AIRPROX Magazin 2021 Aus Fehlern lernen - Beispielhafte Berichte aus der APEG zu Vorfällen mit gefährlichen Annäherungen im Luftraum (Airprox)
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AIRPROX Magazin 2021 Aus Fehlern lernen – Beispielhafte Berichte aus der APEG zu Vorfällen mit gefährlichen Annäherungen im Luftraum (Airprox)
Inhaltsverzeichnis Editorial ........................................................................................................................................................................... 3 Die APEG.......................................................................................................................................................................... 4 Zweck und Ziel der APEG .............................................................................................................................................. 4 Airprox Hotspots in Deutschland ................................................................................................................................. 5 Bewertung und Analyse der Fälle................................................................................................................................. 6 Rechtliche Grundlagen im Luftraum ECHO ............................................................................................................... 7 Wie sind die Regeln, um Zusammenstöße zu vermeiden? ...................................................................................... 7 Annäherung im Gegenflug .............................................................................................................................................8 Kreuzen der Flugrichtung ..............................................................................................................................................8 Überholen ..........................................................................................................................................................................8 Landung ..............................................................................................................................................................................9 Start .....................................................................................................................................................................................9 Bestimmung über die Schaltung von Transpondern .............................................................................................. 11 Die Empfehlung der APEG........................................................................................................................................... 11 Airprox: Anflug Stuttgart ............................................................................................................................................13 Die Bewertung der APEG ............................................................................................................................................. 14 Airprox: Pilot als Unternehmen .................................................................................................................................15 Kostenfaktor Betriebskosten ...................................................................................................................................... 16 Die Bewertung der APEG ............................................................................................................................................. 16 Airprox: Airliner und Segelflieger in Hamburg ........................................................................................................18 Der BFU-Bericht ............................................................................................................................................................ 19 Die Sicht des Segelfliegers........................................................................................................................................... 21 Die Sicht des Kapitäns .................................................................................................................................................. 21 Die Sicht des Ersten Offiziers (Pilot Monitoring) .................................................................................................... 22 Schlussfolgerung ........................................................................................................................................................... 22 Sicherheitsempfehlungen der BFU und Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit (Luftraum E)................ 23 Airprox: Business Jet Citation und Segelflieger in Augsburg .................................................................................24 Die Bewertung der APEG ............................................................................................................................................. 25 Airprox: Mooney und Drohne in Flugfläche 90 ........................................................................................................26 Regeln für Drohnen ab 2023 ....................................................................................................................................... 27
TMZ Memmingen: Und täglich grüßt das Murmeltier … .......................................................................................29 Der Sachverhalt ............................................................................................................................................................. 29 Analyse des Airprox ....................................................................................................................................................... 30 Die beiden Fälle im Vergleich ...................................................................................................................................... 31 Die Bewertung der APEG ............................................................................................................................................. 31 Best Practice VFR: Sicher durch den Luftraum ........................................................................................................33 Im Vorfeld: Planung eines VFR-Fluges ..................................................................................................................... 