AIRPROX Magazin 2021 Aus Fehlern lernen - Beispielhafte Berichte aus der APEG zu Vorfällen mit gefährlichen Annäherungen im Luftraum (Airprox)

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AIRPROX Magazin 2021 Aus Fehlern lernen - Beispielhafte Berichte aus der APEG zu Vorfällen mit gefährlichen Annäherungen im Luftraum (Airprox)
AIRPROX Magazin 2021
Aus Fehlern lernen – Beispielhafte Berichte aus der APEG zu
Vorfällen mit gefährlichen Annäherungen im Luftraum (Airprox)
AIRPROX Magazin 2021 Aus Fehlern lernen - Beispielhafte Berichte aus der APEG zu Vorfällen mit gefährlichen Annäherungen im Luftraum (Airprox)
Am APEG-Magazin 2021 haben die folgenden APEG-Mitglieder mitgewirkt:
AIRPROX Magazin 2021 Aus Fehlern lernen - Beispielhafte Berichte aus der APEG zu Vorfällen mit gefährlichen Annäherungen im Luftraum (Airprox)
Inhaltsverzeichnis
Editorial ........................................................................................................................................................................... 3

Die APEG.......................................................................................................................................................................... 4
     Zweck und Ziel der APEG .............................................................................................................................................. 4
     Airprox Hotspots in Deutschland ................................................................................................................................. 5
     Bewertung und Analyse der Fälle................................................................................................................................. 6

Rechtliche Grundlagen im Luftraum ECHO ............................................................................................................... 7
     Wie sind die Regeln, um Zusammenstöße zu vermeiden? ...................................................................................... 7
           Annäherung im Gegenflug .............................................................................................................................................8
           Kreuzen der Flugrichtung ..............................................................................................................................................8
           Überholen ..........................................................................................................................................................................8
           Landung ..............................................................................................................................................................................9
           Start .....................................................................................................................................................................................9
     Bestimmung über die Schaltung von Transpondern .............................................................................................. 11
     Die Empfehlung der APEG........................................................................................................................................... 11

Airprox: Anflug Stuttgart ............................................................................................................................................13
     Die Bewertung der APEG ............................................................................................................................................. 14

Airprox: Pilot als Unternehmen .................................................................................................................................15
     Kostenfaktor Betriebskosten ...................................................................................................................................... 16
     Die Bewertung der APEG ............................................................................................................................................. 16

Airprox: Airliner und Segelflieger in Hamburg ........................................................................................................18
     Der BFU-Bericht ............................................................................................................................................................ 19
     Die Sicht des Segelfliegers........................................................................................................................................... 21
     Die Sicht des Kapitäns .................................................................................................................................................. 21
     Die Sicht des Ersten Offiziers (Pilot Monitoring) .................................................................................................... 22
     Schlussfolgerung ........................................................................................................................................................... 22
     Sicherheitsempfehlungen der BFU und Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit (Luftraum E)................ 23

Airprox: Business Jet Citation und Segelflieger in Augsburg .................................................................................24
     Die Bewertung der APEG ............................................................................................................................................. 25

Airprox: Mooney und Drohne in Flugfläche 90 ........................................................................................................26
     Regeln für Drohnen ab 2023 ....................................................................................................................................... 27
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TMZ Memmingen: Und täglich grüßt das Murmeltier … .......................................................................................29
     Der Sachverhalt ............................................................................................................................................................. 29
     Analyse des Airprox ....................................................................................................................................................... 30
     Die beiden Fälle im Vergleich ...................................................................................................................................... 31
     Die Bewertung der APEG ............................................................................................................................................. 31

Best Practice VFR: Sicher durch den Luftraum ........................................................................................................33
     Im Vorfeld: Planung eines VFR-Fluges ..................................................................................................................... 33
          Flugwetter checken ...................................................................................................................................................... 33
          Notam checken.............................................................................................................................................................. 33
          Aktuelle ICAO-Karten.................................................................................................................................................. 34
          Was ist neu? .................................................................................................................................................................... 34
          Flugablaufplanung ........................................................................................................................................................ 34
     Action: Verhalten im Flug ............................................................................................................................................ 35
     Fertig: Nach dem Flug .................................................................................................................................................. 36
     Meldeformular über Luftfahrzeugannäherung zum Ausschneiden .................................................................... 37

Exkurs: Segelflug am Heimatflughafen ....................................................................................................................39
     Was ist passiert? ............................................................................................................................................................ 39
     Sicht des Piloten ............................................................................................................................................................ 39
     Sicht des ATCO............................................................................................................................................................... 40
     Was können wir aus diesem Fall lernen? .................................................................................................................. 41
     Glossar ............................................................................................................................................................................. 41

APEG – Quo vadis? .......................................................................................................................................................43
     Grundlagen der APEG ................................................................................................................................................... 43
     Der Prozess einer APEG-Meldung ............................................................................................................................. 44
     Wie entwickelt sich die APEG weiter? ....................................................................................................................... 44

Abkürzungen .................................................................................................................................................................47

Impressum ....................................................................................................................................................................48
     Herausgeber ................................................................................................................................................................... 48
     Stand ................................................................................................................................................................................ 48
     Gestaltung/Druck ......................................................................................................................................................... 48
     Bildnachweis .................................................................................................................................................................. 48
     Bestellmöglichkeit ..................................................................................................................................................48

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AIRPROX Magazin 2021 Aus Fehlern lernen - Beispielhafte Berichte aus der APEG zu Vorfällen mit gefährlichen Annäherungen im Luftraum (Airprox)
Editorial
Liebe Leserinnen, liebe Leser,

an gleicher Stelle haben wir im vergangenen Jahr die aktuelle Ausgabe des AIRPROX Magazins „in außergewöhnlichen
Zeiten“ eingeleitet. Dies gilt auch für 2021 in gleichem Maße. Da aufgrund der Pandemie der kommerzielle Luftverkehr
weltweit eingebrochen ist, hatte die APEG im vergangenen Jahr mit einem Rückgang der Fälle gerechnet. Überraschender­
weise waren die fünf virtuellen Sitzungen inhaltlich dennoch gut ausgefüllt.

Zum einen wurden insgesamt gut 25 Fälle bewertet. Die Interessantesten davon werden in diesem Magazin aufgearbeitet
und bieten einige Anregungen zum differenzierten Auseinandersetzen. Denn sie haben mehr gemeinsam, als man denkt ­
insbesondere bei der Betrachtung von IFR/VFR Mischverkehr im Luftraum Echo. Das Team der APEG ist davon überzeugt,
dass größeres Verständnis für andere Luftraumteilnehmer und realistische Erwartungshaltungen dazu beitragen können,
Konfliktsituationen im Luftraum zu vermeiden.

Die APEG hat es sich mittelfristig zur Aufgabe gemacht, nicht nur den Einzelfall zu betrachten, sondern auch die Hin­
tergründe zu analysieren und gegebenenfalls Parallelen aufzuzeigen. Dadurch sollen auch systemische Schwachstellen
identifiziert werden. Das Gremium hat vor einiger Zeit begonnen, Empfehlungen zu formulieren. Einige davon finden
sich in diesem sowie in früheren Magazinen, die sie auf der Webseite des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung zum
Herunterladen finden unter: https://www.baf.bund.de/meldesystem. Was Sie bei der Planung eines Fluges alles Bedenken
sollten, erfahren Sie im Flyer „Luftraumverletzungen sind vermeidbar – Gut geplant ist halb gewonnen“ des BAF. Mit dem
QR-Code kommen Sie direkt auf die Website, wo Sie den Flyer ansehen und herunterladen können.

