GEMEINSAM FÜR DAS LEBEN KREBSKRANKER KINDER - FORSCHUNGSBERICHT 2018

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GEMEINSAM FÜR DAS LEBEN KREBSKRANKER KINDER - FORSCHUNGSBERICHT 2018
GEMEINSAM FÜR DAS LEBEN
   KREBSKRANKER KINDER
           FORSCHUNGSBERICHT 2018
GEMEINSAM FÜR DAS LEBEN KREBSKRANKER KINDER - FORSCHUNGSBERICHT 2018
IMPRESSUM                                                                                                                                                                                                            GRUSSWORT

                                                                                                                              EIN GROSSER GEWINN FÜR DIE
                                                                                                                              KREBSFORSCHUNG UND DEN
                                                                                                                              WISSENSCHAFTSSTANDORT HAMBURG
    IMPRESSUM                                                                                                                 Über 2.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jah-         Finanziert wird das Institut überwiegend aus Spen-
                                                                                                                              ren erkranken jedes Jahr in Deutschland an Krebs.       den. Drittmittel, zum Beispiel von der Deutschen For-
                                                                                                                              80 Prozent der Erkrankungen sind heilbar. Die The-      schungsgemeinschaft, tragen zu gut einem Drittel zur
                                                                                                                              rapie kann aber lange Krankenhausaufenthalte erfor-     Finanzierung bei. Ein international besetzter Wissen-
                                                                                                                              dern, hat oft Nebenwirkungen und ein Risiko für Spät-   schaftlicher Beirat attestierte dem Institut im vergan-
    Herausgeber
    Kinderkrebs-Zentrum Hamburg gemeinnützige GmbH         Druck                                                              folgen im Erwachsenenalter.                             genen Jahr eine „hervorragende wissenschaftliche
    Martinistraße 52, 20251 Hamburg                        DRUCK&SERVICE ROBERT KRIEGER GmbH                                                                                          Qualität“.
    Telefon: 040 42605-1210                                                                                                   Krebserkrankungen bei Kindern haben viele Beson-
    Fax: 040 42605-1219                                    Bildnachweis
    E-Mail: buero@kinderkrebs-forschung.de                 Titel und Seiten 6, 7, 8, 9, 10, 13, 14, 17, 18, 20, 22, 25, 26,   derheiten – bei den Ursachen, der Krebsart und dem      Das Kinderkrebs-Zentrum ist ein großer Gewinn für
    Website: www.kinderkrebs-forschung.de                  27 (unten), 28, 30, 31, 39 (Mitte und oben), 40: Axel Kirchhof     Verlauf. Es ist deshalb notwendig, diese gezielt zu     die Krebsforschung und den Wissenschafts­standort
    HRB-Nr.: 81638                                         Seite 3: Senatskanzlei Hamburg/Bina Engel                          erforschen und spezielle Therapien und Heilmittel zu    Hamburg. Im Namen des Senats der Freien und Han-
                                                           Seite 15: Dr. Peter Nollau
                                                                                                                              entwickeln.                                             sestadt Hamburg danke ich allen, die die Arbeit des
    Redaktion                                              Seiten 21, 27 (oben), 33, 39 (unten), 42, 43: privat
    Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum Hamburg e. V.   Seite 44: Oliver Hardt                                                                                                     Kinderkrebs-Zentrums Hamburg unterstützen. Ich
    Tina Winter                                            Seite 46: Inga Sommer                                              Das Kinderkrebs-Zentrum Hamburg hat seit seiner         wünsche dem Institut weiterhin alles Gute und viel
                                                                                                                              Gründung in vielen Bereichen der pädiatrischen          Erfolg in der Erforschung und Behandlung von Krebs-
    MasterMedia GmbH                                       Gender-Hinweis
    Dr. Cordula Baums, Volker Clément                      Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser                 Onkologie wichtige Forschungsergebnisse erzielt.        erkrankungen bei Kindern.
                                                           Publikation auf eine geschlechtsneutrale Differenzierung           Es ist im UKE gut vernetzt und engagiert sich in der
    Text                                                   (z.B. Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter) verzichtet. Entsprechende      Nachwuchsförderung.
    MasterMedia GmbH                                       Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich
    Dr. Cordula Baums, Daniela Clément, Arnd Petry         für beide Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur
                                                           redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.                 Rund vierzig Wissenschaftlerinnen und Wissen-           Dr. Peter Tschentscher
    Gestaltung                                                                                                                schaftler arbeiten daran, Krebserkrankungen auf mo-     Erster Bürgermeister
    MasterMedia GmbH                                       Stand
                                                                                                                              lekularer Ebene zu untersuchen, neue Angriffspunkte     der Freien und Hansestadt Hamburg
    André Eichelbaum                                       Hamburg, September 2018
                                                                                                                              für zielgerichtete Therapien zu entwickeln und dem
                                                                                                                              Ziel näher zu kommen, Krebs bei Kindern in allen Fäl-
                                                                                                                              len heilen zu können.
Danksagung
Das Forschungsinstitut Kinderkrebs-Zentrum Hamburg dankt der Agentur MasterMedia und der Druckerei DRUCK&SERVICE
ROBERT KRIEGER für die großzügige Unterstützung bei der Erstellung dieses Forschungsberichts.

                                                                                                                                                                                                                                                3
GEMEINSAM FÜR DAS LEBEN KREBSKRANKER KINDER - FORSCHUNGSBERICHT 2018
KREBS BEI KINDERN                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             ZAHLEN UND FAKTEN

                                                                                                                            Am häufigsten erkranken Kinder unter 5 Jahren.                                                                      Viele Überlebende haben im Erwachsenenalter
             Zahlen und Fakten                                                                                                                                                                                                                  mit Spätfolgen zu kämpfen.                                                                                                                 Stiefkinder der Forschung
             Krebs im Kindesalter folgt eigenen                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Krebs bei Kindern gehört zu den
             Gesetz­mäßigkeiten – Ursachen, Häufig-
             keiten und Verlaufsformen unterschei-
                                                                                                                                                                                                                                                73,4 % leiden nach                                                                                                                         „seltenen Erkrankungen”. Aufgrund der
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           geringen Fallzahlen orientiert sich die
             den sich grundlegend von denjenigen                                                                                                                                                                                                		30 Jahren unter                                                                                                                          Forschung (der Pharmaunternehmen)
             erwachsener Patienten.                                                                                                                                                                                                             einer chronischen Erkrankung.                                                                                                              vorrangig an Erwachsenen.

                                                                                                                                 0 bis 4 Jahre:                            5 bis 9 Jahre:                           10 bis 14 Jahre:
                                                                                                                                                                                                                                                Mögliche Spätfolgen                                                                                                                     In der EU wurden von 2000 bis 2016 nur
               Durchschnittlich rund                                                                                          787 Kinder                                458 Kinder                                  517 Kinder
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        2 Medikamente

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Herzerkrankungen
                                                                                                                                                                                                  Angaben pro Jahr in Deutschland

                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Kognitive Störungen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        speziell für die Behandlung von Krebs bei

                                                              Kinder

                                                                                                                                                                                                                                                                                        Nierenschäden
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Kindern zugelassen.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Hörschäden
                                                              erhalten in                                                       Die häuftigsten Krebserkrankungen bei
                                                               Deutschland                                                      Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren sind:
                                                               täglich die
                                                               Diagnose Krebs.

                                                                                                                                                                                                                                                Lungenschäden
                                                                                                                                                                                                                                                           Hormonelle
                                                                                                                                                                                                                                                            Störungen                                                   Zweittumor

                              82 %
                                                                                                                                      Blutkrebs                           ZNS-Tumoren                              Lymphkrebs
                                                                                                                                      30,3 %                                   23,8 %                                 14,3 %
                                                                                                                                                                                                                                                     Gezielte Forschung: Krebs bei Kindern
                                                                                                                                      Mittleres Alter bei Diagnose:                                                                                  Das Forschungsinstitut Kinderkrebs-Zentrum Hamburg erforscht
                             Die Heilungschancen sind in                                                                                                                                                                                             die molekularen Entstehungsmechanismen von Krebserkrankun-
                den letzten 30 Jahren deutlich gestiegen.                                                                             Blutkrebs                           ZNS-Tumoren                              Lymphkrebs
                                                                                                                                                                                                                                                     gen bei Kindern, um neue Ansätze für bessere und zielgenauere
                Die Überlebensrate liegt heute bei 82 %.                                                                              5 Jahre                                  7 Jahre                              11 Jahre                         Therapien und Diagnostiken zu entwickeln.

             Säulen der Therapie                                                                                                                                                                                                                Was wir erreichen wollen:

                                                                                                                                                                                                                                                                   Höhere Heilungsraten
                                                                                                                                                                                                                                                Weniger Nebenwirkungen

                   Operation                               Chemotherapie                                     Bestrahlung                                          Stammzell­-                                      Immuntherapie
                                                                                                                                                                                                                                                                              Weniger Spätfolgen
                                                                                                                                                                transplantation

4   Quellen: Deutsches Kinderkrebsregister, Jahresbericht 2017. | Die Überlebenden einer Krebserkrankung im Kindesalter. Nachsorge und Spätfolgen nach erfolgreicher Therapie. Langer, T, Führer, M, Stöhr, W et al. Monatsschr. Kinderheilkd   Orphan Drug Regulation: A missed opportunity for children and adolescents with cancer. Vassal G, Kearns P, Blanc P, Scobie N, Heenen D, Pearson A.; Eur J Cancer. 2017 Oct; 84:149-158. | Chronic Health Conditions in Adult Survivors of     5
    (2002) 150: 942-953. | Arzneimitteltherapie: Kinder profitieren von mehr Forschung. Korzilius, Heike, Dtsch Arztebl 2017; 114(7): A-296 / B-262 / C-258.                                                                                    Childhood Cancer. Oeffinger KC, Mertens AC, Sklar CA, Kawashima T, Hudson MM, Meadows AT, Friedman DL, Marina N, Hobbie W, Kadan-Lottick NS, Schwartz CL, Leisenring W, Robison LL; Childhood Cancer Survivor Study. N Engl J Med. 2006 Oct
                                                                                                                                                                                                                                                12;355(15):1572-82.
GEMEINSAM FÜR DAS LEBEN KREBSKRANKER KINDER - FORSCHUNGSBERICHT 2018
INTERVIEW                                                                                                                                                                                              FOKUS KLINIK UND FORSCHUNG

    GEBEN UND NEHMEN:
                                                                                                                                            sche Bezug immer erhalten bleibt. Als Wissenschaftler und
                                                                                                                                            klinisch tätiger Arzt fungiere ich als Schnittstelle zwischen

    WIE DAS UKE VOM FORSCHUNGSINSTITUT
                                                                                                                                            Forschungsinstitut und Klinik. Wenn ich zurückblicke auf
                                                                                                                                            die vergangenen zwölf Jahre, kann ich mich an kein For-
                                                                                                                                            schungsprojekt erinnern, das gar keinen Patientenbezug
    PROFITIERT – UND UMGEKEHRT                                                                                                              hatte.

