Hadi teherani - Quartier Magazin
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ausgabe 12, dezember 2010 – februar 2011 Magazin für HafenCity, Speicherstadt und Katharinenviertel hadi teherani Land unter Hochwasserschutz in der HafenCity Grünes Kapital Hamburg ist Europas Umwelthauptstadt Zehn Lichtjahre Licht-Kunst-Speicherstadt e. V. feiert Jubiläum
Foto: Marco Kunz Körber Podcasts Groothuis, Lohfert, Consorten | glcons.de vorbeikommen oder nachhören Stand Oktober 2010, Änderungen vorbehalten! Themen ltungen rund um die Wir machen Veransta Gesellschaf t rn at io na le Po lit ik , Bi ldung, Wissenschaft, Inte dcasts ser Programm und Po und Junge Kultur. Un rum.de ch hö re n fin de n Si e unter www.koerberfo zum Na KörberForum KörberForum – Kehrwieder 12 | 20457 Hamburg | U Baumwall Telefon 040 · 80 81 92 - 0 | E-Mail info@koerberforum.de Kehrwieder 12 Veranstalter ist die gemeinnützige Körber-Stiftung. Für Menschen, die nicht alles so lassen wollen, wie es ist.
Editorial Liebe Leserinnen, Karin Guenther liebe Leser, Licht ist ein schönes Kontrastmittel zur dunklen Jahreszeit – Beleuchtung kann sowohl heilsam als auch stimmungsvoll sein, Fassaden modellieren, Konturen schärfen, Details sichtbar machen und Bilder entstehen lassen. Die allabendlich erleuchte- ten Backsteinfassaden der Speicherstadt gehören inzwischen zu dem Lichtbild, mit dem Hamburg sich in aller Welt erfolg- reich vorstellt und das auch Hanseaten ihren Besuchern gern präsentieren. Passend zu den länger werdenden Nächten wurde nun auch das pittoresk auf einer Halbinsel gelegene Wasserschlösschen in das Lichtensemble ein- bezogen – und wird damit seine Spitzenposition unter den tausendfach abgelichteten Postkartenmotiven ausbauen können. Dessen Reiz konnten auch wir uns nicht entziehen, Sie finden eine besonders schöne Variante auf Seite 26. Um die Planung, Finanzierung, technische Umsetzung und Instand- haltung der von Michael Batz konzipierten Illumination kümmert sich der Verein Licht-Kunst-Speicherstadt – den wir Ihnen anlässlich seines 10-jäh- rigen Jubiläums vorstellen. Der Prophet gilt nichts im eigenen Lande – heißt es. Im Falle des Hamburger Architekten Hadi Teherani ist die Sache komplizierter: er ist zwar auch am Stefan Thater Kaiserkai in den eigenen vier Wänden zuhause, hat Hamburg mit markanten, sehr formal gestalteten Gebäuden seinen Stempel aufgedrückt, sich aber gleichzeitig über die Bauten in der HafenCity vernehmlich und kritisch geäu- ßert. Mit gesundem Selbstbewusstsein reflektierte er den fast sprichwört- lich gewordenen „Würfelhusten“ an der Kaikante. Auch die von ihm zwischen dem Großen und dem Kleinen Grasbrook konzipierte Living Bridge über die ab 4.12.2010 Norderelbe wurde vor einigen Jahren kontrovers diskutiert. Was beschäftigt das „T“ im Architekturbüro Bothe Richter Teherani heute, wie sehen seine Eröffnung Visionen aus, und wo werden sie realisiert? Freitag 3.12.2010, 18 Uhr Mit dem Winterhalbjahr beginnt auch wieder die Saison der Stürme und Fluten. Wie geht Hamburgs amphibisches Quartier mit diesen Naturge- walten um und wo kann man die Gummistiefel im Schrank lassen? Ganz natürlich und ökologisch, dabei aber völlig gewaltfrei hat Hamburg sich Galerie endlich auch einmal als Hauptstadt positionieren können: Im nächsten Jahr wird die Hansestadt Green Capital 2011! Admiralitätstraße 71 20459 Hamburg Viel Spaß bei der Lektüre dieser und anderer Geschichten und einen stim- Telefon +49 40 3750 3450 mungsvollen Winter im Quartier wünscht Ihnen Fax +49 40 3750 3451 info@galerie-karin-guenther.de www.galerie-karin-guenther.de Öffnungszeiten: Thomas Hampel Dienstag–Freitag 13–18 Uhr Herausgeber Samstag 12–15 Uhr Vom 21.12.2010 bis 4.1.2011 geschlossen ausgabe 12, dezember 2010 – februar 2011
Inhalt hadi teherani 08 Fotos: Thomas Hampel (Seite 4 oben und unten links, Seite 5), Manfred Stempels (Seite 4 unten rechts) Titel: Gebäude von Hadi Teherani und BRT haben das Gesicht Hamburgs geprägt, auch in der HafenCity, wo China Shipping und Home4 Hamburg von seinem Büro entworfen wurden. Das Foto machte Roger Mandt. grünes kapital 14 land unter 18 4 ausgabe 12, dezember 2010 – februar 2011
Inhalt Inhalt Gezeiten Kultur 06 Alle Register für Katharinen 26 Zehn Lichtjahre In einem Projekt, das weltweit seinesgleichen sucht, Ein Jahrzehnt ist vergangen, seit engagierte Bürger wird in St. Katharinen die Bach-Orgel rekonstruiert, und Unternehmen den Verein Licht-Kunst-Speicher- deren Ursprünge bis ins Frühbarock reichen. stadt ins Leben riefen, um das einzigartige Ensemble auch nachts auf die Bühne der Stadt zu bringen. Titel 30 Im Fokus: Steffen Hofemann Mit ihrem Übergangscharakter und ihren zahlreichen hadi teherani Wasserlagen wird die HafenCity auch von Modefoto- 08 Pure Glasphemie grafen als Location entdeckt. Mit Hadi Teherani hat Hamburg einen eigenen Stararchitekten hervorgebracht, der sich mit zwei Gebäuden auch in der HafenCity verewigt hat. Vermischtes 34 Essen und Trinken Wirtschaft Zwischen Elbphilharmonie, Marco-Polo-Terrassen und Traditionsschiffhafen bietet die HafenCity zwei 14 Grünes Kapital ausgezeichnete Adressen für thailändische Küche. Als European Green Capital will Hamburg 2011 beweisen, dass es in der Lage ist, im Klimaschutz 35 Aus dem Quartier international eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Überseeboulevard HafenCity Universität 18 Land unter Speicherstadt und HafenCity 2011 Um die Idee vom Wohnen und Arbeiten am Wasser Hafen Hamburg Marketing e. V. zu verwirklichen, muss Hamburg die Elbe mit großem Netzwerk HafenCity e. V. Aufwand in ihre Schranken weisen. hafenSALON 22 Die Sandmänner 37 Gewinnspiel Das Hamburger Traditionsunternehmen OAM 37 Buch- und CD-Tipp versorgt seit Jahren die Baustellen in der HafenCity 39 Termine mit den nötigen Baugrundstoffen. 42 Impressum die sandmänner 22 zehn lichtjahre 26 ausgabe 12, dezember 2010 – februar 2011 5
