Gründerhochschule - Drei Gründer mit einer - FH Münster
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Das Magazin der FH Münster WS 2021/2022 Gründerhochschule BEGEISTERN BEFÄHIGEN BEGLEITEN Drei Gründer Alles andere Leuchtende mit einer als von der Schätze Vision Stange heben
Ricarda Holtmann, Absolventin des Fachbereichs Sozialwesen, hat sich mit Holtmann Consulting selbstständig gemacht. Mehr erfahren Sie auf den Seiten 18/19. Foto Anne Holtkötter
EDITORIAL Proaktiv den Frage unserer Personalentwicklung und auch einer gelebten Wert- schätzung aller Mitarbeiter*innen und ihrer Partizipationsmöglich- keiten. Es ist auch eine Frage der richtigen Themen: Wir müssen uns Wandel gestalten noch mehr an den globalen Herausforderungen und dem konkreten Bedarf unserer Stakeholder orientieren. Stichworte sind hier beispiels- weise Nachhaltigkeit und digitale Transformation. Insbesondere durch unsere Anwendungsnähe und Interdisziplinarität bleiben wir der Innovationsmotor der Region, agieren aber auch international – und das ist kein Widerspruch. Denn die Herausforderungen in beiden Kon- texten sind oft ähnlich. Wenn wir die Chancen der Internationalisierung Ich wurde oft gefragt, warum ich dieses Amt übernehmen wollte. noch besser nutzen, kann sie zur Lösung regionaler Fragestellungen Die Antwort ist einfach: Unsere Hochschule greift gesellschaftliche beitragen. Die wachsende Anziehungskraft unserer Hochschule muss Herausforderungen auf und trägt zu ihrer Lösung bei – und mir sich auch in unserer Kommunikation widerspiegeln, dies ist eine Frage macht es Spaß, wenn dabei alle an einem Strang ziehen. Unser großes der Marketingstrategie. FH-Team mit seiner ausgeprägten intrinsischen Motivation und seinem enormen Engagement lässt mich optimistisch in die Zukunft Ich wünsche mir, dass wir unsere gesellschaftliche Verantwortung schauen. Professor*innen, Mitarbeiter*innen und Studierende haben wahrnehmen und nicht nur auf Veränderungen reagieren, sondern die FH Münster in den letzten 50 Jahren zu dem gemacht, wofür sie proaktiv handeln. Dabei liegen mir zwei Aspekte besonders am Herzen: heute regional, national und inzwischen auch immer stärker inter- Erstens möchte ich, dass wir dies in der richtigen Geschwindigkeit tun. national steht. Müsste ich in einem Slogan zusammenfassen, wodurch Auch wenn es in den heutigen Zeiten oftmals notwendig ist, schnell meine Amtszeit geprägt sein soll, würde ich sagen: durch Kontinuität zu agieren, ist es häufig ebenso sinnvoll, sich die notwendige Zeit zu und Weiterentwicklung. nehmen: um die Lage zu analysieren und durchzusprechen und Ideen reifen zu lassen. Mein zweiter Aspekt ist Fehlertoleranz. Bei allen Erfolgen Wir waren immer dann besonders erfolgreich, wenn wir die verschie- möchte ich dazu ermuntern, experimentierfreudig zu sein, nicht jede denen hochschulinternen Perspektiven und die unserer Kooperations- Maßnahme muss direkt zum gewünschten Erfolg führen. Die Kunst ist, partner zusammengeführt haben. Diese Kultur der vertrauensvollen daraus zu lernen, dies gilt für alle, die an der Hochschule arbeiten. Und Zusammenarbeit und unseren hohen Qualitätsanspruch möchte dies gilt übrigens auch für unsere jungen Gründer*innen: Wie sie sich das Präsidium weiter stärken. Ein Schlüsselfaktor dabei ist unser von Rückschlägen nicht entmutigen lassen – davon erzählen auch etabliertes, bundesweit renommiertes Qualitätsmanagement – die 2026 Beiträge in dieser fhocus-Ausgabe. Foto Anna Haas anstehende Systemreakkreditierung werden wir daher gut vorbereiten, damit wir die hiermit verbundene Autonomie und Flexibilität bei der Zuletzt noch ein Gedanke zur aktuellen Situation: Ich bewundere, wie Neu- und Weiterentwicklung von Studiengängen beibehalten. unsere Kolleg*innen den Hochschulbetrieb unter Corona-Bedingungen bewältigt haben. Wir haben unfassbar viel gelernt. Und sicher wird Prof. Dr. Frank Dellmann ist zum Wintersemester „Wir wollen den Gemäß Hochschulentwicklungsplan stehen dabei zwei strategische Ziele einiges davon über die Zeit der Pandemie hinaus Bestand haben. Aber 2000 mit dem Lehr- und Forschungsgebiet Wirt- schaftsmathematik, Statistik und Operations im Mittelpunkt: Wir wollen den Wandel von Arbeits- und Lebens- uns ist auch bewusst geworden, wie wichtig uns die persönliche Zu- Research an den Fachbereich Wirtschaft berufen Wandel von Arbeits- welten gestalten und Magnethochschule werden, anziehend sein für sammenarbeit ist – deshalb mein Plädoyer: so viel Präsenz wie möglich, worden. Er war zwölf Jahre lang Leiter des Deutsch- Lateinamerikanischen Studiengangs Betriebswirt- Studierende, Forschungspartner und Personal. Beides hängt natürlich so viel Digitales wie nützlich. schaft (CALA), von 2006 bis 2013 Dekan des Fach- und Lebenswelten eng zusammen und bedeutet, dass wir uns zukünftig noch stärker bereichs und ab 2014 Vizepräsident für Bildung und einer zunehmenden Konkurrenz zu privaten Wettbewerbern sowie Und nun wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Lesen dieses Hochschul- Internationales. Seit dem 1. Oktober 2021 leitet er gestalten und Magnet- unsere Hochschule als Präsident. Der Wirtschafts- den anderen Hochschulen stellen müssen. Es ist heute schon schwierig, magazins. wissenschaftler ist seit mehr als drei Jahrzehnten spezielle administrative Stellen zu besetzen und für bestimmte Fach- verheiratet und Vater von drei Söhnen. Erholung hochschule werden.“ gebiete wissenschaftlichen Nachwuchs zu finden – gerade erleben wir von der Arbeit findet der 54-Jährige auf Reisen, gern nach Spanien und Lateinamerika, und beim einen Generationenwechsel bei den Professor*innen. Wollen wir die Joggen, Wandern und Yoga. Vorreiterrolle in der anwendungsorientierten Forschung beibehalten, müssen wir also deren Nachfolge frühzeitig sicherstellen. Als familien- freundliche und gesunde Hochschule wirken wir bereits jetzt als Magnet- Prof. Dr. Frank Dellmann fhms.de/praesidium hochschule. Aber wir müssen noch attraktiver werden. Dies ist eine Präsident der FH Münster 4 fhocus Ausgabe 39 5