QR-Code zum Flyer „Luftraumverletzungen sind vermeidbar – Gut geplant ist halb gewonnen“
Quelle: Stephan Kronenberger

Um dem Anspruch der APEG gerecht werden zu können, benötigen diese Erkenntnisse Aufmerksamkeit. Daher fordern
wir Zeitschriften und Verlage auf, diesen Jahresbericht, Statistiken und insbesondere Empfehlungen zu vervielfältigen;
gerne auch in Auszügen. Auf die bereitgestellten Informationen gibt es kein Copyright. Im Gegenteil: Sie werden wert­
voller, je weiter verbreitet sie sind.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Freude beim Studieren der Fälle dieser Lektüre. Wir hoffen, es ist die ein oder
andere Anregung für Sie dabei und wünschen Ihnen allzeit gute und sichere Flüge.

Ihre APEG-Redaktion

                                                                                                                          3
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Die APEG                                                     Die APEG handelt weisungsungebunden als unabhängiges
                                                             Expertengremium. Dabei sind die der APEG vorgelegten
                                                             Fälle neutral zu betrachten und zu bewerten. Alle Daten,
                                                             Informationen, Unterlagen und Erkenntnisse der in der
Die Internationale Organisation für Zivilluftfahrt (ICAO)    APEG behandelten Fälle dienen nur zur Aufrechterhaltung
empfiehlt im Air Navigation Plan auf nationaler Ebene        und Verbesserung der Sicherheit im deutschen Luftraum.
die Einrichtung einer Aircraft Proximity Evaluation          Sie werden nicht zur Klärung von Haftungs- und Schuld­
Group (APEG). Eine Luftfahrzeugannäherung (Aircraft          fragen verwendet oder weitergeleitet.
Proximity, AIRPROX) ist eine Situation, bei welcher nach
der Meinung des Piloten oder des Flugsicherungspersonals     Das Gremium setzt sich zusammen aus Expertinnen und
die Sicherheit aufgrund der Entfernung zwischen den          Experten der Luftfahrt aus den Bereichen von Luftver­
beteiligten Luftfahrzeugen – unter Berücksichtigung der      kehrsgesellschaften, Flugsicherungsorganisationen,
Geschwindigkeiten und relativen Positionen zueinander –      Interessenvertretungen, Berufsverbänden sowie Behör­
beeinträchtigt war.                                          denvertretern. Anlassbezogen können weitere Personen
                                                             mit Expertise hinzugezogen werden, denen allerdings kein
1                                                            Stimmrecht eingeräumt wird.

     „A situation in which, in the opinion of a pilot        Folgende Organisationen entsenden Expertinnen und
     or air traffic services personnel, the distance         Experten in die APEG:
     between aircraft as well as their relative
     positions and speed have been such that the             „ alle in Deutschland tätigen Flugsicherungsorgani­
     safety of the aircraft involved may have been             sationen,
     compromised (...).”1
                                                             „ Fluggesellschaften,

                                                             „ Luftfahrtverbände (DAeC, AOPA, DULV, IATA),

Zweck und Ziel der APEG
                                                             „ Berufsverbände (GdF, Vereinigung Cockpit),

Zweck und Aufgabe der APEG ist es, an sie gerichtete Mel­
dungen von Luftfahrzeugannäherungen im Luftraum der          „ das Luftfahrtamt der Bundeswehr (LufABw),
Bundesrepublik Deutschland zu analysieren. Basierend auf
den Analysen der Luftfahrzeugannäherungen bewertet die       „ das Bundesministerium für Verkehr und digitale
APEG diese Vorfälle und spricht Empfehlungen aus, die zur      Infrastruktur (BMVI) sowie
Vermeidung ähnlicher Ereignisse führen. Das Ziel der APEG
ist es, Erkenntnisse über die Ursachen solcher Vorfälle zu
                                                             „ das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF).
gewinnen, um dadurch Wege aufzeigen zu können, die
einen zusätzlichen Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit im
Luftverkehr darstellen.

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    ICAO DOC 4444, S. 24 Aircraft Proximity

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AIRPROX Magazin 2021 Aus Fehlern lernen - Beispielhafte Berichte aus der APEG zu Vorfällen mit gefährlichen Annäherungen im Luftraum (Airprox)
Airprox Hotspots in Deutschland

Stand: 25.03.2021
Quelle: Vereinigung Cockpit

            Luftraum der Klasse E unter FL 100 bis zum Erreichen der Kontrollzone wurde nicht
            durch eine TMZ verbessert.
            Erhöhtes Risiko eines AIRPROX mit VFR-Verkehr!

            Luftraum der Klasse E unter FL 100 bis zum Erreichen der Kontrollzone wurde durch
            eine TMZ verbessert.
            Erhöhtes Risiko eines AIRPROX mit VFR-Verkehr!

            Luftraum der Klassen C oder D unter FL 100 bis zum Erreichen der Kontrollzone.
            Niedriges Risiko eines AIRPROX mit VFR-Verkehr!

                                                                                                5
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Bewertung und Analyse der Fälle

Zur Bewertung jedes einzelnen Falles nutzt die APEG die entsprechenden Kriterien der ICAO. Danach wird jede gemeldete
Luftfahrzeugannäherung in eine bestimmte Kategorie von A bis D eingestuft:

 Kategorie A – D                                               Bedeutung

 A – Kollisionsgefahr                                          Eine Risikoeinstufung, in der eine ernste Gefahr
                                                               einer Kollision bestanden hat.

                                                               Eine Kollision konnte nur durch ein Ausweich­
                                                               manöver von einem der beteiligten Piloten oder
                                                               von beiden verhindert werden, oder die Annähe­
                                                               rung der beiden Luftfahrzeuge war so groß, dass
                                                               ein Ausweichmanöver durchgeführt worden wäre,
                                                               wenn früh genug Sichtkontakt zueinander be­
                                                               standen hätte.

 B – Sicherheit nicht gewährleistet                            Eine Risikoeinstufung, in der die Sicherheit
                                                               eines Luftfahrzeuges beeinträchtigt gewesen
                                                               sein könnte.

                                                               Eine Situation, bei der zumindest einer der be­
                                                               teiligten Piloten oder die beteilite Flugverkehrs­
                                                               kontrolle Maßnahmen ergreifen musste, damit
                                                               es nicht zu einem Ausweichmanöver kommt aber
                                                               in der trotz alledem ein Restrisiko übrigblieb.

 C – keine Kollisionsgefahr                                    Es hat keine Gefahr eines Zusammenstoßes
                                                               bestanden.

                                                               Eine Situation, bei der die Analyse aufgrund der
                                                               vorliegenden Unterlagen ergeben hat, dass zu
                                                               keinem Zeitpunkt die Möglichkeit einer Kollision
                                                               bestand.

 D – Gefahr nicht bestimmt                                     Keine Risikoklassifizierung.

                                                               Aufgrund der ungenügenden Informationen über
                                                               die gemeldete Luftfahrzeugannäherung kann
                                                               keine Risikoklassifizierung vorgenommen werden.

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Rechtliche Grundlagen                                            bis zu 19 Sekunden verringern. Sehr viel kürzer sind die
                                                                 Reaktionszeiten aber, wenn aus einer Wolke rausgeflogen

im Luftraum ECHO                                                 wird. Bei 1,5 km sind es nur noch zwischen 6 bis 11 Sekun­
                                                                 den. Zugegeben, das sind Extremwerte – könnten aber
                                                                 zutreffen.

Der folgende Abschnitt zeigt die Problematik im Luftraum
ECHO (E) und stellt dabei die rechtlichen Grundlagen mit
den geltenden Verordnungen vor. Die Analyse soll in die          Wie sind die Regeln, um Zusammenstöße zu
Lage versetzten, hieraus mögliche Konsequenzen für das           vermeiden?
eigene Handeln zu ziehen.