Gezeiten die bach-orgel Ein Blick in die Vergangenheit: die 1943 zerstörte große Orgel der Hamburger Hauptkirche St. Katharinen. Damals führte noch eine hölzerne Treppe zum Spieltisch. Foto: Archiv der St.-Katharinen-Kirche 6 ausgabe 12, dezember 2010 – februar 2011
Gezeiten die bach-orgel Alle Register für Katharinen Gebaut in Renaissance und Barock, gespielt von Bach und Telemann, zerstört im Hamburger Feuersturm: In der Hauptkirche St. Katharinen wird eines der bedeutendsten Orgelinstrumente Europas rekonstruiert. Text: Sebastian Knauer Hoch oben über der alten Empore in Die Orgel in St. Katharinen kam we- St. Katharinen ist schon der erste Bau- nig später unter die Leitung des neuen abschnitt der Orgel für die großen Ad- Gesamtmusikdirektors für Hamburg, ventskonzerte 2010 spielbereit. Verdeckt Georg Philipp Telemann (1681–1767). Im- unter einer Plastikplane zum Schutz vor mer wieder hatten die Organisten von dem derzeitigen Baustaub schlummert Anbeginn für einen Ausbau des großen hier ein Instrument der Sonderklasse. Instruments gesorgt. So sind die renom- „Eine solche Orgel für die Kirchenmu- mierten Orgelbaufirmen wie Hans Sche- sik zu haben, ist schon einmalig“, urteilt rer der Ältere, Gottfried Fritsche, Fried- St. Katharinen-Organist Andreas Fischer rich Stellwangen oder Friedrich Besser und begibt sich an den Spieltisch. beim Ausbau des bereits in der Renais- Johann Sebastian Bach (1685–1750) sance begonnenen Großinstruments be- hatte dieses Instrument für sein legen- auftragt gewesen. Die Fotos aus der Vor- däres Vorspiel in Hamburg ausgewählt. kriegszeit belegen die ganze Pracht des Foto: ALWOGE Er bewarb sich im Jahre 1720 um den Pos- barocken Instruments. ten eines Organisten an der Hamburger Im Feuersturm des Jahres 1943 nach Hauptkirche St. Jacobi. Das Instrument den Luftangriffen britisch-amerikani- Ein Blick in die Zukunft: der erste Bauab- in St. Katharinen wählte er wegen „ihres scher Bomberverbände wurde auch der schnitt, das Rückpositiv, der rekonstruierten in allen Stücken vortrefflichen Werkes“ größte Teil des hölzernen Orgelpros- großen Barockorgel in St. Katharinen im sowie „der Schönheit und Verschieden- pekts komplett zerstört. Auf Initiative Jahre 2010 heit des Klanges dieser Rohrwerke“, wie des damaligen Organisten waren aber die für den Klang wichtigen Pfeifen mit einer Legierung aus Blei und Zink zuvor konnte für das Aufbauprojekt gewon- „Eine solche Orgel zu ausgelagert worden und überdauer- nen werden. Benefizkonzerte internatio- ten in den Gewölben der benachbarten naler Barockexperten wie Ton Koopman, haben, ist einmalig.“ St.-Nikolai-Kirche den Krieg. Jetzt wer- SJS-Kuratoriumsmitglied, die Musikrei- den die Originalteile aus dem Barock, he „Zappa spielt für Bach“ sowie viel- ein Biograph des Komponisten später die den besonderen Klang ausmachen, fältige kulturelle Veranstaltungen in berichtete. Zwei Stunden spielte und wieder in einem europaweit einmaligen der Universitätskirche St. Katharinen improvisierte er auf dem damals bereits Rekonstruktionsprojekt von der nieder- als Partner der Hochschule für Musik über 52 Register sowie 4 Manuale ver- ländischen Orgelbaufirma Flentrop bei und Theater dienen der Vollendung des fügenden Instrument und erwies dem Amsterdam zusammengesetzt. Orgelprojektes. langjährigen St. Katharinen-Organisten Für die Finanzierung der Baukosten Das Eröffnungskonzert der neuen Johann Adam Reincken (1643–1722) die von rund zweieinhalb Millionen Euro Orgel in dem dann baulich sanierten Referenz. „Ich dachte, diese Kunst wäre tritt die 2004 gegründete Stiftung Jo- Kirchenraum ist für den Advent 2012 ausgestorben“, soll der betagte Reincken hann Sebastian (SJS) mit dem Projekt geplant. Dann wird man sehen, dass nach dem Vorspiel des 35-jährigen Bach „Eine Orgel für Bach in St. Katharinen“ diese Kunst nie ausstirbt. gesagt haben, „ich sehe aber, dass sie in ein. Eine Vielzahl Hamburger Persönlich- Ihnen noch lebet.“ keiten, Unternehmen und Stiftungen www.stiftung-johann-sebastian.de ausgabe 12, dezember 2010 – februar 2011 7
Titel hadi teherani Pure Glasphemie Hadi Teherani ist vor zwanzig Jahren in Hamburg angetreten, um die zeitgenössische Architektur mit Glas und Stahl aufzupolieren. Inzwischen prägen seine Arbeiten nicht mehr nur das Stadtbild an der Elbe. Text: Nikolai Antoniadis Mit dem Zayed Water Palace in Abu Dhabi könnte Teheranis Traum von einer modernen Wohnbrücke wahr werden. ausgabe 12, dezember 2010 – februar 2011 9
