Federico Fellini. Von der Zeichnung zum Film Rudolf Koller. Die Skizzenbücher Emil Bührle und "Die Wahrheit"
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MAGAZIN 2 · MAI 2022 CHF 8.– Federico Fellini. Von der Zeichnung zum Film Seite 10 Rudolf Koller. Die Skizzenbücher Seite 20 Emil Bührle und «Die Wahrheit» Seite 28
EDITORIAL 3 Liebe Mitglieder der Foto © Gelatin, Sofa (2019), Museum für Angewandte Kunst (MAK), Wien; Foto privat Zürcher Kunstgesellschaft Wo steht der schöne Blumenstrauss? – so wurde ich neulich gefragt. Mitten in der Sammlung von Gabriele und Werner Merzbacher, und er ist jede Woche frisch und eine Wucht. Wir freuen uns aufrichtig über den grossen Erfolg des Chipperfield-Baus bei unserem Publikum, er hat seine erste Bewährungsprobe mit Bravour bestanden und geniesst auch international hohe Anerkennung. Die vielen Rückmeldungen spornen uns an zu Verbesserungen der Infrastruktur und der vielfältigen Informationsangebote, natürlich auch zu Bührle, denn zu dem Rüstungskonzern Oerlikon-Bührle und seinem Eigentümer soll weiter geforscht werden, und das finden wir gut, denn je mehr Fakten zutage kommen, desto objektiver kann auch die Geschichte der Sammlung erzählt werden. Im Chipperfield-Bau haben sich die Abläufe eingespielt: Die begeistert aufgenommene Schau von Yoko Ono, die auf erfrischende Weise zeigt, was «interaktiv» heisst, können Sie im neuen Wechselausstellungbereich bis Ende Mai sehen, dann kommt der legendäre Filmregisseur Federico Fellini mit einer noch unbekannten Seite seines Schaffens. Dazu können Sie die Themenausstellung «Kunst und Medizin» im grossen Ausstellungssaal und die wunderbaren Tierzeichnungen von Rudolf Koller im Kabinett besuchen, also: ein super Programm im Kunsthaus; und ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren bewundernswerten Einsatz. Hinter den Kulissen sind wir schon mitten in den Vorbereitungen zur grossen Niki de Saint Phalle-Ausstellung, die gleich nach den Sommerferien startet… Die Zürcher Kunstgesellschaft kann erfreulicherweise weiterhin steigende Mitglieder- zahlen verzeichnen. Gleich ob Sie langjährige treue oder neue Mitglieder sind, nun haben Sie Gelegenheit, das Präsidium der Zürcher Kunstgesellschaft neu zu wählen, und ich lade Sie auf diesem Weg ein, sich an dieser richtungsweisenden Entscheidung rege zu beteiligen. Wenn Sie unser Magazin regelmässig lesen, wissen Sie bestimmt die abwechslungs- reichen Informationen zu schätzen, die es bietet. Es wird ergänzt durch ein breites Online- Angebot zu Veranstaltungen, den Newsletter und vielfältige Social Media-Aktivitäten. Noch immer und hoffentlich noch lange ist das Kunsthaus-Magazin, für dessen sorgfältige und zuverlässige Redaktion ich unseren Kolleginnen und Kollegen an dieser Stelle einmal herzlich danke, ein fester Bestandteil unserer Kommunikation mit Ihnen, für die wir viele positive Rückmeldungen erhalten. Nicht zuletzt: Unseren Ball «The Roaring Twenties», den wir verschieben mussten, wollen wir im Herbst stattfinden lassen, und wir freuen uns, wenn Sie sich Ihre Tickets bald sichern. Ich wünsche Ihnen einen schönen Sommer, und mit Fellini heisst’s am Heimplatz demnächst: E la nave va! Mit herzlichem Gruss Ihr Christoph Becker
6 GUT ZU WISSEN KULTURNEWS Geteilte Affinitäten – Triple Book Launch Mit drei Protagonist/innen, die von Zürich aus die Kultur bewegt haben! This Brunner, Jacqueline Burckhardt und Bice Curiger teilen auch eine enge Verbindung zum Kunsthaus. An diesem Abend werden drei biografisch gefärbte Veröffentlichungen gefeiert, die uns in spannende Geschichten aus der Kunst- und Filmwelt mitreissen. Von und mit This Brunner, Jacqueline Burckhardt und Bice Curiger, im Wort- wechsel mit u. a. Theres Abbt, Mirjam MITGLIEDER Fischer, Cathérine Hug, Dora Imhof und Claude Monet – als Juri Steiner sowie in Anwesenheit der Gestalter/innen Beda Ackermann, Martina Brassel und Marie Lusa. multimediales Erlebnis Eine Zusammenarbeit mit den Kunstfreunden Zürich. Kunsthaus Zürich, Vortragssaal, Freitag, 17. Juni, ab 19 Uhr. Eintritt frei. «Monet’s Immersive Garden» ist eine 360-Grad-Erlebnis reise durch die Geschichte und die Werke eines der grössten Künstlers des vergangenen Jahrhunderts. Vierzig Projektoren erzeugen – in Verbindung mit Musik – eine berauschende Farbwelt und lassen die Gemälde auf aussergewöhnliche Weise lebendig werden. Bis 3. Juli 2022 in der Lichthalle Maag, Zürich. Online-Rabatt für Mitglieder der Zürcher Kunstgesellschaft: CHF 5.– Rabatt auf das Erwachsenenticket mit dem Promocode KH5MG. monets-immersive-garden.ch/kunsthaus Fotos © Franca Candrian, Kunsthaus Zürich KULTURNEWS Provenienzforschung Joachim Sieber, Provenienzbeauftragter des Kunsthaus Zürich und Vorstands präsident des Schweizerischen Arbeitskreis Provenienzforschung wurde vom Parla- mentsdienst des Bundes als Fachexperte zur Frage der Provenienzforschung in der Schweiz an eine Anhörung der «Kommissionen für Wissenschaft, Bildung und Kultur» eingeladen.