Der Luftraum E ist dadurch geprägt, dass
                                                                    Hier bestimmt SERA.3201 Allgemeines, dass
„ darin Sicht- und Instrumentenflug vorkommt,                       „die Bestimmungen dieser Verordnung den verant­
                                                                    wortlichen Piloten eines Luftfahrzeugs nicht von
„ die Flugsicherung keine Staffelung der Luftfahrzeuge              seiner Verpflichtung, Maßnahmen zur Vermeidung
  nach Sichtflugregeln vornimmt,                                    eines Zusammenstoßes zu ergreifen entheben, ein­
                                                                    schließlich Ausweichmanövern zur Vermeidung von
„ das System „see and avoid“ angewandt werden muss
                                                                    Zusammenstößen, die auf Ausweichempfehlungen
  (sowohl von den Luftfahrzeugen die nach Instrumen­
                                                                    eines Kollisionsverhütungssystems beruhen.“.
  tenregeln fliegen, als auch von den Luftfahrzeugen, die
  nach Sichtflug fliegen).

Die Flugsicherung staffelt die Luftfahrzeuge, die unter          Die Vorschrift ist eindeutig und stellt die generelle Regel,
Instrumentenflugregeln fliegen untereinander, nicht aber         Zusammenstöße zu vermeiden, über die folgenden Ver­
zu anderem Luftverkehr (VFR), der für seine Abstände             fahren. Wird demnach ein Zusammenstoß verhindert,
selbst verantwortlich ist.                                       obwohl oder weil eine der folgenden Regeln nicht beachtet
                                                                 wurde, so kann dies dem Piloten nicht zur Last gelegt
                                                                 werden.

   In SERA.3205 Annäherung wird das wie folgt fest­              Die Regeln gehen weiter davon aus, dass sich beide Piloten
   gelegt: „… ein Luftfahrzeug darf nicht so nah an              sehen.
   anderen Luftfahrzeugen betrieben werden, dass die
   Gefahr eines Zusammenstoßes besteht.“
                                                                    Nach SERA.3210 Ausweichregeln muss

Das gilt übrigens für alle Teilnehmer – nicht nur im                a) das Luftfahrzeug, das nicht auszuweichen hat,
Luftraum E.                                                            seinen Kurs und seine Geschwindigkeit bei­
                                                                       behalten;
Damit das System „see and avoid“ überhaupt funktionieren
kann, wurden für die Sichtflieger in diesem Luftraum eine           b) ein Luftfahrzeug einem anderen Luftfahrzeug,
Flugsicht von 5 km (horizontal) und ein Abstand von Wol­               das erkennbar in seiner Manövrierfähigkeit
ken von 1,5 km (horizontal oder 1.000 ft vertikal) festgelegt.         behindert ist, ausweichen;
Dabei ist zu beachten, dass diese Sicht nur von dem Piloten
festgestellt werden kann. Man muss deshalb überlegen, ob            c) ein Luftfahrzeug, das gemäß den nachstehen­
bei Sonnenschein, mit Blick in die Sonne, tatsächlich 5 km             den Regeln verpflichtet ist, einem anderen Luft­
Flugsicht gegeben sind.                                                fahrzeug auszuweichen, vermeiden, über, unter
                                                                       oder vor dem anderen Luftfahrzeug vorbeizu­
Die Höchstgeschwindigkeit im Luftraum E beträgt 250 kt,                fliegen, außer wenn es in ausreichendem Ab­
das sind ca. 8 km/min. Kommen sich die Luftfahrzeuge                   stand vorbeifliegt und die Auswirkungen einer
entgegen, kann sich diese Annäherung bis auf 16 km/min                 Wirbelschleppe berücksichtigt werden.
vergrößern. Sind tatsächlich nur 5 km Flugsicht vorhanden,
liegt die Reaktionszeit bei 38 Sekunden und kann sich auf

                                                                                                                              7
AIRPROX Magazin 2021 Aus Fehlern lernen - Beispielhafte Berichte aus der APEG zu Vorfällen mit gefährlichen Annäherungen im Luftraum (Airprox)
Wie ein im „Bart“ kreisendes Segelflugzeug oder ein die         Nur beim „Kreuzen“ der Flugwege gibt es eine Ausweichre­
Wirbelschleppen beachtendes Luftfahrzeug diese Regeln           gel, die andere Luftfahrzeuge wegen deren „Beweglichkeit“
befolgen kann, wird nicht erwähnt. Dass bedeutet aller­         bevorzugt. Damit müssen die, die auszuweichen haben, den
dings, das nachfolgende, teils auch unterschiedliche Regeln     gesamten Luftraum auf eventuellen Verkehr überprüfen
zu beachten sind. Diese sind nach Art der möglichen             und entsprechend handeln.
Begegnungen wie folgt unterteilt:

                                                                Überholen
Annäherung im Gegenflug

                                                                   Ein überholendes Luftfahrzeug ist ein Luftfahrzeug,
    Nähern sich zwei Luftfahrzeuge im Gegenflug oder               das sich einem anderen Luftfahrzeug von rückwärts
    nahezu im Gegenflug, haben beide, wenn die Ge­                 in einer Flugrichtung nähert, die einen Winkel von
    fahr eines Zusammenstoßes besteht, nach rechts                 weniger als 70 Grad mit der Symmetrieebene des
    auszuweichen.                                                  letzteren Luftfahrzeugs bildet, d. h. sich in einer
                                                                   solchen Position bezüglich des anderen Luftfahr­
                                                                   zeugs befindet, dass bei Nacht weder die linken
                                                                   (backbordseitigen) noch die rechten (steuerbord­
Hier wird angenommen, dass sich beide Luftfahrzeuge
                                                                   seitigen) Positionslichter gesehen werden könn­
sehen. Was ist aber, wenn dies nicht möglich ist, weil gerade
                                                                   ten. Ein Luftfahrzeug, das überholt wird, hat nicht
vertikale Bewegungen durchgeführt werden oder weil
                                                                   auszuweichen oder seinen Kurs zu ändern, und das
gegen die Sonne das andere Luftfahrzeug nicht zu sehen
                                                                   überholende Luftfahrzeug hat sowohl im Steig­
ist? Und außerdem, erinnern wir uns an den Zeitfaktor, bei
                                                                   flug als auch im Sinkflug oder Horizontalflug den
dem entgegenkommenden Luftfahrzeug die Zeit fehlt?
                                                                   Flugweg des anderen zu meiden und seinen Kurses
                                                                   nach rechts zu ändern; dies gilt ungeachtet einer
                                                                   anschließenden Veränderung der relativen Position
Kreuzen der Flugrichtung
                                                                   der beiden Luftfahrzeuge zueinander, bis das über­
                                                                   holende Luftfahrzeug das andere ganz überholt
                                                                   und ausreichenden Abstand zu ihm hat.
    Kreuzen sich die Flugrichtungen zweier Luftfahr­
    zeuge in nahezu gleicher Höhe, so hat das Luft­
    fahrzeug, bei dem sich das andere Luftfahrzeug auf          Das erscheint für das Luftfahrzeug, dass überholt wird
    der rechten Seite befindet, auszuweichen; jedoch            sehr schwierig zu sein, da der überholende Luftverkehr
    haben stets auszuweichen                                    nicht zu sehen ist. Auch ist diese Regel einzuhalten, wenn
                                                                in der Thermik gekreist wird. Auch wenn dies unmöglich
    i)   motorgetriebene Luftfahrzeuge, die schwerer            erscheint, so ist das die Regel. In diesem Zusammenhang
         als Luft sind, den Luftschiffen, Segelflugzeugen       sind jedoch die Gleitschirme leider nicht explizit erwähnt.
         und Ballonen;
                                                                Allerdings gibt es für Segelflugzeuge untereinander eine
    ii) Luftschiffe den Segelflugzeugen und Ballonen;
                                                                andere Regelung. Für überholende Segelflugzeuge gilt:

    iii) Segelflugzeuge den Ballonen;

    iv) motorgetriebene Luftfahrzeuge den Luftfahr­                Ein Segelflugzeug, das ein anderes Segelflugzeug
        zeugen, die andere Luftfahrzeuge oder Gegen­               überholt, darf nach rechts oder nach links auswei­
        stände erkennbar schleppen.                                chen.