Titel hadi teherani Oberbaudirektor Kossak wurde später vielfach mit seiner Einschätzung das Zeug, „das architektonische Bild Deutschlands der Bei aller Extravaganz sprechen seine Entwürfe eine einfache Geboren in Teheran, war Hadi Teherani als Sechsjähriger nach und handfeste Sprache: Das Dockland ist ein Schiffsbug, das Hamburg gekommen und am Rothenbaum aufgewachsen, Bürohaus am Sandtorkai eine Containerbrücke, der Haupt- bevor er zum Studium nach Braunschweig ging. Als er 1991 bahnhof von Dortmund ein riesiges UFO, das Hamburger Po- an die Elbe zurückkehrte, um mit seinen beiden ehemaligen lizeipräsidium ein Scheriffstern. Seine Gebäude prägen heute Kommilitonen Bothe und Richter ein Büro zu gründen, befand das Bild zahlreicher Städte auf drei Kontinenten. Aber sein sich Hamburg inmitten eines umfassenden gesellschaftlichen Weg in die Premier League der Architektur begann in Ham- und wirtschaftlichen Wandels. Der wachsende Container- burg. In einem Autohaus in Wandsbek. umschlag hatte zahlreiche Hafenbetriebe in den westlichen Car & Driver war nicht irgendein Autohaus, sondern ein Freihafen ziehen lassen, und die zurückgelassenen Flächen Showroom für Edelkarossen von Rolls-Royce und Bentley bis stießen bei einigen Stadtplanern die Frage an, wie man ge- Aston Martin, aber Wandsbek war nicht gerade eine 1-A-Lage. nerell mit Industriebrachen umgehen wollte. Es wurden in An diesem ersten größeren Projekt aus dem Hause Bothe Rich- diesem Zuge erste Ideen ausgearbeitet, alte Fabriken wie die ter Teherani (BRT) lässt sich aber bereits eine Qualität ablesen, Zeisehallen, Kampnagel oder den Phoenixhof umzunutzen. die in vielen späteren Arbeiten zum Ausdruck kommt: Sie bau- Als Egbert Kossak 1981 zum Oberbaudirektor berufen wurde, en im Niemandsland der Peripherien und holen sie aus den richtete er sein Augenmerk besonders auf den nördlichen Ha- toten Winkeln der Stadt. So entwarf BRT eine Unternehmens fenrand. Hier sah er eine Kette aus spektakulären architekto- zentrale für den Leuchtendesigner Tobias Grau, die bald zum nischen Perlen, mit denen er Hamburg wieder an die Elbe zu- weltweiten Aushängeschild des Designers wurde, obwohl die rückbringen wollte. Erste Projekte waren das Verlagshaus von meisten seiner Kunden kaum je von Rellingen gehört hatten. Gruner + Jahr, später der Fähranleger am Fischereihafen und das Lofthaus am Elbberg, entworfen von dem jungen Büro BRT. Da Kossak sich zunächst alter Hamburger Klinker-Schule verpflichtet fühlte, war unter seiner Ägide bald ein gediege- ner, konservativer Hamburger Stil entstanden, der deutlichen Ausdruck auf der Fleetinsel und in der Neuen Flora fand. Das Autohaus von BRT mit seiner weißen Decke, Stahlträgern und vor allem der großzügigen Verwendung von Glas – man kann sagen: es war praktisch vollkommen verglast – war deshalb als klare Absage an das Backstein-Primat zu verstehen. Es stand zwar nicht an exponierter Stelle, erregte aber so viel Aufmerk- samkeit, dass es bald Nachahmer fand und vielen anderen Foto: Klaus Frahm jungen Architekten als Inspiration diente, über eine Welt ohne Klinker nachzudenken. Diese neue Generation war offen für neue Wege, angefan- Das Autohaus Car & Driver in Wandsbek gen beim konsequenten Einsatz von Computertechnologien über die Beschäftigung mit moderner Gebäudetechnik bis Das Autohaus in Wandsbek mit seinen großzügigen, leicht zur Entwicklung neuer, ausdrucksstarker Formsprachen und nach vorn gekippten Glasfassaden erregt auch über Deutsch- Gebäudestrukturen. Kossak, anfangs skeptisch, wurde später lands Grenzen hinaus größere Aufmerksamkeit und öffnet vielfach mit seiner Einschätzung zitiert, in den drei Köpfen von Teherani und dem Büro BRT die Türen zur Welt der etablier- BRT stecke das Zeug, „das architektonische Bild Deutschlands ten Architektenbüros. Als das Gebäude 1991 eröffnet wird, ist der nächsten 20 Jahre entscheidend zu prägen“. Als 2002 in Teherani 37 Jahre alt, Jens Bothe 32 und Kai Richter 33. Die Er- Berlin für eine Ausstellung zur „Neuen Deutschen Architektur“ öffnung ihres Büros lag kaum ein Jahr zurück. 25 beispielhafte Werke aus der gesamten Republik, darunter 10 ausgabe 12, dezember 2010 – februar 2011
zitiert, in den drei Köpfen von BRT stecke nächsten 20 Jahre entscheidend zu prägen“. der Berliner Bogen von BRT, ausgewählt wurden, gehörten Bothe, Richter und vor allem Teherani bereits zu den Lieblingsarchitekten der Szene. Rising Star Viele der preisgekrönten Arbeiten, die BRT später verwirklichte und die heute Hamburg in nicht ge- ringem Maße prägen, wurden während der Amts- zeit von Egbert Kossak begonnen. Aber gerade aus dieser Zeit stammt eine Episode, die einige Hamburger Architekten und Stadtentwickler die Foto: Roger Mandt, Hamburg Stirn runzeln ließ. Ausgelöst wurde sie ausgerech- net durch Meinhard von Gerkan, dessen Partner Volkwin Marg nicht nur eine Professur in Aachen innehat, wo er mit einer heimlichen Machbar- keitsstudie die HafenCity vorbereitete, sondern an dessen Lehrstuhl Teherani auch 1989 bis 1991 Hadi Teherani hat sich in den vergangenen Jahren auch einen Ruf als hervorragender Produkt- unterrichtet hatte. Im Juni 1998 hatte von Gerkan designer gemacht. Das Büro der Hadi Teherani AG am Kaiserkai ist in dem Gebäude Home4 ein Schreiben aufgesetzt, in dem er Kossak unter- Hamburg untergebracht, das von BRT entworfen wurde. stellte, das Büro gmp zu benachteiligen, nachdem Kossak dessen Bewerbung beim Wettbewerb um das Internationale Immobilien-Institut am Axel-Springer-Platz erst 2004 mit dem Bau begonnen werden konnte. 