33 Flugwetter checken ...................................................................................................................................................... 33 Notam checken.............................................................................................................................................................. 33 Aktuelle ICAO-Karten.................................................................................................................................................. 34 Was ist neu? .................................................................................................................................................................... 34 Flugablaufplanung ........................................................................................................................................................ 34 Action: Verhalten im Flug ............................................................................................................................................ 35 Fertig: Nach dem Flug .................................................................................................................................................. 36 Meldeformular über Luftfahrzeugannäherung zum Ausschneiden .................................................................... 37 Exkurs: Segelflug am Heimatflughafen ....................................................................................................................39 Was ist passiert? ............................................................................................................................................................ 39 Sicht des Piloten ............................................................................................................................................................ 39 Sicht des ATCO............................................................................................................................................................... 40 Was können wir aus diesem Fall lernen? .................................................................................................................. 41 Glossar ............................................................................................................................................................................. 41 APEG – Quo vadis? .......................................................................................................................................................43 Grundlagen der APEG ................................................................................................................................................... 43 Der Prozess einer APEG-Meldung ............................................................................................................................. 44 Wie entwickelt sich die APEG weiter? ....................................................................................................................... 44 Abkürzungen .................................................................................................................................................................47 Impressum ....................................................................................................................................................................48 Herausgeber ................................................................................................................................................................... 48 Stand ................................................................................................................................................................................ 48 Gestaltung/Druck ......................................................................................................................................................... 48 Bildnachweis .................................................................................................................................................................. 48 Bestellmöglichkeit ..................................................................................................................................................48 2
Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser, an gleicher Stelle haben wir im vergangenen Jahr die aktuelle Ausgabe des AIRPROX Magazins „in außergewöhnlichen Zeiten“ eingeleitet. Dies gilt auch für 2021 in gleichem Maße. Da aufgrund der Pandemie der kommerzielle Luftverkehr weltweit eingebrochen ist, hatte die APEG im vergangenen Jahr mit einem Rückgang der Fälle gerechnet. Überraschender weise waren die fünf virtuellen Sitzungen inhaltlich dennoch gut ausgefüllt. Zum einen wurden insgesamt gut 25 Fälle bewertet. Die Interessantesten davon werden in diesem Magazin aufgearbeitet und bieten einige Anregungen zum differenzierten Auseinandersetzen. Denn sie haben mehr gemeinsam, als man denkt insbesondere bei der Betrachtung von IFR/VFR Mischverkehr im Luftraum Echo. Das Team der APEG ist davon überzeugt, dass größeres Verständnis für andere Luftraumteilnehmer und realistische Erwartungshaltungen dazu beitragen können, Konfliktsituationen im Luftraum zu vermeiden. Die APEG hat es sich mittelfristig zur Aufgabe gemacht, nicht nur den Einzelfall zu betrachten, sondern auch die Hin tergründe zu analysieren und gegebenenfalls Parallelen aufzuzeigen. Dadurch sollen auch systemische Schwachstellen identifiziert werden. Das Gremium hat vor einiger Zeit begonnen, Empfehlungen zu formulieren. Einige davon finden sich in diesem sowie in früheren Magazinen, die sie auf der Webseite des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung zum Herunterladen finden unter: https://www.baf.bund.de/meldesystem. Was Sie bei der Planung eines Fluges alles Bedenken sollten, erfahren Sie im Flyer „Luftraumverletzungen sind vermeidbar – Gut geplant ist halb gewonnen“ des BAF. Mit dem QR-Code kommen Sie direkt auf die Website, wo Sie den Flyer ansehen und herunterladen können. QR-Code zum Flyer „Luftraumverletzungen sind vermeidbar – Gut geplant ist halb gewonnen“ Quelle: Stephan Kronenberger Um dem Anspruch der APEG gerecht werden zu können, benötigen diese Erkenntnisse Aufmerksamkeit. Daher fordern wir Zeitschriften und Verlage auf, diesen Jahresbericht, Statistiken und insbesondere Empfehlungen zu vervielfältigen; gerne auch in Auszügen. Auf die bereitgestellten Informationen gibt es kein Copyright. Im Gegenteil: Sie werden wert voller, je weiter verbreitet sie sind. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Freude beim Studieren der Fälle dieser Lektüre. Wir hoffen, es ist die ein oder andere Anregung für Sie dabei und wünschen Ihnen allzeit gute und sichere Flüge. Ihre APEG-Redaktion 3
