GEDENK STÄTTEN FAHRTEN - Wege zu Orten der Erinnerung und Mahnung - Herausgegeben und unterstützt durch: Lobby für ...
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GEDENK STÄTTEN FAHRTEN Wege zu Orten der Erinnerung und Mahnung KZ-Gedenkstätte Natzweiler-Struthof/ Elsaß, fotografiert von Igor Sigov Herausgegeben und unterstützt durch:
Inhaltsverzeichnis 0. Projektbeschreibung . ...................................................................................................................... . . . . . . . . . . 4 1. Experten informieren über: Grundsätze der Gedenkstättenpädagogik. Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Gedenkstättenfahrten . . ................................... . . . . . . . . . . 6 Grundsätzliches zu Gedenkstättenfahrten und praktische Hinweise. 1.1 Der Gedenkstättenbesuch aus gedenkstättenpädagogischer Sicht. Von Sarah Rehberg, viele Jahre pädagogische Mitarbeiterin an der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen .... . . . . . . . . . . 6 T ipps der Bundeszentrale für politische Bildung zur Planung von Gedenkstättenfahrten, Auszug 1.2 aus „Wegweiser zur Erinnerung“ .......... ............................................................................................. . . . . . . . . . 16 1.3 „Didaktische Leitlinien“ des Internationalen Bildungs- und Begegnungswerks (IBB) . ............... . . . . . . . . . 18 2. Gedenkstättenfahrten mit kulturell heterogenen Teilnehmergruppen . .................................... . . . . . . . . 20 2.1 Einleitung ............................................. .............................................................................................. . . . . . . . . 20 2.2 Erinnern unter Migranten, Grundsatz-Artikel von Dr. Juliane Wetzel, veröffentlicht von der Bundeszentrale für politische Bildung, 2008 . ................................................................................... . . . . . . . . . 20 2.3 Stellungnahme von Frau Rehberg, Sachsenhausen (siehe auch Kapitel 1.1) . .................................... . . . . . . . . 23 2.4 Stellungnahme von Frau Gryglewski, pädagogische Leitung des Hauses der Wannseekonferenz . ... . . . . . . . . . 24 2.5 Stellungnahme von Frau Kuran, Lehrerin an der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule Leverkusen . ............ . . . . . . . . . 25 3. Gedenkstätten und Erinnerungsorte in NRW und Deutschland . ................................................ . . . . . . . . 27 3.1 Lernen in lokalen und regionalen Gedenkstätten, Einleitung ............................................................ . . . . . . . . 27 3.2 Gedenkstätten in NRW – Beispiele und Empfehlungen ................................................................... . . . . . . . . 28 3.2.1 Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf . ............................................................................................... . . . . . . . . 28 3.2.2 NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln – EL-DE-Haus“ . ............................................................ . . . . . . . . . 30 3.2.3 Ehemalige „NS-Ordensburg Vogelsang“, Schleiden . . ......................................................................... . . . . . . . . . 31 3.3 Gedenkstätten in Deutschland – Beispiele und Empfehlungen . ..................................................... . . . . . . . . 32 3.3.1 Gedenkstätte Bergen-Belsen . ........................................................................................................... . . . . . . . . . 32 3.3.2 Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz, Berlin . .................................................. . . . . . . . . 34 3.3.3 Museum Blindenwerkstatt Otto-Weidt, Berlin . .................................................................................. . . . . . . . . 35 3.3.4 Gedenkstätte Buchenwald ................................................................................................................ . . . . . . . . . 36 3.3.5 KZ Gedenkstätte Dachau ................................................................................................................... . . . . . . . . 38 3.3.6 KZ Gedenkstätte Flossenbürg ............................................................................................................ . . . . . . . . 39 3.3.7 KZ-Gedenkstätte Neuengamme . ...................................................................................................... . . . . . . . . . 41 3.3.8 Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück .............................................................................................. . . . . . . . . 43 3.3.9 Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen .................................................................................... . . . . . . . . . 45 4. Gedenkstättenfahrten nach Polen und in andere europäische Länder .................................... . . . . . . . . . 47 4.1 Einleitung ............................................. .............................................................................................. . . . . . . . . 47
4.2 Gedenkstätten in Polen – Beispiele und Empfehlungen . ....................................................................... . . . 48 4.2.1 Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau . .. ............................................................................................ . . . . 48 4.2.2 Staatliches Museum Majdanek . .............................................................................................................. . . . 49 4.3 Gedenkstätten in anderen europäischen Ländern – Beispiele und Empfehlungen ................................ . . . 51 4.3.1 Konzentrationslager Natzweiler-Struthof . ................................................................................................ . . . 51 4.3.2 Gedenkstättenfahrt des ZfsL Düsseldorf nach Natzweiler-Struthof / Elsaß Interview mit Silvia Savelsberg ................... ............................................................................................ . . . . 52 4.3.3 Gedenkstätte Theresienstadt . . ................................................................................................................ . . . 54 5. Förderung und Finanzierung . ............................................................................................................. . . . . 56 6. Erfahrungsberichte – Praxisbeispiele von Kolleg*innen, zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Gedenkstättenfahrten . ...................................................................................... . . . . 