GUSTAV MAHLER VALERY GERGIEV, Dirigent ANNA LUCIA RICHTER, Sopran TANJA ARIANE BAUMGARTNER, Mezzosopran ANDREAS SCHAGER, Tenor - Münchner ...

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GUSTAV MAHLER VALERY GERGIEV, Dirigent ANNA LUCIA RICHTER, Sopran TANJA ARIANE BAUMGARTNER, Mezzosopran ANDREAS SCHAGER, Tenor - Münchner ...
GUSTAV
MAHLER
4. Symphonie
»Das Lied von der Erde«

VALERY GERGIEV, Dirigent
ANNA LUCIA RICHTER, Sopran
TANJA ARIANE BAUMGARTNER, Mezzosopran
ANDREAS SCHAGER, Tenor

Freitag 14_12_2018        20 Uhr
Samstag 15_12_2018        19 Uhr
Sonntag 16_12_2018        19 Uhr
Die MPHIL CD-Box
zum Jubiläum mit
Aufnahmen aus dem
umfangreichen Archiv
des Orchesters
Ab jetzt im Handel

mphil.de/label
GUSTAV MAHLER
      Symphonie Nr. 4 in vier Sätzen für großes Orchester und Sopransolo

                            1. Bedächtig. Nicht eilen
                   2. In gemächlicher Bewegung. Ohne Hast
                           3. Ruhevoll. Poco adagio
                                4. Sehr behaglich

                                   – Pause –

                               GUSTAV MAHLER
                           »Das Lied von der Erde«
Eine Symphonie für eine Tenor- und eine Alt- (oder Bariton-)Stimme und Orchester
                  nach Hans Bethges »Die chinesische Flöte«

                    1. »Das Trinklied vom Jammer der Erde«
                          2. »Der Einsame im Herbst«
                              3. »Von der Jugend«
                             4. »Von der Schönheit«
                         5. »Der Trunkene im Frühling«
                                6. »Der Abschied«

                         VALERY GERGIEV, Dirigent
                       ANNA LUCIA RICHTER, Sopran
                 TANJA ARIANE BAUMGARTNER, Mezzosopran
                         ANDREAS SCHAGER, Tenor

                         Konzertdauer: ca. 2¼ Stunden

                      121. Spielzeit seit der Gründung 1893

                        VALERY GERGIEV, Chefdirigent
                         ZUBIN MEHTA, Ehrendirigent
                          PAUL MÜLLER, Intendant
2

 Klingende Facetten des
  himmlischen Lebens
                          GUSTAV MAHLER: 4. SYMPHONIE

Im kompositorischen Schaffen Gustav Mah-           sondere im Fall der Symphonie, waren doch
lers lassen sich die Symphonien 1 bis 4            Humor und spielerische Leichtigkeit bisher
gemeinsam mit der Sammlung der »Wunder-            nicht gerade prägende Charakteristika sei-
hornlieder« zu einer ersten bedeutsamen            nes imposanten, in sich zerrissenen sym-
Periode zusammenfassen. All diese Werke            phonischen Stils gewesen.
sind beeinflusst von »Des Knaben Wunder-
horn«, einer Sammlung von über 700 Ge-                ALS KÜNSTLER ANGEKOMMEN
dichten im Volkston, die Achim von Arnim
(1781–1831) und Clemens Brentano (1778–            Die Entstehung der 4. Symphonie aber fällt
1842) bereits 1805 bis 1808 zusammenge-            in jene Zeit, als Mahler als Direktor der Wie-
tragen und veröffentlicht hatten. Mahler           ner Hofoper »angekommen« war. In seinem
fühlte sich diesen Texten seit seiner Kind-        Wirken als Dirigent fühlte er sich inzwischen
heit eng verbunden, und sie scheinen für ihn       voll anerkannt, und auch als Komponist fand
eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration        er sich in seiner Sendung zunehmend be-
gewesen zu sein. Sein eigener Umgang mit           stätigt. Fast scheint es, als habe das Be-
den Vorlagen war dabei durchaus frei: Er           wusstsein seiner gefestigten Künstler- und
tauschte Strophen zwischen den Gedichten           Schöpferkraft Mahler mit innerer Heiterkeit
aus, textete auch mal um oder dichtete hin-        erfüllt. Und so nutzte er den Sommer 1900
zu, wann immer es sein musikalisches Ge-           in seinem Maiernigger »Komponierhäusl« in
spür verlangte.                                    der Einsamkeit der Berge so effektiv, dass
                                                   hier quasi aus einem Guss der komplette
Als Herzstück der 4. Symphonie wählte Mah-         Entwurf der 4. Symphonie gelang.
ler »Das himmlische Leben« aus seinen ei-
genen, bereits 1892 entstandenen Orches-           Zeitgenossen schildern Mahler als Perfekti-
terliedern – ein Lied, das im Original bei         onisten, hinter dessen gefürchteter Strenge
Arnim / Brentano den Titel »Der Himmel             jedoch stets auch der »geniale Funke« spür-
hängt voll Geigen« trägt. Bemerkenswert ist,       bar blieb. Und auch von seinem subtilen
dass der Komponist sowohl die fünf Lieder          Humor ist immer wieder zu lesen – so etwa,
als auch die 4. Symphonie gelegentlich als         dass er bei guter Laune äußerst treffend
»Humoresken« betitelte – erstaunlich insbe-        sarkastisch, aber auch fast kindlich amüsiert
3

sein konnte. In Bezug auf seine 4. Sympho-          an dem von Jean Paul geprägten Begriff des
nie schrieb Mahler selbst an seine Frau             »romantisch Komischen«. In diesem Sinne
Alma, mit der er damals eine ausgesprochen          entsteht Humor, indem der Mensch sich sei-
glückliche Zeit verlebte, die Musik sei »ganz       ner eigenen Endlichkeit im Vergleich zur
Humor«, fügte allerdings gleich auch hinzu,         Unendlichkeit einer umfassenden Vorstel-
dass sie sich wohl dennoch – oder gerade            lungs- und Gedankenwelt bewusst wird –
deshalb – nicht jedem ganz erschließen              eine Erkenntnis, die nicht als Beschränkung
werde. In einem anderen Brief unterschei-           empfunden wird, sondern der Leichtigkeit
det er seinen eigenen (hintersinnigen)              und ein Gefühl der Befreiung entspringen.
Humor konkret von (vordergründigem) Witz
und stellt ihn als dementsprechend eher             Ein dezidiertes Programm, an dem etwa
schwer verständlich dar. Noch dazu, wenn            humoristische »Inhalte« festzumachen wä-
es um Humor als musikalisches Stilmittel            ren, hat Mahler seiner 4. Symphonie (jen-
ging!                                               seits des gesungenen Texts im 4. Satz)
                                                    dann auch nicht mit auf den Weg gegeben,
    DIE VIELSCHICHTIGKEIT DES                       befürchtete er doch stets, dass program-
     ROMANTISCH-KOMISCHEN                           matische Erläuterungen weniger zum Ver-
                                                    ständnis beitragen als vielmehr Missdeu-
Wichtig ist zunächst, dass es Mahler keines-        tungen nach sich ziehen würden. Dass die
falls um schlicht erheiternde musikalische          Symphonie durchwoben ist von Bildern,
Effekte geht. Stattdessen orientiert er sich        Figuren und kleinen Geschichten, steht
                                                    dennoch außer Zweifel. Der Fantasie des

 BLICK INS LEXIKON

 GUSTAV MAHLER
 Symphonie Nr. 4 in vier Sätzen für großes
 Orchester und Sopransolo

 Lebensdaten des Komponisten
 Geboren am 7. Juli 1860 in Kalischt an
 der böhmisch-mährischen Grenze (heute:
 ­Kalište in Tschechien); gestorben am
  18. Mai 1911 in Wien

 Textvorlage
 »Der Himmel hängt voll Geigen« aus der
 von Achim von Arnim und Clemens Brenta-
 no zusammengestellten Gedichtanthologie
 »Des Knaben Wunderhorn«

 Entstehung
 1892 (4. Satz), 1900 /1901 (1.-3. Satz)

 Uraufführung
 am 25. November 1901 in München
                                                    Gustav Mahler (1898)