Die APEG Die APEG handelt weisungsungebunden als unabhängiges Expertengremium. Dabei sind die der APEG vorgelegten Fälle neutral zu betrachten und zu bewerten. Alle Daten, Informationen, Unterlagen und Erkenntnisse der in der Die Internationale Organisation für Zivilluftfahrt (ICAO) APEG behandelten Fälle dienen nur zur Aufrechterhaltung empfiehlt im Air Navigation Plan auf nationaler Ebene und Verbesserung der Sicherheit im deutschen Luftraum. die Einrichtung einer Aircraft Proximity Evaluation Sie werden nicht zur Klärung von Haftungs- und Schuld Group (APEG). Eine Luftfahrzeugannäherung (Aircraft fragen verwendet oder weitergeleitet. Proximity, AIRPROX) ist eine Situation, bei welcher nach der Meinung des Piloten oder des Flugsicherungspersonals Das Gremium setzt sich zusammen aus Expertinnen und die Sicherheit aufgrund der Entfernung zwischen den Experten der Luftfahrt aus den Bereichen von Luftver beteiligten Luftfahrzeugen – unter Berücksichtigung der kehrsgesellschaften, Flugsicherungsorganisationen, Geschwindigkeiten und relativen Positionen zueinander – Interessenvertretungen, Berufsverbänden sowie Behör beeinträchtigt war. denvertretern. Anlassbezogen können weitere Personen mit Expertise hinzugezogen werden, denen allerdings kein 1 Stimmrecht eingeräumt wird. „A situation in which, in the opinion of a pilot Folgende Organisationen entsenden Expertinnen und or air traffic services personnel, the distance Experten in die APEG: between aircraft as well as their relative positions and speed have been such that the alle in Deutschland tätigen Flugsicherungsorgani safety of the aircraft involved may have been sationen, compromised (...).”1 Fluggesellschaften, Luftfahrtverbände (DAeC, AOPA, DULV, IATA), Zweck und Ziel der APEG Berufsverbände (GdF, Vereinigung Cockpit), Zweck und Aufgabe der APEG ist es, an sie gerichtete Mel dungen von Luftfahrzeugannäherungen im Luftraum der das Luftfahrtamt der Bundeswehr (LufABw), Bundesrepublik Deutschland zu analysieren. Basierend auf den Analysen der Luftfahrzeugannäherungen bewertet die das Bundesministerium für Verkehr und digitale APEG diese Vorfälle und spricht Empfehlungen aus, die zur Infrastruktur (BMVI) sowie Vermeidung ähnlicher Ereignisse führen. Das Ziel der APEG ist es, Erkenntnisse über die Ursachen solcher Vorfälle zu das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF). gewinnen, um dadurch Wege aufzeigen zu können, die einen zusätzlichen Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit im Luftverkehr darstellen. 1 ICAO DOC 4444, S. 24 Aircraft Proximity 4
Airprox Hotspots in Deutschland Stand: 25.03.2021 Quelle: Vereinigung Cockpit Luftraum der Klasse E unter FL 100 bis zum Erreichen der Kontrollzone wurde nicht durch eine TMZ verbessert. Erhöhtes Risiko eines AIRPROX mit VFR-Verkehr! Luftraum der Klasse E unter FL 100 bis zum Erreichen der Kontrollzone wurde durch eine TMZ verbessert. Erhöhtes Risiko eines AIRPROX mit VFR-Verkehr! Luftraum der Klassen C oder D unter FL 100 bis zum Erreichen der Kontrollzone. Niedriges Risiko eines AIRPROX mit VFR-Verkehr! 5
Bewertung und Analyse der Fälle Zur Bewertung jedes einzelnen Falles nutzt die APEG die entsprechenden Kriterien der ICAO. Danach wird jede gemeldete Luftfahrzeugannäherung in eine bestimmte Kategorie von A bis D eingestuft: Kategorie A – D Bedeutung A – Kollisionsgefahr Eine Risikoeinstufung, in der eine ernste Gefahr einer Kollision bestanden hat. Eine Kollision konnte nur durch ein Ausweich manöver von einem der beteiligten Piloten oder von beiden verhindert werden, oder die Annähe rung der beiden Luftfahrzeuge war so groß, dass ein Ausweichmanöver durchgeführt worden wäre, wenn früh genug Sichtkontakt zueinander be standen hätte. B – Sicherheit nicht gewährleistet Eine Risikoeinstufung, in der die Sicherheit eines Luftfahrzeuges beeinträchtigt gewesen sein könnte. Eine Situation, bei der zumindest einer der be teiligten Piloten oder die beteilite Flugverkehrs kontrolle Maßnahmen ergreifen musste, damit es nicht zu einem Ausweichmanöver kommt aber in der trotz alledem ein Restrisiko übrigblieb. C – keine Kollisionsgefahr Es hat keine Gefahr eines Zusammenstoßes bestanden. Eine Situation, bei der die Analyse aufgrund der vorliegenden Unterlagen ergeben hat, dass zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit einer Kollision bestand. D – Gefahr nicht bestimmt Keine Risikoklassifizierung. Aufgrund der ungenügenden Informationen über die gemeldete Luftfahrzeugannäherung kann keine Risikoklassifizierung vorgenommen werden. 6
Rechtliche Grundlagen bis zu 19 Sekunden verringern. Sehr viel kürzer sind die Reaktionszeiten aber, wenn aus einer Wolke rausgeflogen im Luftraum ECHO wird. Bei 1,5 km sind es nur noch zwischen 6 bis 11 Sekun den. Zugegeben, das sind Extremwerte – könnten aber zutreffen. Der folgende Abschnitt zeigt die Problematik im Luftraum ECHO (E) und stellt dabei die rechtlichen Grundlagen mit den geltenden Verordnungen vor. Die Analyse soll in die Wie sind die Regeln, um Zusammenstöße zu Lage versetzten, hieraus mögliche Konsequenzen für das vermeiden? eigene Handeln zu ziehen. Der Luftraum E ist dadurch geprägt, dass Hier bestimmt SERA.3201 Allgemeines, dass darin Sicht- und Instrumentenflug vorkommt, „die Bestimmungen dieser Verordnung den verant wortlichen Piloten eines Luftfahrzeugs nicht von die Flugsicherung keine Staffelung der Luftfahrzeuge seiner Verpflichtung, Maßnahmen zur Vermeidung nach Sichtflugregeln vornimmt, eines Zusammenstoßes zu ergreifen entheben, ein schließlich Ausweichmanövern zur Vermeidung von das System „see and avoid“ angewandt werden muss Zusammenstößen, die auf Ausweichempfehlungen (sowohl von den Luftfahrzeugen die nach Instrumen eines Kollisionsverhütungssystems beruhen.“. tenregeln fliegen, als auch von den Luftfahrzeugen, die nach Sichtflug fliegen). Die Flugsicherung staffelt die Luftfahrzeuge, die unter Die Vorschrift ist eindeutig und stellt die generelle Regel, Instrumentenflugregeln fliegen untereinander, nicht aber Zusammenstöße zu vermeiden, über die folgenden Ver zu anderem Luftverkehr (VFR), der für seine Abstände fahren. Wird demnach ein Zusammenstoß verhindert, selbst verantwortlich ist. obwohl oder weil eine der folgenden Regeln nicht beachtet wurde, so kann dies dem Piloten nicht zur Last gelegt werden. In SERA.3205 Annäherung wird das wie folgt fest Die Regeln gehen weiter davon aus, dass sich beide Piloten gelegt: „… ein Luftfahrzeug darf nicht so nah an sehen. anderen Luftfahrzeugen betrieben werden, dass die Gefahr eines Zusammenstoßes besteht.