1999 wurde nicht zugelassen hatte. Bald ließ sich in der Hamburger Presse BRT auch damit beauftragt, die Büros von Scholz & Friends an nachlesen, von Gerkan werfe dem Oberbaudirektor „Begünsti- der Kehrwiederspitze zu gestalten, und im gleichen Jahr wur- gung bestimmter Architekturbüros“ vor; Teheranis Lebensge- de am Heidenkampsweg ein Bürohaus eröffnet, das wegen fährtin arbeite in Kossaks Behörde, Kossaks Tochter wiederum seines Grundrisses Doppel-XX genannt wird. An einer sechs- im Büro Alsop & Störmer. Schließlich schaltete sich der Bund spurigen Straße gelegen, wird das eigentliche Gebäude von ei- Deutscher Architekten (BDA) ein, beklagte das niedrige Niveau ner Glashaut umhüllt, unter der sich nicht nur 12 Büroetagen, der Auseinandersetzung und mahnte gleichzeitig an, mehr sondern auch sechs Wintergärten und vier Etagengärten be- Büros in die beschränkten Vergabeverfahren einzubeziehen. finden. Nach einem ähnlichen Prinzip wurde wenig später der Der Streit löste sich in Wohlgefallen auf. Berliner Bogen gebaut, ein gewaltiges Bürohaus mit mehreren Dieses Skandälchen gehörte vermutlich zur Dramaturgie Atrien, das von einer gewölbten Glaskuppel überspannt wird. im Werdegang eines aufgehenden Architektursterns. Den Die Idee vom Haus-im-Haus, oder besser: vom Haus-in-Glas Aufstieg von BRT konnte es nicht bremsen. 1999 erhielt das greift Teherani auch beim Deichtorcenter auf. Mehrere Büro- Büro den Architekturpreis des BDA Hamburg für das Lofthaus geschosse, dieses Mal in Z-Form, liegen übereinander, dazwi- am Elbberg, vom BDA Schleswig-Holstein den Preis für die schen Innenhöfe, die bis unters Dach reichen, und alles um- Zentrale von Tobias Grau in Rellingen. Im selben Jahr wurde Te- schlossen von einer dreieckigen Glashülle. Eigentlich war das herani auch gewissermaßen künstlerisch geadelt, indem er in Büro Spengler Wiescholek Sieger im Wettbewerb gewesen. den exklusiven Kreis der Freien Akademie der Künste berufen Weil der Entwurf aber funktional und wirtschaftlich nicht zur wurde. Es war ein gutes Jahr für BRT. Die Entwürfe zum Dock- Zufriedenheit der Jury und des Bauherren überarbeitet wor- land am Fischereihafen stammen aus diesem Jahr, wenngleich den war, ging der Auftrag an den zweiten Sieger BRT. ausgabe 12, dezember 2010 – februar 2011 11
Titel hadi teherani Foto: Thomas Hampel Foto: Katja Hansen Das Dockland im Fischereihafen Altona hat die Form eines Schiffs, Das Bürohaus am Sandtorkai, das heute von China Shipping ge- dessen spitzer Bug weit über das Wasser hinausragt. nutzt wird, war eines der ersten acht Häuser der HafenCity. Ein Wahrzeichen, bitte große Glaskuppel, die weit über den Dachfirst hinausragte, wurde gestrichen. Auch der historische Stadtgrundriss von Teheranis Starruhm ist inzwischen fest verankert und wird 1842, den Fritz Schumacher seinerzeit als „Kunstwerk Ham- durch zahlreiche internationale Preise gut dokumentiert. burg“ bezeichnet hatte, sollte vor den umfangreichen Abriss- Allein drei Mal hat er den Preis der weltgrößten Immobilien- maßnahmen geschützt werden. Die zahlreichen Proteste hin- messe MIPIM in Cannes gewonnen, eine begehrte Trophäe für derten Teherani aber nicht, an seiner Konzeption festzuhalten. Architekten und ein begehrtes Gütesiegel für Investoren: für Er hatte schon mit früheren Projekten wie etwa dem Berliner den Berliner Bogen in Hamburg (2003), die Europa-Passage, Bogen oder Doppel-XX belegt, dass es ihm nicht allein um ge- ebenfalls Hamburg (2007), und für das so genannte Kranhaus fällige Investorenarchitektur geht, sondern um eine Aufwer- Mitte am Rheinauhafen in Köln (2009), das Teherani bereits tung durch Architektur. Obwohl er jahrelang umschmeichelt 1992 entwickelt hatte. Von einem Architekten mit diesem Ruf worden war, verlor er seine städtebauliche Vision nicht. wird viel erwartet. So von Markus Schreiber, dem Leiter des Bezirksamts Hamburg-Mitte, der im Ensemble der Tanzenden Rezepte gegen Würfelhusten Türme an der Reeperbahn schon beim Anblick der Entwürfe „das neue Wahrzeichen von St. Pauli“ erkennen konnte. Die Diese Vision förderte ein paar Jahre später auch ein geflügel- beiden ineinander verdrehten, eingeknickten Türme sollen im tes Wort zutage, das inzwischen zu den am meisten zitierten Sommer 2012 eröffnet werden und mit 22 und 24 Stockwer- Aussprüchen über Hamburger Architektur zählt. In einem In- ken den Eingang zur Reeperbahn markieren. Obwohl man sich terview äußerte sich Teherani 2008 mit unerwarteter Deut- vielleicht die Frage stellen kann, wie der Michel, der Tafelberg lichkeit über die HafenCity. Das war für einige überraschend, in Kapstadt oder die Bremer Stadtmusikanten zu Wahrzei- waren doch die Zeiten, in denen es gewissermaßen en vogue chen werden konnten, ohne dass jemand zu diesem Zweck war, an der HafenCity herumzukritteln, eigentlich schon vor- beauftragt wurde, ist Hadi Teherani sicherlich niemand, der bei. Und nun kam Teherani. Die großen, spektakulären Ge- größeren Wert auf architektonischen Konsens legt. So zog er bäude sagten ihm durchaus zu: Kreuzfahrtterminal von Mas- sich, obwohl schon lange Hamburgs architektonisches Aus- similiano Fuksas, Elbphilharmonie von Herzog & de Meuron, hängeschild, bei den Planungen zur Europa-Passage den Zorn Science Center von Rem Koolhaas, auch die SPIEGEL-Zentrale vieler Hamburger zu, bevor sie 2006 eröffnen konnte. Das von Henning Larsen oder etwa Richard Meier. Die ganz Großen 430-Millionen-Projekt sollte die gekappte Verbindung zwi- also. Aber, sagte er dem SPIEGEL, die Häuser am Dalmannkai schen der Mönckebergstraße und dem Passagenviertel wie- seien „ein völlig unhamburgisches Sammelsurium“. Und dann: der herstellen. Vor allem mit Blick auf die HafenCity wollte der „In der HafenCity haben wir statt großem Wurf einen großen Senat eine stärkere Orientierung in Richtung Nord-Süd, also Würfelhusten am Wasser.“ Er dachte laut darüber nach, wa- von der Innenstadt in die HafenCity, fördern. Aber die Entwür- rum man keine Häuser direkt am Wasser gebaut habe, keine fe aus der Feder von Teherani führten im Kulturausschuss der Brücke, keine Arkaden wie an der Alster. Bürgerschaft und dann in den Medien zu sehr kontroversen Mancher seiner Kritiker setzte Teheranis Anregungen fort: Diskussionen. Am Ende mussten sie überarbeitet werden: Die Alsterarkaden? Wie jener Abschnitt, den BRT 1998 umgestal- 12 ausgabe 12, dezember 2010 – februar 2011