    Prof. Dr. Martin Horstmann, Wissenschaftlicher Leiter des Forschungsinstituts Kinderkrebs-
                                                                                                                                            Grundsätzlich beschäftigen wir uns mit Krebserkrankungen
    Zentrum Hamburg, und Prof. Dr. Stefan Rutkowski, Direktor der Klinik für Pädiatrische
    Hämatologie und Onkologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), trafen sich                                                im Kindesalter. Wir versuchen dabei zum Teil, grundlagen-
    in der neuen Kinderklinik zum Gespräch über klinisch orientierte Grundlagenforschung und                                                nahe Fragen zu beantworten. Es gibt aber auch Beispiele,
    ihre Anwendbarkeit in der Versorgung.                                                                                                   in denen wir sehr diagnostiknah und auch sehr therapie-
                                                                                                                                            nah forschen. Im Bereich der Leukämien gibt es zum Bei-
                                                                                                                                            spiel Hochrisiko-Verlaufsformen, die sich durch eine hohe
                                                                                                                                            Therapieresistenz auszeichnen. Wir versuchen, diese
                                                                                                                                            Leukämien im Tiermodell abzubilden und diese dann hin-
                                                                                                                                            sichtlich ihrer Biologie und auch ihrer Therapierbarkeit zu
                                                                                                                                            erforschen. Dabei testen wir wirklich neue Therapieformen
                                                                                                                                            im Tier aus und erhalten so wertvolle Informationen, die wir
                                                                                                                                            dann auch wieder zurück ans Krankenbett geben können.           lung der Leukämien maßgeblich erforscht und auch Bio­
                                                                                                                                                                                                            marker identifiziert, beispielsweise das MRD-System in der
                                                                                                                                                                                                            COALL-Studie. Dadurch können wir heute Patienten bes-
                                                                                                                                          „WIR NUTZEN DIESE                                                 ser risikoadaptiert behandeln als früher. Wir erkennen
                                                                                                                                                                                                            besser, welche Patienten ein höheres Rückfallrisiko haben
                                                                                                                                          ERKENNTNISSE BEREITS HEUTE
                                                                                                                                                                                                            und von vornherein intensiver therapiert werden müssen
                                                                                                                                          IN DER KLINIK. DIE FORSCHUNG                                      als andere. Bei anderen Patienten, die gut auf die Therapie
                                                                                                                                          KOMMT ALSO BEI DEN                                                ansprechen werden, können wir von Anfang an entspre-
                                                                                                                                          PATIENTEN AN.“                                                    chend schonender vorgehen. Dieses Therapiekonzept
                                                                                                                                                                                                            wurde zwar nicht allein hier in Hamburg entwickelt, wir wa-
                                                                                                                                                                                                            ren aber maßgeblich daran beteiligt.
                                                                                                                                            Ein anderer Schwerpunkt unseres Instituts sind Hirntu-
                                                                                                                                            moren. Auch da wollen wir, wenn ich stellvertretend für         Ein weiteres Beispiel ist die Arbeitsgruppe von Ingo Müller
                                                                                                                                            meinen Kollegen Ulrich Schüller sprechen darf, konkrete         zur Stammzelltransplantation. Dort erforscht man, wie man
                                                                                                                                            Fragestellungen hinsichtlich der molekularen biologischen       den besten Spender für Knochenmarktransplantationen
                                                                                                                                            Klassifizierung von Hirntumoren erarbeiten. Es ist ihm und      identifizieren kann. Das sind vor allem immunologische
                                                                                                                                            seinen Mitarbeitern gelungen, Modelle dieser Erkrankun-         Fragestellungen. Inzwischen kann man auch gut erklären,
                                                                                                                                            gen auf die Maus zu übertragen und dort zu therapieren.         warum dieser oder jener Spender besser geeignet ist als
                                                                                                                                                                                                            ein anderer. Wir nutzen diese Erkenntnisse bereits heute in
                                                                                                                                            Der umgekehrte Weg – das Übertragen der Ergebnisse              der Klinik. Die Forschung kommt also bei den Patienten an.
      Prof. Dr. Martin Horstmann (l.) und Prof. Dr. Stefan Rutkowski (r.)
                                                                                                                                            der Grundlagenforschung im Labor in die klinische
                                                                                                                                            Anwendung – wird als Translation bezeichnet. Herr               Herr Professor Horstmann, welche therapeutischen
                                                                                                                                            Professor Rutkowski, wie wirkt sich die Forschung am            Konsequenzen haben die Forschungsergebnisse der
    Herr Professor Horstmann, das Forschungsinstitut                        Martin Horstmann: Von Anfang an war in der Satzung              Institut auf die Arbeit in Ihrer Klinik am UKE aus? Wie         letzten Jahre?
    Kinderkrebs-Zentrum Hamburg sollte von Beginn                           festgelegt, dass das Institut patientenorientierte Grundla-     profitieren Ihre Patienten von der Forschung dort?
    an ein Institut sein, das klinische Probleme aufgreift                  genforschung machen soll. Was man bei solchen Modellen                                                                          Martin Horstmann: Die Forschung in der Onkologie hat
    und durch Grundlagenforschung zu lösen versucht.                        immer skeptisch sieht, ist, dass sich die Grundlagenfor-        Stefan Rutkowski: Hier muss ich Ihnen als erstes Er-            sich in den vergangenen Jahren in Richtung Präzisions-
    Wie gut hat das bis heute geklappt? Inwieweit flie-                     schung von der eigentlichen klinischen Relevanz ent­            kenntnisse aus der Leukämieforschung nennen. Das ist            medizin bewegt. Das große Ziel war, jeden Patienten mit
    ßen klinische Fragestellungen in die Planung Ihrer                      koppelt. Es wurde aber allein schon durch die Besetzung         der Bereich, der hier am längsten und intensivsten er-          Rücksicht auf die spezifischen molekularen Veränderun-
    Forschungsprojekte ein?                                                 der Institutsleitung dafür Sorge getragen, dass der klini-      forscht wurde. Da hat man zum Beispiel die Risikoeintei-        gen seiner Erkrankung zu behandeln. Durch die modernen

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GEMEINSAM FÜR DAS LEBEN KREBSKRANKER KINDER - FORSCHUNGSBERICHT 2018
INTERVIEW                                                                                                                                                                                      FOKUS KLINIK UND FORSCHUNG