INHALT IM INTERVIEW „Wir werden inzwischen SCHWERPUNKT FH Münster als Gründerhochschule als Gründerhochschule 07 IM INTERVIEW „Wir werden inzwischen als Gründerhochschule 26 NETZWERKEN Auf Erfolgskurs mit Umwegen deutlich wahrgenommen“ deutlich wahrgenommen“ UNTERNEHMEN GRÜNDERHOCHSCHULE 28 Alles außer OP 09 Verzahnen und vernetzen 30 Scheitern als Chance BEGEISTERN BERUFUNGEN Begeistern, befähigen, begleiten – 12 Drei Gründer. Eine Vision. 34 Willkommen an der FH Münster das sind die drei Eckpfeiler, auf denen die Gründungsförderung BEFÄHIGEN FH MÜNSTER IM PROFIL 14 Alles andere als von der Stange 38 Die Hochschule in Zahlen unserer Hochschule beruht, hinzu 16 „storch.energy“ verleiht Ideen Flügel kommen noch netzwerken und FH-STORY unternehmen. Carsten Schröder, BEGLEITEN 39 Essen ohne Bauchschmerzen 18 „Vertraue auf dein Können“ Vizepräsident für Kooperation, 20 Leuchtende Schätze heben Innovation und Marketing, be- 22 Kaffeebecher to eat richtet von der Arbeit der Gründer- 24 Vom Forschungsprojekt zum IT-Unternehmen hochschule FH Münster. Text Frederik Tebbe Foto Katharina Kipp Carsten Schröder treibt als Vizepräsident der FH Münster und Geschäftsführer der TAFH Münster GmbH die Gründungsförderung maßgeblich voran. Carsten Schröder, die FH Münster ist Gründerhochschule. Wir begeistern, befähigen und begleiten die Studierenden. Was bedeutet das? Wir wollen zunächst für die Idee des unternehmerischen Impressum Das bedeutet, dass wir uns unter anderem bei einer Denkens und Handelns und diesen Karrierepfad sensibi- Förderausschreibung namens EXIST-Potentiale durchge- lisieren. Dann wollen wir unseren Studierenden ermög- fhocus Ausgabe 39 | Wintersemester 2021/2022 Korrektorat fhms.de Wiebke Engels, Lektorat Schreibweise setzt haben: Unsere Strategien, Strukturen, Prozesse und lichen, sich in diesem Kontext zu qualifizieren. Man sollte Druck Maßnahmen erfüllen das Kriterium einer Hochschule, sich beispielsweise betriebswirtschaftliches und rechtliches Herausgeber Wentker Druck GmbH, Greven die Gründungsideen fördert und vorantreibt. Grundwissen aneignen, sich mit Kreativitätstools und Der Präsident der FH Münster Auflage Redaktion 1.400 Stück Innovationsmanagement beschäftigen sowie an seinen Pressestelle der FH Münster: Anne Holtkötter, ISSN 1610-2592 Wie unterstützt die Hochschule Gründungsvorhaben? Soft Skills arbeiten. Entrepreneurial Education findet in- Katharina Kipp (V. i. S. d. P.) Gestaltung FSC- und PEFC-zertifiziert, CO2-neutral und mit Angelehnt an die Silbe „Be“ in unserem Projektnamen zwischen integriert in diversen Studiengängen, in außer- goldmarie design, Münster dem Nordic Swan Ecolabel ausgezeichnet „Be an Entrepreneur!“ machen wir dies in drei Phasen: curricularen Veranstaltungen und auch bewusst fachbe- 6 fhocus Ausgabe 39 7
IM INTERVIEW GRÜNDERHOCHSCHULE reichsübergreifend statt. Interdisziplinäre Gründerteams Ein Thema, das immer beliebter wird, ist Social Entre- haben ein immenses Erfolgspotenzial. Final ist es unser preneurship, das soziale Unternehmertum. Anspruch, dass wir die Gründungen begleiten, indem wir Genau. Wir haben super Kolleg*innen, die das an der coachen, unterstützen, netzwerken und in ausgewählten Hochschule vorantreiben. Es passt unglaublich gut zu Fällen sogar mitgründen. unserer im Hochschulentwicklungsplan verankerten Strategie, auch Kooperation und Innovation in der Ge- Die Gründerhochschule arbeitet interdisziplinär Warum ist das Thema für die FH Münster so wichtig? sellschaft zu fördern. So kommt automatisch das Thema Wir leben in einer Region, die stark vom Mittelstand ge- Social Entrepreneurship heraus – dass man sozial oder prägt ist. Ich finde, diese Wirtschaftsstruktur ist unbe- nachhaltig ausgerichtete Geschäftsmodelle entwickelt, die dingt erhaltenswert. Somit müssen junge Menschen bereit trotzdem wirtschaftlich sind. Wir kooperieren hier übri- sein, unternehmerische Verantwortung als Gründer*in gens neben der WWU Münster auch ganz stark mit der Es geht nur zusammen: An der FH Münster greifen viele Zahnräder ineinander, oder auch als Unternehmensnachfolger*in zu übernehmen. Katholischen Hochschule. um Gründungen zu fördern. Verschiedene Einrichtungen und Projekte bieten Ich persönlich glaube daran, dass wir außerdem Angestellte Studierenden und Gründungsinteressierten die Möglichkeit, sich auszuprobieren. brauchen, die intrinsisch motiviert etwas für ihre Unter- Sie selbst sind Geschäftsführer des Start-ups Novel nehmen oder soziale Organisation tun. Dementsprechend Vegan Crafts. Was fasziniert Sie persönlich am Thema Die Mitarbeiter*innen in den Teams geben einen Einblick. ist es uns eine Herzensangelegenheit, dieses Thema wirk- Entrepreneurship? lich allen Studierenden nahezubringen – egal, welchen Gerade diese intensive Zusammenarbeit zwischen dem Text Frederik Tebbe Fotos Katharina Kipp (S. 9, S. 10), Dzemila Muratovic (S. 11) Karriereweg sie letztendlich einschlagen möchten. jungen Gründungsteam und dem Investor im Hintergrund sowie die Einblicke in eine gerade boomende Branche Wieso funktioniert dies so gut im Münsterland? machen mir unglaublich viel Spaß. Und wir bieten mit der Die FH Münster ist Gründerhochschule – und baut die In der Region schaffen wir es inzwischen, gemeinsam mit TAFH Münster GmbH gerade am Anfang gut funktionie- dafür nötige Infrastruktur nach und nach aus. Auf dem diversen Partner*innen mehr Verantwortung für dieses rende – weil erprobte – Managementprozesse. Ich kann Steinfurter Campus eröffnet mit dem MakerSpace eine Thema zu übernehmen. Früher waren es vor allem die mir gut vorstellen, das noch öfter zu tun. Weitere Projekte Kreativ- und Prototypenwerkstatt, mit „storch.energy“ ist Wirtschaftsförderungen und Kammern, die sich stark sind bereits in der Pipeline. ein Accelerator-Programm für erneuerbare Energien an engagiert haben – und die Hochschulen haben dabei den Start gegangen, im Fachhochschulzentrum in Münster unterstützt. Inzwischen sind die Hochschulen aber mit Kontakt gibt es zum Beispiel das food lab und das digi.lab – und an der Spitze der Bewegung. Wir werden inzwischen als Carsten Schröder mittendrin kümmern sich die Mitarbeiter*innen der FH schroeder@fh-muenster.de Gründerhochschule deutlich wahrgenommen. Münster und TAFH Münster GmbH darum, das Thema Gründung bestmöglich voranzutreiben und im Lehrplan zu verankern. „Wir haben in den letzten Jahren viel getan und entwickelt. Nun geht es darum, all diese Projekte mit- „Wir leben in einer Region, die stark einander zu verzahnen und strategisch einzubetten“, erklärt Vizepräsident Carsten Schröder. Dass dies in Arbeit ist, zeigen verschiedene Aktivitäten an unserer Hochschule. vom Mittelstand geprägt ist. Denn zu vernetzen und zu verzahnen ist klarer Anspruch von Dr. Jonas Carl Lilienthal und Dr. Ines Sonnenschein. Ich finde, diese Wirtschaftsstruktur Die beiden Mitarbeiter*innen des Wandelwerks, dem Zent- rum für Qualitätsentwicklung an der FH Münster, küm- mern sich darum, die Idee des Social Entrepreneurship in ist unbedingt erhaltenswert.“ der Hochschule zu verbreiten. Während das Gründungsbe- ratungsteam der TAFH soziale Start-ups bei ihrer Unter- nehmensgründung fördert, gehen Lilienthal und Sonnen- „Das Gute unternehmen“ (v. l.): Nathalie Kunold, Alicia Kurze, Leonie Haar und Jan-Luca Lütke Notarp planten in der Projekt- woche ein Kinderkochfestival. Carsten Schröder 8 fhocus Ausgabe 39 9