GUT ZU WISSEN 7 KULTURNEWS Zurich Art Weekend Das Zurich Art Weekend findet jeweils am Wochenende vor der Art Basel statt: dieses Jahr vom 10. bis 12. Juni. Mit über fünfzig Ausstellungsorten, darunter Museen, Galerien, Off-Spaces und Samm- lungen, bietet es Raum für neue Entdeckungen und internationale Begegnungen. Das Kunsthaus veranstaltet im Rahmen von «Take Care: Kunst und Medizin» spezielle «ZAW»-Events. zurichartweekend.com OBJEKT DER BEGIERDE The Roaring Twenties Ja, wir wagen es! Unseren Kostüm-Ball mussten wir bekanntlich nicht nur einmal verschieben, aber Sie haben uns immer wieder ermuntert, dass wir ihn endlich nachholen. Deshalb haben wir einen neuen Termin ins Auge gefasst: Am Samstag, 1. Oktober wollen wir es in der grossen Halle des Foyers Haefner und im goldenen Fest- saal so richtig glitzern lassen – und natürlich hoffen wir, dass Sie alle dabei sind. Zeit genug, an einem fantasievollen Kostüm zu arbeiten, alles ist möglich, wenn es endlich wieder heisst: Tanzen – tanzen – tanzen, und dann machen Sie unseren prachtvollen Chipperfield-Bau – in einer Premiere – zum Riesenballsaal! 1. Oktober, ab 20 Uhr. Mit Gelegenheit zum Besuch der Sammlungen im 1. Stock des Chipperfield-Baus. Detailprogramm und Vorverkauf ab Juni auf www.kunsthaus.ch. KULTURNEWS Preise: Vorverkauf CHF 50.–, Abendkasse CHF 60.–. Kunstblick Galeriemanager Sascha Worrich und Radiomoderator Andreas Maurer haben einen Podcast gestartet, um SHOP hinter die Kulissen der Kunstwelt zu schauen, mehr über Sammlerinnen Machen Sie sich und Sammler, ihre Leidenschaft auf die Socken! zur Kunst und die Geschichten hinter ihren Kunstwerken zu erfahren. Möchten Sie einen kreativen Farbtupfer im Alltag setzen Sie unterhalten sich mit Kunstlieb mit Ihrem Lieblingskunstwerk aus der Sammlung des habern, sprechen über die Anfänge Kunsthauses? Gemeinsam mit dem Zürcher Label «Dilly ihrer Sammlungen und ihre auf Socks» haben wir eine Sonderedition Kunsthaus-Socken mit regendsten Entdeckungen. Sie wagen Werken von Mondrian, Derain, Klee, van Gogh und Hodler einen Kunstblick in Ateliers, treffen kreiert. Ab sofort in unseren Shops erhältlich. sich mit Künstlerinnen und Ku ratoren und holen sich Tipps von Grössen: 36 – 40 und 41 – 46. Material: 83 % biologische Expertinnen aus Museen, Galerien Baumwolle, 16 % rezykliertes Polyamid, 1 % Elastan. und Auktionshäusern. Spannende Mitglieder: CHF 17.90 anstatt 19.90 (Mitglieder PLUS: CHF 15.90) Einblicke aus der Welt des Kunstmarktes gibt es gratis dazu. www.kunstblick-podcast.com
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AUKTION BASEL 22 . JUNI 2022 MODERNE UND ZEITGENÖSSISCHE KUNST VORBESICHTIGUNG 14.–19. JUNI 2022 GEORG BASELITZ Kullervos Füsse, 1966–1967 Schwarzwaldallee 171 4058 Basel 061 312 32 00 info@bbw-auktionen.com www.bbw-auktionen.com
AUSSTELLUNGEN 11 Federico Fellini 1. Juli – 4. September 2022 KURATORIN Cathérine Hug Von der Zeichnung zum Film 1 Deutsches Filmplakat zu «Il bidone», 1955 Offsetdruck nach einer Zeichnung Fellinis, 83,8 × 59,4 cm Sammlung des Deutschen Plakat Museums im Museum Folkwang, Essen © 2022, ProLitteris, Zurich
12 AUSSTELLUNGEN 2 Danilo Donati, Bischofskostüm (Roter Planet mit Spiegeln), 1972 (Roma) Comune di Rimini - FM Fellini Museum 3 Modeschau der Kleriker, 1972 Offset-Druck, 21,2 × 27,2 cm Fondation Fellini pour le cinéma, Sion © Coll. Fondation Fellini pour le cinéma, Sion (Suisse) 2 AUSSTELLUNGSORT UND KATALOG Die Ausstellung findet im mittel grossen Ausstellungssaal im Chipperfield-Bau auf 600 m2 statt. Begleitend ist im Steidl Verlag der Katalog in deutscher Sprache (215 Seiten, über 250 Abbildungen) erschienen. Die Publikation, die für die Zürcher Station um eine Beilage ergänzt wurde, enthält 3 neue Texte von Tobias Burg, Nora Gomringer, Cathérine Hug und Gérald Morin. Sie ist ab Ausstellungsbeginn im Kunsthaus- Shop erhältlich.
AUSSTELLUNGEN 13 Federico Fellini (1920–1993) zählt zu den bedeutends- IM O-TON MIT EINEM VON FELLINIS ten Regisseuren der Filmgeschichte. Produktionen wie ENGSTEN MITARBEITERN «La strada» (1954), «La dolce vita» (1960), «Amarcord» CATHÉRINE HUG: Fellini schuf Zeichnungen nicht (1973) und «La città delle donne» (1980) sind Filmklas- nur für sich selbst, sondern auch für andere, siker, die unter internationalen Kulturschaffenden dis- um beispielsweise seine Vorstellungen von den kutiert und vom Publikum gefeiert werden. Ihr Thema Kostümen darlegen zu können. reflektiert mit Prägnanz die italienische Gesellschaft, GÉRALD MORIN: Vor den Kostümen kommen erst aber auch westliche Wertevorstellungen des 20. Jahr- einmal die Schauspieler. Fellini ist zum Casting durch hunderts. Was bisher wenig bekannt ist: Fellini war von ganz Italien gereist. In den Zeitungen stand dann, dass Jugend an auch ein unermüdlicher Zeichner, der seine Fellini eine dicke Frau sucht, oder eine riesenhafte und Träume und Ideen zuerst mit Filzstift, Kugelschreiber so weiter. Er sieht sich dann Theater- und Filmschau- oder Fineliner auf Papier skizzierte, bevor er sie am Set spieler an, aber auch Menschen, die keine professionel- in Szene setzte und auf Zelluloid bannte. len Schauspieler sind. Er verbringt viel Zeit mit ihnen und macht Fotos. Sein Fotoarchiv umfasst schliesslich ÜBER DIE ZEICHNUNG fast 50 000 Abzüge. Er will nicht, dass ein Schauspieler ZU DEN FIGUREN IM FILM die Rolle spielt, er möchte, dass die Person, die er Neben einzelnen Szenen oder Ausstattungsdetails galt gefunden hat, diese Rolle verkörpert! Sobald er Men- sein Interesse dabei in erster Linie den Figuren, die schen – Profis oder Amateure – gesehen hat, beginnt er seine Filme bevölkern. Er entwickelte Vorstellungen sie zu zeichnen. Durch das Zeichnen versucht er, den von einer Rolle unter anderem dadurch, dass er sie Charakter der Person zu «synthetisieren». In dem zeichnete. Diese schnellen Skizzen dienten ihm selbst zur Orientierung, fanden aber auch Verwendung, um dem Filmteam seine Ideen zu veranschaulichen. Fellinis künstlerische Prägung – er war zuerst als Kari- katurist und Erfinder humoristischer Zeichnungen für Zeitungen tätig – brachte es mit sich, dass auch seine Filmzeichnungen einen deutlichen Zug ins Karikatu- renhafte, bisweilen Groteske haben. Es ist dieser spezi- fische Stil, der die Zeichnungen unabhängig von den filmischen Werken zu künstlerisch bemerkenswerten, eigenständigen Schöpfungen macht. Die Ausstellung umfasst rund 500 