      hochauflösenden Analyseverfahren, mit denen man Krebs-         spiel ist die CAR-T-Zell-Therapie. Dabei konzentriert man        man nicht kollektiv besiegen können. Man muss für jede
      erkrankungen untersucht hat, haben wir gelernt, dass           sich gar nicht auf die genetische Komposition der Leu­           einzelne Hirntumorart die biologischen Eigenschaften ge-
      Krebs sehr komplex ist. Keine Tumorerkrankung gleicht          kämie, sondern nutzt ein Reifungsphänomen der Leukä-             zielt untersuchen und verstehen. Dann wird man für diese
      der anderen. Auch Krankheiten, die das gleiche Label tra-      mie aus und programmiert das Immunsystem so um, dass             Hirntumoren auch Fortschritte erzielen. Wir müssen sehr
      gen – beispielsweise eine akute lymphatische Leukämie          die Abwehrzellen die Krebszellen angreifen.                      genau hinschauen und fragen, was brauchen wir in der Kli-
      – sind bei jedem Patienten anders.                                                                                              nik für welchen Tumor? Das Prinzip „one fits all“ – also eine
                                                                     Stefan Rutkowski: In Zukunft brauchen wir wahrschein-            Therapiestrategie für alle Hirntumoren – kann nicht funkti-
                                                                     lich eine Mischung aus beidem. Es gibt viele Ansätze, die        onieren. Eine Herausforderung für die Forschung sind die
    „PRÄZISE AUF DAS                                                 zeigen, dass spezifisch und breiter wirksame Therapien in        geringen Fallzahlen. Das Medulloblastom ist mit knapp 80
    MUTATIONSPROFIL EINES                                            Kombination erfolgreicher sind, um den „tumor escape“,           Neuerkrankungen pro Jahr der häufigste bösartige Hirn­
                                                                     sozusagen die Flucht der Krebszellen, welche den spezifi-        tumor bei Kindern in Deutschland. Diese Fälle verteilen
    TUMORS AUSGERICHTETE
                                                                     schen Angriff überlebt haben, einzuschränken.                    sich auf vier Unterformen, die unterschiedlich behandelt
    THERAPIEN SIND NICHT DER                                                                                                          und erforscht werden müssen. Damit wir überhaupt genü-
    WEISHEIT LETZTER SCHLUSS. “                                      Professor Rutkowski, mit der Berufung von Profes-                gend Patienten für klinische Studien haben, arbeiten wir
                                                                     sor Schüller fokussiert sich der Schwerpunkt der                 nur noch im europäischen Verbund. Wir sammeln hier am
                                                                     Forschung zukünftig verstärkt auch auf den Bereich               UKE zum Beispiel die Daten aus 16 Ländern.
      Die große Herausforderung – auch das haben wir durch           der Hirntumoren, die allgemein wenig erforscht und
      die modernen Analysemethoden gelernt – ist inzwischen          oftmals schwer zu behandeln sind. Ist das eine „kollek-
      eine andere: In der Onkologie haben wir deshalb den Be-        tive Kampfansage“ an diese Erkrankungen? Wo genau              „DER BEGRIFF ‚MOVING
      griff „moving target“ eingeführt. Wir haben es bei Krebs mit   versprechen Sie sich konkrete Verbesserungen?
                                                                                                                                    TARGET’ STEHT FÜR DIE
      einem „beweglichen Ziel“ zu tun. In dem Moment, in dem                                                                                                                                          schen Elementen der klassischen Chemotherapie kombi-
      man therapeutisch angreift, wandelt sich eine Krebserkran-     Stefan Rutkowski: Hirntumoren sind insgesamt gesehen
                                                                                                                                    GRÖSSTE WISSENSCHAFTLICHE                                         nieren müssen. Meine Hoffnung ist, dass unsere neueste
      kung. Wir sprechen daher auch von der Mikro­evolution ei-      bei Kindern die zweithäufigste Krebsart. Es sind schwere       HERAUSFORDERUNG IN DER                                            Behandlungsoffensive in wenigen Jahren zur Heilung aller
      ner Krebserkrankung unter Therapie. Durch den Einfluss         Erkrankungen mit einem großen Forschungsbedarf. Die            KREBSFORSCHUNG.“                                                  Patienten mit akuter lymphatischer Leukämie führen wird.
      der Therapie bleiben Tumorzellen übrig, die von vorne­         Hirntumorforschung hat uns bislang jedoch im experimen-
      herein resistent waren. Und auch diese Zellen verändern        tellen Bereich gefehlt. Diese Lücke haben wir durch die                                                                          Stefan Rutkowski: Für mich ist die erste Herausforde-
      sich mit der Zeit. Das ist ein echtes Problem. Das wird dazu   Berufung von Ulrich Schüller nun erfolgreich geschlossen.        Martin Horstmann: Wenn man den aktuellen Forschungs-            rung, angesichts der Vielfalt der Tumorerkrankungen die
      führen, dass man vom Ziel der präzisen Medizin in vielen       Deshalb würde ich den Begriff „Kampfansage“ gelten las-          stand bei kindlichen Hirntumoren mit unserem Wissen über        richtigen Hypothesen für die richtigen Erkrankungen zu
      Bereichen der Onkologie wieder abrücken wird. Präzise          sen. Der Begriff „kollektiv“ trifft es jedoch nicht. Man hat     Leukämien vergleicht, erkennt man einen unglaublichen           identifizieren. Für uns hier an der Klinik für pädiatrische
      auf das Mutationsprofil eines Tumors ausgerichtete Thera-      in den vergangenen Jahren gelernt, dass sich hinter dem          Handlungsbedarf. Bei Hirntumoren liegen wir – was das           Hämatologie und Onkologie und auch für das Forschungs-
      pien sind nicht der Weisheit letzter Schluss. Wir brauchen     Begriff Hirntumor sehr viele, genetisch sehr unterschied­        Niveau der Erkenntnisse anbelangt – acht bis neun Jahre         institut ist es dann die Herausforderung, an diesen Beispiel­
      auch breit wirksame Behandlungsoptionen, mit denen wir         liche Tumorerkrankungen verbergen. Die Weltgesundheits­          zurück. Der Grund dafür: Es ist so schwierig, an Tumor-         erkrankungen systematisch nach Antworten zu suchen und
      bewegliche Ziele treffen können. Deshalb kommt man nun         or­
                                                                       ganisation listet mehr als 80 Entitäten auf. Grob be-          material zu kommen. Die Forschungslogistik bei kindlichen       die Ergebnisse anschließend zurück zu unseren Patienten
      wieder zurück zu einer phänotypischen Therapie, die sich       trachtet, haben wir es mit zehn bis zwölf Formen von             Hirntumoren ist so anstrengend, dass man immer hinter-          zu bringen.
      am Erscheinungsbild der Krebszellen orientiert. Ein Bei-       Hirn­tumoren zu tun. Diese unterschiedlichen Tumoren wird        herhinkt. Glücklicherweise explodiert dieses Forschungs-
                                                                                                                                      feld nun aber geradezu. Laufend kommen hochkarätige             Dafür werden wir einen langen Atem brauchen. Und des-
                                                                                                                                      Publikationen heraus. Und Ulrich Schüller ist mit dabei.        halb sind wir extrem froh, mit der Fördergemeinschaft
                                                                                                                                                                                                      einen starken Partner an der Seite zu haben, der uns die-
                                                                                                                                      Lassen Sie uns in die Zukunft schauen. Wo liegen die            sen langen Atem auch ermöglicht. Ohne diese Unterstüt-
                                                                                                                                      Herausforderungen der nächsten Jahre?                           zung wären wir nicht in der Lage, akademische Forschung
                                                                                                                                                                                                      zu betreiben.
                                                                                                                                      Martin Horstmann: Der Begriff „Moving Target“ steht
                                                                                                                                      für die größte wissenschaftliche Herausforderung in der         Martin Horstmann: Seitdem wir selbst manche Melanome,
                                                                                                                                      Krebsforschung. Wie bekommen wir die Plastizität der            die zu den aggressivsten und tödlichsten Tumoren ge-
                                                                                                                                      Tumorerkrankungen, ihr ewiges Anpassen an unsere                hören, durch immuntherapeutische Ansätze kontrollieren
                                                                                                                                      therapeutischen Bemühungen, in den Griff? Dazu brauchen         können, bin ich ganz optimistisch. Es warten bestimmt
                                                                                                                                      wir kluge Konzepte. Wir werden – wie Stefan Rutkowski           noch Entdeckungen am Horizont, die können wir uns noch
                                                                                                                                      gesagt hat – immun­therapeutische Elemente mit zytotoxi-        gar nicht vorstellen.

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GEMEINSAM FÜR DAS LEBEN KREBSKRANKER KINDER - FORSCHUNGSBERICHT 2018
AG HORSTMANN                                                                                                                                                        MOLEKULARE GRUNDLAGEN DER LEUKÄMIEENTSTEHUNG

     LEUKÄMIEN: FEHLERSUCHE IN DER                                                                                                            erreicht irgendwann den Zellkern, das Zentrum der gene-
                                                                                                                                              tischen Information. Dort ruft es Antworten in Form von
                                                                                                                                                                                                                  PROJEKT 1
                                                                                                                                                                                                                  SCHLIMMER FINGER:

