Freier Handel mit Palmöl aus Indonesien? - Martin Candinas
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PRO & KONTRA 15 Freier Handel mit Palmöl aus Indonesien? Am 7. März stimmt die Schweiz über ein Freihandelsabkommen mit Indonesien ab. Umstritten ist dabei der Umgang mit dem indonesischen Palmöl. Was bringt dieses Abkommen der Natur vor Ort? IDEA bat zwei Nationalräte aus der parlamentarischen Gruppe „Christ und Politik“ um eine Stellungnahme. PRO KONTRA Martin Candinas (40) aus Rabius GR ist seit Nik Gugger (50) aus Winterthur ist seit 2017 2011 Nationalrat und Mitglied des Partei- Nationalrat und Vize-Präsident der EVP präsidiums Die Mitte Schweiz (vorher CVP). Schweiz. D F as 2018 unterzeichnete Freihandelsabkommen reihandelsabkommen sind eine gute Sache. Auch mit Indonesien ist im Interesse der Schweiz. die Nachhaltigkeitsbestimmungen im Freihan Denn seit 20 Jahren hat die Schweiz eine klare delsabkommen mit Indonesien sind auf dem und erfolgreiche Strategie für die Aussenwirtschaft: so Papier gut gemeint. viele Freihandelsabkommen wie möglich – zu optimalen Leider werden diese laschen Bestimmungen in der Konditionen. Damit soll die Abhängigkeit von der EU Realität nicht durchgesetzt. Oft ist man sich nicht reduziert werden. bewusst, unter welchen Das Freihandelsabkommen mit Indonesien ist ein Bedingungen in Indone sehr wichtiger Teil unserer Strategie. Es bringt der sien angebaut wird. In der Schweizer Exportwirtschaft den erleichterten Zugang Realität verdienen Arbeiter zur bis 2050 viertgrössten Volkswirtschaft der Welt. Die und Arbeiterinnen trotz Die vier Zertifikate, die Schweiz konnte noch vor den USA und der EU ein Zertifikaten, die gerechte zugelassen werden, solches Abkommen abschliessen. Das ist ein enormer Löhne versprechen, unter vermögen diese Miss- Wettbewerbsvorteil, denn 98 Prozent der Zölle fallen einem Dollar pro Tag und künftig weg. Auch wichtig: Anders als etwa China und aufgrund von unrealistisch stände leider nicht zu die USA verfolgt Indonesien keine Machtpolitik. hohen Erntequoten gibt es verhindern. Die Referendumsführer kritisieren, dass mit dem sogar Kinderarbeit. Abkommen Palmöl aus gerodeten Regenwaldflächen Gewerkschaftler und Umweltaktivisten, die sich gegen einfacher in die Schweiz gelangen kann. Dabei wird solche Missstände einsetzten, erfahren Verfolgung und vergessen, dass nur nachhaltig produziertes und rück Inhaftierung, bis hin zu Folter und Tötungen. Auch der verfolgbares Palmöl von den ausgehandelten Begünsti Effekt auf die Umwelt ist erschütternd, denn der Anbau gungen des Abkommens profitieren. Das ist ein effektiver erfolgt in den tropischen Gebieten nur auf Kosten von Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung. bisherigen Regenwaldflächen. Zur Deckung derselben Das Freihandelsabkommen mit Indonesien hat Nachfrage müssten für umweltfreundlichen Palmölan gerade deswegen Beispielcharakter. Die geschaffenen bau noch mehr Flächen geopfert werden. Im Zuge dessen Anreize für eine verschwindet nicht nur der Regenwald, sondern auch die nachhaltige Palmölpro eigentlich geschützten Tiere wie Orang-Utan und duktion sollten auch bei Sumatra-Tiger (siehe dazu den Kinofilm „Die Stimme des allen anderen Palmöl Regenwaldes“ über Bruno Manser). Die Produktion von Palmöl exportnationen künftig Störend ist, dass die vier zugelassenen Zertifikate wird bei einer Ablehnung zur Anwendung diese Missstände leider nicht verhindern können. Etliche dieses Abkommens nur kommen. Denn verges NGO kritisierten diese Zertifikate scharf. Zu Recht: weniger nachhaltig bleiben. sen wir nicht, die Verstösse beispielsweise gegen das RSPO-Zertifikat sind Produktion von Palmöl weit verbreitet. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die wird bei einer Ablehnung dieses Abkommens nicht Kriterien in Zukunft flächendeckend umgesetzt werden. abnehmen, sondern nur weniger nachhaltig bleiben. Auf RSPO-zertifizierten Plantagen gab es nicht nur Das Freihandelsabkommen setzt zum ersten Mal Brandrodungen, sondern auch zahlreiche Verletzungen Nachhaltigkeitskriterien in der Praxis um. Also ist es ein der Arbeitsrechte. Ohne effektiven und flächendecken Plus für die Schweiz und ein Plus für die Umwelt. den Kontroll- und Sanktionsmechanismus sind die Zerti Deswegen sage ich Ja! p fikate zahnlos! Daher werde ich dem Abkommen nicht zustimmen können. p IDEA DAS CHRISTLICHE WOCHENMAGAZIN 6.2021
LESERBRIEFE 16 Diskussion gewonnen, Bruder verloren? Zu: „Impfung ist ein Stich ins Wespennest“ (Nr. 2, S. 7) und „Kritik an der freikirchlichen Impfempfehlung“ (Nr. 3, S. 4) Bin klar für die Impfung! ter oder die Meinung/Wahrheit, die ich vertrete? Was I ch kann die Ablehnung und Aversion gegenüber der Covid-Impfung nicht verstehen! Ich danke Gott, dass er Men- weist mehr auf Jesus hin, mein Charakter oder meine Meinung zu Corona, zu Israel, zu Abtreibung … Was ehrt Jesus mehr? Wie bin ich ein Vertreter und Botschafter schen befähigte, in kurzer Zeit einen der Versöhnung? (vgl. 2. Kor. 5,14-21) Impfstoff zu kreieren, wo doch Impfent- Eine liebe Freundin und Christin verwies mich ihres wicklungen sonst Jahre brauchen. Auch ich Hauses, weil ich vorsichtig ihre Meinung als eine einsei- glaube, dass Gott uns beschützt und ich bis tige Interpretation anzweifelte. Ich leide unter der Krise, heute nicht angesteckt wurde. Deswegen vorab in der amerikanischen Gemeinde. Was würde muss ich aber die Impfung nicht ablehnen. Jesus dazu sagen? Wir tragen evtl. ein Armband mit den Gott gab mir einen Verstand, mit dem ich Buchstaben: WWJD. Ist es ein äusseres Zeichen oder ein mich für oder gegen die Impfung entschei- Bekenntnis für Jesus? In dem Wort bekennen steckt das den kann. In diesem Fall muss es klar ein Wort kennen drin. Wir kennen ihn! Wir lassen den Dafür sein angesichts der Gefährlichkeit Geruch seiner Gegenwart zurück! Wir stehen zur Liebe, dieses unterdessen mutierten und gefährlicheren Virus. wir stehen zu „unserer“ Wahrheit, und Gott bewahre uns, Eine Ablehnung nimmt automatisch mehr Kranke und erkennen zu müssen: Diskussion gewonnen, Bruder Tote in Kauf. Ich möchte nicht dabeistehen, wenn in der verloren! Gemeinde der Impfablehnenden plötzlich mehr Kranke — Jörg Suter, Cham ZG und Tote einziehen wegen den neuen, viel aggressiveren Mutationen. Wie werden sie dies begründen? Hat Gott Ich schäme mich! versagt!? Es darf nicht sein, dass Freundschaften wegen der Impffrage auseinanderbrechen. — Christine Kaderli-Schweizer, Nussbaumen AG D er Artikel „Impfung ist ein Stich ins Wespennest“ hat mich schockiert. „Armselig“ und „ungläubig“ seien noch