8
Landung                                                          Diese Regeln wurden vor langer Zeit von der ICAO auf­
                                                                 gestellt und sind den Veränderungen in der Luftfahrt
                                                                 nicht gefolgt. In wie weit Regeln und Möglichkeiten zur
                                                                 Luftraumüberwachung sinnvoll angepasst werden können,
   Ein im Flug befindliches oder am Boden bzw. auf
                                                                 muss hierbei Teil einer weiterführenden Sicherheitsstra­
   dem Wasser betriebenes Luftfahrzeug, hat einem
                                                                 tegie sein.
   Luftfahrzeug, das landet oder sich im Endteil des
   Landeanflugs befindet, auszuweichen.                          Der Flug nach Instrumentenflugregeln ist überwacht und
                                                                 der Fluglotse ist für die Staffelung der Luftfahrzeuge unter
                                                                 seiner Kontrolle verantwortlich. In der Regel betragen die
Hierbei ist der Endteil des Landeanflugs entweder der            Mindestabstände 5 NM (3 NM im Nahbereich) horizontal
letzte Teil der genehmigten Platzrunde, oder beim                oder 1.000 ft vertikal. Damit wird der verantwortliche Pilot
Instrumentenanflugverfahren nach dem FAF (Final                  aber nicht von seinen Ausweichverpflichtungen entbun­
Approach Fix), da hier der Sinkflug zur Landung beginnt.         den, sondern hat diese zusätzlich zu beachten.

                                                                 SERA.7001 verpflichtet allerdings den Fluglotsen, neben
                                                                 der Vermeidung von Zusammenstößen zwischen Luft­
   Von mehreren einen Flugplatz oder einen Einsatz­
                                                                 fahrzeugen und der Organisation und Aufrechterhaltung
   ort gleichzeitig zur Landung anfliegenden Luft­
                                                                 eines geordneten Verkehrsflusses, auch zur Erteilung von
   fahrzeugen hat das höher fliegende dem tiefer-
                                                                 Hinweisen und Informationen, die für die sichere und
   fliegenden Luftfahrzeug auszuweichen; jedoch
                                                                 effiziente Durchführung von Flügen zweckdienlich sind.
   darf das tieferfliegende Luftfahrzeug ein anderes
   Luftfahrzeug, das sich im Endteil des Landeanflugs
                                                                 SERA.7002 vertieft dies zur Kollisionsvermeidung auf der
   befindet, nicht unterschneiden oder überholen.                Grundlage der Flugüberwachung.
   Motorgetriebene Luftfahrzeuge, die schwerer als
   Luft sind, haben Segelflugzeugen in jedem Fall
   auszuweichen.
                                                                    Wenn beobachtet wird, dass sich ein identifizierter
                                                                    kontrollierter Flug auf einem Flugweg befindet,
                                                                    bei dem er mit einem unbekannten Luftfahrzeug
Dieser Teil gilt nur für Luftfahrzeuge, die sich im Anflug auf      in Konflikt geraten kann, wodurch die Gefahr einer
den gleichen Platz befinden. Segelflugzeuge können dabei            Kollision besteht, ist der Pilot des kontrollierten
nicht ausweichen und wurden entsprechend berücksich­                Fluges, soweit möglich,
tigt. Es gilt nicht für sonstige Luftfahrzeuge, die sich nicht
im Anflug befinden.                                                 1. über das unbekannte Luftfahrzeug zu informie­
                                                                       ren und, auf Anforderung des Piloten oder wenn
Bei einer Notlandung gilt folgende Regel:                              die Situation dies nach Auffassung des Flug­
                                                                       lotsen erfordert, sind Ausweichmaßnahmen zu
                                                                       empfehlen; und
   Ein Luftfahrzeug hat einem anderen Luftfahrzeug,
   das erkennbar zur Landung gezwungen ist, auszu­                  2. zu benachrichtigen, wenn der Konflikt nicht
   weichen.                                                            mehr besteht.

                                                                 Ob dieses von der Flugsicherung noch gewährleitet werden
Start                                                            kann und ob die Anzeigen der Primärradarsysteme das
                                                                 leisten können, gilt zu hinterfragen.

                                                                 Der Pilot, der unter Sichtflugregeln fliegt, kann seine
   Ein Luftfahrzeug, das sich auf dem Rollfeld eines
                                                                 Sicherheit erhöhen (er bleibt aber immer noch für die
   Flugplatzes bewegt, hat anderen Luftfahrzeugen,
                                                                 Sicherheit verantwortlich), wenn er sich bei der Flugver­
   die starten oder im Begriff sind zu starten, Vorfahrt         kehrsdienststelle „bekannt“ macht.
   zu gewähren.

                                                                                                                             9
In SERA.9001 ist das auch so beschrieben:
                                                                2. Kollisionsgefahren für Luftfahrzeuge, die
                                                                   in Lufträumen der Klassen C, D, E, F und G
     a) Die zuständigen Flugverkehrsdienststellen                  betrieben werden;
        haben für alle Luftfahrzeuge Fluginforma­
                                                                3. für Flüge über Wasser, soweit möglich und
        tionsdienst zu erbringen, die von den Infor­
                                                                   von einem Piloten angefordert, alle verfüg­
        mationen voraussichtlich betroffen sind und
                                                                   baren Informationen, wie Funkrufzeichen,
        1. für die Flugverkehrskontrolldienst erbracht             Standort, Kurs über Grund, Geschwindigkeit
           wird oder                                               usw., zu Wasserfahrzeugen in dem betref­
                                                                   fenden Gebiet.
        2. die den zuständigen Flugverkehrsdienst­
           stellen auf andere Weise bekannt sind.            c) Der für Flüge nach Sichtflugregeln erbrachte
                                                                Fluginformationsdienst muss zusätzlich zu den
     b) Das Empfangen des Fluginformations­                     in Buchstabe a genannten Informationen die
        dienstes entbindet den verantwortlichen                 Bereitstellung verfügbarer Informationen zum
        Piloten eines Luftfahrzeugs von keiner                  Verkehr und zu Wetterbedingungen entlang der
        seiner Pflichten. Er hat hinsichtlich vor­              Flugstrecke enthalten, die die Durchführung des
        geschlagener Änderungen des Flugplans                   Flugs nach Sichtflugregeln unmöglich machen
        die abschließende Entscheidung zu treffen.              können.

     c) Erbringen Flugverkehrsdienststellen sowohl           Eine weitere Anweisung zur Erhöhung der Sicher­
        Fluginformationsdienst als auch Flugverkehrs­        heit, findet sich in der LuftVO, denn nach SERA ist
        kontrolldienst, hat die Erbringung des Flugver­      der Mitgliedstaat für diese Regel verantwortlich.
        kehrskontrolldienstes Vorrang vor der Erbrin­
        gung des Fluginformationsdienstes, wenn es die       § 35 Höhenmessereinstellung und Reiseflughöhen
        Erbringung des Flugverkehrskontrolldienstes          bei Flügen nach Sichtflugregeln
        erfordert.
                                                             (1) Die Höhen zur Einstellung des Höhenmessers für
                                                             Flüge nach Sichtflugregeln werden von dem Bun­
                                                             desaufsichtsamt für Flugsicherung festgelegt.
Die DFS unterhält in Deutschland ein sehr gutes Fluginfor­
mationssystem mit ausgebildetem Personal. Eine mögliche      (2) Bei Überlandflügen nach Sichtflugregeln in
Verbesserung der Sicherheit kann durch Verkehrshinweise      und unterhalb der nach Absatz 1 festgelegten
erfolgen. Wie umfangreich dieser Dienst ist, wird in         Höhe hat der Luftfahrzeugführer den Höhen­
SERA.9005 festgelegt:                                        messer unverzüglich nach Erreichen oder Unter­
                                                             schreiten dieser Höhe auf den QNH-Wert des zur
                                                             Flugstrecke nächstgelegenen Flugplatzes mit
     Umfang des Fluginformationsdienstes                     Flugverkehrskontrollstelle einzustellen. QNH-
                                                             Wert ist der auf mittlere Meereshöhe reduzierte
     b) Der für Flüge erbrachte Fluginformationsdienst       Luftdruckwert eines Ortes, unter der Annahme,
        muss zusätzlich zu den in Buchstabe a genann­        dass an dem Ort und unterhalb des Ortes die
        ten Informationen die Bereitstellung von Infor­      Temperaturverhältnisse der Normalatmosphäre
        mationen über Folgendes einschließen:                herrschen.