                               Gustav Mahler: 4. Symphonie
4

Hörers jedenfalls sind alle Tore geöffnet!         matische Material des Lieds auch auf die
Die 3. und die 4. Symphonie hängen bei             vorangehenden Sätze gewinnt: Dem Hörer
aller formalen Gegensätzlichkeit stofflich         vermittelt sich unwiderstehlich ein Gefühl
eng zusammen. So war »Das himmlische               des Zusammenfließens musikalischer Ge-
Leben« zunächst als letzter Satz der »Drit-        danken und ideeller Hintergründe im Lied-
ten« vorgesehen; als deren Länge jedoch            finale als Erlebnis fesselnder musikalischer
ins Uferlose zu wachsen drohte, strich             Konsequenz und Verdichtung.
Mahler es aus der Konzeption und bewahr-
te es sich stattdessen als Keimzelle des                    WENIGER IST MEHR
Folgewerks auf. Dass er es hier, in der
»Vierten«, dann wiederum als Finale setzt,         Wie ungewohnt entspannt Mahler seine
erklärt den starken Einfluss, den das the-         »Vierte« angeht – ein Stück weit, weil ihm
                                                   wohl auch selbst gerade so zumute war –,
 ÜBRIGENS…                                         belegen die Tempovorgaben der vier Sätze,
                                                   die sich zwischen »bedächtig«, »gemäch-
 Die Uraufführung von Mahlers 4. Sym-
                                                   lich«, »ruhevoll« und »sehr behaglich« bewe-
 phonie am 25. November 1901 fand in
                                                   gen. Die eindrucksvolle Wirkung dramati-
 München, im Großen Kaim-Saal (ab 1905
                                                   scher Kraftausbrüche, wie man sie aus den
 als Tonhalle bekannt) statt. Gustav Mahler
                                                   vorigen Symphonien kennt, spart er sich
 dirigierte das Kaim-Orchester, das später
                                                   hier fast ganz, gelegentliche Temposteige-
 in Münchner Philharmoniker umbenannt
                                                   rungen halten sich im Rahmen und können
 wurde. 1897 war Gustav Mahler zum ersten
                                                   stets schnell wieder zurückgeschraubt wer-
 Mal am Pult des erst vier Jahre jungen En-
                                                   den, sobald das organisch fließende Musi-
 sembles gestanden, mit einem Programm,
                                                   zieren aus dem Gleichgewicht zu geraten
 das ausschließlich Werke anderer Kom-
                                                   droht. Und noch ein Aspekt der Reduktion:
 ponisten enthielt. Der als anspruchsvoll,
                                                   Verglichen mit dem kompakten Orchester-
 fordernd und streng geltende Mahler war
                                                   klang der ersten drei Symphonien ist die
 sichtlich angetan von diesem Orchester,
                                                   formale, thematische und klangliche Struk-
 das »mit ihm durchs Feuer ging«. Bei
                                                   tur der »Vierten« fast kammermusikalisch
 seinen weiteren Münchner Gastspielen,
                                                   transparent. Dabei werden die Instrumen-
 bei denen Mahler auch eigene Werke vor-
                                                   tengruppen wie gewohnt filigran aufgesplit-
 stellte, entschied er sich immer wieder für
                                                   tet, doch auch der Orchesterapparat als
 das Kaim-Orchester. Am 20. Oktober 1900
                                                   Ganzes ist ohne Posaunen und Tuba für
 geriet die Münchner Erstaufführung seiner
                                                   Mahlers Verhältnisse auffallend klein be-
 2. Symphonie zu einem solchen Erfolg,
                                                   setzt. Zudem wird keines der Themen auf
 das Mahlers Durchbruch als Komponist –
                                                   die sonst für ihn so charakteristische Weise
 bis zu diesem Zeitpunkt war er in erster
                                                   über breite und ausgedehnte Dimensionen
 Linie als Dirigent bekannt – von dieser
                                                   hin entwickelt. Weniger ist hier mehr.
 Aufführung seinen Ausgang nahm. Die
 Uraufführung seiner 4. Symphonie blieb
 allerdings hinter den Erwartungen zurück.
                                                          DIE KUNST DES SPIELS
 Musikalisch stellte sie nicht nur die Musi-
                                                   Schon der 1. Satz ist von melodischer
 ker vor neue Herausforderungen, sondern
                                                   Schlichtheit geprägt und ganz unmittelbar
 auch das Publikum.
                                                   zugänglich. Immer wieder wird dem Hörer im

                              Gustav Mahler: 4. Symphonie
5

                                                        ZITAT

                                                        »Im ersten Satz wunderten sich
                                                        […] die Hörer zuerst über die
                                                        scheinbar zu große Einfachheit
                                                        der Themen […] Dann aber, bei
                                                        der Durchführung, waren sie
                                                        doch ganz konsterniert, so wenig
                                                        vermochten sie zu folgen; und der
                                                        Schluß nach dem Rückgang (›wie
                                                        kunstvoll der ist, darauf werden sie
                                                        erst später kommen‹, sagte Mah-
                                                        ler selbst darüber) führte nur eine
                                                        teilweise Aussöhnung der aufge-
                                                        reizten Opposition herbei, die in
                                                        Zischausbrüchen gegenüber ei-
                                                        nem starken Applaus sich geltend
                                                        machte. Völlig befremdet war das
                                                        Publikum durch den zweiten Satz,
                                                        mit dem es gar nichts anzufangen
                                                        wußte. Das Zischen wurde hier
Emil Orlik: Gustav Mahler bei einer Probe (1901)        so stark, daß auch die große, für
                                                        Mahler warm eintretende jugend-
Verlauf der Symphonie sein zentrales Thema              liche Anhängerschaft Münchens,
mit Schellenklang und Blasinstrumenten be-              welche das Stehparterre des
gegnen, dem jedes symphonische Pathos,                  gesteckt vollen Saales in einem
wie man es doch sonst gern mit Mahler                   erdrückenden Gedränge füllte, es
assoziiert, vollkommen fehlt. Dem Thema                 nicht überklatschen vermochte.
Humor öffnen die filigranen Strukturen dafür            Am meisten und widerspruchslos
alle Türen. Es ist, als würde der Komponist             wurde der letzte Satz applaudiert,
sein liebstes Spielzeug präsentieren und es             wobei sich Mahler aber lange zum
vor unseren Augen und Ohren durcheinan-                 Kommen bitten ließ, immer nur die
derwirbeln – gleichermaßen gekonnt wie                  Sängerin hinausschob und mehr
kunstfertig, so dass am Ende alles wieder               mit Zorn als mit Freundlichkeit
wohlgeordnet dasteht.                                   endlich dankte.«
                                                                           Natalie Bauer-Lechner
Auch am 2. Satz fasziniert vor allem die                 über die Uraufführung der 4. Symphonie
Doppelbödigkeit des Scherzos, das seinen
Inhalt selbst nicht recht ernst zu nehmen
scheint. Totentanz oder doch eher mittelal-            für »Freund Hein«, für die Personifizierung
terliche Straßenmusik? Mahler lässt die                des Todes also, der hier auf seiner Fiedel
Solovioline einen Ganzton höher gestimmt               gutgelaunt zum Tanz aufspielt. Und auch
ertönen, was eine unwirklich fahle, seltsam            wenn der eine oder andere ernste Hinterge-
schrille Klangfarbe mit sich bringt. Sie steht         danke durchaus mitschwingen mag, so

                                 Gustav Mahler: 4. Symphonie
6

wirkt der Satz doch insgesamt weniger
geisterhaft als vielmehr skurril und grotesk.
Der Tod jedenfalls – bei Mahler ständig ein
Thema – scheint den Komponisten im Um-
feld dieser eher idyllischen Symphonie
nicht allzu sehr zu schrecken.

      BALANCEAKT ZWISCHEN
         ERNST UND SPIEL

Bevor im Finale »der Himmel voll Geigen
hängt«, lässt der 3. Satz eine tiefe Ruhe und
eine bis dahin ungeahnte musikalische In-
tensität einkehren. Auch hier jedoch schiebt
Mahler anmutige Varianten ein, lässt volks-
liedhafte Töne durchklingen und verleiht
dem Ganzen so eine schwebende Leichtig-
keit. Das »Als Ob« des Spiels.

Der im Folgenden vertonte Liedtext prägt
ganz und gar die Form und den Charakter             Partiturseite aus dem 4. Satz:
                                                    »Sankt Peter im Himmel sieht zu !«
des Finales: alles andere als ein gewaltiger,
machtvoller Symphonieschluss, wie es bis-
her zu Mahlers Konzept gehörte! Und den-            zept: indem er sich ganz ins idyllische Ent-
noch: das Prinzip »Durch Nacht zum Licht«,          rückte zurückzieht, die Musik ins Nichts
das Beethoven sozusagen als Norm für den            entschwinden lässt, ja indem er sogar die
symphonischen Spannungsbogen manifes-               regelgemäße Rückkehr zur Ausgangstonart
tiert hatte, scheint hier keineswegs außer          umschifft. Das »himmlische Leben« ist für
Kraft gesetzt, wirkt vielmehr kondensiert           ihn ganz offensichtlich ein herrlicher Traum,
und ganz nach innen gewandt. Die Melodie            ein ideeller Gegenentwurf zur Unmittelbar-
wird von der Klarinette eingeführt, deren           keit und Lebensnähe der ersten drei Sätze.
weicher Klang der menschlichen Stimme               Und so liegt der Reiz der 4. Symphonie ge-
besonders nahe ist, so dass sich regelrecht         rade im ständigen Changieren zwischen
organisch fließend der Übergang von der             Scherz und Ernst, zwischen Spiel und Struk-
instrumentalen Farbe zum Gesang vollzieht.          tur, zwischen Wirklichkeit und Illusion. Über-
Zwischen die vier Strophen setzt Mahler             haupt nicht naiv, sondern ganz und gar über
jeweils instrumentale Zwischenspiele, de-           den Dingen stehend.
ren musikalisches Material an den 1. Satz
anknüpft und somit wiederum ganz spiele-                                           Kerstin Klaholz
risch den großen Bogen schlägt. Hätte man
erwartet, dass mit dem gesungenen Text
»das alles für Freuden erwacht« auch die
Musik am Ende aufblühte, so überrascht
Mahler erneut mit dem gegenteiligen Kon-

