Gemeinsam weiter denken - Weil wir es - FH Münster

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Gemeinsam weiter denken - Weil wir es - FH Münster
WS 2019/2020

        gemeinsam
        weiter denken

 JAHRE SMOT TO     V I RTUA L R E A LIT Y        LEUKIPP

Weil wir es      Wir sind alle              Programmieren
 können          Infonauten                 leicht gemacht
Gemeinsam weiter denken - Weil wir es - FH Münster
↖ Titelbild: Ein Team rund um Prof. Dr.
   Anke Menzel-Begemann erforscht am
   IGTA-Institut Interdisziplinarität. Mehr
   dazu auf den Seiten 12 / 13.

   Foto   Anne Holtkötter
Gemeinsam weiter denken - Weil wir es - FH Münster
Editorial

1.800.000
                               So viele Einträge bietet Google unter dem Stich-
                               wort interdisziplinär. Aber wir müssen nicht
                               surfen, um zu erfahren, was darunter zu ver-
                               stehen ist. Wir leben es längst: Schon lange
                               arbeiten die Fachbereiche unserer Hochschule
                               zusammen, um gemeinsam an Lösungen zu
                               tüfteln. Uns darauf noch mehr zu fokussieren
                               ist das Ziel – deshalb haben wir das Jahr 2019
                               unter das Motto „gemeinsam weiter denken“
                               gestellt. Schon jetzt gibt es viele Beispiele
                               dafür, wie verschiedene Fachdisziplinen ihre
                               Kompetenzen in Lehre und Forschung zusam-
                               menführen. Einige davon haben wir in der
                               neuen Ausgabe unser­es Hochschulmagazins
    Kontakt                    zusammengetragen.
 Prof. Dr. Ute von Lojewski
 praesidentin@fh-muenster.de

                               Lassen Sie sich inspirieren, nutzen Sie das
Foto Thorsten Arendt           Know-how der Kolleginnen und Kollegen, um
                               Ihre Ideen und Vorhaben noch besser zu ver-
                               wirklichen – um konkurrenzfähig zu bleiben
                               und vor allem, um einen Beitrag zu leisten
                               bei der Lösung kleiner und großer Probleme
                               auf unserer Erde.

                               Viel Spaß bei der Lektüre wünscht Ihnen

                               Prof. Dr. Ute von Lojewski
                               Präsidentin der FH Münster

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Gemeinsam weiter denken - Weil wir es - FH Münster
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                     fhocus Ausgabe 35
Gemeinsam weiter denken - Weil wir es - FH Münster
Inhaltsverzeichnis

                                                                 WS 2019/2020
                                                                 Schwerpunkt
                                               Interdisziplinarität: gemeinsam weiter denken

                                Editorial                                 	         Laser auf dem Acker                        	   In-Institute an der FH Münster

                      03        1.800.000                                      18	Unkrautvernichtung                          32	Fachbereichsübergreifend
                                                                                   für Fortgeschrittene                             in Lehre, Forschung und
                                Im Interview
                                                                                                                                    Praxistransfer
                      06	Weil wir es können:                                       Gemeinschaftsverpflegung

                          gemeinsam                                            20	Essen – auch eine                                Berufungen

                          weiter denken                                            Frage der Logistik                        36	Willkommen an der
                                                                                                                                 FH Münster
                                Palliativstation                                    Virtual Reality: Immersive
                                                                               		   Learning
                                                                                                                                 Prof. Dr. Michael Schäferling
                      08        Zusammen für mehr                                                                                Prof. Dr. Weronika Cichorek
                                Lebensqualität                             22	Wir sind alle Infonauten
                                                                                                                                 Prof. Dr. Claudia Oetting-Roß
                                                                          	         Palliative Care                              Prof. Dikkie Scipio
                       	        IGTA

                           12	Zeit, Geduld und starke                         24	Wenn vieles nicht
                                                                                                                             38     FH Münster im Profil
                               Nerven und dabei den                                mehr hilft ...
                               Horizont erweitern                                                                            39     FH-Storys
                                                                           	        Leukipp

                       	        Ressourcen effizienter ausnutzen               26	Programmieren
                           14   Mit Grün. Mit Wasser.                              leicht gemacht
                                Mittendrin.
                                                                          	         Nachhaltigkeit

                       	        Berufsschule als Lernort für alle              28	Wärmedämmverbund-
                       16       Raum für Inklusion                                 systeme sinnvoll verwerten

                                                                           	        Benutzerfreundlichkeit

                                                                               30	Appsolute Pflege

  Hinweis zur geschlechter­-                                                                      Impressum
  gerechten Sprache
                                                                                                  fhocus Ausgabe 35
                                                                                                  www.fh-muenster.de
Die Gleichberechtigung aller Geschlech-
ter ist im Leitbild der FH Münster ver-
ankert. Nach Möglichkeit verwenden wir                                                        Herausgeber Die Präsidentin der FH Münster
geschlechtsneutrale Formulierungen.                                                           Redaktion Pressestelle der FH Münster: Katharina Kipp (V. i . S. d. P.), Anne Holtkötter
                                                                                              Gestaltung BOK + Gärtner GmbH, Münster, www.bokundgaertner.de
Wo sich dies nicht umsetzen lässt, be-                                                        Korrektorat Lektorat Schreibweise, Hamm
nutzen wir aus Gründen der besseren                                                           Druck Blömeke Druck SRS GmbH, Herne
Lesbarkeit das generische Maskulinum.                                                         Papier Umschlag MultiOffset 190 g/m², Innenteil MultiOffset 100 g/m²
Selbstverständlich sind dabei alle Ge-                                                        Auflage 1.400 Stück
schlechter eingeschlossen.                                                                    ISSN 1610-2592

                                                                                              5
Gemeinsam weiter denken - Weil wir es - FH Münster
Weil wir es
können:
gemeinsam
weiter denken
„Die Aufgaben der modernen Gesellschaft sind
 komplex und lassen sich nur selten einzelnen
 akademischen Disziplinen zuordnen.
 Voraussetzung für umfassende Lösungen ist es,
 die vielfältigen Ansätze der Fachgebiete
 zusammenzuführen. Daher ist interdisziplinäres
 Zusammenwirken in Lehre und Forschung
 für uns selbstverständlich.“

Hochschulentwicklungsplan 2011 – 2015 und 2016 – 2020

                                                    6   fhocus Ausgabe 35
Gemeinsam weiter denken - Weil wir es - FH Münster
Im Interview

Seit 2011 ist der Wortlaut zur Handlungsmaxime
Interdisziplinarität, wie sie sich aus unserem Leitbild
ergibt, unverändert. Warum wir sie in diesem
Jahr trotzdem verstärkt in den Blickpunkt nehmen,
darüber sprachen wir mit der Präsidentin
unserer Hochschule, Prof. Dr. Ute von Lojewski.
Interview Anne Holtkötter  Foto Stefanie Gosejohann

    fhocus: Frau von Lojewski, was hat das Präsi-

dium bewogen, als Jahresmotto „gemeinsam
weiter denken“ festzulegen?
     von Lojewski: Erstens ist dies notwendig, weil in

der Praxis interdisziplinäre Zusammenarbeit ge-          punkten können. Die Erfolge in der Drittmittel-
braucht wird und weil von unseren Absolventen            einwerbung belegen, dass wir den richtigen
erwartet wird, dass sie als Studierende gelernt          Weg eingeschlagen haben. Auch unsere Insti-
haben, interdisziplinär zu agieren. Zweitens: Weil       tute fördern wir aus unserem Selbstverständnis
wir es können – aufgrund unserer Struktur und            heraus, dass Fachgebiete zusammengeführt
gelebten Kultur in Forschung und Lehre! Denn             werden müssen. Als Beispiel sei hier nur das
als Hochschule für angewandte Wissenschaften             GUD genannt, das Institut für Gesellschaft und
haben wir zum Glück keine Lehrstuhlstruktur,             Digitales. Und für die Lehre, auch nur exemp-
alle Professorinnen und Professoren verstehen            larisch: Die AG Digitalisierung beschäftigt sich
sich auch als Kolleginnen und Kollegen. Hinzu            intensiv mit der Frage, auf welche interdiszip-
kommen unsere räumlichen Bedingungen:                    linären Anforderungen in der Berufspraxis wir
Auf dem Steinfurter Campus, im FHZ, auf dem              unsere Studierenden vorbereiten müssen.
                                                                                                                ↗ Prof. Dr. Ute
Leonardo-Campus, zukünftig auf dem Hüffer-                                                                      von Lojewski
Campus begünstigt die enge Nachbarschaft, dass                                                                  bei der Präsen-
                                                                                                                tation des inter-
sich Fachrichtungen zusammentun. Und drittens                      Wie ist es denn bestellt um die
                                                             fhocus:                                            disziplinären
lohnt es sich, Interdisziplinarität zu befördern,        gemeinsame Lehre unterschiedlicher Fach-               Projekts
                                                                                                               „Palliativstation
damit wir uns von anderen unterscheiden und              bereiche?                                              im Hiltruper
im besten Fall mit Alleinstellungsmerkmalen                   von Lojewski: Auch da gibt es schon sehr viele    Herz-Jesu-
                                                                                                                Krankenhaus“
von anderen abheben.                                     gute Beispiele wie gemeinsame Studiengänge, Se-
                                                         minare und Projekte. Doch nicht ohne Grund hat-
          Was heißt das für Forschung und
     fhocus:                                             ten wir beim diesjährigen Hochschuldidaktiktag
Lehre an unserer Hochschule?                             mit Prof. Dr. Ray Land aus Großbritannien einen
     von Lojewski: Angewandte Forschung und dar-         ausgewiesenen Experten für Interdisziplinarität,
aus entstehende Innovationen verlangen geradezu          der dafür plädierte, Barrieren zu überwinden
Interdisziplinarität. Dass etwa die Zusammen-            und fachliche Felder zu verbinden. Zudem konn-
arbeit von Sozial- und Ingenieurwissenschaften           ten die Teilnehmer in den Impulsvorträgen und
gefragt ist, zeigt das Mammutprojekt münster.            Workshops viele Anregungen etwa für modul-               Kontakt
land.leben. Nur durch unser Know-how haben               übergreifende Lehre mitnehmen. Jetzt gilt es,            Prof. Dr. Ute von Lojewski
                                                                                                                  praesidentin@fh-muenster.de
wir hier und in vielen anderen Ausschreibungen           von den guten Beispielen zu lernen! •