Titel hadi teherani tet hatte. Brücken? Wie die von Teherani entworfene Living darauffolgenden Jahren rührten Teherani und Becken massiv Bridge. Häuser am Wasser? Wie sein Light-House-Entwurf. Ei- die Werbetrommel für ihr Brückenprojekt, nicht nur im Senat, nige Jahre zuvor hatte Teherani der staunenden Öffentlichkeit auch in der Hamburger Bevölkerung. Hatte er 1999 noch in ei- die Idee präsentiert, in der Elbe vor der HafenCity einen 288 nem Gespräch mit der Hamburger Morgenpost erklärt, man Meter hohen Leuchtturm mit 67 Stockwerken zu bauen: un- dürfe Laien zwar nach ihrer Meinung zur Architektur fragen, ten Büros, oben Luxushotel. Allein der Vorschlag ist atembe- könne sie aber nicht entscheiden lassen, so nahm er nun die raubend: Das höchste Haus der Stadt ist – abgesehen von den lebhafte öffentliche Diskussion als Beleg für die Qualität sei- Gotteshäusern – seit jeher das Rathaus. 1897 fertiggestellt, nes Entwurfs. Seinerzeit hatte er der Mopo gesagt, die Quali- misst es 112 Meter vom Kopf bis zur Sohle. Sogar die Elbphilhar- täten der Städte seien nicht entstanden, weil man eine Umfra- monie ordnet sich mit nur 110 Metern respektvoll unter. Einige ge gemacht habe. „Was dabei herauskommt“, sagte er damals, von Teheranis Projekten, die er sozusagen als Initiativbewer- „sieht man an Telefonzellen und Autositzen.“ Zehn Jahre spä- bung abgibt, sind so großartig, dass sie unwillkürlich die Frage ter organisierte die Stadtentwicklungsbehörde ein Moderati- aufwerfen: Ist das Vision oder Illusion? Kann man in Hamburg onsverfahren zu Teheranis Wohnbrücke, ähnlich jenem, das mit seiner heiligen Stadtkrone ernsthaft ein Gebäude mit 288 zur geplanten Bebauung des Domplatzes durchgeführt wor- Metern Höhe in Erwägung ziehen? den war. Onlineumfrage, Internetdiskussion, Veranstaltungen im Architektur Centrum, Präsentationen im Kesselhaus. Wohnbrücken und Wasserpaläste Während man im Winter 2007 in Hamburg noch mit die- sem Verfahren beschäftigt war, präsentierte sich die Stadt Teherani folgt seit Jahren beharrlich dem Ziel, eine Brücke Duisburg im Oktober desselben Jahres auf der Expo Real in über die Elbe zu bauen. Eine solche Brücke zwischen der Ha- München stolz mit einer eigenen Variante der Living Bridge. fenCity und dem Südufer der Elbe war schon im Rahmen der Der Entwurf, der ebenfalls von Teherani stammt, ist gewisser- Olympia-Bewerbung erörtert worden. 2001 hat Teherani dann maßen ein Downgrade der Hamburger Version, denn die Ruhr für den Investor Dieter Becken, mit dem er mehrere seiner ist an der vorgesehenen Stelle nur 230 Meter breit. Inzwischen bedeutendsten Projekte verwirklicht hat, seine erste Elbbrü- liegt das Projekt sowohl in Duisburg als auch in Hamburg auf cke entworfen: die White Bridge, die er zusammen mit dem Eis. Aber das ist nicht das Ende. In Abu Dhabi, wo BRT seit Bürgermeisterkandidaten Ole von Beust auf Hamburg 1 vor- 2004 eine Dependance unterhält, sind mit dem Zayed Wa- stellte. Aus diesen ersten Entwürfen wurde schließlich die ter Palace und der Golden Gates City gleich zwei gigantische Living Bridge, die er, wieder im Gespann mit Dieter Becken, Wohnbrücken in Arbeit. Was an Ruhr und Elbe an Bürokratie 2005 öffentlich präsentierte. Sie sollte auf 700 Metern von der und Geldmangel scheiterte, kann hier wahr werden. Auch der HafenCity auf den Kleinen Grasbrook führen und in der Tradi- Wasserpalast, so die Projektbeschreibung, steht in der Traditi- tion der Ponte Vecchio in Florenz oder der Newcastle Bridge on der Ponte Vecchio von Florenz. Er ist allerdings 800 Meter in London stehen. Der Clou: Sie war nicht einfach nur dafür lang und hat ein eigenes Einkaufszentrum, Wohnungen und gedacht, darauf den Fluss zu überqueren, sondern auf ihr ein Hotel. Golden Gates City hat eine Fläche von 6,7 Millionen sollten 1.000 Wohnungen entstehen, Gewerbeflächen, Park- Quadratmetern. Ob Vision oder Illusion, eines ist ganz klar: plätze, Grünstreifen. Kostenpunkt: 324 Millionen Euro. In den Wandsbek ist Geschichte. ausgabe 12, dezember 2010 – februar 2011 13
Grünes Kapital Beim Wettbewerb um den Titel der Europäischen Umwelthauptstadt hat Hamburg nicht damit gepunktet, was alles erreicht wurde, sondern was alles erreicht werden soll. Die Annahme des Preises verpflichtet die Stadt aber nun, ihre Ambitionen wahr zu machen. Text: Nikolai Antoniadis, Fotos: Thomas Hampel 14 ausgabe 12, dezember 2010 – februar 2011
Wirtschaft green capital Das Eurogate-Terminal: Besonders die Hafenunternehmen müssen Lösungen finden, sich auf die Anforderungen des Klimaschutzes einzustellen. ausgabe 12, dezember 2010 – februar 2011 15