        1. gemeldete oder vorhergesagte Wetterbe­            (3) Bei Überlandflügen nach Sichtflugregeln
           dingungen an Start-, Ziel- und Ausweich­          oberhalb der nach Absatz 1 festgelegten Höhe
           flugplätzen;                                      hat der Luftfahrzeugführer den Höhenmesser

10
Bestimmung über die Schaltung von
  unverzüglich nach Erreichen oder Überschreiten
                                                            Transpondern
  dieser Höhe auf 1.013,2 Hectopascal einzustellen
  (Standard-Höhenmessereinstellung).
                                                            SERA.13001 regelt den Betrieb eines SSR-Transponders wie
                                                            folgt:
  (4) Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung
  kann Abweichungen von den in Anhang SERA.5005
  Buchstabe g der Durchführungsverordnung (EU)
  Nr. 923/2012 vorgeschriebenen Höhen festlegen.               a) Verfügt das Luftfahrzeug über einen betriebs­
                                                                  fähigen SSR-Transponder, hat der Pilot den
                                                                  Transponder während des Fluges durchgängig
                                                                  zu betreiben, unabhängig davon, ob sich das
Die Höhen sind im NfL I 190 /01 veröffentlicht und be­            Luftfahrzeug innerhalb oder außerhalb eines
stimmen, dass bis zu einer Höhe von 5.000 ft MSL/2.000 ft         Luftraums befindet, in dem Sekundärrundsicht­
GND, nach (2) und darüber nach (3) zu verfahren ist. Die          radar (SSR) für Zwecke des Flugverkehrsdiens­
Reiseflughöhen sind dabei zu nutzen, was nur schwer von           tes verwendet wird.
nicht motorisierten Luftfahrzeugen zu leisten ist und die
höchste nutzbare Flugfläche ist damit auf 9.500 ft über        b) Piloten dürfen die Funktion IDENT nicht be­
1.013,2 hPa (FL 95) festgelegt.                                   treiben, sofern sie nicht vom Flugverkehrsdienst
                                                                  dazu aufgefordert werden.
Das wiederum findet man in SERA.3110:
                                                               c) Außer für Flüge in Lufträumen, für die von der
                                                                  zuständigen Behörde der Betrieb von Trans­
  Die Reiseflughöhen, in denen ein Flug oder Flugab­              pondern vorgeschrieben ist, sind Luftfahrzeuge
  schnitt durchzuführen ist, sind anzugeben als                   ohne ausreichende elektrische Stromversorgung
                                                                  von der Anforderung zum durchgängigen Be­
  a) Flugflächen für Flüge in oder oberhalb der                   trieb des Transponders ausgenommen.
     tiefsten nutzbaren Flugfläche oder, falls an­
     wendbar, oberhalb der Übergangshöhe;
                                                            Der Transponder dient der Sicherheit, und die Maßnahme
  b) Höhen für Flüge unterhalb der tiefsten nutz­           nach Punkt c) steht am Schluss und sollte nicht die Regel
     baren Flugfläche oder, falls anwendbar, unter­         sein.
     halb der Übergangshöhe.

                                                            Die Empfehlung der APEG
Kommen wir zurück auf die Frage, wie dicht man an ein
anders Luftfahrzeug fliegen darf?
                                                            Was sind die Möglichkeiten, zusätzlich zu den „Ausweich­
                                                            regeln“ nach Sicht, die Flugsicherheit zu erhöhen? Es
In SERA.3205 ist die Annäherung lediglich so beschrieben,
                                                            kommt auf die Einhaltung der gesetzlichen und freiwilli­
dass keine Gefahr eines Zusammenstoßes existiert. In
                                                            gen Verfahren an. Grundsätzlich empfiehlt es sich, auf die
SERA.5005 ist sie dahingehend präzisiert, dass eine Höhe
                                                            folgenden Punkte zu achten:
von weniger als 150 m (500 ft) über dem Boden oder Wasser
oder 150 m (500 ft) über dem höchsten Hindernis innerhalb
                                                            „ Über 5.000 ft MSL/2.000 ft AGL ist der Transponder auf
eines Umkreises von 150 m (500 ft) um das Luftfahrzeug
                                                              1.013,2 hPa zu setzen und die Halbkreisflughöhen VFR
nicht unterschritten werden darf. Demnach, vereinfacht
                                                              einzuhalten.
ausgedrückt, wird eine 500 ft Kugel um den Flieger vor­
geschrieben.

                                                                                                                         11
„ Da es über FL 95 keine VFR-Flugfläche gibt, ist dies die                                         Weiterhin ist es wichtig sich, vorab genaue Gedanken
  maximale Höhe und auch nur in der festgelegten Flug­                                             zur Planung seines Flugvorhabens zu machen und die
  richtung.                                                                                        Erkenntnisse aus dem Magazin zu berücksichtigen. Des
                                                                                                   Weiteren sind FLARM und andere Tools ergänzende
„ Schalten des Transponders wann immer möglich, auch                                               Puzzleteile für mehr Sicherheit im Luftraum. Wenn dies
  wenn man unter die Bestimmung SERA 13001 c) fällt                                                alles beachtet wird und gleichzeitig ein „good airmanship“
  und                                                                                              sowie die Bereitschaft des „Miteinanders“ im gemeinsamen
                                                                                                   Luftraum gepflegt wird, werden wir die Flugsicherheit
„ Funkkontakt mit FIS halten.                                                                      erheblich verbessern

           AN EINEM WOLKENLOSEN TAG MIT STRAHLENDEM SONNENSCHEIN FLIEGEN SUNNY UND               WÄHREND MICHEL DIE KARTE LIEST UND DIE FREQUENZ WECHSELT, REALISIERT ER NICHT, DASS
           MICHEL DURCH EINE KOMPLEXE LUFTRAUMSTRUKTUR.                                          ER BEREITS SEIT EINIGEN MINUTEN NUR NOCH NACH UNTEN SIEHT.