GRÜNDERHOCHSCHULE schein an die Wurzel: „Im Tipps für die Gründung Wandelwerk leisten wir didaktische Beratung für Wer in solchen Lehrveranstaltungen oder Projektwochen Die Geschichte der Gründungsförderung „FHDurchStarter“ und „Münsterland Initiative Unternehmerin“ – Lehrende“, sagt Lilienthal. Lust aufs Gründen bekommen hat, findet bei den Grün- mit diesen Projekten ging die Gründungsförderung der FH Münster „Nun wollen wir sie auch dungsberater*innen der TAFH schließlich die passende 2008 an den Start. Von Beginn an dabei: Gründungscoach Sandra für das Thema Social En- Unterstützung. Dort vermitteln die Expert*innen unter- Fuchs. In unserem Jubiläumsinterview berichtet sie von den Anfängen. Abrufbar ist es unter fhms.de/GründungJubiläum. trepreneurship begeistern nehmerisches Denken und Handeln. Für den Start hat und fachbereichsübergrei- Gründungsberater Daniel Schaschek drei Ratschläge parat, fend zusammenbringen. die angehende Entrepreneure beherzigen sollten. „Erstens: So entstehen spannende Fangt früh an und bringt schnell eine erste einfache Ver- Ideen für Lehrveranstal- sion eurer späteren Lösung auf den Markt, damit ihr bei „Aber wir prüfen, ob das tungen, die den Studieren- Nichtgefallen gleich gegensteuern könnt. Zweitens: Fragt den das soziale Unterneh- eure potenziellen Kund*innen, wie die perfekte Lösung Konzept der Gründungsidee mertum näherbringen.“ aussehen würde, damit ihr nicht am Markt vorbeientwi- Bereits im Frühjahr 2021 ckelt. Und drittens: Kümmert euch frühzeitig um die Fi- hieb- und stichfest ist und startete das Wandelwerk nanzierung. Hier helfen wir gerne mit Fördermitteln und Ideen ausprobieren: Im MakerSpace auf dem Steinfurter Campus dazu einen interdiszipli- Zuschüssen.“ Schaschek selbst ist Gründer verschiedener grundsätzlich Aussicht auf können Studierende und FH-Angehörige Prototypen entwickeln. nären Austausch, bei dem Start-ups; er und das Team der TAFH bringen reichlich Hier zu sehen: Koordinator Sascha Wagner. sich die Teilnehmer*innen Erfahrung aus der Praxis mit. „Jede Gruppe bekommt von Erfolg hat. Und dann arbei- kennenlernen und erste uns eine individuelle Beratung“, erklärt er. „Aber wir prü- Ideen skizzieren konnten. fen, ob das Konzept der Gründungsidee hieb- und stichfest ten wir zusammen.“ So trafen Sozialwissenschaftler*innen auf Ingenieur*innen und Wirtschaftswissenschaft- ist und grundsätzlich Aussicht auf Erfolg hat. Und dann ler*innen. „Natürlich muss das Thema individuell interpretiert und für die jeweiligen arbeiten wir zusammen.“ Daniel Schaschek Gründungsberater Studiengänge angepasst werden“, so Lilienthal. „Das Gute unternehmen“ Mehr und mehr fokussiert sich die Gründerhochschule darauf, Unternehmen zu fördern, die sozial oder nachhaltig agieren, die in ihrer Arbeit wohltätige Zwecke unterstützen – die „das Gute unternehmen“: So lautet der Titel eines Kooperationsprojekts mit dem MITwirken Münster e. V., das die Hochschule im März 2021 durchgeführt hat. Ziel war es, in einer vorwiegend digital stattfindenden Projektwoche Studierende und Angestellte zusammenzubringen, sie für das sogenannte Corporate Volunteering zu sensibilisieren und unternehmerisches Denken und Handeln in die Praxis umzusetzen. Die Teams nahmen sich Problemstellungen gemeinnütziger Organisationen an und entwickelten Zusammenarbeit gemeinsam Lösungsansätze, die während der Projektwoche oder im Anschluss daran Die Gründungsförderung umgesetzt werden konnten. „Und der Zuspruch darauf war überwältigend“, sagt TAFH- der FH Münster gelingt vor allem, weil gemeinschaft- Mitarbeiterin Lea Wilkens, die das Projekt mit Prof. Dr. Thorn Kring und Jens Wortmann lich verschiedene Partner in koordiniert hat. „Das Engagement und die Motivation der Studierenden haben uns wirk- geförderten Projekten daran arbeiten. Dazu gehören lich begeistert. Manche Teams arbeiten auch heute noch an den Themen, die sie in der EXIST-Potentiale, das EUREGIO Projektwoche begonnen haben.“ Eine Gruppe etwa organisiert ein Kinderkochfestival, Start-up Center REACH, das das im Kulturquartier im Norden Münsters stattfinden soll, sofern es das Infektionsge- Innovationslabor Münster- land oder Gründergeist schehen erlaubt. Mitarbeitende und Leitende des Kulturquartiers waren wiederum selbst #Youngstarts Münsterland. an „Das Gute unternehmen“ beteiligt. „Es ist schön, zu sehen, wie sich alles vernetzt“, so Begeistern, befähigen, Eine Übersicht und weitere begleiten: Gründungscoach Infos gibt es online unter Wilkens. „Geplant ist, die Projektwoche 2022 zu wiederholen und sie künftig einmal pro Sandra Fuchs (r.) bei einem fhms.de/gruenden. Semester anzubieten.“ Beratungsgespräch. 10 fhocus Ausgabe 39 11
BEGEISTERN Drei Gründer. Eine Vision. Jan-Niklas Kippelt (r.) hat gemeinsam mit Marius Schulte (l.) das Start-up „comoon“ gegründet. Inzwischen vervollständigt Christian Trick das Team. Der erste Arbeitsort soll in Metelen entstehen, Heimat von Kippelt und Schulte. nachdem er zuvor in Münster für das Unternehmen Flaschenpost gearbeitet hatte. „Wir merken, Geschäftssitz von dass unsere Idee richtig gut ankommt, nicht nur bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, „comoon“ soll Münster werden. Aktuell stu- sondern auch bei Arbeitgebern. Denn auf dem Land sind Büroflächen günstiger“, so Kippelt. Die diert Marius Schulte Das Arbeiten von zu Hause Gemeinsam mit Marius Schulte, der Management und Technology in Gründer wollen Co-Working-Spaces entwickeln, die selbstständig funktionieren. „Ohne dass noch in München. spart den mitunter langen München studiert, hat er das Start-up „comoon“ gegründet. Inzwischen ständig eine Managerin oder ein Manager vor Ort sein muss. Sonst ist das wirtschaftlich nicht verstärkt Christian Trick, Designabsolvent unserer Hochschule, das attraktiv“, erklärt der Architekturstudent. Für die technische Umsetzung sorgt Christian Trick. Arbeitsweg, ist aber nicht un- Team. Die Idee: Leerstand im ländlichen Raum in Arbeitsorte umzu- Der selbstständige Designer ist Dozent an unserer Hochschule und bringt viel technisches Know- bedingt jedermanns Sache: wandeln. „Sie müssen dort entstehen, wo die Menschen leben“, sagt how mit. „Meine Aufgabe ist es, Software- und Hardware-Lösungen zu entwickeln. Ich bin also Manche fühlen sich abgelenkt Kippelt. „Indem wir Nachbarschaftsbüros in Pendlergebieten schaffen, für die Website zuständig, arbeite aber auch an einer App und kümmere mich später um die die ohnehin mit viel Leerständen zu kämpfen haben, schlagen wir Hardware vor Ort, sodass alle, die einen Arbeitsort gebucht haben, zum Beispiel die Türen auf- oder empfinden die technische mehrere Fliegen mit einer Klappe.“ Denn die Lebensqualität steige, schließen können.“ Ausstattung als unzulänglich. der ländliche Raum sei wiederbelebt, und das Ortsbild verändere sich Hilfreich wäre ein produktiver zum Positiven. „Mit so einem Angebot gewinnt das Leben auf dem Arbeitswelt der Zukunft Land an Attraktivität.“ Der angehende Architekt legt seinen Fokus auf Platz zum Arbeiten außerhalb das Thema Städtebau. „Mich treiben Fragen um, wie wir in Zukunft Einen Beitrag zu leisten, die Arbeitswelt der Zukunft zu gestalten – das ist die Vision der Gründer der eigenen vier Wände, aber leben und arbeiten wollen. Durch die Corona-Pandemie hat sich die von comoon und ihr innerer Antrieb. „Wir brennen für unsere Idee. Und da wir alle noch studieren ganz in der Nähe – und den Art und Weise des Arbeitens verändert – es ist sehr spannend, das oder selbstständig sind, ist für uns jetzt der perfekte Zeitpunkt, um den Schritt in die Selbststän- zu beobachten!