Gemeinsam, nicht einsam. WIR über Fürsorge und Pflege in einer älter werdenden Gesellschaft - AWO Bayern
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
2•2020 DAS MAGAZIN #WIR MACHEN DER AWO BAYERN WEITER 74. Jahrgang des „Helfer“ In der DIE Es kann sehr anspruchsvoll sein Gemeinschaft ist es ein BEWOHNER mit dementen Men- schen zu arbeiten. Aber es ist auch sehr SIND SEHR bisschen wie früher daheim. befriedigend. Ich hoffe, dass TAPFER. die Anerkennung für die Pflege auch in Zukunft bleibt! DER BONUS IST DIE PFLEGE- Die Ange- NUR EIN TROPFEN AUF DEM HEISSEN STEIN. KRÄFTE GEBEN 200 hörigen PROZENT. fehlen. Die AWO in Bayern unterhält 143 stationäre Wir wünschen Altenpflegeeinrichtungen, Wir haben uns wieder mehr 52 ambulante Pflege Leben für unsere Wartezeiten Senior*innen. dienste, 70 Tagespflegen für unsere und 42 Einrichtungen Wohngruppen. mit Seniorenwohnen. 65 Prozent der zu Hause lebenden Pflegebedürftigen Danke an alle Haupt und werden ohne ambulanten Pflegedienst, aus- Ehrenamtlichen für Ihren VIELEN unermüdlichen Einsatz! schließlich durch Angehörige, betreut. DANK! DIE AWO IN SCHWABEN ES GIBT EIN NEUES GEFÜHL Gleichstellung Gemeinsam, nicht einsam. FÜR ZUSAMMEN GEHÖRIGKEIT. Konferenz zeigt WIR über Fürsorge und Gewinn für alle auf. Pflege in einer älter Pflege Corona stellt vieles werdenden Gesellschaft. auf den Prüfstand.
WIR IN BAYERN WIR IN SCHWABEN Aus der AWO 3 Landeskonferenz abgesagt + Hilfe für Editorial 11 Obdachlose Große Gleichstellungskonferenz 12 Kamm-Stiftung prämiert gute Ideen + Neues im Gegen Rassismus 13 Vereinsrecht + Schwierige Zeiten für die Corona: Ein Prüfstein für die Pflege 16 Kleinsten Aus den Regionen 18 Unser Thema: Fürsorge und Pflege 6 Reisetipp 19 Gemeinsam. Nicht einsam. Interview zum Alles, was Recht ist 20 Thema Pflege + Wir stehen für gute Pflege: Fachleute berichten + Lehren für die Zukunft: Ein Heim kämpft gegen Corona Liebe Leserinnen und Leser, es sind besondere Zeiten. Noch nie in den vergangenen Jahrzehnten prägte ein Thema das öffentliche und private Leben so sehr, wie die Corona-Pandemie. Viele Fragen stehen seither im Raum, viele Fragen müssen noch gestellt werden zum ethisch-moralischen und rechtlichen Umgang mit der Krise aber auch zum Management durch die Gesundheitsbe- hörden und die Politik. Die Abwägung von Gütern, die Einschränkung der Grundrechte, die Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen: Das alles erfordert irgendwann eine seriöse, sachliche und offene Debatte. Momentan überwiegen die Emotionen und die ständig sich verändernden aktuellen Herausforderungen vor Ort, gerade beim Thema Pflege, dem Schwerpunkt unseres aktuellen Mitgliedermagazins. Eigentlich waren dazu Reportagen aus verschiedenen Einrichtungen der AWO geplant, doch das Thema Corona hat alles überla- gert. Verständlich, denn gerade die Pflegeheime in Bayern waren im Frühjahr von dem Virus besonders betroffen. Die Mitarbeiter*innen in den Einrichtungen der Bayerischen AWO geben alles, um das Leben der Bewohner*innen trotz der vielen Einschränkungen weiter- hin lebenswert zu gestalten. Viele gute Initiativen sind entstanden. Motiviert sind auch die Schülerinnen und Schüler an den Pflegefachschulen der Hans-Weinberger-Akademie, die in Zeiten der Krise in den Heimen den Beruf mit all seinen Facetten erleben. Die Corona-Pandemie schließlich führt auch dazu, dass die Bayerische AWO ihren Zeitplan umwerfen muss. Die Eröffnung der Jubiläumsausstellung Macherinnen.Helferinnen. Frauen und die AWO ist auf den Herbst 2020 verschoben, die für den September in Nürn- berg einberufene Landeskonferenz ins kommende Frühjahr. Die Mitarbeiter*innen des AWO Landesverbandes organisieren vom Home-Office aus, was geht, halten Kontakt zu Behörden und Einrichtungen. Auch in den Bezirks- und Kreisverbänden wurden innovative Lösungen gesucht und gefunden, um das laufende Geschäft gut aufrecht zu erhalten. Haupt- und Ehrenamt arbeiten in vielen Regionen noch stärker als bisher zusammen und kämpfen gegen die Krise. Ich bin stolz auf all das, was von der AWO in diesen Zeiten geleistet wird. Ihr Thomas Beyer
Landeskonferenz 2020 abgesagt Die für 11. und 12. September 2020 in die Meistersinger- halle Nürnberg einberufene 27. Landeskonferenz der Arbei- terwohlfahrt in Bayern ist abgesagt. Dies hat der Engere Landesvorstand Ende März einstimmig beschlossen. Der Grund für diese langfristig zu treffende Entscheidung liegt darin, dass aus Fürsorge gegenüber den Beteiligten und auch wegen behördlicher Veranstaltungsuntersagungen AUS DER AWO bereits im ersten Quartal 2020 eine Vielzahl von AWO- Konferenzen abgesagt werden musste. Betroffen sind auch die Bezirkskonferenzen in Bayern. Eine Durchführung der Landeskonferenz ist rechtssicher aber erst dann mög- lich, wenn die hierzu einzuladenden Delegierten der Bezirksverbände zu diesem Zweck satzungsgemäß neu gewählt wurden. Gute Ideen in der Krise: Kamm Stiftung lobt Preise aus Viele gute Ideen haben Mitglieder und Ehren- amtliche der Bayerischen AWO entwickelt, um in Zeiten von Corona das Leben ein bisschen besser zu machen. Ob selbstgenähter Mundschutz oder Initiativen gegen die Traurigkeit von Senior*innen in Pflegeheimen: Vieles wurde unbürokratisch und schnell auf den Weg gebracht. Die 2017 in Erinnerung an den langjährigen Landes- und Ehrenvorsitzenden der Bayerischen AWO gegrün- AWO gegen Corona dete Bertold Kamm Stiftung will dieses Engage- ment belohnen: Sie stiftet fünf mal 200 Euro für Mit Musik, Briefen, Bildern und Initiativen wie gute Ideen in der Corona-Krise. dem Nähen von Mundschutz oder einem Ein- kaufsservice für Senior*innen haben AWO Aktive Für die Teilnahme reicht die Einsendung des in ganz Bayern in den vergangenen Wochen die Projektes mit einer kurzen Beschreibung und Herzen der Menschen erreicht. Danke! ein paar Fotos bis 20. Juli 2020 an die Bertold Kamm Stiftung c/o AWO Landesverband Geschäftsstelle Nürnberg, Bartholomäusstraße 26d, 90489 Nürnberg, Mail nicole.rossnagel@awo-bayern.de. Obdachlose brauchen Auswahlgremium ist der Stiftungsvorstand und Unterstützung der AWO Landesvorsitzende als Vorsitzender des Stiftungsrates. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Der Landesvorsitzende der Arbeiter- Die prämierten Ideen werden in der Ausgabe wohlfahrt (AWO) in Bayern, Prof. Dr. 3-2020 der WIR kurz vorgestellt. Thomas Beyer, hat die durch den Freistaat neu geschaffene „Stiftung Obdachlosenhilfe Bayern“ aufgerufen, Menschen ohne festen Wohnsitz in der Corona Krise zu helfen. Viele stünden ganz allein da. Die meisten Unter- künfte und Tafeln seien geschlossen. Als Mit- glied des Kuratoriums der neuen Stiftung regte Beyer an, die für 2020 vorgesehenen Mittel kurzfristig für konkrete Hilfsmaßnahmen für die Betroffenen zur Verfügung zu stellen. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 3