“ Nach SERA.3210 Ausweichregeln muss Das gilt übrigens für alle Teilnehmer – nicht nur im a) das Luftfahrzeug, das nicht auszuweichen hat, Luftraum E. seinen Kurs und seine Geschwindigkeit bei behalten; Damit das System „see and avoid“ überhaupt funktionieren kann, wurden für die Sichtflieger in diesem Luftraum eine b) ein Luftfahrzeug einem anderen Luftfahrzeug, Flugsicht von 5 km (horizontal) und ein Abstand von Wol das erkennbar in seiner Manövrierfähigkeit ken von 1,5 km (horizontal oder 1.000 ft vertikal) festgelegt. behindert ist, ausweichen; Dabei ist zu beachten, dass diese Sicht nur von dem Piloten festgestellt werden kann. Man muss deshalb überlegen, ob c) ein Luftfahrzeug, das gemäß den nachstehen bei Sonnenschein, mit Blick in die Sonne, tatsächlich 5 km den Regeln verpflichtet ist, einem anderen Luft Flugsicht gegeben sind. fahrzeug auszuweichen, vermeiden, über, unter oder vor dem anderen Luftfahrzeug vorbeizu Die Höchstgeschwindigkeit im Luftraum E beträgt 250 kt, fliegen, außer wenn es in ausreichendem Ab das sind ca. 8 km/min. Kommen sich die Luftfahrzeuge stand vorbeifliegt und die Auswirkungen einer entgegen, kann sich diese Annäherung bis auf 16 km/min Wirbelschleppe berücksichtigt werden. vergrößern. Sind tatsächlich nur 5 km Flugsicht vorhanden, liegt die Reaktionszeit bei 38 Sekunden und kann sich auf 7
Wie ein im „Bart“ kreisendes Segelflugzeug oder ein die Nur beim „Kreuzen“ der Flugwege gibt es eine Ausweichre Wirbelschleppen beachtendes Luftfahrzeug diese Regeln gel, die andere Luftfahrzeuge wegen deren „Beweglichkeit“ befolgen kann, wird nicht erwähnt. Dass bedeutet aller bevorzugt. Damit müssen die, die auszuweichen haben, den dings, das nachfolgende, teils auch unterschiedliche Regeln gesamten Luftraum auf eventuellen Verkehr überprüfen zu beachten sind. Diese sind nach Art der möglichen und entsprechend handeln. Begegnungen wie folgt unterteilt: Überholen Annäherung im Gegenflug Ein überholendes Luftfahrzeug ist ein Luftfahrzeug, Nähern sich zwei Luftfahrzeuge im Gegenflug oder das sich einem anderen Luftfahrzeug von rückwärts nahezu im Gegenflug, haben beide, wenn die Ge in einer Flugrichtung nähert, die einen Winkel von fahr eines Zusammenstoßes besteht, nach rechts weniger als 70 Grad mit der Symmetrieebene des auszuweichen. letzteren Luftfahrzeugs bildet, d. h. sich in einer solchen Position bezüglich des anderen Luftfahr zeugs befindet, dass bei Nacht weder die linken (backbordseitigen) noch die rechten (steuerbord Hier wird angenommen, dass sich beide Luftfahrzeuge seitigen) Positionslichter gesehen werden könn sehen. Was ist aber, wenn dies nicht möglich ist, weil gerade ten. Ein Luftfahrzeug, das überholt wird, hat nicht vertikale Bewegungen durchgeführt werden oder weil auszuweichen oder seinen Kurs zu ändern, und das gegen die Sonne das andere Luftfahrzeug nicht zu sehen überholende Luftfahrzeug hat sowohl im Steig ist? Und außerdem, erinnern wir uns an den Zeitfaktor, bei flug als auch im Sinkflug oder Horizontalflug den dem entgegenkommenden Luftfahrzeug die Zeit fehlt? Flugweg des anderen zu meiden und seinen Kurses nach rechts zu ändern; dies gilt ungeachtet einer anschließenden Veränderung der relativen Position Kreuzen der Flugrichtung der beiden Luftfahrzeuge zueinander, bis das über holende Luftfahrzeug das andere ganz überholt und ausreichenden Abstand zu ihm hat. Kreuzen sich die Flugrichtungen zweier Luftfahr zeuge in nahezu gleicher Höhe, so hat das Luft fahrzeug, bei dem sich das andere Luftfahrzeug auf Das erscheint für das Luftfahrzeug, dass überholt wird der rechten Seite befindet, auszuweichen; jedoch sehr schwierig zu sein, da der überholende Luftverkehr haben stets auszuweichen nicht zu sehen ist. Auch ist diese Regel einzuhalten, wenn in der Thermik gekreist wird. Auch wenn dies unmöglich i) motorgetriebene Luftfahrzeuge, die schwerer erscheint, so ist das die Regel. In diesem Zusammenhang als Luft sind, den Luftschiffen, Segelflugzeugen sind jedoch die Gleitschirme leider nicht explizit erwähnt. und Ballonen; Allerdings gibt es für Segelflugzeuge untereinander eine ii) Luftschiffe den Segelflugzeugen und Ballonen; andere Regelung. Für überholende Segelflugzeuge gilt: iii) Segelflugzeuge den Ballonen; iv) motorgetriebene Luftfahrzeuge den Luftfahr Ein Segelflugzeug, das ein anderes Segelflugzeug zeugen, die andere Luftfahrzeuge oder Gegen überholt, darf nach rechts oder nach links auswei stände erkennbar schleppen. chen. 8
Landung Diese Regeln wurden vor langer Zeit von der ICAO auf gestellt und sind den Veränderungen in der Luftfahrt nicht gefolgt. In wie weit Regeln und Möglichkeiten zur Luftraumüberwachung sinnvoll angepasst werden können, Ein im Flug befindliches oder am Boden bzw. auf muss hierbei Teil einer weiterführenden Sicherheitsstra dem Wasser betriebenes Luftfahrzeug, hat einem tegie sein. Luftfahrzeug, das landet oder sich im Endteil des Landeanflugs befindet, auszuweichen. Der Flug nach Instrumentenflugregeln ist überwacht und der Fluglotse ist für die Staffelung der Luftfahrzeuge unter seiner Kontrolle verantwortlich. In der Regel betragen die Hierbei ist der Endteil des Landeanflugs entweder der Mindestabstände 5 NM (3 NM im Nahbereich) horizontal letzte Teil der genehmigten Platzrunde, oder beim oder 1.000 ft vertikal. Damit wird der verantwortliche Pilot Instrumentenanflugverfahren nach dem FAF (Final aber nicht von seinen Ausweichverpflichtungen entbun Approach Fix), da hier der Sinkflug zur Landung beginnt. den, sondern hat diese zusätzlich zu beachten. SERA.7001 verpflichtet allerdings den Fluglotsen, neben der Vermeidung von Zusammenstößen zwischen Luft Von mehreren einen Flugplatz oder einen Einsatz fahrzeugen und der Organisation und Aufrechterhaltung ort gleichzeitig zur Landung anfliegenden Luft eines geordneten Verkehrsflusses, auch zur Erteilung von fahrzeugen hat das höher fliegende dem tiefer- Hinweisen und Informationen, die für die sichere und fliegenden Luftfahrzeug auszuweichen; jedoch effiziente Durchführung von Flügen zweckdienlich sind. darf das tieferfliegende Luftfahrzeug ein anderes Luftfahrzeug, das sich im Endteil des Landeanflugs SERA.7002 vertieft dies zur Kollisionsvermeidung auf der befindet, nicht unterschneiden oder überholen. Grundlage der Flugüberwachung. Motorgetriebene Luftfahrzeuge, die schwerer als Luft sind, haben Segelflugzeugen in jedem Fall auszuweichen. Wenn beobachtet wird, dass sich ein identifizierter kontrollierter Flug auf einem Flugweg befindet, bei dem er mit einem unbekannten Luftfahrzeug Dieser Teil gilt nur für Luftfahrzeuge, die sich im Anflug auf in Konflikt geraten kann, wodurch die Gefahr einer den gleichen Platz befinden. Segelflugzeuge können dabei Kollision besteht, ist der Pilot des kontrollierten nicht ausweichen und wurden entsprechend berücksich Fluges, soweit möglich, tigt. Es gilt nicht für sonstige Luftfahrzeuge, die sich nicht im Anflug befinden. 