UMWELT & energie - Sozial-Produziert
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www.umweltundenergie.at UMWELT & energie 04|2014 UMWELT → ENERGIE → KLIMA → NATUR → LEBEN in Niederösterreich → schwerpunkt: RESSOURCEN © ISTOCK.COM/VITALISG/CAPTURELIGHT, HIMMELSCHLÜSSELHOF, VERBUND LIFE+ TRAISEN-PROJEKT Bis 2019 soll die Traisen von der Donau her für Fische voll durchgängig gemacht und das monoton regulierte Flussbett weitgehend wieder entfesselt werden. GREEN CARE In diesem Pilotprojekt bieten land- und forstwirtschaftliche Betriebe gemeinsam mit Sozialträgern und Institutionen vielseitige Produkte und Dienstleistungen an.
→ INHALT 06 12 → RESSOURCEN 05 Top & Aktuell | Energie- & Umweltgemeindetag 2014 | Beliebte Berghütte erstrahlt in neuem Glanz. 06 Schonender Umgang mit unseren Lebensgrund lagen | Der Ressourcenverbrauch der hochindustria 24 lisierten Länder gefährdet die Zukunftsfähigkeit des gesamten Planeten. 10 Biologische Vielfalt und ländliche Entwicklung | Um © ISTOCK.COM/VIKTORUS, SCHMID, HANN die Fülle an Lebensräumen und Arten zu erhalten, müs- sen Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität in allen Bereichen des wirtschaftlichen Lebens integriert werden. → ENERGIE & klima 12 Klimaschützer mit hohem Potenzial | Die Erhal- 23 Kurz & Bündig tung sensibler Ökosysteme wie Moore soll durch das „Schutzgebietsnetzwerk Waldviertel“ forciert werden. 24 30 Jahre NÖ Luftgüteüberwachung 43 stationäre und vier mobile Messstellen 14 Sinnvoll nützen – sorgsam schützen | Die NÖ sorgen für eine flächendeckende Überprüfung Bodenschutzkampagne findet nun in der Bodencharta der Luftqualität. 2014 eine Fortsetzung auf Bundesebene. 26 Vintage, Tausch, ReUse | Bei der vom 15 Stadt mit grünem Daumen | 2012 als Stadt der Bäu- Land Niederösterreich und den NÖ Umwelt- me ausgezeichnet, darf sich Tulln seit Kurzem auch verbänden ins Leben gerufenen Online-Plattform „Bodenschonendste Gemeinde“ Österreichs nennen. www.sogutwieNeu.at stehen Wiederverwendung und Abfallvermeidung im Vordergrund. 16 Globales Lernen im Garten | Ein ambitioniertes Bil- dungsprojekt über natürliche Ressourcen, Ernährungs- 28 Kreislaufwirtschaft als Wettbewerbsfaktor souveränität und Nachhaltigkeit soll die globale Rele- Wie laufen Recyclingprozesse eigentlich ab? vanz lokaler Aktivitäten sichtbar machen. 18 Wasserwelten rund um den Erdball | Welchen Beitrag können wasserreiche Länder für eine globale Wasser- IMPRESSUM: Herausgeber, Verleger & Medieninhaber: Land Niederösterreich, Gerechtigkeit leisten? Gruppe Raumordnung, Umwelt und Verkehr, Abteilung Umwelt- und Energiewirtschaft, 3109 St. Pölten, Landhausplatz 1, Tel.: 02742/9005-10759, Fax: DW 10765, email: post.ru3@noel.gv.at Redaktion: DI Leonore Mader-Hirt, Mag.a Silvia Osterkorn/eNu. 20 Niederösterreichs kostbarste Wasservorräte | Die Titelfoto: istock.com/CaptureLight. Grafische Konzeption & Layout: Peter Fleischhacker. Anzeigenvertretung: Mediacontacta Wien, Tel.: 01/5232901. Auflage: 32.000. reichhaltigen Grundwasservorkommen sollen für die Herstellung: Druckerei Berger, Horn. Verlags- und Erscheinungsort: St. Pölten. Zukunft bewahrt werden. Offenlegung nach § 25 Mediengesetz: Periodisch erscheinendes Informationsblatt in Niederösterreich. Namentlich gekennzeichnete Artikel müssen nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen. Für unverlangt eingesendete Artikel wird keine Haftung über- 22 Termine nommen. Die Redaktion behält sich das Recht vor, Beiträge zu überarbeiten und zu kürzen. 2 UMWELT & energie 04|2014
© VERBUND, KOTZINA 30 38 42 © WANNINGER, SOZIAL PRODUZIERT – KOMUNITAS OG 34 → KLIMA & natur → NATUR & leben 29 Kurz & Bündig 37 Kurz & Bündig 30 Ein Fluss darf sich wieder entfalten | Das derzeit 38 Wo Menschen aufblühen | Mit dem Pilotprojekt europaweit größte Flussbau-Projekt soll der Traisen Green Care wird die Lebensmittel- und Umwelt- bis 2019 die Erfüllung all ihrer ökologischen Funktionen kompetenz der österreichischen Bäuerinnen wieder ermöglichen. und Bauern um eine soziale Komponente erweitert. 32 Wesen der Unterwelt | Unzählige Bodenlebewesen 42 Sozial produziert | Ziel dieses innovativen Projekts wandeln abgestorbenes organisches Material in ist eine nachhaltige und umweltfreundliche Zusammen- wertvollen Humus um und schaffen somit die arbeit zwischen gewinnorientierten Unternehmen, Nahrungsgrundlage für alle Organismen. der öffentlichen Hand und Sozialbetrieben. 34 Billig zu erwerben, leicht zu pflegen | Die Schatten- seiten einer Thujenhecke zeigen sich oft erst nach → STANDARDS vielen Jahren. 44 eNu Expertise 36 Termine Sicherstellung der Lebensgrundlagen. Trinkwasserqualität gewährleisten. Wirtschaft und Natur. 48 eNu Tipps | Ressourcenschonung im Alltag © ISTOCK.COM/XIE2001, STARZ 50 Buchtipps 38 UMWELT & energie 04|2014 3
ENERGIE NATUR UMWELT Gemeinsam Zukunft möglich machen Egal, ob Sie ein zukunftsweisendes Projekt in Ihrer Gemeinde durchführen möchten, Ihre FOTO: CONTRASTWERKSTATT/FOTOLIA.COM Wohnräume thermisch sanieren oder Bezugsquellen für regionale, saisonale, biologisch und fair gehandelte Lebensmittel suchen – bei uns sind Sie an der richtigen Adresse. Die Energie- und Umweltagentur NÖ ist die erste Anlaufstelle für alle Fragen rund um Energie, Natur und Umwelt. Dabei verfolgen wir klare Ziele: 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen bis 2015 50 Prozent erneuerbare Energie bis 2020 ein umfangreicher Schutz der Naturräume eine hohe Umwelt- und Lebensqualität in Niederösterreich Überzeugen Sie sich auf www.enu.at selbst von unserem Angebot bzw. unseren Serviceleistungen! Gemeinsam für ein energieeffizientes, nachhaltiges und umweltbewusstes Niederösterreich! Tel. 02742 219 19 www.enu.at
RESSOURCEN → TOP & aktuell Energie- & Umwelt-Gemeinde-Tag 2014 © ISTOCK.COM/MYCOLA, NLK/BURCHHART, NLK/FILZWIESER I mpulse für die Gemeindepraxis. Wie le aus dem Gemeindealltag, der Landesver- nough als Erfinder des „Cradle-to-Cradle“- sich nachhaltige Mobilität in den Kom- waltung und der Wirtschaft auf dem Pro- Konzepts, das im Rahmen dieser Fachta- munen umsetzen lässt, war Thema des gramm. „Ob wir unsere Klimaziele erreichen gung am Beispiel Fahrzeugbau demonstriert Energie- und Umwelt-Gemeinde-Tages und damit die Lebensqualität nachfolgender wurde. „Cradle-to-Cradle“ ist ein neues Ge- im September 2014, in St. Pölten. Ne- Generationen erhalten können, hängt auch schäftsmodell mit dem Ziel, Produkte herzu- ben Impulsen nationaler und internationaler von den zukünftigen Entwicklungen im Be- stellen, die der Umwelt nicht nur möglichst Expertinnen und Experten standen Beispie- reich Mobilität ab. Unsere Gemeinden sind wenig schaden, sondern sogar nützen. dabei wichtige Umsetzungspart- nerinnen“, so Umwelt-Landesrat Umfassende Information. Im Anschluss Dr. Stephan Pernkopf. wurden vertiefende Impulsgruppen zu The- men wie Elektromobilität in NÖ, Mobilitäts- „Cradle-to-Cradle“. Mit DI Ari- alternativen und Beschaffungsservice NÖ an- ane Messner, die am Ökoinstitut geboten. Eine weitere