                                                                       7
Gemeinsam weiter denken - Weil wir es - FH Münster
Zusammen
für mehr
Lebensqualität
↘ Studierende
des Fachbereichs
Wirtschaft
erarbeiteten
zwei Finanzie-
rungskonzepte
für die neue
Palliativstation
des Herz-Jesu-
Krankenhauses.

                   8   fhocus Ausgabe 35
Gemeinsam weiter denken - Weil wir es - FH Münster
Palliativstation

                 Das Herz-Jesu-Krankenhaus in Münster-Hiltrup
                 wünscht sich eine neue Palliativstation,
                 um unheilbar Kranke bestmöglich zu pflegen.
                 Wie sieht die ideale Station aus? Wie lässt
                 sie sich finanzieren? Vier Fachbereiche unserer
                 Hochschule helfen mit, diese Fragen
                 zu beantworten.
                 Text Stefanie Gosejohann und Victoria Liesche

                 Fotos Anne Holtkötter (linke Seite), Stefanie Gosejohann (Seite 10/11)

                 Den Anfang machten Studierende des Fachbereichs
  Info           Wirtschaft im Sommersemester 2018. Unter Lei-
Angestoßen       tung von Prof. Dr. Olaf Arlinghaus konzentrierten
hatten die
Kooperation      sie sich auf zwei Finanzierungskonzepte. Ein Team
zwischen Herz-   beschäftigte sich mit Crowdfunding, der Finan-
Jesu-Kranken-
haus und         zierung durch die Macht der Massen. „Man stellt                    Wie sollte die neue Station gestaltet sein, um
FH Münster die   online ein Projekt vor und bittet um finanzielle                   die Bedürfnisse von Patienten, Angehörigen,
Domfreunde
Münster.         Unterstützung. Dafür gibt es unterschiedliche Platt-               Pflegenden und Therapeuten optimal zu erfüllen?
                 formen“, erklärte Student Markus Schrick bei der                   Auf diese Frage suchte eine Studierendengruppe
                 Abschlusspräsentation.                                             des Fachbereichs Gesundheit unter Leitung von
                                                                                    Prof. Dr. Rüdiger Ostermann und Prof. Dr. Claudia
                 Inwiefern das systematische Einwerben von                          Oetting-Roß Antworten. Ihre zentrale Erkennt-
                 Spendengeldern, also Fundraising, sinnvoll für                     nis nach zwei Semestern Recherche: Ausreichend
                 die Kapitalbeschaffung sein kann, untersuchte die                  Raum ist eine sehr wichtige Voraussetzung für eine
                 zweite Gruppe. Die Idee: Aufmerksamkeit schaf-                     ideale Palliativstation. Denn es wird sowohl genü-
                 fen, um das Interesse und den Willen zum Spen-                     gend Platz für die bestmögliche Pflege gebraucht
                 den zu wecken. Gelingen soll das beispielsweise                    als auch für vertrauliche Gespräche und Stille.
                 durch gezielte Medienkampagnen, Aktionen wie
                 ein Weihnachtssingen sowie über Stiftungen, Ko-                    Und so sieht die Vision der Studierenden aus: Den
                 operationen und eine Schirmherrschaft. „Das sind                   Mittelpunkt bildet ein großes Personalzimmer,
                 alles wichtige Marketingmaßnahmen, ohne die es                     der Pflegestützpunkt. Die freundliche, offene
                 nicht funktioniert“, betonte Studentin Lisa Darius.                Gestaltung soll gleichzeitig den Anforderungen
                                                                                    des Datenschutzes genügen. Die Patientenzimmer
                 Die praxisnahen Ausarbeitungen der Studieren-                      sind so geräumig, dass die Möbel ohne großen
                 den zeigten den Verantwortlichen des Herz-Jesu-                    Aufwand umgestellt werden können und genü-
                 Krankenhauses, welche Wege sie beschreiten könn-                   gend Platz ist für ein zusätzliches Bett für einen
                 ten, um Ressourcen für den Umbau zu beschaffen.                    Angehörigen. Eine eigene, ebenfalls großzügig

                                                                              9
Gemeinsam weiter denken - Weil wir es - FH Münster
↙ Der Entwurf
                                                                                             von Josefine
                                                                                             Smolnik sieht für
                                                                                             jeden Patienten
                                                                                             einen eigenen
                                                                                             Außenbereich vor,
                                                                                             dessen Türen sich
                                                                                             so weit öffnen
                                                                                             lassen, dass das
                                                                                             Patientenzimmer
                                                                                             gefühlt zu einer
                                                                                             Art Loggia wird.

gestaltete Nasszelle garantiert die Intimsphäre. Die    Dazu kommen ausreichend große Funktionsräume
technisch-materielle Ausstattung sorgt für viele        für die Pflege, ein Behandlungszimmer für das
Handlungsoptionen der Betroffenen und erleich-          Ärzteteam, ein multifunktionaler Therapieraum,
tert die Arbeit von Pflegenden und Therapeuten –        ein Entspannungsbad mit großer Badewanne, ein
zum Beispiel durch Betten, in denen die Patienten       therapeutisch konzipierter „Snoezelraum“ zur Sin-
leicht von der liegenden in die sitzende Position       nesförderung und Pausenräume für das Personal.
wechseln können.
                                                        Die Ideen der Bachelorstudierenden, die alle
Für alle Räume empfehlen die Studierenden helle,        selbst Berufserfahrung in der Pflege mitbringen,
freundliche Farben, dimmbare Lichtsysteme               basierten nicht nur auf Fachliteratur, sondern
und einen direkten, barrierefreien Zugang zur           auch auf Interviews, die sie mit Patienten, deren
Natur. So soll eine angenehme, geborgene Atmo-          Angehörigen und Teammitgliedern der Palliativ-
sphäre geschaffen werden, die sich positiv auf die      station geführt hatten. „Sie haben in den Gesprächen
Lebensqualität der Patienten und ihrer Ange-            mit uns sehr genau hingehört und sind sehr gut
hörigen auswirkt. Raum für Stille und Trauer, aber      auf unsere Bedürfnisse eingegangen“, lobte Elke
auch für Gespräche und Begegnung sollen liebevoll       Bertels-Janett, Pflegerische Leitung der Palliativ-
gestaltete Gemeinschaftszimmer bieten.                  station, beim Projektabschluss.

                                                       10                                                        fhocus Ausgabe 35
Palliativstation

                                                                          sich austauschen können. „So ein Treffpunkt ist
                                                                          sehr wichtig“, unterstrich Dr. Wolfgang Clasen,
                                                                          Chefarzt und Leiter der Palliativstation, der sich bei
                                                                          der Abschlusspräsentation sichtlich beeindruckt
                                                                          von den kreativen Ideen der Studierenden zeigte.