“ digkeit zu wagen“, sagt Kippelt. Für alle angehenden Gründer*innen hat er einen wichtigen Tipp: gibt es, sagt Architektur- „Redet über eure Idee! Menschen sind sehr auskunftsfreudig und teilen bereitwillig ihr Wissen. student Jan-Niklas Kippelt. Arbeitsorte statt Leerstand Man bekommt super viel Feedback, wenn man einfach nur fragt. Das hat uns sehr geholfen.“ Text Katharina Kipp Fotos comoon Der erste Arbeitsort soll in Metelen entstehen, Heimat von Kippelt und Schulte. „Hier gibt es viel Leerstand, und mehr als 70 Prozent der Menschen, die hier wohnen, pendeln. Metelen ist also ein perfekter Ausgangspunkt für unser Vorhaben“, sagt Schulte. Die Gründer haben „Arbeitsorte müssen dort entstehen, Kontakt Jan-Niklas Kippelt jan_niklas@kippelt.de eine Leerstandsimmobilie identifiziert und erdenken derzeit einen Prototyp. Die Resonanz auf ihr Vorhaben ist groß – nicht erst, seitdem sie den mit 2.000 Euro dotierten 1. Preis beim Social Impact Award der wo die Menschen leben.“ www.comoon.space TUM School of Management gewonnen haben. Dort studiert Schulte, Jan-Niklas Kippelt Architekturstudent und Gründer von „comoon“ 12 fhocus Ausgabe 39 13
BEFÄHIGEN Wie ist aus der anfänglichen Gründeridee ein mittlerweile etabliertes Unternehmen geworden? Einen entscheiden- den Schub gab es im Jahr nach der Gründung durch das EXIST-Gründerstipendium, das die TAFH Münster GmbH erstmalig vergeben hatte. Auch tatkräftige Unterstützung von Prof. Dr. Alexander Riedl vom Fachbereich Physikinge- nieurwesen war wichtig für das Duo. Dank der finanziel- len Förderung und dank der Gründungsberatung konnten sich die FH-Absolventen dem Aufbau ihres Unternehmens widmen, das von Beginn an in den GRIPS-Räumen auf dem Steinfurter Campus beheimatet ist. Ein Gemisch aus Wasserstoff und Gas strömt in Kürze durch die Eine „Win-win-Situation“ für alle Rohrleitungen eines Prüfsystems bei Merecs Engineering. Doch der Platz reicht schon lange nicht mehr. Denn Stärke, die trotz der schwierigen Zeit neue Interessenten das Team ist von ursprünglich drei auf mittlerweile 16 bescherte und für eine solide Auftragslage sorgte. „Wir Die beiden Geschäftsführer Christoph Deus (r.) und Elmar Schneider Personen gewachsen und hat einen zweiten Standort blicken sehr positiv in die Zukunft und werden unser Alles andere im Gewerbegebiet Sonnenschein angemietet. „Auch die Angebot mit neuen Tools erweitern. Von den Prüfsys- neuen Flächen sind bereits nahezu vollständig ausgelas- temen erzeugte Daten können dann einfach per Tablet tet, weshalb wir weitere Räumlichkeiten in der Nähe des oder online während eines Meetings kundenindividuell Steinfurter Campus benötigen. Diese enge Anbindung hat ausgewertet und beispielsweise als Statistik oder Trend sich bewährt. Fast alle unserer Ingenieur*innen kamen visualisiert werden. Das erleichtert die Entscheidungsfin- als von der zunächst als Werkstudent*innen in unser Team und dung und spart damit Zeit unserer Kund*innen“, erzählt unterstützten uns bereits parallel zum Studium an der der FH-Absolvent. FH“, berichtet Deus. Die Studierenden können erlerntes Wissen frühzeitig anwenden, werden im Anschluss bei Wir wachsen weiter Merecs als Festangestellte übernommen oder dürfen sich aufgrund der zusätzlich erworbenen Kenntnisse auf Das Unternehmen werde weiterwachsen, die hohe Nach- Stange überdurchschnittlich attraktive Jobangebote von anderen frage und volle Auftragsbücher zeigen dies deutlich. Um namhaften Unternehmen freuen. „Das ist eine Win-win- dafür, in Verbindung mit weiteren Standorterweiterungen, Situation für alle, und dieses Konzept möchten wir auch optimal aufgestellt zu sein, erfolgte jetzt ein weiterer in Zukunft so erhalten“, sagt Deus, der sechs Jahre lang wichtiger Schritt: die Umwandlung der Rechtsform von Vorlesungen für Informatik an unserer Hochschule ge- der ursprünglichen GmbH & Co. KG in eine reine GmbH. Text Rena Ronge Fotos Frederik Tebbe halten und einige Abschlussarbeiten betreut hat. Wer wächst, braucht auch weiterhin bestens qualifizierten Nachwuchs. „Junge Nachwuchskräfte aus den Bereichen Mit positivem Blick in die Zukunft Informatik, Elektrotechnik, Maschinenbau und Physik- Der Bedarf der deutschen Wirtschaft an auto- können? Mit dieser Frage haben sich die dama- ingenieurwesen sind bei uns daher herzlich willkommen. matisierten Prüfsystemen war nie größer. ligen Studenten des Fachbereichs Physikalische Gute Leute in der Region ausbilden, befähigen und hal- Wir freuen uns auch auf weitere Kooperationen mit der Schließlich werden immer mehr Produkte ent- Technik Christoph Deus und Elmar Schneider ten, darauf komme es an. Denn auch die Kund*innen FH Münster, wie es sie bereits 2016 mit Prof. Dr. Mertins wickelt. Dafür sorgt insbesondere die rasante bereits 2010 beschäftigt und die Merecs Engi- kommen zu etwa 50 Prozent aus der Region und legen vom Fachbereich Physikingenieurwesen zur Untersuchung Transformation hin zu neuen, oft sauberen neering GmbH & Co. KG gegründet. Heute setzt viel Wert auf eine langfristige, verlässliche Partner- der tatsächlichen Schutzwirkung von Sonnenbrillen vor Technologien. Die Produkte wiederum müssen das Unternehmen neue Maßstäbe für automa- schaft. „Sie kommen aus den Bereichen Automotive UV-Licht gab“, erzählt Deus, der sich immer über neue vermessen, getestet und bewertet werden – tisierte Prüfsysteme durch kurze Prüfzeiten, und Medizintechnik, aus der Wasch- und Kaffeema- Fachkräfte aus seiner ehemaligen Hochschule freut. das gilt für den Prototyp und auch für jedes hohe Messgenauigkeit, leichte Bedienbarkeit schinenfertigung sowie Heizungsproduktion, auch ein Endprodukt innerhalb einer Serienproduktion. und eine Anfertigung ganz nach individuellen Lieferant der Europäischen Weltraumorganisation ESA Kontakt ist darunter“, berichtet Deus. Diese breite Aufstellung Christoph Deus Was muss ein automatisiertes Testsystem alles Kundenwünschen. christoph.deus@merecs.de entpuppte sich während der Corona-Krise als besondere 14 fhocus Ausgabe 39 15
BEFÄHIGEN „storch.energy“ verleiht Ideen Flügel Kläranlagen benötigen Sauerstoff, damit Mikroorganismen die im Abwasser Hochschule mit Kläranla- Firmen, finanzstarken Geldgebern, gut ausgebildeten enthaltenen Stoffe abbauen können. Dabei lässt sich durch gezielte Optimierung gen. „Damals fiel mir auf, Ingenieur*innen, Vertreter*innen aus der Politik und dass viele Betreiber von in- einer funktionierenden Wirtschaftsförderung. „Den Ge- viel Energie einsparen. Damian Wevelsiep macht daraus eine Geschäftsidee – dustriellen Kläranlagen zu danken, irgendwann mal ein eigenes Unternehmen zu und durchläuft das Accelerator-Programm „storch.energy“. viel Sauerstoff eintragen, gründen, fand ich immer schon interessant. Ich dachte Text und Fotos Katharina Kipp um die Betriebssicherheit aber, ich gehe erst in die Forschung und mache das mit zu erhöhen. Das führt aber vielleicht 40 oder 50. Jetzt geht es vielleicht schon ganz nur zu einem erheblichen schnell“, sagt Wevelsiep. Energieverbrauch und damit zu hohen Betriebs- 2022 startet „storch.energy“ erneut. Wer dabei sein will, kann kosten. Im Endeffekt funktioniert das Verfahren auch mit sich online bewerben – alle Informationen finden Interessierte weniger Sauerstoff – man muss nur den Klärprozess anla- auf www.storch.energy. genspezifisch verstehen.