58 6.1 Vorbemerkung – Überblick .................................................................................................................... . . . . 58 6.2 Erfahrungsberichte / Praxisbeispiele ....................................................................................................... . . . 58 6.2.1 Bildungsangebote in der Gedenkstätte Bonn ........................................................................................ . . . . 58 6.2.2 Weimar/Buchenwald. Ein Projekt für die Fächer Deutsch – Kunst ........................................................ . . . . 60 6.2.3 Auschwitz-Fahrt an der Gesamtschule Monheim: Ein Interview ............................................................. . . . 62 6.2.4 Helmholtz-Gymnasium Hilden: Gedenkstättenfahrten nach Auschwitz ................................................. . . . . 64 6.2.5 Evangelische Kirche Monheim, Auschwitzfahrten ................................................................................... . . . 65 6.2.6 Methoden der Nachbereitung / ein Überblick ...................................................................................... . . . 66 6.2.7 Evaluierungsverfahren „Sprechende Tischdecke“ ................................................................................... . . . 66 6.2.8 Blog zu Dachau München .......................... ............................................................................................ . . . . 67 6.2.9 Beispiel einer Internet basierten Evaluation ............................................................................................ . . . 68 6.2.10 Praxisbeispiel Fotoausstellung ................................................................................................................ . . . . 69 7. Überlegungen und Erfahrungen zur Nachhaltigkeit ......................................................................... . . . 70 7.1 Verankerung von Gedenkstättenfahrten im Schulprogramm .................................................................. . . . 70 7.2 Praxisbeispiel: Das Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium in Wuppertal – Schule mit einer gelebten Erinnerungskultur ....................................... ............................................................................................ . . . . 71 8. Gedenkstättenfahrten in der Lehrerausbildung. .............................................................................. . . . . 73 Interview mit Christoph Deußen, Leiter des Seminars Gesamtschule / Gymnasium am Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL), Düsseldorf . ....................................................................... . . . 73 9. Anbieter von Gedenkstättenfahrten . ................................................................................................. . . . 75 9.1 Gemeinnützige Veranstalter .................................................................................................................... . . . 75 9.2 Kommerzielle Veranstalter . ..................................................................................................................... . . . 77 3
Projektbeschreibung Erinnern unterstützen – Orientierung für die Zukunft ermöglichen „Gedenkstätten dokumentieren die Geschichte der NS-Verbrechen. Es sind Tatorte, Leidensorte und Trauerorte bis heute. /.../ Irgendwann müssen wir diese Geschichte ohne das lebendige Zeugnis der Zeitzeugen vermitteln. Umso wichtiger für das Lernen und Erinnern sind die Besu- che von Gedenkstätten als Orte des Leidens.“ (Wegweiser zur Erinnerung, Bundeszentrale für pol. Bildung) UNSERE ZIELSETZUNG: Unsere Idee und unser Ziel ist es, Schulen darin zu unter- Es ist uns weiterhin wichtig deutlich zu machen, dass Ge- stützen Gedenkstätten-Projekte zu planen und denkstätten-Besuche nicht isoliert für sich stehen sollten, durchzuführen. sondern immer in den Kontext der Erinnerungskultur und des historischen Lernens an der Schule eingebunden sind. edenkstätten-Fahrten sind dann ein Gewinn, wenn sie G sorgfältig und sachkundig geplant und professionell durchgeführt werden. Mit unseren Materialien und Bera- UNSERE UNTERSTÜTZUNGSANGEBOTE: tungsangeboten möchten wir dazu einen Beitrag leisten. Wir bieten auf einer Informationsplattform / Homepage ausführliche und detaillierte Informationen zu Fahrtzielen und Finanzierungsmöglichkeiten an sowie hilfreiche Tipps UNSERE MOTIVE: und Hinweise zu wesentlichen Aspekten der Vorbereitung, Die offensichtliche Veränderung des gesellschaftlichen Durchführung und Nachbereitung von Gedenkstätten- Klimas bereitet uns Sorge. Wir wollen einen Beitrag fahrten. gegen die Zunahme von rechtsextremem Gedankengut und Antisemitismus leisten. Wir bieten auf Wunsch Beratungsgespräche an, sei es tele- fonisch, via Internet oder in persönlichen Begegnungen. In der Verharmlosung von NS-Verbrechen sehen wir eine Verhöhnung der Opfer und deren Nachkommen und Das bedeutet: Interessierte KollegInnen und Kollegen eine Gefahr für die Zukunft unserer Gesellschaft und erhalten bei uns unseres Gemeinwesens. • Informationen über -- mögliche Ziele im lokalen, regionalen und überre- Mit Besuchen von Gedenk- und Erinnerungsorten als aktiver gionalen Bereich sowie im europäischen Ausland Form der Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit -- Finanzierungsmodalitäten (Antragsfristen, Genehmi- an authentischen Orten des Nazi-Terrors kann unseres Er- gungsbedingungen…) und Finanzierungsmöglich- achtens ein Beitrag dazu geleistet werden, junge Menschen keiten durch Behörden, Stiftungen, Sponsoring… gegen Populismus und Antisemitismus zu sensibilisieren -- hilfreiche Literatur und sich für Menschenrechte, Pluralität und Demokratie -- Adressen und Links von unterstützenden Institu- einzusetzen. Wichtig ist uns auch, dass Jugendliche Gedenk- tionen stätten als Orte des Gedenkens der Opfer erfahren. • Hilfestellung bei der Beantragung von Fördergeldern Wir wollen aber auch darauf hinweisen, dass Gedenkstät- und der Genehmigung der Fahrten ten und Erinnerungsorte die Möglichkeit bieten, sich über Täter und Mitläufer zu informieren. Ebenso wichtig ist es • B eratung in wichtigen Fragen der didaktisch-methodi- uns, deutlich zu machen, dass diese Orte die Möglichkeit schen Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung bieten, jungen Menschen aufzuzeigen, dass der Wider- von Fahrten, z.B.: stand gegen das NS-Regime breit gefächert war und dass -- Welche Fragen müssen im Leitungsteam vorab es viele „unbesungene Helden“ gab, die Handlungsspiel- geklärt werden? räume nutzten und während des Holocaust jüdischen -- Wie bereiten wir die SchülerInnen vor, inhaltlich – Mitbürgern halfen. emotional – in Bezug auf Verhaltensregeln…? 4