     „SCHREIBSTUBE“ DER KREBSZELLEN                                                                                                           Transkriptions­
                                                                                                                                                            vorgängen hervor. Das heißt, die Aktivität
                                                                                                                                              von Genen wird entweder verstärkt oder gehemmt.“
                                                                                                                                                                                                                  WIE ZNF423 LEUKÄMIE AUSLÖST
                                                                                                                                                                                                                  Bei der Benennung ihrer Entdeckungen waren Moleku-
                                                                                                                                                                                                                  larbiologen schon immer kreativ: Dass ein Protein „Zink­
                                                                                                                                              Gene sind Informationseinheiten, die in Form des Riesen-            fingerfaktor 423“ (kurz: ZNF423) heißt, wundert daher in
                                                                                                                                              moleküls DNA im Zellkern gespeichert sind. Wenn sie ak-             der Fachwelt niemanden. Was dieser Finger macht dage-
                                                                                                                                              tiviert werden sollen, das heißt: wenn der von einem Gen            gen schon: ZNF423 verändert in B-Lymphozyten den Ab-
                                                                                                                                              codierte „Befehl“ außerhalb des Zellkerns auf molekulare            lauf der Transkription und löst auf diese Weise – zusam-
                                                                                                                                              Prozesse einwirken soll, dann muss die Information dieses           men mit weiteren Veränderungen – eine Leukämie aus.
                                                                                                                                              Gens von der DNA auf kleinere Moleküle überschrieben                Wie dies geschehen kann, konnten Martin Horstmann und
                                                                                                                                              werden, die den Zellkern verlassen können. Dieser Vor-              seine Mitarbeiter in den vergangenen Jahren weltweit als
                                                                                                                                              gang wird als Transkription bezeichnet (lateinisch: trans           Erste zeigen: Das Projekt habe überraschende Befunde
                                                                                                                                              „hinüber“ und scribere „schreiben“), die mobilen Moleküle           zu Tage gefördert, sagt Martin Horstmann. „Wir haben
                                                                                                                                              nennt man Boten-RNA (auch: messenger RNA, mRNA)                     festgestellt, dass ZNF an Bindungssequenzen des EBF1
                                                                                                                                              und die Proteine, welche die Transkription beeinflussen,            bindet. Und zwar auch ohne die Anwesenheit von EBF1.“
                                                                                                                                              werden Transkriptionsfaktoren genannt.                              Dadurch hemmt ZNF423 den B-Zell-Transkriptionsfaktor
                                                                                                                                                                                                                  EBF1 (Early B-Cell Factor 1) und stört so die Reifung der
                                                                                                                                              Regulatorische Eingriffe in diese Transkriptionsmaschi-             B-Lymphozyten.
                                                                                                                                              nerie eröffnen nach Ansicht von Martin Horstmann neue
                                                                                                                                              therapeutische Angriffsflächen im Kampf gegen Krebs.                „Durch genomweite Bindungsanalysen und RNA-Sequen-
                                                                                                                                              Die direkte Beeinflussung und Hemmung von Transkripti-              zierungen konnten wir schließlich in Leukämiezellen auch
                                                                                                                                              onsfaktoren sei jedoch „unglaublich problematisch“, so der          die Zielgene von ZNF423 identifizieren.“ Welche epige-
                                                                                                                                              Forscher. Denn Transkriptionsfaktoren fehle die bei ande-           netischen Spuren ZNF423 an der DNA hinterlässt, habe
       AG Horstmann: Prof. Dr. Martin Horstmann, Dr. Marcos Seoane Souto, Dr. Pablo Iglesias Vázquez, Julia Strauss, Dr. Antonina Wrzeszcz,   ren Enzymen typische „aktive Tasche“, eine Vertiefung auf           man auch beobachten können. Ebenso sei es gelungen,
       Marianne Klokow, Sabine Raasch (v. l. n. r.)                                                                                           der Moleküloberfläche, die man gezielt mit Medikamenten             die in den menschlichen Leukämiezellen identifizierten
                                                                                                                                              blockieren kann. Sie wirken eher über ihre Oberfläche auf           Zielgene auch in Leukämiezellen von Mäusen zu finden –
                                                                                                                                              einen bestimmten DNA-Abschnitt ein. Ihre Aktivität mit              eine Voraussetzung, um die molekularen Vorgänge rund
     An akuter lymphatischer Leukämie (ALL) erkranken in                    GENETISCHE SCHREIBFEHLER VERSTEHEN                                Medikamenten – im Verhältnis zu einem Protein eher klei-            um ZNF423 genauer zu erforschen. Aufgrund der bislang
     Deutschland pro Jahr etwa 500 Kinder neu. Die ALL ist                  UND VERHINDERN                                                    nen Molekülen – zu unterbinden, sei deshalb sehr schwie-            gewonnenen Erkenntnisse haben die Hamburger Krebs-
     damit die häufigste Krebserkrankung bei Kindern. Ursa-                 Das Wie und Wo dieser Fehler treibt Professor Dr. Martin          rig. „Wohl aber kann man im Umfeld dieser Transkriptions­           forscher inzwischen neue Hypothesen zur Wirkungswei-
     chen der ALL sind Störungen in der Entwicklung (Reifung)               Horstmann, wissenschaftlicher Leiter des Instituts, und sei-      faktoren nach zellulären Signalwegen schauen, in die                se von ZNF423 aufgestellt. „Wir vermuten, dass ZNF in
     der Lymphozyten, die zu den weißen Blutkörperchen ge-                  ne Arbeitsgruppe an: „Unser zentrales Forschungsfeld ist          man eingreifen kann“, sagt Martin Horstmann. Wenn es                Sicherheitsmechanismen eingreift, mit denen die reifenden
     hören. Auch bei anderen Formen von Leukämie ist der                    die Transkription und deren Regulation bei Krebserkran-           beispielsweise gelingt, bei Krebszellen jene Signalwege             B-Lymphozyten sich vor den schädlichen Wirkungen DNA-
     Reifungsprozess der Blutzellen – die Hämatopoese – ge-                 kungen des Kindesalters, vornehmlich bei Leukämien“, sagt         zu manipulieren, die in Transkriptionsvorgängen münden,             verändernder Enzyme schützen.“ Wie sie dies tun, wolle
     stört. Dieser Reifungsprozess folgt einem genau festge-                der Forscher. Und das beinhalte auch die Art und Weise,           lassen sich diese gezielt hemmen und die Zellen mögli-              man in den kommenden Jahren unter die Lupe nehmen.
     schriebenen Ablauf. Gesteuert wird er durch Proteine,                  wie innerhalb der Krebszelle Signale weitergeleitet werden,       cherweise in die Apoptose, den programmierten Zelltod,
     deren Aktivität wiederum von anderen Proteinen abhängt:                die bei diesen Vorgängen eine Rolle spielen. „Wir konzen­         treiben.
     von Transkriptionsfaktoren und Signalproteinen im Umfeld               trieren uns darauf, Störungen in Transkriptionsprozessen
     dieser Transkriptionsfaktoren. Wie Dirigenten eines Or-                zu identifizieren, die zur Krebsentstehung beitragen.“
     chesters sorgen sie dafür, dass kein Gen seinen Einsatz
                                                                                                                                                  PROJEKT-STECKBRIEF
     verpasst und so die molekularen Abläufe im Takt bleiben.               Denn im Funktionsrepertoire einer Zelle ist die Transkrip-            Mechanisms of differentiation arrest in acute B-precursor leukemia of childhood
     Leukämien sind also letztlich, wie alle Krebsarten, ge-                tion ein zentrales Element. Trifft ein externes Signal – ein
     netische (und epigenetische) Erkrankungen. Sie werden                  Umweltreiz oder ein Botenmolekül – auf einen Rezep­                   Projektleitung   Prof. Dr. Martin Horstmann
                                                                                                                                                  Mitarbeiter      Dr. Pablo Iglesias Vázquez, Dr. Ann-Christin Puller, Julia Strauss, Dr. Bine Klingler, Mir Arasch Baha
     ausgelöst durch Fehler, die sich irgendwie und irgendwo                tor an der Oberfläche der Zelle, muss diese den Reiz
                                                                                                                                                  Förderung        Deutsche Forschungsgemeinschaft, Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum Hamburg,
     in den Fluss der genetischen Information eingeschlichen                irgendwie interpretieren und darauf reagieren. „Das tut sie                            Burkhard Meyer Stiftung, Gemeinnützige Stiftung De Wohlt, Gerhard Müggenburg Stiftung,
     und zur Folge haben, dass eine Krebszelle – um im Bild zu              durch die Art der internen Signalweiterleitung und durch                               Hans Brökel Stiftung für Wissenschaft und Kultur, Horst Müggenburg Stiftung, Rüdiger Colditz Stiftung
     bleiben – nicht mehr sauber vom Blatt spielt.                          die Transkription“, so Martin Horstmann. „Denn ein Signal

10                                                                                                                                                                                                                                                                            11
GEMEINSAM FÜR DAS LEBEN KREBSKRANKER KINDER - FORSCHUNGSBERICHT 2018
AG HORSTMANN                                                                                                                                          MOLEKULARE GRUNDLAGEN DER LEUKÄMIEENTSTEHUNG

     PROJEKT 2                                                     während der Reifung der Blutzellen die Entstehung von         PROJEKT 4                                                        – so heißt es fachlich korrekt – noch genetisch verändert.
     NEUE LEUKÄMIEURSACHE: FOXM1-                                  Leukämien verhindert.                                         KEIN LEUCHTEN MEHR: SIGNALPROTEIN                                Nun leuchten sie. „Mithilfe dieses Leukämiezellmodells
     GENVERLUST LEGT DNA-REPARATUR LAHM                                                                                          ALS ANGRIFFSZIEL FÜR THERAPIEN                                   lässt sich nun die Wirksamkeit experimenteller Therapien
     Genetische Untersuchungen an erkrankten Kindern ha-           PROJEKT 3                                                     Es ist fast wie bei einem Elektrobaukasten: Wenn man den         im lebenden Organismus darstellen und nach therapeuti-
     ben es an den Tag gebracht: Ihnen fehlt oft die mütterliche   SCHWANZ WEDELT MIT HUND:                                      richtigen Stecker zieht, dann geht irgendwo ein Lämpchen         schen Zielen suchen“, sagt Martin Horstmann. Eines die-
     oder väterliche Kopie des Gens FOXM1. Könnte der Ver-         WIE MITF HAUTKREBS VERURSACHT                                 aus. „Das Leuchten der Leukämiezellen ist für uns nicht          ser therapeutischen Ziele könnte das Signalprotein PAK
     lust einer Genkopie der Grund sein, warum der Transkrip-      Das Protein MITF – eine Abkürzung für „Mikrophthal-           sichtbar“, sagt Martin Horstmann. Man benötige schon ein         sein. Diese „p21 aktivierte Kinase“ (PAK) bildet das Zent-
     tionsfaktor, dessen Funktionsweise FOXM1 bestimmt, die        mie-assoziierter Transkriptionsfaktor“ – beeinflusst in       hochsensitives Gerät, um die ausgesendeten Photonen              rum eines Netzwerks vieler Wachstumsrezeptoren auf der
     Reparatur von Chromosomenbrüchen vernachlässigt?              vielen Zellen grundlegende Vorgänge der Genaktivie-           messen zu können. Dann aber könne man den Verlauf                Oberfläche von Leukämiezellen. Blockiert man PAK durch
     Und ist das möglicherweise der Auslöser der Erkrankung?       rung. Genetische Veränderungen, die die Funktion von          einer akuten lymphatischen Leukämie (ALL) verfolgen.             Medikamente oder RNA-Interferenz – auch das konnten
     Antworten lieferte schließlich jahrelange und aufwendige      MITF steigern, können Krebs auslösen oder treiben das         „Denn die Menge der Photonenemissionen ist äquivalent            die Hamburger Forscher in Zellkulturen und im Tiermodell
     gentechnische Laborarbeit, deren Idee der folgende Satz       Tumorwachstum voran. Bei Nierenzellkarzinomen und             der Leukämiezell-Last im Tier“, erklärt der Forscher.            nachweisen –, lässt sich das Wachstum der Krebszellen
     zusammenfasst: Man simuliert den Genverlust im Maus-          Klarzellsarkomen des Kindesalters ist das beispielsweise                                                                       hemmen. Blockiert man gleichzeitig auch die Wachstums-
     modell und beobachtet was passiert. „Das ist uns tatsäch-     der Fall. Wie die Arbeitsgruppe von Martin Horstmann in       Im Tier, damit sind Mäuse gemeint, auf die Martin                rezeptoren der Leukämiezellen, die Rezeptortyrosinki-
     lich gelungen“, sagt Martin Horstmann. „Die Tiere entwi-      den vergangenen Jahren herausgefunden hat, wirkt MITF         Horstmanns Arbeitsgruppe echte menschliche Leukämie-             nasen (RTK), ist der Effekt sogar noch größer – und das
     ckelten akute Leukämien.“                                     auch an der Schnittstelle von allgemeiner Transkription       zellen übertragen hat. Anschließend wurden die Leukä-            Leuchten der Leukämiezellen geringer.
                                                                   und DNA-Reparatursystem in Hautzellen.                        miezellen dieser „patient derived xenograft“-Tiermodelle
     Im Anschluss habe man die Genome der Tiere sequen­
     ziert, ebenso die Transkriptome, also die gesamte RNA,        Der molekulare Mechanismus, der sich hinter diesem Zu-
     die in den Leukämiezellen gebildet wird, und auch die         sammenhang verbirgt, ist Martin Horstmann zufolge völlig
     Exome, die codierenden Gene. „Die Ergebnisse haben wir        neuartig. Bildhaft ausgedrückt wedelt dabei der Schwanz
     dann mit menschlichen Leukämien verglichen, um nach           mit dem Hund. Fachsprachlich klingt das aus Martin
     Ähnlichkeiten in den Mutationssignaturen zu suchen.“ Die      Horstmanns Munde so: „Der sequenzspezifische Trans­
     Fragen waren: Führt die fehlerhafte Chromosomenrepa-          kriptionsfaktor MITF steuert die allgemeine Transkriptions-
     ratur zu Mutationen, die typisch sind für Leukämien? Und      maschinerie der Zelle. Als Co-Regulator wirkt dabei das
     ist der Genverlust des Transkriptionsfaktors auch in den      Onkoprotein MYC, das die Kontrolle über das Transkrip-
     menschlichen Leukämiegenomen zu finden? Die Antwort,          tionsgeschehen in Krebszellen übernehmen kann. Auf
     so viel scheint heute sicher, lautet Martin Horstmann zu-     MITF kann die Tumorzelle dann verzichten.“ Der von den
     folge in beiden Fällen: ja. „So wie es aussieht, funktio-     Hamburger Krebsforschern identifizierte neue Mechanis-
     niert die DNA-Reparatur aufgrund des Genverlustes nicht       mus der Transkriptionsregulation könnte den Weg weisen
     mehr störungsfrei. Dadurch häufen sich Mutationen an,         zu neuen Therapien – beispielsweise „einem Hemmstoff,
     die zur Leukämieentstehung beitragen.“ Der durch das          der auf eine Kinase im allgemeinen Transkriptionsfaktor-
     Gen FOXM1 codierte Transkriptionsfaktor stabilisiere im       Komplex abzielt“, so Martin Horstmann.
     Normalfall das Genom. Er ist ein Tumorsuppressor, der