Arbeitsgemeinschaft Südtirol in den Bereichen Um- befasste sich zudem mit der von der Ener- weltbildung und Mobilität tätig ist, gie- und Umweltagentur NÖ durchgeführ- und Prof. Dr. Michael Braungart ten Studie „Perspektivenentwicklung UGR von der EPEA Internationale Um- 2015 +“ und möglichen Umsetzungen. Wäh- weltforschung Hamburg konnten rend der gesamten Veranstaltung hatten die zwei international bekannte Ex- TeilnehmerInnen außerdem die Möglichkeit, pertInnen für diese Veranstaltung Beratungen zu Gemeindeförderungen in An- v. l. n. r.: Umwelt-LR Dr. Stephan Pernkopf, DI Ariane Messner, gewonnen werden. Braungart gilt spruch zu nehmen bzw. die vor dem Land- Prof. Dr. Michael Braungart, Dr. Herbert Greisberger gemeinsam mit William McDo- haus platzierten E-Autos zu besichtigen. ← unterschiedlichsten Projekte, was sehr viel Beliebte Berghütte erstrahlt in neuem Glanz. an Umwegrentabilität bringen soll und den S Tourismus auf eine vollkommend neue Ebe- chutzhütte Vorderötscher wieder te Region. „Von den Landesausstellungen ne heben wird“. ← eröffnet. Im Zuge der Vorbereitung sind immer kräftige Impulse ausgegangen, auf die NÖ Landesausstellung 2015 vor allem im Bereich des Tourismus. Und INFO: www.noe-landesausstellung.at „Ötscher:Reich – Die Alpen und wir“ wurde genau das ist auch das Schutzhaus Vorderötscher mit besonde- unser Ziel in der Öt- rem Augenmerk auf die ursprüngliche Bau- scher-Region, weil substanz renoviert. Bereits seit Anfang Au- wir hier eine optima- gust empfängt das Schutzhaus seine Gäs- le Ausgangssituation te wieder mit regionalen Köstlichkeiten und haben, um den Be- Übernachtungsmöglichkeiten. Im Zuge des sucherinnen und Be- Bauprojektes wurden u. a. eine Photovolta- suchern unglaublich ikanlage mit Speicherblöcken, eine vollbio- viel zu bieten“, be- logische Kläranlage und ein Trockenraum tont Landeshaupt- errichtet. mann Dr. Erwin Pröll. „Wir investieren bis Wirtschaftliche Anreize für die gesam zu 20 Milo. Euro in die Eröffnungsfeier des Schutzhauses Vorderötscher nach der Renovierung UMWELT & energie 04|2014 5
→ RESSOURCEN Schonender Umgang mit unseren Lebensgrundlagen Erst natürliche Ressourcen wie Wasser oder Land ermöglichen menschliche Existenz auf der Erde. Die Bevölkerung in den hochindustrialisierten Ländern lebt derzeit aber stark über ihre Verhältnisse. Das bringt schwerwiegende Konsequenzen für Umwelt und Menschen in anderen Regionen mit sich und gefährdet die Zukunftsfähigkeit des gesamten Planeten. Text: Stella Haller 6 UMWELT & energie 04|2014
„NÖ ist sich seiner globalen Verantwortung bewusst und versucht dieser u. a. durch die konsequente Umsetzung des NÖ Klima- und Energieprogramms gerecht zu werden“, erläutert Umwelt-Landesrat Dr. Stephan Pernkopf. O ekologische Grenzen. Die stetig wachsende Zivi- Der Materialfußabdruck liegt in Österreich © ISTOCK.COM/CLIFFWASS, NLK Osterinsel ist – nur etwa ein- lisation, die zu ihrem Höhepunkt aus meh- einhalb Mal so groß wie St. bei 85 kg/Kopf und Tag, das ist mehr als Pölten – eine verhältnismäßig reren Tausend Mit- kleine Insel mitten im Südost- gliedern bestand und achtmal so viel wie jener in Afrika. Steinstatuen von be- pazifik. Um etwa 900 n. Chr. vermutlich ein- eindruckendem Ausmaß und großer Kunst- sicher nicht eins zu eins auf das Hier und malig besiedelt, verharrte sie danach viele fertigkeit hergestellt hatte, war – aller Wahr- Jetzt übertragen werden. Man darf die Au- Jahrhunderte lang in völliger Isolation. Und genau das macht sie in der heutigen De- scheinlichkeit nach – der übermäßigen Aus- gen aber nicht vor der bereits überhöhten beutung ihrer empfindlichen Umwelt zum und trotzdem weiter steigenden Ressour- batte um Ressourcenknappheit und ökolo- Opfer gefallen. Nachdem die letzten großen cennutzung verschließen. In den letzten 30 gische Grenzen zu einem besonders inter- Bäume gefällt waren, konnten die Menschen Jahren hat sich der weltweite Ressourcen- essanten historischen Fallbeispiel. Die Os- nicht einmal mehr von der Insel flüchten. Mit verbrauch fast verdoppelt, jährlich wird die terinsel ist ein Ökosystem – umgeben von der Zerstörung ihrer Wälder hatten die Be- aberwitzige Menge von rd. 60 Mrd. t Roh- nichts als Wasser – mit begrenzt vorhande- nen Ressourcen. Einst ein subtropisches Pa- wohnerInnen der Osterinsel auch ihre Le- stoffen verwirtschaftet, Tendenz steigend. In radies mit unglaublicher Artenvielfalt, bot bensgrundlage zerstört. Europa liegt der Materialfußabdruck – die- sie den ersten europäischen Entdeckern ei- ser umfasst die direkte und indirekte Nut- Ressourcenverbrauch. Diese Geschichte zung in Bezug auf das Jahr 2007 – pro Kopf nen extrem lebensfeindlichen Anblick. Die damals ansässige Bevölkerung war rapide hat gewisse Ähnlichkeiten zu heutigen öko- und Tag im Durchschnitt bei 58 kg. Öster- geschrumpft. Was war hier passiert? Eine logischen Problemstellungen. Der weitge- reich bewegt sich mit 85 kg sogar im euro- hende Nieder- päischen Spitzenfeld. Ein/e ÖsterreicherIn In den letzten 30 Jahren hat sich der weltweite gang der Zivili- verbraucht somit mehr als achtmal so viele sation auf der Materialien wie ein/e AfrikanerIn mit knap- Ressourcenverbrauch fast verdoppelt. Osterinsel kann pen zehn Kilogramm pro Tag. Um den uner- → UMWELT & energie 04|2014 7
→ RESSOURCEN Europa ist der Kontinent, der netto am meisten Ressourcen importiert. sättlichen Ressourcenhunger zu stillen, wer- aufwendig ist. China Die steigende Tendenz von Europas Land- den rohstoffreiche Länder ausgebeutet, Le- hat gewissermaßen bensräume vernichtet und gleichzeitig die ein Monopol auf die- importen macht Wirtschaft und Wohlstand Umwelt verschmutzt und zerstört. sen Rohstoff, da die größten Vorkommen hierzulande zunehmend verwundbar. Ressourcenimporte. Europa ist der Konti- aktuell in der inneren nent, der netto am meisten Ressourcen im- Mongolei liegen. Gleichzeitig schluckt China Agrotreibstoffen und Biomasse überdies da- portiert. 60 % des europäischen Gesamt die mit der Produktion anfallenden schwer- mit zu rechnen, dass Europas Landimpor- ressourcenverbrauchs fließen in Wohnen, wiegenden Folgen für Mensch und Umwelt. te weiter steigen werden. Diese Entwicklung Essen und Verkehr. Einerseits bedeutet der Beim Abbau entstehen Unmengen an Abfall, macht Europas Wirtschaft und Wohlstand in hohe Import, dass wir in Europa auf Kosten die Schwermetalle und radioaktive Stoffe den beiden entscheidenden Sektoren Nah- anderer Länder und vor allem deren Bewoh- enthalten und auch bei der Weiterverarbei- rung und Energie zunehmend verwundbar. nerInnen leben. Andererseits entsteht da- tung werden giftige Chemikalien eingesetzt. durch aber auch eine starke Abhängigkeit. Dazu werden meist billige Arbeitskräfte he- Verantwortungsvoller Konsum. Viele Ent- Das veranschaulicht aktuell die Ukraine-Kri- rangezogen, die unter Verletzung der Men- scheidungsträgerInnen sind sich der Import se, wenn vielerorts von der Gefahr einer Ver- schenrechte, schlechten und gesundheitsge- abhängigkeiten durchaus bewusst