“ Dabei hilft es, die Dynamik von Ein- und Mehrzellern in einer Kläranlage mikroskopisch zu untersuchen und daraus Zusammenhänge der Funktions- weise einer Kläranlage abzuleiten. „In Kläranlagen gibt es theoretisch mehr als 200 unterschiedliche Ein- und Mehr- zeller, in der Regel findet man aber nur 15 bis 20, wovon einige wiederum in fast jeder Anlage sind. Es ist also gar nicht so schwierig, Organismen zu bestimmen. Wichtig ist, ihre Veränderungen früh genug zu erkennen und Damian Wevelsiep arbeitet dagegenzusteuern, um den eingetragenen Sauerstoff opti- am Fachbereich Energie • mal auszunutzen beziehungsweise die Betriebssicherheit Gebäude • Umwelt als Forschungsteamleiter Damian Wevelsiep hat an wissenschaftlicher zu erhöhen.“ Dr. Elmar Brügging begrüßt unserer Hochschule Umwelt- Mitarbeiter. gute Ideen und innovative An- technik im Bachelor und sätze, um Energie zu sparen. Technisches Management Starkes Netzwerk in der Vertiefungsrichtung Dieses hat ein großes Ziel: Start-ups im Bereich der er- ihm genau das, was er wissen muss. „Besonders gut finde Umwelttechnik im Master studiert. neuerbaren Energien den nötigen Schwung zu verpassen, ich, dass uns die Mitglieder der Wirtschafts-Senioren Damit rannte Wevelsiep bei Forschungsteamleiter Dr. Elmar damit eine richtig gute Idee nicht einfach in der Schublade Osnabrück e. V. bei der Gründungsidee unterstützen. Ich Brügging offene Türen ein. „Gute Ideen und innovative verschwindet, sondern Realität wird. Deshalb gibt es drei treffe meine einmal pro Woche, um gemeinsam mit ihnen Ansätze, um Energie zu sparen, sind hier immer sehr will- Monate lang geballtes Wissen für angehende Energie-En- an meiner Idee zu arbeiten.“ kommen. Und die Idee passt perfekt zu ‚storch.energy‘“, trepreneur*innen. Sie erhalten unter anderem ein Pitch- so Brügging. Projektleiter Daniel Schaschek aus dem Team und Vertriebstraining, besuchen einen Intensiv-Workshop Wichtig für Weiterentwicklung von FH Münster und TAFH Münster GmbH, der „storch. zu Förderprogrammen, bekommen eine Förderung in energy“ zusammen mit der Wirtschaftsförderungs- und fünfstelliger Höhe, um den Kopf frei zu haben und an Wie hilfreich das ist, merkte Wevelsiep schnell. „Als Entwicklungsgesellschaft Kreis Steinfurt – der WESt mbH Projektleiter Daniel Schaschek Kontakt ihren Ideen arbeiten zu können, und werden von Rechts- es mit ‚storch.energy‘ losging, war mir noch gar nicht – und dem Projekt „Hymat Energie“ umsetzt, sah das ähn- aus dem Team von FH Münster Damian Wevelsiep und TAFH Münster GmbH setzt damian.wevelsiep@ anwält*innen fachkundig beraten. „Das Programm ist für bewusst, wohin die Reise gehen soll. Jetzt habe ich ein lich und animierte Wevelsiep zur Bewerbung. „Ich habe „storch.energy“ zusammen fh-muenster.de mich optimal“, sagt Wevelsiep, der an unserem Fachbe- Ziel vor Augen. Außerdem sind die Themen im Programm meine Idee auf zwei Seiten beschrieben und eingereicht. mit der Wirtschaftsförde- reich Energie • Gebäude • Umwelt als wissenschaftlicher auch für meine persönliche Weiterentwicklung wichtig.“ Das war auf jeden Fall die richtige Entscheidung!“ Hat rungs- und Entwicklungsge- Daniel Schaschek sellschaft Kreis Steinfurt – daniel.schaschek@ Mitarbeiter im Team von Prof. Dr. Christof Wetter und Der 30-Jährige beschäftigte sich schon in seiner Masterar- er das Programm erfolgreich durchlaufen, profitiert er der WESt mbH – und dem ta.fh-muenster.de Dr. Elmar Brügging beschäftigt ist. „storch.energy“ liefere beit im Studiengang Technisches Management an unserer anschließend von einem starken Netzwerk aus bekannten Projekt „Hymat Energie“ um. 16 fhocus Ausgabe 39 17
BEGLEITEN „Vertraue auf dein Können“ Ihre Verbundenheit zur Hochschule Selbstständig zu sein bedeutet für die 33-jährige Mutter von drei Kindern, sich die Zeit für die Arbeit und für die Familie frei zu organisieren, sodass Das Studium und berufliche Erfahrung, das sind die Aspekte, es für alle Parteien am besten ist. Und wenn doch mal Unklarheiten und die Ricarda Holtmann für den Erfolg ihres Unternehmens Unsicherheiten da sind oder eine fachliche Reflexion sinnvoll ist, dann baut sie auf kompetente Ansprechpartner. „Die Professoren Stephan Barth nennt – und auch: Mentoren fragen zu können, wann immer und Manuel Tusch haben immer ein offenes Ohr für mich, egal was ich sie deren Rat braucht. habe, ich kann sie jederzeit ansprechen. Sie sind sozusagen meine Mento- ren und Begleiter.“ Sie seien es auch, die sie während ihres Masterstudiums Text und Foto Anne Holtkötter Ricarda Holtmann hat am Beratung, Mediation, Coaching (BMC) geprägt hätten. Verbunden ist sie Fachbereich Sozialwesen mit unserer Hochschule auch über einen Lehrauftrag. In einer Blockwoche ihren Bachelor der Sozialen Arbeit und ihren BMC-Mas- pro Semester macht sie zukünftige Sozialarbeiter*innen fit für ein besse- Ist es nicht auch das Talent, das jemand genau für diesen Job mit- ter absolviert. Dazwi- res Emotionsmanagement. Zu Beginn müssen sich die Bachelorstudieren- schen arbeitete sie in der bringen muss, um erfolgreich zu sein? Die Absolventin unserer den in der Selbstreflexion mit eigenen Emotionen auseinandersetzen, am Krisenintervention für Hochschule hat sich selbstständig gemacht mit Holtmann Consulting das Kreis-Jugendamt in Ende verfügen sie über einen Methodenkoffer, der sie in ihren Handlungs- und bietet Trainings und Coaching für Personen in herausfor- Soest, seit 2016 ist sie feldern unterstützt, mit den Klient*innen zu arbeiten. „Wir fühlen immer selbstständig. dernden beruflichen und privaten Situationen an. Dass dies gut etwas, hören aber nicht richtig hin. Wenn ich in Gefühle reingehe, komme läuft, muss also auch viel mit ihr selbst zu tun haben. Hinter ich zu einer Lösung. Schon bei Kindern dürfen wir Gefühle nicht wegreden, diesem Schritt steht immer auch die Zuversicht, es zu schaffen. wir haben sie ernst zu nehmen, alle Gefühle sind richtig und wichtig. Die zentrale Frage ist nämlich immer: Was brauchst du? Was würde dir helfen?“ Ihre Haltung Ihre Tipps „Ich würde es nicht Talent nennen, für mich ist es die Hal- tung, die für mein Handeln die Basis ist: nämlich jeden Ricarda Holtmann findet, dass sie „alles richtig gemacht hat, Familie und Be- Menschen wertzuschätzen. Ich bin empathisch, ehrlich ruf passen perfekt zusammen“. Ein Vorbild hatte sie für die Gründung ihres und kompetent“, sagt Ricarda Holtmann. Der Dreh- und Eine-Frau-Unternehmens nicht. Aber sie sei ein Netzwerktyp und habe sich, Angelpunkt in ihrer beratenden Tätigkeit sind Gefühle als es anfangs noch notwendig war, um die Akquise gekümmert. Gleich- und Bedürfnisse. Und ihre Erfahrungen geben ihr recht. gesinnte und Großkunden lernt sie im Bundesverband mittelständischer „Die Klientinnen und Klienten reflektieren bei mir ganz Wirtschaft (BVMW) kennen. Wer sich selbstständig machen möchte, dem bewusst ihr emotionales Erleben. Ich begleite sie dabei, rät sie: „Vertraue auf dein Können und tue das, was dir Freude bereitet.“ ihre Fragen zu klären und Antworten zu finden – für mehr Zufriedenheit, Gesundheit und Leistungsfähigkeit.“ Diesem Ziel dienen etwa auch ihre Supervisionen und Weiter- bildungen für Fachkräfte in sozialen Einrichtungen, in denen sie Teamprozesse begleitet. Ihr Ansatz ist, „die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu stärken, ihnen zu zeigen, was sie selbst für sich Kontakt Ricarda Holtmann tun können – denn erst dann können sie auch gut mit ihrer Klientel info@holtmann-consulting.eu arbeiten. Hilfreich ist es dabei sicherlich, dass ich von Haus aus Sozial- Studiengang Beratung, Mediation, Coaching arbeiterin bin.“ fhms.de/bmc 18 fhocus Ausgabe 39 19