        PROJEKT-STECKBRIEF                                            PROJEKT-STECKBRIEF
        Mechanisms of leukemogenesis:                                 Coordinate regulation of the interface of
        FOXM1 – a tumor suppressor in hematopoiesis                   transcription and repair in the melanocytic lineage

        Projektleitung   Prof. Dr. Martin Horstmann                   Projektleitung   Prof. Dr. Martin Horstmann
        Mitarbeiter      Sabine Raasch, Jürgen Müller,                Mitarbeiter      Dr. Marcos Seoane Souto,
                         Dr. Marcos Seoane Souto,                                      Dr. Pablo Iglesias Vázquez­,
                         Dr. Monserat Eschenburg,                                      Julia Strauss, Dr. Ann-Christin Puller,      PROJEKT-STECKBRIEF
                         Marianne Klokow, Julia Strauss,                               Jürgen Müller, Mashaallah Noshiravani        Phosphotyrosine-dependent signal transduction in ALL of childhood
                         Dr. Antonina Wrzeszcz                        Förderung        Deutsche Forschungsgemeinschaft,
         Förderung       Deutsche Forschungsgemeinschaft,                              Fördergemeinschaft Kinderkrebs-              Projektleitung   Prof. Dr. Martin Horstmann
                         Fördergemeinschaft Kinderkrebs-                               Zentrum Hamburg                              Mitarbeiter      Dr. Ina Siekmann, Marianne Klokow, Julia Strauss, Dr. Antonina Wrzeszcz, Patrick Ehm
                         Zentrum Hamburg,                                                                                           Förderung        Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum Hamburg, Burkhard Meyer Stiftung,
                         Burkhard Meyer Stiftung                                                                                                     Erich und Gertrud Roggenbuck-Stiftung, Madeleine Schickedanz-KinderKrebs-Stiftung

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GEMEINSAM FÜR DAS LEBEN KREBSKRANKER KINDER - FORSCHUNGSBERICHT 2018
AG NOLLAU                                                                                                                                                                FEHLGESTEUERTE SIGNALNETZWERKE BEI TUMOREN

     KOMMUNIKATIONSNETZWERKE                                                                                                                jetzt untersuchen, welche Rolle dieses Protein bei der Ent-
                                                                                                                                            stehung von Neuroblastomen spielt. Sie hoffen, damit zeit-
                                                                                                                                                                                                            wendig sind, damit RCOR aus dem Cytosol in den Kern
                                                                                                                                                                                                            gelangt“, erklärt Peter Nollau. Erste Experimente bestäti-

     BEI NEUROBLASTOMEN                                                                                                                     nah neue Ansatzpunkte für die Behandlung dieses Tumors
                                                                                                                                            zu finden.
                                                                                                                                                                                                            gen diese Annahme. Momentan testen die Forscher, ob
                                                                                                                                                                                                            ALK, ein Protein, das bei neun Prozent der Neuroblastom-
                                                                                                                                                                                                            Patienten mutiert ist, RCOR phosphoryliert und damit dafür
                                                                                                                                            RCOR GUT FÜR PATIENTEN –                                        sorgt, dass es in den Zellkern gelangt. Damit hätten sie
                                                                                                                                            SCHLECHT FÜR TUMORZELLEN                                        schon einen Teil des wichtigen Kommunikationsnetzwerks
                                                                                                                                            Zunächst haben die Wissenschaftler untersucht, wieviel          rund um RCOR aufgedeckt. Doch es gibt noch viel zu tun:
                                                                                                                                            RCOR in Neuroblastomen vorliegt. Dafür haben sie Daten-         Um Angriffspunkte für neue Therapien zu identifizieren,
                                                                                                                                            banken durchsucht, die Informationen über die in den Tu-        wollen die Forscher aufklären, wo genau sich kritische
                                                                                                                                            morzellen aktiven Gene enthalten. „Wir beobachteten inte-       Phosphorylierungsstellen bei RCOR befinden und welche
                                                                                                                                            ressanterweise, dass eine große Menge der RCOR mRNA             Gene durch RCOR reguliert werden.
                                                                                                                                            mit günstigen Krankheitsstadien und einer verbesserten
                                                                                                                                            Überlebensrate einhergeht“, erzählt Peter Nollau. Diese
                                                                                                                                            Beobachtung konnten sie auch auf Proteinebene bestäti-                                                      Tyrosinkinase
                                                                                                                                            gen: Lag viel des RCOR-Proteins vor, war die Krankheit                                                          ALK
                                                                                                                                            noch nicht so weit fortgeschritten und die Patienten hat-
                                                                                                                                            ten auch eine bessere Prognose. In Neuroblastomzellen
                                                                                                                                            im Labor konnten sie außerdem feststellen, dass RCOR                    RC
                                                                                                                                                                                                                        OR                                          OR
                                                                                                                                            das Überleben der Tumorzellen beeinflusst: Mit viel RCOR
                                                                                                                                                                                                                                                                 RC
                                                                                                                                            starben mehr Tumorzellen ab, ohne RCOR überlebten hin-
                                                                                                                                            gegen mehr Zellen. Damit wurde deutlich, dass RCOR das

                                                                                                                                                                                                                                                     RCOR
                                                                                                                                                                                                                              P

                                                                                                                                                                                                                                  RCOR
                                                                                                                                                                                                                                                 P                RC
                                                                                                                                            Wachstum der Neuroblastomzellen beeinflusst und zukünf-                                                                     OR
                                                                                                                                            tig ein geeigneter Angriffspunkt für Therapien sein könnte.
       AG Nollau: Dr. Anna-Katharina Kurze, Dr. Peter Nollau, Dr. Sophia Buhs, Helwe Gerull (v. l. n. r.)
                                                                                                                                                                                                              Cyto-
                                                                                                                                                                                                              plasma
                                                                                                                                            STANDORTWECHSEL DURCH
                                                                                                                                            PHOSPHATRESTE
     Wie Zellen wachsen, ob sie zum Beispiel eine Haut-, Ner-                   Zelle sichtbar machen kann, das SH2-Profiling. Bei dieser   Die Wissenschaftler analysierten auch, wo sich RCOR in
                                                                                                                                                                                                                                                            Me
     ven-, oder Blutzelle werden, und auch wann sie sterben,                    Methode werden Bereiche von Proteinen eingesetzt, die       der Zelle befindet. Anders als erwartet, befand sich RCOR                                                                   +/-
     wird durch hochkomplexe Signalnetzwerke innerhalb der                      SH2-Domänen, die an bestimmte phosphorylierte Stellen       hauptsächlich außerhalb des Zellkerns, im Cytosol. „Das
                                                                                                                                                                                                                    Kern
                                                                                                                                                                                                                                  P             KDM1A