                              Gustav Mahler: 4. Symphonie
7

   »Wir genießen die
 himmlischen Freuden«
                           »DES KNABEN WUNDERHORN« –
                                 GUSTAV MAHLER

4. Satz: Sehr behaglich (Sopransolo)           Die Gärtner, die Alles erlauben!
                                               Willst Rehbock, willst Hasen,
Wir genießen die himmlischen Freuden,          Auf offener Straßen
Drum tun wir das Irdische meiden.              Sie laufen herbei!
Kein weltlich’ Getümmel
Hört man nicht im Himmel!                      Sollt’ ein Fasttag etwa kommen,
Lebt Alles in sanftester Ruh’!                 Alle Fische gleich mit Freuden
Wir führen ein englisches Leben!                   angeschwommen!
Sind dennoch ganz lustig daneben!              Dort läuft schon Sankt Peter
Wir tanzen und springen,                       Mit Netz und mit Köder
Wir hüpfen und singen!                         Zum himmlischen Weiher hinein.
Sankt Peter im Himmel sieht zu!                Sankt Martha die Köchin muss sein!

Johannes das Lämmlein auslasset,               Kein Musik ist ja nicht auf Erden,
Der Metzger Herodes d’rauf passet!             Die uns’rer verglichen kann werden.
Wir führen ein geduldig’s,                     Elftausend Jungfrauen
Unschuldig’s, geduldig’s,                      Zu tanzen sich trauen!
Ein liebliches Lämmlein zu Tod!                Sankt Ursula selbst dazu lacht!
Sankt Lukas den Ochsen tät schlachten          Cäcilia mit ihren Verwandten
Ohn’ einig’s Bedenken und Achten,              Sind treffliche Hofmusikanten!
Der Wein kost’ kein Heller                     Die englischen Stimmen
Im himmlischen Keller,                         Ermuntern die Sinnen,
Die Englein, die backen das Brot.              Dass alles für Freuden erwacht.

Gut’ Kräuter von allerhand Arten,
Die wachsen im himmlischen Garten!             Textvorlage:
Gut’ Spargel, Fisolen                          Aus der Gedichtsammlung
Und was wir nur wollen!                        »Des Knaben Wunderhorn«:
Ganze Schüsseln voll sind uns bereit’!         »Der Himmel hängt voll Geigen«,
Gut’ Äpfel, gut’ Birn’ und gut’ Trauben!       Bairisches Volkslied

                             4. Symphonie: Der Gesangstext
8

                  Abschieds­-
                  symphonie
                   GUSTAV MAHLER: »DAS LIED VON DER ERDE«

Gustav Mahler war ein abergläubischer               te über die offizielle Neunzahl nicht hinaus-
Mensch. Blickte er zurück auf die große             kommen. Er starb im Mai 1911, im Alter von
musikhistorische Vergangenheit, auf das             nur fünfzig Jahren, und hinterließ seine
Œuvre von Beethoven, Brahms und Bruck-              »Zehnte« als Fragment. Weshalb Arnold
ner, von Schubert, Schumann oder Men-               Schönberg in einer Gedenkrede auf Mahler
delssohn, dann gelangte er zu dem Schluss,          die berühmten Sätze sprach: »Es scheint,
dass kein bedeutender Symphoniker jemals            die Neunte ist eine Grenze. Wer darüber hi-
mehr als neun Gattungsbeiträge geschaffen           naus will, muß fort. Es sieht aus, als ob uns
habe. Sieht man einmal davon ab, dass               in der Zehnten etwas gesagt werden könn-
Haydn und Mozart mit ihren 104 bzw. 41              te, was wir noch nicht wissen sollen, wofür
Symphonien bei seinen Erwägungen offen-             wir noch nicht reif sind.«
bar keine Rolle spielten, bedeutete dieses
eigenwillige Fazit für Mahlers eigene Situa-
tion allerdings nicht Gutes. Denn nachdem            BLICK INS LEXIKON
er 1906/07 seine »Achte« komponiert hatte,
                                                     GUSTAV MAHLER
die gewaltige »Symphonie der Tausend«,
                                                     »Das Lied von der Erde«
musste er befürchten, dass sein nächstes
symphonisches Projekt zugleich sein                  Lebensdaten des Komponisten
Schwanengesang werden könnte. Aber das               geboren am 7. Juli 1860 in Kalischt (heute:
wollte er natürlich verhindern. Also griff           Kalište in Tschechien); gestorben am
Mahler in die Trickkiste: Er nannte sein neu-        18. Mai 1911 in Wien
estes Werk »Das Lied von der Erde« und
                                                     Textvorlage
fügte später nur den zahlenfreien Untertitel
                                                     »Die chinesische Flöte« von Hans Bethge
hinzu: »Symphonie für eine Tenor- und eine
                                                     (1876–1946)
Alt- (oder Bariton-)Stimme und Orchester«.
Als er 1909 dann tatsächlich seine »Neunte«          Entstehung
in Angriff nahm, wähnte er sich schon in             1908/1909
Sicherheit, denn eigentlich war es ja seine
                                                     Uraufführung
»Zehnte«. Das Schicksal ließ sich jedoch
                                                     am 20. November 1911 in München
nicht so leicht überlisten: Auch Mahler soll-
9

Mahlers Furcht vor der »Neunten« wurde               Mahler selbst ein schweres Herzleiden dia-
kurz vor Beginn seiner Arbeit am »Lied von           gnostiziert, ein wohl angeborener Herzklap-
der Erde« zusätzlich durch drei private              penfehler, dem er vier Jahre später dann
Schicksalsschläge genährt. Im Juni 1907              auch erliegen sollte.
hatte er, nach demütigenden Querelen mit
seinen Vorgesetzten aus der Wiener Politik                 VOM JAMMER DER ERDE
und nach einer antisemitischen Hetzkam­
pagne in der Presse, sein Amt als Wiener             Man kann sich nur zu gut vorstellen, wie es
Hofoperndirektor niedergelegt – und damit            um Mahlers Gemütszustand nach diesem
seinen prestigereichen Job verloren. Bei             dreifachen Unglück bestellt war. »Daß ich
einem Urlaub mit der Familie in Maiernigg am         sterben muß, habe ich schon vorher auch
Wörthersee wollte er sich von diesem Vorfall         gewußt«, erklärte er gegenüber seinem
erholen, doch daraus wurde nichts. Statt-            langjährigen Assistenten, dem Dirigenten
dessen ereignete sich das nächste Unglück:           Bruno Walter, und gestand, »daß ich einfach
Seine fünfjährige Tochter Maria erkrankte so         mit einem Schlage alles an Klarheit und Be-
schwer an Diphterie, dass sie am 12. Juli ver-       ruhigung verloren habe, was ich mir je errun-
starb – ein traumatisches Erlebnis für den           gen; und daß ich vis-à-vis de rien stand und
Komponisten und seine Frau Alma. Aber da-            nun am Ende eines Lebens als Anfänger
mit nicht genug: Nur sechs Tage nach dem             wieder gehen und stehen lernen muß.« In
Tod der Tochter, also am 18. Juli, wurde bei         dieser prekären Verfassung fand Mahler
                                                     Trost in einem Gedichtbändchen, das gera-
                                                     de erst 1907 im Leipziger Insel-Verlag er-
                                                     schienen war. Unter dem Titel »Die chinesi-
                                                     sche Flöte« hatte der in Berlin lebende
                                                     Schriftsteller Hans Bethge 83 Nachdichtun-
                                                     gen alter chinesischer Lyriker aus dem 8.
                                                     Jahrhundert zusammengefasst: Verse, die
                                                     um Liebe und Schönheit, um die Natur und
                                                     die Vergänglichkeit kreisen. Dort stieß Mah-
                                                     ler auf Worte, die seine Gefühle unmittelbar
                                                     spiegelten: »Dunkel ist das Leben, ist der
                                                     Tod«, las er zum Beispiel bei Li-Tai-Po, dem
                                                     bedeutendsten Lyriker aus der Tang-Dynas-
                                                     tie. Und diesen Gedanken stellte er dann an
                                                     den Anfang seines neuen Werks, das mit
                                                     einem »Trinklied vom Jammer der Erde« be-
                                                     ginnt.