BEGLEITEN Förderung im Programm „Start-up-Trans- fer.NRW“ gewonnen, um das Unternehmen „Uniphors“ zu gründen. Begleitet von Jüstel und Schröder als Mentoren haben sie nun Schätze heben eineinhalb Jahre und rund eine Viertelmil- lion Euro zur Verfügung, um aus einigen der von Jüstels Team patentierten Verfah- ren und aus weiteren Ideen marktfähige Der kreative Kopf hinter den Ideen von Uniphors: Produkte zu generieren. Prof. Dr. Thomas Jüstel Vielfältige Produktideen mit aktuell mit Kooperationspartnern an ent- speziellen Leuchtstoffen sprechenden „Minimum Viable Products“ Eine stattliche Anzahl von Patenten rund ums Licht hält Prof. Dr. Thomas Jüstel vom (MVP), also minimal funktionsfähigen Pro- Fachbereich Chemieingenieurwesen. Das Start-up-Projekt „Uniphors“ strebt an, einige Doch worum genau geht es eigentlich? dukten, um diese im Markt zu testen. „Wir dieser innovativen Ideen in marktfähige Produkte zu verwandeln. „Wir sind in der Lage, leuchtende Materia- sind mit einigen Unternehmen im Gespräch lien herzustellen, die in den verschiedens- und optimistisch, nach Ende des Förder- ten Spektralbereichen emittieren“, erklärt zeitraums mit einem Großteil der Produkte Text Stefanie Gosejohann Fotos Stefanie Gosejohann (S. 20), Katharina Kipp (S. 21 o.), Patrick Pues (S. 21 r., Hintergrund) Baur. „Durch unsere patentierten Verfahren tatsächlich an den Markt gehen zu können“, im Rahmen der Hochtemperatur-Fest- sagt Junker. „Ich bin froh, dass sich nun körpersynthese können wir anorganische jemand so konsequent meiner Innovations- Sage und schreibe 231 Einträge spuckt das Register des Deutschen gründet hat, ein weiteres Start-up ins Leben Verbindungen so veredeln, dass sie in allen ideen annimmt“, betont Jüstel. „Ich selbst Patent- und Markenamtes (DPMA) aus, wenn man im Suchfeld zu rufen, um diese schlummernden Schätze möglichen Farben leuchten.“ Aber nicht konzentriere mich nämlich lieber voll und „Erfinder“ den Namen Thomas Jüstel eingibt. Mehr als die Hälfte zu heben. Über das nötige praktische und nur das: Einige der Uniphors-Leuchtstoffe ganz auf Forschung und Lehre.“ Genau wie davon hat der promovierte Chemiker angemeldet, seit er als Pro- wissenschaftliche Gründungs-Know-how können sogar Strahlung im nicht sichtbaren die drei Jungunternehmer ist er überzeugt fessor für anorganische Chemie und Materialwissenschaft an der verfügt der Betriebswirt auf jeden Fall: In Wellenlängenbereich aussenden, also zum davon, dass die Uniphors-Leuchtstoffe einen FH Münster lehrt und forscht. „Es kann nicht sein, dass das alles seiner Forschung am Science-to-Business Beispiel UV- oder Infrarotstrahlung. Da die großen gesellschaftlichen Mehrwert bieten, in einer Schublade versauert“, dachte sich der Entrepreneur Dr. Marketing Research Center (S2BMRC) am erzeugten Substanzen meist pulverförmig weil sie unter anderem dabei helfen können, Christian Junker, nachdem ihn Carsten Schröder, Vizepräsident für Fachbereich Wirtschaft unserer Hochschu- sind und die Partikel einen Durchmesser Menschen zu heilen, Energie zu sparen, Kooperation, Innovation und Marketing, mit dem Tüftler Jüstel le hat er sich eingehend mit Erfolgsfaktoren im Nanometerbereich aufweisen, lassen sie Informationen gezielter zu vermitteln oder bekannt gemacht hatte. Nach intensiver Rücksprache mit dem für die Vermarktung innovativer Geschäfts- sich in verschiedenste Produkte integrie- schlichtweg Prozesse zu vereinfachen. kreativen Experten für Lichtquellen und Leuchtstoffe beschloss ideen und mit disruptiven Innovationen ren – etwa als Beschichtungen von Folien Junker, der in der Vergangenheit bereits zwei Unternehmen mitge- auseinandergesetzt. oder Gläsern, als Laserkomponenten oder als Bestandteile von Cremes oder Lacken. Kontakt Dr. Florian Baur Dreiköpfiges Gründungsteam „Das eröffnet unzählige Anwendungs- bur@fh-muenster.de möglichkeiten in den unterschiedlichsten Mit Nachwuchsprofessor Dr. Florian Baur Bereichen“, so Junker, „etwa zur Desinfek- Dr. Christian Junker junker@fh-muenster.de und Laborchemiker Gökhan Öksüz, beide tion, was gerade im Corona-Kontext sehr Die von Uniphors er- zeugten Leuchtstoffe Absolventen von Prof. Jüstel und Mitarbei- aktuell ist, als Bestandteil von Kosmetika, Gökhan Öksüz strahlen in den unter- goekhan.oeksuez@fh-muenster.de ter am Fachbereich Chemieingenieurwesen, in der Landwirtschaft zur Optimierung schiedlichsten Farben. sind zudem zwei Partner im Team, die das des Pflanzenwachstums oder im Design als erforderliche chemische Fachwissen mit- bringen. „Florian ist unser wissenschaft- leuchtendes Gestaltungselement.“ „Wir sind in der Lage, leuchtende licher Kopf und Gökhan unsere ‚Zauber- waffe im Labor‘, während ich mich um Kooperation mit Unternehmen Materialien herzustellen, die in den Management und Vermarktung kümmere“, Aus diesen zahlreichen Nutzungsmöglich- verschiedensten Spektralbereichen erläutert Junker die Arbeitsteilung. Ge- keiten hat das Gründerteam zunächst sechs emittieren.“ Die drei Gründer von Uniphors (v. l.): Gökhan Öksüz, Dr. Christian Junker und Dr. Florian Baur meinsam haben die drei erfolgreich eine Produktideen konkretisiert und arbeitet Dr. Florian Baur 20 fhocus Ausgabe 39 21
