Wilhelm Leibl - Gut sehen ist alles! Die neue Fotografie Tizian? Zugeschrieben!

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Wilhelm Leibl - Gut sehen ist alles! Die neue Fotografie Tizian? Zugeschrieben!
MAGAZIN 4 · OKTOBER 2019     CHF 8.–

                                         Wilhelm Leibl –
                                        Gut sehen ist alles!
                                               Seite 10

                                        Die neue Fotografie
                                               Seite 18

                                       Tizian? Zugeschrieben!
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Wilhelm Leibl - Gut sehen ist alles! Die neue Fotografie Tizian? Zugeschrieben!
EDITORIAL                                          3

                                                                                                                                                            Gehört … gelesen …
                                                                                                                                                und – gesehen! Wir haben uns gefreut über die fast schlag­
                                                                                                                                                artige Aufmerksamkeit für den jüngsten Zuwachs der
                                                                                                                                                Sammlung, denn das Kunsthaus war gut besucht in den
                                                                                                                                                Sommermonaten. Die Erwerbung des kleinen, schönen
                                                                                                                                                Landschaftsgemäldes, das Tizian zugeschriebenen ist, einem
                                                                                                                                                der bedeutendsten Künstler der italienischen Renaissance,
                                                                                                                                                hat in der Presse kurz Wellen geschlagen (wobei durchaus
                                                                                                                                                auch Unsinn verbreitet wurde), und wenn Sie sich sozusagen
                                                                                                                                                ein Bild vom Original machen wollen, finden Sie ausführliche,
                                                                                                                                                interessante Informationen über das Kunstwerk im Saal der
                                                                                                                                                Alten Meister, in dem wir es nicht ohne Stolz präsentieren,
                                                                                                                                                wie auch weiter hinten in diesem Magazin. Und der Weg zur
                                                                                                                                                Kunst führt Sie endlich wieder durch die frisch renovierte
                                                                                                                     Eingangshalle, die doch irgendwie anders und besser aussieht: Danke für Ihre Geduld
                                                                                                                     mit dem Provisorium in den vergangenen beiden Jahren!
                                                                                                                         Vielleicht haben Sie den Namen Wilhelm Leibl noch nie gehört und seine Bilder und
                                                                                                                     Zeichnungen sind Ihnen unbekannt: Er gehört zu den wichtigsten deutschen Künstlern
                                                                                                                     des 19. Jahrhunderts und seine erste Ausstellung in der Schweiz ist eine Entdeckung.
                                                                                                                     Leibl war ein fabelhafter Beobachter und grosser Realist, ein hervorragender Zeichner
                                                                                                                     und Maler, vergleichbar den höchst beliebten Schweizer Künstlern Albert Anker und
                                                                                                                     Robert Zünd. Rund um die stimmungsvollen Säle des historischen Moserbaus, wo die
                                                                                                                     Ausstellung zu sehen ist, entfaltet sich dann auch unser diesjähriges Weihnachtspro­
                                                                                                                     gramm, samt einem festlichen, ziemlich grossen (!) Baum… und einem Shop-Sortiment,

THE
                                                                                                                     in dem Sie bestimmt etwas Passendes finden.
                                                                                                                         Wer’s zeitgenössisch mag, dem sei die Fotografie-Ausstellung empfohlen, denn
                                                                                                                     die Kunsthaus-Sammlung ist auch auf diesem Gebiet erstaunlich gut sortiert, und wir

 NEW
                                                                                                                     zeigen Ihnen Höhepunkte aus der grossen Zeit der Kunstfotografie der 1970er- bis
                                                                                                                     1990er-Jahre.
                                                                                                                         Als Mitglied der Kunstgesellschaft stehen Sie dem Kunsthaus und seinem reich­
                                                                                                                     haltigen Angebot einfach näher, und wir sind mit Ihnen gespannt auf unser Jahres­

 ANDERS
                                                                                                                     programm, das vom internationalen Superstar Olafur Eliasson bis zur Romantik, von
                                                                                                                     den Roaring Twenties (samt Ball am 25. April) bis zur Pionierin der Emanzipation reicht.
                                                                                                                     Und schon geht es mit grossen Schritten auf die Vollendung der Kunsthaus-
                                                                                                                     Erweiterung: Ab Dezember 2020 geht es los. Wie gut, dass Sie dabei sind!       A PR

                                                                                                                                                                                                    25
      Reinventing luxury hospitality.                                                                                Ihr Christoph Becker
                                                   Foto: Kunsthaus Zürich, Lena Huber

Unserer Exklusivität sind wir treu geblieben.
Das neue Erlebnis geht weit darüber hinaus.
Entdecken Sie das andere Grand Resort Bad Ragaz.                                        Cover: Wilhelm Leibl, Das Mädchen mit der Nelke, um 1880 (Detail)
                                                                                        Belvedere, Wien
resortragaz.ch
Wilhelm Leibl - Gut sehen ist alles! Die neue Fotografie Tizian? Zugeschrieben!
Wilhelm Leibl - Gut sehen ist alles! Die neue Fotografie Tizian? Zugeschrieben!
6                                                       GUT ZU WISSEN                                                                                                            GUT ZU WISSEN                                                           7
                                                                                                                                                                                                                N
                                                                                                                                                                                                     SPENDE
                                                                                                                                                                                                         UND
                                                                    MITGLIEDER                                                                                                                                  EN
                                                                                                                                                                                                     G E W IN N
                                                                    «Servus beinand» –
                                                                    vom Oktoberfest zu
                                                                    Wilhelm Leibl?
                                                                                                                                                                                                            Unter allen Spenderinnen und
                                                                                                                                                                                                            Spendern verlosen wir im Winter 2020
                                                                                                                                                                                                            folgende Preise:
                                                                    Ab dem 25. Oktober können Sie im Kunsthaus
                                                                    Zürich Wilhelm Leibl, einen Ausnahme­künstler                                                                                             
                                                                                                                                                                                                              10 Gratismitgliedschaften für
                                                                    des Realismus (und Freund des Bieres) in der                                                                                              das Eröffnungsjahr (2021)
                                                                                                                                                                                                              
                                                                                                                                                                                                              10 Shop-Gutscheine im Wert
                                                                    ersten umfassenden Museums­ausstellung in der
                                                                                                                                                                                                              von CHF 50.–
                                                                    Schweiz entdecken. Möchten Sie sich kulinarisch
                                                                                                                                                                                                              
                                                                                                                                                                                                              10 Gratiseintritte ins Kunsthaus
                                                                    auf Leibls Heimat Bayern einstimmen?                                                                                                      Zürich
                                                                       Dann haben wir ein besonderes Angebot für
                                                                    Sie: Am 24. Zürcher Oktoberfest Bauschänzli                                                                                             Um an der Verlosung teilnehmen
                                                                    erhalten Sie vom 10. Oktober bis 9. November                                                                                            zu können, müssen wir Ihre Spende
                                                                    20 % Rabatt auf die Mittagskonsumation (Mo – Sa)                                                                                        identifizieren können (Name und
                                                                                                                                                                                                            Adresse).
                                                                    oder sonntags zum Früh­schoppen
                                                                    eine Mass gratis (gilt für zwei
    Foto © artsnext                                                                                                                                                                                         TIPP
                                                                    Personen pro Mitgliedskarte).
                                                                                                                                                                                                            Am bequemsten spenden Sie via
                                                                    www.zuercher-oktoberfest.com                                                                                                            unseren Online-Shop auf shop.
    KULTURNEWS                                                                                                                  Foto © Caroline Minjolle                                                    kunsthaus.ch unter der Kategorie

    Art Escape Room
                                                                                                                                                                                                            «Spende». Alternativ freuen wir
                                                                                                                                                                                                            uns auch auf Ihre Spende direkt an
                                                                                                                                                                                                            unserer Musemskasse. Ab einem
                                                                                                                                OBJEKT DER BEGIERDE                                                         Betrag von CHF 100.– stellen wir Ihnen
    Im Art Escape Room im Löwenbräukunst-Areal löst eine Gruppe von                                                                                                                                         gerne eine Spendenbestätigung aus.

    Spielern verschiedene Rätsel, um aus dem Raum auszubrechen.
    Die Rätsel können dabei nur im Team gelöst werden. Im Unterschied
                                                                                                                                Etwas geben, mehr
    zu klassischen Escape Games wird das emotionale Spielerlebnis
    aber nicht nur zur Unterhaltung genutzt, sondern es lässt die Spieler
    auch hinter die Oberfläche von Kunstwerken schauen.
                                                                                                                                erleben!
    www.amuze.ch                                                                           SHOP                                 Mit der Eröffnung der Kunsthaus-Erweiterung von David Chipper­
                                                                                                                                field im Jahr 2021 entsteht das grösste Kunstmuseum der Schweiz.
                                                                                           Mach mal blau!                       Als Mitglied der Zürcher Kunstgesellschaft sind Sie Teil dieser
                                                                                           Passend zur Ausstellung «Picasso     erfreulichen Entwicklung. Dank Ihrer Unterstützung und Treue hat
                                                                                           – Gorky – Warhol» haben wir diesen   das Kunsthaus in seiner Geschichte schon viele Herausforderungen
                                                                                           schönen Yves Klein in hochwertiger
                                                                                           Qualität auf Rives-Büttenpapier      gemeistert und Meilensteine erreicht. Nahezu die Hälfte der Bau­
                                                                                           drucken lassen. Beim Kauf gibt es    kosten in Höhe von CHF 206 Mio. kann von privater Seite finanziert
                                                                                                                                                                                                                     KULTURNEWS
                                                                                           einen Ausstellungskatalog gratis     werden. Die andere Hälfte steuern Stadt und Kanton Zürich bei.
               MITGLIEDER
                                                                                           mit dazu!                                 Das Kunsthaus Zürich wird seinem Publikum eine zeitgemässe                      Schweizer
               Neue                                                                                                             Präsentation und Vermittlung der Sammlung bieten. Dazu gehören
                                                                                                                                auch elektronische Hilfsmittel wie Audioguides und Apps, die in
                                                                                                                                                                                                                     Drehbücher
               Mitgliederkategorie                                                         Kunstdruck Yves Klein
                                                                                           «ANT 37», ca. 48,5 x 98 cm
                                                                                                                                mehreren Sprachen für Erwachsene und Kinder verschiedene                             Die Sammlung Schweizer
                                                                                                                                                                                                                     Drehbücher, welche die Zentral­
                                                                                           CHF 160.– / Mitglieder CHF 144.–     Vertiefungsdimensionen ermöglichen und wertvolle Hintergrund­                        bibliothek Zürich in Kooperation
               Gemäss Beschluss der letzten GV der                                         Werk © The Estate of Yves Klein/
               Kunstgesellschaft werden wir Ihnen                                          2019 ProLitteris, Zurich             informationen liefern.                                                               mit der Cinémathèque suisse
               ab 2020 eine neue Mitgliedschafts-                                                                                    Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie sich an diesem                             aufbaut, umfasst aktuell über
               Option anbieten: Mit «Mitgliedschaft-                                                                            Publikumsprojekt mit einer persönlichen Spende beteiligen.                           3000 zur Nutzung aufbereitete
               Plus» können Sie u.a. bei jedem                                                                                                                                                                       Drehbücher. Möchten Sie mehr
               Museums­besuch einen Gast gratis                                                                                                                                                                      erfahren? Am 24. Oktober findet
               mitbringen und einen Teil des Beitrags
                                                                                                                                Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung!                                              um 17.30 Uhr eine öffentliche
               steuerlich abziehen. Mehr Informatio­                                                                                                                                                                 Führung durch die Sammlung
               nen erhalten Sie im Mitgliederbüro                                                                                                                                                                    Schweizer Drehbücher statt.
               unter mitglied@kunsthaus.ch oder                                                                                                                                                                      Die Teilnahme ist auf 20 Personen
               Tel. 044 253 84 34. Zudem erhalten                                                                                                                                                                    beschränkt. Um Anmeldung
               Sie eine ausführliche Information mit                                                                                                                                                                 bis eine Woche im Voraus wird
               dem Rechnungsversand 2020.                                                                                                                                                                            gebeten:
                                                                                                                                                                                                                     fuehrungen@zb.uzh.ch
Wilhelm Leibl - Gut sehen ist alles! Die neue Fotografie Tizian? Zugeschrieben!
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                                                                                           Oetenbachgasse 7 – 8001 Zürich
                                                                                           Ecke Rennweg Bahnhofstrasse
                                                                                                                                                      Tomi Ungerer

