Frauenmörderin? - Annotation zum Buch "Caroline H.: Die gefährlichste der Schweiz?" von Carlos Hanimann - Kulturexpresso

Die Seite wird erstellt Eske Baier
 
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Frauenmörderin? – Annotation
zum Buch „Caroline H.: Die
gefährlichste     Frau    der
Schweiz?“ von Carlos Hanimann
Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Einen recht bizarren
Kriminalfall der Schweiz seziert Carlos Hanimann in „Caroline
H.: Die gefährlichste Frau der Schweiz?“.

Es geht um eine Brandstifterin und vermeintliche Mörderin, die
im Dezember 2001 durch das Zürcher Obergericht zu
lebenslänglichem Zuchthaus und anschließender Verwahrung
verurteilt wurde.

Über die inhaftierte Dame wird in der Schweiz in regelmäßigen
Abständen berichtet, weil so vieles an ihren Aussagen zu den
beiden Frauenmorden, die später zur Verurteilung führten,
offensichtlich nicht zusammenpasst.

Hanimann begibt sich auf Spurensuche, doch es ist eine
Spurensuche des Scheiterns, weil seine Bemühungen von Caroline
H. und ihrem Anwalt nicht unterstützt, bzw. behindert werden.
Herauszubekommen woran diese Behinderung liegt, ist eine der
schönen Kniffelaufgaben des etwas knapp geratenen Büchleins.

Nicht umspannend schildert der Autor seinen Eiertanz um den
heißen Brei. Mal hat er einen kompetenten Interviewpartner an
der Angel, dann springt er wieder ab. Dann füttert ihn sein
Hauptzweifler, ein anonymer Schweizer, mit neuen Infos und
weiter geht die Suche nach alternativen Tätern und Motiven.

Interessant, aber unbewiesen: Caroline H. hat in Therapie
inzwischen von ihren Geständnissen Abstand genommen und die
Tötungsdelikte bestritten. Frauen mochte sie nicht nie, Männer
auch nicht. Ihre Liebe schenkt sie Katzen, eine Katze ist im
Knast ihr wichtigster Bezugspunkt.

«Frauen sind manchmal einfach furchtbar zickig und nervig.»
Selbst im Gefängnis würden sie sich «auftakeln, schminken,
künstliche Nägelchen – aber so sind Frauen halt», sagte sie
kürzlich einer Schweizer Zeitung.

Bibliographische Angaben

Carlos Hanimann, Caroline H.: Die gefährlichste Frau der
Schweiz?, 79 Seiten, Verlag: Echtzeit, Basel 2019, ISBN:
3-906-80714-0, Preis: 24 EUR
Funkenflug vom Höhenfeuer in
Chur oder Kulturrevolution im
Theaterdiscounter in Berlin
Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Am 28. September 2019
soll im TD genannten Theaterdiscounter die Kulturrevolution in
Berlin ausgerufen werden.

So und nicht anders steht es in einer DT-Pressemitteilung vom
23.9.2019, in der es dazu weiter heißt, dass „eine Zukunft
ohne den Zwang zur Lohnarbeit und befreit von der Verdummung
durch die Datengiganten“ ausgerufen werde.

Künstler aller Sparten sollen „prozesserprobt die Führung in
eine unbekannte neue Welt der Muße und Verantwortung“
übernehmen. Folgt das Publikum? Oder folgt es nur dem Ruf in
die Vorstellung, bei der sich das Schauspiel um die Frage „Wie
wird sich die Arbeit in Zukunft verändern und neu gestalten“
zu drehen scheint.

Die „eine Art-Fiction von Georg Scharegg & Ensemble“ soll zu
sehen und hören sein am 28. und 29.9.2019 sowie am 1. und 2.
Oktober 2019, jeweils ab 20 Uhr.
Ihre Weltpremiere feierte diese „Kulturrevolution“ übrigens in
der Schweiz und zwar am 9.1.2019 im Rahmen des biennalen
Festivals „Höhenfeuer“ am Theater Chur.

Dieser Funken des Höhenfeuers sprang offenbar auf Berlin nicht
um. Immerhin kommt das Stück auf eine Berliner Bühne.

Das          höchstgelegene
Jazzfestival   der  Welt  –
Festival da Jazz St. Moritz
2019
St. Moritz, Schweiz (Kulturexpresso). Das höchstgelegenen
Jazzfestival der Welt läuft noch bis zum 4. August 2019. Die
Rede ist vom renommierten Festival da Jazz St. Moritz, das
seit elf Jahren in einem der elegantesten Kurorte der Welt,
inmitten der atemberaubend schönen Berglandschaft des
Oberengadins veranstaltet wird.

Seit dem 4. Juli 2019 werden auf 1822 über Normalhöhennull
Sommerkonzerte gegeben. Wohl wahr, das Festival da Jazz
betrachtet den meist sonnigen St. Moritzer Sommer „als
integralen Bestandteil der Happenings“. Deswegen wohl werden
„zum wiederholten Mal … Konzerte im Taiswald“ gegeben nach dem
Motto „Fuchs, Hase und ein wenig Jazz“.

Franco Ambrosetti ehrt mit
seinem Preis Anna Känzig und
Heiri Känzig
St. Moritz, Schweiz (Kulturexpresso). Franco Ambrosetti hat
einen Preis gestiftet, der mit 10.000 SFr. dotiert ist. Damit
will er Schweizer Musiker ehren, die sich um den Jahh in der
Schweizer Eidgenossenschaft verdient gemacht haben, heißt es
in einer Pressemitteilung von Cubus Music vom 2.7.2019.
Franco Ambrosetti. © Foto: John Abbott

Am 30.7. werde Ambrosetti werde am 30. Juli den diesjährigen
Preis persönlich an „Känzig & Känzig“ übergeben, die mit ihrem
Album „Sound and Fury“ … auf dem sechsten Platz der Schweizer
Charts landeten.

Anna Känzig habe sich für „Känzig & Känzig“ mit ihrem Onkel
Heiri Känzig zusammengetan. Der sei „international“ einer der
„führenden Jazzbassisten“. Zitat: „Was Känzig und Känzig
miteinander verbindet, ist ihr offener musikalischer Horizont.
Für ihr erstes gemeinsames Projekt haben sie sich als
Inspirationsquelle das ‚Great American Songbook‘ ausgesucht.“

Reinhören!
Und vorbeischauen bei dieser Veranstaltung des diesjährigen
Festival da Jazz St. Moritz. Ort: Hotel Walther, Via Maistra
215, Pontresina. Zeit: 30.7.2019, Beginn: 16 Uhr, Konzert 17
Uhr.

Calanda    kommt    auf   den
Geschmack – Zum Kriminalroman
„Versuchung“    von   Florian
Harms
Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Privatermittler Calanda,
der aufs Suchen von Personen spezialisiert ist und meist
findet, fliegt von Hamburg nach Zürich, um von seinen neuen
Auftraggebern Informationen einzuholen. Dort kommt der Mann,
der „in kenntnisreichen Kreisen einen exzellenten Ruf“ genießt
und selbstredend Diskretion groß schreibt, nicht nur
buchstäblich auf den Geschmack, sondern setzt selbst dann „ein
betont teilnahmsloses Gesicht“ auf, wenn er die Witterung
aufgenommen hat.

Das Geld des Mannes, der als zuverlässig und vertrauensvoll
gilt, kommt von den hohen Herren eines Lebensmittelkonzern,
die in ihrer Gier nach Profit anderen zuvorkommen wollen und
niedere Methoden kennen, koste es, was es wollen, um an das
Begehrte zu gelangen.