                    In konkrete Entwürfe setzten Masterstudierende        Auch Prof. Victor Mani, der das Entwurfsseminar
                    vom Fachbereich Architektur, der Münster School       geleitet hatte, lobte das Engagement der Studie-
                    of Architecture (MSA), die von den Pflegestudie-      renden: „Dass sich 25-Jährige bewusst für ein Pro-
                    renden formulierten Anforderungen an eine ideale      jekt mit einer derart existenziellen Fragestellung
↗ Prof. Victor
                    Palliativstation um. „Für uns war es sehr wichtig,    entscheiden, ist sehr beeindruckend“, betonte der
Mani (l.) zeigte    die fachliche Perspektive verstehen und einnehmen     Hochschullehrer. „Die Studierenden haben zehn
sich bei der
Abschlussprä-
                    zu können“, erläutert Josefine Smolnik. „Dabei        Wochen lang Informationen zusammengetragen,
sentation           hat uns der Austausch mit den Studierenden des        um verstehen zu können, was es für einen Pati-
im Herz-Jesu-
Krankenhaus
                    Fachbereichs Gesundheit und dem Pflegepersonal        enten bedeutet, palliativ versorgt zu werden.“ Im
beeindruckt von     des Herz-Jesu-Krankenhauses sehr geholfen“, so        ergänzenden Vertiefungsseminar hatte sein Kol-
den Entwürfen
der Studierenden.
                    die Soziologin und angehende Architektin. „Durch      lege Prof. Martin Weischer mit den Architektur-
                    deren professionellen Ansatz haben wir gelernt, das   studierenden ebenfalls umfassend recherchiert,
                    Begleiten von schwerstkranken und sterbenden          wie sie sich dem schwierigen Thema technisch
                    Menschen nicht nur mit negativen Gefühlen zu          und organisatorisch am besten nähern können.
                    verbinden, sondern auch als etwas Positives und
                    Würdevolles zu betrachten.“                            Als vierter Fachbereich sind die Designer an dem
                                                                           interdisziplinären Kooperationsprojekt beteiligt:
                     In ihrem Entwurf legte Smolnik den Fokus da-          Die beiden Studentinnen Elena Schütte und Kira
                     rauf, die begrenzten Räumlichkeiten durch die         Pawlewski kreierten ein Logo für die neu gestaltete
                    „Überlagerung von Bewegungsflächen“ optimal            Palliativstation. Es besteht aus einer gewölbten,
                     auszunutzen. So haben ihre Bäder variable Falttü-     leicht geöffneten Hand, die von einem Kreis um-
                     ren, die sich bei Benutzung so schließen, dass        schlossen wird. „Das passt sehr schön zum Wort
                     innen ausreichend Platz bleibt – etwa für einen      ‚palliativ‘“, erklärt Schütte, „denn darin steckt das
                     Rollstuhl. Bei Nichtbenutzung können sie dagegen      lateinische Wort ‚palliare‘, was ‚mit dem Mantel
                     weiter innen geschlossen werden, wodurch sich das     bedecken, umhüllen‘ bedeutet.“ •
                     Patientenzimmer vergrößert. Für jeden Patienten
                     plante die Masterstudentin zudem einen eigenen
                     Außenbereich, dessen Türen sich so weit öffnen
                     lassen, dass das Patientenzimmer gefühlt zu einer      Kontakt
                     Art Loggia wird.                                       Prof. Dr. Olaf Arlinghaus
                                                                            arlinghaus@fh-muenster.de

                    Auch ihre Kommilitoninnen Eva Poorthuis und             Prof. Dr. Claudia Oetting-Roß
                                                                            oetting-ross@fh-muenster.de
                    Magdalena Walochnik haben versucht, den be-
                    grenzten Raum durch flexible Funktionen mög-            Prof. Dr. Rüdiger Ostermann
                                                                            ruediger.ostermann@fh-muenster.de
                    lichst ideal auszunutzen: Ihr Besprechungszim-
                    mer lässt sich durch Faltwände mit integrierten,        Prof. Victor Mani
                                                                            vmani@fh-muenster.de
                    ausklappbaren Arbeitsplätzen je nach Bedarf in
                    kleinere Büros oder Therapieräume aufteilen. Was        Prof. Martin Weischer
                                                                            m.weischer@fh-muenster.de
                    alle studentischen Entwurfsgruppen eingeplant
                    haben, ist ein Ort, an dem die Patienten in an-         Prof. Rüdiger Quass von Deyen
                                                                            quassvondeyen@fh-muenster.de
                    genehmer Atmosphäre zusammenkommen und

                                                                     11
Das IGTA-Institut unserer Hochschule vereint
nicht nur verschiedene Professionen – es beforscht
sogar explizit die eigene Interdisziplinarität.
Das verlangt den Beteiligten manchmal einiges ab.
Text Victoria Liesche  Foto Anne Holtkötter

      Zeit, Geduld
und starke Nerven
    und dabei den
Horizont erweitern

                                              12     fhocus Ausgabe 35
IGTA

                                                                                  Positive Horizonterweiterung
                      IGTA, das steht für Interdisziplinarität, Gesund-      Dass diese Art der Zusammenarbeit für die Stu-
                      heit, Technik und Arbeitsfähigkeit. Hier kommen        dierenden sehr erhellend sein kann, haben bereits
                      Ingenieure mit Forschern aus dem Gesundheits-          Lehrprojekte gezeigt, die Menzel-Begemann mit
                      bereich zusammen, um gemeinsam ganzheitliche           Prof. Dr. Marcellus Bonato sowie Kollegen und
                      Lösungen zu erarbeiten. Bereits auf Studierenden-      Studierenden der Fachhochschule Bielefeld durch-
   Info               ebene gibt es Projekte, in denen verschiedene          geführt hat. Die Studierenden aus den Bereichen
Am IGTA-Institut      Professionen die Perspektive der jeweils anderen       Pflege, Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie,
beteiligt sind
die Fachbereiche      kennen- und mit der Zeit schätzen lernen.              Mechatronik und Wirtschaftsingenieurwesen
Gesundheit,                                                                  hatten hier zum Beispiel die Aufgabe, gemein-
Elektrotechnik
und Informatik        „Haltung und Bewegung aus interdisziplinärer Sicht“    sam technische Hilfsmittel zur Unterstützung der
sowie Physik-          heißt eines der neu konzipierten Lehrprojekte, das    morgendlichen Grundpflege von Herzinfarktpati-
ingenieurwesen,
assoziiert sind        Prof. Dr. Anke Menzel-Begemann vom Fachbereich        enten zu entwickeln.
Sozialwesen und        Gesundheit zusammen mit Prof. Dr. Klaus Peiken-
Oecotrophologie ·
Facility               kamp, Dr. Annette Kerkhoff und Thilo Künnemann       „Ohne das Feedback der Studierenden aus
Management.            vom Fachbereich Physikingenieurwesen initiiert        Münster wäre am Ende vermutlich eine Vision
 Die Institutsgrün-    hat und das in diesem Wintersemester erstmals         entstanden, die zwar technisch auf dem höchsten
 dung hat unsere       stattfindet. Bachelorstudierende des Fachbereichs     Niveau angesiedelt ist, aber den Grundnutzen
 Hochschule
 bereits im Antrag     Gesundheit, teilweise mit physiotherapeutischem       des Zimmers und somit auch den Nutzen für den
„münster.land.         Hintergrund, bilden Kleingruppen mit Master-          Patienten übersteigt“, reflektierte ein Student aus
 leben“ ange-
 kündigt. Die          studierenden aus dem Bereich Biomedizinische          dem technischen Bereich in seiner Seminararbeit.
 Basis dafür           Technik des Fachbereichs Physikingenieurwesen        „Durch das Projekt und die daraus resultierenden
 bildet das HEP-
 Entwicklungsfeld      und entwickeln integrative Konzepte zur Bewe-         Gespräche mit der anderen Disziplin hat man
„Gesundheit            gungsanalyse oder -behandlung. Ein wichtiger          einen ganz anderen Einblick in die Thematik be-
 leben“.
                       Zusatzauftrag: die interdisziplinäre Zusammen-        kommen. Beispielsweise war es für die Ingenieure
                       arbeit zu reflektieren.                               sehr interessant zu hören, wie es wirklich auf den
                                                                             Intensivstationen abläuft und dass nicht alles so
                            Unterschiedliche Herangehensweisen               stimmt, wie man es aus Serien und Filmen kennt“,
                      IGTA-Institutssprecherin Menzel-Begemann gibt          führte er weiter aus. Diese Horizonterweiterung
                      zu, dass den Studierenden in der Veranstaltung         sei sehr positiv gewesen. •
                      einiges abverlangt wird. „Interdisziplinarität
                      kann sehr anstrengend sein: Man braucht Zeit
                      und Geduld, um Begrifflichkeiten und die unter-
                      schiedlichen Denkweisen zu klären. Und man
                      muss auch mal konfliktträchtige Auseinander-
                      setzungen aushalten.“ Zu unterschiedlich seien
                      einfach manchmal die Herangehensweisen. „Da
                      werden dann auch teilweise Vorurteile laut – zum
                      Beispiel, dass Ingenieure davon ausgehen, dass
                      immer alles mit Zahlen und Werten normiert ist.“

                       Ziel des Projekts sei, trotzdem oder gerade des-
                       wegen einen gemeinsamen Nenner zu finden, als
                       Team vorwärtszukommen und ein inhaltlich gutes
                       Ergebnis abzuliefern. „Wir werfen die Studieren-
↖ Koordinator des
                       den ins kalte Wasser, aber wir begleiten sie auch
IGTA-Instituts ist     bei diesem Prozess“, verspricht Menzel-Begemann.       Kontakt
Thilo Künnemann.                                                              Prof. Dr. Anke Menzel-Begemann
                       Sie und die anderen Initiatoren hoffen, dass die       (Institutssprecherin)
                       Beteiligten durch diese Lehrveranstaltung den
                                                                              Thilo Künnemann (Koordination)
                       Mehrwert von interdisziplinärem Arbeiten er-           igta@fh-muenster.de
                       kennen und auch in Zukunft offen für Austausch
                                                                              www.fh-muenster.de/igta
                       sein werden.