                                                                                                                                                                                       Tomi Ungerer, Hilltop, 1969, Farbstift, Tusche und farbige Tinte, laviert, auf Papier, 49,5 x 34,5 cm, Sammlung Würth, Inv. 14364 © Tomi Ungerer
                                                                                           paradisdesinnocents.ch
                                                                                                                                                         Zeichnungen, Collagen
                                                                                                                                                            und Objektkunst
                                                                                                                                                        aus der Sammlung Würth

                                                                                                                                                                14. Mai 2019
                                                                                                                                                             bis 15. März 2020

                                                                                                                                                                Eintritt frei

                                                                                                                                       www.forum-wuerth.ch

                         FERDINAND HODLER

             6. – 9. November 2019
            HERBSTAUKTION
              GEMÄLDE • GRAFIK • PLAKATE • SCHMUCK
             UHREN • SCHWEIZER KUNST • ANTIQUITÄTEN

                       Vorbesichtigung:
  Täglich vom 26. Oktober bis 3. November 2019 10 bis 19 Uhr
                                                   •

               DOBIASCHOFSKY AUKTIONEN AG
                                                                      Felix Maria Diogg (1762-1834),
                                                                      1793, Öl auf Leinwand, 148x176 cm,                      JETZT EINLIEFERN
Monbijoustrasse 30/32   Tel. 031 560 10 60   www.dobiaschofsky.com    verkauft für CHF 10’000.-                               Kontaktieren Sie unser Expertenteam Tel. 043 399 70 63
CH-3001 Bern            Fax 031 560 10 70    info@dobiaschofsky.com
                                                                               Seestrasse 341 | CH-8038 Zürich | www.schulerauktionen.ch | info@schulerauktionen.ch
Wilhelm Leibl - Gut sehen ist alles! Die neue Fotografie Tizian? Zugeschrieben!
10   AUSSTELLUNGEN                                                             AUSSTELLUNGEN   11

                     Wilhelm
                     Leibl
                     25. Oktober 2019 – 19. Januar 2020

                     GASTKURATOREN Marianne von Manstein
                     und Bernhard von Waldkirch

                                                                                               2

                                                            Gut sehen ist alles!

                     1   Wilhelm Leibl, Bildnis der Frau Gedon, 1869
                     Öl auf Leinwand, 119,5 x 95,7 cm
                     Bayerische Staatsgemäldesammlungen München - Neue Pinakothek

                     2   Wilhelm Leibl, Mädchen mit weissem Kopftuch, um 1876/77
                     Öl auf Holz, 21,4 x 16,7 cm
1                    Bayerische Staatsgemäldesammlungen München - Neue Pinakothek
Wilhelm Leibl - Gut sehen ist alles! Die neue Fotografie Tizian? Zugeschrieben!
12                                                        AUSSTELLUNGEN                                                                                                                    AUSSTELLUNGEN                                             13
                                                                  ker» (1877) zwar vor den Kopf, verbucht aber einen durch-        Tschechien, der Schweiz und den USA sowie Arbeiten aus
                                                                  schlagenden Erfolg. Van Gogh ist von den «Drei Frauen in der     eigenen Beständen – stehen die rund 60 Zeichnungen den
                                                                  Kirche» (1878–1882), einem seiner Hauptwerke, tief berührt.      Gemälden gleichwertig gegenüber.
                                                                  Auf der Weltausstellung 1889 erhält Leibl als einziger deut-
                                                                  scher Künstler eine Goldmedaille.                                                  LEIBL UND DIE SCHWEIZ
                                                                                                                                   Das erste Werk Leibls, das in die Schweiz gelangt, ist das              PUBLIKATION
                                                                            MEISTERHAFTE ALLA-PRIMA-MALEREI                        «Bildnis Lina Kirchdorffer». Dargestellt ist die Nichte Wil-
                                                                                                                                                                                                           Ein 288 Seiten starker Katalog
                                                                  Nach München zurückgekehrt, wendet sich Leibl bald von           helm Leibls, die 1877 Fritz Schider (1846–1907) heiratete, der          (Hirmer Verlag) in Deutsch und
                                                                  dem ihm oberflächlich erscheinenden Treiben in der deut-         ein Freund Leibls und seit 1876 Lehrer an der Zeichen- und              Englisch begleitet die Ausstellung.
                                                                  schen Kunstmetropole ab. Ab 1873 zieht sich der passionierte     Modellierschule in Basel war. 1931 wird es von Oskar Reinhart           Dieser bildet die über 100 Gemälde
                                                                                                                                                                                                           und Zeichnungen meist ganzseitig
                                                                  Maler und Jäger aufs Land zurück. Von da an widmet er sich       erworben. Durch Vermittlung Fritz Schiders gelingt es dem               ab. Die wissenschaftlichen Beiträge
                                                                  in seinen Werken vorwiegend der bayerischen Landbevölke-         Textilindustriellen und Kunstsammler Louis La Roche-Ring-               von Jonas Beyer, Zsuzsa Gonda,
                                                                  rung und wird deshalb oft missverständlich als «Bauernma-        wald (1844–1921) Leibls Genrebild «Die Spinnerinnen» (1892,             Thomas Ketelsen, Marianne von
                                                                                                                                                                                                           Manstein, Monique Meyer und
                                                                  ler» bezeichnet.                                                 heute Museum der bildenden Künste Leipzig) noch im Ent-
                                                                                                                                                                                                           Bernhard von Waldkirch beleuchten
                                                                     Seine Interieurs mit ländlichen Figuren entstehen vorwie-     stehungsjahr in seine Basler Privatsammlung zu integrieren.             Leibls Position zwischen Tradition
                                                                  gend in den lokalen Bauern- und Wirtsstuben, in den späten          1906 begeistert sich der junge Kunstsammler Oskar Rein-              und Moderne, seinen Beitrag zum
                                                                  Jahren auch in Bauernküchen, sogar in einer Kirche, allerdings   hart anlässlich der Berliner Jahrhundertausstellung für «Die            europäischen Realismus und seine
                                                                                                                                                                                                           Affinität zur Farbe Schwarz. In
                                                                  mit einer Unterbrechung von 1883 bis in die frühen 1890er-       Dorfpolitiker», die er knapp 50 Jahre später für seine inzwi-           kürzeren Beiträgen kommen sein
                                                                  Jahre, als er für seine Genre- und Porträtmalerei ein als Bau-   schen öffentlich zugängliche Sammlung in Winterthur er-                 Verhältnis zu Degas, seine
                                                                  ernstube eingerichtetes Atelier mit Nordlicht in Bad Aibling     wirbt. Reinharts entschiedenes Eintreten für Leibls Malerei             Beziehungen zu Ungarn (Merse,
                                                                                                                                                                                                           Munkácsy) sowie seine Bedeutung
                                                                  verwendet. Wenngleich viele Werke der Reifezeit vordergrün-      zeitigt Wirkung, nicht nur bei privaten, sondern vor allem              für die Kunst im 20. und 21. Jahr-
                                                      3
                                                                  dig dem Zeitgeschmack des Genres entsprechen, geht es dem        auch bei öffentlichen Sammlungen in der Deutschschweiz.                 hundert zur Sprache. Die Publi­
                                                                  Künstler auch hier hauptsächlich um die gestalterisch-künst-                                                                             kation ist ab Eröffnung der
                                                                                                                                                                                                           Ausstellung im Kunsthaus-Shop
                                                                  lerische Realisierung seiner Motive. Die Werke werden direkt                                                                             und im Buchhandel erhältlich.
                                                                  vor den Modellen in meisterhafter Alla-prima-Malerei vollen-
                                                                  det. Das heisst, das Bild muss, wie bei den von Leibl bewun-
                                                                  derten Frans Hals und Diego Velázquez, in einem Zug nass in
                                                                  nass gemalt werden. Misslungene Teile werden bis auf den