BEGLEITEN Kaffee- Foto links: Im Start-up AllCup entsteht eine praktische und nachhaltige Alternative für Einwegbecher. Lara Wagemann (l.) und Sarah Theresa Schulte hatten die Idee dazu. becher to eat finden. „Aufgeben kam nicht infrage“, sagt die 25-jähri- ge Schulte. „Unsere Motivation ist es, einen wirklichen Unterschied zu machen.“ Die angehenden Wirtschaftspsychologinnen brauchten zusätzliches lebensmitteltechnologisches Know-how, um den Prototyp weiterzuentwickeln. Auf einem Netz- werkevent stellten sie ihre Idee vor, dort fiel der Name Prof. Dr. Guido Ritter. Der Lebensmittelchemiker und Ernährungswissenschaftler vom Fachbereich Oecotropho- Oecotrophologie-Absolvent Martin Nauen arbeitet im food lab logie • Facility Management leitet das food lab muenster. muenster an einem essbaren Kaffeebecher. „Von ihm bekommen wir seitdem wertvolle Tipps, sein ganzheitlicher Blick hilft uns sehr“, berichtet Wagemann. konzentrieren. Die vier Auszeichnungen, die sie bislang Ritter holte den Lebensmitteltechnologen Albrecht Flei- für ihre Idee erhalten haben, sehen sie als Ansporn. scher dazu und brachte den Oecotrophologie-Studenten Martin Nauen ins Gespräch. Seit dem letzten Winter ist Dicht, hitzestabil und lecker der 27-Jährige dabei. Die größte Herausforderung bisher? „Martin zu finden. Er Gründerstipendium und schon einige Preise erfüllt die Ansprüche an einen Gründer und professiona- lisiert unsere Forschung“, sagt die 23-jährige Wagemann. Um dem Projekt einen professionellen Rahmen zu geben, Was die drei zu einem guten Team mache, sei das Vertrauen 320.000 Einwegbecher gehen in Deutschland über den Tresen – pro Stunde, wohlge- rückte eine Gründung immer mehr in den Vordergrund. und die Fähigkeiten, die sich gut ergänzten. Wagemann merkt. Ist der Kaffee ausgetrunken, wandert sein Behälter in den Müll, so manches Mit der Gründerhochschule FH Münster hatten sie schon selbst ist verantwortlich für den Bereich Sales und Finance, eine helfende Verbündete an ihrer Seite, vor allem um die Schulte für Marketing und Human Resources, Nauen für Mal auch in die Umwelt. Im Start-up AllCup arbeitet ein Team an Lösungen. Finanzierung zu sichern und im food lab muenster zu Forschung und Entwicklung. Text und Fotos Dzemila Muratovic forschen. In dem sechsmonatigen Inkubator-Programm REACH, das von der Westfälischen Wilhelms-Universität Seine Aufgabe wird es in den nächsten Monaten sein, im Als Lara Wagemann und Sarah Theresa Schulte noch Mal in der Tasche aus, die andere war zu schwer. Außer- Münster geleitet wird, bereitete sich das Team auf diesen food lab muenster einen marktreifen essbaren Kaffeebe- Interkulturelle Wirtschaftspsychologie an der Hochschu- dem musste man immer daran denken, sie dabeizuhaben. Schritt vor. Gründungsberater Mike Arnold aus dem Team cher zu entwickeln. Dicht, hitzestabil und obendrein lecker le Hamm-Lippstadt studierten, gehörte der Coffee to go Eine Lösung sollte her, die praktisch und nachhaltig ist, von FH Münster und TAFH Münster GmbH begleitete sie als muss er sein. „Das ist schon eine komplexe Aufgabe“, sagt zwischen den Vorlesungen einfach dazu. Schon damals die alle nötigen Eigenschaften vereint und für alle einfach Coach. Seit April gibt es nun die AllCup Martin Nauen, Lara Nauen, der das Thema in seiner Bachelorarbeit wissen- suchten die zwei Frauen nach Alternativen für Einweg- zu handhaben ist. Wagemann und Sarah Theresa Schulte GbR. Ihr Standort schaftlich bearbeitet hat. Inzwischen hat der gelernte Kon- becher. Denn das massive Problem war ihnen bekannt: ist die Gründerschmiede im Technologiehof Münster. ditor sein Studium abgeschlossen. Auch Wagemann und In Deutschland fallen aufs Jahr hochgerechnet etwa Unzählige Versuche in der WG-Küche Schulte sind mit ihrem Bachelorstudium fertig und wohnen 2,8 Milliarden Becher an, wie es in einer Studie im Auf- Arnold war es auch, der dem Team half, ein EXIST-Gründer- jetzt in Münster. Wenn der AllCup entwickelt, produziert trag des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2019 heißt. Ihre Idee: ein Kaffeebecher zum Aufessen. Die große Her- stipendium zu beantragen. Es wurde bewilligt. „Das Sti- und mit Kaffee im Handel Bestehende Pfandsysteme überzeugten Wagemann und ausforderung sollte noch kommen. Hunderte Versuche in pendium bestätigt uns darin, dass wir den richtigen Weg Kontakt ist, wird das Team aus voller Schulte nicht. Also versuchten sie es mit eigenen Mehr- der gemeinsamen WG-Küche in Hamm führten sie durch, gehen“, sagt Schulte. Mit der finanziellen Absicherung Sarah Theresa Schulte Überzeugung zum Coffee- sarah@allcup.de wegbechern und Porzellantassen. Der eine lief ein paar um das passende Waffelmaterial für das Kaffeegefäß zu aus dem Stipendium können sie sich ganz auf AllCup to-go-Becher greifen. 22 fhocus Ausgabe 39 23
BEGLEITEN Vom Forschungs- Einen ihrer Kunden hat Luzar buchstäblich direkt vor der Nase, wenn er in seinem Büro sitzt: Er teilt seinen Schreibtisch mit einer projekt zum Modellfabrik von fischertechnik, dem be- kannten Konstruktionssystem für Kinder und Erwachsene. „Wir haben zum Beispiel eine Bedienoberfläche, das Dashboard, für den aktuellen Baukasten zum Thema Smart IT-Unternehmen Home konzipiert“, erläutert Luzar. „Ich bin selbst als Kind mit fischertechnik aufge- wachsen. Wir möchten dazu beitragen, junge Menschen schon früh für Technik zu be- „Austausch geistern“, ergänzt Bauer. Er ergriff daher vor ein paar Jahren die Initiative und ging mit dem Vorschlag, die Modelle programmier- ist wesentlich“ Mit einem Routenplaner fürs Fahrrad fing alles an, Rund 1,7 Millionen aktive Nutzer*innen welt- bar zu machen, auf den Spielzeughersteller mittlerweile betreut die beemo GmbH zahlreiche weit, in 14 Sprachen übersetzt, 7 Millionen zu. Inzwischen werden Robotik-Modelle von Routing-Anfragen pro Monat – Naviki, eine fischertechnik durchweg mit Software von Kund*innen und entwickelt verschiedene Soft- Navigationssoftware für Radfahrer*innen, beemo programmiert. wareprodukte. Das Spin-off unserer Hochschule ist heute fest auf dem internationalen App- Seine Gründungserfahrung und IT-Expertise gibt feiert dieses Jahr sein zehnjähriges Bestehen. Markt etabliert. Dass die beemo GmbH, das Eng mit der Hochschule Unternehmen hinter der Anwendung, und verknüpft Prof. Dr. Gernot Bauer gerne weiter – als Mentor Text und Interview Jana Schiller unser Labor für Software Engineering diesel- für angehende Gründer*innen. Fotos Archiv der Pressestelle, fischertechnik (linke Seite), Jana Schiller be Adresse am münsterischen Hafen haben, Trotz Ausgründung ist beemo nicht nur (rechte Seite) ist kein Zufall. Prof. Dr. Gernot Bauer, Leiter räumlich, sondern auch inhaltlich weiter eng Prof. Bauer, was machen Sie als Mentor? des Labors, Achim Hennecke und Sven Luzar mit der Hochschule verknüpft. „In Praktika Viele Fragen stellen! Ich reflektiere gemeinsam mit dem Gründungs- haben Naviki ab 2007 in einem Forschungs- können die Studierenden in einige Projekte team die inhaltliche Seite der Idee: Worum geht es? Warum ist der projekt entwickelt. Vier Jahre später gründe- hineinschnuppern. Sie lernen so aus erster Ansatz vielversprechend? Außerdem reden wir über die Teamkon- ten sie beemo als Spin-off, um die App als Hand reale Anwendungsprobleme kennen“, stellation: Wie sind die Kompetenzen verteilt? Ergänzen sich die erstes eigenes Produkt zu vermarkten. berichtet Bauer. In seiner Vorlesung erzähle Gründer*innen fachlich und persönlich? Ich arbeite eng mit der er außerdem regelmäßig aus dem Unterneh- Gründungsberatung der TAFH zusammen, über die teilweise auch Fachbereiche Studiengänge „Technologie sinnstiftend mensalltag. „Die Studierenden staunen dann, die Vermittlung als Mentor läuft. einsetzen“ bringen aber auch gute Anregungen ein“, er- 10 klärt der Hochschullehrer. „Auf diese Weise Welche Tipps haben Sie für alle, die eine Gründungsidee haben? Die beemo GmbH ist „Wir brennen inhaltlich für die Themen, lernen wir alle voneinander.