1. über das unbekannte Luftfahrzeug zu informie ren und, auf Anforderung des Piloten oder wenn Bei einer Notlandung gilt folgende Regel: die Situation dies nach Auffassung des Flug lotsen erfordert, sind Ausweichmaßnahmen zu empfehlen; und Ein Luftfahrzeug hat einem anderen Luftfahrzeug, das erkennbar zur Landung gezwungen ist, auszu 2. zu benachrichtigen, wenn der Konflikt nicht weichen. mehr besteht. Ob dieses von der Flugsicherung noch gewährleitet werden Start kann und ob die Anzeigen der Primärradarsysteme das leisten können, gilt zu hinterfragen. Der Pilot, der unter Sichtflugregeln fliegt, kann seine Ein Luftfahrzeug, das sich auf dem Rollfeld eines Sicherheit erhöhen (er bleibt aber immer noch für die Flugplatzes bewegt, hat anderen Luftfahrzeugen, Sicherheit verantwortlich), wenn er sich bei der Flugver die starten oder im Begriff sind zu starten, Vorfahrt kehrsdienststelle „bekannt“ macht. zu gewähren. 9
In SERA.9001 ist das auch so beschrieben: 2. Kollisionsgefahren für Luftfahrzeuge, die in Lufträumen der Klassen C, D, E, F und G a) Die zuständigen Flugverkehrsdienststellen betrieben werden; haben für alle Luftfahrzeuge Fluginforma 3. für Flüge über Wasser, soweit möglich und tionsdienst zu erbringen, die von den Infor von einem Piloten angefordert, alle verfüg mationen voraussichtlich betroffen sind und baren Informationen, wie Funkrufzeichen, 1. für die Flugverkehrskontrolldienst erbracht Standort, Kurs über Grund, Geschwindigkeit wird oder usw., zu Wasserfahrzeugen in dem betref fenden Gebiet. 2. die den zuständigen Flugverkehrsdienst stellen auf andere Weise bekannt sind. c) Der für Flüge nach Sichtflugregeln erbrachte Fluginformationsdienst muss zusätzlich zu den b) Das Empfangen des Fluginformations in Buchstabe a genannten Informationen die dienstes entbindet den verantwortlichen Bereitstellung verfügbarer Informationen zum Piloten eines Luftfahrzeugs von keiner Verkehr und zu Wetterbedingungen entlang der seiner Pflichten. Er hat hinsichtlich vor Flugstrecke enthalten, die die Durchführung des geschlagener Änderungen des Flugplans Flugs nach Sichtflugregeln unmöglich machen die abschließende Entscheidung zu treffen. können. c) Erbringen Flugverkehrsdienststellen sowohl Eine weitere Anweisung zur Erhöhung der Sicher Fluginformationsdienst als auch Flugverkehrs heit, findet sich in der LuftVO, denn nach SERA ist kontrolldienst, hat die Erbringung des Flugver der Mitgliedstaat für diese Regel verantwortlich. kehrskontrolldienstes Vorrang vor der Erbrin gung des Fluginformationsdienstes, wenn es die § 35 Höhenmessereinstellung und Reiseflughöhen Erbringung des Flugverkehrskontrolldienstes bei Flügen nach Sichtflugregeln erfordert. (1) Die Höhen zur Einstellung des Höhenmessers für Flüge nach Sichtflugregeln werden von dem Bun desaufsichtsamt für Flugsicherung festgelegt. Die DFS unterhält in Deutschland ein sehr gutes Fluginfor mationssystem mit ausgebildetem Personal. Eine mögliche (2) Bei Überlandflügen nach Sichtflugregeln in Verbesserung der Sicherheit kann durch Verkehrshinweise und unterhalb der nach Absatz 1 festgelegten erfolgen. Wie umfangreich dieser Dienst ist, wird in Höhe hat der Luftfahrzeugführer den Höhen SERA.9005 festgelegt: messer unverzüglich nach Erreichen oder Unter schreiten dieser Höhe auf den QNH-Wert des zur Flugstrecke nächstgelegenen Flugplatzes mit Umfang des Fluginformationsdienstes Flugverkehrskontrollstelle einzustellen. QNH- Wert ist der auf mittlere Meereshöhe reduzierte b) Der für Flüge erbrachte Fluginformationsdienst Luftdruckwert eines Ortes, unter der Annahme, muss zusätzlich zu den in Buchstabe a genann dass an dem Ort und unterhalb des Ortes die ten Informationen die Bereitstellung von Infor Temperaturverhältnisse der Normalatmosphäre mationen über Folgendes einschließen: herrschen. 1. gemeldete oder vorhergesagte Wetterbe (3) Bei Überlandflügen nach Sichtflugregeln dingungen an Start-, Ziel- und Ausweich oberhalb der nach Absatz 1 festgelegten Höhe flugplätzen; hat der Luftfahrzeugführer den Höhenmesser 10
Bestimmung über die Schaltung von unverzüglich nach Erreichen oder Überschreiten Transpondern dieser Höhe auf 1.013,2 Hectopascal einzustellen (Standard-Höhenmessereinstellung). SERA.13001 regelt den Betrieb eines SSR-Transponders wie folgt: (4) Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung kann Abweichungen von den in Anhang SERA.5005 Buchstabe g der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 923/2012 vorgeschriebenen Höhen festlegen. a) Verfügt das Luftfahrzeug über einen betriebs fähigen SSR-Transponder, hat der Pilot den Transponder während des Fluges durchgängig zu betreiben, unabhängig davon, ob sich das Die Höhen sind im NfL I 190 /01 veröffentlicht und be Luftfahrzeug innerhalb oder außerhalb eines stimmen, dass bis zu einer Höhe von 5.000 ft MSL/2.000 ft Luftraums befindet, in dem Sekundärrundsicht GND, nach (2) und darüber nach (3) zu verfahren ist. Die radar (SSR) für Zwecke des Flugverkehrsdiens Reiseflughöhen sind dabei zu nutzen, was nur schwer von tes verwendet wird. nicht motorisierten Luftfahrzeugen zu leisten ist und die höchste nutzbare Flugfläche ist damit auf 9.500 ft über b) Piloten dürfen die Funktion IDENT nicht be 1.013,2 hPa (FL 95) festgelegt. treiben, sofern sie nicht vom Flugverkehrsdienst dazu aufgefordert werden. Das wiederum findet man in SERA.3110: c) Außer für Flüge in Lufträumen, für die von der zuständigen Behörde der Betrieb von Trans Die Reiseflughöhen, in denen ein Flug oder Flugab pondern vorgeschrieben ist, sind Luftfahrzeuge schnitt durchzuführen ist, sind anzugeben als ohne ausreichende elektrische Stromversorgung von der Anforderung zum durchgängigen Be a) Flugflächen für