Begriffe von der harmloseren Sorte, so beschreibt Peter Schneeberger einige Reaktionen auf die Liebst du mich trotz anderer Meinung? Impfempfehlung des Freikirchenverbandes. Ich schäme V iele von uns sind verunsichert. Corona, Trump, Impfung, Endzeit, Wohlstand … Wir führen enga- gierte Gespräche, ausserhalb wie innerhalb der christli- mich! Wie gehen hier Christen mit Christen um? Jesus sagt: „Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt“ (Joh. chen Kreise. In mir steigt die Frage auf: Wie verhält sich 13, 35). Wie sollen unsere Mitmenschen erkennen, dass ein Botschafter Christi? Wie kann ich denjenigen würdig wir Nachfolger von Jesus sind, wenn wir uns gegenseitig vertreten, der zu uns kam, um uns mit dem Vater zu beschimpfen? versöhnen? Er, der von seinen Geschöpfen abgelehnt — Stefan Strahm, Zürich wurde und doch sein Leben zu unserer Errettung dahingab? In Hebräer 1,3 steht, dass er, Jesus Christus, Kein Grund, andere zu verurteilen den Abdruck (Griechisch: Charakter) von Gottes Wesen offenbarte. Was zählt wohl bei Gott mehr – mein Charak- E ine Empfehlung, sich impfen zu lassen, kann aus den momentanen wissenschaftlichen Erkenntnissen REKL AME «Nein zur Ehe für alle. Ja zu Ehe und Familie!» Andreas Gafner Nationalrat EDU BE Referendum unterschreiben: www.ehefueralle-nein.ch | Bestelltelefon: 041 440 00 67 IDEA DAS CHRISTLICHE WOCHENMAGAZIN 6.2021
LESERBRIEFE 17 Fortsetzung von Seite 16 sachlich beurteilt werden. Wohl die meisten Ärzte tun Eine andere Frage ist unser gegenseitiger Umgang als dies meines Wissens. Eine Empfehlung ist noch kein Christen. Berechtigt uns das kontrovers diskutierte Impfzwang. Es ist heute für Menschen, die eine Arbeit in Thema wirklich, einander an den Karren zu fahren? gewissen Ländern aufnehmen, eine Selbstverständlich- Müssten wir uns nicht an Johannes 13,35 erinnern? keit, sich impfen zu lassen. Die letzte Konsequenz eines Das Ganze könnte man noch abrunden mit einer Impfgegners wäre es, auf Reisen und Arbeiten im Liedstrophe von Peter Strauch: „Meine (unsre) Zeit steht Ausland, wo gewisse Impfungen gefordert werden, zu in deinen Händen, nun kann ich (können wir) ruhig sein, verzichten. Die zweite Tatsache ist: Es gibt keine Lang- ruhig sein in dir. Du gibst Geborgenheit, du kannst alles zeitstudien betreffs Impfung gegen Corona. Nicht alle wenden, gib mir (uns) ein festes Herz, mach es fest in dir.“ Menschen erleben Impfungen ohne Komplikationen. Es Dann kann allenfalls beides drinliegen – für jeden ist es gibt offene Fragen und wohl auch bestimmte Gründe, wo möglich, nach seiner Überzeugung zu handeln, ohne eine Impfung keinen Sinn macht. Auch ethische Gründe andere zu verurteilen. bei der Impfstoffherstellung dürfen angebracht werden. — Hans-Rudolf Rüfenacht, Liestal BL Der Islam verträgt keine Kritik Zu: „Das Gesicht verhüllen dürfen?“ (Nr. 5, S. 8) I m Grunde genommen braucht es keine Volksabstimmung über das Verhüllungsverbot. Es ist doch zu finden sind. Wohl Empfehlungen von Mohammed, wonach sich Frauen so zu kleiden haben, dass sie an den Pranger gestellt. Generell kann man sagen, das islamische Recht beruht auf der Ungleichheit selbstverständlich, dass der Mensch ihre Reize nicht sichtbar der Män- der Geschlechter. Dabei ist die Scha- dem Menschen sein Gesicht unver- nerwelt offenlegen und sie so zur ria in den Ländern des politischen hüllt zeigt, erst so wird eine vertrau- Sünde verführen. Die Kleidervor- Islam eine durchaus menschenver- enswürdige Kommunikation schriften, von Kopf bis Fuss schwarz achtende Rechtsordnung. Der möglich. Unabhängig davon, ob in eingewickelt, und die Gesichtsver- Antrag von gemässigten Muslimen, unserem Land nur wenige Muslimas hüllung haben Gelehrte der ver- den Koran und die Hadithen oder einmal ein paar Hundert schiedenen arabischen Stämme den (heiligen Schriften) zu reformieren, erscheinen. Besucherinnen, die in Frauen verordnet. Ebenso die indem die Sure und Textstellen, die unser Land kommen, haben sich harten Gaubens- und Gebetsvor- zum heiligen Krieg, den Djihad, nach den Massstäben unserer freien schriften, die für gläubige Muslime gegen alle Ungläubigen aufrufen, Gesellschaft zu richten, indem sie sehr quälend sein können. Die umbenannt oder herausgenommen ihr Gesicht nicht verhüllen. Deshalb Muslima und Politologin Elham Ma- werden, wurde vom grossen Rat des sage ich Ja zum Verhüllungsverbot. nea sprach sich in einer österreichi- Islam in Deutschland schon mehr- Feststellen möchte ich, dass auch in schen Zeitung für ein Kopftuchver- mals strikt abgelehnt. Fazit: Der meinem Koran keine eindeutigen bot für 10-jährige Mädchen aus und Islam verträgt keine Kritik. Hinweise über Kleidervorschriften wurde von Präsident Erdogan böse — Ruedi Hayn, Arbon TG Hilfreich und fundiert Zu: „Gehorche der Regierung – immer?“ (Nr. 5, S. 12) WIR FREUEN UNS ÜBER IHR SCHREIBEN H erzlichen Dank für den ausführlichen Artikel zum zivilen Ungehorsam. Das war sehr Regierung unterordnen; gerade auch dann, wenn wir nicht mit allem einverstanden sind. Bei IDEA freut sich über jede Zuschrift, auch wenn wir nicht jeden Leserbrief nötig! Der Artikel ist hilfreich und Kritik steht leider oft auch Über- veröffentlichen können. Bitte geben biblisch fundiert. Ich staune immer heblichkeit dahinter im Sinne von Sie Ihre vollständige Postadresse an. wieder, dass selbst Christen diese „Wir wissen es“ oder „Ich weiss es Kürzungen behalten wir uns vor. Faktoren nicht in Betracht ziehen. besser“. Das mag zwar manchmal Leserbriefe geben nicht in jedem Fall Wir haben aufgrund der aktuellen stimmen, aber unsere Behörden die Meinung der Redaktion wieder. Situation ja gerade eine Gelegen- verdienen Respekt und vor allem Einsendungen an: Redaktion IDEA, heit, um zu demonstrieren, dass Gebet! Steinackerstrasse 4, 9214 Kradolf; wir uns nach Römer 13,1 der — Susan Wiesmann, Orpund BE E-Mail an redaktion@ideaschweiz.ch IDEA DAS CHRISTLICHE WOCHENMAGAZIN 6.2021