Projektbeschreibung -- M üssen wir unsere muslimischen SchülerInnen in UNSERE EXPERTISE: besonderer Weise vorbereiten? Wir sind pensionierte Pädagogen und verfügen über um- -- Ab welcher Jahrgangsstufe ist eine Teilnahme fangreiche Erfahrungen in den Bereichen Schule, Schul- sinnvoll? entwicklung und Gedenkstättenfahrten. Die Mitglieder -- Gibt es Empfehlungen zur Gruppengröße? unseres Teams sind: -- Wie und wann kooperieren wir mit dem pädagogi- schen Stab der Gedenkstätte? Anne Ackers-Weiss, bis zur Pensio- -- Was erwarten die Gedenkstättenpädagogen von nierung viele Jahre Schulleiterin einer unserer Zusammenarbeit? Gesamtschule im Raum Düsseldorf -- Was gehört zu angemessenem Verhalten der und Moderatorin für Schulentwick- SchülerInnen während eines Gedenkstättenbe- lung bei der Bezirksregierung Düssel- suchs? dorf. Sie hat in Zusammenarbeit mit -- Wie verhalten wir uns, wenn SchülerInnen wäh- der Mahn- und Gedenkstätte Düssel- rend des Gedenkstättenbesuchs emotional über- dorf viele Jahre lang Zeitzeugenge- fordert sind oder wenn sich jemand unangemes- spräche an Schulen organisiert. sen verhält? -- Wie gehen wir mit rechtsextremen Einstellungen G regor Randerath, bis zur Pensio- bzw. Bemerkungen von Schülern um? nierung Lehrer an einer Gesamt- -- Welche Methoden bzw. Rituale der Aufarbeitung schule im Raum Düsseldorf, bis April vor Ort haben sich bewährt? 2018 Fachleiter für Pädagogik und -- Welche Methoden bieten sich, eine Gedenk Kernseminarleiter am Zentrum für stättenfahrt auszuwerten? schulische Lehrerausbildung (ZfsL) -- Wie kommunizieren wir die Erfahrungen und Düsseldorf; er hat zahlreiche Ge- Eindrücke der Fahrt anschließend in die Schul denkstättenfahrten mit SchülerInnen gemeinde? und ReferendarInnen organisiert, -- Was ist zu tun, damit eine Gedenkstättenfahrt kein Ko-Autor eines Unterrichtswerkes einmaliges Ereignis bleibt, sondern nachhaltig in für den Pädagogik-Unterricht über der Schule/im Schulprogramm verankert wird? Aggression. • Vermittlung von kompetenten Gesprächspartnern, z.B. laus Schlotterose, bis zur Pensio- K -- pädagogische Dienste der Gedenkstätten, nierung Lehrer an einer Gesamt- -- MitarbeiterInnen der Kompetenzteams schule im Raum Bonn, Fachleiter -- Ansprechpartner bei den Bezirksregierungen als für Geschichte am ZfsL Vettweiß. Er genehmigende Behörden hat viele Jahre einen deutsch-israe- -- Kolleginnen und Kollegen, die über Erfahrungen lischen Schüleraustausch mitorgani- mit Gedenkstättenfahrten verfügen. siert und ist ehrenamtlicher Mitarbei- ter der Bonner Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus. WIR ARBEITEN EHRENAMTLICH. 5
1. Experten informieren über: Grundsätze der Gedenkstättenpädagogik. Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Gedenkstättenfahrten 1.1 Grundsätzliches zu Gedenkstättenfahrten und praktische Hinweise. Den nachstehenden Text möchten wir allen Besuchern unserer Plattform ganz besonders empfehlen. Er gibt hilfreiche Antworten auf wesentliche Fragen zur Planung und Durchführung einer Gedenkstätten- fahrt aus der Sicht einer Gedenkstätten-Pädagogin. z.B. • Was gehört unbedingt in die Vorbereitung der Gruppe vor der Fahrt (inhaltlich, Gruppen bezogen, psychologisch…)? • Sind Gedenkstättenfahrten für alle Schüler*innen geeignet, kann ich auch Schüler*innen mitnehmen, bei denen ich Unkonzentriertheiten oder unangemessenes Verhalten befürchte? • Was tun bei Verhaltensproblemen während des Besuchs? • Was erwarten die Guides der Gedenkstätte von mir als Betreuerin und von unserer Zusammenarbeit während des Besuchs? • Wie kann ich einen Gedenkstättenbesuch abschließen, reflektieren und auswerten? Auch diejenigen, die bereits Gedenkstätten mit Schülerinnen und Schülern besucht haben, finden hier kompetente Anregungen und Nachdenkenswertes. Der Gedenkstättenbesuch aus gedenkstättenpädagogischer Sicht von Sarah Rehberg Diese Internetseite möchte Lehrer*innen und Pädagog*in- listischen Massenverbrechen ist tief verunsichernd, nen bei ihrer Entscheidung, ob sie einen Gedenkstät- umso mehr braucht pädagogische Vermittlung an tenbesuch mit Jugendlichen ins Auge fassen möchten, diesen Orten Orientierung – für Mitarbeiter(innen) unterstützen. Zwar ist der Besuch von Gedenkstätten in und Besucher(innen) gleichermaßen.“ den meisten Bundesländern fest in den Rahmenlehrplan Thimm, Kößler, Ulrich, „Verunsichernde Orte“, 2010, S. 9. verankert, dennoch tun sich bei den Lehrkräften zahlreiche Fragen und/oder auch Bedenken gegenüber seiner Um- Der Besuch einer NS-Gedenkstätte oder die Gedenk- setzung auf. Im Folgenden möchte ich auf einige dieser stättenfahrt unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht vom Fragen aus gedenkstättenpädagogischer Sicht eingehen gängigen Museumsbesuch oder Aufenthalt in einer und bin bemüht, mögliche Befürchtungen abzubauen anderen außerschulischen Bildungsstätte. Das ist nicht oder zumindest sachlich zu begegnen. Mein Name ist nur inhaltlich unschwer erkennbar, sondern äußert sich Sarah Rehberg und ich arbeite seit 2015 als historisch-poli- auch immer wieder in Gesprächen mit Lehrer*innen. tische Bildnerin, davon mehrere Jahre für den Besucher- Im Gegensatz zu anderen Klassenausflügen stellen viele dienst der Gedenkstätte und des Museums Sachsenhau- Lehrkräfte im Vorfeld des Gedenkstättenbesuchs deut- sen in Oranienburg bei Berlin. Zuletzt war ich dort unter lich komplexere Überlegungen an. Sie äußern Bedenken anderem mit der Durchführung von Lehrerfortbildungen darüber, unter welchen Umständen sich dieser sinnvoll betraut. Seit Anfang 2020 bin ich in der Bildungsabteilung in den schulischen Unterricht integrieren lässt und ob er des Dokumentationszentrum Topographie des Terrors überhaupt für alle Schüler*innen gleichermaßen ge- in Berlin tätig. Mit diesem Beitrag hoffe ich, auch jene zu eignet bzw. für jede Gruppe zweckmäßig ist. Darüber unterstützen, die ich persönlich nicht erreichen kann. hinaus haben sie häufig hohe Erwartungen hinsichtlich der Lernerfolge, die sich bei den Jugendlichen einstellen „Allein das Wissen zu den Orten der nationalsozia- sollen. Angesichts der sensiblen Thematik, welche den 6