Flüge in oder oberhalb der trieb des Transponders ausgenommen. tiefsten nutzbaren Flugfläche oder, falls an wendbar, oberhalb der Übergangshöhe; Der Transponder dient der Sicherheit, und die Maßnahme b) Höhen für Flüge unterhalb der tiefsten nutz nach Punkt c) steht am Schluss und sollte nicht die Regel baren Flugfläche oder, falls anwendbar, unter sein. halb der Übergangshöhe. Die Empfehlung der APEG Kommen wir zurück auf die Frage, wie dicht man an ein anders Luftfahrzeug fliegen darf? Was sind die Möglichkeiten, zusätzlich zu den „Ausweich regeln“ nach Sicht, die Flugsicherheit zu erhöhen? Es In SERA.3205 ist die Annäherung lediglich so beschrieben, kommt auf die Einhaltung der gesetzlichen und freiwilli dass keine Gefahr eines Zusammenstoßes existiert. In gen Verfahren an. Grundsätzlich empfiehlt es sich, auf die SERA.5005 ist sie dahingehend präzisiert, dass eine Höhe folgenden Punkte zu achten: von weniger als 150 m (500 ft) über dem Boden oder Wasser oder 150 m (500 ft) über dem höchsten Hindernis innerhalb Über 5.000 ft MSL/2.000 ft AGL ist der Transponder auf eines Umkreises von 150 m (500 ft) um das Luftfahrzeug 1.013,2 hPa zu setzen und die Halbkreisflughöhen VFR nicht unterschritten werden darf. Demnach, vereinfacht einzuhalten. ausgedrückt, wird eine 500 ft Kugel um den Flieger vor geschrieben. 11
Da es über FL 95 keine VFR-Flugfläche gibt, ist dies die Weiterhin ist es wichtig sich, vorab genaue Gedanken maximale Höhe und auch nur in der festgelegten Flug zur Planung seines Flugvorhabens zu machen und die richtung. Erkenntnisse aus dem Magazin zu berücksichtigen. Des Weiteren sind FLARM und andere Tools ergänzende Schalten des Transponders wann immer möglich, auch Puzzleteile für mehr Sicherheit im Luftraum. Wenn dies wenn man unter die Bestimmung SERA 13001 c) fällt alles beachtet wird und gleichzeitig ein „good airmanship“ und sowie die Bereitschaft des „Miteinanders“ im gemeinsamen Luftraum gepflegt wird, werden wir die Flugsicherheit Funkkontakt mit FIS halten. erheblich verbessern AN EINEM WOLKENLOSEN TAG MIT STRAHLENDEM SONNENSCHEIN FLIEGEN SUNNY UND WÄHREND MICHEL DIE KARTE LIEST UND DIE FREQUENZ WECHSELT, REALISIERT ER NICHT, DASS MICHEL DURCH EINE KOMPLEXE LUFTRAUMSTRUKTUR. ER BEREITS SEIT EINIGEN MINUTEN NUR NOCH NACH UNTEN SIEHT. IN EINIGEN MINUTEN WERDEN WIR DURCH KONTROLLIERTEN LUFTRAUM DIE RICHTIGE FREQUENZ IST … SIEH! DORT DRÜBEN IST EIN ANDERES FLUGZEUG. DA ES FLIEGEN. 119.655…OK! SICH NICHT BEWEGT UND GRÖßER WIRD, SIND WIR AUF KOLLISIONSKURS! ICH ÜBERNEHME! WÄHREND DU DICH AUF DIE INSTRUMENTE KONZENTRIERST DARFST DU NICHT VERGESSEN, REGELMÄßIG DEN LUFTRAUM NACH ANDEREM VERKEHR ABZUSCANNEN.. AUßERHALB DES COCKPITS KANN ICH NICHT VIEL ERKENNEN, DA MICH DIE SONNE SO BLENDET… SUNNY FLIEGT EIN AUSWEICHMANÖVER, BEVOR DER ANDERE VERKEHR NOCH NÄHER KOMMT… ZURÜCK AM FLUGPLATZ… VERWENDEST DU EINE SYSTEMATISCHE SCANTECHNIK FÜR DIE LUFTRAUMBEOBACHTUNG? ES IST SEHR WICHTIG, REGELMÄßIG DEN LUFTRAUM NACH ANDEREM VERKEHR ABZUSUCHEN. JA, MAN HAT MIR BEIGEBRACHT, DIE AUGEN IN GLEICH ICH WEISS EIGENTLICH, DASS “SEE & AVOID” GILT, ABER ES IST SCHWIERIG, WENN ICH ZUR GLEICHEN GROSSEN SCHRITTEN ZU BEWEGEN, UM DEN LUFTRAUM ZEIT AUCH NAVIGIEREN UND FLIEGEN MUSS. ABSCHNITTSWEISE ZU FOKUSIEREN. STIMMT, MAN WIRD OFT DURCH FUNKVERKEHR, HEAD DOWN* ARBEIT ODER UNERWARTETE SITUATIONEN ABGELENKT. DIE 80-20 REGEL IST HILFREICH: 80% DER ZEIT NACH DRAUSSEN BLICKEN UND 20% NACH INNEN. LEIDER IST DIE TENDENZ ANDERESHERUM. * HEAD DOWN TIME: ZEIT, IN DER DER PILOT NICHT NACH DRAUSSEN HEUTE WAR ICH NICHT RICHTIG ENTSPANNT. Mehr Informationen zu MÜDIGKEIT, LANGEWEILE, KARNKHEIT, MEDIKAMENTE, ANGST ODER BESORGNIS HABEN EINEN NEGATIVEN EINFLUSS AUF DIE LUFTRAUMBEOBACHTING. - Part-SERA und Thema Wachsamkeit - Collision Avoidance precautions - Managing distractions im Downloadbereich dieser Ausgabe Wir freuen uns auf Vorschläge und Kommentare generalaviation@easa.europa.eu Join the GA Community! www.easa.europa.eu/community/ga KENNE DEINE LIMITS, HANDLE ENTSPRECHEND. #29 (2021) BY ELENA GARCIA & MONICA MESTRE @ EASA 12
Airprox: Anflug Stuttgart Mitte 2020 ereignete sich während des Anfluges auf den Flughafen Stuttgart eine Annäherung zwischen einem Polizeihub schrauber und einem Airbus A319. Ein Polizeihubschrauber Eurocopter H145 Quelle: Polizei Baden-Württemberg Infoboard Luftfahrzeuge EC135 Airbus A319 Wirbelschleppenkategorie Light Medium Bauart/Motorisierung Heli Jet Flugregeln VFR IFR Luftraum CTR CTR TCAS TA/RA Nein RA Transpondersignal Modes A, C, S Modes A, C, S FLARM k. A. Nein Flughöhe 2.300 ft 2.800 ft Geschwindigkeit 110 210 Wetter CAVOK Gemessener Abstand 0,5 NM/500 ft Quelle: APEG 13
Der Vorfall ereignete sich in der Nacht, die Wetterbedin TCAS berechnet anhand von Trajektorien und Flugspuren gungen waren gut. Er herrschte schwacher Wind, gute Sicht einen „Closest Point of Approach“ (CPA) gegenüber dem und kaum Bewölkung. Der Polizeihubschrauber stand am jeweiligen anderen Luftfahrzeug. 40 Sekunden vor dem Anfang einer Mission, die ihn Richtung Süden führen soll Erreichen des CPA wird ein Verkehrshinweis TA generiert, te. Die Flugdurchführung war nach VFR-Regeln geplant. 25 Sekunden vor dem CPA eine Ausweichanweisung RA. Der Airbus befand sich auf einem auf Satellitennavigation gestützten RNP-Approach auf die Landebahn RWY25. Die Änderung der Vertikalgeschwindigkeit und die daraus resultierende Annäherung hat zu diesem TCAS-Event Vom Platzlotsen freigegeben, befand sich der Polizeihub geführt. schrauber südlich der Anfluggrundlinie und operierte dort entsprechend seiner Freigabe. Beide Luftfahrzeuge waren für den Platzlotsen visuell zu erkennen bzw. erhielten durch den Lotsen jeweilige Verkehrsinformationen. Die Bewertung der APEG Kurz nach dem Passieren des Hubschraubers generierte das Kollisionswarngerät TCAS des Airbus eine automatische Alles ist so gelaufen, wie es vorgeschrieben war Ausweichanweisung TCAS RA. Die Besatzung folgte dieser und ist: die Freigabe des Platzlotsen, die Ver TCAS-Anweisung und stieg bzw. leitete im späteren Verlauf kehrshinweise und das Ausführen der Ausweich einen Fehlanflug ein. Die TCAS-Meldung RA wurde in anweisung des TCAS durch die Besatzung des 2.800 ft MSL generiert. Der Minimalabstand betrug 0,5 NM Airbus. lateral sowie 500 ft vertikal. Der Airbus führte einen RNP-Approach durch. Diese Anflugart bedingt, je nach Ausführung und Nutzung der Automation, eine manuelle Korrektur der vertikalen Geschwindigkeit vom Pilot Flying. Durch eine Höhenablage war die Besatzung gezwungen, die Kategorie C Vertikalgeschwindigkeit kurzfristig zu erhöhen. Dies ist im Anflug normal, hat aber bei dem beschriebenen Approach dazu geführt, dass die vom TCAS berechnete Trajektorie eine Annäherung zum Polizeihubschrauber darstellte. Systembedingt wurde somit eine Ausweichanweisung per Faktoren „Resolution Advisory“ (RA) generiert. Folgerichtig ist die k. A. Besatzung dieser gefolgt und hat nach dem Ausweich manöver einen Fehlanflug eingeleitet. 14