                                                     Die Strophen des zugrunde liegenden Ge-
                                                     dichts thematisieren den Vanitas-Gedan-
                                                     ken, die Eitelkeit und Vergänglichkeit des
                                                     menschlichen Lebens, das nicht einmal
Eine der letzten Portraitaufnahmen                   hundert Jahre währt und sich, so wörtlich,
Gustav Mahlers (1911)                                an »all dem morschen Tande dieser Erde«

                         Gustav Mahler: »Das Lied von der Erde«
10

ergötzen darf: »Nur ein Besitztum ist dir
ganz gewiss: / Das ist das Grab.« Dennoch
bäumt der Mensch sich auf, sucht Ablen-
kung und Trost in sinnlichen Genüssen: »Ein
voller Becher Weins zur rechten Zeit / Ist
mehr wert als alle Reiche dieser Erde!« Und
diese beiden divergierenden Pole, also »Va-
nitas« und »Carpe diem«, präsentiert Mahler
entsprechend in der Musik, einerseits mit
einem energetischen und doch irgendwie
gespenstischen Refrain und andererseits
mit meditativen, geheimnisvollen und be-
schwörenden Klängen zu den Worten »Dun-
kel ist das Leben, ist der Tod«, die am Ende
einer jeden Strophe wiederkehren.

Sechs Gesänge umfasst das »Lied von der
Erde«, drei für den Tenor und drei für die
tiefe Stimme, also für Mezzosopran oder
Bariton. In der Gesamtdramaturgie ihrer Ab-          Mahlers Komponierhäuschen in Altschluderbach
folge setzt Mahler auf ähnliche Kontraste            bei Toblach (1908–1910)

 ÜBRIGENS...                                         wie innerhalb des ersten Liedes. Dabei baut
                                                     er eine Symphonie in sechs Sätzen, ein Prin-
 Wie schon die 4. Symphonie wurde auch
                                                     zip, das Mahler schon bei seiner ebenfalls
 »Das Lied von der Erde« von den Münch-
                                                     sechssätzigen »Dritten« umgesetzt hatte.
 ner Philharmonikern (damals Konzert-
                                                     Im »Lied von der Erde« treffen wir auf zwei
 vereins-Orchester) uraufgeführt. Sechs
                                                     wuchtige Ecksätze, die Lieder 1 und 6, und
 Monate nach Mahlers Tod im Mai 1911
                                                     einen langsamen Satz, nämlich das zweite
 leitete Bruno Walter am 20. November
                                                     Lied »Der Einsame im Herbst«, das vom To-
 im Rahmen einer »Gedächtnisfeier« die
                                                     desverlangen kündet. Diese drei Gesänge
 posthume Uraufführung in der Tonhalle.
                                                     übertreffen auch hinsichtlich ihrer Spieldau-
 Alban Berg und Anton von Webern waren
                                                     er die anderen drei deutlich, die Nummern 3
 deshalb aus Wien angereist und wohnten
                                                     bis 5, die eher als Intermezzi zu verstehen
 den Proben bei. Von diesem bewegen-
                                                     sind. Die drei Tenor-Lieder sind für volles
 den, aufwühlenden Erlebnis berichtete
                                                     Orchester gesetzt, äußerst undankbar für
 Webern in einem Brief an Arnold Schön-
                                                     den armen Sänger, der sich immer wieder in
 berg: »Ich habe soeben Mahler’s ›Lied
                                                     die höchsten Höhen aufschwingen muss;
 von der Erde‹ gehört. Ich kann nicht
                                                     sie haben überwiegend schnellere Tempi
 reden. Ich durfte neben Frau Mahler
                                                     und wirken extrovertiert. Die Gesänge für
 stehend in der handschriftlichen Partitur
                                                     die tiefe Stimme dagegen sind von großer
 Mahlers mitlesen. […] Ich habe Stunden
                                                     Schwermut getragen und in ihrer Orches­
 hinter mir, die ich zu den Dingen reihe, die
                                                     trierung sehr viel sparsamer gehalten.
 mir die teuersten waren und sind.«

                         Gustav Mahler: »Das Lied von der Erde«
11

                                                     Wahrhaftigkeit der Aussage, er wollte sich
                                                     restlos mit dem Gehalt der Verse identifizie-
                                                     ren können. Bei den chinesischen Dichtern,
                                                     die Bethge adaptiert hatte, interessierte ihn
                                                     dabei vor allem die philosophische Dimen-
                                                     sion.

                                                     Weshalb sich die Frage nach seinem Glau-
                                                     ben und seinem Weltbild stellt. Gustav Mah-
                                                     ler, Sohn einer jüdischen Familie, konver-
                                                     tierte 1897 zum Katholizismus. Aber dieser
                                                     Schritt hatte nicht zuletzt damit zu tun, dass
                                                     ihm als Jude damals der Zugang zu einer
                                                     Top-Position verwehrt geblieben wäre. Und
                                                     tatsächlich: Nur wenige Monate nach seiner
                                                     Taufe wurde Mahler zum Wiener Hofopern-
                                                     direktor berufen. Doch war die Konversion
                                                     eher ein äußerlicher Schritt, denn im Grunde
                                                     seines Herzens war Mahler ein Pantheist: Er
Die Vorankündigung der zweiteiligen
»Gedächtnisfeier« (19./20. November 1911)            glaubte an die Einheit des Menschen mit der
in München                                           Natur. Und er war auch von der ewigen Wie-
                                                     derkunft, von der Seelenwanderung über-
       ALLÜBERALL UND EWIG                           zeugt. Genau deshalb war für ihn das asiati-
                                                     sche Denken so interessant – ein Denken,
Gustav Mahler gehörte zu den literarisch             wie es sich zum Beispiel im Schlussgesang
gebildeten Komponisten und war Zeit seines           des »Lieds von der Erde« manifestiert, der
Lebens ein ebenso passionierter wie an-              eigentlich auf ein Gedicht von Wang Wei zu-
spruchsvoller Leser; merkwürdigerweise               rückgeht. Die letzten Verse aber fügte Mah-
aber bevorzugt er in seinem Liedschaffen             ler selbst hinzu: »Die liebe Erde allüberall /
– sieht man einmal von den Rückert-Liedern           Blüht auf im Lenz und grünt / Auf’s neu.
ab – Textvorlagen, die literarisch nicht so          Allüberall und ewig / Blauen licht die Fernen!
hochstehen, so etwa die Volksgedichte aus            / Ewig, ewig!«
»Des Knaben Wunderhorn« oder, wie hier im
»Lied von der Erde«, eine Sammlung, die
eher als Lyrik aus dritter Hand zu bezeichnen         ZITAT
wäre. Denn der studierte Romanist Hans
Bethge (1876–1946) war überhaupt nicht                »Was glauben Sie, ist das über-
des Chinesischen mächtig und übertrug die             haupt zum aushalten? Werden
Verse deshalb auch nicht aus dem Original;            sich die Menschen nicht darnach
vielmehr verwendete er bereits existierende           umbringen?«
Übersetzungen, die er frei nachdichtete                    Gustav Mahler zu seinem Freund und
oder umformte. Für Mahler indes stellte die-            Dirigierkollegen Bruno Walter, als er ihm
ses etwas zweifelhafte Verfahren kein Pro-                »Das Lied von der Erde« 1910 vorlegte
blem dar – es ging ihm viel eher um die

                        Gustav Mahler: »Das Lied von der Erde«
12

                                                     dass Mahler in den Rahmenteilen auf das
                                                     Bassfundament verzichtet und den sehr
                                                     lichten Tonsatz mit allerlei Trillern und Vor-
                                                     schlagsnoten garniert.