Exponate: Zeich- nungen, Set-Fotografien sowie Filmrequisiten. Das Kunsthaus hatte 1984 unter der Ägide von Toni Stooss eine solche Präsentation zu Lebzeiten des Regisseurs gezeigt. Zuletzt hatte Sam Stourdzé Fellinis Gesamt- werk am Jeu de Paume in Paris 2009 gewürdigt. Der Grossteil der Exponate in unserer Ausstellung machen Zeichnungen aus der Zürcher Sammlung von Jakob und Philipp Keel aus; ergänzt werden die Zeichnungen durch eine ebenso grosse Anzahl von überwiegend schwarz-weissen Set-Fotografien von Mimmo Cattarinich, Osvaldo Civirani, G. B. Poletto, Pierluigi Praturlon und Tazio Secchiaroli. Gemeinsam mit den Filmausschnitten machen diese Fotos im Zusammen- spiel mit den Zeichnungen die Arbeitsweise Fellinis auf lebendige Weise nachvollziehbar. Im Vergleich zum Kooperationspartner Museum Folkwang in Essen, wo die Ausstellung bis zum 20. Februar 2022 gezeigt wurde, wird die Auswahl im Kunsthaus Zürich um rund 40 zusätzliche Leihgaben erweitert: Diese Kostüme, Requisiten, Casting-Briefe und Fotografien stammen aus der Fondation Fellini pour le cinéma in Sion, dem Federico Fellini, Ohne Titel (Gelsomina am Meer), 1953–1954 (La strada) 2021 eröffneten Fellini Museum in Rimini sowie aus Filzstift und Fineliner, 29,7 × 21 cm dem Privatbesitz des Dirigenten Graziano Mandozzi. Sammlung Jakob und Philipp Keel, © 2022, ProLitteris, Zurich
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AUSSTELLUNGEN 15 Tagebuch, das ich von Fellini habe, befinden sich unter Leute, die echte Lebenserfahrung hatten. Models hin- anderem zwei Zeichnungen. Die erste Zeichnung, da- gegen und die ganze Künstlichkeit, die sie verkörpern, tiert vom 24. Mai 1975, ist eine Karikatur von Donald mochte er überhaupt nicht (mit ein paar Ausnahmen), Sutherland, der noch nicht Casanova ist. Zwei Monate weil das für ihn unecht war. Was er liebte, war das Le- später, am 21. Juli 1975, zeichnete er ihn erneut, dies- ben in vollen Zügen ohne Selbstzensur. Er bewunderte mal jedoch als Casanova. Deshalb zeichnet er schon bei Frauen, die ihr Leben in Fülle leben, ein bisschen wie den Castings, er möchte sehen, wie diese Person in ei- prähistorische Göttinnen – diejenigen, die grosszügig ner bestimmten Rolle aufgeht. Für Fellini ist das die geben. Andererseits sagte er auch, dass es während des wichtigste Funktion der Zeichnung. Dann ist sie aber Krieges an Lebensmitteln gefehlt hat und einem zur natürlich auch bei den eigentlichen Filmarbeiten nütz- gleichen Zeit unter dem Druck des Katholizismus die lich. Er gibt die Zeichnungen den Maskenbildnern, aber Freude am Sex genommen wurde, die ganze vitale und auch den Kostümbildnern. Auch bei den Bühnenbil- schöpferische Kraft der Sexualität wurde unter den dern nutzt er die Zeichnung, um seine Ideen anschau- Teppich gekehrt. Als man dann nach dem Krieg endlich lich zu machen. die Möglichkeit hatte, wieder etwas zu essen, gab es riesige Teller mit Spaghetti. Es ist dasselbe mit den CH: Im Werk Fellinis gibt es viele erotische und monumentalen Brüsten, man wollte das, was man ver- sogar exzessive Zeichnungen, die Frauen mit passt hatte, alles in enormem Umfang. Darüber hinaus riesigen Brüsten oder Männer mit gigantischen zeugen viele seiner erotischen Zeichnungen von einem Geschlechtsorganen zeigen. Waren das persönli- ausgeprägten Sinn für Humor. Fellini hat eine Reihe che Zeichnungen, die er so vielleicht nicht ge- von Zeichnungen angefertigt, auf denen eine narzissti- macht hätte, wenn sie von Anfang an auch für sche Figur mit einem riesigen erigierten Penis zu sehen andere Augen bestimmt gewesen wären? Viel- leicht hatten sie für ihn auch einen selbstironi- schen Aspekt? Oder hatte es auch etwas mit der Hippie-Ära und der sexuellen Revolution der 1960er-Jahre zu tun? Hat er auch ein wenig diese Atmosphäre der Freiheit empfunden? GM: Ja und nein. Natürlich erlebte er als Kind und Jugendlicher die Unterdrückung durch den Katholizis- mus und den Faschismus. Karikaturist bei einer Satire- zeitschrift zu sein, das war schon eine Befreiung. Und wenn er grosse Brüste zeichnete, dann deshalb, weil er das Leben in all seinen Spielarten mochte. Er liebte 4 Federico Fellini, Anita vestita da prete, 1959–1960 (La dolce vita) Filzstift und Fineliner, 29,7 × 21 cm Sammlung Jakob und Philipp Keel © 2022, ProLitteris, Zurich 5 Federico Fellini, La passeggiata in carrozza con lo zio matto, 1972–1973 (Amarcord) Filzstift und Fineliner, 28 × 21,5 cm Sammlung Jakob und Philipp Keel © 2022, ProLitteris, Zurich 5
16 AUSSTELLUNGEN ist, auf dem eine Kamera sitzt, die in Richtung des Gesichts zeigt, damit sich der Narzisst selbst foto VERANSTALTUNGEN grafieren kann. Das ist seine eigene Art, die Dinge ins Filmscreening mit rechte Licht zu rücken. anschliessendem Gespräch Freitag, 1. Juli, 18.15 – 20.15 Uhr «Auf den Spuren von Fellini» (2013), Interview-Auszug aus dem Ausstellungskatalog. Morin war ein Dokumentarfilm von Gérald von 1971 bis 1977 Privatsekretär Fellinis sowie dessen Morin. Gespräch zwischen Gérald Assistent bei «Amarcord» und «Casanova». 2013 kam sein Morin, Regisseur und ehemaliger Assistent von Fellini, Künstler und Dokumentarfilm «Auf den Spuren Fellinis» heraus, der Verleger Philipp Keel und Fellinis im Rahmen der Ausstellung gezeigt wird. Kostümbildnerin Gabriella Pescucci, moderiert von der Kunsthistorikerin Giorgia von Albertini. Die Ausstellung wird unterstützt von der Truus und Gerrit van Riemsdijk Stiftung und der Dr. Georg und In Bildern denken Josi Guggenheim-Stiftung. 14. Juli / 31. August, 18 –19.30 Uhr Verschiedene Formen von Visuali- sierungen: Von der Idee bis zum Film. Gespräch in der Ausstellung mit den Regisseuren Pierre Monnard (14.7.) und Stefan Haupt (31.8.). Open-Air-Kino im XENIX Mittwoch, 10. August, 21.15 Uhr Federico Fellinis «Le notti di Cabiria» (1957). Mit Giulietta Masina, François Périer, Amedeo Nazzari, Franca Marzi, Aldo Silvani, Dorian Gray. Panel-Diskussion Freitag, 26. August, 18.15 –19.45 Uhr «Sex Appeal?». Kritische Debatte über das Problematische und gleichsam Visionäre bei Fellinis Frauen- wie Männerfiguren. Es diskutieren die Comedy-Künstlerin Patti Basler, Stefan Zweifel, Kurator der Ausstellung «Der erschöpfte Mann» (Nationalmuseum, 2020), und Cathérine Hug, Kuratorin der Fellini-Ausstellung im Kunsthaus Zürich. Moderiert wird das Gespräch von der Journalistin Marguerite Meyer. 6 6 Brief an Fellini von einem unbekannten Künstler mit dem Pseudonym OT, 12.1.1973 Fonds Gérald Morin, Fondation Fellini pour le cinéma, Sion Foto © Coll. Fondation Fellini pour le cinéma, Sion (Suisse) 7 Foto eines unbekannten Künstlers mit dem Pseudonym OT, 1973 Fonds Gérald Morin, Fondation Fellini pour le cinéma, Sion Foto © Coll. Fondation Fellini pour le cinéma, Sion (Suisse) 7