und ver- sorgungsknappheit mit russischem Gas die fährdenden Arbeitsbedingungen sowie sozi- suchen mithilfe von Effizienz gegenzusteu- Rede ist. alen Missständen ausgebeutet werden. ern. So benötigen wir heute durchschnittlich 30 % weniger Ressourcen, um das gleiche Seltene Erden. Ein weiteres Beispiel sind Landimporte. Die EU ist aber auch auf indi- Produkt zu erzeugen wie noch vor 30 Jah- die für den Hochtechnologiesektor (z. B. Hy- rekte Weise stark von anderen Ländern ab- ren. Diese durch technologischen Fortschritt bridautos, LEDs, Mobiltelefone) benötigten hängig. Europa hat zu wenig Land, um seinen erzielten Effizienzsteigerungen bei Energie- Seltenen Erden. Industrielle Verwendung hohen Pro-Kopf-Landverbrauch für die Er- und Rohstoffeinsatz gehen aufgrund des so finden vorwiegend 17 Metalle mit exotischen zeugung von land- und forstwirtschaftlichen genannten Rebound-Effekts jedoch wieder Namen wie Yttrium, aber auch bekanntere Produkten zu befriedigen. Daher müssen verloren: Für die Produktion einer Ware wer- wie Plutonium oder Uran. Metalle der Selte- 60 % der Flächen in die EU „importiert“ wer- den zwar weniger Ressourcen und Energie nen Erden sind gar nicht so selten. Sie kom- den. Großteils geht es dabei um den Import aufgewandt, insgesamt werden aber immer men jedoch nur in kleinen Mengen, sehr ver- von flächenintensiven Futtermitteln für die mehr Produkte und Dienstleistungen kon- streut sowie in Verbindung mit anderen Mi- Fleischproduktion. In den kommenden Jah- sumiert. Der Gesamtressourcenverbrauch neralien vor, wodurch ihre Gewinnung sehr ren ist aufgrund der hohen Nachfrage nach steigt also weiterhin an. Die Rolle der Politik. Um Europa aus sei- Seltene Erden kommen nur in kleinen Mengen, ner Abhängigkeit zu führen und zur Rohstoff- sehr verstreut und in Verbindung mit anderen Mineralien sicherheit beizutragen, hat die EU-Kommis sion kürzlich das „Circular Economy Packa- vor, was ihre Gewinnung sehr aufwendig macht. ge“ veröffentlicht. Dieses Maßnahmenpaket 8 UMWELT & energie 04|2014
Land-, Wasser-, Material- und CO2-Fußabdrücke müssen maßgeblich verringert werden. Earth Overshoot Day 2014 bereits am 19. August © ISTOCK.COM/MALCOLMFIFE/MYCAN/REBELL/STUDYORITIM/YARUTA Je Produktionseinheit ist der Rohstoff- und Energieverbrauch In weniger als acht Monaten hat die zwar rückläufig, der wachsende Konsum lässt den Menschheit heuer den kompletten Jahresvorrat an erneuerbaren Ressourcen Gesamtressourcenverbrauch jedoch weiterhin ansteigen. aufgebraucht. Ab diesem Zeitpunkt lebt sie von den Vorräten des nächsten Jahres und beinhaltet neben positiven Neuerungen in und „grünes Wirtschaften“ umzustellen. Es damit auf Kosten von zukünftigen Gene- © FRAGNER, KOISSER der Abfallgesetzgebung der Mitgliedsstaa- muss an neuen Lebens- und Gesellschafts- rationen. Konkret bedeutet „Overshoot“: ten auch Ressourceneffizienzziele. Um je- formen gearbeitet werden, die sich vom (fast) schrumpfende Regenwälder, Artenverlust, doch eine Kreislaufwirtschaft zu stärken, allgegenwärtigen Konsummodell abwenden Überfischung der Meere, Bodenerosion und die Ressourcenschonung in den Vorder- und Wachstum und Wettbewerb nicht als Trinkwasserknappheit etc. Berechnet wird grund stellt, müssen stärkere Maßnahmen oberstes Ziel einer Wirtschaft betrachten. der Earth Overshoot Day oder „Welter- zur Senkung des Verbrauchs getroffen wer- schöpfungstag“ durch das Global Footprint den. Bevor nicht ausreichend bekannt ist, Tipps für den Alltag. Der Weg in eine öko- Network – ein internationaler Think Tank welche Ressourcen in welchem Ausmaß ge- logisch zukunftsfähige Gesellschaft ist eine zum Thema Nachhaltigkeit. Dabei wird das nutzt werden, kann es keine verbindliche Ge- große Herausforderung. Abseits der politi- Angebot an Biokapazität, d. h. Ressourcen setzgebung in diesem Bereich geben. Daher schen Aufgabenstellungen, kann aber auch und Naturleistungen, das die Erde jährlich ist es vorrangig, dass Mitgliedsstaaten ihren jede bzw. jeder Einzelne einen Beitrag zur bereithält – in der gleichen Maßeinheit Ressourcenverbrauch über Land-, Material-, Schonung der natürlichen Ressourcen leis- von globalen Hektar – der Inanspruchnah- Wasser- und CO2-Fußabdrücke messen und ten. Tipps dazu findet man auf Seite 48. ← me des Planeten durch die Menschheit künftig maßgeblich verringern. Die vier Indi- als Ökologischer Fußabdruck gegenüber katoren müssen überdies bei der Folgeab- Mag.a Stella Haller war Koordinatorin des von der EU gestellt. Die Differenz zeigt, dass das schätzung politischer Maßnahmen genutzt geförderten Ressourcenprojekts REdUSE von GLOBAL Ökobudget deutlich überschritten wird. Die werden. Sie geben Auskunft darüber, inwie- 2000. Ihre thematischen Schwerpunkte sind natürli- Schäden dieses Raubbaus an der Erde sind che Ressourcen und Regenwald. viel größer als die Erträge, die derzeit erzielt fern bestimmte Entscheidungen den künf- tigen Ressourcenverbrauch Europas beein- werden und müssen von der gesamten Ge- Quellen: https://www.global2000.at/publikationen flussen. Beispielsweise sollte die Folgeab- report-wie-viel-ressourcen-verbrauchen-wir sellschaft finanziert werden. Noch vor knapp schätzung von Vorschlägen im Bereich Bio- https://www.global2000.at/publikationen/report 20 Jahren fiel der Earth Overshoot Day auf energie, insbesondere bei Agrotreibstoffen wie-verschwenden-wir-wasser den 20. Oktober. Seither tritt er jedes Jahr und Biomasse, eine Beurteilung der Auswir- http://www.reduse.org/de/kein-land-sicht-der-enor- durchschnittlich um drei Tage früher ein. Der kungen auf Land-, Wasser- und CO2-Fußab- me-landbedarf-europas Overshoot Day wäre heuer bereits auf den https://www.global2000.at/sites/global/files/ 2. Mai gefallen, würden alle Menschen so drücke beinhalten. Die%20Rolle%20des%20EP%20f%C3%BCr%20 leben wie die ÖsterreicherInnen – dabei be- ein%20ressourcenschonendes%20Europa.pdf Neue Lebens- und Gesellschaftsformen. findet sich Österreich weltweit im Mittelfeld Langfristig genügt es nicht, den Konsum auf www.reduse.org hinsichtlich Ressourcenverbrauch. ← vermeintlich „bessere“, „grünere“ Produkte www.global2000.at UMWELT & energie 04|2014 9