           IN EINIGEN MINUTEN WERDEN WIR DURCH KONTROLLIERTEN LUFTRAUM                          DIE RICHTIGE FREQUENZ IST …          SIEH! DORT DRÜBEN IST EIN ANDERES FLUGZEUG. DA ES
           FLIEGEN.                                                                             119.655…OK!                          SICH NICHT BEWEGT UND GRÖßER WIRD, SIND WIR AUF
                                                                                                                                             KOLLISIONSKURS! ICH ÜBERNEHME!
                      WÄHREND DU DICH AUF DIE INSTRUMENTE KONZENTRIERST DARFST DU
                      NICHT VERGESSEN, REGELMÄßIG DEN LUFTRAUM NACH ANDEREM VERKEHR
                      ABZUSCANNEN..
            AUßERHALB DES COCKPITS KANN ICH NICHT VIEL ERKENNEN, DA MICH DIE
            SONNE SO BLENDET…

                                                                                                 SUNNY FLIEGT EIN AUSWEICHMANÖVER, BEVOR DER ANDERE VERKEHR NOCH NÄHER KOMMT…

           ZURÜCK AM FLUGPLATZ…                                                                                         VERWENDEST DU EINE SYSTEMATISCHE SCANTECHNIK FÜR DIE
                                                                                                                        LUFTRAUMBEOBACHTUNG?
           ES IST SEHR WICHTIG, REGELMÄßIG DEN LUFTRAUM NACH ANDEREM VERKEHR ABZUSUCHEN.
                                                                                                                                JA, MAN HAT MIR BEIGEBRACHT, DIE AUGEN IN GLEICH
                      ICH WEISS EIGENTLICH, DASS “SEE & AVOID” GILT, ABER ES IST SCHWIERIG, WENN ICH ZUR GLEICHEN
                                                                                                                                GROSSEN SCHRITTEN ZU BEWEGEN, UM DEN LUFTRAUM
                      ZEIT AUCH NAVIGIEREN UND FLIEGEN MUSS.
                                                                                                                                ABSCHNITTSWEISE ZU FOKUSIEREN.
                STIMMT, MAN WIRD OFT DURCH FUNKVERKEHR, HEAD DOWN* ARBEIT ODER
                             UNERWARTETE SITUATIONEN ABGELENKT.

           DIE 80-20 REGEL IST HILFREICH: 80% DER ZEIT NACH DRAUSSEN BLICKEN UND 20% NACH
                             INNEN. LEIDER IST DIE TENDENZ ANDERESHERUM.

            * HEAD DOWN TIME: ZEIT, IN DER DER PILOT NICHT NACH DRAUSSEN

             HEUTE WAR ICH NICHT RICHTIG ENTSPANNT.
                                                                                                                     Mehr Informationen zu
                       MÜDIGKEIT, LANGEWEILE, KARNKHEIT, MEDIKAMENTE, ANGST ODER BESORGNIS HABEN EINEN
                       NEGATIVEN EINFLUSS AUF DIE LUFTRAUMBEOBACHTING.
                                                                                                                     - Part-SERA und Thema Wachsamkeit

                                                                                                                     - Collision Avoidance precautions

                                                                                                                     - Managing distractions

                                                                                                                     im Downloadbereich dieser Ausgabe

                                                                                                                      Wir freuen uns auf Vorschläge und Kommentare
                                                                                                                      generalaviation@easa.europa.eu

                                                                                                                      Join the GA Community!
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            KENNE DEINE LIMITS, HANDLE ENTSPRECHEND.

             #29 (2021)                                                                                                            BY ELENA GARCIA & MONICA MESTRE @ EASA

12
Airprox: Anflug Stuttgart
Mitte 2020 ereignete sich während des Anfluges auf den Flughafen Stuttgart eine Annäherung zwischen einem Polizeihub­
schrauber und einem Airbus A319.

Ein Polizeihubschrauber Eurocopter H145
Quelle: Polizei Baden-Württemberg

 Infoboard

 Luftfahrzeuge                                         EC135                               Airbus A319

 Wirbelschleppenkategorie                               Light                                Medium

 Bauart/Motorisierung                                   Heli                                    Jet

 Flugregeln                                             VFR                                     IFR

 Luftraum                                               CTR                                     CTR

 TCAS TA/RA                                             Nein                                    RA

 Transpondersignal                                 Modes A, C, S                           Modes A, C, S

 FLARM                                                  k. A.                                  Nein

 Flughöhe                                             2.300 ft                                2.800 ft

 Geschwindigkeit                                         110                                    210

 Wetter                                               CAVOK

 Gemessener Abstand                                                    0,5 NM/500 ft

Quelle: APEG

                                                                                                                    13
Der Vorfall ereignete sich in der Nacht, die Wetterbedin­     TCAS berechnet anhand von Trajektorien und Flugspuren
gungen waren gut. Er herrschte schwacher Wind, gute Sicht     einen „Closest Point of Approach“ (CPA) gegenüber dem
und kaum Bewölkung. Der Polizeihubschrauber stand am          jeweiligen anderen Luftfahrzeug. 40 Sekunden vor dem
Anfang einer Mission, die ihn Richtung Süden führen soll­     Erreichen des CPA wird ein Verkehrshinweis TA generiert,
te. Die Flugdurchführung war nach VFR-Regeln geplant.         25 Sekunden vor dem CPA eine Ausweichanweisung RA.
Der Airbus befand sich auf einem auf Satellitennavigation
gestützten RNP-Approach auf die Landebahn RWY25.              Die Änderung der Vertikalgeschwindigkeit und die daraus
                                                              resultierende Annäherung hat zu diesem TCAS-Event
Vom Platzlotsen freigegeben, befand sich der Polizeihub­      geführt.
schrauber südlich der Anfluggrundlinie und operierte dort
entsprechend seiner Freigabe. Beide Luftfahrzeuge waren
für den Platzlotsen visuell zu erkennen bzw. erhielten
durch den Lotsen jeweilige Verkehrsinformationen.             Die Bewertung der APEG

Kurz nach dem Passieren des Hubschraubers generierte das
Kollisionswarngerät TCAS des Airbus eine automatische            Alles ist so gelaufen, wie es vorgeschrieben war
Ausweichanweisung TCAS RA. Die Besatzung folgte dieser           und ist: die Freigabe des Platzlotsen, die Ver­
TCAS-Anweisung und stieg bzw. leitete im späteren Verlauf        kehrshinweise und das Ausführen der Ausweich­
einen Fehlanflug ein. Die TCAS-Meldung RA wurde in               anweisung des TCAS durch die Besatzung des
2.800 ft MSL generiert. Der Minimalabstand betrug 0,5 NM         Airbus.
lateral sowie 500 ft vertikal.

Der Airbus führte einen RNP-Approach durch. Diese
Anflugart bedingt, je nach Ausführung und Nutzung der
Automation, eine manuelle Korrektur der vertikalen
Geschwindigkeit vom Pilot Flying.

Durch eine Höhenablage war die Besatzung gezwungen, die                            Kategorie C
Vertikalgeschwindigkeit kurzfristig zu erhöhen. Dies ist im
Anflug normal, hat aber bei dem beschriebenen Approach
dazu geführt, dass die vom TCAS berechnete Trajektorie
eine Annäherung zum Polizeihubschrauber darstellte.

Systembedingt wurde somit eine Ausweichanweisung per                                 Faktoren
„Resolution Advisory“ (RA) generiert. Folgerichtig ist die
                                                                                       k. A.
Besatzung dieser gefolgt und hat nach dem Ausweich­
manöver einen Fehlanflug eingeleitet.

14
Airprox: Pilot als Unternehmen
Eine Fallschirmspringer-Absetzmaschine und ein VFR-Flug entgehen bei besten Sichtflugbedingungen nur knapp einer
Kollision, obwohl beide Piloten im Kontakt mit ATC standen. Der geringste Abstand betrug ca. 18 Meter horizontal und
8 Meter vertikal.