“ Erstens die Idee schonungslos auf Tragfähigkeit prüfen. Zweitens seit ein paar Jah- mit denen wir uns bei beemo beschäftigen“, die Kompetenzen im Team ausbalancieren. Drittens auf eine gute ren IT-Partner von fischertechnik. Für erklärt Bauer das inzwischen erfolgreiche persönliche Chemie im Team achten. einen Baukasten zum zehnjährige Bestehen des Unternehmens. 13 Thema Smart Home Kontakt 1971 „Unser Ziel ist es, digitale Technologie Woran scheitern Ausgründungen? hat das münsteri- Prof. Dr. Gernot Bauer sche Unternehmen sinnstiftend einzusetzen.“ Neben Naviki gernot.bauer@fh-muenster.de Die Gründe für ein Scheitern sind ganz unterschiedlich. Einige Ideen unter anderem eine haben sich die drei Geschäftspartner und können vielleicht im Wettbewerb nicht bestehen, weil es ähnliche, programmierbare Achim Hennecke Bedienoberfläche ihr mittlerweile rund 20-köpfiges Team auf achim.hennecke@fh-muenster.de bessere Produkte gibt. Teilweise geht den Gründer*innen auch die konzipiert. die Entwicklung interaktiver Anwendungen Puste aus. Eine Ausgründung ist mit Unsicherheiten verbunden, die Sven Luzar 2021 spezialisiert. „Wir realisieren je nach Bedarf manche nicht dauerhaft aushalten möchten. Ich würde mir dennoch sven.luzar@fh-muenster.de Gründeten 2011 die beemo GmbH als Spin-off der FH Münster: Achim mobile Apps, maßgeschneiderte Webdiens- wünschen, dass sich mehr junge Leute trauen und mit jemandem Hennecke, Prof. Dr. Gernot Bauer und Sven Luzar (v. r.). Hier demonstrieren beemo GmbH die FH-Mitarbeiter die Software Naviki, einen Routenplaner fürs Fahrrad. te oder andere intuitiv bedienbare digitale über ihre Ideen sprechen – zum Beispiel der Gründungsberatung. info@beemo.eu Das IT-Unternehmen bietet unter anderem Internetdienste wie diesen an. Medien“, zählt Hennecke auf. Der Austausch ist wesentlich. 24 fhocus Ausgabe 39 25
NETZWERKEN Rat von Mentoren Zusammenarbeit ist Bereicherung Auf Wie so oft, gestaltete es sich anfangs nicht so einfach Den Kontakt zur Hochschule hat Borgmann während der wie erhofft. Für die Veranstaltungstechnik entwickelten gesamten Zeit gepflegt: Einige Studierende haben im Laufe sie das Produkt tri-Wi und widmeten sich dann sofort der Jahre ihre Abschlussarbeiten bei trilogik geschrieben. Erfolgs- verschiedenen Projekten. „Das Problem dadurch war, Und auch gemeinsame Förderprojekte, wie beispielsweise dass wir uns in der Zeit gar nicht um die nötige Akquise die Messung von Wärmeübergängen bei der Gipsplatten- des nächsten Projektes kümmern konnten“, erzählt trocknung mit Prof. Dr.-Ing. Hans-Arno Jantzen vor rund Borgmann. Irgendwann haben sie sich mit einem Unter- zwei Jahren, gehörten dazu. Die dauerhafte Kooperation kurs nehmensberater zusammengesetzt. Sein Tipp: sich nicht hatte sich ergeben, weil Borgmann schon während seines zu sehr auf Projekte zu konzentrieren, sondern durch Studiums in Jantzens Labor tätig war. Durch die Berichter- verschiedenste Produkte in unterschiedlichen Branchen stattung über ein Projekt mit der Hochschule hat sich sogar eine Art Grundrauschen zu erzeugen, um die fälligen ein Auftrag der Firma Mercedes entwickelt. „Inzwischen Kosten decken zu können. „Das lief eine ganze Zeit gut“, ist unser Unternehmen im breitbandigen Maschinenbau, so Borgmann. „Was wir allerdings vermisst haben, war in der Saatzucht und Klimaerfassung sehr gut aufgestellt. Der Maschinenbau-Absolvent Dennis der väterliche Rat von jemandem, der sich damit besser Wer als technologieinteressiertes Unternehmen nicht mit Borgmann gründete vor mehr als zehn auskennt.“ einer Hochschule für angewandte Wissenschaften zusam- Jahren mit zwei Freunden das Unter- menarbeitet, macht einen Fehler“, ist Borgmann überzeugt. Und da half wiederum ein Zufall: Borgmann hörte von „In der Gründungsphase ist dies vielleicht noch kein The- mit Um- nehmen trilogik. dem Mentorennetzwerk der IHK und nutzte beim ersten ma, aber anschließend ist die Zusammenarbeit immer eine Treffen die Chance, von der damals noch kritischen Bereicherung“, so Borgmanns Tipp, der auch mit Stefan Situation seines Unternehmens zu erzählen. Er erwähnte Adam von der TAFH Münster GmbH regen Kontakt pflegt. eher beiläufig, dass ein Student der Hochschule unlängst wegen seine Masterarbeit bei trilogik mit Bestnote abgeschlossen Einige Punkte würde er mit dem heutigen Wissen anders hatte. „Diesen Studenten sollten Sie ein- machen. „Ich würde mir vor allem mehr stellen“, so der Rat der Mentoren. Dem Kontakt Zeit für die Planung nehmen, eher den Dennis Borgmann sind Borgmann und seine Mitgründer post@trilogik.de Schwenk von der Projekt- zur Produkt- gefolgt, trotz der zusätzlichen finanziel- sparte wagen und mir Unterstützung len Belastung. Dafür konnten sie das Prof. Dr.-Ing. Hans-Arno Jantzen für die technische Umsetzung suchen. jantzen@fh-muenster.de Dennis Borgmann, Absolvent NRW-Förderprogramm „Innovations- Und trotz des Kerngeschäfts würde Text und Fotos Lisa Feldkamp des Fachbereichs Maschinen- assistent“ nutzen und so die Hälfte der Stefan Adam ich heute analytischer an die Finanzen bau, ist Mitgründer und adam@ta.fh-muenster.de Gehaltskosten für zwei Jahre decken. rangehen und Marktanalysen durch- Geschäftsführer des Techno- logieunternehmens trilogik. Manchmal führt nicht eine zündende Idee zur Selbst- führen.“ Das sind Erfahrungen, aus ständigkeit, sondern schlichtweg der Zufall. So war es Mit dieser klugen Entscheidung nahm das Wachstum denen Gründungsinteressierte lernen könnten. Aber auch auch bei Dennis Borgmann. Der Maschinenbauingenieur des Grevener Technologieunternehmens Fahrt auf, in- für Studierende hat der 42-Jährige Empfehlungen parat. hatte seine Berufstätigkeit in einem Unternehmen für zwischen gehören acht Mitarbeiter*innen zum Team. „Wenn sie die Bachelorarbeit und die Masterarbeit in Bergbau in Ladbergen gestartet. Als die Firma sich dann Das Team ist es auch, das Borgmann beruflich antreibt. jeweils unterschiedlichen Unternehmen schreiben, lernen aber deutlich verkleinerte und der Standort später sogar „Ich habe nicht das Gefühl, der Geschäftsführer zu sein, sie ein breiteres Spektrum kennen.“ Auslandssemester geschlossen wurde, war Borgmanns Option, ins Saarland der alle Aufgaben delegieren muss. Ich habe das Glück, hält er für die persönliche Entwicklung, Reife und Offenheit zu ziehen – oder sich selbstständig zu machen. Die Ge- Teil eines tollen Teams zu sein, was ich sogar selbst zu- für sehr wichtig. Er selbst hat während seines Studiums ein schäftsidee hatte sein ehemaliger Kollege und Freund sammenstellen durfte.“ Semester im norwegischen Trondheim verbracht. Frederik Grote: Es fehlte an einem Produkt, das Mu- sik über mehrere Kilometer hinweg ohne Latenz, also eine störende Zeitverzögerung, übertragen kann. Mit diesem Ziel gründeten Borgmann, Grote Ein universelles Bediengerät, hier für eine Steuerung zur und – der Dritte im Bunde – David Wessels trilogik, punktgenauen Aussaat in der Landwirtschaft, entwickelt ein Unternehmen für elektronische Sonderlösungen. von der Firma trilogik. 26 fhocus Ausgabe 39 27
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