KOETSER GALLERY FRANS HALS 1582/83 – Haarlem – 1666 Porträt eines jungen Mannes, seine Handschuhe haltend Öl auf Holz, oval, 25 x 18.5 cm Kürzlich verkauft an die Sammlung Rose-Marie und Eijk van Otterloo, bestimmt für das Centre for Netherlandish Art (CNA) im Museum of Fine Arts, Boston, USA ANFRAGEN: DAVID KOETSER, TALSTRASSE 37, 8001 ZURICH, SCHWEIZ T : +41 44 211 52 40 E : DAVID@KOETSERGALLERY.COM KOETSERGALLERY.COM
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FERDINAND HODLER. Bachbett bei Champéry. 1916. Öl auf Leinwand. 60,5 × 79 cm Bätschmann/Müller 563. Auktion Juni 2022 AUKTIONEN 16. UND 17. JUNI 2022 KUNST DES 19. BIS Kataloge online und 21. JAHRHUNDERTS auf Bestellung erhältlich ab Mitte Mai AUKTIONSAUSSTELLUNGEN ZÜRICH Ausgewählte Werke, 31. Mai bis 2. Juni, täglich von 12 bis 19 Uhr BERN Sämtliche Werke, 8. bis 15. Juni, täglich von 10 bis 18 Uhr GALERIE KORNFELD • BERN KENNERSCHAFT UND TRADITION SEIT 1864 Laupenstrasse 41 | 3001 Bern | Tel. +41 (0)31 381 46 73 | galerie@kornfeld.ch | www.kornfeld.ch
20 AUSSTELLUNGEN Rudolf Koller Die Skizzenbücher Eine Ausstellung gibt Einblicke in die Welt seiner privaten Skizzen 20. Mai – 14. August 2022 KURATOR Jonas Beyer
AUSSTELLUNGEN 21 1 «Das Andenken Rudolf Kollers ist den Zür- künstlerischen Reichtümer sich hier aller- Publikum die Möglichkeit zu eröffnen, chern teuer. Seine Gotthardpost ist das dings zwischen jeweils zwei Buchdeckeln einzelne Etappen in der Bildfindung direkt meistgesuchte, meistreproduzierte Bild verbergen, wird spätestens in dieser Aus- nachzuvollziehen. des Zürcher Kunsthauses, trotz Böcklin, stellung in ganzer Fülle nachvollzogen Diese Rundumschau bildet den trotz Munch oder Cézanne.» Diese Aus- werden können. Schluss- und Höhepunkt eines von der sage, die vom damaligen Direktor des Stiftung Familie Fehlmann grosszügig Kunsthauses René Wehrli stammt, datiert VON SKIZZEN ZU ÖLSTUDIEN geförderten Restaurierungs- und Digitali- auf das Jahr 1966. Unsere Ausstellung bietet die einmalige sierungsprojektes (siehe hierzu den nach- Während die «Gotthardpost» noch Gelegenheit, dem Künstler dabei nachzu- folgenden Beitrag), so dass die Skizzen- heute ein Publikumsmagnet ist, hat sich spüren, wie er den Skizzenbüchern seine seither einiges getan und viele Bilder des zeichnerischen Einfälle anvertraut hat. Künstlers haben ihren Weg ins Depot ge- Diese reichen von spielerischen Finger- nommen. Auch die Skizzenbücher, immer- übungen bis hin zu detaillierten, bildmäs- hin besitzt das Kunsthaus 67 der insge- sig ausgeführten Zeichnungen. Zudem samt erhaltenen 85 Bücher, können aus werden Kollers Skizzenbücher in einen 1 Rudolf Koller, Ruhender Löwe Aus: Skizzenbuch P 65, fol. 2, 1851/1855 konservatorischen Gründen immer nur Dialog zu dessen Ölstudien gesetzt, etwa Grafitstift auf Papier, 13,8 × 38 cm auszugsweise vorgestellt werden. Welche zu jenen der «Gotthardpost», um dem Kunsthaus Zürich, 1905
22 AUSSTELLUNGEN bücher nun in frischem Gewand präsen- tiert werden können. An eigens für die Ausstellung eingerichteten Medienstatio- nen wird das Publikum zudem durch aus- gesuchte Skizzenbücher blättern und so- mit vor Ort die Vorzüge nacherleben kön- nen, die die Digitalisierung der Bücher mit sich gebracht hat. Ob mit Grafitstift, Feder oder Kohle gezeichnet – die Besucherinnen und Besu- cher erwartet die ganze Vielfalt von Kollers grafischen Ausdrucksmitteln. Dank der dabei offenbar werdenden zeichnerischen Könnerschaft sehen wir einen Künstler am Werk, der mit der Bezeichnung «Tierma- ler» zweifellos nur unzureichend charak- terisiert wäre. Gerade im Medium der Zeichnung zeigt sich Koller ausgesprochen beweglich und in hohem Masse experi- mentierfreudig. Diese Seite des Künstlers 2 herauszustellen, war zentrales Anliegen bei der inhaltlichen Ausrichtung unserer Ausstellung. KATALOG Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Beiträgen von Jonas Beyer, Silvan Faessler, Rebecca Honold und Simone-Tamara Nold (Verlag Scheidegger & Spiess), erhältlich im Buchhandel und im Museumsshop. 2 Rudolf Koller, Erste Skizze zur «Gotthardpost», 1873 Öl auf Leinwand, 32,5 × 41 cm Kunsthaus Zürich, Gottfried Keller- Stiftung, Bundesamt für Kultur, Bern, 1896 3 3 Rudolf Koller, Studie zu «Idylle am Hasliberg» Aus: Skizzenbuch P 28, fol. 4, vor 1864 Grafitstift auf Papier, 28,2 × 21,8 cm Kunsthaus Zürich, 1905
RESTAURIERUNG 23 Ein Digitalisierungs- und Restaurierungsprojekt TEXT Jonas Beyer / Rebecca Honold Die Grafische Sammlung des Kunsthaus Zürich be- sitzt eine grosse Anzahl an Skizzenbüchern von ganz unterschiedlichen Künstlern. Gerade was den Um- fang an Skizzenbüchern von Schweizer Meistern angeht, ist das Kunsthaus Zürich gut aufgestellt, um mit Otto Frölicher, Johann Gottfried Steffan und Adolf Stäbli nur einige Namen zu nennen. Der weit- aus reichste Bestand aber liegt mit den Skizzenbü- chern Rudolf Kollers vor. Für die Sichtung der 67 Bände aus allen Schaffensperioden des Künstlers müsste viel Zeit im Studiensaal der Grafischen Sammlung aufgewendet werden. Doch nicht nur die schiere Menge erschwert den Zugang zu Kollers Skizzen, sondern auch der Fakt, dass bei Büchern jeweils nur eine aufgeschlagene Doppelseite in einer Ausstellung präsentiert werden kann. Dem Publikum bleibt daher das Gros der in diesen Büchern befindlichen Zeichnungen verbor- Aufnahmesituation im Digitalisierungszentrum der Zentralbibliothek Zürich Foto © Peter Moerkerk gen. Vermutlich wurden deshalb im frühen 20. Jahr- hundert zahlreiche Seiten aus den Büchern entnom- men und damit empfindlich in die ursprüngliche Anlage dieser Bände eingegriffen. Im Katalog «Meis- terwerke aus der Graphischen Sammlung» von 1984 heisst es diesbezüglich: «Eine Auswahl der besten Studien [aus Kollers Skizzenbüchern] werden ein- der Einband seine Funktion, den Zusammenhalt und zeln aufbewahrt und für Ausstellungen bereitgehal- den Schutz der Blätter sicherzustellen, nicht mehr ten.» erfüllen. Der dritte Umstand, der den Zugang zu den Skiz- Nachvollziehbar ist das insofern, als Skizzenbü- zen erschwert, ist der schlechte Zustand einiger cher bereits zu Lebzeiten eines Künstlers oder einer Skizzenbücher. Während die Mehrzahl der Bände nur Künstlerin grossen Strapazen ausgesetzt sind. Sie kleine Schäden am Einband aufweisen, sind einige werden auf Reisen mitgenommen und sind beim wenige Exemplare so stark beschädigt, dass bereits Skizzieren Wind und Wetter ausgesetzt. Es ist also ein vermeintlich einfaches Umblättern das Risiko wenig erstaunlich, dass die Spuren davon an den von weiteren Schäden birgt. In diesen Fällen kann Einbänden der Bücher sichtbar sind. Auch der Zu-