1. Experten informieren über: Grundsätze der Gedenkstättenpädagogik. Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Gedenkstättenfahrten NS-Gedenkstätten zugrunde liegt und der daran ge- möglich emotional sehr berührt und sie setzen nun auf knüpften oder erhofften Lernziele bei äußerst diversen eine mindestens ebenso intensive, emotionale Erfahrung Zielgruppen steht der Gedenkstättenbesuch vor großen am „authentischen“ Ort. Beides kann ausbleiben. Dass pädagogischen und didaktischen Herausforderungen. sie nämlich kein Konzentrationslager besichtigen, sondern Diese möchte ich in diesem Text ansprechen. Denn so eine moderne, den vielfachen Funktionen angepasste, unbestritten das pädagogische Potential von Gedenkstät- über die Jahre veränderte Gedenkstätte, darauf sind viele tenbesuchen ist, so sehr müssen auch die didaktischen Jugendliche im Vorfeld gedanklich nicht vorbereitet. Ent- Herausforderungen des Lernens am historischen Ort täuschung über den Ort oder gar über sich selbst kann thematisiert werden. Nur so können realistische Vor- die Folge sein. Andere wiederum glauben aufgrund ihres stellungen von einem gelungenen Gedenkstättenbesuch vertrauten Umgangs mit Bildern und Darstellungen über und Erwartungen zu möglichen Lernzielen gewonnen den Nationalsozialismus und den Holocaust ausreichend werden. Anhand dieser Fragen möchte ich auf folgende auf das, was sie erwartet, vorbereitet zu sein und sind Punkte weiter eingehen: von der Konfrontation mit dem historischen Ort emotio- 01. Pädagogisches Selbstverständnis der NS- nal überwältigt. Gedenkstätten 02. R ollenverständnis zwischen Referent*in und Lehr- In den Gedenkstätten begegnen den Mitarbeiter*innen kraft bzw. Gruppenbetreuer*in alle denkbaren Reaktionen und Emotionen. Aufgrund der 03. B edenken gegenüber dem Gedenkstättenbesuch Spezifik des historischen Lernortes „Gedenkstätte“ hat - ist er für alle geeignet? sich in der Bildungsarbeit eine eigene Gedenkstätten- 04. Praktisches zur Planung pädagogik herausgebildet, die bemüht ist, auf komplexe 05. V or- und Nachbereitung des Gedenkstätten Besuchererwartungen adäquat zu reagieren und ihren besuches eigenen Bildungsauftrag ständig zu reflektieren. Ohne die Absicht, für andere Gedenkstätten oder Pädagog*innen sprechen zu wollen, die an ähnlich „verunsichernden 1. P ÄDAGOGISCHES SELBSTVERSTÄNDNIS Orten“ wie dem einer KZ-Gedenkstätte arbeiten, möch- DER NS-GEDENKSTÄTTEN te ich an dieser Stelle gern versuchen, einige wichtige Das historisch-politische Lernen am historischen Ort, Grundsätze vorzustellen, die in der Gedenkstättenpäda- insbesondere mit Schülergruppen, stellt uns vor einige gogik immer wieder wichtige Orientierungspunkte bilden. pädagogische und didaktische Herausforderungen. Das liegt daran, dass sich an den Besuch von NS-Ge- Emotion | Wissen denkstätten häufig ganz besondere pädagogische Erwar- „Ich dachte, ich würde hier irgendwie traurig tungen knüpfen: nämlich, dass hier besonders ein- und sein, aber ich fühle gar nichts. Ich glaube, mit mir nachdrücklich Geschichte begriffen werden könne. Die stimmt etwas nicht.“ Eine Schülerin der 9. Klasse zum Gedenkstätte soll der Anschaulichkeit dienen, dem bes- Ende der Führung durch die Gedenkstätte Sachsenhausen, 2017 seren Nachvollziehen und Verstehen. Auch die Jugend- lichen werden nicht selten mit dieser Erwartungshaltung Oft beherrscht die Vorstellung, junge Menschen müss- konfrontiert. Oft bringen sie sogar selbst Erwartungen an ten von einem Gedenkstättenbesuch emotional berührt sich oder den Ort im Gepäck mit. Wir Gedenkstättenmit- werden, die gesellschaftlichen Erwartungen und die ihrer arbeiter*innen sprechen von einer Authentizitätserwar- Lehrer*innen. Bestimmte Emotionen von Jugendlichen tung der Besucher*innen an den historischen Ort, die jedoch abzuverlangen oder dahingehend gezielt zu be- meist auf vorgefertigte Bilder im Kopf zurückzuführen ist. einflussen, ist selten erfolgreich und ruft eher Abwehr- So wollen viele Schüler*innen Dinge sehen, von denen reaktionen hervor oder gar Enttäuschungen bei den sie in Erzählungen und Literatur schon „so oft“ gehört Jugendlichen selbst, wenn diese ausbleiben. Auch kön- haben, die sie durch Dokumentar- und Spielfilme bereits nen starke Emotionen den Lernprozess behindern. Die „tausendfach“ vor Augen hatten. Sie entwickeln klare Aufnahmefähigkeit für neue Inhalte kann mitunter stark Vorstellungen davon, was in einer NS-Gedenkstätte zu beeinträchtigt werden, wenn körperliche Erfahrungen wie sehen sei. Auch haben diese Bilder und Berichte sie wo- Hitze, Kälte, Enge oder der Anblick von Gaskammern, 7
1. Experten informieren über: Grundsätze der Gedenkstättenpädagogik. Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Gedenkstättenfahrten Leichenkellern und Gefängniszellen bewusst in den Menschenrechts- und Demokratieerziehung gerückt. Dies Fokus genommen werden. Im Vordergrund der Erfahrung ist Ausdruck eines Standpunkts, dass sich aus dem Natio- steht dann das körperliche oder emotionale Empfin- nalsozialismus allgemeingültige Lehren formulieren ließen. den, nicht aber das Verständnis um die Geschichte des Ohne dies an dieser Stelle kritisch analysieren zu wollen, Ortes. Schlussfolgerungen, die jede Schülerin und jeder ob diesem Ansatz zuzustimmen ist oder nicht, sollte dies Schüler individuell für sich zieht, sind dann kaum noch nicht dazu führen, dass Pädagog*innen – Lehrer*innen nachvollziehbar und müssen nicht zwangsläufig die ge- wie Referent*innen der außerschulischen Bildung glei- wünschte Wirkung einer Sensibilisierung für das Leid der chermaßen – vorgefertigte Werturteile und Appelle als Opfer beinhalten. Im Gegenteil, langfristig können solche angestrebte Lernziele dem Lernprozess vorwegnehmen. Erfahrungen eine Abwehr für das gesamte Thema aus- Ein Bildungsangebot sollte junge Menschen dazu ermuti- lösen. Daher gilt es, die Schüler*innen nicht emotional zu gen, Beobachtungen kritisch zu hinterfragen und sich eine überfordern, sondern fundiertes Wissen zu vermitteln. Es eigene Meinung zu bilden. Auch ein Gedenkstättenbesuch ist richtig, dass Empathie wichtig für den Lernprozess und sollte die Schüler*innen dazu befähigen, am Ende eines schlussendlich für die Meinungsbildung bzw. das Fällen Lernprozesses eigene Werturteile zu formulieren und nicht von Werturteilen ist. Mithilfe einer biografischen Annähe- zum Ziel haben, sie moralisch zu beeinflussen. Teil dieses rung das Handeln historischer Akteure in ihren historischen Lernprozesses ist es, die Fragen und Meinungen der Schü- Strukturen zu verstehen, ihre Erfahrungen zu begreifen, ler*innen offen zu diskutieren, auch die unpopulären. Hier bildet hierzu den nötigen Rahmen. Ein Nachempfinden betone ich noch einmal ganz bewusst die Funktion der dieser Erfahrungen, indem Schüler*innen angemahnt oder Gedenkstätte als außerschulischer Lernort historisch-poli- methodisch dorthin gelenkt werden, sich in damalige Situ- tischer Bildung. Spontanäußerungen, die der Ort bei ationen hineinzuversetzen, ist nicht legitimer Bestandteil manchen Jugendlichen hervorbringen mag, müssen ohne historischen Lernens. Es ist weder erstrebenswert, noch Sanktionierung möglich sein. Was nicht ausgesprochen historisch betrachtet ansatzweise möglich. wird, kann auch nicht verhandelt werden. Unser Ansatz liegt eher darin, aufzudecken, wo provokante oder gar poli- Prinzip der