Airprox: Pilot als Unternehmen Eine Fallschirmspringer-Absetzmaschine und ein VFR-Flug entgehen bei besten Sichtflugbedingungen nur knapp einer Kollision, obwohl beide Piloten im Kontakt mit ATC standen. Der geringste Abstand betrug ca. 18 Meter horizontal und 8 Meter vertikal. Ein Fallschirmspringer nach dem Absetzen in der Luft Quelle: Pixabay, Mylene 2401 Infoboard Luftfahrzeuge C-172P Cessna 208B Wirbelschleppenkategorie Light Light Bauart/Motorisierung Einmotoriger Schulterdecker Schulterdecker, Turboprop Flugregeln VFR VFR Luftraum Echo Echo TCAS TA/RA Nein/Nein Nein/Nein Transpondersignal Mode S Mode S FLARM Nein Ja (Powerflarm mit Display) Flughöhe 2.100 ft 2.100 ft Geschwindigkeit 100 kts GS 183 kts GS Wetter EDLW VRB3KT 9999 34/14 CAVOK Q1016 Gemessener Abstand 0,06 NM/25 ft Quelle: APEG 15
Die Cessna 172P befand sich auf einem privaten Rundflug. bei Neigungswinkeln von bis zu 90° (senkrechter Sturzflug) Start- und Zielort war der Verkehrslandeplatz Borkenberge. erflogen. Im vorliegenden Fall waren dies etwa „nur“ 13° Im Flugzeug befanden sich der verantwortliche Pilot so nach unten. Ein Verhalten, dass sich übrigens auch mit dem wie drei Fluggäste. Der Pilot stand im Funkkontakt mit von Schleppmaschinen beim Segelflug vergleichen lässt. Langen-Information. Er umflog die Fallschirmsprungzone im Westen. Das Flugzeug befand sich im Reiseflug mit Die Cessna hat aufgrund Ihrer Konstruktion als Schulter einem Kurs von ca. 5° in 2.100 ft AMSL als von links oben, decker generell eine sehr schlechte Sicht seitlich nach oben hinter der A-Säule, ein sehr schnelles, rasant sinkendes und hinten. Wird zudem noch eine Rechtskurve (der Pilot anderes Luftfahrzeug auftauchte. Der Pilot leitete eine sitzt auf dem linken Sitz) mit hoher Schräglage und steilem abrupte Ausweichbewegung ein. Sinkprofil geflogen, ist der Flugweg in diese Richtung nicht einsehbar. Gleichzeitig wechselte in dieser kritischen Flug Die Absetzmaschine Cessna 208B befand sich im Sinkflug phase der Pilot die Frequenz und versuchte sich möglichst zum Verkehrslandeplatz Marl-Loemühle, nachdem sie zeitsparend in den Platzrundenverkehr einzuordnen. zuvor in Flugfläche 140 (FL 140) 18 Fallschirmspringer abgesetzt hatte. Der Pilot war bei Unterschreitung von FL 100 zur eigenen Navigation und nach Verlassen des Luftraums C unterhalb FL 65 zum Verlassen der Radar Die Bewertung der APEG frequenz freigegeben. Er sank dabei mit einer sehr hohen Sinkrate von über 4.000 ft/min (20 m/s). Der Pilot gab an, dass er kein anderes Luftfahrzeug gesehen habe. Auch habe Der Pilot der Cessna 172P hatte in diesem kom das eingebaute Kollisionswarnsystem (PowerFLARM) keine plexen Luftraumbereich alles Erdenkliche getan Warnung generiert. Von Langen-Radar erhielt er keine Ver um die Sicherheit seines Fluges zu gewährleis kehrsinformation bezüglich des anderen Luftfahrzeuges. ten. Der für den Anflugbereich im Luftraum C verantwortli Beide Luftfahrzeuge flogen bei besten Sichtflug che Radarlotse und der FIS-Spezialist bemerkten aufgrund bedingungen aber mit sehr unterschiedlichen hoher Arbeitsbelastung den sich innerhalb weniger Sekun Flugprofilen und standen zu verschiedenen Zeit den zuspitzenden Konflikt nicht. Der Radarlotse wurde auf punkten mit der Flugverkehrskontrollstelle oder die Annäherung erst durch die Meldung, dass die Absetz FIS in Kontakt. maschine den Luftraum „C“ verlassen hatte, aufmerksam. Während er dem Piloten antwortete sah er, dass sich die beiden Radarziele nach einer kurzen Überlagerung wieder voneinander trennten. Somit verblieb nicht mehr genü gend Zeit, um den FIS-Lotsen anzurufen. Kategorie A Kostenfaktor Betriebskosten Moderne Absetzmaschinen sind groß, turbinengetrieben und teuer in Anschaffung und Betriebskosten. Die Betrei Faktoren ber dieser Flugzeuge möchten daher die unnötigen Zeiten Mangelnde Luftraumüberwachung, in der Luft (z. B. nach dem Absetzen der Springer) auf ein Poor Airmenship Mindestmaß reduzieren. Gepaart mit dem sportlichen Ehrgeiz der Piloten werden sehr oft extrem hohe Sinkraten 16
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Airprox: Airliner und Segelflieger in Hamburg Der Vorfall ereignete sich im Juli 2019 nahe Reinfeld zwischen einem Airbus A321 und einem Segelflugzeug (LS4). Er wird hier unter den heutigen flugrechtlichen Gesichtspunkten analysiert. Es gab keinen Personenschaden und der Vorfall ist unter dem Aktenzeichen BFU19-1124-5X der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) dokumentiert. Ein Segelflieger schraubt sich in der Thermik nach oben Quelle: Julia Schwarzbeck Infoboard Luftfahrzeuge A321 LS4 Wirbelschleppenkategorie Medium Light Bauart/Motorisierung Jet Segelflieger Flugregeln IFR VFR Luftraum Echo Echo TCAS TA/RA Nein/Nein Nein/Nein Transpondersignal Mode S Nein FLARM Nein Ja Flughöhe 3.600 ft k. A. Geschwindigkeit 225 kts (IAS) k. A. Wetter EDDH 290/4 CAVOK 29/16 1020 Gemessener Abstand 56 m horizontal/46 ft vertikal Quelle: APEG 18
Der BFU-Bericht „Während des Anfluges eines nach Instrumentenflugregeln (IFR) fliegenden Airbus A321 kam es im Luftraum E zu einer Annäherung mit einem im Streckenflug befindlichen Segelflug zeug, welches nach Sichtflugregeln (VFR) flog. Die zur Verfü gung stehenden Flugdaten belegen einen Lateralabstand von ca. 56 m und einen Höhenunterschied von ca. 46 ft.“ Das wurde von der BFU aus den vorhandenen Daten aus gewertet und zeigt, dass nur durch Zufall und Glück und nicht durch ein Verfahren ein Zusammenstoß vermieden wurde. Es zeigt aber auch, dass das über 50 Jahre alte, von Im Bild sieht man den nachgestellten Flugweg im BFU Report. Quelle: BFU Report BFU19-1124-5, S. 4 der ICAO eingeführte System an seine Grenzen kommt. [Flugwege (A321: rot, LS 4: blau); Quelle: Google EarthTM, Es zeigt außerdem, dass ein Teil des Luftverkehrs mit open flight maps association, Bearbeitung: BFU] Systemen der Kollisionsvermeidung ausgerüstet ist und der andere nicht bzw. nicht mit Systemen, die untereinander kompatibel sind.. (Sinkrate 910 ft/min), hatte eine Querneigung von 25°, einen Kurs von 305°, eine Geschwindigkeit von ca. 225 kt (IAS) und „Der Fluglotse gab an, den Airbus in einen verlängerten Ge die Flugzeugnase zeigte ca. 3,6° nach oben. Die Flugbesatzung genanflug geführt und diesen, um die Frequenzbelastung sagte aus, dass sich das Segelflugzeug ca. 100 ft oberhalb und etwas zu verteilen, frühzeitig zum Sinkflug auf 3.000 ft AMSL ca. 50 bis 100 m links des Airbus befunden habe. Es sei dem freigegeben habe. Kurz darauf habe er der Besatzung die Flug Airbus entgegengekommen.