                                                                       13
Mit Grün.
Mit Wasser.
               Kontakt
            Prof. Dr.-Ing. Mathias Uhl
            (Leiter des Verbundprojekts)
            uhl@fh-muenster.de

            Dr.-Ing. Malte Henrichs
            (Koordinator)
            henrichs@fh-muenster.de

            Prof. Dr.-Ing. Sabine Flamme
            flamme@fh-muenster.de

            Prof. Dr.-Ing. Jens Haberkamp
            haberkamp@fh-muenster.de

            Prof. Dr.-Ing. Peter Vennemann
            vennemann@fh-muenster.de

            www.fh-muenster.de/iwaru

   Mittendrin.                               ↙ Projektleiter
                                             Prof. Dr. Mathias
                                             Uhl (l.), Projekt-
                                             koordinator
                                             Dr. Malte Henrichs
                                             (r.) und Dokto-
                                             randin Birgitta
                                             Hörnschemeyer
                                             bei einer
                                             Besprechung.

       14                                                         fhocus Ausgabe 35
Ressourcen effizienter ausnutzen

Das ist das neue Motto der Ruhrgebietsstadt Herne.
In den beiden Stadtteilen Strünkede und Pantringshof soll
es nun mithilfe unserer Hochschule umgesetzt werden.
In diesen „Modellquartieren“ sind verschiedene Maßnahmen
geplant, um die Lebensqualität der Bewohner zu erhöhen.
Text Stefanie Gosejohann  Fotos Stefanie Gosejohann (links unten), Andreas Matzinger (rechts unten)

                    Der Fokus liegt dabei auf einem nachhaltigen,                   Entsorgungsproblem betrachtet, heute dagegen
                    kosten- und nutzeneffizienten Umgang mit                        auch als Ressource“, sagt der Wasserexperte. Den
                                                                                                                                             Info
                    unseren Ressourcen. Denn Städte verbrauchen                     Stoffströmen widmen sich Flamme und ihr Team:
                                                                                                                                           Das Verbund-
                    fast 80 Prozent der weltweit erzeugten Energie                  Welche Rohstoffe wurden verbaut? Können sie            projekt R2Q
                    und nahezu 70 Prozent der globalen Ressourcen.                  wieder genutzt werden? Wenn ja, wie? Haberkamp         gehört zur
                                                                                                                                           Fördermaßnahme
                   „Und dabei bieten sie ein enormes Potenzial für                  und seine Mitarbeiter nehmen das Abwasser in den      „Ressourcen-
                    ressourceneffizientes Wirtschaften, das bisher                  Blick: Wie können Wasserversorgung und Abwas-          effiziente Stadt-
                                                                                                                                           quartiere für
                    nur unzureichend ausgeschöpft wird“, erläutert                  serentsorgung verbessert werden? Welche Möglich-       die Zukunft“ des
                    Prof. Dr. Mathias Uhl vom Institut für Infrastruk-              keit gibt es, um weniger verunreinigtes Grauwasser     Bundesminis-
                                                                                                                                           teriums für
                    tur · Wasser · Ressourcen · Umwelt (IWARU) un-                  aufzubereiten und eventuell ein zweites Mal zu         Bildung und
                    serer Hochschule. Wie sich dies ändern lässt, er-               verwenden? Vennemann und sein Team widmen              Forschung und
                                                                                                                                           wird mit 2,8
                    forscht ein interdisziplinäres Verbundprojekt unter             sich allen Fragen rund um die Energie: Lohnt es        Millionen Euro
                    seiner Leitung. Das Ziel von „RessourcenPlan im                 sich, ein Blockheizwerk zu errichten? Oder ist eine    gefördert.

                    Quartier“, kurz R2Q, ist es, am Beispiel der beiden             Dämmung für die Gebäude effizienter?
                    Herner Stadtteile herauszuarbeiten, wie die Res-
                    sourcen Wasser, Fläche und Raum, Stoffe – etwa                        Herne als Vorbild
                    Baumaterialien – sowie Energie bei dem geplanten               In dem auf drei Jahre angelegten Projekt soll ein
                    Umbau- und Sanierungsprozess am effizientes-                   Fachplan entstehen, der den Ressourcenverbrauch
                    ten eingesetzt werden können. „Ein besonderes                  in Modellrechnungen realitätsgetreu abbildet.
                    Optimierungspotenzial liegt zwischen den ver-                 „Durch Simulationen wird er konkrete Informa-              Info

                    schiedenen Ressourcenebenen, denn es müssen                    tionen liefern, an welchen Stellschrauben gedreht      Neben unserer
                                                                                                                                          Hochschule sind
                    auch Synergieeffekte berücksichtigt werden. Zum                werden muss, um etwa den CO2 -Ausstoß zu ver-          die RWTH
                    Beispiel, indem die Wärme aus Abwasser vom                     ringern oder den Energieverbrauch zu reduzie-          Aachen, die TU
                                                                                                                                          Berlin und das
                    Duschen oder Waschen durch Wärmetauscher                       ren“, erläutert Dr. Malte Henrichs, Koordinator des    Kompetenz-
                    wieder der Energieversorgung zugeführt wird“,                  Projekts. „Im zweiten Schritt werden wir daraus        zentrum Wasser
                                                                                                                                          Berlin beteiligt.
                    erklärt der Leiter des Verbundprojektes.                       dann konkrete Maßnahmen ableiten.“ Die Ergeb-          Praxispartner
                                                                                   nisse des Projekts R2Q werden sich nicht allein        sind neben der
                                                                                                                                          Stadt Herne das
                          Alle Ressourcentypen gemeinsam im Blick                  auf den Umgestaltungsprozess der beiden Herner         Institut für
                    Vier Teilprojekte werden von Wissenschaftlern                  Modellquartiere auswirken. Denn die erarbeiteten       technisch-wis-
                                                                                                                                          senschaftliche
                    unserer Hochschule geleitet: Neben Uhl sind                    Methoden lassen sich auch auf andere Kommunen          Hydrologie,
                    dies Prof. Dr. Sabine Flamme und Prof. Dr. Jens                übertragen und sollen als Open-Source-Tool frei zu-    Gelsenwasser,
                                                                                                                                          ExKern und Jung
                    Haberkamp, beide ebenfalls vom IWARU, sowie                    gänglich allen Planern zur Verfügung stehen. •         Stadtkonzepte.
                    Prof. Dr. Peter Vennemann vom Institut für Ener-
                    gie und Prozesstechnik. Das Team um Uhl befasst
                    sich mit der Regenwasserbewirtschaftung: Wie
                    lässt es sich zurückhalten, um bei großer Hitze
                    durch Verdunstung das Klima zu verbessern?
                    Wie lassen sich Überflutungen durch Starkregen
                    vermeiden? „Früher wurde Regenwasser nur als

                                                                            15
Raum für

Inklusion
    16   fhocus Ausgabe 35
Berufsschule als Lernort für alle

Neue pädagogische Konzepte brauchen andere
Räumlichkeiten zum Lernen. Wie sie aussehen
könnten, damit befassten sich Anna Hagemann
und Jeanne Lengersdorf in ihrer Masterarbeit.
Text Anne Holtkötter  Fotos Marcel Frommer (linke Seite), Anne Holtkötter
                                                                                                                             Kontakt
                                                                                                                             Prof. Dr. Ursula Bylinski
                                                                                                                             bylinski@fh-muenster.de

                                                                                                                             Prof. Claudia Grönebaum
                                                                                                                             groenebaum@fh-muenster.de