Freiwilligkeit: Die Gedenkstätten empfehlen tisch problematische Äußerungen ihren Ursprung haben meist einen Besuch auf freiwilliger Basis, d.h. dass die und mit Faktenwissen darauf einzugehen. Jugendlichen in die Entscheidung für einen gemeinsamen Besuch eingebunden werden. Den Gedenkstättenmit- Überwältigungsverbot: In einer NS-Gedenkstätte, arbeiter*innen ist aber bewusst, dass der Gedenkstätten- welche eine traumatische Geschichte in sich trägt und besuch in einem schulischen Rahmen organisiert wird, der Teil einer Erinnerungskultur der Verantwortung ist, erhält nicht immer eine freiwillige Teilnahme garantiert. Dennoch dieses Verbot ein umso größeres Gewicht. Es gilt nicht, herrscht in den meisten Gedenkstätten das Prinzip der Jugendliche mit einer Vielzahl schockierender Momente Freiwilligkeit. Das bedeutet, dass es den Schüler*innen emotional zu überrumpeln und diese Momente dafür zu überlassen ist, sich Situationen, die sie überfordern, jeder- nutzen, moralische Botschaften zu vermitteln. Vielmehr zeit zu entziehen. Im Idealfall macht der*die Referent*in sollen sie in ihrer Fähigkeit bestärkt werden, die Ge- transparent, was als nächstes passieren wird und überlässt schichte differenziert zu analysieren und diese Fähigkeit es den Jugendlichen, den nächsten Schritt mitzugehen. auch bei der Betrachtung gegenwärtiger politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen zu nutzen. Moral | Urteilskraft „Und deswegen ist es wichtig, dass Ihr später im- Erleben | Lernen mer wählen geht.“ Die Lehrerin einer 10. Klasse bei der „Wenn ich mir hier das ehemalige Lager ansehe Evaluationsrunde am Ende eines Studientages in der Gedenk- und überlege, was hier passiert ist, und da drau- stätte Sachsenhausen, 2016 ßen am Eingang nicht weit von hier die Wohnhäu- ser der SS, kann ich mir nur schwer vorstellen, wie Gedenkstättenbesuche und die schulische Auseinander- die Wachmänner nach ihrer Arbeit nach Hause zu setzung mit dem Nationalsozialismus und der Shoa sind ihren Familien gehen konnten.“ über die Jahre verstärkt in das Feld einer allgemeinen Ein Schüler beim Rundgang während eines Studientages, 2017 8
1. Experten informieren über: Grundsätze der Gedenkstättenpädagogik. Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Gedenkstättenfahrten Sosehr die gezielte Emotionalisierung innerhalb der Ge- einflussen. Diese versuchen wir, dem Alter, Vorwissen, denkstättenpädagogik abgelehnt wird, steht es dennoch Lernniveau und – wenn geäußert – Interessen der Ju- außer Frage, dass die Wahrnehmung der Schüler*innen gendlichen, sprich den Bedürfnissen der Teilnehmenden vom Ort eine zentrale Rolle für den Lernprozess spielt. anzupassen. Dabei müssen wir aber trotz allem ein Auge Mitunter kann sie historisches Verstehen befördern. Etwa darauf haben, ob die Jugendlichen sich nicht zu irgendei- durch Irritationen und daraus folgende Fragen, welche nem Zeitpunkt überfordert fühlen, sowohl emotional als die Ortserfahrung bei ihnen aufwirft, oder ein Gefühl, auch vom Anspruch des Angebotes. welches sie an sich selbst wahrnehmen. Gefühle, die der historische Ort auslösen kann, werden demnach nicht Gerade bei der Vermittlung sensibler und mitunter tabuisiert, sondern können Gegenstand der Auseinander- aufwühlender Inhalte und unter Berücksichtigung der setzung werden, wenn danach gefragt wird, wo sie her- Ortserfahrung machen wir es daher zum Prinzip, Störun- kommen. Tatsächlich können Jugendliche den Ort, von gen bspw. in Form einer Verweigerungshaltung oder von dem sie Bilder und Vorstellungen mitbringen, „sinnlich provokanten Äußerungen Vorrang zu geben. erleben“. Erleben heißt hier aber nicht nacherleben, auch nicht sich in das Erlebte von Opfern oder gar Subjektorientierung/Schülerorientierung: Die aktive Tätern hineinzuversetzen. Vielmehr ist es Anspruch Mitgestaltung durch die Lernenden, deren Selbstständig- der Gedenkstätten durch ein breites, methodisch keit und Mitverantwortung sind wesentliche Bestandteile variierendes und multiperspektivisches Angebot den eines schülerorientierten Bildungsangebotes. Dieses Jugendlichen eine Fülle an Zugängen zum Thema Prinzip beruht auf einem demokratischen Grundgedan- anzubieten. Unter Multiperspektivität verstehen wir aller- ken und soll außerdem die Motivation der Schüler*innen dings nicht das bloße Bemühen, eine Vielzahl und Vielfalt erhöhen. In den Gedenkstätten sind die Referent*innen „unterschiedlicher“ Sichtweisen zu berücksichtigen, bemüht, dialogisch zu arbeiten, die Teilnehmenden in sondern die Reflexion auf das Verhältnis der Perspektiven Entscheidungsprozesse und Diskussionen aktiv mit ein- zueinander. zubeziehen und die Wahl des individuellen Zugangs zum Ort bzw. Thema offen zu lassen. Multiperspektivität: Die Gedenkstättenpädagog*innen bemühen sich bei der Wahl ihrer Zugänge, der Methoden sowie der quellengestützten Perspektiven vielfältig vorzu- 2. R OLLENVERHÄLTNIS ZWISCHEN GEDENK gehen, Diversität aufzuzeigen, jede präsentierte Pers- STÄTTENMITARBEITER*IN UND LEHRKRAFT pektive aber auch quellenkritisch mit den Jugendlichen BZW. GRUPPENBETREUER*IN gemeinsam zu untersuchen und zu reflektieren. Während einer Führung bleiben einige aus der Gruppe zurück und sind unaufmerksam, obwohl der Guide etwas erklären möchte. Die Lehrerin Konsumieren | Aktivieren ruft laut in die Richtung ihrer Schüler*innen: „Alle „Was muss ich jetzt machen?“ Mann antreten!“ Die Frage, die wir alle schon tausendfach zu einem x-beliebigen Während einer Führung in der Gedenkstätte Sachsenhausen, Zeitpunkt von Schüler*innen gehört haben. 2012 Zuletzt ist es nicht in unserem Interesse, die Teilnehmen- Sie, die betreuenden Fachlehrer und Fachlehrerinnen, den zu bloßen Konsument*innen unserer Vermittlungs- sind diejenigen, die Ihre Klasse am besten kennen bemühungen zu machen. Die Führungen sind im besten und damit unsere wichtigsten Ansprechpersonen. Dies Fall dialogisch angelegt. Es sollte breiten Raum für Fragen kommt besonders in der Planungsphase Ihres Gedenk- und Diskussionen geben, die zum Nachdenken anregen. stättenbesuchs zum Tragen. Damit die Gedenkstätten- Durch selbstständiges Auswählen und Erarbeiten von In- mitarbeiter*innen ein möglichst zielgruppenorientiertes halten mithilfe unterschiedlicher Quellen, wie Fotografien, Programm auswählen bzw. zusammenstellen können, Häftlingskunst, archäologische Überreste, Dokumente sollten Sie bei der Anmeldung ausführliche Angaben und Erinnerungsberichte in den Workshops, werden die zu Ihren Schüler*innen und deren Bedürfnissen ma- Schüler*innen aktiviert, ihre Lerninhalte selbst zu be- chen. Während Ihres Besuches jedoch müssen Sie das 9