Wirtschaft green capital Vier von fünf Europäern leben heute standorten Deutschlands. Hier befindet noch mehr erreichen wolle. Zu den am- in Städten. Obwohl nur zwei Prozent sich das größte zusammenhängende In- bitioniertesten Zielen zählt sicherlich die der Erdoberfläche von Städten bedeckt dustrieareal aus Raffinerien, Stahlwer- Reduzierung von CO 2 -Emissionen: Bis sind, werden hier 75 Prozent aller kli- ken und Petrochemie in Europa. Neben 2020 sollen sie um 40 Prozent gegen- maschädlichen Emissionen produziert. Seattle und Toronto gehört Hamburg über 1990 gesunken sein, bis 2050 sogar Städte bieten aber auch das größte Po- zu den führenden Luftfahrtstandorten um 80 Prozent. Obwohl diese Absicht tenzial, um die Probleme, die sie selbst der Welt. In der hiesigen Luftfahrtindu- einige europäische Bürgermeister zum verursachen, zu lösen. Indem er diesem strie arbeiten 20.000 Menschen, 11.000 Schmunzeln gebracht hat, sind wichtige recht einfachen Grundgedanken folgte, davon allein bei Airbus. Der Hafen, das Schritte in diese Richtung unternom- versuchte ein ehemaliger Bürgermei- wirtschaftliche Herz der Stadt, hat den men worden, etwa die Einrichtung der ster von Tallinn im Mai 2006, ein gutes zweitgrößten Containerumschlag Euro- Umweltpartnerschaft zwischen dem Dutzend europäische Städte dazu zu pas. Er gibt zehntausenden Menschen Senat und inzwischen fast 650 Unter- bewegen, eine Auszeichnung ins Leben Arbeit und bedeckt fast zehn Prozent nehmen. „Meist auf freiwilliger Basis“, zu rufen, die Städte für besonderes En- der gesamten Stadtfläche. Darüber hi- erklären Frank Horch und Hans-Jörg gagement im Umweltschutz belohnte. naus ist Hamburg in besonderem Maße Schmidt-Trenz, Präses und Hauptge- Von der Europäischen Kommission auf- anfällig für die Folgen des Klimawandels. schäftsführer der Handelskammer Ham- gegriffen, sollte dieser Preis die Fähig- Sturmfluten erreichen immer höhere Pe- burg, „werden Maßnahmen umgesetzt, keit und die Absicht einer Stadt hono- gelstände, und der Anstieg des Meeres- die Energie sparen und Ressourcen scho- nen, Emissionen vermeiden, Mitarbeiter zu umweltbewusstem Verhalten mo- tivieren, innovative Ansätze wie Kraft- Wärme-Kopplung oder Elektromobilität erproben oder möglichst hohe Recyc- lingquoten zum Ziel haben.“ Die Han- delskammer geht heute davon aus, dass durch diese Maßnahmen pro Jahr mehr als 100.000 Tonnen Kohlendioxid und damit rund 16 Millionen Euro Betriebs- kosten eingespart würden. Eine weitere Kernaufgabe sieht Ham- burg darin, dem zunehmenden Bedarf an Flächen für Industrie, Logistik und Wohnraum zu begegnen, ohne Abwan- derung ins Umland oder eine weitere Zer- siedlung zu fördern. Der Schlüsselbegriff ist Innenentwicklung. Ein zentrales Ele- Ein Modell der IBA zum geplanten Sprung über die Elbe veranschaulicht die Bemühungen, ment dabei ist die HafenCity, die gewis- umweltverträgliche Lösungen in der Stadtentwicklung zu finden. sermaßen an sich schon nachhaltig ist, indem sie brach liegende Industrieareale für über 5.000 Wohnungen und 40.000 rieren, nicht nur die Lebensqualität ihrer spiegels hat weitreichende Folgen für Arbeitsplätze umnutzt. Innenentwick- Bewohner zu verbessern, sondern ihren die Elbmetropole. Hamburg steht also lung ist auch der Sprung über die Elbe, Einfluss auf die weltweiten Umwelt- vor der Aufgabe, den Spagat zwischen nach Wilhelmsburg, wo die Internatio- verhältnisse möglichst klein zu halten. Klimaschutz und Wirtschaftswachstum nale Bauausstellung unter anderem un- Nach einem langwierigen Auswahlver- zu vollbringen. ter dem Leitthema Stadt im Klimawan- fahren wurden im vergangenen Jahr Als Umweltstaatsrat Christian Maaß, del steht. Dort wird auch im Rahmen erstmals zwei Städte als Grüne Haupt- unterstützt von der Agentur Scholz & der Internationalen Gartenschau auf städte Europas gekürt: Für 2010 ging die Friends Brand Affairs, Hamburgs grüne 100 Hektar ein neuer Volkspark entste- Auszeichnung an Stockholm, für 2011 an Vision in Brüssel vorstellte, stand des- hen und daran erinnern, dass fast acht Hamburg. halb auch nicht im Vordergrund, wie Prozent der Stadtfläche Naturschutzge- Die Hansestadt war mit 1,7 Millionen großartig man an der Elbe seine Pro- biete sind. Die Vorstellungen Hamburgs Einwohnern nicht nur die größte Stadt bleme im Griff habe. Vielmehr betonte spannen einen großen Bogen: Der grüne unter den Bewerbern, sondern zählt er, dass man sich der Herausforderungen Deckel auf der A7 ist als Beitrag gedacht, auch zu den bedeutendsten Industrie- bewusst sei, einiges erreicht habe und einen Stadtteil, der durch die Autobahn 16 ausgabe 12, dezember 2010 – februar 2011
Wirtschaft green capital fragmentiert wird, wieder zusammen- Auf dieser Grundlage wurden in etwa stärker für Klima- und Umweltschutz wachsen zu lassen, die Lärmbelastung 400 öffentlichen Gebäuden 200.000 sensibilisieren, damit Nachhaltigkeit zu senken und gleichzeitig, so der Senat, konventionelle Lampen ersetzt und En- mehr wird als ein Marketing-Label, mit eine zusammenhängende „grüne Achse ergie für 3,4 Millionen Euro pro Jahr ein- dem dieselben schädlichen Produkte im vom Volkspark bis zur Elbe“ zu schaffen. gespart. neuen Mäntelchen besser an den Mann Im Hafen wird auf nachhaltige Operati- Die Auszeichnung als Umwelthaupt- gebracht werden können. Dafür wird viel onen gesetzt, etwa durch die Einführung stadt bekräftigt die Stadt darin, dass sie Geld in die Hand genommen, denn mit von Containertaxis, von denen jedes ein- auf dem richtigen Weg ist. Sie kann aber dem Titel sind keine Fördermittel aus natürlich nicht darüber hinwegsehen EU-Töpfen verbunden: Über acht Millio- lassen, dass Hamburg als zweitgrößte nen Euro sind vorgesehen für einen Info