                                                                                                                                                                                                                                         RCOR
     Zellen gesteuert. In Krebszellen sind einzelne Kompo-                      in anderen Proteinen binden. Damit kann man erkennen,       war deshalb so überraschend, weil wir RCOR als Regula-
     nenten dieser Signalnetzwerke oft verändert. Bei diesen                    ob und an welchen Stellen einem Protein eine Phosphat-      tor der Aktivität der Gene auch in ihrer Nähe, also im Zell-
     Komponenten handelt es sich häufig um Proteine, deren                      gruppe angehängt wurde. Mittlerweile gibt es über 120       kern, vermutet hätten“, sagt Peter Nollau. Dort fanden die
     Aktivität durch das Anhängen von Phosphat- oder Zucker­                    verschiedene menschliche SH2-Domänen, die man als           Forscher jedoch nur einen geringen Anteil von RCOR, der
     gruppen verändert werden kann. Veränderungen an den                        Sonden einsetzen kann, um Phosphorylierungsereignisse       außerdem ein höheres Molekulargewicht hatte. Das ver-
     Signalkomponenten spielen auch eine wichtige Rolle bei                     sichtbar zu machen. Durch Phosphorylierung aktivierte Si-   änderte Molekulargewicht von RCOR könnte durch das
                                                                                                                                                                                                            RCOR wird durch die in Neuroblastomen häufig aktivierte Tyrosinkinase
     der Entwicklung des Neuroblastoms. Dieser Tumor ent-                       gnalproteine können so erkannt und anschließend weiter      Anhängen von Phophatgruppen verursacht worden sein.
                                                                                                                                                                                                            ALK phosphoryliert (P), wandert in den Kern und reguliert (-/+) gemein-
     steht aus Zellen des sympathischen Nervengewebes.                          identifiziert werden. Peter Nollau und sein Team konnten    „Unsere Hypothese ist, dass diese Phosphatgruppen not-          sam mit der Histon-Demethylase KDM1A die Expression von Genen.
     Obwohl in den letzten Jahren Fortschritte bei der Behand-                  mit dem SH2-Profiling das Protein RCOR als interessanten
     lung des Neuroblastoms erzielt wurden, haben Kinder mit                    Kandidaten in Neuroblastomen identifizieren. RCOR steht
     Hochrisiko-Neuroblastomen immer noch eine schlechte                        für REST-Corepressor, spielt eine wichtige Rolle bei be-
                                                                                                                                               PROJEKT-STECKBRIEF
     Prognose. Neue Behandlungsansätze werden daher drin-                       stimmten Signalwegen in unterschiedlichen Tumoren und          Global analysis of phosphotyrosine-dependent signaling networks in neuroblastoma for the identification
     gend gesucht.                                                              reguliert die Aktivität von Genen auf der epigenetischen       of therapeutically relevant target proteins
                                                                                Ebene. Die Epigenetik umfasst molekulare Vorgänge, die
                                                                                                                                               Projektleitung   Dr. Peter Nollau
     SIGNALE SICHTBAR MACHEN                                                    regeln, wie das Erbgut verpackt ist. Dadurch wird auch
                                                                                                                                               Mitarbeiter      Dr. Tu-Lan Vu-Han, Dr. Sophia Buhs, Helwe Gerull
     Dr. Peter Nollau, Arbeitsgruppenleiter am Forschungs­                      bestimmt, wann und ob überhaupt genetische Information         Förderung        Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum Hamburg, Burkhard Meyer Stiftung,
     institut Kinderkrebs-Zentrum Hamburg, hat eine Methode                     abgelesen und umgesetzt wird. Die genaue Funktion von                           Hans Brökel Stiftung für Wissenschaft und Kultur
     entwickelt, mit der man aktivierte Signalproteine in einer                 RCOR ist noch unklar, weshalb die Hamburger Forscher

14                                                                                                                                                                                                                                                                                    15
GEMEINSAM FÜR DAS LEBEN KREBSKRANKER KINDER - FORSCHUNGSBERICHT 2018
AG NOLLAU                                                                                                                                                          FEHLGESTEUERTE SIGNALNETZWERKE BEI TUMOREN

     Zucker im Visier der Krebsforschung                                                                                              Signalkaskaden bei
                                                                                                                                      Hochrisiko-Leukämien
     Viele Zellen tragen auf ihrer Oberfläche Zuckerstrukturen.       bei Kindern verwendet werden, würden keine Abwehrreak-
     Die Oberflächenverzuckerung, auch Glykolisierung ge-             tionen des Körpers entstehen, da es sich nicht um fremde,
     nannt, spielt eine wichtige Rolle bei der Kommunikation          sondern um körpereigene Strukturen handelt.                                                                                    Proteine, die Phosphatgruppen übertragen, werden als
     zwischen den Zellen und bei der Erkennung durch Zellen                                                                                                                                          Kinasen bezeichnet. Kinasen sind wichtige Enzyme bei
     des Immunsystems. Bei vielen Tumoren ist sie verändert           VIELVERSPRECHENDE MUSTER                                                                                                       der Signalverarbeitung in Zellen und ihre unkontrollierte
     und beeinflusst den Krankheitsverlauf. Das macht die Zu-         50 verschiedene Neuroblastome hat Anna-Katharina Kurze                                                                         Aktivierung spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung
     ckerstrukturen interessant für neue Therapieansätze. Sie         mit ihren Sonden bereits charakterisiert. Zwei Glyko­                                                                          der Leukämien. Doch wie genau ihre Aktivität die Signal-
     zu untersuchen, ist inhaltlich und methodisch sehr an-           rezeptor-Sonden erkannten Strukturen auf der Oberfläche                                                                        wege in Leukämien beeinflusst, ist noch nicht verstanden.
     spruchsvoll. Insbesondere bei Krebserkrankungen im Kin-          der Tumorzellen. Allerdings war die Bindung unterschied-                                                                       An diesem Punkt setzen die Forschungsarbeiten von Dr.
     desalter gibt es bislang kaum Untersuchungen, die sich mit       lich stark zwischen den einzelnen Tumorproben. Noch                                                                            Sophia Buhs an. „Wir versuchen herauszufinden, welche
     veränderten Zuckerstrukturen befassen.                           wissen die Wissenschaftler nicht, was es bedeutet, dass                                                                        Ziele die Kinasen haben und darüber neue Angriffspunkte
                                                                      die Glykorezeptoren einige Tumoren sehr gut, andere hin-                                                                       für die Behandlung der Ph-like ALL zu identifizieren“, sagt
     MIT DEN AUGEN DER IMMUNZELLEN                                    gegen gar nicht erkennen. Etwa, ob man damit eher gut                                                                          die Wissenschaftlerin „Vielleicht gelingt es uns sogar, An-
     Dr. Anna-Katharina Kurze, Wissenschaftlerin in der Ar-           verlaufende Tumoren von besonders bösartigen unter-                                                                            griffspunkte zu identifizieren, die unabhängig von der vor-
     beitsgruppe von Peter Nollau, hat eine neue Strategie            scheiden kann. In Kooperation mit der AG Schüller konn-                                                                        liegenden chromosomalen Veränderung für viele Formen
     entwickelt, um Zuckerstrukturen zu analysieren. Der Trick:       te Anna-Katharina Kurze auch bei 14 Medulloblastomen                                                                           der Ph-like ALL gelten.“
     „Wir gucken mit den Augen der Immunzellen, um die Zu-            unter­schiedliche Bindungsmuster beobachten. Die Analy-
     ckerstrukturen zu entdecken“, erklärt die Biologin. Glyko-       se der Leukämien in Kooperation mit der AG Horstmann                                                                           SIGNALNETZWERKE NACHBAUEN
     rezeptoren sind im menschlichen Körper sozusagen das             ist noch nicht abgeschlossen. Um das Bindungsverhalten          Die akute lymphatische Leukämie (ALL) ist die häufigste        Sophia Buhs hat bereits 18 verschiedene Fusionsproteine
     Gegenstück zu den Zuckerstrukturen. Sie erkennen hoch-           der Sonden mit dem klinischen Verlauf von Leukämien             Krebserkrankung bei Kindern. ALL zeichnen sich durch           im Labor hergestellt, die bei der Ph-like ALL vorkommen.
     spezifisch unterschiedliche Vielfachzucker und binden an         und bösartigen Tumoren zu korrelieren, plant die Wissen-        Veränderungen ihrer Chromosomen aus, zum Beispiel das          Anschließend hat sie in Zellen gezeigt, dass diese künstlich
     sie. Zu diesen Glykorezeptoren gehört auch die Familie der       schaftlerin ihre Untersuchungen noch auf größere Patien-        Austauschen von ganzen chromosomalen Abschnitten.              hergestellten Proteine auch tatsächlich aktiv sind. Dadurch
     C-type Lektine, die von Zellen des Immunsystems gebil-           tengruppen auszuweiten.                                         Dadurch können Fusionsproteine entstehen, die entschei-        können in den Zellen die fehlgesteuerten Signalnetzwerke
     det werden und auf ihrer Oberfläche platziert sind. Anna-                                                                        dend an der Entstehung der Leukämie beteiligt sind. Eine       von Leukämien im Labor nachgebildet und untersucht wer-
     Katharina Kurze manipulierte Zellen im Labor so, dass sie        AUF ZUCKER ZIELEN                                               Unterform der ALL ist die Philadelphia (Ph)-like ALL mit ty-   den. „Je nachdem, welches Fusionsprotein wir in die Zellen
     unterschiedliche Lektine bilden und in das sie umgebende         Auch wenn die Wissenschaftler noch nicht verstehen, wie         pischen chromosomalen Veränderungen. Die genetischen           eingebracht haben, waren interessanterweise unterschied-
     Zellkulturmedium abgeben. Damit hat sie eine Vielzahl von        die Zuckermuster den Verlauf der Tumorerkrankung be-            Veränderungen in der Ph-like ALL sind sehr uneinheitlich,      liche Signalnetzwerke aktiv“, sagt Sophia Buhs. Zurzeit ver-
     Sonden vorliegen, um definierte Zuckerstrukturen auf Tu-         stimmen, wissen sie, welche Zucker die Sonden auf der           über 30 verschiedene Leukämie-auslösende Fusionspro-           sucht sie mit dem in der AG Nollau entwickelten SH2- Pro-
     morzellen zu detektieren. „Indem wir körpereigene Sonden         Oberfläche der Tumorzellen erkennen. Damit eröffnet sich        teine sind bisher entdeckt worden. Die Ph-like ALL zählt zu    filing zur Identifikation von Phosphorylierungs­ereignissen
     verwenden, können wir sicherer sein, dass sie auch tat-          eine neue therapeutische Option: Denn man kann im Labor         den Hochrisiko-Leukämien mit einer schlechten Prognose.        und anderen biochemischen Methoden, einzelne Kompo-
     sächlich biologisch relevante Strukturen erkennen“, erklärt      Immunzellen herstellen, die bestimmte Zuckerstrukturen                                                                         nenten und die in sie eingebundenen Signalwege zu ent-
     Anna-Katharina Kurze die Vorteile gegenüber pflanzlichen         erkennen und die Zellen mit diesen Strukturen anschlie-         ZENTRALE SCHALTER                                              schlüsseln. So möchte sie neue therapeutische Angriffs-
     Lektinen, die häufig zur Detektion der Zuckerstrukturen          ßend töten. Wie effektiv diese Zellen sind, will die Biologin   Häufig resultieren aus den chromosomalen Veränderun-           punkte in der häufig sehr schlecht verlaufenden Ph-like
     eingesetzt werden. Auch langfristig bietet ihre Methode          zunächst an Zellen im Labor testen, die entsprechende           gen bei der Ph-like ALL Fusionsproteine, die andere Pro-       Leukämie identifizieren.
     Vorteile: Sollten die Glykorezeptoren einmal zur Therapie        Zielstrukturen tragen.                                          teine aktivieren, indem sie Phosphatgruppen übertragen.