 D
                                                                  Grund abgekratzt oder abgewaschen und neu ausgeführt. Auf
                                                                  keinen Fall darf man übermalend korrigieren.
                                                                     Unter seinen besten Werken befinden sich ausserdem Bild-
                                                                  nisse von Künstlerfreunden, Verwandten und ihm naheste-
                  as Kunsthaus zeigt die erste Schweizer Retro-   henden Persönlichkeiten des Landadels und des Bürgertums.
                  spektive von Wilhelm Leibl (1844–1900),         Durch regelmässige Beteiligung an internationalen Ausstel-
                  einem der bedeutendsten Maler des 19. Jahr-     lungen wird Leibl seit den 1890er-Jahren auch in Wien, Berlin,
 hunderts, der heute nur noch einem kleinen Kreis von Künst-      Hamburg, München, Budapest, Basel, Winterthur, Zürich,
 lern, Sammlern und Kunstinteressierten bekannt ist. Leibl        New York und Washington als einer der führenden europä-
 malt vorwiegend Bildnisse und Interieurs mit ländlichen Figu-    ischen Realisten wahrgenommen.
 ren, wobei der Schwerpunkt bei ihm und einem Kreis von
 gleichgesinnten Künstlern – dem sogenannten Leibl-Kreis –                  WAHRHEIT UND KÜNSTLERISCHE FORM
 stets auf dem «Wie» der malerischen Ausführung liegt. Das        Mit seinem rigorosen Wahrheitsanspruch begründet Leibl
 Akademische und Narrative tritt bei diesem Zeitgenossen von      eine eigenständige und moderne Figurenmalerei, in der die
 Manet und Degas entschieden in den Hintergrund.                  Naturwahrheit und das Studium der Alten Meister restlos in
                                                                  das künstlerische Medium umgesetzt werden. Entscheidend
        DURCHBRUCH UND ANERKENUNNG IN PARIS                       für Leibl und seinen Kreis ist «gut sehen» – d.h. dass die
 Der gebürtige Kölner begibt sich zum Studium nach München,       Wirklichkeit ungeschönt und frei von Ismen und Ideologien
 wo er schnell mit seiner Begabung auffällt. Auf der «I. Inter-   wiedergegeben wird. Mit seiner künstlerischen Haltung, in
 nationalen Ausstellung» von 1869 in München gelingt dem          der Selbstkritik, Zerstörung und Innovation die treibenden
 25-Jährigen noch als Akademiestudent der Durchbruch. Er          Kräfte sind, beeinflusst er Künstler bis heute, angefangen von
 wird dort von keinem Geringeren als Gustave Courbet ent-         Max Liebermann und Lovis Corinth über Max Buri, Käthe
 deckt und nach Paris eingeladen, wo er im Salon des darauf-      Kollwitz, Max Beckmann und Maria Lassnig bis Wolfgang Till-
 folgenden Jahres mit dem «Bildnis der Frau Gedon» seine          mans. In seiner Rigorosität und kompromisslosen Wahrheits-
 erste Goldmedaille erringt. An der Weltausstellung 1878 in       suche weist Leibl auf die Bildnisserien Alberto Giacomettis
 Paris stösst er die konservativen Kritiker mit dem an Holbein    voraus. Bei den im Kunsthaus Zürich versammelten über 100
 erinnernden Naturalismus seines Genrebilds «Die Dorfpoliti-      Werken – Leihgaben aus Deutschland, Österreich, Ungarn,                                                                                                                        4
Wilhelm Leibl - Gut sehen ist alles! Die neue Fotografie Tizian? Zugeschrieben!
14                                                      AUSSTELLUNGEN                                                                                                           AUSSTELLUNGEN                                               15
        DAS «SELBSTBILDNIS» UND DIE ZÜRCHER                       Werke derjenigen Künstler in der Sammlung des Kunst-­
     STUDIENFASSUNG «ZWEI FRAUEN IN DER KIRCHE»                   hauses, die von Leibl inspiriert wurden – wie Lovis Corinth,
 Zwei Zeichnungen von Wilhelm Leibl gehören im Kunsthaus          Max Liebermann, Wolfgang Tillmans und Max Beckmann –
 Zürich zu den frühen und kapitalen Erwerbungen, für die man      können in Kombination mit der aktuellen Ausstellung Leibls
 bereit war, hohe Summen auszugeben: eines der expressivsten      besichtigt werden.
 Selbstbildnisse (1891) sowie die bildmässig ausgeführte Zeich-
 nung «Berblinger Bauernmädchen» (1880). Vor diesem Hin-          Unterstützt von der Hulda und Gustav Zumsteg-Stiftung,                                                                            BEGLEITPROGRAMM
 tergrund gelingt 1974 ein spektakulärer Ankauf. Die Ölstudie     der WOLFGANG RATJEN STIFTUNG, Vaduz, für den
                                                                                                                                                                                                      «Realistisch zeichnen»
 «Zwei Frauen in der Kirche» (1878) bildet den Auftakt zu         Katalog und Transport von vier Werken, der Dr. Georg und                                                                          Eine zeichnerische Annäherung
 einem von Leibls ambitioniertesten Werken, dem Gemälde           Josi Guggenheim-Stiftung sowie einer weiteren Stiftung,                                                                           an Wilhelm Leibls Motive: Der
 «Drei Frauen in der Kirche» (1878–1882), das sich heute in der   die nicht genannt sein möchte.                                                                                                    Zürcher «Urban Sketcher» André
                                                                                                                                                                                                    Sandmann gibt praktische Tipps
 Hamburger Kunsthalle befindet und aus restauratorischen          Die Ausstellung reist anschliessend an die Albertina in Wien.                                                                     zum Skiz­­zieren der menschlichen
 Gründen nicht mehr ausgeliehen werden kann. Zwei weitere                                                                                                                                           Figur im Raum. Mitzeichnen ist
 Gemälde und Radierungen runden den Bestand im Kunsthaus                                                                                                                                            erwünscht! 10.11.19, 11–12.30 Uhr.
                                                                                                                                                                                                    CHF 25.– / Mitglieder und bis
 Zürich ab.                                                                                                                                                                                         18 Jahre CHF 15.– (inkl. Eintritt
                                                                                                                                                                                                    und Zeichenutensilien).
                                                                                                                                                                                                    Teilnehmerzahl beschränk,
                                                                                                                                                                                                    Anmeldung: info@kunsthaus.ch
                                                                                                                                                                                                    oder 044 253 84 84.

                                                                                                                                                                                                      «Auf ein Bier mit Wilhelm Leibl»
                                                                                                                                                                                                    Kuratorenführung mit Bernhard von
                                                                                                                                                                                                    Waldkirch, mit anschliessendem
                                                                                                                                                                                                    Umtrunk. 21.11.2019, 18.15 –19.45
                                                                                                                                                                                                    Uhr. CHF 30.– / Mitglieder
                                                                                                                                                                                                    CHF 15.– (inkl. Eintritt, Führung und
                                                                                                                                                                                                    einem Bier). Tickets können am Tag
                                                                                                                                                                                                    der Veranstaltung an der Kasse
                                                                                                                                                                                                    gelöst werden. Teil­nehmerzahl
                                                                                                                                                                                                    beschränkt. Keine Anmeldung, kein
                                                                                                                                                                                           6
                                                                                                                                                                                                    Vorverkauf.

                                                                                                                                                                                                       «… bin ich auch heute noch ein
                                                                                                                                                                                                    Schüler von Leibl …»
                                                                                                                                                                                                    Leibls Wirkung auf die Kunst bis ins
                                                                                                                                                                                                    21. Jahr­hundert, anschaulich
                                                                                                                                                                                                    gemacht anhand von Originalen
                                                                                                                                                                                                    aus der Grafischen Sammlung des
                                                                                                                                                                                                    Kunsthaus Zürich. Kuratoren­
                                                                                                                                                                                                    führung mit Dr. Marianne von
                                                                                                                                                                                                    Manstein. 12.1.2020, 11–12.30 Uhr.
                                                                                                                                                                                                    CHF 30.– / Mitglieder CHF 15.–
                                                                                                                                                                                                    (inkl. Eintritt und Führung). Tickets
                                                                                                                                                                                                    können am Tag der Veranstaltung
                                                                                                                                                                                                    an der Kasse gelöst werden.
                                                                                                                                                                                                    Teilnehmerzahl beschränkt. Keine
                                                                                                                                                                                                    Anmeldung, kein Vorverkauf.
                                                                                                                                  3   Wilhelm Leibl
                                                                                                                                  Die Tumin vor dem Fenster, 1893                                      «Anker und Leibl in Paris»
                                                                                                                                  Feder in Schwarz auf Papier,                                      Vortrag von Bernhard von Wald­
                                                                                                                                  16,6 x 12,9 cm
                                                                                                                                  Staatliche Graphische Sammlung München
                                                                                                                                                                                                    kirch, Kurator der Ausstellung.
                                                                                                                                                                                                    16.1.2020, 18.30 –20 Uhr. SIK-ISEA,
                                                                                                                                  4    Wilhelm Leibl, Die Dorfpolitiker, 1877                       Zollikerstrasse 32, 8032 Zürich.
                                                                                                                                  Öl auf Holz, ca. 76 x 97,5 cm                                     Die Teilnahme an der Veranstaltung
                                                                                                                                  Kunst Museum Winterthur,                                          ist kostenlos. Es ist keine Anmel­
                                                                                                                                  Stiftung Oskar Reinhart
                                                                                                                                                                                                    dung erforderlich. Die Platzzahl ist
                                                                                                                                  5   Wilhelm Leibl
                                                                                                                                                                                                    beschränkt.
                                                                                                                                  Bauernmädchen, um 1895
                                                                                                                                  Öl auf Leinwand, 42,5 x 34 cm
                                                                                                                                  Privatsammlung

                                                                                                                                  6   Wilhelm Leibl
                                                                                                                                  Zwei Frauen in der Kirche, 1878
                                                                                                                                  Öl auf Holz, 108,5 x 77 cm                                    7
                                                                                                                                  Kunsthaus Zürich, 1974

                                                                                                                                  7   Wilhelm Leibl, Selbstbildnis, 1891
                                                                                                                                  Pinsel, Feder und Kreide in Schwarz,
                                                                                                                                  Deckweiss, Grafitstift, 21,6 x 18,5 cm
                                                                                                                5                 Kunsthaus Zürich, 1931
Wilhelm Leibl - Gut sehen ist alles! Die neue Fotografie Tizian? Zugeschrieben!
16                                                                                                              ANZEIGEN

                                                                                                  Shoes and leathergoods, designed in Zurich

                                                                                O b e r d o r f s t r a s s e 1 3 . 8 0 0 1 Z ü r i c h . w w w. s t e f i t a l m a n . c h

                                                                                                                          29. Sept. 2019 bis 12. Jan. 2020
     Emily Kame Kngwarreye, Untitled (1995) 1995, © 2019, ProLitteris, Zürich

                                                                                                                                                             Kunsthaus Zug
                                                                                                                                                             Dorfstrasse 27, 6301 Zug | www.kunsthauszug.ch
                                                                                                                                                             Di bis Fr 12.00 – 18.00 | Sa und So 10.00 – 17.00

                                                                                                                           MY MOTHER COUNTRY –
                                                                                                                           MALEREI DER ABORIGINES
                                                                                                                           Sammlung Pierre und Joëlle Clément, Zug
                                                                                                                           —
                                                                                                                           EMILY KAME KNGWARREYE
                                                                                                                           Werke australischer Privatsammlungen
Wilhelm Leibl - Gut sehen ist alles! Die neue Fotografie Tizian? Zugeschrieben!
18                                            AUSSTELLUNGEN                                                                                                                  AUSSTELLUNGEN                                                                      19