→ RESSOURCEN Biologische Vielfalt und ländliche Entwicklung Die Biodiversitätsstrategie der Europäischen Union hat als klares Ziel den Erhalt der außergewöhnlichen Fülle an Lebensräumen und Arten. Voraussetzung dafür ist die Integration von Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität in allen Bereichen des wirtschaftlichen Lebens. R asantes Artensterben. Durch wirkung aller. Um die nachhaltige Sicherung derherstellung, Erhaltung und Verbesse- menschliche Aktivitäten gehen der Biodiversität zu gewährleisten, sollen rung der mit der Land- und Forstwirtschaft Arten heute 100 bis 1.000 Mal daher die erforderlichen Maßnahmen über verbundenen Ökosysteme mit Schwerpunkt schneller verloren als dies im 18. inhaltlich relevante EU-Fonds finanziert wer- auf den Bereich Wiederherstellung, Erhal- Jahrhundert der Fall war: Nach den. tung und Verbesserung der biologischen Angaben der Ernährungs- und Landwirt- Vielfalt, auch in Natura 2000-Gebieten und schaftsorganisation (FAO) haben sich welt- Finanzierung. Ein wichtiges Finanzierungs- in Gebieten, die aus naturbedingten oder weit 60 % der Lebensräume verschlechtert instrument in diesem Zusammenhang wird anderen spezifischen Gründen benachtei- oder werden nicht nachhaltig genutzt. 75 % in Zukunft der Europäische Landwirtschafts- ligt sind, der Landbewirtschaftung mit ho- der Fischbestände sind bedroht, und seit fonds für die Entwicklung des ländlichen hem Naturwert sowie des Zustands der eu- 1990 ging weltweit 75 % der genetischen Raumes (ELER) sein, der für die Umsetzung ropäischen Landschaften“. des derzeit in Begutach- tung befindlichen Pro- Status Quo. In der vergangen Förderperio- Die Bedeutung des ländlichen Raums gramms für Ländliche de wurden Naturschutz-Maßnahmen vor al- für den Erhalt der Biodiversität ist enorm. Entwicklung (LE 2020) lem über die „Erhaltung und Verbesserung zeichnet. U. a. werden des ländlichen Erbes“ finanziert. Eine Evalu- Vielfalt landwirtschaftlicher Kulturen verlo- nun auch die Umweltmaßnahmen der Land- ierung hat gezeigt, welche positiven Ergeb- ren. Biodiversitätsverlust kommt der Gesell- wirtschaft darüber finanziert, denn die Be- nisse dadurch erzielt werden konnten: Ent- schaft und den WirtschaftsakteurInnen in deutung des ländlichen Raums für die Bio- wicklung von Bewirtschaftungs- und Natur- Sektoren, die unmittelbar auf Ökosystem- diversität ist enorm, und durch dessen nach- schutzplänen, Biotopschutzprojekte inklusi- dienstleistungen angewiesen sind, teuer zu haltige Bewirtschaftung kann der Schutz der ve Renaturierungen, Aufbau von Schutzge- stehen. So beläuft sich der geschätzte Wert biologischen Artenvielfalt verbessert wer- bietsmanagement und Betreuung für Natura der Insektenbestäubung europaweit auf den. Ganz klar ausgedrückt wird dieses Ziel 2000 Gebieten, Errichtung von Infrastruktur jährlich € 15 Mrd. Die Bekämpfung dieses auch durch eine der sechs Prioritäten des für Wissensvermittlung sowie Veranstaltun- Verlusts ist daher ein vorrangiges Ziel der Europäischen Landwirtschaftsfonds für die gen und Materialien. Durch eine bessere EU und erfordert die Einbindung und Mit- Entwicklung des ländlichen Raumes: „Wie- Einbettung des Artenschutzes in die regulä- 10 UMWELT & energie 04|2014
Pflegeeinsätze für den Erhalt der Artenvielfalt artig in Niederösterreich: Sie ist Heimat für Ein koordiniertes Schutzgebietsmanagement ist wichtig, © MITTERSTÖGER (3) den Echten Haarstrang, den Salz-Beifuß, die um Synergien sinnvoll zu nützen. Grau-Aster und das Salz-Hasenohr. Durch diesen Pflegeeinsatz konnte ein Stück Bio- re Finanzierung des Programms für Ländli- ein Schutzgebietsnetzwerk zu etablieren. diversität für weitere Jahre gesichert werden. che Entwicklung werden jedoch noch kon- Im ersten Jahr konnten insbesondere in der Ländliche Entwicklung im Sinne der Erhal- kretere Ergebnisse erwartet. Schwerpunktregion March-Thaya-Auen ers- tung von Naturräumen findet somit direkt te Maßnahmen umgesetzt werden. Im Juni vor der eigenen Haustüre statt. Wer sich en- Stärkung von Naturräumen. Eine ande- 2014 wurde nun auch im Waldviertel mit gagieren möchte, kann durch die Teilnahme re Möglichkeit zur Förderung von Projek- dem Aufbau eines Schutzgebietsnetzwer- an einem Pflegeeinsatz viel für den Erhalt ten im Sinne der Biodiversität im Rahmen kes begonnen (siehe S. 13). Die Aufgaben der Artenvielfalt in der Heimatgemeinde tun. der ländlichen Entwicklung, stellt das Pro- der Schutzgebietsbetreuung sind sehr viel- gramm LEADER – Verbindung zwischen Ak- fältig und in einem Anforderungskatalog der International ausgezeichnetes NÖ Na tionen zur Entwicklung der ländlichen Wirt- Abteilung Naturschutz des Landes NÖ dar- turschutzprojekt. Die UNESCO zeichne- schaft – dar. Es handelt sich dabei um ein gestellt: Die nachhaltige Sicherung sämt- te 2013 das Projekt „Wachau Volunteer“ als Bottom-Up-Programm zur Stärkung des Na- licher Schutzgebiete wie Europaschutzge- Best-Practice-Beispiel aus. Dabei führt der turraumes der Region, bei dem vor allem in- biete, Naturschutzgebiete und flächige Na- Arbeitskreis Wachau mit ehrenamtlichen novative Projekte umgesetzt werden. Der- turdenkmäler sowie die Umsetzung von HelferInnen aus der ganzen Welt, unterstützt zeit werden für interessierte NÖ Regionen festgelegten Pflege- oder Managementplä- von Gemeinden und LandwirtInnen, Pflege- Strategien erarbeitet. Dabei fließen die The- nen sind dabei zentrale Themen. Wichtig ist einsätze durch, die die Erhaltung wertvoller men Biodiversität und Wert des Naturraums auch, dass das Wissen um die Bedeutung Flächen sicherstellen. „Die Würdigung un- in der Region entsprechend den Wünschen und den Nutzen von Schutzgebieten und serer Naturschutzbemühungen durch die der Bevölkerung mit ein. Wie sich Gemein- dadurch deren Akzeptanz bei der Bevölke- UNESCO zeigt einmal mehr, dass Nieder- den konkret für Naturschutz engagieren rung zunimmt. Die eNu sieht dabei ihre Rol- österreich das Naturland Nummer Eins ist. können, zeigt ein LEADER-Projekt der Re- le als Vermittlerin zwischen den verschiede- Partnerschaftlicher Naturschutz, mitgetra- gion Nord-Burgenland. In Zusammenarbeit nen Interessensgruppen. gen durch Menschen aus der Region bringt mit dem Umweltbundesamt wurden in den sichtbare Erfolge“, freut sich auch Natur- Gemeinden Personen gesucht, die Verant- Gemeinsam Hand anlegen. Im Sommer schutz-Landesrat Dr. Stephan Pernkopf. ← wortung für ein ausgewähltes lokales Natur- führte die eNu gemeinsam mit regiona- schutzgebiet übernehmen. len AkteurInnen einen Pflegeeinsatz an der www.naturland-noe.at March durch. Die Naturdenkmäler Köhler- www.enu.at Aufbau von Schutzgebietsnetzwerken. grube und Salzsteppe Baumgarten wurden www.bmlfuw.gv.at/land/laendl_entwicklung.at Ein koordiniertes Management von ver- von Mitgliedern des Netzwerks gemäht und http://ec.europa.eu/environment/na- schiedenen Schutzgebieten ist wichtig, um damit vor der Verbuschung bewahrt. Vor al- ture/biodiversity/comm2006/pdf/2020/ Synergien sinnvoll zu nutzen – für Mensch lem die Salzsteppe Baumgarten ist einzig- comm_2011_244/1_DE_ACT_part1_v2.pdf und Natur. In Niederösterreich wurde damit seitens der Energie- und Umweltagentur NÖ Ländliche Entwicklung im Sinne der Erhaltung von Natur- (eNu) mit Unterstützung des Landschafts- fonds begonnen, in der Region Weinviertel räumen kann direkt vor der eigenen Haustüre stattfinden. UMWELT & energie 04|2014 11