24 RESTAURIERUNG stand der herausgelösten Einzelblätter ist bei Koller den diese Rohdaten von einer eigens für dieses Pro- von der Geschichte ihrer Handhabung geprägt. jekt angestellten Mitarbeiterin. Durch das Entfernen aus den Büchern und das Mon- Waren die Einzeleinträge erst einmal in unserer tieren in Passepartouts finden sich Papier- und Kle- Museumsdatenbank erfasst und pro Buch miteinan- berückstände auf den Zeichnungen, die Spannungen der verknüpft, so fehlte nur noch ein einziger Schritt: und Verwerfungen auslösen. Die Datensätze mussten mit der Open Source-Soft- ware «Goobi» gekoppelt werden, die das Kunsthaus ERLEICHTERTER ZUGANG Zürich schon seit Längerem für die Darstellung Ziel unseres Projektes bestand darin, den Zugang zu mehrteiliger Objekte verwendet. Dank dieser tech- Kollers Skizzenbüchern zu vereinfachen und lang- nischen Infrastruktur sind bereits Publikationen des fristig sicherzustellen. Der Weg dahin führte über die Dadaismus oder Künstlerbriefe aus dem Museums- Digitalisierung und Restaurierung der Bände. So archiv virtuell einsehbar – nun ergänzt um Einblicke wird es künftig einen einfacheren, das heisst eben in künstlerisch wertvolle Skizzenbücher. auch digitalen Zugang zu den Werken geben. Bereits Dank der engen Zusammenarbeit von Grafischer heute lassen sich zehn Bücher über «digital.kunst- Sammlung und Restaurierungsabteilung liefen In- haus.ch» virtuell durchblättern, weitere sollen fol- ventarisierung, Digitalisierung und Restaurierung gen. Unser Ehrgeiz erstreckte sich auch darauf, den von Kollers Skizzenbüchern Hand in Hand. Das einstigen Gesamtzusammenhang der Skizzenbücher Ergebnis spricht für sich: Der Bestand erhält durch zumindest virtuell wiederherzustellen. So werden den digitalen Zugang eine höhere Sichtbarkeit und die digitalisierten Skizzenbücher dank der Integra- gleichzeitig wird der Erhalt der originalen Skizzen- tion jener einst entnommenen Einzelseiten im Netz bücher für die nächsten Generationen sicherge- wieder als ein in sich geschlossenes Ganzes erfahr- stellt. bar. Bei den Originalen bleiben zwar die herausgelös- Ermöglicht wurde dies durch die grosszügige ten Skizzen weiterhin von ihren ursprünglichen finanzielle Unterstützung der Stiftung Familie Einbänden getrennt. Die Restaurierung garantiert Fehlmann, Winterthur. jedoch die langfristige Erhaltung sowie gefahrlose Benutzung auch der originalen Bände und Einzelsei- ten. Zwei freiberufliche Restauratorinnen, speziali- siert auf die Behandlung von Kunstwerken auf Papier beziehungsweise Bücher, bearbeiteten die Einzel- blätter und Skizzenbücher in ihren jeweiligen Ateliers. Zum Schutz erhielten die Werke nach ab geschlossener Restaurierung Umschläge bzw. Karto- nagen aus alterungsbeständigem Material. Auch die verschiedenen Arbeitsschritte, die es brauchte, um die Bücher im digitalen Raum zu nut- zen, wurden auf verschiedene Schultern verteilt: Während sich die Bücher im Digitalisierungszentrum der Zentralbibliothek Zürich scannen liessen, konn- ten die entnommenen Skizzenbuchseiten von unse- rem technischen Mitarbeiter hausintern fotografiert werden. Zusammengeführt und pro Seite mit jeweils einem Eintrag in unserer Datenbank versehen, wur- Auswahl an Skizzenbüchern Rudolf Kollers Foto © Franca Candrian, Kunsthaus Zürich
Gerhard Richter. Kine. 1995. Öl auf Leinwand. Verso signiert und nummeriert. 124 × 90 cm. Schätzung: CHF 3 000 000 / 5 000 000. MODERNE & ZEITGENÖSSISCHE KUNST Auktionen in Zürich: 30. Juni / 1. Juli 2022 Koller Auktionen · Hardturmstrasse 102 · 8031 Zürich Tel. +41 44 445 63 63 · office@kollerauktionen.ch www.kollerauktionen.ch
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28 SAMMLUNG 1 Emil Bührle und « Die Wahrheit » TEXT Philippe Büttner Aktuell sind im Erdgeschoss des Müller-Baus Werk- gruppen aus der Sammlung zu verschiedenen thema- tischen Schwerpunkten zu sehen. Eine Rolle spielen dabei u. a. auch Emil Bührle und die Kontroverse um die Präsentation von Werken aus seiner Sammlung 1 Ferdinand Hodler, Die Wahrheit, 1902 Kunsthaus Zürich, Geschenk der Erben Alfred Rütschi, 1929 im Kunsthaus. Otto Charles Bänninger, Kopf Emil G. Bührle, 1956 Ein Hauptwerk der Accrochage ist die 1902 ent- Kunsthaus Zürich, Leihgabe der Stadt Zürich, 1958 © Nachlass Otto Charles Bänninger standene erste Fassung von Ferdinand Hodlers sym- 2 bolistischer Komposition «Die Wahrheit». Hodler Oskar Kokoschka, What We Are Fighting For, 1943 Öl auf Leinwand, 116,5 × 152 cm hat die Wahl dieses Titels 1904 mit der französischen Kunsthaus Zürich, Geschenk Wilhelm Wartmann, Direktor des Kunsthauses 1908 – 1950, 1950 Dreyfus-Affäre in Verbindung gebracht. Es handelte © Fondation Oskar Kokoschka / 2022, ProLitteris, Zurich sich dabei um ein auf antisemitischer Verleumdung
SAMMLUNG 29 basierendes Militärgerichtsverfahren gegen den Von besonderem Interesse ist diesbezüglich das Hauptmann Alfred Dreyfus, das die französische in die Accrochage integrierte, wohl in den 1930er- Gesellschaft stark polarisierte. Jahren entstandene Gemälde «Fabrik II» des Zürcher Wir sehen hier also einerseits die ätherisch-reine Malers Max Billeter. Nach Information der Lebens- Gestalt der «Wahrheit» – andererseits aber deren gefährtin des Künstlers, Ursula Rüefli, zeigt es vom Licht des Wahren geblendeten Feinde. Diese «Arbeiter in der Frühe (Oerlikon)». Nicht unwahr- antithetische Konstellation erinnert ein wenig an die scheinlich also, dass hier die Fabrik Bührles darge- zugespitzte Darstellung des Einzugs von Werken der stellt ist. Hier wären sie also, einige dieser Bührle-Stiftung ins Kunsthaus Zürich, wie sie in den Arbeiterinnen und Arbeiter, die nota bene mit ihrer vergangenen Monaten in den Medien zu beobachten Arbeit eine der Grundbedingungen dafür schufen, war. Mit ihrer medialen Kampagne haben die Kriti- dass heute im Kunsthaus hochkarätige Kunstwerke