                                                                                                                      zeptkunst zum eigenständigen, vielmals auch selbstreflexiven    lerischen Fotografie wie Balthasar Burkhard, Hans Danuser,
                                                                                                                      Medium der Kunst. Sie «hat sich dabei gewissermassen selbst     Felix Stephan Huber, Beat Streuli, Hannah Villiger, Bernard
                                                                                                                      sensibilisiert und zu guten Stücken neu erfunden» schreibt      Voïta, Cécile Wick präsentiert. Feministische und gesell-
                                                                                                                      der frühere Kunsthaus-Kurator Guido Magnaguagno 1985 in         schaftskritische Positionen wie Alexis Hunter und Marilyn
                                                                                                                      der Kulturzeitschrift «Du». Dabei erstaunt nicht, dass viele    Minter wie auch die Bohème-Bilder Walter Pfeiffers, die
                                                                                                                      Protagonisten der 1970er- und 1980er-Jahre von den starken      Körperstudien Simone Kappelers und die intimen Interieurs
                                                                                                                      Konflikten zwischen Berufsfotografen und Künstlerinnen, die     von Annelies Štrba bis hin zu den menschenleeren öffentli-
                                                                                                                      die Fotografie als «Gelegenheitsmedium» anwendeten, be-         chen Innenräumen von Candida Höfer finden Eingang in
                                                                                                                      richten. Ein – so empfundener – «Clash» von technischer und     die Präsentation.
                                                                                                                      ästhetischer Handwerkskunst einerseits und künstlerischen
                                                                                                                      Ideen andererseits wurde, nicht zum ersten Mal in der Ge-                           NEUE ORTE, NEUE MEDIEN
                                                                                                                      schichte der Fotografie, in dieser Auseinandersetzung klar      Die über Jahrzehnte etablierten Bereiche des News-Journalis-
                                                                                                                      sichtbar. So zeigt die Ausstellung in loser Kombination Foto-   mus brachen nach der Einstellung der tonangebenden Zeit-
                                                                                                                      grafinnen und Fotografen mit praktisch-kommerzieller Aus-       schrift «Life» zu Beginn der 1970er-Jahre langsam weg und so

                                                                                                                      FOTOGRAFIE
                                                                                                       1

                     DIE NEUE                                                                                         bildung wie Balthasar Burkhard oder Annelies Štrba, wie auch
                                                                                                                      Künstler-Amateure wie David Hockney, Urs Lüthi oder
                                                                                                                      Hannah Villiger.

 Umbruch und Aufbruch 1970 – 1990                                                                                              NEUE WEGE POSTMODERNER DIVERSITÄT
                                                                                                                      Die aus den Beständen der Fotosammlung des Kunsthaus Zü-
 15. November 2019 – 9. Februar 2020   GASTKURATOR Joachim Sieber                                                     rich und einigen Leihgaben konzipierte Ausstellung «Die neue
                                                                                                                      Fotografie. Umbruch und Aufbruch 1970 – 1990» zeigt rund
                                                                                                                      20 internationale und Schweizer Positionen. In drei Räumen
                                                                                                                      werden anhand der Themen «Von der konzeptuellen
                                                      In den 1970er- und 1980er-Jahren hat sich das Selbstverständ-   Fotografie zur Medienkunst», «Fotografische Erkundungen
                                                      nis im Umgang mit der Fotografie paradigmatisch verändert.      des Selbst» und «Un-/Orte der Gesellschaft» die visuellen,
                                                      Die klassische Fotoreportage der vorangegangenen Jahr-          konzeptionellen und auch strukturellen Neuerungen der
                                                      zehnte war auch in der Schweiz ans Ende gekommen.               Fotografie in den 1970er- und 1980er-Jahren aufgenommen.                                                                                  2
                                                         Man kann für das fotografische Schaffen dieser Zeit von      In einem Dokumentationsraum, der ebenso als Videolounge
                                                      einem «Pluralismus der Stile» sprechen, der stark von einem     dient, werden zudem eine Auswahl neuer Medien – Foto­
                                                      allgemeinen Aufbruch in der zeitgenössischen Kunst beein-       bücher und Zeitschriften – wie auch Ausstellungsorte präsen-
                                                      flusst wurde. Die Fotografie war ab den 1960er-Jahren auf-      tiert, in welchen die Fotografie neue Räume fand.
                                                      grund der zeitlichen Begrenztheit von Performance- und Kon-         Ausgehend von den Einflüssen der Konzeptkunst, Minimal             1   Hannah Villiger, Block XXXIII, 1993/1994
                                                                                                                                                                                             6 C-Prints von Polaroids, auf Aluminium aufgezogen, 254 x 377 cm
                                                      zeptkunst erst als reines Dokumentationsmedium in der           Art und Pop Art der 1960er-Jahre in den Werken von John Hil-           Kunsthaus Zürich, 2002, © Nachlass Hannah Villiger
                                                      Kunstwelt genutzt worden, aber schon wenige Jahre später        liard, David Hockney, Stephen Shore und Dan Graham sowie
                                                                                                                                                                                             2  Annelies Štrba, Linda mit Teddybär, 1981
                                                      hatte die «Fotografie an sich» (Douglas Crimp) an Terrain ge-   Urs Lüthi, Dieter Meier und Fischli/Weiss werden Arbeiten              Schwarzweissfotografie, auf Fotoleinwand belichtet, 110 x 150 cm
                                                      wonnen und wurde vom reinen Abbildungsmedium der Kon-           der frühen Schweizer Vertreterinnen und Vertreter der künst-           Kunsthaus Zürich, 1996, © 2019 ProLitteris, Zurich
20                                                         AUSSTELLUNGEN                                                                                                AUSSTELLUNGEN                                                   21
                                                                    Sammlung gelangten. Da die 1971 gegründete Fotostiftung
                                                                    Schweiz von 1976 bis 2003 im Kunsthaus beheimatet war und
                                                                    einen breiten Bereich des dokumentarischen Fotoschaffens
                                                                    abdeckte, orientierte sich die Sammlungskommission des
                                                                    Kunsthauses ab Mitte der 1970er-Jahre für Neuankäufe ver-
                                                                    stärkt an der künstlerischen Fotografie, die teilweise auch in
                                                                    Verbindung mit anderen Bildmedien, insbesondere Malerei,
                                                                    Grafik, Zeichnung, Video und Neuen Medien stand. Der Etab-
                                                                    lierung der Fotografie in Museen Rechnung tragend, wurden        K ATALOG
                                                                    1989 die fotografischen Bestände im Rahmen der umfangrei-
                                                                                                                                     Eine begleitende Publikation
                                                                    chen Schenkung der «Marc Rich Collection» zur Fotosamm-
                                                                                                                                     erscheint im Verlag
                                                                    lung zusammengefasst.                                            Scheidegger & Spiess und ist
                                                                                                                                     ab Ausstellungsbeginn im
                                                                    Unterstützt von Albers & Co AG                                   Kunsthaus-Shop erhältlich.

                                                       3

 gewann die Fotografie einen neuen Stellenwert im Kunstbe-
 trieb und eroberte neue Räume und neue Medien. Das Foto-
 buch und die Ausstellung als primäre Medien, um fotografi-                                                                                                                                                                             5
 sche Arbeiten zu präsentieren, wurden wiederentdeckt. Es
 ist also kein Zufall, dass in den späten 1970er- und den 1980er-
 Jahren zahlreiche Fotogalerien eröffnet wurden und eine
 wachsende Zahl von Kunstmuseen Fotografie in ihr Pro-
 gramm aufnahmen. In der Schweiz wurden wichtige Foto-
 buchverlage gegründet, darunter der Lars Müller Verlag in
 Baden, die Edition Patrick Frey und der Verlag Der Alltag in
 Zürich. Letzterer publizierte ab 1984 die Kunstzeitschrift
 «Parkett» und ging später in den Fotobuchverlag Scalo über.
 Diese Verlage sorgten mit ihren neuartigen Publikationsfor-
 men dafür, dass die zeitgenössische Schweizer Fotografie in-
 ternationale Anerkennung fand.                                                                                                                                                         3   Dan Graham
                                                                                                                                                                                        View Interior, New Highway Restaurant,
           FOTOGRAFIE IM MUSEUM: EINE KLEINE                                                                                                                                            Jersey City, N.J., 1967
                                                                                                                                                                                        2 Farbfotografien (Ektacolor), 133,3 x 102 cm
              GESCHICHTE DER FOTOGRAFIE                                                                                                                                                 Kunsthaus Zürich, 1996, © Dan Graham
 Auch das Kunsthaus mit seiner heute nahezu 1300 Werke                                                                                                                                  4   John Hilliard
 umfassenden Fotosammlung begann als klassisches Kunst-                                                                                                                                 Studie zu «Cause of Death».
                                                                                                                                                                                        Maquette for No. 3, 1974
 museum ab den 1970er-Jahren zeitgenössische Fotografie zu                                                                                                                              Schwarzweissfotografie, 47 x 47 cm
 sammeln. Die seit 1968 aktive Gruppe Junge Kunst des För-                                                                                                                              Kunsthaus Zürich, Vereinigung Zürcher
                                                                                                                                                                                        Kunstfreunde, Gruppe Junge Kunst, 1977,
 dervereins Vereinigung Zürcher Kunstfreunde spielte dabei                                                                                                                              © 2019 ProLitteris, Zurich
 nebst den regulären Sammlungsankäufen eine zentrale Rolle.                                                                                                                             5   David Hockney
 So beschloss sie 1975 für fünf Jahre ausschliesslich Werke jun-                                                                                                                        Gregory & Shinro on the Train, 1983
                                                                                                                                                                                        Fotocollage aus Farbfotografien auf
 ger englischer Künstlerinnen und Künstler anzukaufen –                                                                                                                                 blauen Karton aufgeklebt, 95,3 x 105,7 cm
 wodurch Werke von John Hilliard und Alexis Hunter in die                                                                                                                               Kunsthaus Zürich, 1988, © David Hockney
                                                                                                                                                                    4
LA
22                                                         ANZEIGEN                                                                                                                                ANZEIGEN                                                                                  23

     FEINE SCHWEIZER IMMOBILIEN                                                                                                                                                                                    LA LUCE ALPINA
                                                                                                                                                                                                                   Giovanni Segantini
                                                                                                                                                                                                                   Dove Allouche, Siegrun
               Wir pflegen noch die Kunst

                                                                                                                      LUCE
                                                                                                                                                                                                                   Appelt, Philippe Rahm,
                                                                                                                                                                                                                   Patrick Rohner, Not Vital
      der diskreten und k petenten Objektvermiung.
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     PETER RANDALL -PAGE
         2.6.– 10. 11. 2019
                                                                    KLOSTER SCHÖNTHAL
                                                                         www.schoenthal.ch.
                                                                                                                    ALPINA        28. 9.– 1. 12. 2019

                                                                                                                                                                                                             2EHUGRUIVWUDVVH‡=ULFK‡‡ZZZEOXPHQELQGHUFK

                                                                                                                                                                                                               KUNST
                                                                                                                                                                                                             BRAUCHT

                                                                                                                                                  PATEK PHILIPPE                                             K R E AT I V E
                                                                                                                                                                                                               KÖPFE.
                                                                                                                                                                                                            IMMOBILIEN                                       „Wir sind
                                                                                                                                       Privatsammlung von 200 Uhren aus dem
                                                                                                                                                                                                                                                           persönlich.“
                                                                                                                                                                                                               AUCH.