→ RESSOURCEN Sonnentau im Naturpark Hochmoor Schrems Klimaschützer mit hohem Potenzial Moore sind unverzichtbare Lebensräume für viele Tier- und Pflanzenarten und ebenso wichtig für den Klimaschutz. Bei deren Abbau, Entwässerung oder Austrocknung verbindet sich der Kohlenstoff mit dem Sauerstoff aus der Luft und bildet klimaschädliches CO2. Die Erhaltung dieser sensiblen Ökosysteme soll nun durch das „Schutzgebietsnetzwerk Waldviertel“, das von der Energie- und Umweltagentur NÖ (eNu) betreut wird, forciert werden. W enn die Luft wegbleibt. gen. Dieses CO2-Speicherpotenzial besitzt ser beeinflusst werden. In dem mit Mineral- Moore entstehen in Gegen- kein anderes Ökosystem. Umso gravierender stoffen angereichertem Wasser entstehen den, wo es dauerhaft feucht ist die Auswirkung auf das Klima, wenn Moo- ganz andere Pflanzengemeinschaften als im ist. Im Wasser und unter re zerstört und diese Mengen an Kohlenstoff Hochmoor. Dieser Moortypus kommt in Mit- Luftabschluss kann abge- freigesetzt werden. teleuropa noch häufiger vor als Hochmoo- storbenes pflanzliches Material nicht verrot- re, und die Vegetation besteht meist aus hö- ten und es entsteht Torf. Im Unterschied zu Moor ist nicht gleich Moor. Nach Gelän- heren Pflanzen wie Seggen, Erlen und Röh- Mooren herrscht in Sümpfen keine perma- deform und Lage werden zwei Arten von richt. Unter geeigneten Bedingungen können Mooren unterschie- sich im Zeitraum von Jahrtausenden daraus Hinsichtlich ihres CO2-Speicherpotenzials den: Hoch- und Nie- Hochmoore entwickeln. dermoore. Für die Ent- sind Moore Spitzenreitern im Vergleich stehung von Hoch- Lebensraum für Spezialisten. Hochmoo- zu anderen Ökosystemen. mooren sammelt sich re werden auch als Regenmoore bezeichnet saures Regenwasser in und zeichnen sich durch extreme Nährstoff- nente Wassersättigung, und es wird beim Senken an. In diesem nährstoffarmen Mili- armut, einen niedrigen pH-Wert und perma- gelegentlichen Austrocknen Humus aus dem eu werden aus abgestorbenen Pflanzentei- nente Wassersättigung aus. Diese Voraus- organischen Material gebildet. In den obers- len der hochspezialisierten Moorbewohner setzungen sind nur für hochspezialisierte ten 50 cm von einem Hektar Moor – also der wie Torfmoos über Jahrtausende meterhohe Tier- und Pflanzenarten geeignet, die bereits Fläche von etwa 1,5 Fußballfeldern – können Torfschichten aufgebaut. Niedermoore hin- oft als gefährdet eingestuft sind. Dazu zäh- rd. 150 t Kohlenstoff gespeichert werden. Das gegen, bilden sich – wie der Name bereits len u. a. Torfmoos, Moosbeere, Wollgras, der entspricht etwa der Ladung von vier LKW-Zü- verrät – in Niederungen, die vom Grundwas- Hochmoor-Perlfalter oder Libellenarten wie 12 UMWELT & energie 04|2014
Naturpark Heidenreichsteiner Moor Moortretanlage Heidenreichsteiner Moor Naturpark Hochmoor Schrems Schutzgebietsnetzwerk Waldviertel Torf wurde früher als Baustoff und Energieträger genutzt Über das Moor hinausgehend. Der aktu- © SCHMID, POV/HERBST (2), DOLAK, BREZINA elle Schwerpunkt liegt beim Thema Moore. und wird heute immer noch Blumenerde beigefügt. Ebenso wichtig ist es aber auch, die weite- ren Schutzgüter nicht außer Acht zu lassen. die arktische Smaragdlibelle und die kleine gebend. Als Alternative gibt es am Markt Pro- Neben den Mooren gilt es u. a. Urgesteins- Moosjungfer. Ebenfalls ein bekannter Moor- dukte, die beispielsweise mit dem österrei- bäche, Wälder mit ihren Alt- und Todholz- bewohner ist der Sonnentau, eine fleisch- chischen Umweltzeichen ausgezeichnet und bewohnern oder spezielle Eichenwälder, fressende Pflanze die Insekten fängt und garantiert torffrei sind. Magerrasenreste, Wiesen und Brachen des „verzehrt“. Truppenübungsplatzes Allensteig und na- Schutzgebietsnetzwerk Waldviertel. Das türlich die Waldviertler Teiche zu schützen. Abbau und Nutzung. Torf wurde in der Ver- Waldviertel ist reich an Natur, ein Umstand, Jeder dieser Lebensräume ist eine wichtige der sich auch in der Anzahl von Schutzgebie- gangenheit u. a. als Baustoff und Energieträ- Nische, die spezielle Arten beherbergt. Es ger genutzt. Heute ist es oft Bestandteil von ten widerspiegelt: ein Ramsargebiet, vier Eu- geht um den Erhalt der Flussperlmuschel Blumenerden und wird auch zu Heilungs- ropaschutzgebiete, zehn Naturschutzgebie- genauso wie um seltene Fledermausarten, zwecken verwendet. In Österreich sind be- te, sechs Naturparke, mehrere Landschafts- Amphibien, Vögel und Pflanzen, die zur Ar- reits 90 % der ursprünglich vorhandenen schutzgebiete und zahl- Moorflächen verloren gegangen. Von den reiche Naturdenkmäler. Im Rahmen des „Schutzgebietsnetzwerks verbliebenen 10 % sind mehr als die Hälfte Auch Moore sind ty- gestört. Moore können sich niemals in dem pisch für diese Region Waldviertel“ verbindet die eNu Ausmaß regenerieren, in dem sie abgebaut und ihre Erhaltung bzw. alle engagierten AkteurInnen. werden. Um den Kohlenstoffvorrat und die die Verbesserung ih- Artenvielfalt der noch verbliebenen Flächen res Zustands ist ein wichtiges Ziel. All diese tenvielfalt beitragen. Die TeilnehmerInnen zu schützen und sie klimafit zu machen, ist Naturschätze beherbergen besondere Arten des Start-Workshops im UnterWasserReich es daher notwendig, gestörte Moore zu re- und hinter ihrem Erhalt stecken Menschen, in Schrems setzen sich für deren Erhalt in ih- die sich für deren Fortbestand engagieren. ren jeweiligen Einsatz- und Lebensbereichen naturieren und gefährdete Lebensräume in- Eine Reihe von Aktivitäten ist erforderlich, um ein. Die Beteiligten aus Naturschutz, Regio- takt zu erhalten. Auch KonsumentInnen kön- die Artenvielfalt und die verschiedenen Le- nalentwicklung, Gemeinden, Landwirtschaft nen einen Beitrag leisten, um diese begrenzt vorhandenen, aber umso wichtigeren Koh- bensräume dauerhaft zu erhalten. Die Ener- und Wirtschaft haben einen Prioritätenplan gie- und Umweltagentur NÖ (eNu) verbindet auf Basis des Konzeptes zum Schutz von Le- lenstoffspeicher nachhaltig zu schützen. So ist der Torfgehalt von Blumenerden nicht für und unterstützt im Rahmen des im Sommer bensräumen und Arten in NÖ erarbeitet und das gute Gedeihen von Pflanzen ausschlag- gestarteten Projekts „Schutzgebietsnetzwerk verfolgen ein gemeinsames Ziel: Mitwirken Waldviertel“ im Rahmen des Netzwerkes und Engage- In Österreich sind bereits 90 % der ursprünglich alle Akteurin- ment für die Natur. ← nen und Ak- vorhandenen Moorflächen verloren gegangen. teure. www.naturland-noe.at, www.enu.at UMWELT & energie 04|2014 13