In den Geschichten, zu den Florian Harms in seinem Debütroman
„Versuchung“ ausholt und die ausschweifend erscheinen mögen,
aber im Laufe der Ereignisse und Erzählung zu einem Strang
verknüpft werden, der – nebenbei bemerkt – hält, was er
verspricht, wird viel gekostet und selbstverständlich kostet
das in einem Kriminalroman Menschenleben, die auch die
Bewahrer eines der letzten großen Geheimnisse der Menschheit
in Kauf nehmen.

Dabei soll Calanda, der auch auf den Geschmack kommt, für den
Schweizer Lebensmittelkonzern eigentlich nur August Lieblig
suchen und finden. Dieser ist auf der Suche nach seinem
verschollenen Vater irgendwo über der Wüste Nordafrikas
abgestürzt. Wohin ist Lieblig verschwunden – und was hat er
über den neuen Geschmack, den das Schweizer Unternehmen
gefunden zu haben glaubt und der eine außerordentlich starke
Wirkung auf die menschlichen Sinne haben soll, herausgefunden?

Nicht nur der Privatermittler, auch die anderen Protagonisten
des Thrillers, bei dem der Leser auch etwas über die Errungen-
und Machenschaften der Biotechnologie beigebracht bekommt,
schlittern von einem Erlebnis zum anderen und treffen auf
schillernde Persönlichkeiten zwischen Rommel und Rendite,
Himmel und Hölle, Al-Dschadida und Aleppo.

Dabei nimmt Florian Harms als wort- und weltgewandter Autor
seine Leser zwar mit auf eine Reise von Marokko bis Syrien,
wobei er immer wieder zwischen Okzident und Orient wechselt,
dass man wir werden möchte, doch es ist eine mit hü und hott,
hin und her. Nicht nur das, Harms hüpft auch durch die Zeiten
und führt den einmal gefesselten Leser mit in eine Welt aus
Tausendundeine Erzählung, die den in Sachen Morgenland
unbeschriebenen (besser: vorverblödeten) Blättern über die
literarische Form einen scheinbar leichteren Weg ebnet, um
Leute und Länder besser kennenzulernen.

Vor dieser Leistung, seine Erkenntnisse, die im Wesentlichen
auf Erfahrungserkenntnisse basieren, umgangssprachlich zu
vermitteln und also das Verstandene mundgerecht zu erklären,
zu erläutern, zu erzählen, damit jeden die nicht nur einfach
so hingeschriebenen Happen schlucken kann, sondern auch
verdauen, muss man großen Respekt haben. Das bedarf nicht nur
Talent, sondern viel Fleiß und also Zeit.

In diesem Buch steckt ein gutes Stück Florian Harms, der 1973
geboren wurde und sowohl in Freiburg im Breisgau als auch in
Damaskus Islam- und Politikwissenschaft studierte.

Dass die Feder des Bildungsbürgers und hauptberuflich tätigen
Formulierers hier und da etwas zu bemüht geführt wird, das
darf man bei seinem ersten Roman getrost überlesen, denn mit
diesem   fiktionalen   Text  dürfte   Harms  mehr   zur
Völkerverständigung beigetragen haben als unzählige
themenzentrierte Texte Abertausender von Journalisten.

Bibliographische Angaben

Florian Harms, Versuchung, Kriminalroman, 448 Seiten, Format:
14.5 x 21.0 cm, Verlag: Benevento, ISBN-13: 9783710900570,
Preise: 20 EUR (A), 20 EUR (D), 28,90 SFr, E-Buch: ISBN-13
9783710950803, Preise: 15,99 EUR (A), 15,99 EUR (D), 23 SFr

Mutter der Nanas – Künstlerin
Niki de Saint Phalle wäre 88
Jahre alt geworden
Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). 1930 wurde sie am 29.
Oktober geboren, im Mai 2002 starb sie 71jährig in La Jolla,
einer Community von 50.000 Einwohnern in den USA. 7 Meilen
oder 11 Kilometer lang ist die Küstenlinie La Jollas am
Pazifik, das zur Stadt San Diego gehört, seit Kalifornien um
1850 ein Staat wurde. Der heutige Bundesstaat der USA gehörte
zu Mexiko und war eine Kriegsbeute nach dem mexikanisch-
amerikanischen Krieg wie Arizona, New Mexico und andere
Provinzen auch. Niki de Saint Phalle hatte es geschafft.
Ihr Name und ihre Kunst wurden weltweit berühmt, vor allem in
Europa und in den Vereinigten Staaten von Amerika. Besonders
herausragend im doppelten Sinne sind riesige bunte
Frauenfiguren, die sogenannten Nanas.

Wer an einem Ort wie La Jolla seinen Alterssitz hätte, dem
stünden lange Sandstrände und felsige Uferbereiche in
allernächster Nähe sehr abwechslungsreich zur Verfügung. Hier
an der Ostküste des Stillen Ozeans geht die Sonne, so die
Wolken es zulassen, immer im Meer unter. Im größten Weltmeer,
das der blaue Planet zu bieten hat.

Niki de Saint Phalle und ihr Werk. Zum
Beispiel „Hon“
Der Lebensweg von Niki de Saint Phalle war lang und
interessant. Sieben Jahrzehnte mit Reisen, von denen man viel
erzählen könnte. Sie gewann wichtige Freunde und Mitstreiter
in der Kunstwelt und lernte viele Menschen kennen.

Zum Beispiel Claes Oldenburg und Martial Raysse. Pontus Hulten
hatte sie nach Schweden eingeladen. Im Moderna Museet in
Stockholm sollte parallel zur elften Ausstellung des
Europarates im Nationalmuseum, „Königin Christina“, eine
Skulptur gezeigt werden. Herr Hulten bat die vier Künstler,
Jean Tinguely eingeschlossen, sie zu bauen. Da die anderen
drei absagten, verhindert waren, oder, wie Tinguely, keine
rechte Lust hatten, machte Niki de Saint Phalle es allein.
Schweden ist kein armes Land und recht groß. Das stolze
skandinavische Königreich war durch seine Erze ziemlich
unabhängig und blieb im Zweiten Weltkrieg neutral. Das
‚moderne Museum‘ für moderne Kunst ist nicht klein; die große
Halle erst recht nicht. So entstand „HON“ (schwedisch für
Sie). „Die größte Nana aller Zeiten“, wie es ihre Düsseldorfer
Biographin, die Kunsthistorikerin Dr. Monika Becker ausdrückt.

Keine Reise nach Moskau
Letztlich machte Tinguely doch mit und Per O. Ultvedt stieß
dazu. Doch den dreien fiel nichts ein. Pontus Hulten „wollte
die Inspiration beflügeln, indem er den Künstlern anbot, ein
paar Tage nach Moskau zu reisen“. Vielleicht dachte Hulten an
die Zwiebeltürme, die den Rundungen der Nanas in nichts
nachstehen.

Die Erlöserkirche in Leningrad, wie Sankt Petersburg damals
noch hieß, ist ein Beispiel für den beeindruckenden Gebrauch
der Farben. Auch in der russischen Hauptstadt gibt es
unzählige kunsthistorische Beispiele. Die Petersburger Kirche
ist von so einer beeindruckenden Schönheit und
Andersartigkeit, dass sie aus einer anderen Welt zu stammen
scheint. Staunend hält man an und ein. Ähnlich wie die Sagrada
familia in Barcelona, sind das die Orte, wo Kunst Ehrfurcht
bewirkt – und Transzendenz.

„Leider wurde nicht daraus“. Aus der Reise in die Sowjetunion,
schreibt Dr. Becker.