1. Experten informieren über: Grundsätze der Gedenkstättenpädagogik. Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Gedenkstättenfahrten Zepter ein wenig aus der Hand geben. Das fällt einigen Schüler*innen besser kennen, wir sie hingegen in einem Lehrer*innen nicht leicht. Wir machen gelegentlich die äußerst überschaubaren Zeitfenster erleben. Uns wird Erfahrung, dass Lehrkräfte thematisch in das Programm es nicht möglich sein, in so kurzer Zeit den Blick für alle eingreifen, weil sie bestimmte Themen platziert wissen Teilnehmer*innen offen zu halten. Sie unterstützen uns oder sicherstellen wollen, dass die für sie wichtigen dabei, indem Sie den Überblick über den Verbleib der Schlussfolgerungen „eindeutig“ vermittelt wurden. Das einzelnen Schüler*innen behalten, oder auch in dem Fall, kann den*die Referent*in in der Durchführung seines*ih- dass eine Einzelbetreuung notwendig wird. Sofern ein res Programms behindern bzw. seine*ihre Zielsetzung solches Handeln oder Eingreifen nicht erforderlich wird, sabotieren. Besonders jüngere Gedenkstättenreferent*in- wünschen wir uns, innerhalb der Veranstaltung erste An- nen erleben häufig, dass sie in ihrer Expert*innen-Rol- sprechperson für die Jugendlichen zu sein. le für die Vermittlung der Geschichte des Ortes nicht ausreichend anerkannt werden. Wünschenswert ist ein Auch haben wir einen anderen Blick darauf, was ein kollegialer Umgang miteinander. Wenn Sie Beobachtun- dem Ort angemessenes Verhalten ist. Häufig beginnt die gen machen, die Sie stören oder stutzig machen, nutzen Kluft schon bei der Frage danach, ob die Jugendlichen Sie die nächste Pause zwischen zwei Arbeitsphasen und während eines Gedenkstättenbesuchs essen und trinken bitten den Guide um ein Gespräch unter vier Augen. dürfen. Wir nehmen daran in der Regel keinen Anstoß. Vieles lässt sich auf diese Weise leichter klären. Das körperliche Wohl ist für den Lernprozess absolut wichtig und körperliche Bedürfnisse sollten daher nicht Gedenkstättenbesuche und -fahrten bedeuten für die übergangen werden. Außerdem ist der Aufenthalt im begleitenden Lehrkräfte, viele organisatorische Aufgaben Gelände, im Sommer wie Winter, enorm anstrengend im Blick zu behalten. Das führt manchmal dazu, dass und gerade Jugendliche benötigen hierbei häufiger eine Lehrer*innen in der Zeit des gedenkstättenpädagogischen kleine Pause bzw. Stärkung. Auch bezüglich abweichen- Seminars Ansagen an die Klasse richten, die inhaltlich der Unterhaltungen, Kichern und Lachen nehmen wir dort nicht hingehören. Diese können positiven Inhalts sein eine entspannte Haltung ein, solange es noch nicht in („Am Ende unseres Programms gehen wir heute Nach- einem grob störenden Maße erfolgt. Wann dieses über- mittag an den Badesee. Stellt Euch schon mal drauf ein!“), schritten ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab und aber auch negativen Ursprungs sein („Wie Ihr Euch letzte ist so individuell wie die Gruppen und die Referent*in- Nacht in der Jugendherberge verhalten habt, will ich nicht nen selbst. Gerade bei einem so belastenden Thema noch einmal erleben, sonst sehe ich mich gezwungen, wie der Geschichte des Nationalsozialismus benötigen …“). Das ist insofern nachvollziehbar, als sie die Gelegen- die Jugendlichen gelegentliche Pausen, die sie sich über heit alle beieinander zu haben, für eine Ankündigung an persönliche Unterredungen holen. Anspannung und die Gruppe nutzen wollen. Dem*der Referent*in er- Stress, die der Anblick verstörender Bilder und Orte oder schwert dies die Arbeit allerdings sehr, weil diese*r mit die Aufnahme belastender Inhalte verursachen können, der Stimmung, welche die Ansage unter den Jugendlichen werden mitunter durch Lachen abgebaut. Das muss kein erzeugt, umgehen muss bzw. sich diese Stimmung auf die Anzeichen für Respektlosigkeit oder Desinteresse sein. Motivation der Jugendlichen, sich weiter in das Gedenk- Für uns ist es wichtig, dass Sie akzeptieren, dass es sich stättenprogramm einzubringen, überträgt. bei NS-Gedenkstätten um außerschulische Lernorte handelt, die zuweilen andere Maßstäbe ansetzen. Deren Des Weiteren machen wir häufig die Beobachtung, dass Mitarbeiter*innen wissen einen kollegialen Austausch die Vorstellungen der betreuenden Lehrkräfte in Bezug mit den Lehrkräften sehr zu schätzen, die eine Gruppe auf das Verhalten der Jugendlichen in einer Gedenkstätte begleiten, und sei es nur eine Verständigung durch Blick- von den unseren abweichen. Aus Sorge, die Jugend- kontakt oder ein kurzes Nachfragen in der Pause. lichen könnten sich nicht angemessen verhalten oder sich im Seminar nicht ausreichend beteiligen, neigen In den Gedenkstätten wünschen wir uns zudem davon ab- viele Lehrer*innen dazu, ihre Schüler*innen vermehrt zusehen, während der Führungen und Seminare Aufgaben zu disziplinieren oder zu mehr Mitarbeit und Interesse zur Bearbeitung mitzugeben oder Schulnoten zu verteilen. anzuhalten. Ich würde Ihnen empfehlen, dies auf ein Aufgabenbögen engen die Jugendlichen in ihrer Wahrneh- Nötigstes zu beschränken. Uns ist bewusst, dass Sie ihre mung der Gedenkstätte ein, indem sie sie auf die Suche 10
1. Experten informieren über: Grundsätze der Gedenkstättenpädagogik. Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Gedenkstättenfahrten nach den „richtigen Antworten“ schicken. Sollte ihnen das stättenmitarbeitern im Vorfeld des geplanten Besuchs von an einem ihnen unbekannten Ort nicht gelingen, stellt großer Bedeutung, ebenso wie die Hinweise hinsichtlich sich Frust ein. Der*die Referent*in gerät in die Rolle, den der Rolle begleitender Lehrkräfte (vgl. Kapitel 2). Schau- Jugendlichen beim Lösen ihrer Aufgaben zu assistieren en Sie, ob Sie die Gruppe von schulischer Seite für den und ist an der Durchführung des geplanten Programmes Besuch klein halten können. Wählen Sie in Absprache mit gehindert. Darüber hinaus sollte der Gedenkstättenbe- den Gedenkstättenpädagog*innen ein Programm, wel- such ohne Leistungsdruck erfolgen. Wenn Gedanken und ches die Aufmerksamkeits- und Konzentrationsfähigkeit Empfindungen ohne Bewertung geäußert werden können, der Schüler*innen berücksichtigt und ggf. einen weniger entsteht Raum für weiterführende Fragen. schulischen Zugang bietet. Sprechen Sie den Guide, der Ihre Gruppe betreut, zu Anfang der Veranstaltung an und loten aus, wieviel Unterstützung im Laufe des Seminars 3. BEDENKEN GEGENÜBER DEM GEDENKSTÄT- oder der Führung gewünscht ist und bleiben Sie in Kon- TENBESUCH – IST ER FÜR ALLE GEEIGNET? takt. Viele Jugendliche, deren Verhalten im Schulkontext Einige Lehrkräfte stellen in Beratungsgesprächen die mitunter auffällig ist, zeigen sich während des Gedenkstät- Frage, ob sie mit ihren Schüler*innen überhaupt eine tenbesuchs wider Erwarten interessiert. Wenn sie erfahren, NS-Gedenkstätte besuchen können. Auf die Rückfrage, dass