INSERATE 18 AGENDA2021 10. FEBRUAR, 20.00 – 21.00 UHR MISSION & DIAKONIE «BibleTalk» mit Dr. Thomas & Katharina Bänziger zu brennenden Fragen aus den Bereichen Bibel und Theologie. Livestream unter: schleife.ch/media/livestream Not lindern n Z ukunft ermögliche 15. FEBRUAR, 18.30 – 20.00 UHR Gla ube n we cke n IGW Sofa-Talk «Geschichten, die das Leben prägen» mit Dr. Matthias Wenk. Anmelden unter: igw.edu/ch/ueber-igw/ reinschnuppern 13.– 22. MÄRZ SPITALSCHIFFE Online StopArmut-Konferenz «Wasser – Durst nach Gerechtigkeit». FÜR DIE ÄRMSTEN Infos und Anmeldung unter: stoparmut.ch/konferenz en Sie Sie können Über nehm schaft? 20.– 27. MÄRZ helfen! eine Paten Israel-Ferienwoche im Tessin mit Rainer Schmidt von der Vereini- www.mercyships.ch www.kinderwerk-lima.ch gung Pro Israel. Infos und Anmeldung: hotel-paladina-tessin.ch Wir bieten Kurz- und Langzeiteinsätze 2. APRIL, 16.00 –18.00 UHR in Kolumbien, Peru, Bolivien Hoffnung für «CAMP UP» – das Musical an Ostern 2021 präsentiert von ICF Bern, Tel. 071 888 31 44 Menschen Thun, Interlaken, Oberwallis & Fribourg in der Expohalle in Thun. www.indicamino.org am Nil Infos & Tickets: icf-bern.ch/musical 29. APRIL, 09.00 –16.00 UHR Mission am Nil Ausbildung – Gemeindebau – soz. Hilfe www.mn-international.org Fachtagung der Klinik SGM «Mann 2.0: Wenn das Superman-Image zur Lebenskrise führt» | Parkhotel Langenthal, Anmeldung unter klinik-sgm.ch/klinik-sgm/events-fachanlaesse oder events@klinik-sgm.ch ostmission.ch Mitternachtsruf Events Wir schützen, bauen auf und helfen direkt. Mehr Infos: mnr.ch/termine 14. FEBRUAR, 10.00 UHR Mission Livestream-Gottesdienst mit Nathanael Winkler zum Thema: Aviation «Dranbleiben bis der Herr kommt», Zionshalle Dübendorf, Fellowship mnr.ch/livestream Eine Kampagne der 14. FEBRUAR, 9.00 UHR Lepra-Mission Schweiz Online-Sonntagsschule für Kinder der ersten bis sechsten Klasse maf-schweiz .ch (Schweizer Mundart), mnr.ch/online-gemeind Sie suchen r einen christlichen Miete Haus? kostenlos Abo bestellen! >>> r für Ihre Wohnung oder Ih abo.mnr.ch 12 000 aktiven Informieren Sie unsere em Inserat! it ein Leserinnen und Leser m Schweizerische Missions-Gemeinschaft owski auf Kontaktieren Sie Urs Scharn Association Missionnaire Suisse für Angebot. ein inserate@ideaschweiz.ch Swiss Mission Fellowship www.smgworld.ch IDEA DAS CHRISTLICHE WOCHENMAGAZIN 6.2021
TOP PUBLI 19 Nachhaltige Anlagen Mit ihrer Anlagepolitik grenzt sich die Pensionskasse PROSPERITA von vergleichbaren Anbietern auf dem Schweizer Markt ab. Ihr Credo: Anlagen müssen nachhaltig und sozialverträglich sein. D ie Pensionskasse PROSPERITA macht einen Unterschied! Sie bezieht bei Anlageentschei- den ökologische, christlich-ethische und soziale Aspekte mit ein. Der Schwerpunkt liegt auf direkten Anlagen mit unmittelbaren Auswirkun- gen auf deren Umfeld. Energieeffizienter Wohnraum PROSPERITA besitzt Immobilien an fünf Standorten in der Schweiz. Eine davon wurde 2020 mit dem Sonder solarpreis der Migros Bank in Zusammenarbeit mit der Solar Agentur Schweiz ausgezeichnet. Vergeben wird die Auszeichnung an Objekte, die energieeffizienten Wohn- Gewinner des Sondersolarpreises der Migros Bank 2020: raum zu erschwinglichen Mieten anbieten. Das Mehr Ganz links Werner Setz der Setz Architektur AG mit der familienhaus im aargauischen Möriken, das 2019 fertig- Preisurkunde für die Siedlung in Möriken AG. gestellt worden ist, gehört zu einer Siedlung mit 35 Wohnungen, die dem Minergie-P/PlusEnergieBau-Stan- dard entspricht. Die Photovoltaik-Anlage auf den Dächern, Terrassenbrüstungen und an den Fassaden Investition ins Kloster Fahr erzeugt jährlich 157 800 kWh Strom – 27 000 kWh mehr, In der zweiten Hälfte des Jahres 2021 wird die PROSPE- als der Strombedarf der Mietwohnungen beträgt. Dieser RITA gegen 10 Mio. Franken in die ehemalige Bäuerin- Überschuss wird ins allgemeine Stromnetz eingespeist. nenschule und das Restaurant des Klosters Fahr am Eine Erdsonde beheizt zudem die Siedlung und erzeugt westlichen Rand der Stadt Zürich investieren. „Ein das Warmwasser. Leuchtturmprojekt von uns“, sagt Geschäftsführer Joel Blunier dazu. Mit diesen Investitionen helfe die PROSPE- Auch Frauen in Indien profitieren RITA, das geistliche und kulturelle Erbe des Klosters in die Aktuell investiert die PROSPERITA 11,5 % ihrer Gelder in Zukunft zu führen. Die Pensionskasse nutze die alten alternative Anlagen – also in nicht herkömmliche Pensi- Gebäulichkeiten, die ihr das Kloster im Baurecht zur onskassenanlagen wie Aktien, Obligationen oder Immo- Verfügung gestellt hat, als Anlage und ermögliche bilien. Laut ihrer Anlagestrategie dürfen die alternativen gleichzeitig einen „gesellschaftlichen Impact“. Unter Anlagen zwischen 4 und 18 % des Portfolios abdecken. anderem entstehen in der ehemaligen Bäuerinnenschule Die Anlagekommission hat zum Beispiel im August 2020 13 Wohnungen, in denen der Verein „erfahrbar“ sein entschieden, sich mit 3 Mio. Franken an einem Emerging Konzept eines gemeinschaftlichen, generationenüber- Impact Bond Fund (EIBF) zu beteiligen. Bei dem EIBF greifenden Wohnens umsetzt. handelt sich um einen festverzinslichen Fonds, der mindestens zu 80 % in die Finanzierung von KMU in Restaurant Schwellenländern und bis zu 15 % in sozial relevante Kloster Fahr Firmen und Institutionen in entwickelten Ländern investiert. Konkret sind unter den Kreditnehmerinnen und -nehmern des Fonds Frauen aus Indien im Mikro finanz-Bereich, KMU in Costa Rica oder Impact Hubs in verschiedenen europäischen Städten. Grundsätzlich sind die Gelder in nicht börsenkotierten Anlagen platziert. Die Kredite an © Foto(s) SETZ ARCHITEKTUR AG; ZVG die Endkunden haben eine Bandbreite zwischen 100 und 50 000 US-Dol- Die christlich-ethische Pensionskasse lar. (Helena Gysin) p www.prosperita.ch q prosperita. ch IDEA DAS CHRISTLICHE WOCHENMAGAZIN 6.2021
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KOLUMNE 21 MISSION & DIAKONIE STUDIUM & BILDUNG LEADERSHIP CONFESSION JAHRESSCHULE FÜR EVANGELISATION & APOLOGETIK AHR. EIN J LT. Wertvolles Unterwegssein E EINE W SSION. EIN M E I Am 1. März steht der Welttag der Komplimente www.theconfession.ch in der Agenda – nicht der einzige Grund, um über wertschätzende Führung nachzudenken. E in weiterer Grund sind die jährlichen Mitarbeiter- Theologie gespräche. Im Wendepunkt haben wir Themen- studieren karten eingeführt. Die klassischen Bewertungsbo- gen sind Vergangenheit. Ich bin begeistert, weil das neue www.sthbasel.ch Tool den Dialog fördert und unsere Werte stärkt. Eine wertschätzende Kultur fängt bei der Leitung an. Nur wenn Wertschätzung vorgelebt wird, prägt sie das ganze Unternehmen. ALLES NUR cslinth.ch Im Buch „Das Wunder der Wertschätzung“ schreibt KÄSE? Abenteuerland Prof. Reinhard Haller, dass sich eine Wertschätzungs- Schweiz blockade mit emotionaler Kühle und Geringschätzung über unsere Gesellschaft gelegt hat. Der Mensch bleibe Erlebe das Abenteuer Kurzeinsatz in der Schweiz. Informiere dich jetzt: trotz des kalten Zeitgeistes ein lobesbedürftiges Wesen. www.omschweiz.ch Demut unterstütze, gemäss Haller, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen, und Verzeihen sei eine besondere Form der Wertschätzung. Inserat Idea 45x30.indd 1 10.07.2019 21:06:06 