                                                     »Das Lied von der Erde«, das der Komponist
                                                     im Jahr 1909 abschließen konnte, markiert
                                                     einen Wendepunkt seines Schaffens: Es
                                                     steht am Beginn von Mahlers Spätstil und
                                                     stellt den denkbar größten Kontrast zu sei-
                                                     nem Vorgängerwerk dar, zur Achten Sym-
                                                     phonie mit ihrer riesenhaften Besetzung und
                                                     ihren geballten Klanggewalten. Sobald dort
                                                     das Orchestertutti und die Chöre mit dem
                                                     »Veni, creator spiritus« im Fortissimo losle-
                                                     gen, geraten die Wände eines jeden Kon-
                                                     zertsaals ins Beben. Ganz anders im »Lied
                                                     von der Erde«. Zwar gibt es auch hier einzel-
                                                     ne Passagen, in denen noch einmal der
                                                     spätromantische Überschwang und das Pa-
                                                     thos der Überwältigung anklingen. Aber viel
                                                     markanter ist die Tendenz zur Auflösung, zur
Dieses Buch bekam Mahler höchstwahrschein-
                                                     Ausdünnung und Vergeistigung, mit solisti-
lich von seinem Freund Dr. Theobald Pollak
zum 48. Geburtstag geschenkt                         scher Instrumentation und in freiem Kontra-
                                                     punkt, als wolle Mahler der ganzen Kompo-
Das asiatische Kolorit der Dichtung hat Mah-         sitionsgeschichte Adieu sagen. Das gilt vor
ler jedoch auch musikalisch aufgegriffen.            allem für den bewegenden Schlussgesang,
Auffallend oft arbeitet er im »Lied von der          den »Abschied«, der mit seinen dreißig
Erde« mit Pentatonik, dem ältesten nachge-           Minuten Spieldauer fast schon ein eigenes
wiesenen Tonsystem, das in der chinesi-              Werk im Werk darstellt. Immer wieder dialo-
schen Musik bereits im Altertum bestim-              gisiert die Gesangsstimme dabei mit nur
mend gewesen sein soll. Besonders mar-               einem einzigen Instrument – eine radikale,
kant geschieht dies im dritten Lied, »Von der        entmaterialisierte Klangsprache, die den
Jugend«, das Mahler mit allerlei Ingredien-          Horizont ins Endlose weitet. Dazu passen
zien einer Chinoiserie ausstattet: Hier prä-         die Schlussworte, das siebenmal wiederhol-
sentiert er Melodiefolgen, die auf der Fünf-         te »ewig«, und die jenseitig anmutenden
tonleiter basieren, und verleiht dem Klang-          Celesta-Klänge, die Mahlers Credo ein-
bild mit der Piccoloflöte als markanter In­          drucksvoll beschwören: die Überzeugung,
strumentalfarbe einen zierlichen, eleganten          dass auf jeden Tod ein neues Leben folgen
und anmutigen Charakter – zart wie chine-            muss.
sisches Porzellan. Pentatonische und exo-
tische Wendungen prägen auch die vierte                                            Susanne Stähr
Nummer, »Von der Schönheit«, deren fremd-
artig anmutender Klangreiz damit zu tun hat,

                        Gustav Mahler: »Das Lied von der Erde«
13

          »Das Lied von
            der Erde«
                          HANS BETHGE – GUSTAV MAHLER

                  1. »DAS TRINKLIED VOM JAMMER DER ERDE«

Schon winkt der Wein im gold’nen Pokale,           Das Firmament blaut ewig, und die Erde
Doch trinkt noch nicht, erst sing’ ich euch        Wird lange fest steh’n und aufblüh’n im
    ein Lied!                                          Lenz.
Das Lied vom Kummer soll auflachend                Du aber, Mensch, wie lang lebst denn du?
In die Seele euch klingen.                         Nicht hundert Jahre darfst du dich
Wenn der Kummer naht, liegen wüst die                  ergötzen
    Gärten der Seele,                              An all dem morschen Tande dieser Erde!
Welkt hin und stirbt die Freude, der               Seht dort hinab! Im Mondschein auf den
    Gesang.                                            Gräbern
Dunkel ist das Leben, ist der Tod.                 Hockt eine wild-gespenstische Gestalt –
                                                   Ein Aff’ ist’s! Hört ihr, wie sein Heulen
Herr dieses Hauses!                                Hinausgellt in den süßen Duft des Lebens!
Dein Keller birgt die Fülle des goldenen           Jetzt nehmt den Wein! Jetzt ist es Zeit,
    Weins!                                             Genossen!
Hier, diese Laute nenn’ ich mein!                  Leert eure gold’nen Becher zu Grund!
Die Laute schlagen und die Gläser leeren,          Dunkel ist das Leben, ist der Tod!
Das sind die Dinge, die zusammen passen.
Ein voller Becher Weins zur rechten Zeit                          Quelle: Li-Tai-Po (701–762)
Ist mehr wert, als alle Reiche dieser Erde!
Dunkel ist das Leben, ist der Tod.

                       »Das Lied von der Erde«: Die Gesangstexte
14

                           2. »DER EINSAME IM HERBST«

Herbstnebel wallen bläulich überm See,            Mein Herz ist müde. Meine kleine Lampe
Vom Reif bezogen stehen alle Gräser;                  erlosch
Man meint, ein Künstler habe Staub von            Mit Knistern, es gemahnt mich an den
   Jade                                               Schlaf.
Über die feinen Blüten ausgestreut.               Ich komm’ zu dir, traute Ruhestätte!
                                                  Ja, gib mir Ruh’, ich hab’ Erquickung not!
Der süße Duft der Blumen ist verflogen;
Ein kalter Wind beugt ihre Stengel nieder.        Ich weine viel in meinen Einsamkeiten.
Bald werden die verwelkten, gold’nen              Der Herbst in meinem Herzen währt zu
    Blätter                                           lange.
Der Lotosblüten auf dem Wasser zieh’n.            Sonne der Liebe, willst du nie mehr
                                                      scheinen,
                                                  Um meine bittern Tränen mild
                                                      aufzutrocknen?

                                                                    Quelle: Qian Qi (710–782)

                                 3. »VON DER JUGEND«

Mitten in dem kleinen Teiche                      Auf des kleinen Teiches stiller
Steht ein Pavillon aus grünem                     Wasserfläche zeigt sich alles
Und aus weißem Porzellan.                         Wunderlich im Spiegelbilde.

Wie der Rücken eines Tigers                       Alles auf dem Kopfe stehend
Wölbt die Brücke sich aus Jade                    In dem Pavillon aus grünem
Zu dem Pavillon hinüber.                          Und aus weißem Porzellan;

In dem Häuschen sitzen Freunde,                   Wie ein Halbmond scheint die Brücke,
Schön gekleidet, trinken, plaudern,               Umgekehrt der Bogen. Freunde,
Manche schreiben Verse nieder.                    Schön gekleidet, trinken, plaudern.

Ihre seid’nen Ärmel gleiten                                       Quelle: Li-Tai-Po (701–762)
Rückwärts, ihre seid’nen Mützen
Hocken lustig tief im Nacken.

                      »Das Lied von der Erde«: Die Gesangstexte
15

                               4. »VON DER SCHÖNHEIT«

Junge Mädchen pflücken Blumen,                   Das Roß des einen wiehert fröhlich auf,
Pflücken Lotosblumen an dem Uferrande.           Und scheut, und saust dahin,
Zwischen Büschen und Blättern sitzen sie,        Über Blumen, Gräser wanken hin die Hufe,
Sammeln Blüten in den Schoß und rufen            Sie zerstampfen jäh im Sturm die
Sich einander Neckereien zu.                         hingesunk’nen Blüten,
                                                 Hei! Wie flattern im Taumel seine Mähnen,
Gold’ne Sonne webt um die Gestalten,             Dampfen heiß die Nüstern!
Spiegelt sie im blanken Wasser wider.
Sonne spiegelt ihre schlanken Glieder,           Gold’ne Sonne webt um die Gestalten,
Ihre süßen Augen wider, und der Zephir           Spiegelt sie im blanken Wasser wider.
Hebt mit Schmeichelkosen das Gewebe              Und die schönste von den Jungfrau’n
Ihrer Ärmel auf, führt den Zauber                Sendet lange Blicke ihm der Sehnsucht
Ihrer Wohlgerüche durch die Luft.                    nach.
                                                 Ihre stolze Haltung ist nur Verstellung.
O sieh, was tummeln sich für schöne              In dem Funkeln ihrer großen Augen,
    Knaben                                       In dem Dunkel ihres heißen Blicks
Dort an dem Uferrand auf mut’gen Rossen,         Schwingt klagend noch die Erregung ihres
Weithin glänzend wie die Sonnenstrahlen;             Herzens nach.
Schon zwischen dem Geäst der grünen
    Weiden                                                      Quelle: Li-Tai-Po (701–762)
Trabt das jungfrische Volk einher!

                          5. »DER TRUNKENE IM FRÜHLING«

Wenn nur ein Traum das Leben ist,                Der Vogel zwitschert: »Ja! Der Lenz,
Warum denn Müh’ und Plag’?                       Der Lenz ist da, sei kommen über Nacht!«
Ich trinke, bis ich nicht mehr kann,             Aus tiefstem Schauen lauscht’ ich auf,
Den ganzen lieben Tag!                           Der Vogel singt und lacht!

Und wenn ich nicht mehr trinken kann,            Ich fülle mir den Becher neu
Weil Kehl’ und Seele voll,                       Und leer’ ihn bis zum Grund
So tauml’ ich bis zu meiner Tür                  Und singe, bis der Mond erglänzt
Und schlafe wundervoll!                          Am schwarzen Firmament!

Was hör’ ich beim Erwachen? Horch!               Und wenn ich nicht mehr singen kann,
Ein Vogel singt im Baum.                         So schlaf’ ich wieder ein.
Ich frag’ ihn, ob schon Frühling sei.            Was geht mich denn der Frühling an?
Mir ist, mir ist als wie im Traum.               Laßt mich betrunken sein!