Also blieb Niki de Saint Phalle bei den Farben aus Henri
Matisses Palette. Hellgrün, Gelb, Blau, Rot und Orange.
Ergänzt durch ein leuchtendes Rosa. Für Sprachverführte und -
verirrte: Rosa ist das, was viele heute „pink“ nennen.
Dazu kam an einigen Stellen Schwarzweiß.

Zeitdruck und Zufälle
Das Problem, rechtzeitig zur Ausstellungseröffnung im Moderna
Museet fertigzuwerden, löste Pontus Hulten. Er schlug eine
Nana vor, die die ganze Museumshalle ausfüllen sollte. Höchste
Eisenbahn. Bis zum Eröffnungstermin 9. Juni waren nur noch 6
Wochen geblieben. Da die Halle sich in die Waagerechte
erstreckt, musste „SIE“ liegen. Fast 27 Meter lang sollte sie
werden und von innen begehbar! „Oberweite: 24 Meter.“

In anderthalb Monaten hätte die drei Künstler – ja, zwei
Künstler und eine Künstlerin verflixt – das nie allein
schaffen können. Tinguely leitete andere an.

Wieder wurde Pontus Hulten aktiv. Er wohl mehr als die
Künstler war in der Verantwortung, wenn sein Stadion erst nach
den Olympischen Spielen fertig geworden wäre.

Er organisierte eine Mannschaft. Darunter Rico Weber. Der war
auch aus der Schweiz. So ein Zufall. Doch damit nicht genug:
Weber, der sich zu dem Zeitpunkt als Koch in der Snackbar des
Museums etwas dazuverdiente, war Künstler. Als deutsch und
französisch sprechender Künstler war die Kommunikation im
fernen Schweden kein Problem.

Jetzt hatte er für die nächsten zehn Jahre einen Job; solange
arbeitete er nämlich dann mit Tinguely und de Saint Phalle
zusammen. Im Register der Beckerschen Biographie taucht er
allein zwölfmal auf.

Kopfkino? Nein, Kino im linken Arm
In einem Arm war ein kleines Kino vorgesehen mit genau einem
Dutzend Plätze. Es sollte immer derselbe Streifen gezeigt
werden. Gretas Garbos erster Film. „Luffarpetter“. ‚Luffar-
Petter‘ bedeutet „Peter, der Vagabund“. Der mittellange
Stummfilm von 1922 ist ein Slapstickkomödie. Ein Stummfilm,
versteht sich. Dieser Spielfilm ist nie in Deutschland in die
Kinos gekommen und wurde auch im Fernsehen nie gezeigt.
Manchmal lohnt es sich eben doppelt, nach Schweden zu fahren.

Big Brother oder Kein Datenschutz auf der
Liebesbank
Verschiedenes für Kinder und Erwachsene fand im Innern Platz.
Ein halbes Tausend Besucher täglich hatte man eingerechnet,
1.800 wurden es. Ein Kritiker hatte sich sehr positiv geäußert
und so strömten ein Vierteljahr lang die Leute nur so ins
Museum.

Und das, obwohl es einen klaren Bruch des Datenschutzes, der
Privatsphäre gab. Die Datenschutzgesetzgebung war um 1970 noch
nicht so ausgefeilt.

Im Knie gab es die „beschallte Bank der Verliebten“ mit
beleuchtetem roten Samt. „Von der Liebeslaube aus hatte man
einen Ausblick auf die Galerie der Fälschungen, daneben ein
Münzfernsprecher.

Das Geflüster der Liebenden wurde heimlich per Mikro in die
Colabar in der rechten Brust übertragen.“
„Die Idee für diese Indiskretion hatte man aus der
phantastischen Grottenarchitektur aus dem italienischen
Orsini-Park in Bomarzo. Dort trug der Schall das, was im
Innern des Felsenraumes geflüstert wurde, nach draußen in den
Park.“

Leergut ohne Pfandrückgabe
„Das Leergut der Flaschen aus der Cola-Bar wurde einer
komplizierten Maschine im Verdauungstrakt zugeführt, die es
zermalmte.“ Gebaut, na klar, von Jean Tinguely, dem
Maschinenbauer.

Selbst in Malmö würde so etwas heute nicht mehr durchgehen. Wo
das Überleben der Welt gefährdet ist, werden Solarzellen,
Recycling und Kreislaufdenken Existenz-entscheidend.

Kleinkopferter Großkörper
Weitere Attraktionen waren ein bewegliches Holzgehirn im Kopf,
eine Radioskulptur in der Nana-Hüfte, in der linken Brust ein
Planetarium. Im Herzen den „Mann im Schaukelstuhl“ von
Ultveldt.

„Daß man in der Tatsache, die Figur durch das Geschlecht
betreten zu müssen, absolut nichts Pornographisches zu sehen
habe, wurde explizit auf der Innenseite des rechten
Oberschenkels notiert.“ Warum dort? Nun zum einen war das
neben dem Eingang.
Viele mussten warten. Eine rote Ampel regelte den Verkehr.
Waren 150 Menschen im Innern, mussten sich die anderen die
Füße vertreten. „Ein Blick durch ein beleuchtetes Aquarium mit
Goldfischen und ein versilbertes Schaufelrad einer Wassermühle
verwandelte“ eventuell aufkommende Unruhe, Ungeduld und
Unwillen in Ruhe und „Neugierde“.

Zum anderen stand der Hinweis auf einem schwarzen Streifen,
der sich als Strumpfband interpretieren ließ: „Honi soit qui
mal y pense“. Der englische Hosenbandorden benutzt diesen
französischen Vers, der auf deutsch bedeutet: Ein Schelm sei,
wer Schlechtes dabei denkt. „Die Anregung, den Eingang mit
einem Leitspruch zu versehen, hatte man von dem Höllenmaul aus
dem Heiligen Hain von Bomarzo bekommen.“ Es trägt die
Inschrift „Ogni pensiero vola“.

Was blieb von „IHR“, von „HON“?

Nur der Kopf blieb erhalten. Dass er so klein war, löste
Diskussionen aus. Alle Köroerteile, die sie mit Emotionen
verbunden sah, betonte Niki de Saint Phalle.

Neue Neuro-Forschungen strafen sie lügen. Ohne Kopf kein
Gefühl, steuert doch die Hypophyse mit Hormonen alles.

„HON“ hatte Folgen – für die Theaterbühne
Dass Niki de Saint Phalle nicht nur wahrgenommen wurde und
polarisierte, sondern auch inspirierte und aufgegriffen wurde,
zeigt das Beispiel von „LYSISTRATA“, der Aristophanes-Komödie,
im nordhessischen Kassel. Den jungen Regisseur Rainer von Diez
inspirierte das berühmte Pressephoto, das das Publikum in
einer Warteschlange zwischen den monumentalen Beinen der HON
abbildet.

Das athenische Volk sehnt sich nach Frieden. Er wird durch die
List der „Heeresauflöserin Lysistrata“ erzwungen. „Sie
überredete alle Frauen Griechenlands, in den Liebesstreik zu
treten“ – gemeint ist natürlich Sexualiät – „bis ihre Männer
Frieden schlössen“.

Niki de Saint Phalle baute dann in Kassel eine 10 Meter große
Nana im Theater.