Wertschätzen ist für mich nicht nur mit Loben gleichzusetzen. Es geht auch darum, einander ehrlich und authentisch zu begegnen, ohne Floskeln. Feedback geben sollte kontinuierlich und zeitnah und nicht nur jährlich erfolgen. Wertschätzende Führung ist eine LEBENSHILFE Haltung wie in Kolosser 3,12–16 beschrieben. Es ist eine bewusste Entscheidung, Mitmenschen und ihren Viel Raum für Ihre Retraite, Bedürfnissen zu begegnen. Bei Meinungsverschiedenhei- Mitarbeiter-Konferenz oder ten werden wir aufgefordert, dass wir miteinander Regelmässige Heilungs- und Ihren Workshop. respektvoll umgehen. Dabei hilft, zwischen der Person Segnungsgebete für alle Menschen und dem Verhalten zu trennen. Ich kann die Person schätzen, muss aber nicht alles akzeptieren und darf WWW.HEALING-ROOMS.CH Veränderung anstossen. Weiter steht in Kolosser: Seid immer dankbar. Wer sich bedankt, anerkennt den wertvollen Beitrag des Alle zur Reife Viele zur Mitarbeit andern. Gerade die Frage „Wofür bin ich meinen Mitar- cisa-schweiz.ch Einige zur Leiterschaft Christliche Institutionen beitenden dankbar?“ hilft, ein Feedback persönlicher zu der sozialen Arbeit formulieren. Wenn mir als Leiter/-in ein wertschätzender — Beratung und Kursmaterial Umgang gelingt, wird das gemeinsame Unterwegssein Das 5G-Netzwerk mit fundiert, modular und praxisbezogen gesundheitsfördernder AusStrahlung für lebendige Gemeinden, Hauskreise und Kleingruppen wirkungsvoll und belebend. Um mit den für mich www.bao.ch info@bao.ch treffenden Worten von Peter Keller, Schweizer Literat, zu schliessen: „Weniger werten und mehr wertschätzen führt zum Mehrwert für alle.“ p Radio Freundes-Dienst BIBELSTUDIUM. Flexibel. Modular. über DAB+ ! Nebenberuflich. n tus erlebe Präsenzunterricht. Chris Online. Jesus 062 839 30 90 5023 Biberstein Lerne uns kennen: Simone Frei ist Leiterin Marketing und Kommunikation und Mitglied der Infos und Programm: radiofd.ch www.bc-sg.ch Geschäftsleitung Stiftung Wendepunkt (wende.ch) IDEA DAS CHRISTLICHE WOCHENMAGAZIN 6.2021
g er n e , w e il e s m ich «Ich lese IDEA ber m ein e g e is tlic h e vielseitig ü t , ak tu e ll u n d au ch Familie informier ch, w as im m e r se h r historis interessant ist.» m Brun ner Guerretta, Mirja Reggio Emilia Italien u ch Sie d a s W o c h e n m a gazin Abonnieren a e Ta sse K a ffe e pro n ig er als e in IDEA . Es kostet we u fen d en . E rfah ren de m L a Woche! Bleiben Sie auf d d er in d er S ch w e iz u n Sie, wie Gott Welt wirkt. Schreiben Sie eine E-Mail an abo@ideaschweiz.ch www.ideaschweiz.ch
NACHRICHTEN 23 NOTIERT Yoga – Sport oder Religion? Ein Yogastudio will trotz Corona-Verbot offen bleiben. Alphalive-Konferenz 750 eingeschaltete Geräte – ge- Zum Angebot des Gesundheitszent- Yoga-Ursprung und -Deutung schätzt tausend Pastoren und rums im aargauischen Egliswil Mirjam und David Scherwey Alphalive-Leitende – trafen sich gehört das Yogaatelier von Mirjam grenzen sich ab von Yoga-Übungen, Ende Januar zur Alpha-2021-Online- und David Scherwey. Am 13. Januar die aus ihrer Sicht rein motorisch- Konferenz. „Es gibt so viele Dinge, fuhr die Kantonspolizei vor und sportlich resp. akrobatisch oder die wir als Gemeinde tun sollten, liess eine Veranstaltung abbrechen. fitnessmässig ausgeführt werden, gerade jetzt, in einer Zeit der Krise. Kulturbetriebe, Sportanlagen und losgelöst von jeglichem Ursprung Warum ist Alphalive im Jahr 2021 Freizeitbetriebe müssen mit den des Yoga. Im ursprünglichen Sinn wichtig?“, fragte der Leiter von aktuell gültigen Corona-Verordnun- definiere sich Yoga als eine Praxis, Alphalive Schweiz, Philipp Wegen- gen geschlossen bleiben. Das die alle Arten und philosophischen stein, im Interview mit Alphalive- Eidgenössische Departement des Ansichten einschliesse, die sich auf Pionier Nicky Gumbel nach. Die Innern EDI zählte bereits im Antwort kam kurz und simpel: „Weil Dezember „Freizeitkursanbieter im Jesus gesagt hat: Geht und macht Sportbereich wie Yoga- oder alle Völker zu Jüngern!“ Tanzstudios“ dazu. Veranstaltungen q alphalive.ch sind grundsätzlich verboten, mit Ausnahme religiöser Veranstaltun- Gleiche Rechte gen mit höchstens 50 Personen. Steuern und AHV zahlen, aber den Lohn nicht einklagen können: Diesen Wie soll der Staat Yoga Missstand hat das Bundesgericht mit einschätzen? seinem Urteil vom 8. Januar behoben. „Yoga und Meditation“ heisst das Bis dahin konnte eine Prostituierte das Angebot jeweils am Mittwochabend Entgelt für sexuelle Dienstleistungen im Egliswiler Studio. Ist nun Yoga nicht strafrechtlich einklagen, weil der ein Sport oder eine Religion? „Es ist Prostitutionsvertrag als „sittenwidrig“ verfassungswidrig, wenn katholi- galt. Neu ist das Einkommen von sche oder reformierte Gottesdienste Sexarbeitenden nicht nur legal, stattfinden können, aber spirituell Yoga mit Körper und Geist sondern auch strafrechtlich schutz- orientiertes Yoga nicht“, wird David würdig. „Endlich erfahren die Sexar- Scherwey in der NZZ zitiert. „Ich das Verhältnis zwischen dem beitenden Rechtsgleichheit“, sagt fühle mich dadurch in meiner einzelnen Menschen zum Göttlichen Beatrice Bänninger, Geschäftsführerin Spiritualität herabgesetzt. Ich habe oder zum Transzendenten bezögen. der Zürcher Stadtmission und ebenso das Recht, meiner spirituel- Dieses werde in der Terminologie Betreiberin der Beratungsstelle für len Überzeugung Ausdruck zu des Yoga meist als Selbst oder Sexarbeitende, Isla Victoria. verleihen.“ NZZ-Autor Simon Hehli höheres Selbst bezeichnet. meint dazu: „Die Frage ist letztlich Ins Gespräch kommen hoch (religions-)politisch. Denn Philosophen und Götter Die Schweizerische Evangelische immer mehr Menschen wenden sich Nebst östlichen spirituellen Persön- Allianz (SEA) ruft dazu auf, am als Ausdruck der allgemeinen lichkeiten orientieren sie sich am Flüchtlingssonntag der Kirchen vom Individualisierung von den Kirchen Philosophen Hegel, dem bekannten 20. Juni in den Gottesdiensten ab und machen von anderen Schriftsteller Goethe, dem Gründer Flüchtlinge zu Wort kommen zu spirituellen Angeboten Gebrauch.“ der Anthroposophie Rudolf Steiner lassen. Weiter bietet die SEA unter Scherweys Anwalt sieht mit dem sowie dem Yoga-Lehrer Heinz Grill anderem einen Dokumentarfilm an, Verbot von Yoga-Veranstaltungen mit seiner Chakrenlehre. „Beson- © Foto(s) SYMBOLFOTO UNSPLASH (ANTONIKA CHANEL) der über die aktuelle Flüchtlingslage die religiöse Neutralität des Staates ders hingezogen fühlen wir uns zu berichtet, die durch Corona ver- verletzt. Laut der Aargauer Kan- drei Geisteskräften des Yoga, die mit schärft wird. Unter dem Begriff „Just tonsärztin Yvonne Hummel ist aber den entsprechenden Gottheiten People“ gibt es bei StopArmut nicht deutlich genug, in welcher verbunden sind“, schreiben Scher- zudem weiteres Studienmaterial für Weise Scherweys Yoga-Angebote weys auf ihrer Homepage. Sie Hauskreise und Jugendgruppen zum „die religiös-spirituellen Wurzeln nennen die Kraft der Saraswati, die Thema. des Yoga zum Ausdruck bringen“. Shiva Kraft und die Kraft des q each.ch Der Rechtsstreit ist im Gange. Ganesha. (dg) p IDEA DAS CHRISTLICHE WOCHENMAGAZIN 6.2021