                                                                Quelle: Li-Tai-Po (701–762)

                       »Das Lied von der Erde«: Die Gesangstexte
16

                                  6. »DER ABSCHIED«

Die Sonne scheidet hinter dem Gebirge.             Ich wandle auf und nieder mit meiner Laute
In alle Täler steigt der Abend nieder              Auf Wegen, die vom weichen Grase
Mit seinen Schatten, die voll Kühlung sind.            schwellen.
                                                   O Schönheit, o ewigen Liebens, Lebens,
O sieh! Wie eine Silberbarke schwebt                   trunk’ne Welt!
Der Mond am blauen Himmelssee herauf.
Ich spüre eines feinen Windes Weh’n                Er stieg vom Pferd und reichte ihm den
Hinter den dunklen Fichten!                            Trunk
                                                   Des Abschieds dar. Er fragte ihn, wohin
Der Bach singt voller Wohllaut durch das           Er führe und auch warum es müßte sein.
    Dunkel.                                        Er sprach, seine Stimme war umflort:
Die Blumen blassen im Dämmerschein.
Die Erde atmet voll von Ruh’ und Schlaf.           »Du, mein Freund, mir war auf dieser Welt
Alle Sehnsucht will nun träumen,                   Das Glück nicht hold! Wohin ich geh’?
Die müden Menschen geh’n heimwärts,                Ich geh’, ich wandre in die Berge.
Um im Schlaf vergess’nes Glück                     Ich suche Ruhe für mein einsam Herz!
Und Jugend neu zu lernen!                          Ich wandle nach der Heimat, meiner
Die Vögel hocken still in ihren Zweigen.                Stätte!
Die Welt schläft ein!                              Ich werde niemals in die Ferne schweifen.
                                                   Still ist mein Herz und harret seiner
Es wehet kühl im Schatten meiner Fichten.               Stunde!
Ich stehe hier und harre meines Freundes.          Die liebe Erde allüberall
Ich harre sein zum letzten Lebewohl.               Blüht auf im Lenz und grünt
                                                   Aufs neu! Allüberall und ewig
Ich sehne mich, o Freund, an deiner Seite          Blauen licht die Fernen!
Die Schönheit dieses Abends zu genießen.           Ewig, ewig!«
Wo bleibst du? Du läßt mich lang allein!
                                                          Quellen: Mong-Kao-Yen (690–740)
                                                                    und Wang-Wei (698–761)

                      »Das Lied von der Erde«: Die Gesangstexte
17

                             Valery
                             Gergiev
                                        DIRIGENT

                                                    Mit den Münchner Philharmonikern verbin-
                                                    det Valery Gergiev seit der Saison 2011/12
                                                    eine intensivere Zusammenarbeit, seit der
                                                    Spielzeit 2015/16 ist er Chefdirigent der
                                                    Münchner Philharmoniker. Reisen führten
                                                    sie bereits in zahlreiche europäische Städte
                                                    sowie nach Japan, China, Korea, Taiwan und
                                                    in die USA.

                                                    Programmatische Akzente setzte Valery Ger-
                                                    giev durch die Aufführungen symphonischer
                                                    Zyklen von Schostakowitsch, Strawinsky,
                                                    Prokofjew und Rachmaninow sowie durch
                                                    neue Formate wie das Festival »MPHIL 360°«.
                                                    Regelmäßig werden Konzerte via Livestream,
                                                    Radio und Fernsehen weltweit übertragen.

                                                    Seit September 2016 liegen die ersten
In Moskau geboren, studierte Valery Ger-            CD-Aufnahmen des orchestereigenen La-
giev zunächst Dirigieren bei Ilya Musin am          bels »MPHIL« vor, die seine Arbeit mit den
Leningrader Konservatorium. Bereits als             Münchner Philharmonikern dokumentieren.
Student war er Preisträger des Herbert-­von-        Derzeit erarbeiten die Münchner Philharmo-
Karajan Dirigierwettbewerbs in Berlin. 1978         niker und Valery Gergiev eine Gesamtauf-
wurde Valery Gergiev 24-jährig Assistent            nahme der Symphonien Anton Bruckners in
von Yuri Temirkanov am Mariinsky Opern-             der Stiftskirche St. Florian.
haus, wo er mit Prokofjews Tolstoi-Verto-
nung »Krieg und Frieden« debütierte. Seit           Zum 125-jährigen Orchesterjubiläum am
mehr als zwei Jahrzehnten leitet er nun das         13. Oktober 2018 dirigierte Valery Gergiev
legendäre Mariinsky Theater in St. Pe-              das Festkonzert mit Strawinskys »Psalmen­
tersburg, das in dieser Zeit zu einer der           symphonie« und Mahlers »Achter«.
wichtigsten Pflegestätten der russischen
Opernkultur aufgestiegen ist.

                                       Die Künstler
18

   Anna Lucia                                       Tanja Ariane
    Richter                                         Baumgartner
                SOPRAN                                           MEZZOSOPRAN

Die aktuelle Saison von Anna Lucia Richter          Spätestens mit ihrer Interpretation der Fricka
steht ganz unter dem Stern von Mahlers 4.           (»Rheingold«/»Walküre«) bei den Bayreuther
Symphonie: Außer in München war und ist sie         Festspielen 2017 sowie an der Lyric Opera
damit beim Ravello Festival und den BBC             Chicago, ihrer fulminanten Cassandre (»Les
Proms in London zu hören, beim NHK Sym-             Troyens«) an der Oper Frankfurt und ihrem
phony Orchestra unter Paavo Järvi in Tokio,         spektakulären Ortrud-Debüt (»Lohengrin«) an
mit Teodor Currentzis in Moskau, Madrid und         der Staatsoper Hamburg hat sich Tanja Ariane
Berlin und schließlich im Frühjahr 2019 mit         Baumgartner international an die Spitze der
dem London Symphony Orchestra unter Ber-            dramatischen Mezzosoprane gesungen.
nard Haitink im Londoner Barbican Centre            2017/18 debütierte sie als Kundry (»Parsifal«)
und in der Pariser Philharmonie. Anna Lucia         an der Vlaamse Opera Antwerpen. 2018 kehr-
Richter ist gern gesehener Gast beim Lucer-         te sie zu den Salzburger Festspielen zurück,
ne Festival, wo sie sowohl mit dem Lucerne          wo sie 2010 als Gräfin Geschwitz in »Lulu«
Festival Orchestra und Riccardo Chailly als         debütiert hatte, um die Agaue/Venus in der
auch mit dem Chamber Orchestra of Europe            Neuproduktion von Henzes »Die Bassariden«
und Bernard Haitink neben Christian Gerha-          unter der Leitung von Kent Nagano zu singen.
her in Mahlers »Wunderhorn-Liedern« be-             Tanja Ariana Baumgartner gehört seit der
geisterte. Weitere Konzerthöhepunkte der            Spielzeit 2009/10 dem Ensemble der Oper
letzten Zeit waren Auftritte mit dem Orches­        Frankfurt an. Neben ihren Verpflichtungen
tre de Paris sowie der NDR Elbphilharmonie          dort gab sie in der Saison 2016/17 ihr Rollen-
jeweils unter Thomas Hengelbrock, dem Or-           debüt als Küsterin (»Jenufa«) in Santiago de
chester der Accademia Nazionale di Santa            Chile und war 2015/16 in Toulouse als Judith
Cecila und Daniel Harding sowie mit dem             in »Herzog Blaubarts Burg«, am Theater an
London Symphony Orchestra und Bernard               der Wien als Clairon in »Capriccio« und an der
Haitink.                                            Deutschen Oper Berlin als Brangäne in »Tris-
                                                    tan und Isolde« zu erleben.

                                       Die Künstler
19

         Andreas
         Schager
                  TENOR

Der österreichische Heldentenor Andreas
Schager war zunächst im lyrischen Mozart-
und Operettenfach zu Hause, bis er 2011 zu
den Heldenpartien Wagners und Strauss’
wechselte. Regelmäßig ist er Gast an großen
Häusern und bei Festivals weltweit wie der
Metropolitan Opera, Opéra de Bastille, Wie-
ner Staatsoper, Staatsoper Berlin, Teatro alla
Scala sowie den Bayreuther Festspielen und
arbeitet mit Dirigenten wie Philippe Jordan,
Daniel Barenboim, Valery Gergiev und Chris-
tian Thielemann. Zu seinen wichtigsten Par-
tien zählen Siegfried, Tristan und Parsifal.
Neben seinen herausragenden Opernerfol-
gen ist Andreas Schager auch im Konzertbe-
reich tätig. Höhepunkte der letzten Jahre
sind Auftritte mit dem Cleveland Orchestra
unter Franz Welser-Möst in Cleveland und in
der Carnegie Hall sowie Konzerte in der Phil-
harmonie de Paris und im Wiener Konzert-
haus mit den Wiener Philharmonikern jeweils
unter Philippe Jordan, Auftritte unter Riccar-
do Chailly in Luzern sowie Konzerte mit Marek
Janowski und dem Rundfunk-Sinfonie­
orchester im Berliner Konzerthaus.