                    Sie trägt den Titel „Raum für Inklusion – Schule
                    als Lernort für Alle gestalten und nutzen“. Und
                    gewählt ist er mit Bedacht: Ein Raum, das heißt
                    nicht einfach nur, dass es vier Wände gibt, eine Tür,
                    Fenster und Möbel. Nein, das Wort ist doppeldeutig.          Lernen für alle: Sie gliederten einen großen Semi-
                    Wer Raum für Inklusion möchte, will mehr: sich               narraum auf dem Leonardo-Campus in mehrere
                    in einer Atmosphäre entfalten können, in der in-             Inseln, und die Besucher schlüpften in die Rolle
                    dividuelles Lernen möglich wird und Spaß macht.              des Schülers, des Lehrers, des Sozialarbeiters, des
                    Auch wenn es nicht dudenkonform ist, „Alle“ ist              Architekten. Sie nutzten die ruhige Leseecke und
                    absichtlich großgeschrieben. „Wir meinen wirk-               Sitzgelegenheiten, um sich die Audiodateien der
                    lich jeden, egal welche Voraussetzungen jemand               Interviews anzuhören und über einen Beamer
                    mitbringt“, sagt Anna Hagemann.                              gute Beispiele von bestehenden Lernlandschaften
                                                                                 anzuschauen. An einer weiteren Station tausch-
                    Gemeinsam mit ihrer Kommilitonin Jeanne Len-                 ten sie sich über das Raumkonzept und die Print-
                    gersdorf studierte sie an unserem Institut für Be-           version der Masterarbeit aus.
                    rufliche Lehrerbildung (IBL) des Münster Centrum
                    für Interdisziplinarität (MCI) mit der Fachrichtung          „In unserer wissenschaftlichen Arbeit geht es um           ↖ Prof. Dr.
                                                                                                                                            Ursula Bylinski
                    Mediendesign und Designtechnik. Auf die Idee für              Denken ohne Grenzen“, sagt Lengersdorf. Um den            (l.) und Prof.
↖ Anna
                    die Abschlussarbeit kamen sie durch das Seminar               pädagogischen Wandel, das Inklusionsverständ-             Claudia
                                                                                                                                            Grönebaum
Hagemann (l.)      „Inklusion konkret“ bei Prof. Dr. Ursula Bylinski, der         nis, die Raumkomponente – letztendlich um die             haben die
und Jeanne
Lengersdorf
                    Erstprüferin der Masterarbeit, in dem sie mit der             Notwendigkeit und die Möglichkeit, Barrieren im           Masterarbeit
                                                                                                                                            betreut.
durchleuchteten     Inklusionsbeauftragten von Hamburg die Berufs-                Kopf und in der Berufsschulpraxis zu beseitigen.
das Konzept der
Lernlandschaften
                    schule 24 besuchten. „Die Vorreiterschule ist ein            „Die Voraussetzungen, die Schüler an Berufsschulen
unter vier          gutes Beispiel, bei dem wir ansetzen konnten – um             mitbringen“, erzählt Bylinski, „sind nämlich sehr
Aspekten: der
Beziehungsebene,
                    empirisch zu forschen, qualitative Interviews mit             verschieden: unterschiedliche Lernausgangslagen,
der multipro-       Experten, Schülern und Lehrern zu führen und                  Beeinträchtigungen, schulische Misserfolgserleb-
fessionellen
Teamarbeit, dem
                    uns Lernformate genauer anzuschauen. Wie ist die              nisse und vieles andere mehr. Jetzt gilt es, ihnen
Ort des Lernens     Raumnutzung? Wie harmonieren Klassenraum                      Erfolgserlebnisse zu ermöglichen – Lernlandschaf-
und dem indi-
vidualisierten
                    und Lernkultur? Entspricht die Lernlandschaft                 ten liefern positive Lernerfahrungen. Wir schauen
Lernen.             den Vorstellungen einer inklusiven Didaktik?“                 auf die Potenziale, nicht auf die Defizite.“ Das ist
                                                                                  auch das Herzstück im Buch „Raum für Inklusion“.
                    Mit Prof. Claudia Grönebaum vom Fachbereich                   Bylinski: „Mit dem pädagogischen Konzept der
                    Design haben die zukünftigen Berufsschullehrerin-             Lernlandschaft, das individuelles Lernen fördert,
                    nen eine Expertin für Kommunikationsdesign als                und der These, dass die Gestaltung des Raums
                    Zweitprüferin gewonnen. „Raumgestaltung heißt                 dafür eine große Rolle spielt, haben die Studen-
                    Prozesse gestalten: Für individualisierte Lernset-            tinnen zwei eigenständige Perspektiven zu einer
                    tings braucht es unterschiedliche Raumsituationen,            vereint, mit einem größeren Mehrwert: Das ist
                    die Interaktion, Kommunikation, Konzentration                 Interdisziplinarität.“ Man kann die Masterarbeit
                    und Entspannung möglich machen“, erklärt                      als Handbuch für das große Thema Inklusion an
                    Grönebaum – und lieferte damit einen entschei-                beruflichen Schulen lesen – oder aber auch „nur“
                    denden Impuls. Für das Kolloquium der Master-                 Anregungen für kleine Schritte daraus ziehen.
                    arbeit schufen sie einen Ort und ein Szenario zum             Weil auch sie am Ende zählen. •

                                                                            17
Unkraut-
vernichtung für
Fortgeschrittene

Wenn Laserexperten und Maschinenbauer aufeinandertreffen,
dann entsteht so manch ausgefallene Idee. So auch in einem
Teilprojekt von „E&P Agro“: Ein Wissenschaftlerteam arbeitet daran,
wie sich Unkraut auf Feldern per Laser entfernen lässt.
Text und Fotos Theresa Gerks

                                                          Kontakt
                                                          Prof. Dr.-Ing. Jürgen Scholz
                                                          juergen.scholz@fh-muenster.de

                                     18                                 fhocus Ausgabe 35
Laser auf dem Acker

                                                                                   Exakt zielen
                      Nein, der ist nicht aus Star Wars: ein kleiner Robo-    Genau daran feilen Wermers und Lautenschläger
                      ter, der durch den Garten tuckert und unliebsames       gerade. Wie sich Unkraut in der Theorie am effizi-
                      Unkraut mit einem Laserstrahl zur Strecke bringt.       entesten mit einem Laser beseitigen lässt, hat ein
                      Zugegeben, dieser Roboter existiert in dieser Art       studentisches Team bereits untersucht: Der Laser
  Info
                      noch nicht. Aber die Wissenschaftler im Projekt         müsste das Wachstumszentrum treffen – und das
Im 3,3 Millionen
Euro schweren,       „E&P Agro“ der Fachbereiche Maschinenbau und             befindet sich bei den Pflanzen an unterschiedli-
deutsch-              Physikingenieurwesen sind auf dem besten Weg            chen Stellen. Die Software dazu steht schon, ein
niederländischen
INTERREG-             dorthin. Und sie denken noch größer: für die Land-      Bildverarbeitungsprogramm erkennt automatisch
Projekt „E&P          wirtschaft, die mit Laserunkrautbekämpfung nach-        die Wachstumszentren auf Bildern, die eine am
Agro“ arbeitet die
FH Münster            haltiger und ökologischer werden würde. „Wenn           Laser integrierte Kamera aufnehmen soll, und gibt
zusammen mit          wir auf unsere Felder hier in der Region schauen,       die Ziele als Koordinaten aus. „Unsere Aufgabe ist
den Unternehmen
ADLER Arbeits-        dann sehen wir blanken Mutterboden zwischen             es jetzt, das Bearbeitungsfeld des Lasers mit dem
maschinen GmbH        den Pflanzenreihen – das ist ohne Chemie kaum           Koordinatensystem der Kamera abzugleichen“,
& Co. KG, VNK
B.V., Mts Van         möglich“, sagt Matthias Lautenschläger, wissen-         erklärt Wermers. Das ist nicht ohne: Der Laser
der Veen und          schaftlicher Mitarbeiter des Laserzentrums unserer      muss die kleinen Wachstumszentren präzise tref-
Machinefabriek
Boessenkool B.V.      Hochschule. Gemeinsam mit Steffen Wermers               fen, die etwa einen Millimeter groß sind. Denn am
                      vom Labor für Verfahrenstechnik und nachwach-           einfachsten lässt sich Unkraut beseitigen, wenn
                      sende Rohstoffe stellt er sich der Aufgabe, eine        es noch im Keimlingsstadium ist und nur wenig
                      Unkrautbekämpfung per Laser zu entwickeln.              Widerstandskraft aufbauen konnte.

  Info                     Das Auge trügt                                          Auch für die Umwelt
Für realitäts-        Ohne Kameras geht bei „E&P Agro“, das für „Elek-        Ende des nächsten Jahres, so rechnet das Projekt-
nahe Versuche
hat das Team
                      trisierung und Präzisierung in der Landwirtschaft“      team, soll eine tragbare Box fertig sein, die per
ein Testfeld mit      steht, gar nichts. Aktuell zum Beispiel im studenti-    Laser zielsicher Unkraut zerstört. Dann ist eines
Unkraut, Mais,
Rüben und
                      schen Projekt von Vivien Hillmann, die Wermers          der vielen Vorhaben im Großprojekt „E&P Agro“
Petersilie auf        zuarbeitet. Zielsicher hält die Studentin erst einen    erfüllt, das Prof. Dr.-Ing. Jürgen Scholz vom Fach-
dem Steinfurter
Campus angelegt.
                      Infrarotbrenner über eine kleine Unkrautpflanze,        bereich Maschinenbau koordiniert. „Die Land-
                      dann eine Fluoreszenzkamera. Sie misst die Chloro-      wirtschaft ist mit wachsenden Ansprüchen an
                      phyll-Fluoreszenz. „Nach einer kurzen Behandlung        Qualität und Leistung konfrontiert“, sagt Scholz.
                      ist die Pflanze weiterhin grün und man sieht mit       „Neue Techniken können helfen, zum Beispiel neue
                      bloßem Auge keine Schäden, obwohl die Pflanze           Elektroantriebe, GPS-gesteuerte Landmaschinen,
                                                                                                                                    ↙ Steffen
                      in ein paar Tagen verwelken wird, weil die Blätter      Drohnen und eben auch Laser und Bilderkennung.        Wermers stattet
                      beschädigt sind“, erklärt Hillmann. „Aber mit           Mit ,E&P Agro‘ wollen wir die Präzision verbes-       einen Infrarot-
                                                                                                                                    brenner mit einem
                      der speziellen Fluoreszenzkamera lässt sich sehr        sern und gleichzeitig der Umwelt helfen, zum          GPS-System aus.
                      wohl analysieren, ob die Pflanze abgestorben oder       Beispiel durch weniger Treibstoffkosten, weniger
                      nur an manchen Stellen beschädigt ist, weil sich        CO2 -Emissionen, weniger Lärm und eben weniger
                      gesunde Pflanzen in der Fluoreszenz deutlich von        Chemie.“ •
                      beschädigten Pflanzen unterscheiden.“