Hamburg macht den Spa- Stadt Deutschlands ein bedeutender pavillon und Umwelttouren, für Veran- Mitverursacher von Umweltproblemen staltungen, Aktionen und einen Zug der gat zwischen Klimaschutz ist. Wenn Hamburgs Amtszeit als Green Ideen, in dem jede europäische Stadt ei- Capital Ende 2011 abgelaufen ist, wird nen Waggon nutzen und darin ihre grü- und Wirtschaftswachstum. in Moorburg das Kohlekraftwerk von nen Visionen vorstellen kann. Vattenfall ans Netz gehen, das ausge- Aber ähnlich wie im Fall des prestige- rechnet von einer grünen Behörde ge- trächtigen Titels der Kulturhauptstadt zelne 60 Lastwagen ersetzt. Unter dem nehmigt wurde und einen Kohlendi misst Hamburg dem Green Capital Stichwort Green Shipping werden die oxidausstoß von jährlich 8,5 Millionen Award große Bedeutung bei, sozusagen Hafengebühren für umweltfreundliche Tonnen haben wird. Auch die Anforde- als amtliche Bestätigung dafür, dass Schiffe gesenkt, und man plant, eine Eu- rungen, die ein Großunternehmen wie Hamburg eine Stadt ist, in der hohe Le- ropäische Allianz für klimafreundliche Airbus an seinen Standort stellt, zwin- bensqualität und wirtschaftliche Inno- Kreuzfahrtschiffe zu bilden. Die Stadt- gen die Stadt zu sehr unglücklichen vationskraft nebeneinander existieren. bahn soll den Personenverkehr im Stadt- Kompromissen: Nichts anderes als ein Der Preis ist gewonnen: Nun gilt es, ihn gebiet entlasten, und eine Umweltzone „Umweltgau“ war in den Augen von mit Leben zu füllen. innerhalb der Stadt schließt Fahrzeuge Naturschützern die Zuschüttung des in aus, die zu hohe Emissionswerte haben. Europa einzigartigen Süßwasserwatts Mit diesem Paket konnte sich Ham- Mühlenberger Loch für das Airbus-Werk burg gegen 35 Mitbewerber durchset- in Finkenwerder. Was wird also nach Ab- zen. Im europäischen Vergleich hob die lauf des Jahres 2011 in Hamburg anders Jury besonders hervor, dass Hamburg sein als heute? Besondere Werte bereits erhebliche Energieeinsparungen Auch wenn das eine oder andere in nachweisen konnte, nämlich 15 Prozent Aussicht gestellte Vorhaben sehr hoch- sollte man zu weniger CO 2 pro Einwohner seit 1990. gegriffen scheint, verpflichtet die An- schätzen wissen. Auch enthalte etwa die Klimaschutz- nahme des Preises die teilnehmenden verordnung spezielle Maßstäbe für die Städte zur Umsetzung ihrer vorgestell- Gerne bewerten wir Kosteneffizienz von Energieeinspar- ten Programme. Außerdem sollen zahl- Ihre Immobilie maßnahmen in öffentlichen Gebäuden. reiche Veranstaltungen die Bevölkerung unverbindlich und marktorientiert! Kunst- und Möbelspedition Schmidt-Klingenberg GmbH Hamburg-HafenCity Telefon +49-(0)40-360 99 69 0 Sie ziehen um? HafenCity@engelvoelkers.com www.engelvoelkers.com/hafencity Wir sind Ihr Umszugspartner vor Ort. Immobilienmakler Rahmenvertragspartner des BAWV Kunst- und Möbelspedition Schmidt-Klingenberg GmbH – Auf dem Sande 1 – 20457 Hamburg Tel. 040 - 40 19 66 12 – www.schmidt-klingenberg.de – info@schmidt-klingenberg.de ausgabe 12, dezember 2010 – februar 2011 17
Wirtschaft hochwasserschutz Foto: Manfred Stempels Der Sandtorkai hat das Straßenniveau der Speicherstadt und gehört somit zum sturmflutgefährdeten Gebiet. Land unter Hamburg liegt im Überflutungsgebiet der Elbe. Daher muss auch die HafenCity Wege finden, den Fluss zu bändigen, um Leben am Wasser möglich zu machen. Text: Nikolai Antoniadis Nicht erst mit der HafenCity, der Perlenkette oder dem Sprung Sie liegt wie alle ehemaligen und gegenwärtigen Hafen über die Elbe nach Wilhelmsburg kehrt Hamburg an die Elbe areale außerhalb der Hauptdeichlinie. Als Maßstab für eine zurück. Hamburg fühlt sich seit jeher als Stadt am Wasser. Ob angemessene Höhe hatte man sich in der Mitte des 19. Jahr wohl die Elbe als eine Art Hauptschlagader Leben in die ge hunderts, als der Große Grasbrook zu einem modernen Hafen samte Region pumpt, ist das Leben am Fluss eigentlich nicht ausgebaut wurde, an der höchsten bekannten Sturmflut ori selbstverständlich. Regelmäßig werden Sturmfluten von star entiert. Sie war 1825 mit 5,20 Metern über Normalnull aufge ken Nordwestwinden die Elbe hinaufgeblasen. Aber schon der laufen. Inzwischen gelten 7,30 Meter als maximale Höhe einer gewöhnliche Tidenhub beträgt am Pegel St. Pauli heute etwa Sturmflut und minimale Höhe einer Bebauung. Eine so hohe dreieinhalb Meter. Ohne Deiche, Polder und Flutschutzwände Flut hat es zwar noch nie gegeben, aber den Planungen wer würde ein Drittel des Stadtgebiets einschließlich des gesam den Worst-Case-Szenarien zugrunde gelegt: der schlimmste ten Hafens bei jeder Sturmflut unter Wasser stehen. So muss denkbare Fall plus 30 Zentimeter. Man will nicht noch einmal sich auch die HafenCity rüsten, damit Bewohner, Besucher und unvorbereitet sein, wenn die Flut kommt, denn in dieser Hin Arbeitnehmer keine nassen Füße bekommen. sicht ist Hamburg leidgeprüft. 18 ausgabe 12, dezember 2010 – februar 2011