Diez hatte Erfolg: „LYSISTRATA“blieb ausverkauft.
Rundungen im Freien
Niki de Saint Phalles Werke stehen heute in vielen Museen oder
im Freien. Einiges schuf sie allein, anderes mit anderen
zusammen. Als Frau wurde sie von Feministinnen besonders
wahrgenommen. Ihr Tun verstand sie jedoch selbst auch
frauenbefreiend.
Die erste zusammenfassende deutschsprachige Biographie
erschien mit ebendiesem Hinweis 1999 und 2001 als Taschenbuch.
Das Paperback wurde in den drei Jahren der Abschaffung der D-
Mark in mindestens drei Auflagen gedruckt. Und das zu einer
Zeit, als das gedruckte Buch bereits ernsthafte Konkurrenz
erhalten hatte und das ebook am Horizont drohte. 2001, im
ersten Jahr des neuen Jahrtausends (das Jahr 2000 gehört ja
zum 20. Jahrhundert), war das deutsche Buch also im Schnitt
schon einmal jährlich gedruckt worden. Das ist umso
bemerkenswerter, als dass es noch zu de Saint Phalles
Lebzeiten geschah. Natürlich erfuhr die Künstlerin posthum, ab
Mai 2002, nochmals eine gewisse Aufmerksamkeit.

Das phantastische Paradies
„Le Paradis Fantastique“ (sprich Le paradi fantastiehk, alles
hinten betont) ist in Zusammenarbeit Saint Phalles mit dem
Frankoschweizer      Jean    Tinguely     in   den    Jahren
1967-1971entstanden. Die beiden kollaborierten immer wieder.
Dieses Werk ist ein gemeinsames Frühwerk. Es brachte den
beiden den Durchbruch.

Die Expo 2000 in Hannover und der damit verbundene
Schuldenberg sind nur ein Abglanz früherer Weltausstellungen.
Viele kennen diese Phase vielleicht nur von der Innenseite
eines Flakons Kölnischwasser. In einer Zeit. Als Reisen nicht
so selbstverständlich und preiswert war, wirkten die
Weltausstellungen und die Berichte darüber in den Zeitungen
wie Magneten.

Die Ausstellungen waren auch ein Anlass, in die Zukunft zu
weisen oder etwas für die Zukunft zu hinterlassen. Das Atomium
in Brüssel und der Eiffelturm sind solche Wahrzeichen.

Montreal hatte sich 1967 zum Ziel gesetzt, „einem neuen
Weltbild zur Reife zu verhelfen, einem Weltbildes totalen
Engagements, zu dem der schöpferische und soziale Mensch fähig
ist“. Was wäre für die Neuen Realisten der Nouveaux Réalistes
ein besserer Anlass für eine Beteiligung gewesen? Doch zuerst
musste der Auftrag an Land gezogen werden. Das erledigte die
kämpferische Niki. Die Französischkenntnisse des Künstlerduos
waren nicht nur in Paris, sondern auch in der Schweiz und in
Quebec, dem französischsprachigen Osten Kanadas, von Vorteil.
Letztlich gelang es. Die französische Regierung erteilte einen
exklusiven Auftrag für eine Außenskulptur, den Dachgarten des
französischen Pavillons.

Tinguelys   schwarze   Maschinen   griffen   quasi   die   bunten
Riesenfiguren de Saint Phalles an. Seit Radha und Krishna, wie
Lakshmi und Narayan in ihrer Kindheit hießen, gehört necken
wohl dazu. Der indische Tanz drückt das mit verschmitzten
Blicken und vielerlei Gesten bis heute aus.

Die Kosten des Ruhms
Das Konzept wurde verstanden und kam an. Zu dem großen Erfolg
des PHANTASTISCHEN PARADIESES trug bei, dass der französische
Pavillon beim Publikum der Welt nicht gut aufgenommen wurde.
Dabei war er der größte auf der Expo und hatte acht Ebenen.
Doch wurde er als zu schwer und kompliziert empfunden. Dagegen
der Kontrast, wenn man auf das Dach hinaus kam. Die
Fröhlichkeit der bunten Figuren, obwohl von dunklen Maschinen
bedrängt, und das bei Tageslicht und frischer Luft muss wie
eine doppelte Befreiung gewirkt haben nach acht Etagen
bedeutungsschwangerer Schwere.

Wie sehr ein Künstler unter den Ausgaben für das Material zu
leiden hat, dafür ist das phantastische Paradies ein
Lehrbeispiel. Zwei Tonnen Polyester und 300 Kubikmeter
Schaumstoff verarbeitete de Saint Phalle für die neuen
Skulpturen auf dem Pavillon-Dach.

De Gaulle hatte zwar das beauftragt, die Finanzierung war
damit aber nicht abgesichert!

Anschließend kaufte das Ministerium für Kunst und Wissenschaft
vier Figuren. 80.000 DM. Immerhin. Die Materialkosten waren
damit eigentlich nicht gedeckt, geschweige denn die Kosten für
Produktion und Transport. Aber das nordamerikanische Publikum
liebte das „Paradies“. Nach der Expo ‘67 in Montreal verließ
es Kanada, ging nach nach Buffalo in den Innenhof einer
Galerie und dann 1968 in den Central Park in Manhattan, New
York. De Saint Phalle und Tinguely überließen es dann dem
Moderna Museet. Sammler aus Texas bezahlten des Transport aus
den Vereinigten Staaten von Amerika nach Schweden.

Bibliographische Angaben
Monika Becker: Starke Weiblichkeit entfesseln. Niki de Saint
Phalle. In der Reihe „Rebellische Frauen“. Als List-
Taschenbuch im Econ Ullstein List Verlag GmbH und Co. KG
München 2001. Copyright 1999/2001. Anhang, Quellen, literatur,
Register, 249 Seiten. „Originalausgabe“

Titelabbildung: Thilo Tuchscherer – „Schutzengel“ in der
großen Halle im Hauptbahnhof Zürich
Zugfälltaus. Berlin hat einen
neuen Stadtteil. Mindestens.
Ring und Zug fällt aus
Berlin,   Deutschland      (Kulturexpresso).   Kennen   Sie   die
Geschichte von Herrn Kannitverstahn? Macht nichts. Mein Vater
hat sie mir mehrfach erzählt, in größeren zeitlichen Abständen
und mit Variationen, wie es sich für mündliche Überlieferung
gehört. Das Nibelungenlied Mittelasiens, das Manas-Epos aus
Kyrgystan, wurde Jahrhunderte und Jahrtausende nur mündlich
überliefert, bis es vor (relativ) kurzer Zeit erstmals
niedergeschrieben wurde. Herrn K. verschieben wir auf später.
Hier geht es um einen neuen Stadtteil.

Die Berliner S-Bahn kommt ab und zu zu spät. Kann ja mal
vorkommen, denkt der nachsichtige Beobachter. Der nachsichtige
Fahrgast dachte das auch – vor ein paar Jahren. Inzwischen ist
die Geduldsleine gerissen und man macht sich Luft.
Irgendwie hat man das Gefühl, die S-Bahn kriegt‘s nicht hin.
Wobei: Dahinter steht die Bahn. Die Deutsche Bahn. Die ist
inzwischen ein Unternehmen.
Unter den deutschen Tugenden wird die Pünktlichkeit genannt,
sowohl von befragten Ausländern wie auch von Deutschen.
Manchmal hat man das Gefühl, dass im Rahmen der Globalisierung
auch diese verlorengeht.

Vielleicht sollte man die Schweizer bitten, in Zürich und
Luzern, in Basel und Bern die Flagge der Pünktlichkeit
hochzuhalten. Ein bisschen deutsch sind sie ja, zumindest
sprachlich. Die Standarte Pünktlichkeit ist einfach zu schwer
geworden und muss einmal kurz abgesetzt werden.