DIE „WIR-REDAKTION“ AWO wirkt – Sie haben Anregungen, Lob oder Bayern hilft Kritik? Ihre Anmerkungen zum aktuellen Heft nehmen wir gerne auf. Es war ein Gespräch mit Folgen, das der AWO-Landes- Sie erreichen uns hier: vorsitzende Prof. Dr. Thomas Beyer Anfang März mit der „Augsburger Allgemeinen“ führte. Er verwies darin auf die AUS DER AWO Arbeiterwohlfahrt schwierige Situation vieler Senior*innen, die ganz alleine Landesverband Bayern e.V. leben und angesichts der Corona-Krise von Ausgangs- Edelsbergstraße 10, 80686 München beschränkungen besonders betroffen seien. In diesem Telefon 089 546754–0 Zusammenhang forderte er eine landesweite Koordinie- redaktion@awo-bayern.de rung der erforderlichen Unterstützungsmaßnahmen wie Einkaufs- und Besuchsdienste. Beyer sah hier unmittel- bar das Bayerische Sozialministerium gefragt.Selten war eine Initiative der Arbeiterwohlfahrt schneller am Ziel: Bereits am Tag darauf kam der Anruf aus dem Ministerium, man greife das auf, zwei Tage später gab es einen Runden Tisch bei Sozialministerin Carolina Trautner mit allen Bundestag bayerischen Wohlfahrtsverbänden und den Kommunalen ändert Vereinsrecht Spitzenverbänden. Geboren war die Aktion „Unser Soziales wegen Corona Bayern Wir helfen zusammen!“. Nach Anlaufschwierig- keiten legte das Ministerium eine Fördersumme von Was passiert, wenn die Vorstandsmitglieder eines 60.000 Euro für jeden Landkreis und jede kreisfreie Stadt AWO-Kreisverbandes laut Satzung alle vier Jahre neu zu auf, die eine Koordinierungsstelle einrichten. Mit gutem wählen sind, die Kreiskonferenz aber wegen des Corona- Erfolg. Der Anstoß für diese notwendige Verbesserung – Ausbruchs nicht wie geplant stattfinden kann? Bleiben auch er kam von der AWO. sie dann auch ohne Satzungsgrundlage im Amt bis die Konferenz nachgeholt werden kann? Dürfen Vorstands- Mehr Infos unter sitzungen eines Vereins in den Zeiten behördlicher Ver- www.stmas.bayern.de/ sammlungsverbote auch „online“, etwa per Videokon- unser-soziales-bayern/ ferenz stattfinden? Ist ausnahmsweise eine Beschluss- senioren/index.php und fassung im Umlaufverfahren zulässig, auch wenn die unter www.awo-bayern.de Satzung das an sich gar nicht vorsieht? Der Bundestag hat am 27. März 2020 ein Gesetz beschlossen, das diese und weitere Fragen löst, um Vereine auch in der Corona- Krise handlungsfähig zu halten. Das Gesetz lässt befristet bis Jahresende 2020 Abweichungen von den entsprechen- den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zu. Auf sie kommt Der AWO Bundesverband hat hierzu Materialien es an entwickelt, die schnell über die Ausnahme- regelungen informieren. Junge Menschen, die im sozialen, pflege- Quelle: Paragraph 5 Gesetz zur #WIR rischen und gesundheitlichen Bereich tätig Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, MACHEN sind, rückt die neue Social Media Aktion „Here we Care“ der Hans-Weinberger Akade- Insolvenz- und Strafver- fahrensrecht, Bundes- WEITER mie der AWO in den Blick. Auszubildende in gesetzblatt 2020 Teil I, der Pflege, der Physiotherapie und im Bereich S. 569 DANKE! AN ALLE HAUPT- UND Erziehung schildern, welchen Einfluss Corona auf ihren Alltag hat und welche kreativen Wege sie finden, mit der Krise umzugehen. EHRENAMTLICHEN FÜR IHREN EINSATZ IN DIESER Unter #herewecare SCHWIERIGEN ZEIT (HWA = Here we are = Here we Care) sind die Short-Stories nachzulesen. 4 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
455 KITAS HAT DIE AWO IN BAYERN AUS DER AWO Armut verfestigt sich im Leben Seit 1997 erstellt die AWO gemeinsam mit dem Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS) eine Langzeit- studie zur Kinderarmut. Nun sind die neuen Ergebnisse erschienen. Sie bestätigen, dass sich Armut bei Kinder und Jugendlichen auf alle Lebenslagen Kita per Video auswirkt. Das Risiko, arm zu bleiben ist bei Kindern und Jugendlichen, die aus einem armen Elternhaus stam- Die Kinder in den bayerischen Kitas werden seit März wegen der Corona-Pande- men, größer als das Risiko anderer mie nicht mehr flächendeckend betreut. Nur eine Notbetreuung wird aufrecht- junger Menschen, arm zu werden. erhalten. Schwere Zeiten für Familien, die Beruf und Betreuung im Spagat Armut ist kein Ergebnis individuellen stemmen müssen. „Wir hoffen sehr, dass sich die Situation so entwickelt, dass Versagens, sondern ein gesellschaft- wir die Kitas bald wieder für alle Kinder öffnen können“, sagt Stephanie Haan, lich strukturelles Problem. Referentin Kinder- und Jugendhilfe beim AWO Landesverband Bayern. Armut ist nicht der einzige Faktor, Ende April wurde die Regelung immerhin so gelockert, dass seither auch der die Lebenslage von Kindern und Alleinerziehende ihre Kinder wieder in die Kitas geben dürfen und Familien, Jugendlichen beeinträchtigt, aber in denen ein Elternteil in einem systemrelevanten Beruf tätig ist. „Die Öff- ein großer Risikofaktor, so die Studie. nung war richtig“ sagt Axel Geißendörfer, Leiter der Fachabteilung Kinder- Armutserfahrungen im Kindes- und tagesstätten beim AWO Bezirksverband Oberbayern. „Besonders für Allein- Jugendalter wirken sich auch auf das erziehende war das eine schwierige Situation“. junge Erwachsenenalter aus und haben negative Folgen auf Gesund- Der Bezirksverband hatte auf die Verfügung der Bayerischen Staatsregie- heit, Bildung und Selbstbewusstsein. rung sofort reagiert. Innerhalb weniger Tage wurde die Notbetreuung eingerichtet. 40 der 55 Einrichtungen blieben dafür geöffnet. Doch nur Um Armut von Kindern und Jugend- wenige der 4360 betreuten Kinder wurden in den ersten Wochen der lichen entgegen zu wirken, bedarf es Corona-Krise in die Kitas gebracht. „Die Eltern haben sehr verantwortungs- einer nachhaltigen Armutsprävention. voll reagiert und gut abgewogen“, so Geißendörfer. Arbeitsbedingungen von Eltern müssen so gestaltet sein, dass sie die Existenz In den Einrichtungen wurden die Teams geteilt. Während ein Teil in der der Familie sichern. Die Einführung Notbetreuung arbeitete, blieb der andere zuhause. Im Home-Office wurden einer einkommensabhängigen Kinder- Konzeptionen überarbeitet und Materialien erstellt. „Es war von Anfang grundsicherung würde das Armuts- an klar, wir müssen mit den Familien in Kontakt bleiben“, so Geißendörfer. risiko von Kindern senken. Dafür setzt So entstanden Materialien, die sich die Eltern als Idee und Anregung für die sich die AWO seit Jahren gemeinsam Beschäftigung des Nachwuchses zuhause herunterladen konnten. Krippen- mit anderen Verbänden ein. mitarbeiterinnen drehten Videos, lasen Bilderbücher vor und entsendeten virtuelle Grüße. Auch telefonisch blieb man in Verbindung. „All das und Kurzfassung der Ergebnisse zum die Medien sind wichtig und gut. Aber sie können den direkten Kontakt Download unter www.iss-ffm.de/ und den Besuch der Kita natürlich nicht ersetzen“, so Geißendörfer. „Ich publikationen wünsche mir, dass die medizinischen Studien bald Klarheit über das An- steckungsrisiko von Kindern bringen und wir dann hoffentlich unsere Kitas wieder aufmachen können“. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 5