LEBEN 24 In den Christlichen Seniorenhäusern Lützeln gab es mehrere Corona-Fälle. Die Mitarbeiter gehen darum mit Gesichtsschild und Maske zu den Bewohnern. Das unterschätzte Virus Viele Monate kamen die Christlichen Seniorenhäuser Lützeln im nordrhein- westfälischen Burbach gut durch die Corona-Krise. Anfang 2021 war das vorbei: Über 90 positive Tests, 19 Bewohner starben. Was macht das mit den Menschen? Hätte es sich verhindern lassen? IDEA-Redaktionsleiterin Daniela Städter war vor Ort. H einz Meier – gestorben am 28. Januar. Irene starben 19 der 120 Bewohner im Zusammenhang mit Dittmann – gestorben am 15. Januar. Otto Corona, zwei weitere aus anderen Gründen. Zum Weber – gestorben am 22. Januar. Corona Vergleich: Durchschnittlich sterben sonst 35 Bewohner hat die Christlichen Seniorenhäuser Lützeln – pro Jahr. Wie es das Virus ins Heim geschafft hat, lässt verändert. Auf den Gängen des Altenheims ist es still. sich nicht endgültig klären. Wahrscheinlich fand es Der Wintergarten ist verwaist, der Speisesaal leer. Die während der Weihnachtstage – trotz der Schnelltests Bewohner sind in ihren Zimmern, zwischendurch bei Mitarbeitern und Besuchern – seinen Weg ins huschen vermummte Mitarbeiter über den Haus. Dann verbreitete es sich still und rasant. Flur. Die Ziellinie schien so nah vor Augen: © Foto(s) IDEA/ RAINER KÜCHLER; PRIVAT Mit der Impfung der Bewohner, so hofften sie, Wer kann helfen? werde es geschafft sein. Monatelang blieben Mit den Ausbrüchen kam der Ausnahmezu- die Seniorenhäuser vor einem größeren stand. Mehrere Todesfälle täglich, 20 infizierte Ausbruch bewahrt. Anfang 2021 änderte sich Mitarbeiter parallel in Quarantäne und die das schlagartig: Erste positive Tests lagen am 5. verzweifelte Frage: Wie lässt sich die Versorgung Januar vor, innerhalb von gut vier Wochen Jochen Loos gewährleisten? Ein Unternehmer aus dem Dorf IDEA DAS CHRISTLICHE WOCHENMAGAZIN 6.2021
LEBEN 25 verbreitete einen Aufruf: Wer kann kurzfristig helfen? „Die lang in ihren Zimmern zu bleiben: „Die Menschen haben überwältigende Resonanz war eine Gebetserhörung“, sagt auch während der Corona-Pandemie Rechte.“ Geschäftsführer Jochen Loos. Auch ein 82-Jähriger und eine 76-Jährige wollten kommen. Ein Angebot, das die Friedlich eingeschlafen Leitung ablehnen musste. Aber sie banden 13 jüngere Wohnbereichsleiterin Carina Grüterich ist dankbar für Freiwillige ein, darunter mehrere Pflegekräfte. „Klassische den besonnenen Umgang der Leitung mit der Krise: Vorstellungsgespräche gab es nicht“, sagt Pflegedienstleite- „Das hat uns Halt gegeben.“ Sie selbst musste ebenfalls in rin Daniela Dörr. Es musste schnell gehen. Wer gute Quarantäne. Das positive Testergebnis erreichte sie auf Referenzen vorwies, durfte loslegen: in der Küche, beim der Arbeit. Mit schlechtem Gewissen verabschiedete sie Verteilen des Essens auf die Zimmer, in der Pflege. Mit sich in die eigenen vier Wände: „Ich hatte den Eindruck, dieser Hilfe überstanden sie die zwei kritischen Wochen. dass ich die anderen im Stich lasse.“ Kurz vor ihrer Dörr ist bei allem Leid bemüht, auf das Positive zu Quarantäne musste sie noch einer Bewohnerin sagen, schauen. Einige der 59 infizierten Bewohner seien symp- dass diese positiv getestet wurde. Für die Seniorin jedoch tomfrei durch die Zeit gekommen, niemand habe qualvoll ein Grund zur Freude: „Ich werde endlich meinen sterben müssen: „Das ist auch eine Form von Bewahrung.“ Heiland sehen.“ Die Frau habe sich nur gesorgt, ob der Weg dahin schmerzhaft wird, erinnert sich Grüterich, sie Hätte es sich verhindern lassen? sei dann aber friedlich im Heim eingeschlafen. Hätte sich der Ausbruch verhindern lassen? Loos wiegt bedächtig den Kopf. „Wir haben uns immer an die jeweils Im Haus versorgen geltenden staatlichen Regeln gehalten.“ Hätten im Grundsätzlich will man die Erkrankten möglichst im Dezember – im zehnten Monat der Pandemie – Bewoh- Haus versorgen. Denn dort konnten sie unter Wahrung ner nicht noch konsequenter geschützt werden müssen? aller Sicherheitsmaßnahmen im Kreis ihrer Angehörigen Loos ist zurückhaltend. Im Nachhinein sei man immer sterben. Die Hausärzte kümmerten sich rührend, sagt schlauer: „Der Gesetzgeber hat es jetzt auch nicht Loos. Manche brachten Sauerstoffgeräte mit, waren rund einfach.“ Mittlerweile haben sie in Lützeln intern die um die Uhr erreichbar. Vor dem Tod habe sich das Regeln erneut verschärft: Wurde zuvor mit FFP2-Maske gearbeitet, kam mit dem Ausbruch das Gesichtsvisier und die Vermummung verpflichtend dazu. Möglicher- weise hätte durch diese Maßnahmen das Ausmaß eingedämmt werden können, sagt Loos. Aber es haben sich ihm zufolge zuletzt auch Mitarbeiter angesteckt, die mit Schutzschild, Maske, Handschuhen und Plastiküber- zug zu Bewohnern gingen: „Ich habe es nicht für möglich gehalten, dass sich das Virus so schnell verbreitet.“ Es ist ein Dilemma Heimleiter Alexander Strunk ist infiziert und in Quaran- täne. Ihm gehe es gut, erzählt er am Telefon. Er musste sich in den vergangenen Monaten oft auf neue Vorgaben der Landesregierung einstellen und abwägen: Welche Rechte Daniela Dörr (l.) und Carina Grüterich sind dankbar der Bewohner kann man mit Blick auf die Gesundheit für das gute Miteinander im Team. einschränken? „Die Heimaufsicht vom Kreis Siegen-Witt- genstein hat nicht geprüft, ob wir streng genug sind, sondern ob wir locker genug sind.“ Infizierte Demenz- kranke beispielsweise müssen in Quarantäne und in ihrem Zimmer bleiben – vergessen das aber sofort. Eingesperrt werden dürfen sie ohne richterlichen Beschluss aber trotzdem nicht. Und so mussten im Januar immer wieder Bewohner innerhalb des Hauses umziehen, damit es auf dem Flur zu möglichst wenigen Kontakten mit gesunden Demenzkranken kommt. „Es bleibt immer ein Dilemma“, sagt Strunk. Er könne es auch gesunden Bewohnern nicht © Foto(s) IDEA/ RAINER KÜCHLER (2) untersagen, sich gegenseitig zu besuchen, auch wenn das unwissentlich zur Verbreitung des Virus beitragen kann. Manche Heimbetreiber hätten in den vergangenen Monaten viel Unrechtes getan. So habe es in NRW keine Die Bewohner und Mitarbeiter der Christlichen Grundlage dafür gegeben, Bewohner zu zwingen, wochen- Seniorenhäuser Lützeln haben schwere Wochen hinter sich. IDEA DAS CHRISTLICHE WOCHENMAGAZIN 6.2021