Ein Fallschirmspringer nach dem Absetzen in der Luft
Quelle: Pixabay, Mylene 2401

 Infoboard

 Luftfahrzeuge                                               C-172P                         Cessna 208B

 Wirbelschleppenkategorie                                     Light                             Light

 Bauart/Motorisierung                              Einmotoriger Schulterdecker       Schulterdecker, Turboprop

 Flugregeln                                                   VFR                                VFR

 Luftraum                                                     Echo                              Echo

 TCAS TA/RA                                                Nein/Nein                         Nein/Nein

 Transpondersignal                                          Mode S                             Mode S

 FLARM                                                        Nein                  Ja (Powerflarm mit Display)

 Flughöhe                                                   2.100 ft                           2.100 ft

 Geschwindigkeit                                           100 kts GS                        183 kts GS

 Wetter                                                      EDLW VRB3KT 9999 34/14 CAVOK Q1016

 Gemessener Abstand                                                       0,06 NM/25 ft

Quelle: APEG

                                                                                                                       15
Die Cessna 172P befand sich auf einem privaten Rundflug.     bei Neigungswinkeln von bis zu 90° (senkrechter Sturzflug)
Start- und Zielort war der Verkehrslandeplatz Borkenberge.   erflogen. Im vorliegenden Fall waren dies etwa „nur“ 13°
Im Flugzeug befanden sich der verantwortliche Pilot so­      nach unten. Ein Verhalten, dass sich übrigens auch mit dem
wie drei Fluggäste. Der Pilot stand im Funkkontakt mit       von Schleppmaschinen beim Segelflug vergleichen lässt.
Langen-Information. Er umflog die Fallschirmsprungzone
im Westen. Das Flugzeug befand sich im Reiseflug mit         Die Cessna hat aufgrund Ihrer Konstruktion als Schulter­
einem Kurs von ca. 5° in 2.100 ft AMSL als von links oben,   decker generell eine sehr schlechte Sicht seitlich nach oben
hinter der A-Säule, ein sehr schnelles, rasant sinkendes     und hinten. Wird zudem noch eine Rechtskurve (der Pilot
anderes Luftfahrzeug auftauchte. Der Pilot leitete eine      sitzt auf dem linken Sitz) mit hoher Schräglage und steilem
abrupte Ausweichbewegung ein.                                Sinkprofil geflogen, ist der Flugweg in diese Richtung nicht
                                                             einsehbar. Gleichzeitig wechselte in dieser kritischen Flug­
Die Absetzmaschine Cessna 208B befand sich im Sinkflug       phase der Pilot die Frequenz und versuchte sich möglichst
zum Verkehrslandeplatz Marl-Loemühle, nachdem sie            zeitsparend in den Platzrundenverkehr einzuordnen.
zuvor in Flugfläche 140 (FL 140) 18 Fallschirmspringer
abgesetzt hatte. Der Pilot war bei Unterschreitung von
FL 100 zur eigenen Navigation und nach Verlassen des
Luftraums C unterhalb FL 65 zum Verlassen der Radar­         Die Bewertung der APEG
frequenz freigegeben. Er sank dabei mit einer sehr hohen
Sinkrate von über 4.000 ft/min (20 m/s). Der Pilot gab an,
dass er kein anderes Luftfahrzeug gesehen habe. Auch habe       Der Pilot der Cessna 172P hatte in diesem kom­
das eingebaute Kollisionswarnsystem (PowerFLARM) keine          plexen Luftraumbereich alles Erdenkliche getan
Warnung generiert. Von Langen-Radar erhielt er keine Ver­       um die Sicherheit seines Fluges zu gewährleis­
kehrsinformation bezüglich des anderen Luftfahrzeuges.          ten.

Der für den Anflugbereich im Luftraum C verantwortli­           Beide Luftfahrzeuge flogen bei besten Sichtflug­
che Radarlotse und der FIS-Spezialist bemerkten aufgrund        bedingungen aber mit sehr unterschiedlichen
hoher Arbeitsbelastung den sich innerhalb weniger Sekun­        Flugprofilen und standen zu verschiedenen Zeit­
den zuspitzenden Konflikt nicht. Der Radarlotse wurde auf       punkten mit der Flugverkehrskontrollstelle oder
die Annäherung erst durch die Meldung, dass die Absetz­         FIS in Kontakt.
maschine den Luftraum „C“ verlassen hatte, aufmerksam.

Während er dem Piloten antwortete sah er, dass sich die
beiden Radarziele nach einer kurzen Überlagerung wieder
voneinander trennten. Somit verblieb nicht mehr genü­
gend Zeit, um den FIS-Lotsen anzurufen.
                                                                                   Kategorie A

Kostenfaktor Betriebskosten

Moderne Absetzmaschinen sind groß, turbinengetrieben
und teuer in Anschaffung und Betriebskosten. Die Betrei­                      Faktoren
ber dieser Flugzeuge möchten daher die unnötigen Zeiten            Mangelnde Luftraumüberwachung,
in der Luft (z. B. nach dem Absetzen der Springer) auf ein                Poor Airmenship
Mindestmaß reduzieren. Gepaart mit dem sportlichen
Ehrgeiz der Piloten werden sehr oft extrem hohe Sinkraten

16
17
Airprox: Airliner und Segelflieger in Hamburg
Der Vorfall ereignete sich im Juli 2019 nahe Reinfeld zwischen einem Airbus A321 und einem Segelflugzeug (LS4). Er wird
hier unter den heutigen flugrechtlichen Gesichtspunkten analysiert. Es gab keinen Personenschaden und der Vorfall ist
unter dem Aktenzeichen BFU19-1124-5X der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) dokumentiert.

Ein Segelflieger schraubt sich in der Thermik nach oben
Quelle: Julia Schwarzbeck

 Infoboard

 Luftfahrzeuge                                               A321                                      LS4

 Wirbelschleppenkategorie                                   Medium                                     Light

 Bauart/Motorisierung                                          Jet                               Segelflieger

 Flugregeln                                                   IFR                                      VFR

 Luftraum                                                    Echo                                      Echo

 TCAS TA/RA                                                Nein/Nein                              Nein/Nein

 Transpondersignal                                          Mode S                                     Nein

 FLARM                                                        Nein                                      Ja

 Flughöhe                                                   3.600 ft                                   k. A.

 Geschwindigkeit                                          225 kts (IAS)                                k. A.

 Wetter                                                              EDDH 290/4 CAVOK 29/16 1020

 Gemessener Abstand                                                   56 m horizontal/46 ft vertikal

Quelle: APEG

18
Der BFU-Bericht

„Während des Anfluges eines nach Instrumentenflugregeln
(IFR) fliegenden Airbus A321 kam es im Luftraum E zu einer
Annäherung mit einem im Streckenflug befindlichen Segelflug­
zeug, welches nach Sichtflugregeln (VFR) flog. Die zur Verfü­
gung stehenden Flugdaten belegen einen Lateralabstand von
ca. 56 m und einen Höhenunterschied von ca. 46 ft.“

Das wurde von der BFU aus den vorhandenen Daten aus­
gewertet und zeigt, dass nur durch Zufall und Glück und
nicht durch ein Verfahren ein Zusammenstoß vermieden
wurde. Es zeigt aber auch, dass das über 50 Jahre alte, von           Im Bild sieht man den nachgestellten Flugweg im BFU Report.
                                                                      Quelle: BFU Report BFU19-1124-5, S. 4
der ICAO eingeführte System an seine Grenzen kommt.                   [Flugwege (A321: rot, LS 4: blau); Quelle: Google EarthTM,
Es zeigt außerdem, dass ein Teil des Luftverkehrs mit                 open flight maps association, Bearbeitung: BFU]
Systemen der Kollisionsvermeidung ausgerüstet ist und der
andere nicht bzw. nicht mit Systemen, die untereinander
kompatibel sind..
                                                                      (Sinkrate 910 ft/min), hatte eine Querneigung von 25°, einen
                                                                      Kurs von 305°, eine Geschwindigkeit von ca. 225 kt (IAS) und
„Der Fluglotse gab an, den Airbus in einen verlängerten Ge­
                                                                      die Flugzeugnase zeigte ca. 3,6° nach oben. Die Flugbesatzung
genanflug geführt und diesen, um die Frequenzbelastung
                                                                      sagte aus, dass sich das Segelflugzeug ca. 100 ft oberhalb und
etwas zu verteilen, frühzeitig zum Sinkflug auf 3.000 ft AMSL
                                                                      ca. 50 bis 100 m links des Airbus befunden habe. Es sei dem
freigegeben habe. Kurz darauf habe er der Besatzung die Flug­
                                                                      Airbus entgegengekommen.“
verkehrskontrollanweisung erteilt, nach links auf den Endan­
flug der Piste 23 einzukurven. Kurz danach habe die Besatzung
                                                                      Tatsächlich flog die LS4 aber in gleicher Richtung. Auf­
die Annäherung mit dem Segelflugzeug gemeldet. Daraufhin
                                                                      grund seiner Einschätzung hätte der Pilot des A321 nach
habe er auf dem Monitor ein Primärradarziel in der Nähe der
                                                                      SERA.3210 c) 1 seinen Flugweg nach rechts ändern müssen,
Position des Airbus gesehen und entsprechende Verkehrsinfor­
                                                                      was allerdings in dieser Phase wahrscheinlich zu einer
mationen an ein weiteres, dem betroffenen Airbus nachfolgen­
                                                                      Kollision geführt hätte.
des Luftfahrzeug erteilt. Wie sich im Rahmen der Untersuchung
herausstellte, handelte es sich hierbei um ein anderes Segelflug­
                                                                      Die der BFU zur Verfügung stehenden Flugdaten der betei­
zeug als das betroffene. Der nachfolgende Anflug habe gemel­
                                                                      ligten Luftfahrzeuge belegen, dass der Airbus das Segelflug­
det, keinen Sichtkontakt zu haben.“
                                                                      zeug überholte und dieses in einem Horizontalabstand von
                                                                      ca. 56 m und einem Vertikalabstand von ca. 46 ft unterflog.
„Als es um 18:24:24 Uhr zu der Annäherung mit dem Segel­
                                                                      Die beteiligten Luftfahrzeuge befanden sich zum Zeitpunkt
flugzeug kam, passierte das Luftfahrzeug gerade 3.600 ft AMSL
                                                                      der Annäherung im Luftraum E in ca. 3.600 ft AMSL. Die
                                                                      Untergrenze des darüber liegenden Luftraumes C lag bei
                                                                      4.500 ft AMSL.