Berlin hat einen neuen Stadtteil?
Über die Größe Berlins wurde manches geschrieben. Gemeint ist
hier die schiere Größe der Stadt Groß-Berlin (size) und nicht
ihre greatness. Dadurch und durch die Zusammenlegung kleinerer
Orte mit Berlin zu dem Groß-Berlin, das wir heute haben, wenn
es auch fast niemand korrekt so nennt, gibt es von allem mehr.
Mehr als in anderen – deutschen – Städten. Manchmal auch
europäischen.
Mehr Brücken als in Venedig, hört man von Stadtführern. Manche
sagen auch: mehr als im Hamburg. Mehr Straßen, mehr
Straßennamen (sogar „Berliner Straßen“), mehr Rathäuser …

Mehr Stadtteile? Das wurde noch nicht verifiziert oder
geprüft, soviel wir wissen. Doch schon bevor die
Stadtteilzähler ihren Bleistift spitzen und die Möchtegern-
Wikipedia-Autoren abstruse Vergleiche anstellen, sind ein oder
zwei neue Stadtteile hinzugekommen. Berlin hat einen neuen
Stadtteil? Das wüsste ich, werden manche denken – oder
interessiert aufhorchen.

Vorm Flaneur Franz versteckt

                 Franz-Hessel-Buch aus dem
                 Berliner     Verlag   „das
                 Arsenal“. „Ein Flaneur in
                 Berlin“ ist ein Nachdruck
                 (Reprint). Das Konzept des
                 Flaneurs, wenn auch teils
                 nur         oberflächlich
                 verstanden, ist am Leben
                 geblieben. © 2019, Foto/BU:
                 Andreas Hagemoser
Zumindest handelt es sich um einen neuen Stadtteil, den der
Flaneur Franz Hessel noch nicht entdeckt hat. Neu muss er also
sein, vielleicht auch neo.
Schwarz auf weiß hört man von ihm nicht oder wenig, wenn, dann
in „der App“. Vielfahrer in Berlin und alle, die es aufgegeben
haben, Parkplätze zu suchen, da diese immer seltener werden –
20% des Stickoxidausstoßes entfallen auf den Parksuchverkehr,
erfuhren wir jüngst bei Maybrit Illner – meinen meist die App
vom VBB; manche „Öffi“. Virtuell gibt es ihn also schon, einen
neuen Stadtteil.

Nicht schwarz auf weiß, sondern Weiß auf Blau leuchtet er uns
entgegen, der neue Ort. Auf manchem Bahnhof finden wir den
Hinweis (und im Zug).

Die Berliner S-Bahn, zurzeit von der Deutschen Bahn verwaltet,
steuert ähnlich wie die U-Bahn der BVG Orte an.
Die in London hilfreichen Hinweise „southbound train“ oder
„northbound“ für Züge, die nach Süden respektive Norden
fahren, gibt es in Berlin nicht. Man muss schon genau wissen,
wo man hin will – und, wichtiger noch – wie der Ort heißt.

Wegen der kürzeren Distanzen zwischen zwei U-Bahnhöfen – im
Vergleich mit der S-Bahn – heißen Stationen der Untergrundbahn
oft nach Straßen, Plätzen oder Rathäusern. Bei der S-Bahn gibt
es das auch (Osdorfer Straße, Yorckstraße, Rathaus
Reinickendorf).
Häufiger sind allerdings S-Bahnhöfe mit Ortsnamen, die Viertel
oder Bezirke benennen.

Außerhalb von Berlin fahren die S-Bahn-Züge auch Städte wie
die brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam oder mit der S46
Königs Wusterhausen an, das allen Unkenrufen zum Trotz mit
seinen über 36.000 Einwohnern auch eine Stadt ist.

Manchmal kann man es lesen, meist jedoch hört man nur von dem
einen neuen Stadtteil Ring.

Da heißt es zum Beispiel: „S41 nach Ring“.
Berlin hat einen neuen Stadtteil oder: Wo
liegt Ring?

                 Zug fällt aus. Ring @ (am
                 29.10.2018 um 17.22 Uhr) ©
                 Foto/BU     :      Andreas
                 Hagemoser, 2018

Ausländer, Touristen und fleißige Appbenutzer – manche
scheinen sich aus praktischen Gründen das Handy schon an die
Nase haben nähen lassen – suchen unverzüglich online nach
diesem Ort. GPS wird eingeschaltet und die vier Buchstaben des
kurzen Wortes werden geschwind eingetippt: R I N G.
Kein Ergebnis; außer vielleicht: Kaufen Sie „Ring“ bei Otto
o.ä.

Nun ist Berlin ja bekanntlich aufgrund der schieren Anzahl
seiner Stadtbezirke und Kieze darauf angewiesen, immer wieder
neue Namen zu finden.

Ganz normale Wörter, die auf deutsch oder englisch eine
Bedeutung haben wie „Mitte“ oder „Wedding“, werden hier zu
Bezirken und Ortsteilen. Jetzt anscheinend auch „Ring“. Sogar
die S-Bahn fährt schon dahin. Ganz so neu scheint der Berliner
Ort doch nicht zu sein, doch wo befindet er sich?

Such, such.

Menschen scheinen dort auch zu wohnen, heißt es doch
„innerhalb des Rings“ oder: „Wer außerhalb des Rings wohnt,
braucht keine Umweltplakette“. Während der Ring der Nibelungen
schon mal verballhornt wurde als „Ring, der nie gelungen“,
sogar in Buchform, ist der Berliner Ring in den 1990er Jahren
(wieder-) erbaut worden.

Doch einfach nur die Ringbahn, die historisch älter als die S-
oder Stadtbahn ist, kann nicht gemeint sein.

Denn es heißt ja ausdrücklich nicht: „S41 Ringbahn“ oder
„Ringbahn S42“.

Nein, es heißt „S41 nach Ring“. Genauso, wie es „S9 nach
Spandau“ heißt. (Jetzt mal ohne die Diskussion, ob das eine
Stadt sei.)

Ring oder den Ring muss es also geben wie den Wedding oder
Mitte. Bitte.

Bei wem es noch nicht klingelt, der fahre einfach mal auf der
Ringbahn und warte an einem Bahnhof,          bis   zwei   Züge
nacheinander „nach Ring“ fahren.

Da steht dann „Ring, Ring“ (zu deutsch: „klingeling“) und
zumindest die Engländer, Kanadier und US-Amerikaner wachen
dann auf.

Eigene Welt mit eigener Sprache
Auch die Berliner S-Bahn ist eine eigene Welt, so wie ihre
Mutter Erde, die Deutsche Bahn. Die Deutsche Bahn, die alles
kann. Sie spricht sogar eine eigene Sprache, wie sich das für
Länder und andere Welten so gehört.

Berlin hat anscheinend einen neuen
Stadtteil, einen ganz neuen. Doch: Wo
liegt Zugfälltaus?
Zug       fällt      aus.
                 Signalstörung in Wannsee.
                 S7 Potsdam nur im 20-
                 Minuten-Takt. Alltag bei
                 der Berliner     S-Bahn? ©
                 Foto/BU    :       Andreas
                 Hagemoser, 2018

In der Nähe der Zugspitze? Oder doch weiter hinten?

Vielleicht liegt Zugfälltaus eher querfeldein.

Denn ein Zug fährt da einfach nicht hin.          Obwohl die
Bezeichnung immer wieder, sehr häufig             sogar, im
Zugzielanzeiger auftaucht.

Man sollte mal mit einem SUV hinfahren, einem Geländewagen.
Viele haben ja auch Navi an Bord, da könnte man auch gleich
versuchen, das Ring-Rätsel zu lösen. Da wird es dann
wahrscheinlich nicht heißen:
„Bitte biegen Sie jetzt rechts ab!“, sondern eher: „Bitte
fahren Sie jetzt im Kreis!“

Niki Lauda, der Rennfahrer und Organisator der Fluglinien
Laudamotion und Niki Luftfahrt GmbH, hatte 1979 in Kanada die
Worte ausgesprochen, die in die Geschichte eingingen:

„Ich will nicht mehr im Kreis fahren“.