Gemeinsam, 29 Prozent der Pflegebedürftigen werden in einem Heim und 71 Prozent Die nicht einsam. zu Hause betreut. Leb Über Fürsorge und Andreas Czerny: Es sind auch in Einrichtungen der gu Pflege in schwierigen Bayerischen AWO Seniorinnen und Senioren an Corona erkrankt und gestorben, gerade in den ersten Wochen, Zeiten. ???????? als sich das Virus noch weitgehend ungehindert in PFLEGE Bayern verbreitete. Das war und ist für alle Beteiligten eine schlimme Zeit. Frau Erd, Herr Czerny, die Pflege bei der bayrischen AWO hat Haben Sie nachgeforscht, wo die Ursachen lagen? eine lange Tradition. In den 1950er Jahren bereits begann Andreas Czerny: Natürlich, wir stehen permanent mit der Aufbau professioneller Strukturen. Von damals bis heute: allen Trägern und Gesundheitsbehörden in Kontakt, haben Was hat sich entscheidend verändert? unsere Hygienekonzepte überprüft. Wir wissen heute, Anne Erd: Die Pflegeversicherung und der neue Pflege- dass die Erkrankungsraten in den Heimen korrespondier- bedürftigkeitsbegriff. Das waren zwei Meilensteine. Mit ten mit den Erkrankungsraten in der jeweiligen Region. Einführung der Versicherung wurde erstmals politisch anerkannt, dass die Absicherung der Pflege eine gesamt- Waren Pflegeheime, die mit dem Wohngruppenkonzept gesellschaftliche Aufgabe ist. Der neue Pflegebedürftigkeits- arbeiten, besonders betroffen? begriff, der 2017 definiert wurde, berücksichtigt neben Anne Erd: Das können wir definitiv verneinen. Natürlich den körperlichen endlich auch kognitive und psychische ist es in so einer Situation eine große Herausforderung, Beeinträchtigungen. Gleichzeitig stellt er die Selbstständig- eine Einrichtung mit einem Wohngruppenkonzept, bei keit und die Fähigkeiten pflegebedürftiger Menschen ins dem das soziale Leben der Bewohner*innen im Mittel- Zentrum. Das war eine gute und richtige Entwicklung, mit punkt steht, zu managen. Aber es wurde schnell reagiert. der eine langjährige Forderung der AWO umgesetzt wurde. Die Kontakte der Bewohner*innen wurden auf ein Mini- Andreas Czerny: Die AWO hat die Pflege über all die mum reduziert. Deshalb das Konzept in Frage zu stellen, Jahrzehnte weiterentwickelt. Unsere Altenhilfekonzepte wäre völlig überzogen. Im Gegenteil: Wir wollen, soweit wurden immer wieder angepasst und greifen die Bedürf- das mit Corona möglich ist, auch in Zukunft in unseren nisse der Menschen auf. Gerade beim Thema Demenz Einrichtungen so viel Normalität leben wie möglich. oder im Bereich kultursensible Pflege wird heute ganz Andreas Czerny: Die Corona Pandemie darf nicht dazu anders gearbeitet als noch vor einigen Jahren. führen, dass unsere Seniorenheime Bewahranstalten werden. Dagegen werden wir uns verwehren. Wir brau- Die Notwendigkeit, ins Heim zu gehen, verschiebt sich immer chen jetzt gute Konzepte, wie wir die Einrichtungen weiter nach hinten. Das ist gut, hat aber auch zur Folge, dass langsam wieder etwas öffnen können, wie wir wieder das Leben in den Heimen heute ganz anders aussieht, als Besuche und Kontakt mit Angehörigen ermöglichen noch vor ein paar Jahren. können. Dazu ist begleitend erforderlich, unser Personal Anne Erd: Das ist richtig. Das Durchschnittsalter in den und unsere Bewohner*innen regelmäßig und flächen- stationären Einrichtungen ist deutlich höher als früher, deckend testen zu können. Es braucht dazu dringend es liegt bei über 80 Jahren. Die Menschen sind, wenn sie mehr Testkapazitäten. Die Test-Ergebnisse müssen viel in eine Einrichtung ziehen, meist multimorbid erkrankt, schneller vorliegen. Personal, Bewohner und Angehörige haben meist schon einen hohen Pflegegrad und waren brauchen Sicherheit. oft vorher schon in der ambulanten Pflege. Entsprechend kürzer leben sie meist auch in unseren Einrichtungen. Diese Zeit gut zu gestalten, ist sehr wichtig und heraus- fordernd. Einrichtungen sind heute mehr denn je Orte der letzten Lebensphase und damit auch des Sterbens. Andreas Czerny ist seit Die aktuelle Situation hat die Pflege in den Blick gerückt. Von Januar 2020 Geschäfts- dem Corona-Virus sind überdurchschnittlich viele hochbetagte führer des AWO Landes- Menschen betroffen. Auch Heime der bayerischen AWO mussten verbandes. sich in den vergangenen Wochen damit auseinandersetzen. 6 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
399.357 MENSCHEN IN BAYERN SIND e letzte Der Fachkräftemangel PFLEGEBEDÜRFTIG. ist in den nächsten Jahren eine große bensphase Herausforderung. ut gestalten. DIE KRISE MUSS DIE PFLEGE GANZ NEU IN DEN BLICK VON GESELLSCHAFT UND Wir POLITIK RÜCKEN. wünschen uns ???????? PFLEGE Normalität. Immerhin gibt es jetzt staatlicherseits einen Bonus für die Pflegekräfte. Was sagen Sie dazu? Selbstbestimmt Leben Andreas Czerny: Das ist toll, aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Er kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Pflege entstand ursprünglich aus der Notwendig- die Pflege in den vergangenen Jahren eben nicht im Zen- keit, kranke und schwächere Mitglieder der eige- trum der politischen Aufmerksamkeit stand. Das hat sich nen Familie oder Gemeinschaft zu versorgen. auch in der Corona Krise gezeigt. Viele Seniorenheime wur- Erst Mitte des 20. Jahrhunderts entstanden die den erst nach den Kliniken mit Schutzausrüstungen und ersten Pflegeberufe. Der zunehmende Bedarf an Tests versorgt. Dadurch sind auch Mitarbeiter*innen er- geschulten Pflegekräften führte 1969 zur Schaf- krankt, was für sie persönlich, aber auch für die Versorgung fung des Berufsbildes Altenpfleger. unserer Bewohner*innen in manchen Einrichtungen sehr schwierig war. Die Mitarbeiter*innen geben dort geben Die AWO in Bayern engagiert sich seit Mitte der seit Monaten 200 Prozent. Und das unter ständiger Volllast. 