                                                                                                                                           Nachlass eines Basler Financiers
                                                                                                                                                                                                                                                                     Claude Ginesta, CEO
                                                                                                                                   Sonderauktion 7. November 2019
                                                                   Finanzberatung muss nicht abstrakt sein.
                                                                                                                                       Vorbesichtigung: 26. Oktober bis 3. November 2019
                                                                                                                                             Online-Katalog: www.dobiaschofsky.com                                                                 Ginesta Immobilien
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     Grosse private Vermögen sind oft vielschichtig und bestehen aus komplexen                                                                                                                                                                          www.ginesta.ch
                                                                                                                                                 DOBIASCHOFSKY AUKTIONEN AG
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                                                                                                                                                                                           Magazin

                                                                                                                    Kunsthaus Zuerich_129_Patek_89x122mm.indd 1                                   29.08.19 10:38
24                                                        ERWEITERUNG                                                                                                                                                       ERWEITERUNG                                             25

 Die Gerüste
 fallen
 Ein Ende der Bautätigkeit
 ist absehbar.
 TEXT Björn Quellenberg

 Nach einer Bauzeit von mehr als fünf Jah-
 ren wird die Erweiterung des Zürcher
 Kunsthauses im Winter 2020 fertiggestellt
 sein. Die Betriebsaufnahme des dann
 grössten Kunstmuseums der Schweiz er-
 folgt in Etappen.

     TEILÖFFNUNG UND TESTBETRIEB
            FRÜHJAHR 2021
 Für die Einrichtung des von David Chip-
 perfield Architects entworfenen Baus wer-
 den sich die Zürcher Kunstgesellschaft
 und die Stiftung Zürcher Kunsthaus die
 erforderliche Zeit nehmen. Die Aufnahme
 des Testbetriebs ist für das Frühjahr 2021
 geplant. Bis dahin sollen die Klimawerte
 ihren Zielwert erreicht haben. Während
 die wertvolle Kunst in die ihr zugedachten   Zeitpunkt ist mit dem Einzug der Samm-    von der grössten Dauerausstellung bedeu-                                              steinfassade bereits abgebaut sind fast               TIPP
 Sammlungs- und Depoträume einziehen          lung Emil Bührle, der Sammlung Merzba-    tender Werke Alberto Giacomettis. Letz-                                               fertig, aber im Innenausbau bleibt noch               Auf www.kunsthaus.ch wird im Herbst ein
 wird, kann die Öffentlichkeit an ersten      cher und derjenigen von Hubert Looser     tere wird bereits 2020 im Bestandsbau neu                                             einiges zu tun. Wie sich die zentrale Halle           neuer Clip zur Baustelle aufgeschaltet.
 künstlerischen Aktionen teilnehmen.          nicht nur das grösste Kunstmuseum der     eingerichtet.                                                                         präsentiert – die zukünftig nach dem                  Aktualisiert wird auch der Zeitrafferfilm. Er
                                                                                                                                    Foto © Amt für Städtebau, Juliet Haller

                                              Schweiz vollendet, sondern es entsteht                                                                                          Schweizer Unternehmer und Mäzen Wal-                  dokumentiert die Entwicklung des Geländes:
       VOLLBETRIEB HERBST 2021                auch eine ausserordentliche Sammlung           TAG DER OFFENEN TÜR 2020                                                         ter Haefner genannt wird – zeigt die Bau-             den Abbruch bestehender Gebäude, den
                                                                                                                                                                                                                                    Aushub und die archäologische Analyse, die
 Beiderseits des Heimplatzes voll funkti-     französischer Malerei. Weitere Impulse    Es braucht also noch etwas Geduld, bevor                                              herrschaft am nächsten Tag der offenen                Installation der Erdsonden und wie der
 onsfähig und komplett eingerichtet, wird     sind durch neue Wechselausstellungs-      das erweiterte Kunsthaus in seiner ganzen                                             Tür. Am Samstag, 29. Februar werden die               über­wiegend aus Recyclingbeton gegossene
 das Kunsthaus dann im Herbst 2021 zum        und Interventionsflächen zu erwarten,     Bandbreite erlebbar wird. Zwar wirkt die                                              Baustelle und das bestehende Gebäude                  Rohbau in die Höhe wächst.
 Normalbetrieb übergehen. Zu diesem           von Kunst, die nach 1960 entstand sowie   Hülle dort, wo die Gerüste vor der Natur-                                             offen und gratis zugänglich sein.
26                                                        ANZEIGEN                                                                                                                               ANZEIGEN                                                                  27

                                        SCHAER & WILDBOLZ

                                                                                                                                                                                            RUND
                                                                                                                                                                                              und
                                                                                                                                                                                   KUGELRUND
                                                                                                                                                                                  18.10. - 15.3.20
                                                                                                                                                                                    Künstlerhaus
                                                                                                                                                                                        Riehen bei
                                                                                                                                                                                        Fondation
                                                                                                                                                                                           Beyeler
                                                                                                                                                                                  geöffnet Mi- So,
                                                                                                                                                                                     11- 18.30 Uhr
                                                                                                                                                                            www.claire-ochsner.ch

                                                                                                                             GALERIE AUSSTELLUNGEN BERATUNG                  www.utebarth.com
                                                                                                                    Kunsthaus Zurich Inserat 89x60mm_CMYK.indd 1                             19.08.19 16:57

                                                                                                                             Gabriele Morschett und Anna Handick
                                                                                                                             Zwei Zeichnerinnen
                                                                                                                             26. Oktober - 23. November

                                                                                                                             Garda Alexander
                                                                                                                             28. November - 25. Januar
                                                                                                                                                                                                              1. 9. 2019 – 5. 1. 2020
                                                                                                                             Mit Buch Vernissage „Light Colour Form“                                          MASKE
                                                              Mit bewährter Anlagephilosophie.                              ART FORUM UTE BARTH                                                               In der Kunst der Gegenwart
                                                                                                                                                      Galerie für Moderne & Zeitgenössische Kunst
                                                                                                 Wir halten Wort.           Kartausstrasse 8 CH-8008 Zürich T +41 44 3802711 info@utebarth.com

                                                                                                                                                                                                              1. 9. – 27. 10. 2019
                                                                                                                                                                                                              CARAVAN 3 / 2019:
     Featured Artist:
     Kira Fritsch                                                                                                              Alles, was Kunst braucht.                                                      Mahtola Wittmer
                        Featured                                                                                               boesner-Läden sind mehr als Bezugsquellen für Künstlermaterialien,
                        Featured Artist:
                                 Artist: Nicole
                                         Nicole Schuste
                                                Schuste
                                                                                                                               Bilderrahmen und Bücher. Es sind Orte der Inspiration und Begegnung
                                                                                                                               für Künstler und Kunstbegeisterte.

                                                                                                                                                                                                              *Aargauer Kunsthaus
                                                                                                                                                                                                              Aargauerplatz CH–5001 Aarau
                                                                                                                                                                                                              Di – So 10 –17 Uhr Do 10 – 20 Uhr
                                                                                                                                                                                                              www.aargauerkunsthaus.ch
                                                                                                                               Aarberg | BE
                                                                                                                               Münchwilen | TG
                                                                                                                               Unterentfelden | AG                                                            John Stezaker, Mask (Film Portrait Collage) CLXXIII, 2014
                                                                                                                               Zürich | ZH                                                                    © the artist, courtesy the artist and The Approach, London
                                                                                                                                                                                                              Foto: FXP Photography, London, 2014
     www.foc.ch                                                                                                                www.boesner.ch

                                                                                                                    Anz_CH_Kunsthaus_Zurich_89x60_0917.indd 1                                05.09.17 11:52
28                             SAMMLUNG                                                                                              SAMMLUNG                                                                  29
                                                                                     Um das Objekt der Begierde – vor­
                                                                                     gestellt im Kunsthaus-Magazin
                                                                                     3/2019 – schürte der Tages-Anzeiger
                                                                                     eine Polemik. Hier erfahren Sie,
                                                                                                                                                        mitteilung, wobei wir aber geflissentlich erwähnten,
                                                                                     wie das Kunsthaus die Auswahl des                                  dass das Bild Tizian zugeschrieben werde, aber nicht
                                                                                                                                                        signiert sei.
                                                                                     Landschaftsgemäldes vorbereitet                                        In der Literatur wurde das Werk seit seiner Erst-
                                                                                     hat und worauf es sich stützt.                                     publikation 1844 fast ausnahmslos der venezianischen
                                                                                                                                                        Malerei des frühen 16. Jahrhunderts und darin entwe-
                                                                                                                                                        der dem Feld Giorgiones oder demjenigen Tizians
                                                                                                                                                        zugewiesen. Die Beurteilung des Werks im Detail
                                                                                                                                                        durchlief diverse Phasen. 1938 erstmals Tizian zuge-
                                                                                                Seit 2007 ermöglicht die Dr. Joseph Scholz Stiftung     schrieben, fiel es diesbezüglich schon in den 1950er-
                                                                                                dem Kunsthaus, regelmässig Werke der Altmeister-        Jahren wieder in Ungnade. In den Werkkatalogen
                                                                                                kunst für die Sammlung zu erwerben. Auf barocke         Tizians fand es keine Berücksichtigung – wobei es
                                                                                                Gemälde Sebastian Stoskopffs, Hendrik Terbrugg-         dort, als Gemälde auf Papier, technisch gesehen auch
                                                                                                hens, Philippe de Champaignes und Giovanni Lan-         einen Sonderfall darstellen würde. An drei Auktionen
                                                                                                francos folgte 2019 ein Bild, das dem italienischen     – 1988, 1994 und 1996 – lief das Bild dann, tief einge-
                                                                                                Renaissancemaler Tizian zugeschrieben worden ist.       schätzt, unter «Nachfolger» bzw. «Umkreis» von
                                                                                                Das schöne, in Ölfarben auf Papier gemalte Original     Giorgione.
                                                                                                zeigt eine weite Landschaft am Meer mit einem be-           Die wiederholte Zuordnung in den Bereich des
                                                                                                festigten Ort und einem Figurenpaar.                    durch melancholische, geheimnisvolle Bilder be-
                                                                                                   Der Ankauf war ein typischer «coup de foudre» des    rühmt gewordenen Giorgione erstaunt insofern nicht,
                                                                                                Kunsthauses. Christian Klemm, der als jahrzehnte-       als das Gemälde bis 2018 noch von nachgedunkelten
                                                                                                langer Konservator der Sammlung nicht zuletzt die       alten Firnisschichten bedeckt war, die es sehr trüb
                                                                                                Altmeister-Abteilung mitaufgebaut hatte und sie so      wirken liessen. Wer immer es vorher gesehen hatte,
                                                                                                gut kennt wie kein anderer, berichtete uns als kunst-   sah ein markant dunkleres Bild als wir heute.
                                                                                                wissenschaftlicher Gewährsmann der Scholz Stiftung          Nach 1996 ist seitens von Fachautorinnen und
                                                                                                von einem ganz besonderen Landschaftsbild, das er       -autoren keine andere Zuschreibung des Bildes als an
                                                                                                in London gesehen hatte und das Tizian zugeschrie-      Tizian publiziert worden. Positive Stellungnahmen