                     Die Herausforderung bei dieser Art der Unkraut-
                     behandlung: Es ist kompliziert, Energie präzise zu
                     dosieren, und die Handhabung ist schwierig, weil
                     die Behandlungsdauer genau stimmen muss, damit
                     die Pflanzen ausreichend aufgeheizt werden. In
                     einem anderen Teilprojekt von „E&P Agro“ stattet
                     das Team einen gängigen Gasbrenner deshalb mit
                     neuer GPS-Technik aus. Aber in der Unkrautver-
                     nichtung ist für die Wissenschaftler vor allem die
                     Arbeit mit der Fluoreszenzkamera ein Muss, um
                     Bilder von Unkräutern auswerten zu können – und
                     somit zu erkennen, wie effizient die Unkrautbe-
                     handlung arbeitet.

                                                                        19
Große Krankenhäuser wie das Universitätsklinikum Münster
liefern deutlich mehr als 1.000 Mahlzeiten am Tag an
ihre Patienten aus. In eigenständigen Pflegeeinrichtungen sind
es normalerweise viel weniger. Doch auch sie stehen
vor großen logistischen Aufgaben.
Text und Foto Dzemila Muratovic

Essen –
auch eine
Frage der
Logistik
                                  20                        fhocus Ausgabe 35
Gemeinschaftsverpflegung

Um seine Studierenden umfassend
auf diese Herausforderungen
vorzubereiten, arbeitet der
Fachbereich Gesundheit mit dem
Fachbereich Oecotrophologie ·
Facility Management zusammen.

„Wir sehen nur die fertige Mahl-    ihre Kommilitonen sich auch        Prozesse, die den Ablauf und
 zeit an Bett und Tisch. Dafür      mit der Logistik befasst – zu-     die Qualität des Essens in Pfle-
                                                                                                          ↖ Ellen Hahn
 müssen aber im Hintergrund         nächst nur theoretisch. „Füh-      geeinrichtungen bestimmen“,        und ihre
 alle Prozesse in der Kommuni-      rungskräfte sollten auch die       erklärt Albrecht Fleischer. Der    Kommilitonen
                                                                                                          lernen im food lab
 kation und die Technik funktio-    praktischen Herausforderungen      Ingenieur für Lebensmitteltech-    muenster die
                                                                                                          Prozesse kennen,
 niert haben“, sagt Ellen Hahn,     kennen, wenn sie Entscheidun-      nologie ist gelernter Koch mit     die für die Qualität
 Studentin im Bachelor Pflege-      gen treffen“, so Niehues.          20-jähriger Berufserfahrung        des Essens in
                                                                                                          der Gemeinschafts-
 und Gesundheitsmanagement                                             im eigenen Restaurant.             verpflegung
                                                                                                          wichtig sind.
 an unserer Hochschule. Zu den      Für die Praxis holte sich der
 Herausforderungen gehört, dass     Fachbereich Gesundheit den         Ihr Blick habe sich geschärft,
 die vielen Gerichte zur selben     Fachbereich Oecotrophologie ·      sagt Ellen Hahn zusammen-
 Zeit bei allen Patienten in        Facility Management mit sei-       fassend. „Weil man die andere
                                                                                                          Kontakt
 einwandfreiem Zustand an-          ner guten Laborausstattung ins     Seite sieht und den Aufwand        Prof. Dr. Christopher Niehues
 kommen. Vor allem auch, dass       Boot. Die Kooperation besteht      erkennt, den es für gute Mahl-     christopher.niehues@fh-muenster.de

 jeder Einzelne das Essen erhal-    seit drei Semestern; Prof. Dr.     zeiten braucht.“                   Dipl.-Ing. Albrecht Fleischer
 ten muss, das seine gesundheit-    Sigrun Schwarz hatte sie ins Le-                                      albrecht.fleischer@fh-muenster.de

 lichen Einschränkungen und         ben gerufen. Im food lab muens-    Ein Aufwand, der sich rechnet:
 Vorlieben berücksichtigt. Nicht    ter, dem Labor für Lebensmittel-   Einer Studie des Centrums für
 zuletzt muss es trotz der großen   technologie, beschäftigen sich     Krankenhausmanagement zu-
 Mengen schmecken – und wirt-       die Studierenden bei Albrecht      folge werden gesundheitliche
 schaftlich sein.                   Fleischer und begleitet von Oe-    Einrichtungen wie Kranken-
                                    cotrophologie-Studierenden mit     häuser und Kurzzeitpflegeein-
Sollte Ellen Hahn nach dem          der Praxis der Gemeinschafts-      richtungen stark nach dem
Studium eine Position im mitt-      verpflegung.                       Essen beurteilt. Vor der Auf-
leren Management von Kran-                                             nahme ist zwar die medizini-
kenhäusern oder Altenpflege-        Dazu greifen sie auch selbst       sche und pflegerische Qualität
einrichtungen annehmen, wäre        zu Schneidebrett und Messer        das wichtigste Entscheidungs-
sie auch für solche Prozesse ver-   und lernen Verfahren zur Le-       kriterium. „Bittet man die
antwortlich. In einem Seminar       bensmittelverarbeitung in der      Patienten aber sechs Wochen
bei Dr. Christopher Niehues, der    Gemeinschaftsverpflegung ken-      nach der Entlassung um eine
im Wintersemester an den Fach-      nen. „Über diese praktische Ar-    Qualitätsbewertung, sind die
bereich Gesundheit zum Profes-      beit gewinnen Pflegemanager        Ausstattung der Zimmer, die
sor für Betriebswirtschaftslehre    Einsicht in die Herstellverfah-    Freundlichkeit der Mitarbeiter
im Gesundheitswesen berufen         ren von Cook and Chill, Cook       und das Essen von zentraler
wurde, haben Ellen Hahn und         and Freeze oder Cook and Hold –    Bedeutung“, so Niehues. •

                                                                  21
Virtual Reality – eintauchen in andere Welten.
Diesen Effekt auch zum Lernen benutzen, das
ist ein Gedanke, der es in sich hat. Dazu
forschen Studierende der Fachbereiche Design
sowie Elektrotechnik und Informatik.
Text und Fotos Theresa Gerks

Wir sind alle
Infonauten
„Wir sind eine Partizipationskultur, wir wollen Teil     reale Welt um sich herum vergessen und in die
 des Bildes sein. Das ist das Duftkerzenprinzip.“        neue spielerisch-narrativ abtauchen – wenn das
 Wenn Prof. Dr. Lars Grabbe über Medientheorie           didaktische Konzept dahinter stimmt. Designer
 spricht, dann leuchten seine Augen, und gleichzei-      und Entwickler müssen wissen, wie dies funktio-
 tig bleibt er cool, denn er ist dafür, „die Dinge un-   nieren kann, und hierzu Kompetenzen aufbauen.
 aufgeregt zu betrachten“. Bei Virtual Reality, längst   Die Idee zum Projekt „Immersive Learning“ war
 schlicht VR, ist das aber nicht so einfach, denn        geboren. „Wir sind alle Infonauten und müssen
 Grabbe sagt glasklar: „Das wird eine Schlüsselrolle     surfen lernen.“
 im Medienwandel einnehmen.“ Zwischen Büchern
 und Zeitschriften, Social Media und Radio, TV                Virtuelle Welten                                Kontakt
 und Netflix, Apps und digitalen Anzeigetafeln –         Perspektivwechsel. 15 Studierende sitzen im Werk-    Prof. Dr. Lars Grabbe
                                                                                                              l.grabbe@fh-muenster.de
 in diesem Medienberg den Überblick zu behal-            stattseminar. Skizzieren Ideen auf Papier, sammeln
 ten, das sei eine große Herausforderung unserer         Überlegungen am Laptop oder Tablet. Vor ihnen        Prof. Tina Glückselig
                                                                                                              glueckselig@fh-muenster.de
 Zeit. Und VR könne eine wunderbare Möglichkeit          liegen verschiedene Modelle von VR-Brillen. Und
 sein, Informationen zu kanalisieren und, besser         über allem schwebt die Frage: Wie lassen sich die    Prof. Dr. Jürgen te Vrugt
                                                                                                              vrugt@fh-muenster.de
 noch, Inhalte zu lehren, weil die Anwender die          Entwürfe als erste Prototypen in VR umsetzen?