1950er Jahre professionell in der Pflege. Anfang der 1960er Jahre entstanden die ersten Altenheime. Was muss jetzt passieren? Das erste war 1962 das Käthe Reichert Heim in Anne Erd: Es braucht mehr denn je eine gesamtgesell- Nürnberg. Weitere Einrichtungen folgten. Daneben schaftliche Debatte über die Pflege und auch eine höhere gibt es seit den 1960er Jahren offene Formen der Wertschätzung. Auch ohne Corona stellen der demografi- Altenhilfe wie Altenklubs, Nachbarschaftshilfe oder sche Wandel, die steigende Zahl pflegebedürftiger Men- auch Essen auf Rädern. Sie unterstützen Menschen schen und der gravierende Fachkräftemangel in der Pflege dabei, ihren Lebensabend zuhause zu verbringen. unser System vor erhebliche Herausforderungen. Die AWO fordert seit langem eine Reform der Pflegeversiche- Heute ist ein selbstbestimmtes Leben bis ins hohe rung mit einer Begrenzung des Eigenanteils in der statio- Alter der gesellschaftliche Anspruch - und eine Her- nären Pflege und eine Abgeltung der Behandlungspflege ausforderung. Denn der Anteil älterer Bürger*innen durch die Krankenkassen. Wir hoffen, dass die neue ge- steigt. 2030 wird jeder vierte, 2050 bereits jede neralistische Ausbildung, die ja nun zum Herbst starten dritte Mensch in Bayern über 65 Jahre alt sein. wird, dem Pflegeberuf mehr Anerkennung und Gleich- Zudem wächst die Zahl der Hochbetagten und der wertigkeit verschafft. Demenzpatienten. 2030 werden in Bayern mehr als 500.000 Menschen pflegebedürftig sein. Im Projekt „Leben im Alter – passgenaue Wohn- formen und individuelle Unterstützung“ hat die bayerische AWO zukunftsfähige Ideen für die Pflege Anne Erd arbeitet seit identifiziert. So setzt sie sich dafür ein, dass Pflege 18 Jahren beim AWO Landes- ganzheitlich gesehen wird und auch psychische verband Bayern als Referentin Altersveränderungen Berücksichtigung finden. für Entgelt in der Pflege. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 7
Wir stehen Ich arbeite gern mit alten Menschen. Ich bin im ersten Jahr meiner Ausbildung zur Pfle- für gute Pflege gefachkraft. Die Ausbildung macht mir Freude. In dem AWO-Heim in Aschaffenburg, in dem ich meine praktische Zeit absolviere, lerne ich viel. Gerade jetzt, Die AWO in Bayern unterhält 143 stationäre Altenpflege- wo sich durch die Corona-Pandemie so vieles ver- einrichtungen, 52 ambulante Pflegedienste, 70 Tagespflegen ändert. Es kann schon in normalen Zeiten sehr an- und 42 Einrichtungen mit Seniorenwohnen. In ihnen spruchsvoll sein, mit dementen Menschen zu arbei- und für sie arbeiten Menschen, denen gute Pflege aus ten. Jetzt spürt man jeden Tag, dass sie unter der verschiedenen Perspektiven ein Herzensanliegen ist. Situation leiden. Die Stimmung ist oft gedrückt. Es ???????? WIR stellt drei von ihnen vor. ist nicht leicht, mit ihnen über die Situation zu kom- PFLEGE munizieren, weil sie vieles von dem, was sein muss, wie die Schutzmaßnahmen, nicht verstehen. Man merkt, dass die Angehörigen, dass der Besuch fehlt. Ich wünsche mir mehr Anerken- nung für die Pflege. Die Arbeit ist zurzeit stressiger, vor allem für die Kolleg*innen. Viele haben Kinder und eine echte Das Corona-Virus hat uns im März kalt erwischt, wir Doppelbelastung, obwohl wir in unserem Heim per- hatten es plötzlich mit zwei Verdachtsfällen zu tun sonell gut besetzt sind. Wir reden viel, das hilft. Als und es hat Tage gedauert, bis wir durch die Tests Azubi versuche ich in der Praxis so viel beizutragen, endlich Gewissheit hatten. Seit 2005 leite ich das wie möglich. Andererseits muss ich auch noch viel AWO Seniorenzentrum Antonius in Kümmersbruck lernen. Mit meinen Schulkollegen bin ich über die und den ambulanten Pflegedienst, so eine aufwüh- Sozialen Medien in Kontakt, das hilft. lende Zeit hatten wir noch nie. Doch es ist uns ge- glückt, das Virus in den Griff zu bekommen, durch Ich habe es noch keinen Tag bereut, mich für den gute Zusammenarbeit mit den Behörden, durch Pflegeberuf entschieden zu haben. Die Interaktion Disziplin und ein angepasstes Hygienekonzept. mit den alten Menschen macht mir Freude. Natür- lich weiß ich, dass in der Pflege zu arbeiten, be- Als das Gesundheitsamt Mitarbeiter*innen in deutet, früher oder später mit dem Tod konfron- Quarantäne schicken musste, habe ich selbst einige tiert zu sein. Aber das macht mir keine Angst, ich Tage auf der Station mitgearbeitet, um im Extrem- habe mich damit auseinandergesetzt. Das Sterben fall einspringen zu können. Die meisten Sorgen um gehört nun einmal zum Leben. unsere Bewohner*innen machten wir uns um Ostern herum, denn das gab es noch nie, dass wir an den Feiertagen die Türen geschlossen hatten. Niemand spazierte durch unseren schönen Garten. Gott sei WIR KOMMUNIZIEREN Dank konnten die Angehörigen über die Balkone mit MIT DEN ANGEHÖRIGEN unseren Bewohnern sprechen. Zudem kauften wir ÜBER FACEBOOK. DIE DEMENTEN für jeden Pflegebereich ein Handy, um den Bewoh- DAS KOMMT GUT AN. BEWOHNER ner*innen Videotelefonie zu ermöglichen. Erik Bachmann, 18 Jahre, Andrea Motzel, Leitung LEIDEN 1. Aus- aus Aschaffenbug, Auch auf Facebook sind wir aktiv und berichten AWO Seniorenzentrum AM MEISTEN. bildungsjahr an der Kümmersbruck aus unserem Alltag. Ich hätte nie gedacht, dass Hans-Weinberger-Akade- Erik Bachmann, das einmal so wichtig werden würde. Am meisten mie für Pflege Auszubildender an gerührt haben mich in den vergangenen Wochen der Hans-Weinberger- die Zuschriften von Kindern aus Schulen und Kitas Akademie für Pflege in der Umgebung, die an unsere Senior*innen gedacht haben. Es ist eine positive Seite der Krise, dass der Berufsstand mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit bekommt. Hoffentlich bleibt das auch nach der Krise so. 8 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
Das unterstützt Pflegebedürftige Der Berufsethos ist sehr hoch. und ihre Wir bilden seit Jahrzehnten junge Menschen in Angehörigen der Pflege aus. Dieses Jahr ist ein besonderes. Bis Mitte April wussten wir nicht, ob und wie wir die Pflegende Angehörige können sich Abschlussjahrgänge an unseren fünf Pflegefach- über die Fachstellen für Pflegende schulen in Bayern prüfen können, dabei ist das Angehörige und über die Pflegestütz- so wichtig, denn die jungen Menschen brauchen punkte in Bayern Beratung holen. PFLEGE nicht nur ihren Abschluss, sie werden auch dringend Diese sind auf der Seite des Bayerischen in den Einrichtungen und Heimen gebraucht. Gesundheitsministeriums unter www.stmgp.bayern.de/service/ansprech- In der Ausbildung an unseren Schulen und in den partner-und-fachstellen aufgelistet. Partnereinrichtungen lernen die angehenden Pflege- fachkräfte und Pflegefachhelfer*innen schon in Psychologische Online-Beratung den ersten Wochen, wie wichtig Hygiene ist. Krank- gibt die Internet-Plattform www.pflegen- heiten gehören in der Pflege schon immer dazu, und-leben.de/online-beratung-pflegen- auch Quarantäne, darin