                                                                                                                                         PROJEKT-STECKBRIEF
        PROJEKT-STECKBRIEF                                                                                                               Characterization of signaling cascades in childhood, high-risk B-cell leukemia for the
        Identification of glycan structures relevant for diagnosis and therapy of childhood cancer                                       identification of novel, therapeutic targets

        Projektleitung    Dr. Peter Nollau                                                                                               Projektleitung   Dr. Peter Nollau
        Mitarbeiter       Dr. Anna-Katharina Kurze                                                                                       Mitarbeiter      Dr. Sophia Buhs, Helwe Gerull
        Förderung         BMBF (GlyCan)                                                                                                  Förderung        Europäische Union (FP7 ERA-NET, NanoToxClass), Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum Hamburg

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GEMEINSAM FÜR DAS LEBEN KREBSKRANKER KINDER - FORSCHUNGSBERICHT 2018
AG STERNSDORF                                                                                                                                                                                     PRINZIPIEN DER TUMORENTSTEHUNG

     FALSCH GEWICKELT: VERPACKUNGSFEHLER                                                                                                     RISKANTE UNSTERBLICHKEIT
                                                                                                                                             „Unsere Hypothese ist, dass der PAX-Komplex das Histon
                                                                                                                                                                                                             die wir mit der Mutante beobachtet haben“, erklärt Thomas
                                                                                                                                                                                                             Sternsdorf.   „Den   körpereigenen     Schutzmechanismus

     BEI TUMORERKRANKUNGEN
                                                                                                                                             H3.3 in gesunden Zellen so markiert, dass es bestimmte          Seneszenz wiederherzustellen, ist daher ein vielver­
                                                                                                                                             Gene dauerhaft ausschaltet“, erklärt Thomas Sternsdorf. In      sprechender Ansatz für die Behandlung von Krebserkran-
                                                                                                                                             Tumorzellen würden durch die Mutation im PAX-Komplex            kungen.“ Therapien, die die zelluläre Seneszenz induzie-
                                                                                                                                             diese Gene hingegen nicht stillgelegt. Dabei haben die          ren, gibt es bereits. Aber sie greifen auch gesunde Zellen
                                                                                                                                             Hamburger Forscher bereits einige Vermutungen, um wel-          an und schädigen sie dadurch. Thomas Sternsdorf und
                                                                                                                                             che Gene es sich dabei handeln könnte. Ein Kandidat ist         seine Mitarbeiter suchen daher nach spezifischen Angriffs-
                                                                                                                                             das Gen, das für die Telomerase codiert, ein Protein, das       punkten, die nur die Krebszellen beeinträchtigen.
                                                                                                                                             in nahezu allen Tumorzellen falsch reguliert und aktiv ist.
                                                                                                                                             Durch die fälschliche Aktvierung der Telomerase ist der         GEZIELTER ANGRIFF
                                                                                                                                             Mechanismus der zellulären Seneszenz bei den Tumor-             Einige Komponenten des PAX-Komplexes, der das Histon
                                                                                                                                             zellen gestört. Dieser Mechanismus begrenzt in gesunden         H3.3 in das Erbgut einbaut, sind bekannt. Die Doktoran-
                                                                                                                                             Zellen die Teilungsrate: Sie können sich nur eine bestimm-      din Wencong Cui forscht daran, weitere Bestandteile des
                                                                                                                                             te Anzahl lang teilen und gehen dann „in den Ruhestand“.        Komplexes zu identifizieren. Dabei hofft sie, Komponenten
                                                                                                                                             Tumor­
                                                                                                                                                  zellen, die ungehindert Telomerase produzieren,            zu entdecken, die sich therapeutisch beeinflussen lassen.
                                                                                                                                             teilen sich hingegen unbegrenzt und sind quasi „alterslos“      Die Wissenschaftlerin nutzt ein neu entwickeltes experimen­
                                                                                                                                             geworden. Solche „unsterblichen“ Zellen neigen dazu, wei-       telles System, um in APL-Tumorzellen alle Proteine, die
                                                                                                                                             tere Defekte zu erwerben, fangen an zu wuchern und dann         mit dem PAX-Komplex verbunden sind, zu markieren. Au-
                                                                                                                                             gesundes Gewebe zu verdrängen. Schlimmstenfalls können          ßerdem macht sie sich die Besonderheit des APL-Systems
                                                                                                                                             sie sich über den ganzen Körper verteilen und Tochterge-        zunutze, dass der in Tumorzellen zerstörte Komplex durch
                                                                                                                                             schwülste, sogenannte Metastasen, bilden.                       das Medikament ATRA wiederhergestellt werden kann. „Da-
       AG Sternsdorf: Dr. Marios Xydous, Wencong Cui, Dr. Thomas Sternsdorf (v. l. n. r.)                                                                                                                    durch verrät uns die Leukämiezelle „unfreiwillig“, welche Be-
                                                                                                                                             VERORDNETER RUHESTAND                                           standteile des Komplexes wahrscheinlich eine funktionelle
                                                                                                                                             Im Labor konnten die Forscher bereits zeigen, dass der für      Rolle spielen“, erklärt Thomas Sternsdorf. Die bisherigen
     Damit der DNA-Strang, der die Erbinformation enthält, in                  auch die Aktivität von Genen. Außerdem gibt es Protein-       die Behandlung der APL erfolgreich eingesetzte Wirkstoff        Ergebnisse sind vielversprechend.
     die Kerne unserer Zellen passt, muss er aufgewickelt und                  komplexe, die dafür sorgen, dass Histone korrekt ein- oder    ATRA die Krebszellen „in den Ruhestand“ schickt und sie
     verpackt werden. Denn ausgebreitet hat der DNA-Strang                     ausgebaut werden. Je nachdem, ob ein DNA-Bereich aus-         sich nicht mehr unbegrenzt teilen können. In diesem Zu-         DEN SCHALTER UMLEGEN
     eine Länge von etwa zwei Metern. Wenn das Erbgut falsch                   gepackt und zugänglich gemacht werden soll oder nicht.        sammenhang interessieren sich die Forscher auch dafür,          Dr. Katharina Korf hat sich in der AG Sternsdorf mit der
     verpackt ist, können Krebserkrankungen entstehen. Ins-                    Interessanterweise findet man bei Tumoren des Kindes-         wie Mutationen am Histon H3.3, die häufig bei kindlichen        Frage beschäftigt, wie es das Onkoprotein der APL eigent-
     besondere bei Tumoren des Kindes- und jungen Erwach-                      alters mit mutierten Histonen auch häufig Mutationen in       Hirntumoren gefunden werden, das Geschehen beeinflus-           lich bewerkstelligt, den PAX-Komplex aufzulösen. „Wenn
     senenalters finden sich gehäuft Mutationen in bestimmten                  einem solchen Proteinkomplex. Dieser sogenannte PAX-          sen. Deshalb haben sie Zellen hergestellt, die diese H3.3       man diesen Prozess versteht, könnte man den Schalter für
     Verpackungsproteinen, den sogenannten Histonen, be-                       Komplex ist dafür verantwortlich, dass ein bestimmtes         Mutationen tragen. Die Ergebnisse fügen sich in das Bild        die Therapie eventuell einfach in die andere Richtung umle-
     sonders betrifft dies das Histon H3.3. Bei den Tumoren                    Histon, das Histon H3.3, korrekt in die DNA eingebaut wird.   der gestörten zellulären Seneszenz in Tumorzellen ein.          gen“, erläutert Thomas Sternsdorf. Katharina Korf hat einen
     handelt es sich um das Neuroblastom, neuroendokrine                       Bei einer Form der Leukämie, der akuten Promyelozyten-        Denn Zellen mit der Mutation hörten nicht mehr auf sich         Bereich auf dem Onkoprotein entdeckt, der entscheidend für
     Tumoren des Pankreas, einige Arten von Knochenkrebs                       leukämie (APL), weiß man, dass genau dieser Komplex das       zu teilen und wuchsen im Gegensatz zu gesunden Zellen           die Auflösung des PAX-Komplexes ist. Noch weiß man über
     und bestimmte Formen kindlicher Hirntumoren. Histone                      Ziel des krebsauslösenden Proteins, des Onko­proteins, ist.   sehr viel stärker. „Einer der ersten Schritte in der Entste-    diesen wichtigen Bereich des Onkoproteins nicht viel, wes-
     kann man sich als eine Art Spule vorstellen, um die der                   Thomas Sternsdorf und seine Mitarbeiter waren daran be-       hung eines Tumors ist der Verlust der Zellteilungskontrolle,    halb er nun weiter untersucht werden soll.
     DNA-Strang gewickelt wird. So können DNA-Abschnitte,                      teiligt zu zeigen, dass das Onkoprotein den PAX-Komplex
     die im Strang eigentlich weit auseinanderliegen, plötzlich                bei der APL auflöst.
     ganz nah beieinander sein.                                                                                                                   PROJEKT-STECKBRIEF
                                                                               „Die APL ist ein wunderbares Werkzeug, um diese Me-                Study of early events in leukemogenesis and cellular transformation using
     HEILBARER KREBS ALS MODELLSYSTEM                                          chanismen der Krebsentstehung zu erforschen“, sagt der             the model disease acute promyelocytic leukemia