kerinnen und Kritiker von Kunsthaus und Bührle- aus der Sammlung Bührle zu sehen sind. Wie würde Stiftung eine starke Wirkung auf die Öffentlichkeit ihnen der Erweiterungsbau des Kunsthauses wohl ausgeübt. Es wurde ein nochmals erweiterter Blick gefallen? Demgegenüber zeigt das daneben hän- auf die Konstellation Bührle/Kunsthaus erzwungen, gende Bild «Masse» von Otto Baumberger Arbeits- der wohl unausweichlich und wichtig war. Zugleich lose während der Genfer Unruhen von 1932. wurden die oft einseitig formulierten Stellungnah- Ebenfalls zu sehen sind drei bedeutende Kriegs- men der komplexen Thematik als Ganzer zumeist bilder aus der Sammlung, eines von Oskar Kokoschka kaum gerecht. und zwei von Marc Chagall. Vor dem Hintergrund Emil Bührle selber ist in der Accrochage mit einer der Thematik von Raub- und Fluchtgut, wie sie für Gipsversion seines von Otto Charles Bänninger mo- einen begrenzten Teil der im Kunsthaus gezeigten dellierten Kopfes vertreten. Bührle ist und bleibt für Werke der Bührle-Stiftung von Belang ist, wird man Zürich, das Kunsthaus und die Schweiz eine höchst vor diesen Bildern insbesondere der Evokation der widersprüchliche Figur. Auf der einen Seite ist er Judenverfolgung gewahr werden: In seinen beiden u. a. aufgrund seiner Waffenverkäufe an die Natio- Bildern «Le Martyr» (1940) und «La Guerre» (1964– nalsozialisten, seinem Erwerb von Raubkunst und 1966) evoziert Chagall deren Präsenz anhand von Fluchtgut während des Kriegs und seinem Ausnut- Szenen im russischen Witebsk seiner Kindheit zen von Zwangsarbeit bis heute zu Recht sehr um- (heute Belarus). Kokoschkas radikales, 1943 in Lon- stritten. Auf der anderen Seite war Bührle ein mass- don entstandenes Bild «What We Are Fighting For» geblicher Mäzen des Kunsthaus Zürich. Auch wer prangert jeglichen Krieg und die sozialen Zustände ihm vorwirft, er habe damit nur sein Image aufpolie- an, die dazu führen. In ihm ist eine Figur mit er- ren wollen, wird zugeben müssen, dass er damit viel hobenen Armen zu sehen, die mit den Buchstaben für die Kunststadt Zürich getan hat. «P. J.» bezeichnet ist. Sie stehen für «Perish Judah», den Slogan einer antisemitischen britischen Grup- AMBIVALENZ UND KEIN ENDE pierung. Diese Bilder erhalten heute angesichts des Insbesondere gäbe es ohne ihn den 1958 eröffneten russischen Angriffs auf die Ukraine über ihre spezi- grossen Ausstellungssaal des Kunsthauses nicht. In fischen historischen Inhalte hinaus eine erneuerte, völliger künstlerischer Freiheit konnte das Kunst- universelle Aktualität. haus dort seit Jahrzehnten zahllose, zum Teil welt- weit als vorbildlich wahrgenommene Ausstellungen 2 durchführen. Viele Besucherinnen und Besucher haben in diesem Saal die freie Stimme, die verän- dernde Kraft der Kunst vernommen. Und das gilt bis heute. Erkenntnisgewinn, erwachsen aus dem mäzena- tischen Tun eines ruchlosen Waffenfabrikanten? Kein sympathischer Gedanke, aber so viel Ambiva- lenz gilt es in dieser Geschichte wohl tatsächlich auszuhalten. Dazu kommt noch ein weiteres ambi- valentes Bührle-Thema, mit dem man sich in Zürich und der Schweiz nicht nur leichttut: Bührle war während Jahrzehnten der wichtigste private Arbeit- geber in Zürich. Tausende von Arbeitnehmenden waren in seiner Fabrik tätig und verdienten sich so ihren Lebensunterhalt.
30 ANZEIGEN PRIVATE UND iten STIFTUNGEN R E A L E S TAT E FA M I LY O F F I C E VERTRAUEN UNS IHR IMMOBILIEN- PORTFOLIO AN. itengroup.ch WIR UNTERSTÜTZEN UNSERE GÄSTE, LÄNGER UND BESSER ZU LEBEN – SCHON SEIT 90 JAHREN «Kunst geben - Lüften Sie das Geheimnis des Wohlbefindens: Entdecken Sie unsere renommierte Revitalisierung und die neuen 5-Tage-Programme viel bewegen» Energizing Wellness und Immunity Boost. G emeinsam für das Kunsthaus Zürich Seit 1917 fördert die Vereinigung Zürcher Kunstfreunde das Kunsthaus Zürich und damit auch das kulturelle Leben in der Limmat Stadt. Werden Sie Mitglied und profitieren Sie von vielen Vorteilen: cliniquelaprairie.com Eine Übersicht aller Vorteile finden Sie unter www.kunstfreunde-zuerich.ch/mitglied-werden. Jungmitglieder bis 40 Jahre profitieren von einem exklusiven Zusatzprogramm. Gerne beantworten wir Ihre Fragen auch persönlich: Contact@kunstfreunde-zuerich.ch, telefonisch unter 044 253 84 79 oder folgen Sie uns in den sozialen Medien: Clinique La Prairie | 1815 Clarens-Montreux @kunstfreundezuerich +41 21 989 34 81 | info@laprairie.ch
GALERIA KOGAN AMARO 5. März – 4. Juni 2022
32 RESTAURIERUNG Das Werk «Untitled (White, Blacks, Grays on Maroon)» von 1963 von Mark Rothko ist eines der ganz grossen Highlights in der Sammlung des Kunsthaus Zürich. Es steht Sonderprojekt in Rothkos Œuvre am Anfang einer Reihe von dunklen Werken, die etwas später zur berühmten «Rothko Chapel» in Houston führten. Rothko STAUBIGE OBERFLÄCHE, VERÄNDERTE FARBWAHRNEHMUNG Mit seiner Maltechnik, Farbschicht um Farbschicht auf- und aneinander zu setzen und ineinander verschwimmen zu lassen, TEXT Tobias Haupt schuf er seine unverkennbaren samtigen Oberflächen, die den Betrachtenden noch heute in den Bann ziehen. Die überwie- gend matten und sehr dunklen Farbfelder sind allerdings auch enorm empfindlich gegenüber mechanischen Einwirkungen jeglicher Art. So verursacht bereits jeder kleine Kratzer, jede Berührung Glanzbil- Mark Rothko, Untitled (White, Blacks, Grays on Maroon), 1963 dung. Um den ausserordentlich guten Er- Öl auf Leinwand, 227 × 175 cm Kunsthaus Zürich, 1971, © 1998 Kate Rothko Prizel & Christopher haltungszustand des Rothko-Gemäldes Rothko / 2022, ProLitteris, Zurich