üben sich die Auszubilden- und-lebende den ohnehin, doch das Corona-Virus hat hier noch einmal neue Dimensionen gebracht. Viele Menschen machen sich derzeit Gedanken, ob Sie eine Patientenverfü- Viele der Azubis wurden in den vergangenen Wochen gung machen sollen, oder nicht. Infor- in den Heimen gebraucht und sind damit in eine mationen und Entscheidungshilfen bietet sehr stressige Zeit gekommen. Neben dem Lernen das Bundesgesundheitsministerium unter zu Hause gab es Praxis wie nie. Wir haben Ihnen www.bundesgesundheitsministerium.de/ Unterrichtsmaterial gesendet, sie in der Bearbeitung patientenverfuegung.html Hier gibt es begleitet und sie regelmäßig gefragt, wie es ihnen Infobroschüren zum Herunterladen, geht. Die Schulleitungen und Lehrkräfte haben hier außerdem Formulare zum Thema Vorsor- viel getan. gevollmacht sowie Textbausteine für eine Patientenverfügung. Wir spüren ein großes Berufsethos schon bei den Azubis, sie wollen helfen, sie Die Arbeiterwohlfahrt bietet seit 2011 wollen leisten. Wir müssen schauen, dass DIE PFLEGE- eine bundesweite und kostenlose Online- wir sie damit nicht zu schnell allein lassen. Pflege und Seniorenberatung an. SCHÜLER SIND Ungerecht wäre, wenn der Pflegebonus Das Beratungsportal www.awo-pflege- nur an examinierte Pflegekräfte gezahlt HOCH MOTIVIERT. beratung.de informiert und berät pfle- würde, nicht an die Auszubildenden. Mona Frommelt, gende Angehörige, Pflegebedürftige, Das wäre nicht motivierend. Direktorin der Hans- Seniori*nnen rund um das Thema Pflege Weinberger Akademie und Alter, Leistungsansprüche aus der der AWO Im Herbst starten wir mit der gener- Pflegeversicherung, Krankenversicherung, alistischen Pflegeausbildung, dann Sozialhilfe, Demenz oder Vorsorge. wird sich noch mehr ändern. Ich hoffe, dass dann die Alten- Für akute Krisen gibt es in allen pflege endlich auch das gleiche bayerischen Regionen Krisendienste und gute Image bekommt wie die Telefonseelsorge-Stellen, die rund um Krankenpflege in den Kliniken. die Uhr telefonisch erreichbar sind. Die Corona-Krise zeigt, was tagtäglich in Heimen geleistet wird. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 9
Zurück ins IN UNSEREN WOHNGRUPPEN LEBEN WIR Alltagsleben GEMEINSCHAFT UND NORMALITÄT. „Wir wünschen eine gute Zeit“, steht handschriftlich auf einer schwarzen Tafel im Foyer der AWO-Senioren- betreuung in Langenzenn. Das Haus im Zentrum der mittelfränkischen Kleinstadt grüßt seine Besucher freund- ???????? lich. Große Glastüren und Fenster gliedern das moderne PFLEGE Gebäude, der vordere Eingang liegt zur Hauptstraße, gleich gegenüber ein Einkaufszentrum. Hier kaufen die Bewohner*innen gerne ein. Nur wenige Meter zu Fuß sind es über die Straße, ein Spaziergang für die Rüstigen und eine kleine Freiheit. Seit März ist alles anders. Die Türen der Einrichtung sind verschlossen, die Tafel im Foyer auf die Seite geschoben, damit das Personal im Laufschritt besser durchkommt. Der gemütliche Gemeinschaftsbereich im Erdgeschoss, sonst Mittelpunkt des Lebens, wo sich Bewohner, Ange- hörige, Besucher und Pflegekräfte zum Kaffeetrinken und Reden treffen, verwaist. Sieglinde Kerschbaum schiebt Leiterin Sieglinde Kerschbaum im Foyer einen Stuhl zur Seite und setzt sich. „Wir machen weiter, der AWO Seniorenbetreuung in Langenzenn. natürlich, aber es ist eine sehr schwere Zeit“, sagt die Das Heim litt besonders unter Corona. Leiterin der Einrichtung. Nicht mehr genügend Kraft Viele Gespräche wurden in den letzten Wochen mit Ange- 21 Menschen sind seit Beginn der Corona-Krise im hörigen und mit Mitarbeitern geführt, Auch das Wohn- in der AWO-Seniorenbetreuung in Langenzenn gestorben. konzept war immer wieder Thema. Seit Beginn an arbeitet Das Pflegeheim gehört damit zu den am meisten vom die Langenzenner Einrichtung mit Wohngruppen. Jedes Virus und seinen Folgen betroffenen in Bayern. Medien Stockwerk verfügt über einen gemeinsamen Wohnbereich berichteten, Heimleitung und Geschäftsführung des und eine gemeinsame Küche. Dort wird gekocht, werden Kreisverbandes gaben Interviews. Es gab wenige Vor- Beschäftigungsangebote gemacht, wird der Alltag gelebt. würfe, auch die Gesundheitsbehörden, die das Haus im Sieglinde Kerschbaum ist von der Idee überzeugt. „Das April auf den Kopf stellten, hatten kaum etwas zu be- ist das, was das Leben im Heim doch lebenswert macht. anstanden. Das Corona-Virus, es hat im Frühjahr eine Und damit haben wir uns hier in der Gegend auch einen Schneise geschlagen ins Leben vieler Heime, Schuldige guten Ruf gemacht.“ zu suchen, ist müßig. Wie das Virus nach Langenzenn kam, ist nicht geklärt. Und jetzt? Soll man wegen Corona all das aufgeben? In den vergangenen Wochen mussten die Bewohner in den 113 schwerstpflegebedürftige und hochbetagte Menschen Zimmern bleiben, Besuche waren verboten, statt gemein- leben im AWO Heim, einige von ihnen hatten dem Virus samem Mahlzeiten gab es das Tablett ans Bett. „Wir nicht mehr genügend Kraft entgegenzusetzen. Der Tod merken, wie den Menschen die sozialen Kontakte täglich gehört zum Alltag von Pflegeeinrichtungen. „In normalen mehr fehlen“, sagt Fabian Ziegler, stellvertretender Pflege- Jahren leben wir mit zwei bis drei Sterbefällen im Monat“, dienstleiter. „Viele bauen jetzt ab, weil das Leben fehlt“. sagt Sieglinde Kerschbaum. Jetzt waren es 21 in wenigen Wochen. „Man kann gar nicht beschreiben, was das für Um dem entgegenzuwirken und den Kontakt zu Angehö- ein Gefühl ist“. Auch viele Mitarbeiter*innen erkrankten, rigen wieder zu ermöglichen, hat die Einrichtungen ein zeitweilig musste zwei Drittel der Belegschaft in Quaran- Tablet angeschafft, wo nun regelmäßig Videochats durch- täne, nur durch Leiharbeiter*innen konnte der Betrieb geführt werden. Die Wohngruppen werden beibehalten, aufrechterhalten werden. der Alltag an die Coronasituation angepasst. Das familiäre Klima, es soll bleiben, im AWO Heim in Langenzenn. 10 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