LEBEN 26 nur mit Schutzkleidung ihr Zimmer betreten. Nolte hält nun auf anderen Wegen den Kontakt zu Mitbewohnern. Sie ruft an, und sie gehen zeitgleich auf die Balkone: „Wir winken uns aus der Ferne zu und halten die gefalteten Hände nach oben – unser Zeichen, dass wir füreinander beten.“ Einige Verstor- bene kannte sie: „Ihr Tod hat mich ergriffen.“ Nolte schaut nach vorne: „Ich will leben.“ In der „Corona-Hölle“? Die sozialen Netzwerke haben die Mitarbei- ter in dieser Zeit als asozial erlebt. Sie wurden angefeindet, weil sie in der „Corona- Hölle von Lützeln“ arbeiteten. Ihnen wurde vorgeworfen, dass sie verantwortlich für den Ausbruch seien. Belege dafür gab es keine. Die Mitarbeiter waren verletzt, erzählen Grüterich und Dörr. Denn die psychische Die Mitarbeiter gehen vermummt zu den Bewohnern – hier Hannelore Nolte. Belastung sei schon vor dem Ausbruch hoch gewesen – die Sorge, dass man selbst das Virus unterschiedlich ausgewirkt, so Loos: Manche Virus einschleppen könnte, war präsent. Später kam waren dauerhaft müde, andere konnten sich nicht mehr Niedergeschlagenheit dazu: Hätte ich etwas besser bewegen, hatten Schmerzen am ganzen Körper, Atem- machen können? Habe ich einmal zu wenig das Fenster probleme. Doch mit palliativen Mitteln habe man das aufgemacht? Vorwürfe von den Angehörigen habe es sehr gut steuern können. aber nicht gegeben. Ein Beispiel ist Eberhard Heinz. Sein Vater ist vor wenigen Tagen gestorben. Er habe in den Das Virus ist unberechenbar vergangenen Monaten gespürt, wie Leitung und Mitar- Mit den Krankenhäusern haben sie zum Teil schlechte beiter mit den Bewohnern und den Angehörigen gelitten Erfahrungen gemacht. Die Tochter eines Bewohners haben, sagt er. Auf das „Warum?“ habe er nur eine durfte ihren infizierten Vater in der Klinik die letzten Antwort: Das Vaterunser („Dein Wille geschehe“). Gott zehn Tage vor seinem Tod nicht sehen. Ein anderes Mal mache keine Fehler. holten Rettungssanitäter einen Erkrankten ab und fragten die Mitarbeiter, warum sie denn ausgerechnet Eine fragliche Theologie diesen Mann ins Krankenhaus bringen sollten. Ihm gehe Geschäftsführer Loos wiederum hat von Gerüchten es doch gut. Zwölf Stunden später war er tot. „Das Virus gehört, dass in manchen „frommen Kreisen“ über die ist unberechenbar“, sagt Grüterich. Christlichen Seniorenhäuser getuschelt werde: „Es hieß, wir müssten doch irgendetwas falsch machen. Nur so ließe Jeden Tag ein Klagelied weniger sich erklären, dass es auch uns getroffen hat. Schließlich Die 86-jährige Elfriede Dreisbach musste nach einem habe man für uns gebetet.“ Von welchen Gemeinden das positiven Test 14 Tage in ihrem Zimmer in Quarantäne ausging, weiß er nicht. Eine fragliche Theologie stecke bleiben. Das ist jetzt überstanden, sie hatte nur leichte dahinter, sagt er: „Wir sind natürlich aufgefordert, zu Symptome. Angst zu sterben hatte sie nicht, denn „ich beten und die Verordnungen einzuhalten. Aber es ist und habe Sehnsucht nach der Ewigkeit“. Hier auf der Erde bleibt Gottes Angelegenheit. Wenn er den Ausbruch vermisst sie das Gemeindeleben. Seit dem 5. Januar zulassen will, lässt er ihn auch zu. Warum sollte Corona finden in der Brüdergemeinde, die sich im Haus trifft, christliche Häuser nicht treffen?“ Auch über Corona- keine Präsenzgottesdienste statt. Beschwerden kommen Leugner könne er nur den Kopf schütteln: „Diejenigen aber keinesfalls über ihre Lippen. Stattdessen zitiert sie können gerne kommen und den Menschen beim Sterben den Theologen Friedrich von Bodelschwingh (1831–1910): zuschauen. Das Virus ist real.“ Die von Impfgegnern des „Jeden Tag ein Klagelied weniger und ein Loblied mehr.“ Öfteren geäußerte Auffassung, die Impfung könnte Schuld an der Infektion von manchen Bewohnern haben, weist er „Ich will leben“ für Lützeln zurück: „Wir hatten das Virus bereits im Haus, Hannelore Nolte hat ihr Zimmer seit acht Wochen nicht als wir mit den Impfungen begannen.“ Geimpft wurde nur, © Foto(s) IDEA/ RAINER KÜCHLER verlassen – freiwillig. „Wir müssen jetzt alles tun, damit wer zuvor negativ getestet wurde. Wahrscheinlich hatten wir hier gut durchkommen“, sagt die resolute 90-Jährige. einige aber kurz zuvor bereits Kontakt zu einem Infizier- Acht Mal wurde sie bereits negativ getestet. „Von Astro- ten. Das Virus habe also um sich gegriffen, kurz bevor ein nauten“, sagt sie und lacht. Das sind die Mitarbeiter, die Impfschutz aufgebaut wurde. IDEA DAS CHRISTLICHE WOCHENMAGAZIN 6.2021
LEBEN 27 Der „Drache von Lützeln“ Anke Späth arbeitet am Empfang. Sie hat zu Beginn der Pandemie das Unverständnis mancher Besucher zu spüren bekommen. Während der ersten Abriegelung im März mussten sie ein komplettes Besuchsverbot im Haus umsetzen, weil es damals die Corona-Schutzver- ordnung in NRW so vorsah. Besuche waren nur in einem auf dem Heimgelände aufgestellten Zelt mit Abstand möglich. Der Einsatz der Mitarbeiter war groß, das Unverständnis einiger Angehörigen ebenso. Masken tragen – warum das denn? Abstand halten – jetzt seid selbst ihr durchgedreht! Den eigenen bettlägerigen Ehemann im Heim über Wochen nicht besuchen oder berühren dürfen? Niemals! Späth und die anderen Mitarbeiter griffen durch: „Ich kam mir vor wie der Drache von Lützeln“, sagt sie. Jetzt sähen alle, wozu Corona fähig sei und dass das Virus nicht unterschätzt werden sollte. Sie vermisst die verstorbenen Bewohner. Da war Heinz Meier. Er konnte anstrengend sein mit seiner Demenz, erzählt sie. Aber er war liebenswürdig, hatte wenige Tage vor seinem Tod noch Schnee ge- schippt, weil er dem Hausmeister helfen wollte. Oder Otto Weber. Späth hatte mittags mit ihm telefoniert, da hatte er nur etwas Luftnot. Am Abend war er tot. Ihre Augen füllen sich mit Tränen: „Wir sind hier wie eine Familie. Es traf oftmals die fitten Senioren, bei denen wir überhaupt nicht mit ihrem Tod gerechnet hatten.“ Seelsorger Bollessen begleitet die Erkrankten. Wir werden den Schock aufarbeiten müssen Auslastung von 98 %, um nicht ins Minus zu rutschen. Ganz nah dran ist Stefan Bollessen. Der hauptamtliche Die Zimmer bleiben leer, bis das Haus nachweislich Seelsorger sitzt oft mit Angehörigen am Bett der Sterben- coronafrei ist – das gilt wahrscheinlich ab Mitte Februar. den, betet mit ihnen und übernimmt nun Beerdigungen Dann werden schrittweise neue Bewohner einziehen. Die im kleinsten Kreis. In der Vor-Corona-Zeit gab es Erinnerung wird bleiben: Corona hat dieses Haus Trauerfeiern in der Gemeinde im Haus. Jetzt dringen die verändert. p Namen der Toten morgens über die Audioanlage in das Bewusstsein und die Zimmer der Bewohner: „Wir werden diesen Schock noch aufarbeiten müssen.