                                         Die Künstler
20
                            18

»FANFARE«
     EIN GESCHENK ZUM 125. GEBURTSTAG
       DER MÜNCHNER PHILHARMONIKER

Anlässlich des 125-jährigen Jubiläums der Münchner Phil-
harmoniker hat Spielfeld Klassik ein Musikprojekt realisiert,
das eine Brücke zwischen traditionellem Repertoire und
Neuinterpretation schlägt. Angelehnt an das namensglei-
che Projekt des Royal Opera House in London fand in der
vergangenen Spielzeit der Kompositionswettbewerb »Fan-
fare« statt. Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren waren
aufgerufen, eine dreistimmige Fanfare zu komponieren, die
ein zentrales Motiv aus dem Kernrepertoire der Münchner
Philharmoniker verarbeitet. Aus einer Vielzahl an Einsen-
dungen wurden eine Nachwuchskomponistin und drei
Nachwuchskomponisten zu einem Workshop eingeladen,
bei welchem die eigenen eingereichten Kompositionen zu
Werken für großes Symphonieorchester arrangiert wurden.
Die Aufnahme der vier Fanfaren mit den Münchner Philhar-
monikern unter der Leitung von Krzysztof Urbański vollen-
dete unser Projekt. Diese Fanfaren werden nun außerhalb
des Konzertsaals zum Klingen gebracht und ersetzen den
ursprünglichen Pausengong im Foyer der Philharmonie bei
Konzerten der Münchner Philharmoniker. Ganz nach dem
Motto des 125-jährigen Jubiläums: »Großes Hören.«

                        »Fanfare«
21
                                                   19

Konstantin Egensperger (13) ist der jüngste             Robin Stenzl (18) ist mit Soul und Blues groß
Gewinner des Kompositionswettberbs »Fan-                geworden – daran ist auch seine Fanfare zu
fare«. Seine urspünglich eingereichte Kom-              erkennen. Sie bezieht sich auf das Motiv der
position für Streichensemble bezieht sich auf           7. Symphonie von Beethoven aus dem
das Anfangsmotiv der 9. Symphonie von                   3. Satz. Robin erhält seit seinem 6. Lebens-
Ludwig van Beethoven aus dem 2. Satz. Viel-             jahr Schlagzeugunterricht und erlernt seit
seitig musikalisch am Violoncello und Klavier,          einigen Jahren autodidaktisch E-Gitarre und
in der Kammermusik und beim Komponieren                 Klavier. In der Musikschulband der Musik-
aktiv, erhielt er bereits einige Preise und Aus-        schule Vaterstetten und weiteren Forma-
zeichnungen, u. a. beim Steinway-Klavier-               tionen war und ist er als Schlagzeuger und
spiel-Wettbewerb und dem Kompositions-                  E-Gitarrist aktiv.
wettberb der Hochschule für Musik und
Theater München 2016.                                   Johannes Wiedenhofer (13) wählte als Grund-
                                                        lage seiner Fanfare das Anfangsmotiv aus der
Elisabeth Fußeder (18) überzeugte ebenfalls             8. Symphonie von Gustav Mahler. Dieses von
die Jury mit ihrer Fanfare, die sich gleich auf         den Münchner Philharmonikern unter der Lei-
zwei Anfangsmotive bezieht – den 2. Satz                tung des Komponisten 1910 uraufgeführte
der 9. Symphonie von Ludwig van Beethoven               Werk stellt zusätzlich einen besonderen Be-
und den 1. Satz aus der 4. Symphonie von                zug zu unserem Orchester her. Neben seiner
Anton Bruckner. Neben jahrelangem Klavier-              Tätigkeit als Sänger in der Domkantorei Frei-
unterricht ist sie als Sängerin in der Domkan-          sing spielt Johannes Klavier und entdeckte
torei Freising aktiv, woraus sich das Vokalen-          vor vier Jahren seine Begeisterung für das
semble »Chiave« gründete, dem Elisabeth                 Komponieren. Als Komponist wurde er be-
angehört. Hierfür erhielt sie schon viele Aus-          reits mehrfach ausgezeichnet, u. a. bei »Ju-
zeichungen, u. a. beim Bundeswettbewerb                 gend komponiert Bayern 2018«, ausgerichtet
»Jugend musiziert«.                                     von »Jeunesse musicales«.

v.l.n.r.: Konstantin Egensperger, Elisabeth Fußeder, Robin Stenzl und Johannes Wiedenhofer

                                            »Fanfare«
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                  Herzlich
                willkommen,
                Nico Samitz!
Im Alter von sieben Jahren                                           2017 wurde Nico Samitz an
erlernte Nico Samitz das Trom-                                       der Bayerischen Staatsoper
petenspiel an der Musikschule                                        ein Zeitvertrag für Wech-
Spittal/Drau in Österreich.                                          seltrompete angeboten, den
Schon damals war das Musi-                                           er ein halbes Jahr lang ausüb-
zieren eine große Leiden-                                            te, um sich danach wieder
schaft für ihn. Durch die re­                                        dem Studium in Salzburg und
gionale Förderung (Trachten­                                         den Vorbereitungen auf be-
kapelle, Schülerbigband,                                             vorstehende Probespiele zu
Bläserensemble, etc.) sowie                                          widmen – mit Erfolg: Wenig
durch die Unterstützung der                                          später gewann er gleich zwei
Familie wuchs das Interesse                                          Probespiele kurz hintereinan-
und auch die Faszination für                                         der: zuerst für das Polizeior-
sein Instrument immer mehr.                                          chester Bayern und schließ-
                                                                     lich für die Traumstelle bei den
Im Jahr 2012 begann er sein                                          Münchner Philharmonikern.
Studium am Mozarteum Salz-
burg bei Prof. Hans Gansch                                             Neben dem Orchesterspiel ist
und Andreas Öttl, was seinen                                           Nico Samitz auch noch an vie-
musikalischen Werdegang stark prägen sollte.         len anderen Musikbereichen interessiert: Er
Zwei Jahre später wurde er Mitglied im Euro-         ist Mitglied und Komponist des von ihm mit-
päischen Jugendorchester (EUYO) und ge-              gegründeten Musik-Kabarett-Ensemble
wann kurz darauf die Akademiestelle für Trom-        »BlechReiz BrassQuintett« und veröffentlichte
pete an der Bayerischen Staatsoper. Sofort           2016 auch einen selbst geschriebenen You-
von der Opern- und Orchesterwelt in den Bann         tube-Hit mit über 4 Millionen Klicks und dem
gezogen, beschäftigte er sich in München             Titel »I kenn di von mein Handy«, woraufhin er
eineinhalb Jahre lang mit verschiedensten            einen Singlevertrag bei Universal Music Aus-
Opern und Balletten und erlebte die intensive        tria erhielt. Außerdem ist er leidenschaftlicher
und exakte Probenarbeit von Kirill Petrenko.         Hobby-Jazztrompeter und widmet sich – so
                                                     weit es die Zeit erlaubt – der Aufführungspra-
                                                     xis alter Musik auf der Barocktrompete.

                                 Neues aus dem Orchester
23

                Herzlich
              willkommen,
              Tobias Huber!
Der Hornist Tobias Huber                                   moniker. Er spielt regelmäßig
wuchs in Zell in der Schweiz                               als Gast in verschiedenen
auf. Von 2005 bis 2009 stu-                                Orchestern wie dem Tonhalle
dierte er an der Musikhoch-                                Orchester Zürich oder seit
schule Luzern bei Lukas Chris-                             2016 auch im Lucerne Festival
tinat und später an der Hoch-                              Orchestra. Seit August 2018
schule für Musik in Basel bei                              ist er bei den Münchner Phil-
Prof. Christian Lampert, wo er                             harmonikern Mitglied der
2013 sein Masterstudium mit                                Horngruppe.
Auszeichnung abschloss.