WIR DIE AWO AUS DEM BEZIRKSVERBAND IN SCHWABEN Liebe Leserinnen und Leser, ich hoffe sehr, dass Sie diese Zeilen bei guter Gesundheit und Wohlergehen errei- chen. Dies trotz der belastenden Restrikti- onen, die diesem unheilvollen Coronavirus geschuldet sind. Ich denke da etwa an die Besuchsverbote oder an einschneidende Doppelt vergoldete Leistungen Hygienemaßnahmen. Aber hier bestimmt Mit der Goldenen Verdienstspange, der höchsten der Rat der Fachleute unser Tun. Ich bringe Auszeichnung der schwäbischen AWO, ehrte der Präsidi- umsvorsitzende Dr. Heinz Münzenrieder den Donau- es gleich auf den Punkt: Bei der schwäbi- wörther Oberbürgermeister Armin Neudert und den schen Arbeiterwohlfahrt sind in den Vorsitzenden des AWO-Kreisverbands Donau-Ries, 25 Seniorenheimen 1300 Pflegerinnen Heiner Kopriwa (im Bild von links). und Pfleger engagiert. Ohne diese großar- Neudert hat die AWO seit 2003 unterstützt - zunächst tigen Menschen würde uns schon in nor- bei der Suche nach Räumen für den einzigen Kinderhort malen Zeiten der Laden um die Ohren flie- in der Stadt, bei der Errichtung der 1. Krippe und gen! Dies gilt für alle in der Pflege Tätigen: schließlich beim Bau des Donauwörther Kinderhauses, das 2008 in Betrieb ging. Und er ist entschieden in der bei den Wohlfahrtsverbänden, den Kom- Region für die Schaffung von Krippen eingetreten. munen oder auch bei privaten Häusern Kopriwa lenkt seit 1998 ehrenamtlich die Kreis-AWO: und Diensten. Zum Glück erfahren diese Er reorganisierte den Verband, ferner initiierte und gerade in „Coronazeiten“ viel Lob und organisierte er die Einrichtung des Horts und der Krippe Anerkennung. Für ihr „lebenswichtiges“ der AWO, die von 2003 bis 2008 zunächst provisorisch Wirken für kranke und ältere Menschen. untergebracht waren. Eine besondere Herausforderung Bedenken wir dabei aber immer: Auch die waren die Errichtung und die Inbetriebnahme des Lohntüte ist ein Indikator für die gesell- AWO-Kinderhauses mit vier Krippen- und zwei Hort- gruppen ab 2008, deren Trägeraufgaben er verantwort- schaftliche Anerkennung eines Menschen lich und geschäftsführend ehrenamtlich abwickelt. bzw. eines Berufsstandes. Hinzu kam im Jahr 2013 ein Inklusionsprojekt mit der Lebenshilfe mit je einer integrativen Krippen- und Bleiben Sie gesund und der AWO wohlge- Kindergartengruppe der AWO. In Donauwörth ist die sonnen AWO-Kita seit der Erweiterung um eine 3. Hortgruppe die größte mit 180 Plätzen. Kopriwa ist ferner im schwäbischen AWO-Präsidium und beim AWO-Landes- Herzlich Ihr verband im Fachausschuss Jugendhilfe aktiv. In seinem Landkreis koordiniert er die Arge der Freien Dr. Heinz Münzenrieder Wohlfahrtspflege und ist Mitglied des Jugendhilfeaus- Stadtdirektor a. D. schusses des Kreistags. Vorsitzender des Präsidiums „In Anerkennung der besonderen Leistungen sind uns der AWO Schwaben diese Auszeichnungen Anlass zu großer Freude. Die Geehrten zählen zu den herausragenden Persönlichkei- ten der AWO in Schwaben. Für ihre Aufbauleistung gilt ihnen großer Dank“, so Münzenrieder. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 11
AUS DEM BEZIRKSVERBAND ???????? Rund 150 Personen nahmen an der Gleichstellungskonferenz der AWO Schwaben in Augsburg teil. Neben interessanten Beiträgen auf dem Podium gab es auch Gelegenheit zum Austausch. Gleichstellung: Alle gewinnen! AWO Schwaben macht Mut mit einer großen Konferenz in Augsburg. Böse Emanzen und schlechte Männer, hysterische Männer oft ausgelacht werden, wenn sie Gefühle zeigen Weiber und rücksichtslose Machos: In der Diskussion um und Dinge tun, die man üblicherweise mit Frauen in Gleichstellung geht es auch ohne solche Klischees, wie Verbindung bringt. Der Gewinn von Gleichstellung eine vierstündige Konferenz der Arbeiterwohlfahrt bestehe hauptsächlich im Zugang zu den eigenen Schwaben (Moderation: Anna Pfeiffer, Präsidiumsmit- Kindern und in einer normalen Vaterschaft. Wie das glied der Bundes-AWO) in Augsburg mit rund 150 Teil- Ehepaar Mercedes und Stefan Mende – beide arbeiten nehmenden zeigte. „Heute ist Zeit für Gespräche über Vollzeit und teilen sich gleichberechtigt die Kindererzie- die tollen Chancen, über die neuen Möglichkeiten, hung – hinzufügten, sei dann auch Schluss mit schiefen über die schöne Seite einer Gleichberechtigung, die Blicken, wenn berufstätige Frauen keinen selbstgeback- eine Bereicherung ist und uns alle zu Gewinnern enen, sondern gekauften Kuchen in die Kita brächten macht“, betonte Brigitte Protschka, die bei der AWO oder Männer früher die Arbeitsstelle verließen, um die Schwaben Gleichstellungsbeauftragte und stellvertre- Kinder von der Kita abzuholen. tende Präsidiumsvorsitzende ist. Dort redet man nicht Europaabgeordete Maria Noichl argumentierte mit nur, sondern tut auch etwas. „Väter in Elternzeit – auch dem in den Kopenhagener Kriterien festgelegten Ver- in Leitungsfunktionen – sind bei uns genauso zu finden sprechen der europäischen Länder, für Demokratie und wie Führungsfrauen, die Teilzeit arbeiten. Als Gleich- Rechtsstaatlichkeit zu arbeiten, die Menschenrechte stellungsbeauftragte kümmere ich mich sowohl im einzuhalten und weiterzuentwickeln sowie Minderheit- Haupt- als auch im Ehrenamt um die paritätische Be- en zu achten und zu schützen. Die Lohnlücke sei setzung von Führungspositionen, um flexible Arbeits- „zum Schämen“. In Großbritannien betrage sie 41 % zeitmodelle, geschlechtergerechte Sprache und vieles zwischen Frauen mit Kindern auf der einen und mehr“, so Protschka, die in der Vereinbarkeit von Fami- Männern auf der anderen Seite. Die größte Gruppe der lie und Beruf den Hauptanker für Gleichstellung sieht. Menschenrechtsverletzungen in Europa bildeten Frauen. Auch die Stadt Augsburg fördert Gleichstellung, wie Bür- Frauen machten 52 % der Bevölkerung aus, stünden germeister Dr. Stefan Kiefer sagte. Welch ein Hindernis aber hintenan, wenn’s um die politische Macht gehe, das althergebrachte Rollenverständnis ist, verdeutlichte führte Noichl unter anderem aus. Beim Thema Gleich- Psychologe und Buchautor Björn Süfke, indem er den stellung gehe es jedoch nicht ausschließlich ums Be- Männern aus der Seele sprach. Das Gesetz der „Traditio- seitigen von Defiziten. Ein Denken in Vielfalt sei gefragt. nellen Männlichkeit“, so nannte er es, führe dazu, dass So könne man den Gewinn für alle sichern. 12 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