ihre Fragen und Interessen ernst genommen werden worin ihre Bedenken liegen, treten als Antwort wieder- und sie teilweise frei wählen dürfen, welchen Themen und holt drei Beschreibungsformen der betroffenen Jugend- Schauplätzen sie sich intensiver widmen können, bringen lichen zutage: Zum einen werden einzelne oder mehrere sie dem Ort auch den entsprechenden Respekt entgegen. Schüler*innen einer Klasse als „verhaltensauffällig“ be- Nur in sehr seltenen Fällen werden einzelne Jugendliche schrieben, von denen die Lehrer*innen befürchten, dass einer Veranstaltung verwiesen, weil ein Fortführen des sie dem Guide und dem Bildungsangebot gegenüber Programms sonst unmöglich wäre. Dies ist eine ultimative desinteressiert begegnen und die gesamte Veranstaltung Maßnahme, die im Anschluss unbedingt mit ihnen bespro- maßgeblich stören könnten. Zum anderen beschreiben chen werden sollte. Lehrer*innen von Klassen mit sogenanntem hohen Migrationsanteil die Sorge, ob Jugendliche ohne familien- Über die Rolle von Jugendlichen aus nicht-deutschen biografischen Bezug zum Nationalsozialismus überhaupt Familien in der Vermittlung der Geschichte des National- einen Zugang zu der spezifischen Geschichte des NS sozialismus und des Holocausts ist in den letzten Jahren und des Holocausts finden könnten. In der Regel meinen eifrig diskutiert worden. Ein Thema, das lange vernachläs- sie damit Jugendliche, deren Familien aus Herkunftslän- sigt wurde, erfuhr plötzlich eine große Aufmerksamkeit dern stammen, deren Verbindung zum Nationalsozialis- und konzentrierte sich bisweilen auf einzelne Gruppen, mus tatsächlich marginal oder zumindest nicht Teil des wodurch sich zahlreiche weiterführende Fragen daran deutschen Erinnerungsdiskurses ist, geschweige denn im anknüpften. Meine persönliche Antwort auf die Frage Kontext des schulischen Geschichtsunterrichts auftaucht. fällt hingegen sehr knapp aus. Meines Erachtens braucht Und zuletzt äußern Lehrer*innen die Befürchtung, dass es keinen familiären Bezug, um Interesse für ein histori- Jugendliche, bei denen sie eine rechte Gesinnung vermu- sches Thema oder Empathie für die Erlebnisse der Opfer ten, mit politisch problematischen Äußerungen den Ge- nationalsozialistischer Verfolgung zu entwickeln. Die denkstättenbesuch sabotieren könnten. Einfache Antwor- meisten Jugendlichen heutzutage kennen niemanden ten gibt es auf diese Themen nicht, zumal sie zahlreiche mehr persönlich, der die Zeit des Nationalsozialismus Unterpunkte umfassen. Dennoch möchte ich versuchen, erlebt hat und ihnen davon berichten kann. Für sie ist das in aller Kürze auf die übergeordnete Frage einzugehen, Thema, kurz gesagt, Geschichte. Übermittelte Familienge- ob ein Gedenkstättenbesuch durchführbar ist. schichten sind sicherlich ein Zugang zur Geschichte des Nationalsozialismus, aber eben auch nur einer von vielen, Schüler*innen, die durch unkonzentriertes und zuweilen und es ist häufig fraglich, wie wahrheitsgetreu diese störendes Verhalten auffallen und damit den Unterricht tradierten Familiennarrative schlussendlich sind. Darüber immer wieder unterbrechen, sollen selbstverständlich eine hinaus sehen viele Jugendliche die Notwendigkeit, sich Gedenkstätte besuchen können. Bei den angesprochenen mit dem Nationalsozialismus auseinanderzusetzen, nicht Problemfeldern sind genaue Absprachen mit den Gedenk- mehr einzig und allein darin begründet, weil ihre Fami- 11
1. Experten informieren über: Grundsätze der Gedenkstättenpädagogik. Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Gedenkstättenfahrten lien bereits vor über 75 Jahren in Deutschland lebten. nur ein Baustein innerhalb eines größeren Netzwerks Die meisten begreifen das Wissen um den National- der historisch-politischen Bildung sein. Sollte es aber zu sozialismus und den Holocaust inzwischen als globale der befürchteten Situation kommen und der Guide weiß Geschichte, die alle Menschen betrifft. Die Zugänge zu antworten, wird der erhoffte Lerneffekt kaum bei der dazu sind vielfältig und können meines Erachtens nicht betroffenen Person zu beobachten sein. Vielmehr zielt durch die Vorlage ausgewählter Themen oder Biografien, eine verbale Reaktion auf rechte Äußerungen darauf ab, die eine besondere nationale, ethnische oder kulturelle die anderen Teilnehmenden in der Gruppe zu stärken und Berücksichtigung vornehmen, vorbestimmt werden. Die Grenzen des Sagbaren deutlich aufzuweisen. Eine klare Verfolgung von Menschen aus rassistischen, religiösen, Positionierung von Seiten des Guides hat für den Moment politischen, eugenischen, sozialdarwinistischen und an- somit weniger erzieherische Absichten gegenüber dem Ur- deren Gründen ist universell und es sollte Schüler*innen heber, sondern zeigt gegenüber den anderen Schüler*in- unbedingt frei stehen, ihren persönlichen Zugang selbst nen auf, dass es wünschenswert und möglich ist, solchen zu entdecken. Diese Auffassung schließt eine Erweite- Aussagen argumentativ entgegen zu treten. rung der Perspektiven um bisher wenig berücksichtigte Randthemen und weniger bekannte Einzelschicksale im gängigen Bildungsangebot keineswegs aus, sollte aber 4. PRAKTISCHES ZUR PLANUNG nicht auf einzelne Zielgruppen exklusiv ausgerichtet sein. Auf dieser Website finden Sie zahlreiche Informationen und Angebote, die Ihnen bei der Planung Ihres Gedenk- Zuletzt sorgen sich Lehrer*innen wieder vermehrt dar- stättenbesuchs behilflich sein können. Für Ihren Kontakt um, dass Schüler*innen durch rechte Äußerungen in der mit den Mitarbeiter*innen der Gedenkstätten und Ihren Gedenkstätte auffallen bzw. die Veranstaltung sabotieren Aufenthalt vor Ort möchte ich Ihnen lediglich ein paar könnten. Sie nehmen einen zuweilen hemmungslosen organisatorische Tipps zur Hand geben. Umgang mit rassistischen, antisemitischen oder allgemein diskriminierenden Aussprüchen wahr, bei denen häufig Viele größere Gedenkstätten sind seit Jahren mit steigen- schwer einzuschätzen ist, ob sie der Provokation dienen den Besucherzahlen konfrontiert. Dementsprechend wird oder ideologischen Ursprungs sind. Gelegentlich schätzen den Besucher*innen weitestgehend empfohlen, früh- sie einzelne oder mehrere ihrer Schüler*innen tatsächlich zeitig eine Anmeldung vorzunehmen. Einige Gedenkstät- als politisch rechts stehend ein und fragen sich, ob sie ten können hingegen mitunter noch äußerst kurzfristig diese dennoch für einen Gedenkstättenbesuch gewinnen Gruppenanmeldungen annehmen. Auch die Altersemp- können bzw. sie dazu verpflichten sollten. Ihre Wahrneh- fehlungen bzw. das Mindestalter für die Bildungsangebo- mung sollte Lehrkräfte nicht davon abhalten, eine Gedenk- te variieren von Ort zu Ort. Erkundigen Sie sich über die stättenfahrt zu planen, sie sollten ihre Beobachtungen