     Zugeschrieben!
                                                                                                ben war. Im Februar 2019 kam das Bild zur Ansicht ins   zur Autorschaft Tizians erfolgten zuletzt 2001 durch
                                                                                                Kunsthaus und es begeisterte uns sofort. Wenn es um     William Rearick, 2018 durch Matthias Wivel und
                                                                                                mögliche Ankäufe für die Altmeister-Sammlung geht,      2018/19 durch Paul Joannides, allesamt Autoren, die
                                                                                                wird stets besonders darauf geachtet, dass ein Werk     über Tizian und die Kunst seiner Zeit geforscht und
                                                                                                dort in den entsprechenden Sälen gut integriert wer-    publiziert haben und entsprechend im kunstwissen-
                                                                                                den und etwas Neues beitragen kann. Wir hatten so-      schaftlichen Kontext Anspruch darauf erheben kön-
      Zum Erwerb des Tizian-Bildes                                                              fort den Eindruck, dass das Werk perfekt eine Reihe     nen, Fachpersonen zu sein. Falls es auf dem wissen-
                                                                                                von Landschaftsbildern ergänzen würde, die aus Ge-      schaftlichen Feld Kritiker der Zuschreibung an Tizian
               TEXT Philippe Büttner                                                            mälden von Palma Vecchio (Werkstatt), Joachim           gibt, so haben sie sich also in all den Jahren noch nicht
                                                                                                Patinir (Werkstatt), Jan Brueghel (I) und Claude        gemeldet. Kritik gab es hingegen seitens des «Tages-
                                                                                                Lorrain gebildet wird. Dies bestätigte sich nach dem    Anzeigers». Sie enthielt einige interessante Elemente,
                                                                                                Hängen des Bildes zwischen den Werken dieser an-        war aber leider tendenziös verfasst. Wichtiges wurde
                                                                                                deren Künstler.                                         verschwiegen, manches war schlicht falsch: Die Be-
                                                                                                                                                        hauptung etwa, die Scholz Stiftung sei auf Abstand
                                                                                                             ZUSCHREIBUNG FOLGT                         zum Kunsthaus gegangen, war frei von Wahrheitsge-
                                          Foto © Kunsthaus Zürich, Franca Candrian

                                                                                                             JÜNGSTER FORSCHUNG                         halt. – Aber wie auch immer: Wir werden auch die
                                                                                                Nach Prüfung der kunsttechnologischen, kunstwis-        Bedenken des Tagi einbeziehen, wenn wir «unseren
                                                                                                senschaftlichen und provenienzmässigen Fakten           Tizian» nun weiter erforschen, bevor wir ihn ab dem
                                                                                                wurde das Werk im Einvernehmen mit der Scholz           3. Juli 2020 in einer Sammlungsausstellung zur Land-
                                                                                                Stiftung und dank den durch sie zur Verfügung ge-       schaftsmalerei von 1500 bis 1800 zeigen. Bis dann
                                                                                                stellten Mitteln erworben. Danach verfassten wir in     hängt das Bild – begleitet von zusätzlichen Informa-
                                                                                                unserer Euphorie sogar eine entsprechende Presse-       tionen – im Altmeisterbereich des Kunsthauses.
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     Juan Diego
                                                                                                                                                            21.9.2019 – 2.2.2020

     VIVA VERDI!

       21. JANUAR 2020
            KKL LUZERN
                   The Classical Company
                         Switzerland
                                                                     Simon Daniel Lafond 1763 –1831, Le Glacier superieur du Grindelwald & le Mont Wetterhorn (Detail), 1788, Sammlung Stiftung Familie Fehlmann Winterthur
            Weitere Informationen unter www.goodnews.ch
32                                                                 RESTAURIERUNG                                                                                                         RESTAURIERUNG                                                                          33
                                                                                                                                Die Skulptur «Falsche Götzen» (1983) ist
                                                                                                                                Teil der «Fieber»-Serie des Künstlerduos

     Falsche
                                                                                                                                Fischli/Weiss, welche zwischen 1983 und
                                                                                                                                1984 entstand. Die rund 25 grossformati-
                                                                                                                                gen, raumgreifenden Skulpturen wurden
                                                                                                                                in zwei Etappen für Ausstellungen in der
                                                                                                                                Kölner Galerie Monika Sprüth (1983) und

     Götzen
                                                                                                                                in der Pariser Galerie Crousel-Hussenot
                                                                                                                                (1984) geschaffen. Das Werk gehört zur
                                                                                                                                zweiten Schaffensetappe und wurde 1984,
                                                                                                                                kurz nach dessen erster Präsentation in
                                                                                                                                Paris, durch die Zürcher Kunstfreunde an-
                                                                                                                                gekauft.
     Restaurierung der
                                                                                                                                           SCHEIN UND SEIN
     Skulptur des Künstlerduos                                                                                                  Was auf den ersten Blick wie Stein aus-
     Fischli/Weiss                                                                                                              sieht, ist in Wirklichkeit Polyurethan-
                                                                                                                                Hartschaum. Dieser kommt vor allem im                   Die Restauratorin bringt die Kittmasse mit einem Mikrodosiergerät ein.

     TEXT Sandra Weber, Stefanie Bründler
                                                                                                                                Baugewerbe zum Einsatz und dient als
                                                                                                                                Dämmschutz. Als Material für eine Skulp-
                                                                                                                                tur ist er eher ungewöhnlich. Der 2-Kom-
                                                                                                                                ponenten-Polyurethan-Hartschaum wur-            Von Oktober 2018 bis Mai 2019 wurde                 nen Nadelaufsätzen präzise appliziert und
                                                                                                                                de in überdimensionalen Plastiksäcken        die Skulptur im Rahmen des Installations-              der Umgebung entsprechend strukturiert.
                                                                                                                                geschäumt. Aus dem Ausgangsblock             projekts – zeitweise vor den Augen des                 Bei tieferen Fehlstellen und grösseren Ris-
                                                                                                                                schnitzten die Künstler dann Figuren vor-    Publikums – untersucht, dokumentiert                   sen wurden zuerst Ergänzungen aus ge-
                                                                                                                                kolumbianischer Kulturen, verschiedene       und anschliessend konservatorisch-res-                 schäumter Methylcellulose zugeschnitten
                                                                                                                                Tiere und Gegenstände (zum Beispiel          tauratorisch behandelt. Neben Massnah-                 und eingepasst, bevor diese ebenfalls ge-
                                                                                                                                Schildkröte, Vogel, Holzbrett und Turm)      men wie der Reinigung, der Festigung des               kittet und abschliessend retuschiert wur-
                                                                                                                                sowie eine lavaähnliche Struktur. Sie        Materials und der Malschicht sowie dem                 den. Die Retusche erfolgte mit Aquarell-
                                                                                                                                schliffen die Oberfläche anschliessend ab    Kitten und Retuschieren von Fehlstellen,               farbe. Die gewählten Materialien erweisen
                                                                                                                                und trugen Acrylfarben auf.                  wurde die bestehende Verpackung opti-                  sich alle als sehr alterungsstabil. Bei einer
                                                                                                                                                                             miert und eine Sockelplatte angefertigt,               zukünftigen (farblichen) Veränderung
                                                                                                                                      ARBEITEN VOR PUBLIKUM                  um das Werk beim Handling und Trans-                   könnten sie ausserdem wieder bearbeitet
                                                                                                                                Die «Falschen Götzen» wurden bislang         port vor weiterem Materialverlust zu be-               werden.
                                                                                                                                erst ein einziges Mal im Rahmen der Aus-     wahren.                                                   Die Sockelplatte ist nun ein ständiger
                                                                                                                                stellungsreihe Carte-de-Visite (2000) im                                                            Begleiter des Werkes. Sie wird für die Aus-
                                                                                                                                Kunsthaus ausgestellt. Trotzdem wies die         UMFASSENDE UNTERSUCHUNG                            stellung, den Transport sowie die Lage-
                                                                                                                                fragile Skulptur einige Ausbrüche, Dellen           UND RESTAURIERUNG                               rung benutzt. Das Werk ist im Innern mit
                                                                                                                                und Abrieb auf, die primär auf Transport     Die Oberflächenverschmutzung wurde                     diesem Sockel verbunden und ist dadurch
                                                                                                                                und Handling zurückzuführen waren. Po-       durch Trockenreinigung mithilfe eines                  stabilisiert. So soll in Zukunft ein berüh-
                                                                                                                                lyurethanschäume sind lichtempfindlich.      Ziegenhaarpinsels, sanfter Druckluft und               rungsfreies Handling möglich sein. Das
                                                                                                                                Sie zersetzen sich unter Lichteinwirkung     einem Museumssauger entfernt. So                       restaurierte Werk ist in der Samm-
                                                                                                                                sehr schnell und werden druckempfind-        konnte der Grauschleier beseitigt und die              lung im ersten Geschoss des Müllerbaus
                                                                                                                                lich. Durch die bemalte Oberfläche ist der   Farbwirkung verbessert werden. In einer                zu sehen.
                                                                                                                                darunterliegende Schaum zwar weitestge-      ausgedehnten Testreihe wurden für die
                                                                                                                                hend geschützt, das Werk wies jedoch         anstehende Festigung und Kittung an                    Das Projekt wurde möglich durch die
                                                                                                                                zahlreiche Verletzungen der bemalten         Dummies unterschiedliche Bindemittel,                  grosszügige Unterstützung der Ernst
                                                                                                                                Oberfläche auf. An diesen Stellen war das    Füllstoffe und Applikationsmethoden ge-                Göhner Stiftung.
                                                                                     Foto © Kunsthaus Zürich, Franca Candrian