Das Grauen zog durch die Stauden Klimmach: Vor 75 Jahren befreiten die Amerikaner 1500 dorthin deportierte Häftlinge des KZ-Außenlagers Augsburg-Pfersee. GEGEN RASSISMUS Von Heinz Münzenrieder Der Wahnsinn hatte Methode: Kurz vor dem Eintreffen Zeitzeuge: „Die Menschen konnten meist nicht mehr der Amerikaner im Raum Augsburg wird das Außenlager richtig gehen und schleppten sich dahin. Zum Teil des KZ Dachau in Augsburg-Pfersee geräumt. Dies ging stützten sie sich gegenseitig. Es wurden wohl auch auf ???????? auf einen Befehl Himmlers zurück, die KZ-Häftlinge im völlig Erschöpfte Schüsse abgegeben.“ gesamten Reich nicht in die Hände der Alliierten fallen Ein kleines Zeichen von Menschlichkeit: Klimmacher zu lassen. Etwa 2000 meist männliche Inhaftierte – Bauern schlachteten sofort mehrere Kühe, um die überwiegend politische Gefangene aus der damaligen größte Not – den Hunger der Erschöpften – etwas zu Sowjetunion und aus Polen – waren in Pfersee inter- lindern. Am 27. April 1945 – jetzt genau vor 75 Jahren niert und mussten Zwangsarbeit leisten. Vielfach in den - befreiten dann die zwischenzeitlich angerückten Messerschmitt-Flugzeugwerken in Haunstetten. Auch Amerikaner die in Scheunen und im Pfarrhof vegetie- wurden die Häftlinge bei der Reichsbahn, den Flug- renden Menschen. Doch für viele drehte sich das Rad zeugfertigungsstätten im Horgauer Forst und in Augs- des Schicksals nicht gerade rund weiter: Entwurzelt und burg zur Beseitigung von Bombenschäden oder zur entfremdet von der früheren Heimat oder von ihren Entschärfung von Blindgängern eingesetzt. Die Evakuie- Familien wurden vor allem osteuropäische ehemalige rung erfolgte um den 23. April 1945 in der Weise, dass KZ-Häftlinge seitens der Amerikaner als „Displaced die transportunfähigen Zwangsarbeiter in Reichs- Persons (DP)“ erfasst und betreut. Oft mussten sie noch bahn-Viehwaggons zum Stammlager Dachau transpor- jahrelang in Lagern ihr Leben in Ungewissheit oder tiert wurden. Vereinsamung fristen. Etwa 1500 Lagerinsassen wurden gezwungen, einen Fußmarsch in Richtung Süden anzutreten. Der Augsbur- ger Historiker Wolfgang Kucera hat diesen Elendszug der von Hunger und Krankheit sowie von Wachmännern gequälten Menschen dokumentiert. Dies bei einer lückenhaften Quellenlage. Auch der Streckenverlauf ist nicht mehr eindeutig zu belegen. Einiges spricht dafür, dass die Häftlinge zunächst entlang des Wertachrains über Bergheim nach Straßberg marschierten. Von dort ging es in die Stauden. Über Waldberg und Hardt – wo die Häftlinge im Lotzbeck´schen Gut – sozusagen als Besonderheit – gekochte Kartoffel bekamen, wurde dann am 25. oder 26. April Klimmach – heute ein Orts- teil von Schwabmünchen – erreicht. Übernachtet wurde im Freien oder in abgelegenen Scheunen. Es war ein Leidensweg unter unmenschli- chen Bedingungen. Insbesondere mit Blick auf die hygienischen Verhältnisse und auch auf die Versorgung mit Lebensmitteln. Nicht wenige der völlig Erschöpften wurden einfach zurückgelassen. Wolfgang Kucera weist auf eine Besonderheit hin: „Vor allem reichsdeutsche Lagerinsassen wurden bewaffnet und mussten ihre vor- maligen Leidensgenossen auf dem Marsch bewachen. Ein Zeichen hierfür, dass die Lager-SS schon personell ausgeblutet war.“ Es kam deshalb auch zu erfolgreichen Fluchtversuchen. Wolfgang Kucera: „Die SS-Führer schli- chen sich davon. Nur die unteren Dienstgrade waren Vor der Pfarrkirche in Klimmach endete vor 75 Jahren noch aktiv.“ An die Ankunft des Häftlingszuges im Klim- der Elendszug der Häftlinge des KZ-Außenlagers mach erinnert sich ein von Wolfgang Kucera erwähnter Augsburg-Pfersee. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 13
75. Todestag von Clemens Högg Augsburg. Vor 75 Jahren wurde der Initiator der Augsburger und Schwäbischen AWO sowie sozialdemokratische Landtagsabgeordnete Clemens Högg im KZ Bergen-Belsen ermordet. Aus diesem Grund fand an seinem Todestag – am 11. März 2020 – eine Gedenkveranstaltung am Ehrenmal für die Augsburger KZ-Opfer auf dem Westfriedhof statt. Redner waren die SPD-Bundestags- GEGEN RASSISMUS abgeordnete Ulrike Bahr, der Augsburger Bürgermeister Dr. Stefan Kiefer, Anna Rasehorn, stellv. Bundesvorsitzende der Jungsozialisten, und der Präsidiumsvor- sitzende der AWO Schwaben, Dr. Heinz Münzenrieder. Diese sprachen sich für ???????? das Zusammenwirken aller demokrati- scher Kräfte und Institutionen gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulis- mus aus. Die Veranstaltung wurde durch einen Auftritt von Mitgliedern des Staats- theaterchors Augsburg begleitet. Clemens Högg bleibt auch 75 Jahre nach seinem Tod unvergessen. An den schwä- bischen AWO-Gründer gedachten unter anderen, im Bild von links: Dr. Heinz Münzenrieder (AWO-Schwaben-Präsidi- umsvorsitzender), die Högg-Enkelin Gabriele Rauch, Dieter Egger (AWO-Schwaben-Vorstandsvorsitzender), Friederike Draesner (Vors. AWO Neu-Ulm), die Präsidiumsmitglieder Horst Winter und Willi Leichtle, Augsburgs Bürgermeister Dr. Stefan Kiefer, die Präsidiumsmitglieder Petra Fischer und Peter Feile, Anna Rasehorn (stellv. Juso-Bundesvorsit- zende) sowie MdB Ulrike Bahr. Willi-Ohlendorf-Preis verliehen Bobingen. Den Willi-Ohlendorf-Preis der Stadt Bobingen hat der Dokumentar-Filmer Josef Pröll aus Gersthofen erhalten. Sein jüngstes Werk widmet sich der Geschichte verfolgter jüdischer Familien in Augsburg und Umgebung. Pröll, so heißt es in der Begründung, kämpfe gegen das Vergessen und einen wieder stärker werdenden Judenhass. Die Laudatio hielt Charlotte Knobloch, die Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Edmund Mannes, SPD-Stadtrat und im Vorstand der örtlichen AWO, kennt die Hintergründe des Preises. Willi Ohlen- dorf war Mitglied im „Internationalen Sozialistischen Kampfbund“ und arbeitete als Ingenieur im damaligen Werk der IG Farben, dem späteren Chemiewerk von Hoechst. „Er ist ein leuchtendes Beispiel“, sagt Mannes und erinnert daran, dass Ohlendorfs drei Kinder dabei waren, als ihr Vater verhaftet wurde, weil er offen und ehrlich gegen die Nazi-Herrschaft argumentiert hatte. Die Folge: Er kam erst ins Zuchthaus, später nach Dachau ins Konzentrationslager. In einem Außenlager von Buchenwald starb er schließlich. „Die Preisverlei- hung und die Erinnerung an die Nazi-Zeit gefallen vielleicht nicht jedem. Einige wollen keinen erhobe- nen Zeigefinger vorgehalten bekommen. Dennoch muss man auch im Jahr 2020 daran erinnern, zu was Menschen imstande sind, anderen anzutun“, betont Mannes. Auch das Bobinger AWO-Haupt- und Ehrenamt war vertreten und freute sich, Charlotte Knobloch, die Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern (3. von links) zu treffen. Von links: Pflegedienstleiter Julian Mann, die frühere Stadträtin und AWO-Vorsitzende Herta Füchsle sowie Seniorenheimleiter Markus Schimpel. 14 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