“ Er hofft, dass viele Nichtchristen durch die Pandemie Über die Christlichen wachgerüttelt werden und eine Sehnsucht nach Jesus in Seniorenhäuser Lützeln ihnen wächst. Doch viele sähen die Impfung als Problem- lösung an, anstatt sich Gott zuzuwenden. Die Frage nach Zu den Christlichen Seniorenhäusern Lützeln gehören dem Jenseits werde schon wieder verdrängt. Einrichtungen mit 104 Pflegeplätzen sowie 16 Service- Apartments und zusätzlich 26 Seniorenwohnungen, die Die Hoffnung ist groß sich abgetrennt von dem Altenheim auf dem Gelände Zehn Mitarbeiter sind derzeit noch nicht wieder einsatz- befinden. In der Pflege gibt es 88 Beschäftigte (47,5 volle fähig, kämpfen mit den Spätfolgen. Dennoch ist die Stellen). Der Mobile Dienst der Christlichen Seniorenhäu- Hoffnung groß, dass jetzt das Schlimmste überstanden ser versorgt 210 Patienten in der Umgebung. Die am 4. ist. Bei der letzten Reihentestung kamen keine neuinfi- Januar eröffnete Tagespflege hat 18 Plätze. Das Durch- zierten Bewohner dazu. Die Impfteams waren bereits schnittsalter im Heim liegt liegt ebenso wie das der an zwei Mal da (6. und 29. Januar), über 90 % der Bewohner Corona Verstorbenen bei zirka 86 Jahren. 59 Bewohner sind geimpft. Die Impfbereitschaft unter den Mitarbei- und 32 Mitarbeiter wurden im Januar positiv getestet. tern war geringer – stieg aber nach dem Corona-Aus- Träger der Häuser ist die Stiftung Christliches Altenheim bruch. Leichte Nebenwirkungen seien ihm bislang nur Lützeln, die ein gemeinsames Werk der Brüdergemein- © Foto(s) IDEA/ RAINER KÜCHLER von Mitarbeitern bekannt, sagt Loos. Die 21 Zimmer der den ist. Lützeln ist ein Ortsteil von Burbach. Verstorbenen sind weiterhin nicht belegt. Dankbar ist q Holzhäuser Weg 7 | 57299 Burbach Loos deswegen über den staatlichen Rettungsschirm und Tel. 02736 2040 | E-Mail: info@christliche-seniorenhaeuser.de Ausgleichszahlungen. Denn das Haus braucht eine christliche-seniorenhaeuser.de IDEA DAS CHRISTLICHE WOCHENMAGAZIN 6.2021
THEOLOGIE 28 Eine Gemeinde von Geschwistern, in der Jesus Christus handelt Die Theologische Erklärung der Bekenntnissynode in Barmen vom 31. Mai 1934 ist die zentrale theologische Äußerung der Bekennenden Kirche unter der nationalsozialistischen Diktatur (1933–1945). In sechs Thesen richtete sie sich gegen die falsche Theologie und das Kirchenregime der sogenannten Deutschen Christen, die damit begonnen hatten, die evangelische Kirche gleichzuschalten. Pfarrer Christian Schwark erklärt in einer Serie die Barmer Erklärung und beschreibt, warum ihre Thesen noch heute aktuell sind. W as ist in der Kirche bzw. in einer Ge- das Haupt ist, Christus, von dem aus der ganze Leib meinde wichtig und was nicht? Darüber zusammengefügt ist.“ gibt es sehr unterschiedliche Meinun- gen. Ist es wichtig, dass der Gottesdienst Gemeinsamer Vater im Himmel um 10 Uhr beginnt? Oder könnte er auch um 9 Uhr oder Evangelische Gemeinschaften organisieren sich als ein um 11 Uhr beginnen? Oder vielleicht auch erst um 18 Verein. Dementsprechend heißen die Häuser, in denen Uhr? Über solche Fragen haben sich schon Gemeinden sie sich treffen, häufig Vereinshaus. Dagegen ist absolut gespalten. Erst recht ein spannendes Thema ist die nichts zu sagen. Die Frage aber ist: Ist eine christliche Ge- Musik. Soll es Musik mit Orgel oder mit Schlagzeug meinde eigentlich ein Verein? Wenn wir uns die dritte geben? Auch darüber kann man trefflich streiten. Dann Barmer These anschauen, können wir sagen: eigentlich gibt es noch so spannende Fragen wie: Soll man sich nicht. Warum nicht? Da steht, dass die christliche sonntags fein anziehen, weil der Tag ja etwas Besonderes Gemeinde eine Gemeinde von Brüdern ist. Heute hätte ist? Oder soll man so zum Gottesdienst gehen wie im man sicher „von Geschwistern“ oder „von Schwestern Alltag, weil Christsein am Sonntag und im Alltag nicht und Brüdern“ geschrieben. Geschwister haben sich auseinanderfallen soll? Und noch eine Frage: Sollte man einander nicht ausgesucht. Geschwister sind deshalb vor dem Gottesdienst zur Ruhe kommen, um sich auf die Geschwister, weil sie gemeinsame Eltern haben. So sind persönliche Begegnung mit Gott einstellen? Oder sollte Christen Geschwister, weil sie einen gemeinsamen Vater man die anderen begrüßen, weil die Gemeinde ja eine im Himmel haben. Das verbindet sie. Sie glauben Gemeinschaft ist? Bei allen diesen Fragen fällt es mir gemeinsam an Jesus, der für unsere Schuld ans Kreuz schwer, eine eindeutige Antwort zu finden. Andere sehen gegangen ist. Und der uns darum verbindet mit Gott, das ganz anders. Die sagen: Nur so darf es sein. dem Vater. Das ist das, was eine Gemeinde zusammen- hält. Die Verbindung zu Jesus. Und das ist nicht nur Jesus Christus ist das Haupt der Gemeinde etwas Theoretisches. Sondern Jesus handelt in seiner Wie kommen wir da weiter? Da hilft uns der Blick in Gemeinde, wie es in der Barmer These heißt. die Barmer Erklärung. Heute schauen wir uns die dritte These an. Sie lautet: „Die christliche Kirche ist Ganz unterschiedliche Menschen die Gemeinde von Brüdern, in der Jesus Christus in Dazu passt auch Epheser 4,14, wo Jesus als das Haupt Wort und Sakrament durch den Heiligen Geist als der bezeichnet wird. Das Haupt, der Kopf, ist im Körper das Herr gegenwärtig handelt. Sie hat mit ihrem Glauben bestimmende Organ. Was im Kopf gedacht wird, das wie mit ihrem Gehorsam, mit ihrer Botschaft wie mit führen die Organe aus. So handelt Jesus in seiner Ge- ihrer Ordnung mitten in der Welt der Sünde als die meinde. Das ist der Unterschied zu einem Verein. Ein Kirche der begnadigten Sünder zu bezeugen, dass sie Verein ist eine menschliche Größe. Da tun sich Menschen allein sein Eigentum ist, allein von seinem Trost und zusammen. Eine Gemeinde ist eine geistliche Größe. Da von seiner Weisung in Erwartung seiner Erscheinung wirkt Jesus in Wort und Sakrament – d.h. in Taufe und lebt und leben möchte. Wir verwerfen die falsche Abendmahl – und durch seinen Geist. Was bedeutet das Lehre, als dürfe die Kirche die Gestalt ihrer Botschaft für das Miteinander in der Gemeinde? Zuerst einmal und ihrer Ordnung ihrem Belieben oder dem dies: In der Gemeinde treffen sich sehr unterschiedli- Wechsel der jeweils herrschenden weltanschau- che Menschen. So wie Geschwister auch oft sehr © Foto(s) IDEA/ DANIELA STÄDTER lichen und politischen Überzeugungen über- unterschiedlich sind. Da fragt man sich manch- lassen.“ Der Bibelvers dazu ist Epheser 4,15: mal: Wie kann bei den gleichen Eltern so Unter- „Lasst uns aber wahrhaftig sein in der Liebe schiedliches dabei rauskommen? So ist es auch und wachsen in allen Stücken zu dem hin, der bei den Kindern Gottes. Darum ist es auch in der IDEA DAS CHRISTLICHE WOCHENMAGAZIN 6.2021