“ verkehrskontrollanweisung erteilt, nach links auf den Endan flug der Piste 23 einzukurven. Kurz danach habe die Besatzung Tatsächlich flog die LS4 aber in gleicher Richtung. Auf die Annäherung mit dem Segelflugzeug gemeldet. Daraufhin grund seiner Einschätzung hätte der Pilot des A321 nach habe er auf dem Monitor ein Primärradarziel in der Nähe der SERA.3210 c) 1 seinen Flugweg nach rechts ändern müssen, Position des Airbus gesehen und entsprechende Verkehrsinfor was allerdings in dieser Phase wahrscheinlich zu einer mationen an ein weiteres, dem betroffenen Airbus nachfolgen Kollision geführt hätte. des Luftfahrzeug erteilt. Wie sich im Rahmen der Untersuchung herausstellte, handelte es sich hierbei um ein anderes Segelflug Die der BFU zur Verfügung stehenden Flugdaten der betei zeug als das betroffene. Der nachfolgende Anflug habe gemel ligten Luftfahrzeuge belegen, dass der Airbus das Segelflug det, keinen Sichtkontakt zu haben.“ zeug überholte und dieses in einem Horizontalabstand von ca. 56 m und einem Vertikalabstand von ca. 46 ft unterflog. „Als es um 18:24:24 Uhr zu der Annäherung mit dem Segel Die beteiligten Luftfahrzeuge befanden sich zum Zeitpunkt flugzeug kam, passierte das Luftfahrzeug gerade 3.600 ft AMSL der Annäherung im Luftraum E in ca. 3.600 ft AMSL. Die Untergrenze des darüber liegenden Luftraumes C lag bei 4.500 ft AMSL. Das Bild zeigt einen Ausschnitt der Darstellung auf dem Radar am Darstellung des geringsten ermittelten Abstands Lotsenarbeitsplatz. Der A321 befand sich im Sinkflug mit einem sehr Quelle: BFU Report 19-1124-5, S. 4 eingeschränkten Blickfeld und hat das entgegenkommende Segel flugzeug sehr spät wahrgenommen. Quelle: DFS Deutsche Flugsicherung GmbH 19
Der BFU lagen die Flugdatenaufzeichnungen aus dem Die Besatzung flog den Airbus nach Instrumentenflugre FLARM-Gerät des Segelflugzeuges vor: geln im Luftraum E. Gemäß den geltenden Ausweichregeln hätte der Airbus dem Segelflugzeug ausweichen müssen. „Die Pilotin des Segelflugzeuges gab an, dass sie sich in ca. Er befand sich mit 225 kt (IAS) im Sinkflug auf das ILS 23 3.600 ft AMSL, in nordwestliche Richtung fliegend über dem des Verkehrsflughafens Hamburg-Fuhlsbüttel mit einer südlichen Teil des Ortes Reinfeld befand, als völlig unerwartet Querneigung von ca. 25° nach links. Die Luftfahrzeugnase ein Airbus A321 auf annähernd gleichem Kurs knapp unter zeigte ca. 3,6° nach oben. Zusätzlich ist die Sicht aus dem ihrem Segelflugzeug aufgetaucht sei und dieses auf der rechten Cockpit eines Verkehrsflugzeuges aufgrund der Vielzahl Seite überholt habe. Sie habe den Airbus vorher nicht sehen und der Instrumente und der relativ kleinen Fenster stark somit auch nicht ausweichen können. Sie schätzte den Abstand eingeschränkt. auf 60 – 80 m horizontal und 20 – 30 m vertikal.“ Aus Sicht der Besatzung befand sich die LS4 bis kurz Eine Meldung der Beinahekollision durch die Pilotin des vor dem Passieren etwa in der 11-Uhr-Postition, leicht Segelflugzeuges oder das Flugsicherungsunternehmen an unterhalb. Aufgrund des positiven Anstellwinkels des die BFU erfolgte nicht. Rumpfes ist es sehr wahrscheinlich, dass das Segelflugzeug durch die Instrumententafel verdeckt wurde. Die Sonne Bezugnehmend auf das oben hergeleitete Auflösungs stand zum Ereigniszeitpunkt im Westen relativ flach über vermögen des Auges hätte die Besatzung des Airbus die dem Horizont. Eine Sichteinschränkung durch Blendung LS4 theoretisch ab einer Entfernung von ca. 8 NM sehen kann in der Kurve auf den Endanflugkurs ebenfalls nicht können. Aufgrund der Annäherungsgeschwindigkeit des ausgeschlossen werden. Airbus von 85 m/s war die LS4 für die Besatzung frühestens ca. 26 Sekunden vor der Annäherung sichtbar. Laut den Aufgrund der kleinen sichtbaren Fläche des Rumpfes, Flugdaten betrug die Annäherungsgeschwindigkeit ca. verbunden mit der Tatsache, dass sich die LS4 im Gerade 85 m/s. Gemäß verschiedenen Veröffentlichungen, wie z. B. ausflug befand, und die Tragflächen somit wahrscheinlich FAA Advisory Circular 90-48C, beträgt die Zeit zwischen nicht sichtbar waren, war ein rechtzeitiges Erkennen und dem Sehen eines Objektes bis zum Ausweichmanöver die Durchführung eines Ausweichmanövers unmöglich. 12,5 Sekunden. Aus Sicht der BFU hatte die Besatzung des Airbus allein Die Pilotin flog mit ihrer LS4 unterhalb des Luftraumes C auf der Basis des Prinzips „See and Avoid“ keine Möglich im Luftraum E in nordwestlicher Richtung. Da sich der keit, die Annäherung zu verhindern. Airbus von links hinten annäherte, hatte sie keine Möglich keit, diesen vor dem Passieren zu sehen. Somit war sie sich Da das im Segelflugzeug installierte FLARM nur vor keiner drohenden Kollisionsgefahr bewusst und konnte anderen Luftfahrzeugen warnt, wenn diese ebenfalls mit auch kein Ausweichmanöver einleiten. dem gleichen System ausgestattet sind, konnte es ebenfalls nicht zur Vermeidung der Annäherung beitragen. Zudem ist das System für den Segelflug konzipiert. Außerdem wären die Sendereichweiten aufgrund der Annäherungsge schwindigkeiten, wie sie bei Verkehrsflugzeugen vorliegen i. d. R. nicht ausreichend, um rechtzeitig zu warnen. Dieses Beispiel zeigt in erschreckender Weise die Unzuläng lichkeit des Systems „See and Avoid“ in bestimmten Situa tionen. Es zeigt auch, wie schnell eine falsche Einschätzung der Flugrichtung erfolgen kann und selbst die Regeln des Systems selbst (Ausweichen nach rechts) hätten nicht zur Vermeidung, sondern eher zu einem Unfall geführt. Was hätte in diesem Fall vielleicht die Situation entschärft oder gar verhindert? Führung des Airbus im Luftraum C Luftraumkarte Hamburg mit freundlicher Genehmigung der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH. Nicht für navigatorische Zwecke Kontaktaufnahme des Segelflugzeuges mit FIS geeignet. Quelle: DFS Deutsche Flugsicherung GmbH Transponderschaltung des Segelflugzeugs 20
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