Vereint gegen Rassismus Königsbrunn. „Rassismus muss bekämpft, verhindert und verurteilt werden!“ Kurz vor den Wahlen Mit- te März überreichten Petra Fischer GEGEN RASSISMUS und Otto Müller vom AWO-Ortsver- ein Königsbrunn große AWO-Plaka- te an Mitglieder des Stadtrats und an 1. Bürgermeister Franz Feigl. Daraus ergab sich dann dieses schöne parteiübergreifende Grup- penfoto (Bildmitte), von links: Ursula Jung, Maximilian Wellner, Wolfgang Leis, Florian Kubsch, Otto Müller, Franz Feigl, Petra Fischer und Peter Sommer. Bei der Fotoaktion gegen Rassismus mach- ten zudem mit, im Uhrzeigersinn von links oben: Robin und Markus Fischer, Regina Gerstmayer (Zeit- börse), Sunelya Roider (Permakul- turgärten), der AWO-Kindergarten Königsbrunn, Pfarrer Bernd Leu- mann sowie Jürgen Müller (Zeitbör- se und Carsharing). Gesicht zeigen – Stimme erheben Füssen. Gegen Rassismus pro- testieren regelmäßig auch die Füssener AWO-Hortkinder. Trotz der Corona-Krise und noch vor der damit verbundenen Hort-Schließung gelangen ih- nen heuer zwei Aktionen. Zum einen schufen sie einen künst- lerischen Händekreis als Symbol dafür, dass sie „Hand in Hand“ gegen Rassismus einstehen (sie- he Foto). Zum anderen brachte das Team ein von bunten Kin- derfiguren umrahmtes AWO-ge- gen-Rassismus-Plakat an der Außenfassade des Gebäudes an, um für noch mehr und länger anhaltende öffentliche Beach- tung zu sorgen. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 15
???????? PFLEGE Corona fordert Pflegekräften alles ab. Dafür gibt’s tägliches Gratis-Essen. Bayerns Ministerpräsi- dent Markus Söder hat’s spendiert, die AWO Service GmbH tischt es lecker angerichtet auf. Corona: Ein Prüfstein für die Pflege Wenn es um Pflege in einer älter werdenden Gesell- um nicht selber krank zu werden. Hinzukommen die schaft geht, gibt es viele Theorien, aber letztlich nur sorgenvollen Angehörigen, denen das Besuchsverbot eine Realität: Pflege ist keine Nebensache, Seniorinnen schwer zu schaffen macht. Verwaltungskräfte vermitteln und Senioren brauchen besonderen Schutz und best- und nehmen an den Hauseingängen Gegenstände für mögliche Unterstützung. Die Corona-Pandemie macht die Heimbewohner entgegen. Umgekehrt – so macht es dies auf schmerzliche Weise deutlich. Die AWO Schwa- etwa das Haunstetter Heim - erhalten Angehörige nette ben sieht in ihr daher auch einen Prüfstein, der offen- Grußbotschaften mit Fotos ihrer Lieben, die zeigen, dass legt, wie ihre 25 Seniorenheime aufgestellt sind und es den Bewohnern gut geht. In der Krise zählt jede Ges- wie dort Solidarität gelebt wird. „Wir pflegen in kleinen te – im Großen wie im Kleinen. Wohngruppen, sind wachsam, arbeiten Hand in Hand Noch mehr Fürsorge und Mitmenschlichkeit – insbeson- und verfügen über ein internes Meldesystem. Das hat dere den älteren Menschen und anderen Risikogruppen sich jetzt bewährt. So kann der Corona-Krisenstab gegenüber – gehören somit ebenso zur Corona-Krise. schnelle Entscheidungen sogar noch vor den Behörden Besonders erfreulich: Das gesellschaftliche Ansehen von treffen“, sagt AWO-Schwaben-Vorstandsvorsitzender Pflegekräften und anderen systemrelevanten Berufs- Dieter Egger, der mit seinem Altenhilfe-Team auch di- gruppen ist ebenfalls merklich gestiegen. Klatschkon- rekt in die Heime kommt, um dort zur Seite zu stehen. zerte aus den Fenstern, Gratis-Essen und ein Sonderbo- Er weiß, wie stark in Corona-Zeiten die Belastung für nus für Pflegepersonal motivieren. Doch die AWO will die Menschen in den Heimen ist. Da sind zunächst die freilich mehr. Dazu Dr. Heinz Münzenrieder, Vorsitzen- Bewohnerinnen und Bewohner. Vor allem Demenzer- der des Präsidiums der AWO Schwaben: „Die Wertschät- krankten ist die Lage nur schwer zu vermitteln. Um de- zung muss sich auch in einer adäquaten Bezahlung wi- ren Seele nicht noch mehr zu strapazieren, hat die AWO derspiegeln. Die AWO fordert deshalb schon seit Jahren Schwaben entschieden, dass auch infizierte Heimbe- einen bundeseinheitlichen und für allgemein erklärten wohner – natürlich unter entsprechenden Schutzmaß- Tarifvertrag für alle in der Pflege Tätigen. In nicht nahmen und in medizinisch bzw. ärztlich vertretbaren wenigen Fällen – die AWO gehört nicht dazu – wird Fällen - in den Heimen bleiben können. Dann sind da nämlich immer noch nur der Mindestlohn bezahlt. Und die Mitarbeitenden, die unter hoher Anspannung jedes darüber hinaus und ganz aktuell wird seitens der AWO „Hüsteln“ ernst nehmen müssen, zudem auch noch für die zwingende Notwendigkeit gesehen, das Pflegeper- erkrankte oder von einer Quarantäne betroffene Kolle- sonal von der Einkommensteuer für Überstunden-, gen einspringen müssen und sich privat einschränken, Schicht- und Wochenendzuschläge zu befreien.“ 16 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
Corona: Wir sind da für Familien! Wenn die Schulen und Kindergärten wegen Corona geschlossen sind, dann hat das Personal doch Urlaub, könnte man meinen. Von wegen. In den Kindertages- einrichtungen der AWO Schwaben werden neben einer Notfallbetreuung auch telefonische Elternsprechstunden CORONA-HILFEN inklusive häuslicher Beschäftigungstipps angeboten. Obendrein hat das AWO-Haus der Familie eine stetig wachsende, nach Alter und Angebotsart bunt gemischte Tipp-Sammlung auf ihrer Website erstellt. Vorträge und Kurse laufen über Videokonferenz. Diese Technik (siehe ???????? Foto) ermöglicht auch den Teams der Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS) einen Austausch. Angesichts der Zu- nahme von sozialen Problemen in den Familien, ist ihre Problemstellungen mitbekommen“, berichtet Stefan Arbeit in Corona-Zeiten unerlässlich. „Es laufen vielfäl- Fürhaupter, Jugendsozialarbeiter an der GS Lindau Reu- tige Beratungsprozesse mit Eltern oder Jugendlichen. tin-Zech. Ist die aufsuchende Arbeit von JaS sonst von Wichtigste Partner sind dabei die Lehrkräfte, die in gu- persönlichem Kontakt geprägt, gilt es das jetzt über Te- tem Kontakt zu ihren Klassen sind und schnell mögliche lefon und moderne Kommunikationskanäle zu leisten. Einkauf für die Tafel Neusäß Neusäß. Die Tafel Neusäß hat in Zeiten von Corona nicht mehr genügend Lebensmittel und eine Abholung ist auch nicht mehr durchführbar. Daher hat die AWO Neu- säß haltbare Lebensmittel im Wert von mehr als 400 Euro für die Tafel eingekauft. Der Kofferraum war fast voll, wie auf dem Bild zu sehen ist. Im Bild von links: Die AWO-Vorstandsmitglieder Anne Güller-Frey und Harald Güller sowie Vorsitzender Hans Scheiterbauer-Pulkkinen. Ostertüten für die Kinder der Tafel Sonthofen. In der schwierigen „Corona-Zeit“ hat der AWO-Ortsverein Sonthofen den Kindern der örtlichen Tafel zu Ostern eine Freude bereitet. Die Ehrenamtlichen packten für sie im Rahmen des „KiMut“-Projektes 50 gut gefüllte Tüten. Darin waren nicht nur viele süße Leckereien enthalten, sondern auch für jedes Kind ein 4-Stunden-Badegutschein für das WONNEMAR in Sont- hofen. Steine zur Motivation Langweid. Nette Idee: Motivationssteine hat die AWO Langweid im Gemeindegebiet ausgelegt. „Wir möchten damit unsere Mitbürger motivieren durchzuhalten und ihnen etwas Hoffnung und Freude schenken sowie das Gefühl, dass wir für sie da sind“, sagen Robert und Sa- bine Hochhuber vom Vorstand. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 17
Sie können auch lesen