→ RESSOURCEN Sinnvoll nützen – sorgsam schützen Die im Jahr 2007 initiierte NÖ Bodenschutzkampagne widmete sich sowohl der Bodenqualität als auch dem sparsamen Umgang mit Böden und findet nun in der Bodencharta 2014 eine Fortsetzung auf Bundesebene. Text: Erwin Szlezak B ebauen und bewahren. Boden derösterreich ausgehend ist über das Boden- schaftskammer Österreich die Bodenchar- © MEISTER, ABB LANDENTWICKLUNG ist und bleibt die primäre Pro- und Nachhaltigkeitsnetzwerk (BIENE) auch ta 2014 vorgestellt. Diese landwirtschaftli- duktionsgrundlage des gesamten das Bodennetzwerk im Donauraum (SON- che Inictiative verfolgt das zentrale Ziel, den Wirtschaftens. Nachhaltiger Bo- DAR) entstanden. Dabei arbeiten Gemeinden Bodenverbrauch in Österreich dramatisch denschutz kann daher nur mit der mit WissenschafterInnen und PraktikerInnen zu reduzieren. Die letzten zehn Jahre haben Landwirtschaft gemeinsam erfolgen. Im ös- bei wichtigen Themen wie Boden als Indikator gezeigt, dass vorhandene Regelwerke nicht terreichischen Agrarumweltprogramm ÖPUL für Hochwasser, Maßnahmen zur Reduktion ausreichen, um eine Trendwende beim Bo- gibt es einen guten Ansatz, wie dies durch der Bodenerosion und Boden als Schadstoff- denverbrauch herbeizuführen. Die Boden- Maßnahmen der Landnutzung erfolgen kann. filter sowie Kohlenstoffspeicher zusammen. charta 2014 beinhaltet daher vier Forde- Besonders folgende freiwillige Maßnahmen rungen, die vordringlich zu behandeln sind: tragen zur Erhöhung der Bodenqualität bei: Vom Wert des Bodens. Langfristiger Bo- Bewusstsein stärken, gesetzliche Rahmen- Begrünungsmaßnahmen, System Immergrün, denschutz kann nur mit intensiver Beteili- bedingungen verbessern, Bodenschutz bei Biologische Wirtschaftsweise, Mulch- und Di- gung junger Menschen gelingen. Dafür ist Großprojekten beachten, Ortskerne beleben rektsaat im Ackerbau, Erosionsschutz, Obst, es wichtig, den Wert des Bodens anschau- sowie Leerflächen nutzen. Wein und Hopfen. lich und verständlich zu vermitteln. Auch hier konnte die NÖ Bodenkampagne einen inter- NÖ Bodentypenkarte. Um den Wert des Bündnis gegen den Flächenverbrauch. national beachteten Beitrag leisten. Gemäß Bodens richtig einschätzen zu können, muss Das Land NÖ ist bereits 2003 dem Europä- dem Motto: „Wir schützen, was wir schätzen“ man ihn auch kennen. Die NÖ Agrarbezirks- ischen Bodenbündnis beigetreten und hat sind in den letzten Jahren mehr als 100.000 behörde, Fachabteilung Landentwicklung, vier Jahre später als erstes Bundesland die Menschen erreicht worden und rund um das hat deshalb im Jahr 2013 die Erstellung ei- Bodenkampagne „unser Boden – wir stehen Malen mit Erdfarben europaweite Kunstwer- ner aktuellen Bodentypenkarte von NÖ be- drauf!“ gestartet. Heute verfügt Niederöster- ke von SchülerInnen entstanden, die als blei- auftragt, die über das Internet öffentlich zu- reich mit 70 Gemeinden und 15 Organisatio- bende Ausstellung durch den gesamten Do- gänglich ist. ← nen über die höchste Dichte an Mitgliedern nauraum wandern. im Europäischen Bodenbündnis. Den Kom- Dr. Erwin Szlezak, NÖ Agrarbezirksbehörde, munen kommt eine Schlüsselrolle beim Bo- Bodencharta. Im März dieses Jahres hat der Fachabteilung Landentwicklung denschutz zu, da sie durch Entscheidungen in Präsident des Ökosozialen Forums, Dr. Ste- der Raumnutzung den aktuellen Flächenver- phan Pernkopf, gemeinsam mit Präsident www.unserboden.at, www.sondar.eu, brauch aktiv beeinflussen können. Von Nie- NR Ing. Hermann Schultes von der Landwirt- www.enu.at/angebot-natur-und-boden 14 UMWELT & energie 04|2014
Stadt mit grünem Daumen Nachfolgenden Generationen die gleiche Schönheit und Vielfalt an Natur zu bieten, ist einer der Gründe für das große Engagement der Stadtgemeinde Tulln an der Donau. 2012 als Stadt der Bäume ausgezeichnet, darf sich Tulln seit Kurzem auch „Bodenschonendste Gemeinde“ Österreichs nennen. Text: Stefan Gotthart E ngagement. Die Stadtgemeinde chen für Bauprojekte erforderlich. lich, wer sich für die Pflege eines Grünraums © HICKL, GDE. TULLN, ÜBERRACKER Tulln an der Donau setzt sich für ei- engagiert und verantwortlich fühlt. Diese Ak- Parkflächen nach Bedarf. Auch bei der Er- nen sorgfältigen Umgang mit der tion wird mit großem Erfolg und voller Be- Ressource Boden ein und geht mit richtung von neuen Parkplätzen kann viel geisterung angenommen und bietet der Be- gutem Beispiel voran. Ein durch- zum Bodenschutz beigetragen werden. Im völkerung die Möglichkeit, grüne Oasen ak- Bereich des Messegeländes wurde zum Bei- dachtes Stadtentwicklungskonzept gewähr- tiv mitzugestalten. Hierfür wurde Tulln be- leistet eine flächenschonende Bauweise. spiel eine hohe Anzahl an Parkplätzen nicht reits 2012 von der ISA (International Socie- Aufgrund der Vielzahl an bodenschonen- verbaut, sondern die erforderlichen Flächen ty of Arboriculture) als Österreichische Stadt werden bei Veranstaltungen lediglich „aus- den Aktivitäten und Projekten im gesam- der Bäume ausgezeichnet. gemäht“. Somit wird die Bo- denqualität wie Wasserauf- Flora und Fauna. Für einen artgerechten Bodenschonende Bauweisen werden nahmefähigkeit, Nährstoff- Umgang mit Flora und Fauna ist selbstver- in der Stadtgemeinde Tulln seit Jahren transport und vor allem der ständlich auch der Verzicht auf aggressi- „Lebensraum für Mikroorga- ve Pflanzenschutzmittel besonders bedeu- mit großem Erfolg angewandt. nismen“ nicht beeinträchtigt. tend. Daher hat der Tullner Gemeinderat ein Verbot von glyphosphathältigen Pestiziden ten Stadtgebiet wurde Tulln daher heuer der Grünflächen-Patenschaften. Naturschutz beschlossen. Stattdessen kommen nur noch bundesweit erste Bodenschutzpreis zuer- ist aber nicht nur bei Bauprojekten groß ge- Pestizide mit umweltschonenden Pflanzen- kannt. schrieben. Seit einigen Jahren können sich wirkstoffen zum Einsatz. ← die Tullner Bürgerinnen und Bürger für die Verdichtung. In den letzten Jahren entstan- Pflege von Grünräumen wie Spielplätze, be- Stefan Gotthart ist Bodenschutzbeauftragter der den im Zuge des sogenannten Baulücken- pflanzte Beete, Grasflächen etc. einsetzen. Stadt Tulln a. d. Donau und in der Abteilung Wasser- verfahrens zwei Großprojekte: die Rosenar- Als Dank erhalten die Grünflächen-Patinnen wirtschaft und Umwelt im Stadtamt tätig. cade und die Stadtoase. Dabei wurde darauf und Paten einen Pflanzenstecker mit ihrem geachtet, bereits verbaute Flächen inner- Namen darauf. So ist auf einen Blick ersicht- www.tulln.gv.at halb der Stadt wieder zu nutzen. Somit ver- größerte sich nicht der „Umfang“ der Stadt Die Stadt Tulln bietet der Bevölkerung die Möglichkeit, sondern deren „Dichte“. Baulücken werden geschlossen, und es sind keine neuen Flä- aktiv an der Grünraumgestaltung mitzuwirken. UMWELT & energie 04|2014 15
→ RESSOURCEN Rund um die „Gartenbewegung“, die sich auch in NÖ etabliert, .... Globales Lernen im Garten Dieses ambitionierte Bildungsprojekt von Südwind NÖ über natürliche Ressourcen, Ernährungssouveränität und Nachhaltigkeit legt den Schwerpunkt auf das Sichtbarmachen der globalen Relevanz lokaler Aktivitäten. Erstmals wird dabei auf die neue, auch in Europa und Österreich stark zunehmende Bewegung von Gemeinschafts- bzw. interkulturellen Gärten eingegangen. Text: Gertrude Eigelsreiter-Jashari N achhaltig Wirtschaften rund strukturierte Landwirtschaft oder Ansätze nommenen globalen Vorstoß gegen Armut, um den Globus. In Zeiten von von Subsistenzwirtschaft – das ist eine Be- konnten im Zugang zu verbesserten Trink- Lebensmittelskandalen und darfswirtschaft ohne Überschussproduktion wasserquellen umfangreiche Fortschritte dem Wunsch nach mehr Trans- zur Selbstversorgung – entwickeln. Oftmals erreicht werden. Trotzdem sind nach wie vor parenz in der Lebensmittelpro- entsteht dabei auch das Bedürfnis nach fast 200 Mio. Menschen für ihren täglichen duktion wird eine ökologische und nachhal- mehr Wissen und detailreicheren Kenntnis- Trinkwasserbedarf auf Flüsse, Bäche und tige Landwirtschaft samt entsprechendem sen über entwicklungspolitische