Website oder ggf. telefonisch über die Rahmenbedingun- aber unbedingt im Vorfeld den Gedenkstättenmitarbei- gen und Abläufe. ter*innen mitteilen. Viele Referent*innen haben in den letzten Jahren an Schulungen im Umgang mit rechtspopu- Grundsätzlich kann ich allen Lehrer*innen nahelegen, mit listischen Äußerungen in der Gedenkstättenarbeit teilge- den Bildungsabteilungen der Gedenkstätten persönlich nommen und der Diskurs darüber wird in den Gedenk- Kontakt aufzunehmen. Auf diese Weise können Sie sich stätten intensiv geführt. Doch auch für die Guides bleibt es über das Programmangebot im Detail informieren, und eine Herausforderung, in der Situation immer adäquat zu zum anderen – und das erachte ich als besonders wich- reagieren. Sich im Voraus auf die Möglichkeit einzustellen, tig – Ihre Klasse und deren Bedürfnisse direkt bespre- kann schon eine große Hilfestellung bedeuten. Auch sollte chen. Scheuen Sie sich nicht, besondere Bedarfe Ihrer es auf Seiten der Lehrer*innen keine falsche Vorstellung Schüler*innen und mögliche Schwierigkeiten, die Sie bei von der Funktion des Gedenkstättenbesuchs geben. Er Ihren Jugendlichen sehen, anzusprechen. So hilft uns ist keine Immunisierung gegen rechtes Gedankengut. zum Beispiel die Information, dass sich Menschen mit Dass sich Schüler*innen mit politisch problematischen körperlichen Einschränkungen in der Gruppe befinden, Haltungen in einer Klasse befinden, sollte weder der aus- bei unserer Programmplanung weiter, denn nicht immer schlaggebende Grund sein, einen Gedenkstättenbesuch sind Gedenkstätten und Ausstellungsräume barriere- ins Auge zu fassen, noch dafür, dies nicht zu tun. Er kann frei. Wenn Sie Jugendliche betreuen, die Deutsch erst 12
1. Experten informieren über: Grundsätze der Gedenkstättenpädagogik. Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Gedenkstättenfahrten noch als Fremdsprache erlernen oder die traumatische Nachbesprechung. Und sage den Geschichtslehrern, Erfahrungen (bspw.: Fluchterfahrung) gemacht haben weil ich ja nicht alle Klassen selber habe, macht bitte könnten, ist das Wissen darum für den*die Referent*in eine Vor- und Nachbereitung. Meistens passiert das. wesentlich, um sich darauf einzustellen. Darüber hinaus Aber ich habe auch schon Klassen gehabt, die ich bei ist nicht jedes Seminarformat für jede Gruppe geeignet. Null abholen musste.“ Es gibt leseintensive Seminare, die auf ein gutes Vor- Ein Lehrer über die Organisation von Gedenkstättenbesuchen wissen aufbauen, quellengestützte Einstiege, welche die in seiner Schule, aus: Karin Huber: Bildungschancen und Jugendlichen zu einem selbstständigen forschenden Ler- Bildungsgrenzen eines schulischen Gedenkstättenbesuchs. nen anregen, kunst- und kulturpädagogische Workshops, Magisterarbeit, Wien 2010, S. 68. in denen eine kreative, assoziative Auseinandersetzung mit dem Ort stattfindet. Schüler*innen mit Lern- oder „Ich komme mit meinen Klassen immer ganz be- Konzentrationsschwierigkeiten würde ein leseintensiver wusst zu Ihnen in die Gedenkstätte, bevor wir den Seminartag mit längeren Arbeitsphasen sicherlich über- Nationalsozialismus im Unterricht behandeln. Ich fordern oder gar frustrieren. Es gibt aber viele andere sehe meine Jugendlichen als eine Art tabula rasa. interessante Zugänge, die stattdessen gewählt werden Der Eindruck, welcher dieser Ort bei ihnen hinter- können. Die Gedenkstättenpädagog*innen werden Sie lässt, macht sie viel offener für die Geschichte, bei der Wahl des Programmes beraten und können auf wenn wir sie dann in der Schule durchnehmen.“ diese Weise ein zielgruppenorientiertes Format erstellen. Ein Lehrer einer 9. Klasse vor Beginn einer Führung in der Gedenkstätte Sachsenhausen, 2017 Zuletzt noch ein paar ganz praktische Tipps: Die örtlichen Gegebenheiten variieren von Gedenkstätte zu Gedenk- Tatsächlich sollte der Gedenkstättenbesuch selbst nicht stätte. In manchen hält man sich größtenteils in Räumen als Vorbereitung auf die Behandlung der Geschichte des auf, andere verfügen über ein großes Außengelände, Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges im auf dem mitunter längere Strecken zurückgelegt werden Unterricht dienen. Vorhandenes Wissen hilft, neue Infor- müssen und die Besucher*innen dem Wetter zu großen mationen, welche die Jugendlichen während des Gedenk- Teilen ausgeliefert sind. Wie bereits erwähnt, ist das kör- stättenbesuchs erhalten, einzuordnen und eigene Fragen perliche Wohlergehen der Jugendlichen wichtig für ihre an die Geschichte des Ortes zu entwickeln. Dennoch Aufnahmefähigkeit. Sind Ihre Schüler*innen aber abge- sehen sich viele Lehrer*innen mit Zwängen im schulischen lenkt, weil sie frieren, nass werden, hungrig oder durstig Alltag konfrontiert, die eine Einbettung der Gedenkstät- sind, wird es ihnen schwer fallen, einer Führung zu folgen tenfahrt in den Unterricht oder gar eine Projektarbeit im oder sich bereitwillig ins Seminar einzubringen. Die Not- gewünschten Sinne nicht immer zulassen. Enge Rahmen- wendigkeit, wetterfeste Kleidung, bequemes Schuhwerk lehrpläne, die nur unzureichend viele Unterrichtseinheiten und Proviant mitzunehmen, muss unbedingt mit den für dieses komplexe Themenspektrum einräumen, Termin- Schüler*innen vorab besprochen werden. findungsschwierigkeiten aufgrund von Klausurphasen oder die plötzliche Notwendigkeit als fachfremde Begleitperson einzuspringen, sind nur einige der bekannten Hindernisse. 5. V OR- UND NACHBEREITUNG DES Wir sind uns in den Gedenkstätten dieser Schwierigkeiten GEDENKSTÄTTENBESUCHES bewusst und haben dafür volles Verständnis. Dennoch „Im besten Fall gibt es eine Vorbereitung, eine Fahrt gibt es viele Möglichkeiten, den Gedenkstättenbesuch im und eine Nachbereitung. Ich sage im besten Fall, weil Unterricht sinnvoll vor- und nachzubereiten, und ich möch- die Praxis oft so ist: Es ist täglicher Unterrichtsstress te gern an dieser Stelle einige Anregungen geben, wie und keiner hat Zeit für irgendetwas. Dann heißt es, dies bei unterschiedlichen zeitlichen Kapazitäten aussehen man sollte [in die Gedenkstätte] auch gefahren sein. kann. Einige Leistungen in Vor- und Nachbereitung er- Dann schaut man, welche Klassen können gerade? achten wir als absolut notwendig. Das werde ich kenntlich Wo sind gerade keine Schularbeiten? Wo sind keine machen. Bei anderen handelt es sich um Vorschläge, die Projekte? Man findet irgendwie einen Termin wo es Sie für Ihre Arbeit in Erwägung ziehen können. Es handelt geht, findet einen Bus und fährt dorthin. Dann mache sich nicht um ausgearbeitete Unterrichtseinheiten, sondern ich im Bus oft eine Einleitung und im Bus dann die um thematische Anregungen, die Sie aufgreifen können. 13
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