                                                                         22                                                      fhocus Ausgabe 35
Virtual Reality: Immersive Learning

                                                                         „Wir sind eine
                                                                          Partizipationskultur,
                                                                          wir wollen Teil
                                                                          des Bildes sein.“
                   Der riesige Touchscreen an der Wand zeigt ani-         Prof. Dr. Lars Grabbe
                   mierte Dinosaurier. „Wir haben uns überlegt, dass
                   wir auf prähistorische Spurensuchen gehen“, er-
                   zählt Design-Studentin Josefin Schenk. „In unserer     Herauskristallisiert haben sich vier Säulen, die
                   VR-Welt folgt man Fußspuren von Dinosauriern.          für VR-Anwendungen wichtig sind, damit die
↗ Eintauchen
in andere Welten
                   Und die sind genauso groß, wie sie früher wirklich     Studierenden konkrete Kompetenzen in diesem
und diese selbst   waren, so kann man sich die Dinos viel besser vor-     Bereich entwickeln: Ästhetik, Kommunikation,
gestalten – das
geht mit Virtual   stellen.“ Andere Gruppen wollen die Anwender mit       Interaktion, Wahrnehmung. Wenn sie darüber
Reality.
                   in verschiedene Schlafphasen und Traumwelten           im Kurs diskutieren, Ideen vorstellen, über das
                   nehmen, in das Innere von menschlichen Knochen,        Storytelling reden, sich fragen, wie die Nutzer
                   in Unterwasserwelten oder auf den zukünftigen          mit den VR-Inhalten interagieren könnten, dann
                   Planeten Erde, auf dem es längst keine Menschen        sprechen sie schon wie selbstverständlich von den
                   mehr gibt.                                            „Grabbe-Kriterien“.

                    Das Besondere daran: Hier sitzen nicht ausschließ-         Projekt-Halbzeit
                    lich angehende Designer, sondern auch drei Studie-   Das Professorenteam gibt Impulse und Feedback
                    rende vom Fachbereich Elektrotechnik und Infor-      zum jeweiligen Projektstand. So entwickeln die
                    matik. Denn bei den zu entwickelnden Konzepten       Studierenden ihre Ideen immer weiter zu einem
                    dürfen die Studierenden nicht aus den Augen          schlüssigen und visuell ansprechenden Prototyp.       ↙ Das VR-
                                                                                                                               Professoren-
                    verlieren, dass die geplanten VR-Anwendungen         Ein Jahr ist jetzt vorbei im Projekt „Immersive       Team (v.l.):
                    auch technisch umsetzbar sein müssen.                Learning“, Halbzeit, und nach der theoretischen       Prof. Dr. Lars
                                                                                                                               Grabbe, Prof.
                                                                         Vorarbeit und dem Werkstattseminar folgt ab dem       Tina Glückselig,
                                                                                                                               Prof. Dr.
                         Eine Frage der Definition                       Wintersemester die erste Pilotphase. Vielleicht       Jürgen te Vrugt
                   „Wir sind gerade dabei, eine gemeinsame Sprach-       steht zum Schluss ein Lehrveranstaltungskonzept,
                    ebene zu finden und Entwürfe so zu vermitteln,       das mit den Prinzipien des Immersive Learning
                    dass die Entwickler sie direkt verstehen“, sagt      arbeitet. Die Weichen dafür sind gestellt. „Für uns
                    Design-Professorin Tina Glückselig. Sie betreut      Medientheoretiker gibt es keine schönere Zeit, als
                    die Studierenden zusammen mit Grabbe und             jetzt zu forschen“, sagt Grabbe. •
                    Prof. Dr. Jürgen te Vrugt vom Fachbereich Elektro-
                    technik und Informatik. Denn wenn Designer
                    und Informatiker zum Beispiel von Ästhetik
                    sprechen, dann meinen sie ganz verschiedene
                    Dinge. „Unterschiedliche Perspektiven ent-
                    sprechen verschiedenen Erfahrungshorizonten
                    und Begriffskulturen“, erklärt Grabbe.

                                                                    23
Wenn vieles
nicht mehr
hilft …

      … dann beginnt
      Palliative Care. Und
      weil es innovative
      Konzepte und wissen-
      schaftlichen Nach-
      wuchs braucht, hat
      unsere Hochschule
      den gleichnamigen
      Masterstudiengang
      entwickelt. Im Mittel-
      punkt: die familien-
      orientierte Versorgung
      in unterschiedlichen
      Lebensphasen.
      Text und Foto Anne Holtkötter

 24                                   fhocus Ausgabe 35
Palliative Care

„Die Absolventen werden                                  Die Absolventen werden darauf vorbereitet, später

 Pionierarbeit leisten.“                                 in interdisziplinären Teams zu arbeiten. Deshalb
                                                         nutzt der Fachbereich Gesundheit nicht nur das
                                                         Know-how von Praktikern außerhalb der Hoch-
Prof. Dr. Claudia Oetting-Roß                            schule, sondern vor allem auch das von Kollegen
                                                         des Fachbereichs Sozialwesen. „Der Umgang mit
                                                         Sterben und Tod sagt viel aus über die Lebenskul-
                                                         tur eines einzelnen Menschen und einer Gesell-
                                                                                                                    Info
                                                         schaft“, so Prof. Dr. Hugo Mennemann, der mit den        Der Studiengang
 Die Hauptrolle dabei spielte Prof. Dr. Claudia          Studierenden die soziologischen und kulturellen          startet zum
                                                                                                                  Sommersemester
 Oetting-Roß vom Fachbereich Gesundheit. Doch            Dimensionen von Palliative Care im Kontext von           2020. Bewerben
 das war nur im Team möglich, betont sie: mit            Sozialer Arbeit beackert – und dabei auch die Not-       können sich
                                                                                                                  Bachelorabsol-
 ihren Kolleginnen Meike Schwermann, sie lehrt           wendigkeit betrachtet, Palliative Care noch mehr         venten von
 Palliative Care und Palliative Geriatrie, und Prof.     im Bewusstsein der Gesellschaft zu verankern.            Pflege-, Sozial-
                                                                                                                  und Gesundheits-
 Dr. Susanne Kreutzer mit dem Lehrgebiet Ethik.          Für Prof. Dr. Enka Gläseker ist der Studiengang          wissenschaften,
                                                        „ein wichtiger Baustein für die zukünftige Versor-        die sich für
                                                                                                                  Palliative Care
„Es gibt schon viele gute Ansätze in Teams mit           gungssituation. Palliative Care geht uns alle an.“ Die   interessieren
 Ärzten, Pflegenden, Sozialarbeitern, Psychologen        Symptompalliativmedizinerin nimmt vor allem              oder dort schon
                                                                                                                  tätig sind.
 und Ehrenamtlichen“, sagt Oetting-Roß. Dies weiter      das Systemmanagement und die vorausschauende
 zu akademisieren, interdisziplinär zu verankern –       Kriseninterventionsplanung in den Blick.
 das sei das Ziel des neuen berufsbegleitenden
 Studiengangs. „Und was wir dringend brauchen:           Gerüstet mit diesem Wissen, sind die Absolventen
 Wir müssen die Perspektive der Betroffenen einneh-      klinische Experten für Palliative Care und somit
 men, den Einzelfall verstehen, um eine professio-       fit für die Mitarbeit in und Leitung von interpro-
 nelle Beziehung und bedürfnisgerechte Versorgung        fessionellen Teams. „Die Absolventen werden Pio-
 in einer schweren Lebenslage mit Betroffenen und        nierarbeit leisten“, prophezeit Oetting-Roß. Denn
 ihren Familien gemeinsam zu gestalten.“ Family          es ginge ja nicht nur um die Arbeit im Hospiz oder
 Care treibe sie einfach um, sagt Oetting-Roß, die       die direkte Versorgungspraxis. „Schon jetzt besteht
 zur Situation und Perspektive lebenslimitierend         ein großer Bedarf an akademisch gebildeten Health
 erkrankter Kinder und Jugendlicher in häusli-           Professionals auf Masterniveau – in der Forschung,
 cher Palliativversorgung promoviert hatte und           im Verbraucherschutz, bei Leistungsträgern, in
 Klinische Pflegeforschung, Palliative Care und          der Politik.“
 Pädiatrische Pflege lehrt. „Familie ist nicht Vater,
 Mutter, Kind, sondern das, was die Betroffenen          Wenn die erste Kohorte 2023 verabschiedet wird,
 als Familie ansehen.“ Familienorientierung aber         könnte die Akademische Feier auf dem Hüffer-Cam-
 sei bislang nicht gut in Studiengängen verankert.       pus stattfinden. Dort nämlich, wo die Fachbereiche
                                                         Gesundheit und Sozialwesen wegen ihrer inhalt-
 Deshalb ist eine familienorientierte palliative Ver-    lichen Nähe von Forschungs- und Lehrinhalten
 sorgung in unterschiedlichen Lebensphasen – vom         auch räumlich nah beieinander ein gemeinsames
 Säugling bis zum hochaltrigen Menschen – ein            Dach haben werden. Wie gut, dass die Zusammen-
 Schwerpunkt. In weiteren Modulen geht es um             arbeit auch jetzt schon funktioniert. •
 historische und ethische Dimensionen von Ster-
 ben und Tod. „Und die Studierenden können drei
 Semester lang theoriegeleitet konkrete Fälle aus         Kontakt
 ihrem Berufsalltag reflektieren. Solch reflexive         Prof. Dr. Claudia Oetting-Roß
                                                          oetting-ross@fh-muenster.de
 Räume zu schaffen, das ist wirklich innovativ“, so
 Oetting-Roß. Andere Module widmen sich etwa              Prof. Dr. Hugo Mennemann
                                                          h.mennemann@fh-muenster.de
 den Chancen und Grenzen von Technik in der
 palliativen Versorgung und dem Management                Prof. Dr. Enka Gläseker
                                                          glaeseker@fh-muenster.de
 von Institutionen der Palliativversorgung.