Erste Orchestererfahrungen
sammelte Tobias Huber in der
Saison 2008/2009 bei seinem
Praktikum im Luzerner Sinfo-
nieorchester. Von 2009 bis
2011 war er Akademist beim
Symphonieorchester des Bay-
erischen Rundfunks, worauf
ein Zeitvertrag bei den Münchner Philharmo-
nikern folgte. Von 2011 bis 2018 war er als
Wechselhornist Mitglied der Essener Philhar-

                                 Neues aus dem Orchester
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                    Herzlich
                  willkommen,
                  Julie Risbet!
Die Bratschistin Julie Risbet                                      man, Johannes Moser, Klaus
studierte in der Klasse von                                        Thunemann, Julian Bliss und
Prof. Jean Sulem am Conserva-                                      Robert Holl. Regelmäßig spielt
toire national supérieur de mu-                                    sie mit dem Voce Quartett.
sique in Paris, wo sie im Mai
2008 ihren Abschluss mit Aus-                                      Julie Risbet ist Preisträgerin
zeichnung erlangte. Danach                                         des Internationalen Musik-
setzte sie ihre Studien an der                                     wettbewerbs in Markneukir-
Hochschule für Musik und The-                                      chen 2007 und wurde mehr-
ater in München in der Klasse                                      fach von Seiji Ozawa eingela-
von Prof. Hariolf Schlichtig fort                                  den, um an der International
und legte 2010 ihre Diplomprü-                                     Music Academy Switzerland
fung und im darauf folgenden                                       teilzunehmen.
Jahr ihre Kammermusik-Meis-
terklassen-Prüfung ab.                                             Von 2011 bis 2015 spielte sie
                                                                   in Orchestern wie dem Sym-
Als leidenschaftliche Kammer-                                      phonieorchester des Bayeri-
musikerin war Julie Risbet Gast                                    schen Rundfunks, der Bayeri-
zahlreicher Festivals, z. B.                                       schen Staatsoper, dem WDR
beim Seiji Ozawa Matsumoto Festival, beim           Sinfonieorchester, Bamberger Symphoniker,
Kissinger Sommer, beim Jerusalem Internati-         Orchestre National de France und Orchestre
onal Chamber Music Festival, Festival Juven-        National du Capitole de Toulouse. Von 2015
tus und Festival de Paques de Deauville. Sie        bis 2017 war sie Vorspielerin im Beethoven
konzertierte mit Künstlern wie Nobuko Imai,         Orchester Bonn und ist seit 2018 Mitglied der
Nikolaj Znaider, Guy Braunstein, Vadim Gluz-        Münchner Philharmoniker.

                                    Neues aus dem Orchester
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                                                                                   Die Stadt einigt
                                                                                   sich mit dem
                                                                                   Bayerischen
                                        Der städtische                             Kultusministeri-
Nach 3-jähriger                                                                    um: weniger Geld
Pause findet das                        Zuschuss wird
                                        auf 100.000                                von der Stadt an
1. Konzert mit                                                                     die Münchner
dem Orchester                           Mark pro Jahr
                                        erhöht                                     Staatstheater,
des Konzert-                                                       Nochmalige      dafür mehr Geld
vereins in der                                                   Erhöhung des      an den Konzert-
Tonhalle statt                                                     städtischen     verein
                                                                Zuschusses auf
                                                                520.000 Mark
                   Hans Pfitzner
                                                                      pro Jahr
                wird Chefdirigent

                                                                                  Anfang des Jahres
30.09.

 1918              1919/20                        1920               1921         1924
         1919          1919              1920                  1923/24                                1924
                                        Oktober
         Mai

                       20.02.

                                                                                                      21.02.
                                                                                    Anton Bruckners
                                                   Siegmund von
   Zur finanziellen                                                                  100. Geburtstag.
                                                       Hausegger
 Sicherung der Or-                                                                    Die Philharmo-
                                                   wird Chefdiri-
chestermusiker in                                                                     niker feiern ihn
                                                   gent – bis 1938
 den konzertfreien                                                                    mit einer Reihe
 Sommermonaten         Am Abend vor                                                  von Sonderkon-
engagiert das Bay-     seiner Ermordung                                                         zerten
                                                           Der Konzertverein muss
    erische Finanz-    besucht Kurt
                                                           auf Durchführung eigener
ministerium Teile      Eisner ein Konzert
                                                           Abonnement-Konzerte
des Orchesters für     des Konzertverein-­
                                                           verzichten und vermietet
   die Kurkonzerte     Orchesters
                                                           das Orchester samt Diri-
  in Bad Kissingen                                         genten an die Münchner
     (bis 1942) und                                        Konzertdirektion Otto
    Bad Brückenau                                          Bauer, die für 6 Abende
          (bis 1926)                                       die finanzielle Garantie
                                                           übernimmt

                                    Die Jahre 1918–1944
27

                                                         Kabasta setzt die
                   Auf den Konzert­                      »Musik für Saiten­
                   programmen                            instrumente, Schlag-
                   erscheint erst-                       zeug und Orchester«
                   mals der Name                         des 1940 emigrierten
      Mit Ethel    »Münchner                             Béla Bartók aufs
  Leginska tritt   Philharmoniker«                       Programm
zum ersten Mal
  eine Frau vor
  das Orchester                                                                 Mehrere Bomben
–als Dirigentin,                           Oswald Kabasta
                                          wird neuer künst-                      beschädigen die
  Pianistin und                                                                 Tonhalle schwer
  Komponistin                               lerischer Leiter
                                                  – bis 1944
  7. Oktober

                   Herbst

                                                                                25.04.
   1924            1928                  1938                  1942             1944
               1925          1930               1938                 1943                1944
                            13.11.

                                                Herbst

                                                                                         09.08.

                                                                      Die Landeshaupt-
  Der Bayerische                                                        stadt München
  Rundfunk (damals                                                     wird rechtlicher
  »Deutsche Stunde in                                                        Träger des
  Bayern G.m.b.H.«)                              Auf Wunsch                 Orchesters
  verpflichtet sich,                             Hitlers tragen
  Konzerte des städ-                             die Philharmo­
  tischen Orchesters                             niker den Ehren-
  gegen eine feste                               titel »Orchester
  Jahrespauschale                                der Hauptstadt
  zu senden                                      der Bewegung«                  Letztes Konzert
                            Igor Strawinsky                                     vor der kriegs-
                                dirigiert das                                   bedingten
                              Orchester mit                                     Still­legung des
                            eigenen Werken                                      Orchesters

                                       Die Jahre 1918–1944
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Sonntag                                      Sonntag
16_12_2018    11 Uhr                         30_12_2018 11 Uhr      3. Abo m
                                             Montag
3. KAMMERKONZERT                             31_12_2018 17 Uhr
Festsaal, Münchner Künstlerhaus              Silvesterkonzert

»Meisterwerke«                               LUDWIG VAN BEETHOVEN
                                             Symphonie Nr. 9 d-Moll op. 125
ARSEN BABAJANYAN
Auftragswerk                                 FABIO LUISI
SERGEJ RACHMANINOW                           Dirigent
Romanze – Andante espressivo g-Moll          ELSA DREISIG
aus dem Streichquartett Nr. 1                Sopran
CLAUDE DEBUSSY                               EKATERINA GUBANOVA
Streichquartett g-Moll op. 10                Mezzosopran
FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY                  BURKHARD FRITZ
Streichquartett Es-Dur op. 12                Tenor
                                             MICHAEL VOLLE
JULIAN SHEVLIN                               Bass
Violine                                      PHILHARMONISCHER CHOR MÜNCHEN
SIMON FORDHAM                                Einstudierung: Andreas Herrmann
Violine
VALENTIN EICHLER
Viola
DAVID HAUSDORF
Violoncello
                                             Mittwoch
                                             09_01_2019    20 Uhr 3. Abo a
                                             Freitag
                                             11_01_2019    20 Uhr 3. Abo b

                                             JEAN SIBELIUS
                                             »En Saga« op. 9
                                             EDWARD ELGAR
                                             Konzert für Violoncello und Orchester
                                             e-Moll op. 85
                                             SERGEJ PROKOFJEW
                                             Symphonie Nr. 5 B-Dur op. 100

                                             SANTTU-MATIAS ROUVALI
                                             Dirigent
                                             HARRIET KRIJGH
                                             Violoncello

                                      Vorschau
29

Donnerstag                                        Donnerstag
10_01_2019 18_30 Uhr                              17_01_2019     20 Uhr 3. Abo f
2. Jugendkonzert                                  Freitag
                                                  18_01_2019 20 Uhr 3. Abo c
EDWARD ELGAR                                      Sonntag
Konzert für Violoncello und Orchester             20_01_2019 19 Uhr 2. Abo k4
e-Moll op. 85                                     Mittwoch
SERGEJ PROKOFJEW                                  16_01_2019 13_30 Uhr
Symphonie Nr. 5 B-Dur op. 100                     3. Öffentliche Generalprobe

SANTTU-MATIAS ROUVALI                             IGOR STRAWINSKY
Dirigent                                          »Chant funèbre« (Totenlied)
HARRIET KRIJGH                                    NIKOLAJ RIMSKIJ-KORSAKOW
Violoncello                                       Suite aus der Oper »Die Legenden der
                                                  unsichtbaren Stadt Kitesch und von der
Präsentiert von                                   Jungfrau Fewronia«
MALTE ARKONA                                      DMITRIJ SCHOSTAKOWITSCH
                                                  Symphonie Nr. 4 c-Moll op. 43

                                                  VALERY GERGIEV
                                                  Dirigent

Samstag
12_01_2019     18 Uhr

NEUJAHRSKAMMERKONZERT
Festsaal, Münchner Künstlerhaus

Ein musikalischer Start in das neue Jahr
mit Musikerinnen und Musikern der
Münchner Philharmoniker.

                                           Vorschau
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