG RCI an entsprechender Stelle der Explosionsschutz thematisiert. Vermeidung von infolge elektrost Zündgefahren atischer Aufla dungen Exinfo-Newsletter Sichere Technik 8/2016 Der Themenschwerpunkt „Exinfo“ im kostenlosen VISION ZERO-Newsletter bietet Ihnen vier Mal jährlich die vom Elektrostatik Referat „Explosionsschutz“ der BG RCI zusammengestell Bei der Elektrostatik handelt sich um eine der sechs ten aktuellen Informationen rund um den Explosions häufigsten Zündquellen im Explosionsschutz. Die Thema schutz. Wir informieren über wichtige Entwicklungen auf tik ist jedoch kompliziert und vielschichtig. Um hier zu nationaler und internationaler Ebene, zum Technischen unterstützen, bietet die BG RCI mit dem Merkblatt T 033 Regelwerk, zu neuen Publikationen und Arbeitshilfen „Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer sowie geplanten Veranstaltungen. Aufladungen“ eine Fassung der gleichnamigen TRGS 727, bei der die schematischen Illustrationen der Schutzmaß Die aktuelle Ausgabe ist auf dem Explosions nahmen farbig und damit übersichtlicher dargestellt sind. schutzportal der BG RCI unter www.exinfo.de Auch zur Elektrostatik gibt es häufig gestellte Fragen. Die (Seiten ID: #PN5Z) zu finden. Der nebenstehen Druckfassung des Merkblatts T 051 „Elektrostatik – Ant de QR-Code führt Sie direkt dort hin. Eine worten auf häufig gestellte Fragen“ wird derzeit überarbei Anmeldung zum Newsletter kann ebenfalls tet. Auf dem Explosionsschutzportal (erreichbar über den über das Explosionsschutzportal erfolgen. obigen QR-Code) sind aber bereits jetzt Antworten auf eine deutlich größere Zahl an Fragen zu finden als in der letzten Druckauflage des Merkblatts. Dr. Maximilian Hanke-Roos, BG RCI, Heidelberg 17
AUS DER PRAXIS BG RCI.magazin 11/12 2021 Baumunfälle Tödliches Risiko auf Landstraßen Im Sommer und – erst recht – im dunklen Winter Alleen ebenso zu verzichten wie auf Nachpflanzungen sind Straßenbäume eine stark unterschätzte Gefahr abgestorbener Bäume am Straßenrand. Straßen sollten für Autofahrende, denn Kollisionen haben beson- so konstruiert sein, dass sie Fehler von Autofahrenden ders schwere Folgen: Seit Einführung der „Baum verzeihen. Doch Fehler lassen sich nicht vollständig unfallstatistik“ 1995 kamen dabei fast 30.000 vermeiden, im Straßenverkehr ebenso wenig wie am Menschen ums Leben. Arbeitsplatz. Welche Maßnahmen müssten aus Sicht des DVR also getroffen werden, um die Zahl der Baumunfälle Straßenbäume wurden einst nicht etwa fürs Auge ge zu reduzieren? „Man sollte sich auf Alleen konzentrieren, pflanzt, sondern vor allem zu einem ganz praktischen die unfallauffällig sind“, erklärt Dr. Detlev Lipphard vom Zweck: um Reisenden, die zu Fuß oder mit der Kutsche Vorstandsausschuss Verkehrstechnik des DVR. „Dort unterwegs waren, Schatten zu spenden. Das tun Alleen sollten Schutzmaßnahmen umgesetzt werden, die sich in auch heute noch. Die dadurch erschwerte Sicht ist aber der Vergangenheit bewährt haben, etwa das Anbringen nicht das Hauptproblem heutiger Fahrzeugführerinnen von Schutzplanken.“ Bäume zu entfernen, sollte das und -führer. Diese sind mit viel höherem Tempo unterwegs allerletzte Mittel sein, wenn nichts anderes mehr funktio als Fuhrwerke und Wanderer, sodass selbst geringe niere. Dennoch: Die sicherste Landstraße, so Lipphard, Fahrfehler zu schweren Kollisionen führen können. sei die mit freiem Seitenraum. Deshalb sollten neue Bäume am Straßenrand immer mit Schutzplanken Schon ein kleinerer Baum bedeutet eine tödliche Gefahr: versehen werden. Bereits bei einem Frontalaufprall mit 70 km/h sind die Überlebenschancen für Autofahrende gering. Insgesamt Daneben gibt es noch andere Möglichkeiten, die Sicher 513 Menschen kamen laut Unfallforschung der Versiche heit zu erhöhen. „Gerade vor Kurvenabschnitten oder rer (UDV) allein 2019 bei Baumunfällen ums Leben. Mit gefährlichen Streckenabschnitten sind Tempolimits einem Anteil von 16,8 Prozent stehen diese in Deutsch sinnvoll“, erklärt Lipphard. Er verweist auf einen speziel land an der Spitze der Einzelursachen von tödlichen len Baumerlass des Landes Brandenburg, wonach auf Verkehrsunfällen. Alleen grundsätzlich nur Tempo 70 erlaubt ist. „Es reicht aber nicht aus, nur die Geschwindigkeit zu begrenzen, Schwierige Prävention das muss dann auch überwacht werden.“ Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) verfolgt das Ziel, Anzahl und Schwere von Unfällen von Jahr zu Jahr Ähnlich argumentiert die Unfallforschung der Versicherer deutlich zu senken. Im Idealfall gibt es irgendwann keine (UDV) im Gesamtverband der Deutschen Versicherungs Verkehrstoten mehr – nach dem Motto: „Keiner kommt wirtschaft. Sie hat auf Basis ihr vorliegender Daten um. Alle kommen an.“ Um das Risiko von Baumunfällen geeignete und weniger geeignete Maßnahmen identifi zu reduzieren, fordert der DVR, auf Neuanpflanzungen von ziert. 18
11/12 2021 BG RCI.magazin AUS DER PRAXIS Alleen sind hübsch, aber eine Herausforderung für die Unfallprävention. Foto: ©DanBu.Berlin-stock-adobe.com Zu den geeigneten Maßnahmen zählen demnach: fordert. Das beträfe einen Großteil solcher Landstraßen. Gerade schmale, kurvige Straßen seien gar nicht für • s ystematische Analyse des Unfallgeschehens durch Tempo 100 gebaut, argumentiert der DVR. die Unfallkommission • Schutzplanken Für ein abgestuftes System plädiert auch die UDV. Außer • Überholverbote ortsstraßen seien in ihrer Qualität sehr verschieden, • Kurvenbegradigung Kreisstraßen seien oft schmaler als Landesstraßen. • konsequente Geschwindigkeitsüberwachung an Fahrfehler in einer Kurve führen laut UDV auf schmalen Stellen mit Unfallhäufung Straßen häufiger zu tödlichen Unfällen als auf breiteren • Verlegung stark frequentierter Ortsverbindungen aus Straßen. Zudem hätten schmale Außerortsstraßen meist Alleen auch eine schlechtere Fahrbahnoberfläche. Schon heute könnten die zuständigen Behörden in Gefahrenbereichen Für weniger geeignet hält die UDV: 80 oder auch nur 70 km/h als zulässige Höchstgeschwin digkeit anordnen. Untersuchungen hätten gezeigt, dass • Baumspiegel dort Geschwindigkeitsüberschreitungen weniger hoch • Nachpflanzen von Bäumen ohne Schutzbeplankung ausfielen als in den Bereichen, wo keine Schilder stehen, • willkürliche zulässige Geschwindigkeiten ohne Über wo also generell Tempo 100 gilt. wachung • profilierte Randmarkierungen oder Zusatzschilder, die Bäume am Straßenrand, schmale Straßen, nicht ange vor dem Aufprall auf Bäume warnen passte Geschwindigkeit: Das DVR-Motto „Keiner kommt um. Alle kommen an.“ wird sich in absehbarer Zeit wohl Experten für Tempo 80 nicht erreichen lassen. Die „fehlerverzeihende Straße“ sei Bereits 2015 plädierte der Deutsche Verkehrsgerichtstag, ein wichtiger Beitrag im Sinne der Präventionsstrategie die Höchstgeschwindigkeit auf Landstraßen generell VISION ZERO, sagte DVR-Präsident Dr. Walter Eichendorf herabzusetzen. Die Fachleute empfahlen eine Umkehrung in seinem Schlusswort beim 21. DVR-Forum „Sicherheit von Regel und Ausnahme: Das Regeltempo – aktuell und Mobilität“. „Es gibt keinen sicheren Straßenverkehr 100 km/h – sollte auf 80 km/h gesenkt werden, gut ohne eine entsprechende Infrastruktur“, stellte er fest. ausgebaute Straßen könnten im Gegenzug für Tempo 100 „Wir streiten also nicht über den Wert unserer schönen freigegeben und entsprechend beschildert werden. Alleen, sondern über die richtigen Mittel und Wege, sie für alle sicherer zu gestalten.“ Ähnlich sieht das der DVR, der für schmale Landstraßen mit einer Fahrbahnbreite von sechs Metern oder weniger eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h Burkhard Rehn, BG RCI, Mainz 19
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