                                                                      25
Programmieren
                   leicht gemacht
                                          „Dahinter steckt eine Kollaborations-
                                           idee, ähnlich wie bei Wikipedia:
                     ↘ Für Leukipp        Jeder kann es nutzen und ergänzen.“
                     benötigt man kein
                     Extraprogramm
                     und nicht viel       Bruno Burke
                     Speicherplatz. Ein
                     Internetbrowser
                     reicht aus.

Kontakt
Prof. Dr. Sebastian Schinzel
schinzel@fh-muenster.de

Prof. Dr. Peter Vennemann
venneman@fh-muenster.de

                                                        26                    fhocus Ausgabe 35
Leukipp
Wärmedämmverbund-
systeme sinnvoll
verwerten
„Ich möchte etwas Nachhaltiges
       schaffen, von dem
   man in der Praxis profitiert.“
            Niklas Heller

                                           ↖ Häuser mit
                                           Wärmedämmver-
                                           bundsystemen
                                           werden immer
                                           häufiger
                                           zurückgebaut.

                                    28   fhocus Ausgabe 35
Nachhaltigkeit

Ist ein Gebäude richtig gedämmt, spart das Energie. Eine
beliebte Dämmmethode sind Wärmedämmverbundsysteme (WDVS)
mit Styroporplatten. Doch ein jahrelang verwendetes
Flammschutzmittel sowie der Verbund verschiedener Materialien
erschweren die Verwertung.
 Text Katharina Kipp Fotos Günter Hogen (linke Seite), Katharina Kipp

 Wie das trotzdem funktioniert,            geht aber wegen HBCD nicht,            im sogenannten Prallzerkleine-
                                                                                                                            Kontakt
 untersucht Bauingenieur Niklas            denn das darf nicht wieder in          rer. Hier werden die Materialver-         Niklas Heller
 Heller vom IWARU – und arbei-             den Kreislauf gebracht werden.         bunde gelöst. Danach folgt die            n.heller@fh-muenster.de

 tet dabei mit dem Fachbereich             Bei der zweiten Möglichkeit wird       Siebung, die feine Stoffe von den         Prof. Dr.-Ing. Sabine Flamme
 Maschinenbau zusammen.                    Styropor in einem Lösemittel ver-      anderen trennt. Anschließend              flamme@fh-muenster.de

„HBCD heißt das Flammschutz-               flüssigt und anschließend vom          kommt es zur Windsichtung,                Prof. Dr. Hans-Arno Jantzen
                                                                                                                            jantzen@fh-muenster.de
 mittel“, sagt Heller. Das steht           Flammschutzmittel abgetrennt.          einem elementaren Schritt zur
 für Hexabromcyclododecan                  Anschließend kann das Poly-            Trennung. Das kann man sich               Institut für Infrastruktur ·
                                                                                                                            Wasser · Ressourcen · Umwelt
 und macht in Kombination mit              styrol sauber zurückgewonnen           wie einen Windkanal vorstel-              iwaru@fh-muenster.de

 den WDVS-Bestandteilen Putz               werden. So zumindest die The-          len: Leichte Stoffe wie Styropor
 und Kleber den Weg in die Müll-           orie, denn das Verfahren befin-        fliegen im Luftstrom weiter als
 verbrennungsanlage sehr teuer.            det sich noch in der Entwicklung.      schwere Putzteilchen.“ Dabei
                                                                                                                             Info
 Genau da landen aber bislang die         „Nachteil von beiden Varianten          widmet sich der 32-Jährige ent-
                                                                                                                          Styroporplatten
 Dämmsysteme aus dem Abriss                ist, dass sie sich nur auf die Ver-    scheidenden Fragen: Wie viel            werden
 eines Gebäudes. „Styropor aus             wertung des Styropors beziehen.        Geld kostet das? Wie hoch sind          bevorzugt zum
                                                                                                                          Dämmen von
 dem Rückbau enthält in der Re-            Der viel größere Massenanteil an       die CO2-Emmissionen? Wie teuer          Gebäuden
 gel HBCD und ist damit nachweis-          Putzen und Klebern bleibt unbe-        sind die Transportwege?                 eingesetzt, denn
                                                                                                                          sie sind leicht
 pflichtig – das kostet viel Geld.“        rücksichtigt.“ Also widmet sich                                                zu verarbeiten
 Und da fängt das Problem an.              Heller einer weiteren Alternative:           Zusammenarbeit                    und günstig.
                                                                                                                          Ihr Marktanteil
„Die Platten mit HBCD sind bis             dem Zementwerk.                              mit dem Fachbereich               liegt bei etwa
 2015 in vielen Gebäuden verbaut                                                        Maschinenbau                      zwei Drittel.

 worden, etliche davon sind be-                  Sekundäre Roh- und               Unterstützung hat er sich von
 reits Jahrzehnte alt und werden                 Brennstoffe schaffen             unserem Fachbereich Maschi-
 nach und nach abgerissen. Also           „Im Prinzip geht es darum, sekun-       nenbau geholt, denn dort ist
                                                                                                                          ↘ Prof. Dr. Hans-
 nimmt dieser Rückbau in den               däre Stoffe aus Styropor und Putz      Prof. Dr. Hans-Arno Jantzen Ex-
                                                                                                                          Arno Jantzen (l.)
 nächsten Jahren zu.“ Dann lan-            zu schaffen“, sagt Heller. „Beides     perte für Strömungslehre – und          und Niklas Heller
                                                                                                                          stehen an
 den Dämmplatten aus Styropor,             wird im Zementwerk verbrannt           deshalb Hellers erster Ansprech-
                                                                                                                          einem Zick-Zack-
 Kleber- und Putzschichten im              und das HBCD dadurch zerstört.         partner, wenn es um Fragen zur          Sichter, mit
                                                                                                                          dem sich Schütt-
 Container. Aber wohin damit?              Die freiwerdende Energie wird          Windsichtung geht. „Das lag ein-
                                                                                                                          güter trennen
                                           für den Brennprozess verwendet         fach total nahe“, so Heller. „Das       lassen. Die
      Alternative: Zementwerk              und ersetzt fossile Brennstoffe        Labor von Prof. Jantzen verfügt         Visualisierung
                                                                                                                          über einen
„Es gibt mehrere Möglichkeiten,            wie Öl oder Gas. Die Verbren-          über jahrelange Erfahrung im            Laserlichtschnitt
                                                                                                                          und auch der
 Wärmedämmverbundsysteme                   nungsasche nutzt man als Roh-          Bereich der Windsichtung und
                                                                                                                          Einsatz von Nebel
 oder Teile davon zu verwerten“,           stoff bei der Zementherstellung.“      setzt modernste Messtechnik             helfen dabei,
                                                                                                                          die Vorgänge im
 erklärt der Doktorand am Insti-                                                  und Simulationswerkzeuge zur
                                                                                                                          Sichter besser
 tut für Infrastruktur · Wasser ·          Denkbar sind auch unterschied-         Prozessverbesserung ein.“ Und           zu verstehen.
 Ressourcen · Umwelt (IWARU),              liche Verwertungswege für die          deshalb treffen sich beide immer
 Arbeitsgruppe Ressourcen von              verschiedenen Abfallfraktionen         wieder. Noch bis Januar 2021
 Prof. Dr. Sabine Flamme. HBCD-            aus WDVS. Damit das funkti-            läuft das Projekt, mit seiner Dis-
 haltige Styroporplatten werk-             oniert, ist eines unumgänglich:        sertation will er vorher fertig sein.
 stofflich zu verarbeiten, sei keine       die Trennung von Mauerwerks-          „Ich möchte etwas Nachhaltiges
 Option. Dabei würde man den               resten, Styroporplatten und            schaffen, von dem man in der
 Dämmstoff einschmelzen und                Putzschichten in einzelne Be-          Praxis profitiert. Da bin ich auf
 Granulat draus machen. Das                standteile. „Zuerst landet alles       einem guten Weg.“ •

                                                                            29
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