THEOLOGIE 29 Für die einen sieht ein „richtiger“ Gottesdienst so aus … Gemeinde wichtig, dass wir unterschiedlich sein dürfen. dann ihm oder ihr mal sagen. Oder auch anderen. Die Dass nicht einer zum anderen sagt: Du musst genauso Liebe in unseren Gemeinden kann wachsen, wenn wir denken wie ich, du musst den gleichen Geschmack haben positiv miteinander und übereinander reden. wie ich, du musst dich genauso kleiden wie ich usw. Was Noch ein Baustein der Liebe: Zeit füreinander haben. uns verbindet, ist Jesus. Und das Leben mit ihm. Das Leben In vielen Gemeinden gibt es nach dem Gottesdienst – nach seinem Wort. Alles andere kann völlig unterschied- wenn nicht gerade Lockdown ist – ein Kaffeetrinken. lich sein. In diesem Sinne ist es gut, wenn wir Toleranz Natürlich ist niemand verpflichtet, da hinzugehen. Aber üben in der Gemeinde. Z. B. wenn es darum geht, wie die für die, die ein solches Angebot bisher nicht genutzt Musik, der Gottesdienst oder die Kleidung aussehen sollte. haben: Wie wäre es, das einmal auszuprobieren? Mitein- ander ins Gespräch zu kommen. Vielleicht sogar mit Positiv miteinander umgehen Leuten, die ich bisher gar nicht richtig kannte. Immer Und nicht nur das. In Epheser 4 lesen wir, dass wir wieder höre ich, dass jemand sagt: Womöglich spricht wahrhaftig sein sollen in der Liebe. Das ist eine ganz mich jemand an, und ich weiß nicht, wer das ist. Wie besondere Herausforderung: Die Geschwister in der peinlich. Oder noch peinlicher: Ich frage einen anderen, Gemeinde zu lieben. ob er neu ist, und der andere sagt: Ich gehe seit vielen Es ist leicht, die zu lieben, die mir sympathisch sind. Jahren hier in die Gemeinde. Ich mache Mut zur Pein- Aber in der Gemeinde gibt es auch Menschen, die mir lichkeit an dieser Stelle! Es wäre doch schade, deswegen unsympathisch sind. Das ist wie unter leiblichen Ge- gar nicht ins Gespräch zu kommen. Und zum Trost: Ich © Foto(s) PICTURE ALLIANCE / PETER GERCKE/DPA-ZENTRALBILD/DPA schwistern. Auch da kann man sich besser oder schlech- kann mir auch ganz schlecht Namen oder Gesichter ter verstehen. Bei Beerdigungen begegnet es mir immer merken. Bei mir gab es schon viele peinliche Situationen. wieder, dass Geschwister untereinander keinen Kontakt haben. Oft ist das mindestens für eine Seite sehr Gehorsam, Botschaft, Ordnung schmerzlich. In der Gemeinde muss natürlich nicht jeder Schauen wir weiter, was in der dritten Barmer These mit jedem eng befreundet sein. Was heißt es dann, sich steht: Die Gemeinde soll bezeugen, dass sie zu Jesus zu lieben? Z. B., dass wir nicht schlecht übereinander gehört. Dass sie „sein Eigentum ist“, wie es hier heißt. reden. Auch in der Gemeinde wird leider viel getratscht. Wie? Dreierlei ist hier genannt: der Gehorsam, die Überlegen wir: Mit wem habe ich in der Gemeinde Botschaft und die Ordnung. Gucken wir uns diese drei Probleme? Und dann können wir fragen: Was kann Dinge an: Zunächst der Gehorsam – dass eine Gemeinde dieser Mensch gut? Was ist wertvoll an ihm? Und es nach Gottes Geboten lebt. Nicht dass sie perfekt ist, IDEA DAS CHRISTLICHE WOCHENMAGAZIN 6.2021
THEOLOGIE 30 … für andere so. Wie Gemeinde auszusehen hat, darüber gehen die Meinungen auseinander. sie ist ja die Kirche der begnadigten Sünder, wie es in Gebet eröffnet und mit Gebet geschlossen.“ Dadurch wird Barmen heißt. Aber indem sie, wie Paulus schreibt, klargemacht: Die Gemeindeleitung soll nicht einfach nur immer weiter wächst zu Christus hin. Dass Christen nicht menschlich entscheiden. Nach dem, was die Presbyter als sagen: Ich bin ganz zufrieden mit meinem Christsein. Menschen denken. Sondern sie sollen sich ganz bewusst Sondern immer fragen: Wie kann ich weiterkommen? Gott und seinem Willen unterstellen. Ein kleines Zeichen Das Zweite, was hier genannt wird, ist die Botschaft. Es in der Ordnung der Kirche, das auf Jesus hinweist. ist wichtig, dass eine Gemeinde klar von Jesus redet. Da soll es keine falschen Kompromisse geben. Wie heißt es in Wir gehören zu Jesus Barmen? „Wir verwerfen die falsche Lehre, als dürfe die Darauf kommt es also an in der Gemeinde: dass Jesus Kirche die Gestalt ihrer Botschaft und ihrer Ordnung uns verbindet, dass wir liebevoll miteinander umgehen ihrem Belieben oder dem Wechsel der jeweils herrschen- und dass wir bezeugen: Wir gehören zu Jesus. Alles den weltanschaulichen und politischen Überzeugungen andere ist zweitwichtig. p überlassen.“ Das ist leider immer wieder passiert. Im 19. Jahrhundert war die Kirche kaisertreu, im Nationalsozia- lismus zum großen Teil hitlertreu, in der DDR hat sie sich „Kirche im Sozialismus“ genannt. Und heute? Heute hört man vielfach in Predigten und kirchlichen Verlautbarun- Die Barmer Theologische gen nur das, was man auch in der „Tagesschau“ sehen Erklärung kann. Oder in Parteiprogrammen nachlesen kann. Schade. Ein klares Bekenntnis ist gefragt. Wie damals im Dritten Die „Theologische Erklärung zur gegenwärtigen Lage der Reich so auch heute. Und das nicht nur in Predigten. Deutschen Evangelischen Kirche (DEK)“ war das theolo- Sondern auch in Gesprächen. Wir können uns fragen: gische Fundament der Bekennenden Kirche in der Zeit Wissen meine Freunde und meine Bekannten, dass ich des Nationalsozialismus. Sie wurde in der Gemarker Christ bin? Wissen sie auch, was mir der Glaube bedeutet? Kirche im Wuppertaler Stadtteil Barmen verabschiedet. In der These aus Barmen steht noch ein Drittes: Die Ihr Hauptautor war der reformierte Theologe Karl Barth Kirche soll durch ihre Ordnungen bezeugen. Das ist (1886–1968). Mitautoren waren die lutherischen Theolo- interessant. Die Ordnungen in der Kirche, das sind z. B. gen Thomas Breit (1880–1966) und Hans Asmussen die Kirchengesetze. Auch die sollen ein Hinweis auf Jesus (1898–1968). Die erste Barmer Bekenntnissynode nahm © Foto(s) IMAGO IMAGES/EPD sein. Wie geht das denn? Z. B. steht in §65b der Westfäli- den mehrfach überarbeiteten Text am 31. Mai 1934 als schen Kirchenordnung: „Die Sitzungen des Presbyteri- verbindliches Bekenntnis aller lutherischen, reformierten ums (Gemeindeleitung) werden mit Schriftlesung und und unierten Mitgliedskirchen der DEK an. IDEA DAS CHRISTLICHE WOCHENMAGAZIN 6.2021
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