Sich ewig im Kreis bewegen und nicht vorwärtskommen, ist ja
auch eher eine Schreckensvorstellung.

Positiv betrachtet das Leben darstellend ist „Der ewige Kreis“
– ein Lied aus dem Musical „König der Löwen“ von Jocelyn B.
Smith (The Circle of Life).

Der Pilot konzentrierte sich dann auf die Fliegerei und
gründete im selben Jahr Lauda Air. Er war schon immer sehr
schnell und wollte dann auch ein Ziel erreichen und nicht ewig
im Kreis fahren. Niki Lauda kehrte 1982 wieder in die Formel 1
zurück, um seinem Unternehmen mehr Geld zu verschaffen. Auf
dem Nürburgring hatte er 1976 einen schweren Unfall gehabt.
Autos und Fliegen sind seine beiden großen Leidenschaften.
Laudamotion begann als Autovermietung.

Wer weiß, würde Niki Lauda Züge managen, vielleicht hieße es
dann seltener: Nächster Halt „Zugfälltaus“.

„Klänge statt Klingen“ –
Musik   im  Dreißigjährigen
Krieg beim 13. Wittenberger
Renaissance-Musikfestival
Wittenberg, Sachsen-Anhalt, Deutschland (Kulturexpresso). Der
Dreißigjährige Krieg, der vor 400 Jahren begann und von 1618
bis 1648 um die Herrschaft im Heiligen Römischen Reich
Deutscher Nation und somit im Zentrum Europas ausgetragen
wurde, begann mehr oder weniger mit dem Prager Fenstersturz
und endete mit dem Westfälischen Frieden beziehungsweise
damit, dass die geschwächten Habsburger gestutzt wurden und
sich allerlei Leute auf ihrem Land davonmachten. Die einen
Deutschen machten auf Niederlande, die anderen auf Schweiz.
Hinzu kamen Überläufer vor allem zu den Franzosen und
Schweden. Dem deutschen Kaiser wurden Rechte entzogen und auf
den Reichstag übertragen.

Das deutsche Volks- und Kinderlied „Maikäfer flieg“ überdauert
bis heute im kollektiven Gedächtnis der Deutschen und steht
für deren Niederlage, denn nicht nur „Pommerland“ war in 30
Jahren Krieg, der in Wahrheit aus vielen Kriegen bestand, die
30 Jahre im Herzen Europas stattfanden, abgebrannt.

Viele Lieder wurden gesungen und gespielt. Zu hören werden
einige auf dem 13. Wittenberger Renaissance-Musikfestival
sein, das vom 26. bis 31. Oktober 2018 in Wittenberg am
Nordurfer der Elbe im Osten des Bundeslandes Sachsen-Anhalt
stattfinden soll.

Laut Veranstalter Wittenberger Hofkapelle e.V. in Kooperation
mit Wittenberg-Kultur e.V. seien elf Konzerte, zehn Kurse für
Instrumentalspiel und Tanz, ein historischer Tanzball sowie
eine Instrumentenausstellung geplant.

Dieses Festival der Alten Musik, zu dem die gastgebende
Wittenberger Hofkapelle lade, stünde laut Pressemitteilung vom
17.7.2018 unter dem Motto „Klänge statt Klingen“. Das klingt
gut. Wie die Hofkapelle und Wittenberger Renassancemusik an
historischen Orten klingt, das müssen wir uns anhören.

„Die Musiker, allen voran der Festivalleiter und Gründer der
Wittenberger Hofkapelle Thomas Höhne“, sollen „aus einer Fülle
an geistlicher und weltlicher Musik“ ausgewählt haben. „Neben
Auszügen aus den ‚Kleinen Geistlichen Konzerten‘ von Heinrich
Schütz erklingen u. a. Battaglie und Lamenti von Claudio
Monteverdi und Heinrich Ignaz Franz Biber, irische und
englische Tänze der Renaissance und Liebeslieder von Heinrich
Albert und Thomas Selle. Denn auch zu Kriegszeiten wurde
getanzt, geliebt und gelacht – sei es auch nur für kurze
Zeit.“

„Nur für kurze Zeit“? Wenn dumme Leute schreiben und ihr
Geschreibsel veröffentlichen dürfen, dann kommt das dabei
heraus. Denn dass in den 30 Jahren zwischen Prager
Fenstersturz und Westfälischem Frieden mehr getanzt, geliebt
und gelacht als die Klinge gewetzt wurde, das darf hier und
heute jeder wissen, der Sozial- und Geisteswissenschaften im
Allgemeinen und Geschichtswissenschaft im Besonderen mit
heißem Bemühen studierte.

Sie    haben   es    getan!
Niedersachsen führt mit dem
31.10. einen neuen Feiertag
ein
Berlin/ Hannover, Deutschland (Kulturexpresso). Neue Feiertage
einzurichten, ist in der Bundesrepublik Deutschland gerade
Mode. Das Land Berlin überlegt noch und beteiligt seine Bürger
und die Presse an der Diskussion. Feiertag: ja, bitte, aber
wann? Niedersachsen hat entschieden: in Zukunft gibt es jedes
Jahr in diesem nördlichen Flächenstaat 9 Feiertage, statt 8.
Man feiert die Reformation vom 31. Oktober 1517, die zur
lutherischen Kirche führte, zu Evangelischen und Protestanten.

Manch   anderer    Teilstaat    Deutschlands    feiert    den
Reformationstag bereits. So das Bundesland Brandenburg. Zur
Freude der Brandenburger, die gern Ende Oktober zum Einkaufen
in die Hauptstadt fahren. Diese ist ganz vom ostdeutschen
Brandenburg umschlossen, so dass der Zugang leicht fällt,
zumindest seit Maueröffnung 1989.

8. März oder 17. Juni – welches wird der
neue Berliner Feiertag?
Berlin will laut Regierendem Bürgermeister Müller auch einen
Feiertag einführen. Der 8.3., 17.6. und 31.10. waren und sind
im Gespräch. Gegen den 31. Oktober spricht, dass Berlin dann
viele Einnahmen von den Shoppingtouristen aus Cottbus,
Rheinsberg und Frankfurt an der Oder fehlten. Noch ist Berlin
nicht schuldenfrei, obwohl trotz Zinszahlungen Schritte in die
richtige Richtung unternommen wurden und die Zahl der Minus-
Milliarden sinkt.

Für den 17. Juni spricht, dass dieser in den 70er und 80er
Jahren bereits gesetzlicher Feiertag war – auch in Berlin
(West) – und sich auf Ereignisse bezieht, die in Leipzig und
der DDR, vor allem aber auch in Berlin passiert sind. Die
Weltnetz-Enzyklopädie Wikipedia vermerkt im Artikel „Aufstand
vom 17. Juni 1953“: „Der 17. Juni war von 1954 bis zur
deutschen Wiedervereinigung 1990 als „Tag der deutschen
Einheit“ der Nationalfeiertag der Bundesrepublik Deutschland;
er ist weiterhin Gedenktag.“

Der Reformationstag, der 2017 per Gesetz überraschend
bundesweit dekretiert wurde – von einigen auch begangen –
sollte einmalig so gefeiert werden. Läuft es jetzt so wie bei
der PKW-Maut? Jahrelang stand sie außer Frage. Nach Einführung
der LKW-Maut wurde eine eventuelle PKW-Maut dementiert und
abgestritten. Niemand hatte die Absicht, eine PKW-Maut
einzuführen. Und nun ist sie da.

Warum ein neuer, zusätzlicher Feiertag?
An alten Pfründen rütteln, trauen sich auch Politiker nur
selten. Die bereits bestehenden gesetzlichen Feiertage in
Niedersachsen und Berlin bleiben also.