Zusammen- Seen angewiesen. Was kann im Sinne eines Lebensstil zusehends wichtiger. Nicht nur in hänge. nachhaltigen Lebensstils jede bzw. jeder Österreich, auch in den Ländern des Südens Einzelne zur Verbesserung dieser Situation hat man erkannt, dass nachhaltiges Wirt- Trinkwassernutzung. Wasser als die wich- beitragen? Wasser ist zwar eine begrenzte schaften einerseits die Qualität der Produk- tigste Lebensgrundlage ist eine unverzicht- Ressource, aber keine, die verbraucht wer- te und damit auch die Gesundheit verbes- bare Ressource für Landwirtschaft und Er- den kann, solange die Menschheit sie nicht sert, andererseits auch eine wichtige Stra- nährung. Doch ein beträchtlicher Teil der dauerhaft unbrauchbar macht. Es kommt tegie zur Ernährungssicherheit und Ernäh- mehr als sieben Milliarden Erdbewohne- darauf an, die Nutzung in den natürlichen rungssouveränität sein kann. Vielerorts ent- rInnen haben nach wie vor keinen Zugang Kreislauf zu integrieren und die jeweils re- stehen Zusammenschlüsse, die sich dieser zu sauberem Wasser (11 %) oder sanitären gional verfügbaren Wassermengen ange- Thematik annehmen und Gemeinschaftsgär- Einrichtungen (36 %). Im Rahmen der Mil messen, effektiv, schonend und gerecht zu ten, Einkaufsgemeinschaften, kleinräumlich lenniumsziele, dem erfolgreichsten je unter- nutzen. Landzugang und Bodennutzung. Die mul- Ziel ist es, die Trinkwassernutzung in den natürlichen tiplen Krisen von Lebensmitteln, Energie, Kli- Kreislauf zu integrieren und die verfügbaren Wassermengen ma, Finanzen und Wirtschaft hängen eng mit dem Zugang zu Land und Bodennut- angemessen, effektiv, schonend und gerecht zu nutzen. zung zusammen. Ungleiche Machtverhält- 16 UMWELT & energie 04|2014
... werden Themen wie Ernährungssouveränität aufgegriffen und globale Zusammenhänge verständlich gemacht. Ernährungssouveränität und ein verantwortungsvoller ens fruchtbares Land langfristig an auslän- © ISTOCK/ABABSOLUTUM, SÜDWIND NÖ/JÄGGI (3) dische Investoren, die vor allem für den Ex- Umgang mit Ressourcen sind nicht zuletzt port produzieren. Organisationen sowohl in Äthiopien als auch in Österreich, wie Süd- für den Klimaschutz bedeutsam. wind oder auch FIAN (Internationale Men- schenrechtsorganisation für das Recht auf nisse, die Zukunft der bäuerlichen Landwirt- dazu beitragen, den Zusammenhang zwi- Nahrung) zeigen diese Missstände auf und schaft, Biodiversität und Bedingungen über schen Umwelt, Wirtschaft und Entwicklung fordern die Verantwortlichen auf, landwirt- die Nutzung von Land sind dabei die zentra- verständlich zu machen und Impulse zu Ver- schaftliche Böden nicht an Spekulanten len Themen. Die Lebensmittel- und Agrarpo- änderungen – insbesondere zur Verringe- oder Agrarbusiness-Unternehmen zu ver- litik auch in Europa und (Nieder-)österreich rung der Kluft zwischen dem globalen Nor- kaufen. Es ist das Recht der lokalen Bevöl- so zu gestalten, dass sie den Prinzipien der den und Süden – setzen. Dabei wird dort kerung, die Kontrolle über ihre natürlichen Ernährungssouveränität entsprechen, ist da- angesetzt, wo Menschen ihre unmittelbaren Ressourcen zu haben und die darauf erwirt- bei unerlässlich. Dies stellte das globale Fo- Interessen und Bedürfnisse äußern. In den schafteten Gewinne gerecht innerhalb ihres rum für Ernährungssouveränität, Nyéléni, bei letzten Jahren hat die „Gartenbewegung“ Landes zu verteilen, anstatt der Geschäfte- seiner Tagung in Krems fest. Im Weltargrar- auch in Niederösterreich, insbesondere im macherei einer kleine Gruppe von Personen bericht wird der Begriff Ernährungssouverä- Raum St. Pölten größeres Interesse bei brei- zu dienen. ← nität (food sovereignity), der von der interna- ten Bevölkerungsschichten geweckt. Aus- tionalen Kleinbauernorganisation La Via Ca- gehend von diesen Aktivitäten werden The- Dr. Gertrude Eigelsreiter-Jashari, studierte Soziolo- mesina entwickelt wurde, als erster Schritt in men rund um Landwirtschaft, Ernährungssi- gie, Kultur- und Sozialanthropologie, ist Univ.-Lekto- die Debatte eingeführt und verbindlich defi- cherung, Saatgut, Landgrabbing (Landraub) rin sowie Geschäftsführerin von Südwind NÖ und lei- tet das Projekt „Globales Lernen im Garten“. niert. Ausgehend von der selbstbestimm- u. a. aufgegriffen und globale Zusammen- ten Produktion von Lebensmitteln, stellt Er- hänge beispielhaft sichtbar gemacht. Ge- www.suedwind.noewest.at nährungssouveränität kein einheitliches Pa- meinsam mit PartnerInnen aus Nord und www.ernährungssouveränität.at tentrezept dar, sondern ist ein Konzept zur Süd erarbeitet Südwind Entwicklungspolitik Demokratisierung der Nahrungsmittelpro- NÖ in dem 2014 gestarteten Projekt „Glo- duktion, das laufend weiterentwickelt und bales Lernen im Garten“ dialogische Lern- den unterschiedlichen Gegebenheiten an- felder und Know-how-Transfer-Modelle, die Materialien bei gepasst wird. Wichtige Prinzipien dabei sind allen Interessierten zur Verfügung gestellt das Menschenrecht auf Nahrung, die Stär- werden. Südwind NÖ zum Verleih kung lokaler Märkte, gerechte Handelsbezie- n Auf zu neuen Horizonten: Begegnun- hungen und faire Preisbildung. Ernährungs- Beispiel Landgrabbing. Äthiopien gehört gen zwischen Bäuerinnen in Ecuador und souveränität sowie ein verantwortungsvol- nach wie vor zu den ärmsten und am meis- Österreich ler Umgang mit Ressourcen hat nicht zuletzt ten von chronischem Hunger betroffenen n Fotoausstellung: Begegnungen mit auch Bedeutung für den Klimaschutz. Ländern der Welt. Rund zehn der 80 Mio. Äthiopien (Gerda Jäggi) ← EinwohnerInnen in diesem Staat benötigen Global denken – lokal handeln. Südwind Nahrungsmittelhilfe durch das Welternäh- INFO: Südwind NÖ, Schreinergasse 1/1, NÖ will mit seinen Veranstaltungen, Publi- rungsprogramm der Vereinten Nationen. St. Pölten, Tel.: 0664/3944953 kationen, Kampagnen und Straßenaktionen Trotzdem verpachtet die Regierung Äthiopi- UMWELT & energie 04|2014 17
→ RESSOURCEN Wasserwelten rund um den Erdball Das Menschenrecht auf Wasser gilt für alle Regionen der Erde. Leider sieht die Realität ganz anders aus. Welchen Beitrag gerade jene Länder für eine globale Wasser- Gerechtigkeit leisten können, die mit Wasserreichtum gesegnet sind, will ein neu entwickelter SchülerInnen-Workshop vermitteln. Text: Ingrid Schwarz „Mein Name ist Amani, ich bin neun nes Land, das dem Geld, das ich so verdiene, helfe ich mei- Jahre alt und ich lebe in Kabingo, innerhalb von ner Mama, unsere Familie zu ernähren, und im Südwesten von Uganda. Südafrika liegt. das finde ich cool. Nur die Hälfte der sechs Meine Eltern haben uns erzählt, dass früher Neben Dia- Millionen Einwohnerinnen und Einwohner sehr viele Kinder gestorben sind, weil das manten ist das unseres Landes hat Zugang zu sauberem Trinkwasser in Wasser unser Wasser. Und hier in der Hauptstadt Freetown unserem Dorf Schatz. Leider ist das Problem noch größer, da die Stadt in nicht sauber lebe ich nicht den letzten Jahren sehr gewachsen ist. Wir war. Doch jetzt mehr an die- bekommen das Wasser von einer einzigen gibt es bei uns sem schönen Quelle, dem Guma-Stausee. Die meisten Wasserleitun- Ort am Hoch- Menschen haben keinen eigenen Wasser- gen, aus de- land von Le- hahn, sondern müssen sich so wie ich an ei- nen wir saube- sotho, denn nem öffentlichen Hahn an der Straße anstel- res Trinkwas- vor ein paar Jahren kamen Leute, die ei- len und warten. Nicht einmal unser Kranken- ser tief aus der Erde bekommen. Wir füllen nen Staudamm bauten und uns sagten, wir haus hat immer das Wasser dann einmal am Tag in Plas- müssten wegziehen. Wegen dieses Katse- fließendes Was- tikkanister und tragen es nach Hause. Ob- Staudammes mussten 17.000 Menschen ser. Trauriger wohl wir jetzt mehr Wasser haben als frü- ihre Heimat verlassen.