RESTAURIERUNG 33 nicht aufs Spiel zu setzen, war das Werk deshalb in den vergangenen dreissig Jah- ren lediglich dreimal auf Reisen. Ausser- dem war bei den Kunsthaus-Restaurato- rinnen und -Restauratoren der Respekt vor der empfindlichen Oberfläche so gross, dass das Gemälde bei der wöchent- lichen Galeriepflege im Museum nicht abgestaubt wurde, was über die Jahre zu einer – inzwischen deutlich wahrnehmba- ren – Staubschicht auf der Gemäldeober- fläche geführt hat. OBERFLÄCHENREINIGUNG, ABER WIE? Durch die Aufnahme in das «Bank of Ame- rica Art Conservation Project» bestand die links: Zerstörungsfreie Pigmentanalyse mit Micro-XRF- Gelegenheit, sich mit Zeit und Konzentra- Spektrometer tion der extrem heiklen Oberflächenreini- rechts: Oberflächenreinigung am gung zu widmen und das Gemälde für die Werk mit dem Luftpinsel Neupräsentation im Chipperfield-Bau vorzubereiten. Ziel war es, nach einer Recherche zu den in Frage kommenden Reinigungsver- fahren die optimale Methode für die Ober- flächenreinigung von «White, Blacks, Grays on Maroon» zu finden. Wichtige die samtige Oberflächenwirkung und scher Begriff für sehr verschiedene Farb- Inputs lieferte hierzu vor allem der fachli- dunkle Tiefe wiederherzustellen. töne verwendet wurde, so dass mit Ma- che Austausch mit anderen Restauratorin- roon nicht zwingend ein Braunton ge- nen und Restauratoren in Europa und den MAROON, ABER WO? meint sein muss. USA, die an ihren Museen und Sammlun- Ausserdem sollte die seit Langem im Die Ergebnisse der Analysen, v. a. auch gen jeweils wertvolle Erfahrungen bei der Raum stehende Frage geklärt werden, wa- mit dem Wissen um die Rothko’sche Ver- Oberflächenreinigung an Rothko-Gemäl- rum zwar im Titel «Maroon» vorkommt, wendung des Begriffs «Maroon», sind den gesammelt hatten. Dieser fachliche ein «Kastanienbraun» im überwiegend dann doch nicht so eindeutig, dass man Austausch machte sehr deutlich, dass der schwarzen Bild aber nicht sichtbar ist. eine durch zu viel Licht hervorgerufene Respekt vor den empfindlichen Oberflä- Aufgrund seiner fast ununterbrochenen Farbveränderung von einem ursprüngli- chen völlig zurecht bestand, und dass die Ausstellungsgeschichte im Kunsthaus Zü- chen Braun zum heutigen Schwarz tat- bevorstehende Reinigung ausschliesslich rich wurde vermutet, dass es zu lichtindu- sächlich hätte belegen können. trocken und möglichst berührungsfrei er- zierten Farbveränderungen gekommen folgen sollte. sein könnte. Die ausführlichen, zerstö- EINZUG IN DEN CHIPPERFIELD-BAU In verschiedenen Versuchsreihen rungsfreien Pigment-Analysen mittels Um Transporterschütterungen zu vermei- wurde schliesslich eine Reinigungsme- Mikro-Röntgenfluoreszenzspektroskopie den, wurde rückseitig ein Schwingschutz thode entwickelt und verfeinert, die einen (Mirco-XRF), welche im Frühsommer aus Polyesterwatte sowie ein neuer Rück- weichen Pinsel um einen kontrolliert ge- 2021 in Kollaboration mit dem Schweize- seitenschutz aus Museumskarton ange- führten Luftstrahl ergänzte. Der aus einer rischen Institut für Kunstwissenschaft bracht. Seit Oktober 2021 ist das Werk an Flachstrahldüse austretende Luftstrom (SIK-ISEA) und dem Schweizerischen seinem neuen Platz im Chipperfield-Bau bewirkte, dass sich zwischen den Spitzen Nationalmuseum durchgeführt wurden, ausgestellt. Dank der behutsamen Ober- Fotos © Franca Candrian, Kunsthaus Zürich der Pinselhaare und der Gemäldeoberflä- lieferten klare Hinweise auf eine Verwen- flächenreinigung kann dort nun sowohl che jeweils ein kleines Luftkissen bildete, dung von lichtempfindlichen Rotpigmen- die Qualität als auch der ausserordentlich so dass die Pinselhaare die empfindliche ten. Eine Farbausmischung von Rot und gute Erhaltungszustand dieses fantasti- Gemäldeoberfläche kaum berührten. In Blau könnte demnach durchaus eine Art schen Gemäldes wieder völlig ungetrübt dieser Kombination war es möglich, den Braun ergeben haben. Allerdings zeigten bewundert werden. auf der Oberfläche anhaftenden Staub na- Literaturrecherchen und Diskussionen hezu berührungslos zu entfernen, keine mit Kunsthistorikern, dass der Begriff Unterstützt durch das «Bank of America Reibung und damit Glanz zu erzeugen und «Maroon» von Rothko wohl als generi- Art Conservation Project».
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INTERN 35 Einmaleins für ein gutes Präsidium! TEXT Björn Quellenberg Ein Mann für alle Fälle! Was muss die zukünftige Präsidentin oder Ausgeprägte Managementqualitäten: → Dr. Conrad M. Ulrich, Präsident ad interim, hat den Verein durch die der zukünftige Präsident der Zürcher strategisch denkend, integrativ Höhen und Tiefen der letzten neun Kunstgesellschaft mitbringen? Darüber führend, strukturiert arbeitend Monate manövriert – nach dem hat sich der Vorstand Gedanken gemacht. Durchsetzungsvermögen, ohne in → plötzlichen Hinschied von Anne Keller Dubach. Von der Eröffnung der Herausgekommen ist ein Qualifikations- die Kernkompetenzen der Direktion Kunsthaus-Erweiterung zur Neuge- profil. Und ein Kandidat, der darauf passt. einzugreifen staltung der Kooperation mit der An seiner Sitzung vom 22. März 2022 Sammlung Emil Bührle und von einem hat der elfköpfige Vorstand Philipp M. Verständnis für die Rahmen- → seit 1988 erstmals grundlegend neu Hildebrand, ehemaliger Präsident der und Produktionsbedingungen von verhandelten Subventionsvertrag mit der Stadt Zürich bis zur Einführung Schweizerischen Nationalbank, aktuell Kulturbetrieben der neuen Direktorin Ann Demeester, Vice Chairman BlackRock und Trustee des Kenntnisse der Anforderungen → die ihr Pensum in den kommenden Monaten von zwanzig auf hundert British Museum als Kandidat für das Prä- an Öffentlichkeitsarbeit Prozent erhöhen wird. sidium nominiert. Vorausgegangen war Gewinnendes Auftreten → Ein grosser Dank im Namen von ein mehrmonatiger Evaluationsprozess. Direktion, Geschäftsleitung und dem Das Porträt des Kandidaten erscheint in Erfahrung im Repräsentieren → ganzen Kunsthaus-Team an den der Abstimmungszeitung, die den wahlbe- gegenüber Politik, Wirtschaft, Vizepräsident und Quästor, der sich als rechtigten Mitgliedern zusammen mit den Wissenschaft, Stiftungen und Mitglied des Vorstands erneut zur Wahl stellt! Wahlunterlagen in den nächsten Tagen Sponsoren zugeht. Überzeugt Sie der Kandidat? Schon bald Und das sind die Anforderungen, die an haben Sie die Wahl. Ihre schriftliche den Vorsitz in unserem Verein gestellt Stimmabgabe ist bis zum 26. Mai möglich. werden: Gute Vernetzung in lokale und → nationale Kunstkreise Foto © David Biedert Photography AG, Zürich Sehr gute gesellschaftliche → Vernetzung in Zürich Gute Beziehungen mit der → Wirtschaft