Wie kommt es aber, dass plötzlich mehr oder weniger aus
heiterem Himmel Feiertage „dazugebucht“ werden, werden sollen?

Ein Grund könnte das Ungleichgewicht innerhalb der föderalen
Struktur Deutschlands sein. Der Freistaat Bayern feiert
dreizehnmal. Trotzdem bietet Horst Seehofers Heimat neben dem
Ländle die besten Wirtschaftsergebnisse Deutschlands. Obwohl
weniger gearbeitet wird. Wie das?

Vielleicht denken sich die Landesregierungen in Hannover und
Berlin: „Wir wollen mehr wirtschaftlichen Erfolg und mehr
Steuereinnahmen. Bayern hat ihn – und viele Feiertage.
Vielleicht besteht ein Zusammenhang? Lasst uns mit der Zahl
der freien Tage gleichziehen, dann wird auch die Landeskasse
gefüllt.“ So naiv sind wohl doch auch die Politiker nicht.

Feiertag statt Gehaltserhöhung?
Was ist dann der Grund? Vielleicht folgendes: Berlin laufen
die fähigen Beamten weg. Spätestens seit der Flüchtlingswelle
2015 fehlen Lehrer, doch auch in der Polizei und an anderen
Stellen, sogar in den Bezirksämtern hapert es. Auch
Spitzenpositionen      sind   schlecht    zu   besetzen    mit
subdurchschnittlichen Gehaltsangeboten. Wer schon da ist,
wandert ab. Freie Stellen können einfach nicht besetzt werden,
zudem in der gegenwärtig wirtschaftlich guten Situation. Auf
dem Arbeitsmarkt finden Unternehmer seit Monaten nicht mehr
alle, die sie suchen.

Staatliche Institutionen geraten dadurch noch mehr ins
Hintertreffen. Der Pillenknick wird sich bemerkbar machen. Die
jetzt verrenteten Jahrgänge sind noch geburtenstark. Ab
Jahrgang 1965 wendet sich das Blatt weiter. Dann wird es nicht
„Fachkräftemangel“ heißen, sondern „Arbeitskräftemangel“.
Allen opportunistischen Beteuerungen zum Trotz füllen
Flüchtlinge nicht die Lücken. Zudem vor allem die Syrer bald
zurückwollen; der Bürgerkrieg scheint so gut wie zu Ende.
Weder sprachlich noch von der Qualifikation her wird im großen
Maßstab ein Schuh daraus.

Aber schon heute muss die Verwaltung ihre Probleme lösen.
Angleichung der Löhne an bayerische Verhältnisse ist
unmöglich; gleichzeitig steigen die Berliner Mieten und es
fehlt an allen Ecken und Enden Wohnraum, vor allem
bezahlbarer. Der Neubau hinkt seit Jahren hinterher, nur
Luxusobjekte werden stark angeboten.      Die Vorzüge einer
Hauptstadt   allein  ziehen  nicht.       Dann  wenigstens
Freizeitausgleich.

Was war die Reformation, nach der der
neue Feiertag benannt ist?
Reiche und Religionen scheinen die Tendenz zu haben, sich im
Laufe der Weltgeschichte immer weiter aufzuspalten. Syrien,
der Irak und Saudi-Arabien – alles Teile des Osmanischen
Reiches. Indien umfasste auch Pakistan und Bangladesh. Die
Sowjetunion war mit Riesenabstand der größte Staat, gebar
viele neue Staatenkinder vom Baltikum bis Mittelasien.

Der Islam erlebte ein Schisma, im Buddhismus gibt es ein
großes und kleines Fahrzeug sowie Theravada. Der Hinduismus
ist nur homogen, weil er seinen Gründer nicht kennt und
sowieso in viele Splitter aufgespalten. Das Christentum kannte
West- und Ostkirche. Doch 1517 war es mit der Einheit der
Westkirche vorbei. Die Reformation oder „Erneuerung“ bis zum
westfälischen Frieden von 1648, der den verheerenden
Dreißigjährigen Krieg beendete, schuf streng genommen drei
Konfessionen. Die alte Richtung hieß fortan katholisch, die
neuen lutherisch und reformiert. Die heutigen Mitgliederzahlen
lassen infragestellen, ob sich die Erneuerung überhaupt
„gelohnt“ hat.

Weit über 1,2 Milliarden Katholiken gibt es, noch nicht mal
ein Dreiviertel Hundert Millionen evangelische Christen
lutherischer Prägung, von den Reformierten ganz zu schweigen.
Sie datieren auf 1522 zurück. Ein Wurstessen während der
Fastenzeit sollte die Nichtbefolgung menschlicher Gesetze
repräsentieren. Die starke zahlenmäßige Ausbreitung der
Katholiken ist vor allem der Mission und dem Kolonialismus
geschuldet. Lateinamerika spricht portugiesisch und spanisch,
denkt katholisch. Die Reformation spricht – grob
zusammengefasst – deutsch. Auch in der Schweiz. (Die
Hochburgen der Reformierten waren Zürich, Genf, die Kurpfalz
und Schottland.)

Feiertag in deutschen Landen
Kein Wunder, dass man das Ereignis in deutschen Landen feiern
will. Doch passt das in die Zeit? Die während des
Nationalsozialismus eingeführte Kirchensteuer entbehrt
mancherorts ihrer legalen Grundlage, müssen doch 55% Gläubige
vorhanden sein. Viele Kirchen werden an andere Konfessionen
verkauft oder entwidmet. Ausgerechnet jetzt neue gesetzliche,
religiöse Feiertage? Wegen der Macht der runden Zahl? Das
Dogma des Jubiläums, das auch die Briefmarkenausgaben der
Deutschen Bundespost und Deutschlands fest im Griff hat?
Oder wird hier über den Kopf hinweg etwas entschieden, was bei
einer Volksabstimmung keinen Bestand hätte? Oder wenn doch, so
nur wegen des einen arbeitsfreien Tages?

Reformationstag 2017:

 Freier Eintritt ins Cinemaxx 7 – Rosaana Velasco ante Portas!
 Kunst im Kino: „Breaking Religion – 500 Jahre Reformation“ in
 Berlin
Feiertagsbedarf?

 Stalins Tod und die Folgen. Film „The Death of Stalin“
 erhellt.- Gesammeltes Schweigen – gerät der 17. Juni in
 Vergessenheit? Brauchen wir wieder einen Feiertag?

Gisela Breitling: Künstlerin,
Autorin und Frauenrechtlerin
Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Keine Ahnung, warum
jetzt fast alle alten Leute an Demenz erkranken. So erging es
auch Gisela Breitling. Man kann ihr nicht vorwerfen, unbewusst
gelebt zu haben. Nein. Sie hat sich ausgedrückt. Sie malte;
und sie schrieb. Was sie nicht tat: Gisela Breitling schwieg
nicht. Künstlerin, Autorin, Feministin – alles richtig, um sie
zu charakterisieren. Alter schützt vor Torheit nicht, vor
Alzheimer erst recht.

Ende der 80er fasste ein Stuttgarter Verlag Breitlings Wirken
so zusammen: Gisela Breitling,
1939 in Berlin geboren,

1962-68 Studium an der Hochschule für Bildende Künste Berlin

1968 Stipendium des Institut Francais de Berlin für Paris
Ernennung zur Meisterschülerin

1977/78 Stipendium Villa Massimo, Rom

seit 1965 zahlreiche Einzel- und Gruppenaustellungen im In-
und Ausland

zahlreiche Textveröffentlichungen*

die Künstlerin lebt in Berlin.