“ Weise erkran- her, müssen wir trotzdem gut aufpassen, ken viele Kinder dass wir nicht zu viel verbrauchen und der „Ich heiße Moses und lebe in Freetown, an Durchfall. Brunnen nicht austrocknet.“ das ist die Hauptstadt von Sierra Leone. Das hat mit dem Wenn ich nicht gerade in der Schule oder verschmutzten „Ich heiße Leabua und lebe in Lesotho, beim Fußballspielen bin, schleppe und ver- Wasser zu tun. im Süden von Afrika. kaufe ich Wasser. In der ganzen Stadt sind Babys und klei- Mein Name Leabua bedeutet ‚Einer der die gelben Kanister zu sehen, die ich und ne Kinder ster- spricht‘ und ich komme vom Hochland von viele andere auch, jeden Tag herumkarren. ben auch oft da- Lesotho. Das Königreich Lesotho ist ein klei- Ich laufe jeden Tag 20 km für Wasser. Mit ran.“ 18 UMWELT & energie 04|2014
W ertvolles Nass. Diese Bil- Güterkette wird mitberück- die erforderliche Energie © ISTOCK.COM/SHOWCAKE, ADA, FLICKR/DI MALEALEA, ISTOCK.COM/SIMPLYCREATIVEPHOTOGRAPHY/SLAV/ROLFBODMER der und Zitate stammen sichtigt, einbezogen werden für die Beheizung und Be- aus dem Workshop „Was- Produkte, aber auch Dienst- leuchtung von Gewächs- serwelten“, der von einem leistungen. So sind beispiels- häusern belastet den Projektteam von Südwind weise für den gesamten Pro- ökologischen Rucksack Tirol entwickelt wurde und nun auch von duktionsprozess einer Baum- des Produktes auf einer Südwind NÖ Süd für Schulen angeboten woll-Jeans 8.000 l Wasser er- anderen Ebene. Generell wird. Das didaktische Konzept orientiert sich forderlich. Dazu zählt der 10 l Wasser liegt der Wasserfußab- an den Grundlagen von Globalem Lernen. Baumwollanbau genauso druck einer Freiland-Pa- SchülerInnen erfahren dadurch, Wasser als wie das Bleichen und Färben radeiser im weltweiten wertvolle Ressource für alle Lebensprozes- der Textilien. Durchschnitt bei 214 l pro se anzuerkennen. Durch die Originalberichte kg: 108 l grünes, 63 l blau- von Kindern und Jugendlichen aus verschie- ... und landwirtschaftliche Bewässe es und 43 l graues Wasser. densten Ländern werden unterschiedliche rung. Der weltweit größte Wasserverbrauch Lebensrealitäten vorgestellt. Der Perspek- entsteht durch die Bewässerung von Fel- Handlungsmöglichkeiten. Beim virtuellen tivenwechsel lässt SchülerInnen erkennen, dern in der Landwirtschaft. Um die Grö- Wasser geht es darum, das eigene Konsum- wie zentral Wasser für die Lebensqualität ßenordnungen besser verständlich zu ma- verhalten zu reflektieren und gegebenen- von Menschen ist und wie unterschiedlich chen, wird im Workshop als Vergleichswert falls zu verändern. Denn 20 % der Lebens- die Voraussetzungen sind, um zu saube- mit einem „Badewannen“-Bild gearbeitet. mittel, die wir einkaufen, werden weggewor- rem Trinkwasser zu gelangen. Schwerpunkt Eine Badewanne fasst rd. 100 l Wasser. Für fen. Lebensmittel aus der Region werden ist die globale Sicht zu den Themen Was- die Herstellung von einem Kilogramm Rind- meist wasserschonender produziert als im- ser und Abwasserentsorgung. Es geht da- fleisch sind 150 Badewannen bzw. 15.000 l portiertes Obst und Gemüse. Beim direkten bei um die Bewusstmachung, dass es ein Wasser notwendig, für einen Kilogramm Ka- Wasserverbrauch gilt es, die Wertschätzung rotten ca. 130 l bzw. et- für die Ressource Wasser durch einen be- Für die Erzeugung von einem DIN A4-Blatt was mehr als eine Ba- wussten Umgang mit dem in unseren Brei- dewanne. Für einen Ki- ten reichlich vorhandenen sauberen Trink- Papier sind zehn Liter Wasser erforderlich. logramm Reis braucht wasser zu erhöhen. ← man 25, für einen Kilo- Menschenrecht auf sauberes Trinkwasser gramm Käse 50 Badewannen. Mag.a Dr. Ingrid Schwarz ist Geschäftsführerin von und eine hygienische Abwasserentsorgung Südwind NÖ Süd, Lehrbeauftragte am Institut für gibt. Letztere entscheidet oft über Gesund- Wasserfußabdruck von Pflanzen. Dabei Geographie und Regionalforschung an der Universi- tät Wien und Lehrbeauftragte an der Kirchlichen Pä- heit bzw. Krankheit und infolgedessen über wird zwischen grünem, blauen und grau- dagogischen Hochschule Wien/Krems. Leben oder Sterben. em Wasser unterschieden. Grünes Wasser, ist Niederschlagswasser, das von Pflanzen Quelle: Workshop Wasserwelten, Südwind Tirol. Wasser für Produktionsprozesse ... Im direkt aufgenommen wird oder von der An- Rahmen eines Activity-Spiels erfahren die baufläche direkt verdunstet. Blaues Wasser www.suedwind-noesued.at SchülerInnen, dass pro Kopf in Österreich ist Bewässerungswasser, das von Oberflä- täglich durchschnittlich sechs Liter Wasser chenwasser oder von Grundwasser entnom- fürs Geschirrspülen oder 32 l men und der Pflanze künstlich zuge- Filmtipp: Wasser für die Herstellung führt wird. Graues Wasser ist durch eines einzigen Mikrochip Dünge- und Pflanzenschutzmittel für einen Computer be- belastet. Wenn man bei der Pflan- Über Wasser. Menschen nötigt werden. Der Begriff zung von Paradeisern auf Spritz- und gelbe Kanister. „Virtuelles Wasser“ wurde mittel verzichtet, dann enthält der Udo Mauer, Edition Filmladen. 1994 von J. A. Allan, Was- Wasserfußabdruck der Paradeiser serexperte von der Univer- sität London, in die wis- senschaftliche Diskussion kein graues Wasser. Der Wasser- fußabdruck ist aber auch klimaab- hängig und somit bei einer Frei- D iese österreichische Filmdokumenta- tion erzählt in drei Kapiteln von der existenziellen Bedeutung des Elements eingebracht und umfasst land-Paradeiser, die in Österreich Wasser an Hand von Beispielen aus drei v. a. auch jene Menge Was- angebaut wird, geringer als bei ei- unterschiedlichen Regionen unserer Er- 8.000 l Wasser ser, die in Herstellungspro- ner italienischen, wo mehr Was- de. Ein scheinbar banales und selbst- zessen verbraucht und ser für die Bewässerung und Ver- verständliches Faktum wird so zu einer verschmutzt wird bzw. ver- dunstung benötigt wird. Bei Glas- spannenden und unmittelbaren Erzäh- dunstet. Jeder einzelne hausparadeisern verändern sich lung vom alltäglichen Kampf ums Über- Herstellungsschritt in der diese Werte neuerlich massiv, denn leben. ← Für den gesamten Produktionsprozess Entlehnbar: Südwind NÖ Süd, Bahngasse 46, 2700 Wiener Neustadt, Tel.: 02622/24832 einer Baumwoll-Jeans benötig man 8.000 l Wasser. UMWELT & energie 04|2014 19
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