Das Bild zeigt einen Ausschnitt der Darstellung auf dem Radar am      Darstellung des geringsten ermittelten Abstands
Lotsenarbeitsplatz. Der A321 befand sich im Sinkflug mit einem sehr   Quelle: BFU Report 19-1124-5, S. 4
eingeschränkten Blickfeld und hat das entgegenkommende Segel­
flugzeug sehr spät wahrgenommen.
Quelle: DFS Deutsche Flugsicherung GmbH

                                                                                                                                    19
Der BFU lagen die Flugdatenaufzeichnungen aus dem                 Die Besatzung flog den Airbus nach Instrumentenflugre­
FLARM-Gerät des Segelflugzeuges vor:                              geln im Luftraum E. Gemäß den geltenden Ausweichregeln
                                                                  hätte der Airbus dem Segelflugzeug ausweichen müssen.
„Die Pilotin des Segelflugzeuges gab an, dass sie sich in ca.     Er befand sich mit 225 kt (IAS) im Sinkflug auf das ILS 23
3.600 ft AMSL, in nordwestliche Richtung fliegend über dem        des Verkehrsflughafens Hamburg-Fuhlsbüttel mit einer
südlichen Teil des Ortes Reinfeld befand, als völlig unerwartet   Querneigung von ca. 25° nach links. Die Luftfahrzeugnase
ein Airbus A321 auf annähernd gleichem Kurs knapp unter           zeigte ca. 3,6° nach oben. Zusätzlich ist die Sicht aus dem
ihrem Segelflugzeug aufgetaucht sei und dieses auf der rechten    Cockpit eines Verkehrsflugzeuges aufgrund der Vielzahl
Seite überholt habe. Sie habe den Airbus vorher nicht sehen und   der Instrumente und der relativ kleinen Fenster stark
somit auch nicht ausweichen können. Sie schätzte den Abstand      eingeschränkt.
auf 60 – 80 m horizontal und 20 – 30 m vertikal.“
                                                                  Aus Sicht der Besatzung befand sich die LS4 bis kurz
Eine Meldung der Beinahekollision durch die Pilotin des           vor dem Passieren etwa in der 11-Uhr-Postition, leicht
Segelflugzeuges oder das Flugsicherungsunternehmen an             unterhalb. Aufgrund des positiven Anstellwinkels des
die BFU erfolgte nicht.                                           Rumpfes ist es sehr wahrscheinlich, dass das Segelflugzeug
                                                                  durch die Instrumententafel verdeckt wurde. Die Sonne
Bezugnehmend auf das oben hergeleitete Auflösungs­                stand zum Ereigniszeitpunkt im Westen relativ flach über
vermögen des Auges hätte die Besatzung des Airbus die             dem Horizont. Eine Sichteinschränkung durch Blendung
LS4 theoretisch ab einer Entfernung von ca. 8 NM sehen            kann in der Kurve auf den Endanflugkurs ebenfalls nicht
können. Aufgrund der Annäherungsgeschwindigkeit des               ausgeschlossen werden.
Airbus von 85 m/s war die LS4 für die Besatzung frühestens
ca. 26 Sekunden vor der Annäherung sichtbar. Laut den             Aufgrund der kleinen sichtbaren Fläche des Rumpfes,
Flugdaten betrug die Annäherungsgeschwindigkeit ca.               verbunden mit der Tatsache, dass sich die LS4 im Gerade­
85 m/s. Gemäß verschiedenen Veröffentlichungen, wie z. B.         ausflug befand, und die Tragflächen somit wahrscheinlich
FAA Advisory Circular 90-48C, beträgt die Zeit zwischen           nicht sichtbar waren, war ein rechtzeitiges Erkennen und
dem Sehen eines Objektes bis zum Ausweichmanöver                  die Durchführung eines Ausweichmanövers unmöglich.
12,5 Sekunden.
                                                                  Aus Sicht der BFU hatte die Besatzung des Airbus allein
Die Pilotin flog mit ihrer LS4 unterhalb des Luftraumes C         auf der Basis des Prinzips „See and Avoid“ keine Möglich­
im Luftraum E in nordwestlicher Richtung. Da sich der             keit, die Annäherung zu verhindern.
Airbus von links hinten annäherte, hatte sie keine Möglich­
keit, diesen vor dem Passieren zu sehen. Somit war sie sich       Da das im Segelflugzeug installierte FLARM nur vor
keiner drohenden Kollisionsgefahr bewusst und konnte              anderen Luftfahrzeugen warnt, wenn diese ebenfalls mit
auch kein Ausweichmanöver einleiten.                              dem gleichen System ausgestattet sind, konnte es ebenfalls
                                                                  nicht zur Vermeidung der Annäherung beitragen. Zudem
                                                                  ist das System für den Segelflug konzipiert. Außerdem
                                                                  wären die Sendereichweiten aufgrund der Annäherungsge­
                                                                  schwindigkeiten, wie sie bei Verkehrsflugzeugen vorliegen
                                                                  i. d. R. nicht ausreichend, um rechtzeitig zu warnen.

                                                                  Dieses Beispiel zeigt in erschreckender Weise die Unzuläng­
                                                                  lichkeit des Systems „See and Avoid“ in bestimmten Situa­
                                                                  tionen. Es zeigt auch, wie schnell eine falsche Einschätzung
                                                                  der Flugrichtung erfolgen kann und selbst die Regeln des
                                                                  Systems selbst (Ausweichen nach rechts) hätten nicht zur
                                                                  Vermeidung, sondern eher zu einem Unfall geführt.

                                                                  Was hätte in diesem Fall vielleicht die Situation entschärft
                                                                  oder gar verhindert?

                                                                  „ Führung des Airbus im Luftraum C
Luftraumkarte Hamburg mit freundlicher Genehmigung der DFS
Deutsche Flugsicherung GmbH. Nicht für navigatorische Zwecke
                                                                  „ Kontaktaufnahme des Segelflugzeuges mit FIS
geeignet.
Quelle: DFS Deutsche Flugsicherung GmbH
                                                                  „ Transponderschaltung des Segelflugzeugs

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