                                                                                                                                Materialgefüge akut gefährdet, weil dort     testet. Eine Mischung aus cellulotischen
                                                                                                                                das Licht direkt auf den Schaum einwirken    Füllstoffen und Methylcellulose als Binde-
                                                                                                                                konnte und es dadurch brüchig geworden       mittel erwies sich dabei als optimal, um
                                                                                                                                war. Zudem war die Gesamtwirkung durch       die Risse und Fehlstellen zu stabilisieren
     Fischli/Weiss, Falsche Götzen, 1983                                                                                        einen Schleier von Oberflächenschmutz        und schliessen. Diese Kittmasse wurde
     Polyurethan-Hartschaumstoff, Acryldispersionsfarbe, 138 x 160 x 142 cm
     Kunsthaus Zürich, Vereinigung Zürcher Kunstfreunde, Gruppe Junge Kunst, 1984,
                                                                                                                                beeinträchtigt.                              mit Hilfe eines Mikrodosiergeräts und fei-
     © Peter Fischli/David Weiss
34                                                                      ANZEIGEN                                                                                                                              INTERN                                                               35
                                                                                                                                                                                                                                              Stück), Cross-Selling fördern (z.B. Weih-
                                                                                                                                                                                                                                              nachtspackages für Firmen) oder neue
                         KWS             KUNSTPREIS 2019

                       TOBIAS WEBER
                                                                                             immobilien
                                                                                               kosmos                                                Gesamterlebnis                                                                           Ertragsquellen äufnen (z.B. Aufbau neu-
                                                                                                                                                                                                                                              es Geschäftsfeld Management-Seminare

                                                                                                                                                     Kunsthaus
                                                                                                                                                                                                                                              im Kunsthaus).

                                                                                                                                                                                                                                              Gibt es ein besonderes Erlebnis?
                                                                                                                                                                                                                                                 Als leidenschaftlicher Kultur-Verkäu-
                     PREISVERLEIHUNG
                                                                                                                                                     Seit Mai 2018 wird der neu geschaffene                                                   fer sind meine schönsten beruflichen
                     13. November 2019, 18 Uhr                                                                                                       Geschäfts­leitungsbereich «Verkauf & Services»                                           Erlebnisse diejenigen Momente, wo es
                                                                                                                                                                                                                                              uns gelingt, neue Kunden für unser
                     Laudatio: Sabine Arlitt
                                                                                                                                                     von Christoph Stuehn geleitet. Mitglieder- und                                           Museum zu gewinnen oder aus Kunden
                                                                                                                                                     Besucher­service, Shop, Gastronomie, Ver­                                                Stammkunden zu machen … Erst kürz-
                                                                                                                                                     mietungen und Events fallen in diesen Bereich.                                           lich konnte ich einer Kundin als Ge-
                                                                                                                                                                                                                                              schenk für einen verdienten Mitarbeiter,
                     AUSSTELLUNG
                     Fabian & Claude Walter Galerie
                                                                                                                                                     INTERVIEW Kristin Steiner                                                                der in Pension geht, ein ganzes Paket
                     Rämistrasse 18, 8001 Zürich                                                                                                                                                                                              von Kunsthaus-Angeboten verkaufen:
                     14. November bis 21. Dezember 2019                                                                                                                                                                                       10 Art-Brunch-Tickets, eine exklusive
                     Mittwoch bis Freitag, 14.00 – 18.30 Uhr                                                                                                                                                                                  Kunst-Stück-Veranstaltung und eine
                     Samstag 12.00 – 16.00 Uhr
                                                                                                                                                                                                                                              Paar-Mitgliedschaft für zwei Jahre.
                     KÜNSTLERGESPRÄCH                                                                                                                                                                                                         Das sind Sternstunden meiner Arbeit!
                     1. Dezember 2019, 14 Uhr                                                                                                                                                                                                    Besondere Freude bereiten mir auch
                     Anna Wesle (Museum Franz Gertsch) und Detta Kälin im
                                                                                                                                                                                                                                              unsere fast 20’000 Mitglieder. Sie besu-
                     Gespräch mit Tobias Weber
                                                                                                                                                                                                                                              chen unser Museum regelmässig, nutzen
                     Tobias Weber wird vertreten durch                                                                                                                                                                                        unsere vielseitigen Angebote, sind neu-
                     Galerie Alex Schlesinger, Zürich                                                                                                                                                                                         gierig und besonders interessiert an
                                                                                                                                                                                                                                              unserer Arbeit. Die Begegnung und das
                                                                                                                                                                                                                                              Gespräch mit unseren Mitgliedern,
                                                                                                                                                                                                                                              die zumeist auch Stammkunden und
                                                                                                                                                                                                                                              damit auch wichtige Botschafter für

                                                                                         more
                                                                                                                                                                                                                                              unser Haus sind, sind mir sehr wichtig.

                                                                                                                                                                                                                                              Und was ist Ihre persönliche

                                                                                         space?
                                                                                                                                                                                                                                              Motivation?
                                                                                                                                                                                                                                                 Nachdem mir meine Eltern ermög-
                                                                                                                                                                                                                                              licht haben, ein Instrument zu erlernen,
                                                                                                                                                                                                                                              habe ich schon früh gemerkt, wie wichtig
                                                                                                                                                                                                                                              Kunst und Kultur für mein Leben und

              LARA ALMARCEGUI
                                                                                                                                                     H
                                                                                                                                                                                                                                              unsere Gesellschaft im Allgemeinen sind.
                                                                                                                                                                                                                                                 Kulturelles Schaffen ist eine wichtige

              DEEP INSIDE — OUT
                                                                                                                                                            err Stuehn, was genau                träge aus Sponsoring, Museumsshop und        Quelle für Bildung und Inspiration und
                                                                                                                                                     beinhaltet Ihre Arbeit?                     der Vermietung zu Buche. Es ist uns ein      wirkt sich auf unser Leben und unsere
                                                                                                                                                        Mein Team und ich sind dafür zustän-     Anliegen, die Eigenfinanzierung des          Gesellschaft sinn- und identitätsstiftend
                                                                                                                                                     dig, den Museumsbesuch als «Gesamt­         Kunsthauses weiterhin zu steigern und        aus. Dabei spielen Museen wie das
                                                                                                                                                     erlebnis» zu gestalten und zu verkaufen.    dadurch die finanzielle Basis zu legen für   Kunsthaus eine zentrale Rolle im Be-
                                                                                                                                                     Dazu gehört ein professioneller und         unser wachsendes Ausstellungspro-            reich der Kulturproduktion, -vermittlung
                                                                                                                                                     freundlicher Kundenservice genauso wie      gramm und den inskünftig vergrösserten       und -erhaltung. Schon als ich mich
                                                                                                                                                     attraktive Aufenthaltsbereiche oder ein     Museumsbetrieb. Ein besonderer Reiz          für ein Wirtschaftsstudium entschieden
                                                                                                          Foto © Kunsthaus Zürich, Franca Candrian

              28. AUGUST — 17. NOVEMBER 2019                                                                                                         abwechslungsreiches Verpflegungsange-       meiner Arbeit liegt darin, dass es nicht     habe, war es mein Traum, in meinem
                                                                                                                                                     bot. Ein wichtiger Aspekt meiner Arbeit     nur darum geht, den Museumsbesuch zu         späteren Berufsleben Wirtschaft und
              Graphische Sammlung ETH Zürich                                                                                                         liegt im kommerziellen Bereich. Das         verkaufen oder unser einzigartiges           Kultur miteinander verbinden zu kön-
              Mo − So 10 −16.45 Uhr, www.gs.ethz.ch                                                                                                  Kunsthaus verfügt über eine vergleichs-     Raumangebot zu vermarkten, sondern           nen. Ich erachte es deshalb als ein gros-
              Die Graphische Sammlung befindet sich im                                                                                               weise hohe Eigenfinanzierungsquote.         ich kann mich auch mit neuen Produk-         ses Privileg, dass ich seit fast 20 Jahren
              Hauptgebäude der ETH Zürich.                                                                                                           Neben den Ticketeinnahmen schlagen          ten einbringen, die den Museumsbesuch        diesen Traum leben darf.
                                                                                                                                                     v.a. die Mitgliederbeiträge sowie die Er-   bereichern (z.B. Art-Brunch oder Kunst-

ETHG-2019-89x122mm-Kunsthaus-Magazin-Almarcegui-0816-01-FU.indd 1           16.08.19 14:45
ANZEIGEN                                                                             37
                                                                                                                                                                                                                   AT E L I E R R I G H I N I | F R I E S

                                                                                                                                                                                                          C’EST BEAU LA RUE!
                                                                                                                                                                                                                 Stadtansichten von Hanny Fries,
                                                                                                                                                                                                                 Willy Fries und Sigismund Righini.
                                                                                                                                                                                                                  19. Oktober bis 21. Dezember 2019
                                                                                                                                                                                                                                                                                       JOSEF
Rémy Zaugg Schau, ich bin blind, schau. Nr. 47 (orange 302 / bleu-vert clair 22), 1998, Kunstmuseum Basel, Schenkung Hans und Monika Furer-Brunner Stiftung, 2019

                                                                                                                                                                                                              Do 17 – 20 Uhr | Sa 10 – 17 Uhr | Eintritt frei

                                                                                                                                                                                                                                                                                       ALBERS
                                                                                                                                                                                                                                                                                       Homage to the Square in the Making
                                                                                                                                                                                                                                                                                       28. September 2019 – 2. Februar 2020

                                                                                                                                                                                                                                                                                       Piazza San Biagio 9      Öffnungszeiten
                                                                                                                                                                                                                                                                                       CH–6500 Bellinzona       Mittwoch - Freitag 14 – 18
                                                                                                                                                                                                                                                                                       +41 (0)58 203 17 30/31   Samstag, Sonntag
                                                                                                                                                                                                                                                                                       museo@villacedri.ch      und Feiertage 10 – 18
                                                                                                                                                                                                                                                                                       www.villacedri.ch        Montag und Dienstag
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                geschlossen

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Città di B

                                                                                                                                                                                                         Atelier Righini Fries, Klosbachstrasse 150, 8032 Zürich
                                                                                                                                                                                                          Weitere Informationen unter: www.righini-fries.ch                                                                  Media partner