     Dr. Thomas Sternsdorf und seine Arbeitsgruppe am For-                     Biologe Thomas Sternsdorf. Hinzu kommt, dass die APL
                                                                                                                                                  Projektleitung      Dr. Thomas Sternsdorf
     schungsinstitut Kinderkrebs-Zentrum Hamburg untersu-                      auch gut behandelbar ist: Der Wirkstoff ATRA kann das              Mitarbeiter         Dr. Katharina Korf, Imke Lingel, Alexander Haschke, Wencong Cui, Dr. Marios Xydous
     chen, wie DNA-Verpackungsfehler dazu führen können,                       Onkoprotein eliminieren, wodurch sich auch der PAX-                Förderung           Deutsche Forschungsgemeinschaft, Deutsche Krebshilfe, Else Kröner-Fresenius-Stiftung,
                                                                                                                                                                      Stipendium der Volksrepublik China
     dass Krebs entsteht. Histone, die Verpackungsproteine,                    Proteinkomplex zum Einbau des Histons H3.3 wieder
     geben der DNA nicht nur Struktur, sondern beeinflussen                    herstellt.

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NACHWUCHSFÖRDERUNG                                                                                                                                                                    FÜR DIE FORSCHUNG VON MORGEN

     WEGE EBNEN FÜR DEN NACHWUCHS
                                                                                                                                                                                                AG von Professor Martin Horstmann. Im Moment
                                                                                                                                         AUF FORSCHUNGSMISSION
                                                                                                                                                                                                forscht sie – auf Einladung von Professor Michael
                                                                                                                                         DR. TU-LAN VU-HAN                                      B. Yaffe und finanziert durch ein DAAD-Stipendium
                                                                                                                                                                                                – am Koch Institute for Integrative Cancer Research,
                                                                                                                                                                      Der Werdegang von         Massachusetts Institute of Technology (MIT) in
                                                                                                                                                                      Dr.   Tu-Lan   Vu-Han     Cambridge, USA. Dort arbeitet Vu-Han zusammen
                                                                                                                                                                      zum Clinician Scientist   mit dem Neurochirurgen und MD PhD Fred Lam
                                                                                                                                                                      zeigt beispielhaft, wie   in einem interdisziplinären Team im Bereich „DNA
                                                                                                                                                                      sich Forschungsförde-     Damage Signalling in Cancer“. Ziel der Forscher
                                                                                                                                                                      rung im Rahmen des        ist, den Einfluss von small molecule Inhibitoren auf
                                                                                                                                                                      MD-PhD-Programms          die DNA-Reparaturmechanismen bei Hirntumoren
                                                                                                                                                                      für Mediziner auszah-     zu erforschen, um damit therapeutische Kombina-
                                                                                                                                         len kann: Zum einen ermöglicht das Programm der        tionen zu entwickeln, die die aktuelle Behandlung
                                                                                                                                         jungen Medizinerin, ihr eigenes wissenschaftliches     verbessern können. „Wenn wir genau verstehen, wie
                                                                                                                                         Profil zu entwickeln, zum anderen führt die Aus­       Tumorzellen auf Chemotherapeutika reagieren und
       Wencong Cui, Lena-Marie Martin, Jonathan Luhmann, Merrit Rothe, Dörthe Holdhof, Valentina Vogelsang, Frauke Gotzhein,             bildung zu einem Ausbau der translationalen Medi-      wie es ihnen gelingt, der Therapie zu entkommen
       Malte Hellwig, Melanie Schoof (v. l. n. r.)
                                                                                                                                         zin und damit langfristig zu einer Verbesserung der    und zu überleben, hoffen wir, diese Mechanismen
                                                                                                                                         Patienten­versorgung.                                  – sowohl zeitlich als auch durch die gezielte Kom-
                                                                                                                                                                                                bination von Chemotherapeutika – effektiv angreifen
     Ursachen, Früherkennung und Therapiemöglichkeiten von                 Pette-Institut gemeinsam mit dem Bernhard-Nocht-Institut      Gleich nach ihrer medizinischen Doktorarbeit bei       zu können”, erläutert Vu-Han. Gelohnt hat sich der
     Krebs bei Kindern: Um hier wertvolle neue Erkenntnisse zu             für Tropenmedizin und dem Forschungszentrum Borstel           Professor Reinhard Schneppenheim hat sich die          Forschungsaufenthalt für die junge Ärztin schon jetzt.
     erlangen, ist exzellente Forschung auf höchstem Niveau                angeboten. Außerdem nehmen die Doktoranden am alle            Medizinerin zur Studienvertiefung der Forschung        Im Sommer wird sie mit vielen neuen Erfahrungen,
     essenziell. Hoch anspruchsvolle Laborarbeit, akribisch                zwei Jahre stattfindenden Young Scientist Retreat teil. Bei   verschrieben und unterstützt seit 2016 im Rahmen       Eindrücken und weiteren Publi­kationen im Gepäck
     durchgeführt und dokumentiert, getrieben von dem Wil-                 dieser Ausbildung wird den Doktoranden ein breiter und        ihrer naturwissenschaftlichen Promotionsarbeit die     nach Hamburg zurückkehren.
     len, Erkenntnisse zu gewinnen: Das ist Grundlage vieler               fachlich gewinnbringender Austausch ermöglicht. Darüber
     Dissertationen, die das Forschungsinstitut Kinderkrebs-               hinaus haben sie Zugang zur Graduiertenschule an der
     Zentrum Hamburg mit einem Teil seiner Spenden finanziert.             MIN-Fakultät der Universität Hamburg. Alternativ können
     Denn jeder einzelne Erkenntnisschritt treibt die Forschung            die Doktoranden am Universitätsklinikum Hamburg-Eppen-
     weiter und kann so dazu beitragen, Heilungschancen und                dorf (UKE) an einem zweijährigen (für Mediziner) oder drei-                                                          hänge    exakt      und
     Lebensqualität der betroffenen Kinder zu verbessern. Und              jährigen (für Nichtmediziner) PhD-Programm teilnehmen.
                                                                                                                                          WARUM SPENDEN?
                                                                                                                                                                                                anschaulich zu ver-
     das weltweit: Auch die Forschungsergebnisse aus den                   In diesem Programm verzahnen forschungsbegeisterte                                                                   mitteln. Die von mir
                                                                                                                                         BURKHARD MEYER,
     Dissertationen in Hamburg stehen dank vernetzter Daten-               Studierende Wissen aus Klinik, klinischer Forschung und                                                              geförderten Doktoran-
                                                                                                                                         BURKHARD MEYER STIFTUNG
     banken und internationaler Veröffentlichungen allen Krebs-            Grundlagenforschung.                                                                                                 den erzielten darüber
     forschern zur Verfügung. So vervielfältigt sich der Nutzen                                                                          „Die Nachwuchsförderung am Kinder­krebs-Zentrum        hinaus ganz exzellen-
     jedes Projekts – und der Spenden, die es ermöglicht haben.            Über den Burkhard Meyer Fond zur Förderung des Wis-           liegt mir besonders am Herzen. Das liegt daran, dass   te Forschungsergeb-
                                                                           senschaftlichen Nachwuchses finanziert das Forschungs-        ich das Forschungsinstitut schon seit über zwölf       nisse. Es freut mich,
     Für die Forschungstätigkeit qualifizieren sich exzellente             institut neben medizinischen Doktorarbeiten auch Studen-      Jahren eng begleite und in dieser Zeit Menschen mit    dass    meine     bereit-
     Nachwuchsforscher aus Medizin und Naturwissenschaft.                  tische Hilfskräfte, sowie Bachelor- und Masterarbeiten.       großem Engagement kennengelernt habe – von der         gestellten Mittel auf diese Weise immer besonders
     Das Forschungsinstitut motiviert und unterstützt die Dok-             Auch Fortbildungen zu Technologieplattformen werden an-       Geschäftsführung, den AG-Leitern bis hin zu den        wirkungsvoll eingesetzt wurden. Ich bin überzeugt
     toranden mit einem umfassenden Programm. Seit 2012                    geboten. Gemeinsame Seminare (bis 2017 als „Brücken-          Mitarbeitern. Die Nähe zu den jungen Menschen am       davon, dass es durch die Forschungsergebnisse des
     haben Doktoranden die Möglichkeit, eine strukturierte                 seminare“, seit 2018 „Emma und Christof Stoll Seminare“)      Institut und ihren Projekten ist mir besonders wich-   Instituts und die stetigen kleinen Fortschritte in der
     Doktorandenausbildung des Heinrich-Pette-Instituts zu                 führen Kliniker und Wissenschaftler zusammen und bieten       tig. Jedes Mal ist es für mich beglückend zu sehen,    Krebsforschung gelingen wird, die Heilungschancen
     durchlaufen. Sie beinhaltet die Teilnahme an den Dokto-               Gelegenheit zum fachlichen Austausch. Die Möglichkeit,        mit welcher Hingabe sie versuchen, mir als „älterem    und die Lebensqualität der kleinen Patienten laufend
     randenseminaren und die Präsentation der eigenen Pro-                 mehrjährige Projekte am Forschungsinstitut zu bearbeiten,     Techniker“ die diffizilen, biologischen Zusammen-      zu verbessern.‟
     jekte. Dazu kommt die verpflichtende Teilnahme an drei                soll die Ausbildung klinisch-wissenschaftlich tätiger Ärzte
     Fortbildungen. Diese Seminare werden vom Heinrich-                    (Clinician Scientists) nachhaltig unterstützen.

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