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INTERN 37 Auch andere Institutionen, wie etwa das Radiostudio und verschiedenste Arthandling städtische Einrichtungen haben wir schon mit Kunst bedient. Was war Ihr aussergewöhnlichstes Erlebnis hier am Kunsthaus? Das aussergewöhnlichste Erlebnis Arthandling erfordert Fingerspitzengefühl. war eine Besetzung des Kunsthauses an Die Kolleginnen und Kollegen befassen sich einem Samstag Ende der 1990er-Jahre. Die Gruppe kam damals von der Bäcke- fast täglich mit den Werken im Museum, rei Berner, welche sie schon besetzt und zwar hautnah. Das Kunsthaus-Magazin hatte. Die Leute blieben ziemlich ruhig unterhielt sich mit dem langjährigen Mitarbeiter und verhielten sich normal. Sie ver- brachten den ganzen Tag in der Ein- Marcel Manderscheid. gangshalle. Als ich sie am Abend bat zu gehen, da wir alle gerne nach Hause ge- INTERVIEW Kristin Steiner hen wollten, verliessen sie das Haus ohne Aufstand und Radau. Sie treten dieses Jahr in den Ruhe- stand. Was möchten Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg geben? Sie sind ja seit 35 Jahren hier am Wenn sie wieder zurückkommen, prü- Meinem Nachfolger wünsche ich Kunsthaus. Was beinhaltet Ihre fen wir ob alles in Ordnung ist, sowohl genauso schöne Erlebnisse wie ich sie Arbeit und wie hat sich Ihr Job im die Dokumente wie auch die Werke sel- hatte. Ich hoffe, dass er einige Künstler Laufe dieser Jahre verändert? ber – auch hier wieder in Zusammenar- kennenlernen wird. Einige werden Seit ich 1987 im Kunsthaus angefan- beit mit der Restaurierungsabteilung. sicher unkompliziert und offen und gen habe, hatte ich verschiedenste Auf- Ab und zu kommt es auch vor, dass wir andere werden vielleicht ein bisschen gaben. Anfangs habe ich mit einem Kol- als Kunstkuriere mit unseren Werken anstrengender sein. Aber alles in legen die Klimaanlage und die Heizung zu anderen Museen unterwegs sind. allem – es waren meist gute Jahre. bedient und gewartet, später wechselte ich zum Arthandling und zur Sicherheit, da das Team damals zu klein war. Das war mit sehr viel Verantwortung ver- bunden, da wir für die Sicherheit der Werke, des Hauses und der Besucher verantwortlich waren. Heute, da die Sicherheit nicht mehr zu unseren Aufgaben gehört, hat sich unser Alltag nochmals verändert: In Zu- sammenarbeit mit dem Sammlungskon- servator hängen wir in den Sammlungs- räumen des Kunsthauses die Werke auf. Hier ist Fingerspitzengefühl und Sorg- falt gefordert. Werden Werke aus der Foto © Franca Candrian, Kunsthaus Zürich Sammlung an eine externe Ausstellung ausgeliehen, arbeiten wir mit Registra- rin und Restauratoren zusammen – die Werke werden geprüft, für den Trans- port vorbereitet, entsprechend den res- tauratorischen Vorgaben eingepackt Das Team Arthandling (v.l.n.r.): Brian Mahrer, Ralph Bertschinger, Marcel Manderscheid, und an den Transporteur übergeben. Frank Thelen, Johannes Schiel (Leitung)
38 ANZEIGEN Wo jeder Klang zum Erlebnis wird. FIGARO LE NOZZE DI Partner Opernhaus Zürich PREMIERE 19 JUN 2O22
James Barnor Accra / London Sick-Hagemeyer shop assistant with bottles, taken as a colour guide – A Retrospective © James Barnor/Autograph ABP, London 13.03.2022 James Barnor Accra, 1971 – 31.07.2022 Palazzo Reali Initiiert und organisiert von Via Canova 10 Lugano Marcel 01.05.2022 – 13.11.2022 Broodthaers Industrielle LAC Piazza Bernardino Luini 6 Lugano Gedichte www.masilugano.ch Hauptpartner Wissenschaftlicher Partner Mit Unterstützung von Gründer Institutioneller Partner
CLICK Preview CLICK « Yoko Ono » 3. März 2022 1 Jon Hendricks, langjähriger Freund und Vertrauter von Yoko Ono, vertrat die Künstlerin während des Aufbaus und unterstützte Mirjam Varadinis, Kuratorin der Ausstellung. 2 Das interaktive Ausstellungserlebnis des Jahres! Jede und jeder kann Teil der Performance werden. 3 Live Performance – SKY PIECE TO JESUS CHRIST, 1965 / 2022. 4 Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ein Ort zum Wünschen – der «Wish Tree» im Garten. 1 3 Fotos © Caroline Minjolle 2 4
42 CLICK Preview « Alexandra Bachzetsis » 24. März 2022 1 Die Künstlerin Alexandra Bachzetsis mit Direktor Christoph Becker. 1 Preview «Take Care: Kunst und Medizin» 7. April 2022 2 4 2 Überlebensgross! Das «Labor in den NCCR» und seine Schöpferin Maria Pomiansky (links im Bild). 3 Manon vor ihrer Installation «Lachgas». 4 Wird jemand die Videobotschaften vermissen? Kuratorin Cathérine Hug überrascht mit einer persönlichen Einführung. 3
GLOSSE CLICK Deadline im Krieg Das Wort wirkt passend unpassend zugleich. Heute schreibe ich den 23. März 2022. In ein paar Stunden muss ich meine Kolumne abgeben. Seit der Eröffnung von Yoko Onos Ausstellung hoffe ich darauf, dass ich schreiben kann: «War is over». Seit dem 24. Februar 2022 müsste ich wohl schreiben «if Mr. Putin wants it». Die ganze Zeit kämpfe ich mit einer dystopisch anmutenden Glosse, will Ihnen das lieber nicht antun. Aber es fällt schwer. Die Fragen, die sich mir stellen und gleichzeitig schmer- zen: Wie wirksam ist Kunst? Kann Kunst Schrecken ändern? Ja, Yoko thematisiert Frieden, sie macht Kunst mit den Menschen, sie lässt sie an den künstlerischen Prozessen teilhaben, was wunderbar ist und sich mit meiner Haltung trifft. Mit Namen beschriftete Marmeladengläschen gefüllt mit Wasser, «Adolf Hitler» gemeinsam mit Wissenschaft- lern, Künstlern, Literaten, Musikern auf ein Regalbrett dra- piert. «Wir sind alle nur Wasser». Wie wahr und wie philo- sophisch. Dennoch macht das eine Wasserglas Schönes und das andere Schreckliches. Mit ihrer Kunst irritiert Yoko si- cher konservative Geister, die sich nur an berühmten Pin- selstrichen begeistern können. Sie merken, ich arbeite mich vorsichtig an mein «Aber» und hoffe, dass Sie mir verzei- hen. 1969 auf ihrer Hochzeitsreise, inszenierten Yoko und John ihr berühmtes «Bed in» analog zu den «Sit ins», die weltweit gegen den Vietnamkrieg stattfanden. 1972 ging ein Foto um die Welt, das ich nicht vergessen kann, war ich doch damals noch ein Mädchen, genau wie Kim Phuc. Kim, die nackt vor dem Napalm-Angriff flüchtet, sie hatte sich ihre brennenden Kleider vom Leib gerissen. Ob Kim wohl die acht Tage des berühmten Paares im flauschigen Bett eines schönen Hotels als politische Aktion gegen den Krieg empfunden hat? Andererseits klemmt sich ein Gedanke in mein Hirn: Wenn doch alle Machthaber im Bett bleiben würden, und wenn sie sich träfen, dann nur in flauschigen Betten, neben sich ihre Liebste oder Liebsten. Vielleicht würde es sie weicher machen, nachdenklich, was letztendlich zählt, da wir doch nur Wasser sind, in verschie- denen Hüllen. Hoffen wir, dass die Welt nicht verdampft, und wir nicht in meiner Interpretation nach der Video- installation von Yoko «am Arsch» gehen. Jetzt gehe ich aufs WC und spüle die Angst weg und halte die Deadline ein. Als Fotos © Caroline Minjolle braves Wasser schreibe ich meinen Wunsch für den Wish Tree: Frieden, Gesundheit und Liebe für alle. Ihre Sabine Meisel
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