                                                                                                                                                                                                         Kunstmuseum Lausanne
                                                                                                                                                                    VON Rémy Zaugg                       Eröffnungsausstellung
                                                                                                                                                                    BIS JOhN BaldeSSaRI                  in neuer Architektur
                                                                                                                                                                                            17. 08.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             © Matthieu Gafsou
                                                                                                                                                                    Die Sammlung
                                                                                                                                                                    Hans und Monika Furer     01.12.19   5.10.2019 — 12.1.2020                              Eintritt frei
                                                                                                                                                                                                                                                              mcba.ch
38                                 MEINUNGEN                                                                                                     MEINUNGEN                                                               39

                                                                                        Ich war heute mit einer Klasse der
                                                                                        Kantonsschule Stadelhofen in der
                                                                                        Sammlung des Kunsthauses und
                                                                                        möchte mich bei Ihnen sehr herzlich                                                    Ich entschuldige mich dafür, dass ich
                                                                                        bedanken: Wir wurden von einer sehr                                                    einen Teil Ihrer Wand aus Versehen
                                                                                        freundlichen Dame empfangen und                                                        zerkratzt habe. Es liegt daran, dass ich
                                                                                        instruiert. Schon meine telefonische                                                   einen blöden Reflex habe, der mich
                                                                                        Anmeldung vor einer Woche wurde                                                        dazu verleitet, immer wenn ich an
                                                                                        unkompliziert und kompetent bearbei­                                                   einer Wand vorbeilaufe, mit der Hand
                                                                                        tet. Meine Schüler/innen und ich haben                                                 ihr nachzufahren. Aber als ich an Ihrer
                                                                                        das Kunsthaus als ein sehr offenes                                                     Wand vorbeilief, hatte ich zufällig Ihren
                                                                                        und spannendes Haus erlebt. Vielen                                                     Eintrittsjeton in der Hand und dann
                                                                                        Dank!                                                                                  habe ich mit meinem doofen Reflex
                                                                                                                                                                               unabsichtlich die Wand zerkratzt. Es
                                                                                        S. Cassani

 Post ans
                                                                                                                                                                               tut mir sehr leid!

                                                                                                                                   It’s like a shrine on top of a hill. You    Vincent
                                                                                        �                                          walk through art on entrance and make
                                                                                        I have visited the Kunsthaus Zürich        sure you get a white coffee at the cafe

 Kunsthaus
                                                                                        several times before utilizing spare       of the museum. The first time I came        �
                                                                                        time during my business trips to Zürich    here was in 1984. Still good today if not   Hallo, ich bin hellsichtig und arbeite
                                                                                        and found it as one of the best muse­      better. Fantastic museum. In my World       auch mit Pendel, wird von der geistigen
                                                                                        ums in the globe. Thus I would like to     top 20 list.                                Welt oder dem Universum als echt
                                                                                        spend several days (not several hours)                                                 angegeben. Nicht lachen, es ist ernst!
                                                                                        in it. The brand new large museum          P. Gauer Navarro                            Dieses Bild ist ein echter Tizian!
 Wir freuen uns immer wieder, von Ihnen                                                 wing also appears very attractive with a
                                                                                        wider exhibition coverage of your
 zu hören – ob Lob oder Tadel, per Mail, per                                            splendid art work archive as well as a     �
                                                                                                                                   Die Kokoschka-Ausstellung, die wir
                                                                                        number of art works newly exhibited
 Post oder über Facebook. Hier für Sie eine                                             including ‘Stiftung Sammlung E.G.          heute angeschaut haben, ist grosse
                                                                                                                                   Klasse!!! Seit langem konnte ich
 Auswahl von Nachrichten, die uns während                                               Bührle’. For my forthcoming visit, I am
                                                                                        considering to become a member of          meinen Mann mal wieder dazu
                                               Ein «Platz der Künste» sollte es
 der letzten Monate erreichten.                werden! Einen Verkehrsknoten mit         the Kunsthaus Zürich with very             bewegen, mit mir eine Ausstellung zu
                                                                                                                                   besuchen. Wir wurden nicht ent­
                                               Velostreifen und einer begrünten         convenient registration system as I
                                                                                        have enjoyed such museum member­           täuscht. Danke allen Beteiligten, die
                                               Verkehrsinsel hat die Stadt Zürich                                                  diese super Schau möglich gemacht
                                               Ende Mai als Ergebnis eines Studien­     ships as Musée d’Orsay Carte Blanche
                                                                                        and Belvedere Jahreskarte.                 haben.
                                               auftrags vorgestellt.
                                                  Ein freier, unverstellter Raum muss   H. Nihei                                   I. Hänni
                                               die Kunsthäuser und das Schauspiel­
                                               haus miteinander verbinden und           �                                                                                                 Dieser Text erreichte uns auf
                                               ausgewählte Kunstwerke sollen ihn als    Der Schweizer Museumspass ist noch         �                                                      einer herausgerissenen Seite der
                                                                                                                                   Une collection d’une beauté et d’une                   Basler Zeitung mit dem Bericht
                                               Platz der Künste prägen. Das Denkmal     immer ausgerechnet im wohlhabenden                                                                «Ein halber Tizian».
                                               des heute unbekannten Ignaz Heim         Zürich nicht gültig. Will sich hier eine   diversité étonnantes... Accessibilité
                                               und die ehemalige Tramwartehalle         feine Gesellschaft von den normalen        gratuite les mercredis... la possibilité
                                               haben auf diesem Platz keine Berechti­   Freunden der Kunst abgrenzen               offerte aux classes défavorisées
                                               gung mehr. Mit weitsichtiger Perspek­    können?                                    d’accéder à ce que l’élite en général se
                                               tive lässt sich die Verkehrsfläche          Es ist in der Tat sehr enttäuschend!    réserve! Bravo. Emotion, calme,
                                               reduzieren. Kreative Planung ist         Hoffentlich ändert sich dieser Zustand     douceur de la beauté.
                                               gefragt, nicht pragmatische Verwal­      wenn der (mit Millionen aus Steuer­        S. Rosset
                                               tung des Herkömmlichen.                  geldern finanzierte) Neubau eröffnet
                                               Hugo Wandeler,                           wird …
                                               dipl. Architekt ETH/SIA, Planer FSU      T. Asch
40                                                                GLOSSE                                                                                                                                                                                   CLICK

 Sommer­                                                                                                                                                                Vernissage «Matisse.
                                                                                                                                                                                                                                                                                CLICK
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                                                                                                                                                                        Metamorphosen»
 inspiration                                                                                                                                                            29. August 2019
                                                                                                                                                                                                                       1

 Sommer liebe ich, besonders den Sommer im Kunsthaus.
 Während sich andere um die Schattenplätze am See streiten
 oder drängende Enge am Meer in Kauf nehmen müssen,
 habe ich gleichzeitig Raum und Erfrischung: Für Geist und
 Körper. Einen Schal und Jacke mitzunehmen wäre aller-
 dings nicht falsch gewesen. Von den Strömungen der Klima-
 anlage lasse ich mich treiben. Zuerst zur Ausstellung Bruère.                                                                                                                                                                     3
 Dort stolpere ich überrascht über ein grosses Porträt eines
 Mannes, dem ich schon des Öfteren begegnet bin, einer
 der vielen, die uns Besucher beaufsichtigen. Was würde
 sonst alles den Menschen einfallen? W liebt C in den Rah-
 men schnitzen oder gar aufs Werk kritzeln?
                                                                                                                                                                        1  Offene Augen und Ohren für die Kunst
    Diese schnelle Hand des Guillaume Bruère. Freue mich                                                                                                                beweist seit Jahren Peter Haerle, Kulturchef
 an dem scheinbar so lässig hingeworfenen «Krieg» von                                                                                                                   der Stadt Zürich und Mitglied im Vorstand
                                                                                                                                                                        der Zürcher Kunstgesellschaft.
 Böcklin und dem van Gogh. Kunst ist stets Inspiration für
 den Künstler. Ganz im Vertrauen, ich bekomme auch Lust                                                                                                                 2  Für einmal nicht nur Partner, sondern
                                                                                                                                                                        auch Produktsponsor: Die Credit Suisse
 zu malen, wenn ich im Kunsthaus bin, die Freude an Kreati-                                                                                                             sorgte für’s Glace.
 vität springt einfach rüber. Geht es Ihnen vielleicht auch so?
                                                                                                                                                                        3   Renaud Lallement (Vertreter der
 Wie viele greifen wohl nach dem Besuch im Kunsthaus zu                                                                                                                 französischen Botschaft in der Schweiz),
 Pinsel, Stift, Ton oder klopfen eine Installation? Sie trauen                                                                                                          Claudine Grammont (Direktorin des Musée
                                                                                                                                                                        Matisse, Nizza) und Kuratorin Sandra
 sich nicht, das wäre eine Anmassung, finden Sie? Sie wären                                                                                                             Gianfreda debattieren vor Matisse’
 doch schliesslich kein Künstler.                                                                                                                                       Modelliertisch über die Ausstellung.
    Wissen Sie, was Salvador Dalì dazu sagte? «Wer nicht
 nachahmen will, kann auch nichts erschaffen.» Oder kennen
 Sie diese Geschichte: Robert Ryman (der mit den weissen
                                                                                                                                                                                                                                       Lange Nacht
 Bildern) studierte Jazz-Musik in New York und jobbte als                                                                                                                                                                              der Museen
 Aufsicht im Museum of Modern Art. Durch die Begegnung
 mit Kunst und Künstlern liess er die Musik sein und fing an                                                                                                                                                                           7. September 2019
 zu malen. Erfolgreich, wie wir unschwer erkennen. «Jedes
 Kind ist ein Künstler», sagte Picasso, «das Problem besteht                                                                                                                                                                           4   Karin Minger tanzt Matisse.
                                                                      Fotos © Caroline Minjolle, Werke Matisse: © Succession Henri Matisse / 2019 ProLitteris, Zurich

 darin, Künstler zu bleiben, wenn man erwachsen wird.» Es
                                                                                                                                                                                                                                       5  Konzert vor Segantinis «Alpweiden»:
 gibt kein falsch oder richtig, nur dieses Gefühl es tun zu                                                                                                                                                                            Die Bündnerin Ursina.
 müssen. Fragen wir doch mal die porträtierte Aufsicht nach
                                                                                                                                                                                                                                       6  Breakdancen und gleichzeitig malen?
 den Plänen? Jedenfalls bearbeite ich nachher, nach dieser                                                                                                                                                                             Christian Martinez alias «La Furia»
 Glosse, noch eine Leinwand mit weisser Strukturpaste.                                                                                                                                                                                 macht’s vor.
                                                                                                                                                                                                                           5
 Genau, ich ahme nach.

 Ihre Sabine Meisel
 www.sabinemeisel.com                                                                                                                                                   4

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