In der obigen Zeile irrt der Verlag inzwischen. 1987 irrte er
nicht, doch Gisela Breitlings Leben, dass zuletzt in einer
Seniorenresidenz in Lankwitz stattfand, ist vorüber.

Gisela Breitling starb am 12. März 2018.

In Berlin.

Dort, wo sie auch am 27. Mai 1939 geboren wurde.

In einem Wonnemonat, in einem Großdeutschen Reich, in dem noch
vieles möglich war und Krieg keine Selbstverständlichkeit.
Einem Deutschen Reich, das nicht mehr in den Grenzen von 1937
lebte, sondern das Sudetenland „heimgeholt“ hatte und die
nördlichste Stadt Deutschlands wieder Memel nannte. Dafür
bezahlte Deutschland und Millionen andere teuer. Brutale und
menschenverachtende Jahre standen bevor, doch war das halbes
Dutzend Jahre vor ihrer Geburt schon voller Grausamkeit.

Gisela Breitling: Selbstbildnisse in den
alten dunklen Farben eines Poussin
Ein Künstler, der in so eine Zeit hineingeboren wurde, nur
wenige Monate vor dem bis dahin größten Krieg der
Menschheitsgeschichte, gerade mal ein Vierteljahr und ein paar
Tage, würde wohl solche Bilder malen. Solche Bilder wie ihre
Selbstporträts. Hermann Peter Piwitt beschrieb sie als
„Selbstbildnisse in den alten dunkeln Farben eines Lorenzo
Lotto, eines Poussin.“ Doch er fährt nach der Beschreibung
dieser speziellen Dunkelheit auch lobend fort „von einer
solchen Ruhe des Ausdrucks, daß man sich dazustellen möchte,
ins Bild hinein, um an ihrem furchtlosen Für-sich-Sein
teilzuhaben.“ (Hermann P. Piwitt, „Vor-bilder weiblich“,
Stuttgart 1987).

Gisela Breitling malte Traumbilder von
Frauen aus Mythologie und Geschichte
„Oder es wird in Allegorien und Traumbildern von heimgesuchten
Frauen aus Mythologie und Geschichte erzählt“, schrieb er, was
man unterschreiben kann. Die passenden Werke heißen
„Unbefleckte Empfängnis“ oder „Martyrium der Venus“.
Niedergemacht von einem „kalten Gottesauge“.
Seneca Falls ist Motiv, heute fast unbekannt. Im Juli 1848
fand hier auf Initiative von Elizabeth Cady-Stanton und
Lucretia Mott die Seneca Falls Convention, der erste
Frauenrechtskongress der USA, statt.

Breitling   porträtierte   Olympe   De   Gouges   (1748-93),   die
Frauenrechtlerin und Schriftstellerin. Sie wurde in Frankreich
zur Zeit der Terrorherrschaft Robbespierres geköpft.

Der   Kampf    der   Gisela   Breitling,
„Suffragette“ und die göttliche Ordnung
Es sollte noch Jahrhunderte dauern, bis die Frauen wenigstens
ein Wahlrecht erhielten, selbst in „urdemokratischen Ländern“
wie dem Vereinigten Königreich oder der Schweiz. In der
Eidgenossenschaft wurde das Wahlrecht 1971 eingeführt, wie der
Spielfilm „Die Göttliche Ordnung“ wunderschön zu berichten
weiß. In Großbritannien geschah es ein paar Jahre früher. 1918
erteilte das Parlament das Wahlrecht für Frauen über 30.

1903 hatte Emmeline Pankhurst in Großbritannien die „Women’s
Social and Political Union“ gegründet, eine bürgerliche
Frauenbewegung, die in den folgenden Jahren sowohl durch
passiven Widerstand, als auch durch öffentliche Proteste bis
hin zu Hungerstreiks auf sich aufmerksam machte. Neben dem
Wahlrecht kämpfte sie für die allgemeine Gleichstellung der
Frau.

Schön dargestellt in dem Spielfilm „SUFFRAGETTE – TATEN STATT
WORTE“ u.a. mit Carey Mulligan, Helena Bonham Carter und MERYL
STREEP als Frau Pankhurst, der am 16. Juni ‘16 als DVD und
Blu-Ray erschien.

Das Frauenwahlrecht im deutschsprachigen
Raum
Der Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin, Ralf Wieland,
lud am Mittwoch, dem 7. März 2018, um 18 Uhr anlässlich des
100. Jubiläums der Einführung des Frauenwahlrechts in
Deutschland ins Berliner Landesparlament zu einer Feierstunde
ein. Die Festrede hielt Sabine Schudoma, Präsidentin des
Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin.

Eingeführt wurde das Wahlrecht im Deutschen Reich im selben
Jahr wie im Vereinigten Königreich: 1918.

Als eines der letzten europäischen Länder führte die Schweiz
erst 1971 das Wahlrecht für Frauen ein.

Am 28. Juni 2017 feierte „DIE GÖTTLICHE ORDNUNG“
Deutschlandpremiere beim 35. Filmfest München. Der deutsche
Kinostart der Komödie, die im Jahr ‘71 spielt, war am 3.
August ‘17. Hauptdarsteller sind Marie Leuenberger und Max
Simonischek. Weitere Darstellerinnen: Sibylle Brunner, Marta
Zoffoli, Rachel Braunschweig, Bettina Stucky und Ella Rumpf.
Gedreht wurde er von Petra Volpe und damit von einer
Regisseurin.

Die Gemeinsamkeiten von Gisela Breitling
und Salvador Dali
Breitling hat etwas mit Dali gemein. „Neben der Malerei
befasst er sich am eifrigsten mit schriftstellerischer
Arbeit“, schreibt Fleur Cowles (1908-2009) in „The Case of
Salvador Dali“ (Heinemann 1959).
Die US-Amerikanerin Fleur Fenton Cowles, selbst Autorin,
Herausgeberin und Künstlerin, fährt fort: „Wenn auch einige
Maler seiner Generation mit entsprechendem Ruf sich nebenher
als Schriftsteller betätigen, hat er (Dali) doch durch seine
recht eindrucksvolle Bibliographie von Büchern, Prosastücken
und Essays bereits einen Platz in der Literatur errungen, der
selbst vor seinen Feinden sicher ist.“

Dali entwarf Schmuck und Bühnenbilder, Kleider und Schlipse.
Er illustrierte und schrieb Bücher, malte Kulissen und
Werbeplakate, dekorierte Schaufenster, arbeitete an
Drehbüchern  mit,  machte  Filmtrickzeichnungen und
Filmausstattungen, schrieb Aufsätze und hielt Vorlesungen.

Vielleicht war Dali breiter aufgestellt, wie es heute in der
Wirtschaftssprache unschön heißt. Vielleicht war Dali auf mehr
verschiedenen Feldern unterwegs. Aber die Hauptbeschäftigung
der beiden ist identisch.

Gisela Breitling verfasste unter anderem *„Der verborgene
Eros: Weiblichkeit und Männlichkeit im Zerrspiegel der Künste“
(Fischer, Frankfurt/Main 1990) und „Feministischer Liebesbrief
oder Notizen für M.“ in der von Rodrigo Jokisch
herausgegebenen Anthologie „Annäherungsversuche“ (Rowohlt,
Reinbek bei Hamburg 1984, ISBN 3499178036). „So wollen wir
denn wieder über Liebe reden“. In dem Sachbuch geht es um
Emanzipation; wie das damals hieß.

Gisela Breitling konzentrierte sich auf das Malen und
Schreiben; und den Feminismus. Vielleicht sollte man sagen:
die Gerechtigkeit.
Sie entriss viele wichtige Frauen dem Vergessen. Fällt sie dem
Vergessen jetzt selbst anheim?
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