Wirtschaft hochwasserschutz Nachdem in 100 Jahren keine schwere Sturmflut mehr nach Hamburg gelangt war, wurde die Stadt am 17. Februar 1962 von einer gewaltigen Flut getroffen. Der Blanke Hans hatte lange in der Nordsee gewütet. In der Deutschen Bucht war ein Windfeld entstanden, das mit Böen in Orkanstärke aus West nordwest gegen die Küste blies. Verstärkt durch eine Fern welle aus dem Atlantik, die in Cuxhaven bereits die Höhe von einem Meter erreicht hatte, wurde Wasser aus der Nordsee in die Elbe gedrückt und erreichte morgens um 3:04 Uhr am Pe gel St. Pauli den nie dagewesenen Stand von 5,70 Metern. An Foto: Thomas Hampel 60 Stellen brachen die Deiche, und in kürzester Zeit überspül te das Wasser ein Sechstel der Stadt. Tausende Häuser stürz ten ein, 20.000 Menschen mussten bei eisigem Wetter evaku iert werden, über 300 starben. Weitere schwere Sturmfluten Bei der Sturmflut im November 2007 zeigte sich die Polderfunktion in den Jahren 1973 und 1976 veranlassten den Senat schließlich der Sockelgeschosse am Sandtorkai. dazu, eine unabhängige Kommission damit zu beauftragen, einen tragfähigen Flutschutz für die Zukunft zu erarbeiten. In einer Bestandsaufnahme wurde damals festgestellt, dass Grasbrook nachzudenken, wurde ein Sperrwerk nicht mehr in Hamburg etwa 180.000 Menschen im Überflutungsgebiet diskutiert. Um das Areal vor der Elbe zu schützen, musste man der Elbe wohnten und weitere 140.000 arbeiteten, während also andere Lösungen finden. Zum Beispiel wurde überlegt, im selben Gebiet Sachwerte von über 16 Milliarden DM lager das Gebiet ganz oder zum Teil durch Deiche zu umschließen. ten. Diese Zahlen werden im Wesentlichen noch heute von Diese Idee hätte aber nicht nur über 100 Millionen Euro gekos den Behörden herangezogen, auch wenn sie die HafenCity tet, sondern den Startschuss für die HafenCity um rund zehn mit geplanten 12.000 Bewohnern, 40.000 Beschäftigten und Jahre hinausgezögert, denn die Deicharbeiten hätten vollstän zahlreichen Hotelgästen nicht berücksichtigen. dig abgeschlossen sein müssen, bevor man mit dem Bau ein zelner Gebäude hätte beginnen können. Außerdem hätte ein Deiche und Wurten geschlossener Deich einen der herausragendsten Vorzüge des neuen Viertels verbaut: den Ausblick auf die Elbe. Die Kommission kam nach dreieinhalb Jahren zu dem Ergeb Am Ende kam man zu dem Schluss, dass das, was in den nis, dass Hamburg unzureichend geschützt sei. Aber auch Elbniederungen seit über 2.000 Jahren gemacht wird, auch für nachdem die Empfehlungen weitere anderthalb Jahre geprüft die HafenCity die beste Lösung sei: das Land für Straßen und wurden, konnte keine Einigung darüber erzielt werden, wel Häuser künstlich erhöhen. Die lange Geschichte solcher Warf che Maßnahmen den besten Schutz bieten. Einige wollten ten oder Wurten hat die Topografie Hamburgs stark geprägt, ein großes Elbsperrwerk, anderen reichte eine Erhöhung der wie man im Alten Land oder in der Marsch noch heute sehen Deiche. Die Befürworter eines Sperrwerks konnten sich aber kann. Vielleicht ist es etwas vermessen, die HafenCity mit dem nicht gegen die Hafenwirtschaft und deren Förderer in den Alten Land zu vergleichen, aber das Prinzip ist das gleiche. So politischen Parteien durchsetzen. Die fürchteten nämlich, ein sprach sich Volkwin Marg in seiner „Studie zur Entwicklung Sperrwerk würde verhindern, dass Schiffe in allen Größen und des innerstädtischen Hafenrandes zwischen Grasbrook und zu jeder Zeit den Hafen anlaufen könnten. Als Mitte der 90er Baakenhafen“, die er Henning Voscherau im Dezember 1996 Jahre begonnen wurde, über eine HafenCity auf dem Großen vorlegte, für eine Warftenlösung aus. Für das Aufschütten von EFFIZIENZHAUS 70 IN BorgFEldE An der Klaus-Groth-Strasse 81 – 83 entsteht eine Wohnanlage mit moderner Architektur: Wohnflächen von 47 – 122 m2, klassisch auf einer Ebene und auf zwei Ebenen à la Maisonette, mit Balkonen, Loggien, Terrassen mit kleinen Gärten und Dachterrassen, Fußbodenheizung, Parkett, raumhohe Fenster, moderne Bäder u. v. m. z. B. 4 Zimmer, 98 m2 Wohnfläche mit zwei Bädern, Südloggia und Terrasse zum Garten ab 309.000,– courtagefrei, direkt vom Bauträger. ausgabe 12, dezember 2010 – februar 2011 I N F o S 38 02 19 792 19 WWW.Wo -Wollen-Wir-Wohnen . de
Wirtschaft hochwasserschutz Warften würden, so Marg, lediglich 10 bis 20 Prozent des fi die Speicherstadt und die tiefer liegenden Plätze der Hafen nanziellen Aufwands benötigt, den eine Eindeichung mit sich City bei Sturmflut unter Wasser stehen. Langfristig wird aber brächte. Außerdem könnten Warften für Hochbauten oder überlegt, auch diese Bereiche in den Hochwasserschutz einzu Straßenzüge je nach Stand der Entwicklung angelegt werden. binden. Die Warften sollen durch Gatts und Sperrwerke etwa Dadurch war sichergestellt, dass die HafenCity in absehbarer am Magdeburger Hafen verbunden werden. Dadurch würde Zeit und Schritt für Schritt gebaut werden könnte. eine durchgehende Linie geschaffen, die HafenCity und Spei Die Entscheidung hatte weitreichende Folgen für die Pla cherstadt dauerhaft in den Hochwasserschutz der Innenstadt nungen des neuen Stadtteils. Neben Überlegungen zur vorge einbezieht und sie so besser vor möglichen Extremereignissen schriebenen Mindesthöhe der Fußböden von Schlafzimmern der Zukunft absichert. oder Änderungen am Wassergesetz, das in der sturmflut gefährdeten Jahreszeit Wohnen und generell dauerhaften Waterworld Aufenthalt vor den Deichen verbot, stellte man sich auch die Frage, welche neuen Möglichkeiten sich durch die technischen Wie ernst es den Hamburgern mit dem Hochwasserschutz ist, Vorgaben des Warftkonzepts ergäben. Zum Beispiel konn hat zuletzt 2008 eine Umfrage von Forsa gezeigt. Zwei Drittel ten die Warftsockel als Tiefgaragen für Anwohner genutzt sahen den Klimawandel als große bis sehr große Bedrohung werden, um die Straßen zu entlasten. Vor allem aber wurde für die Stadt, wobei 83 Prozent dabei vor allem an Sturmflu durch die Warften eine neue Geländestruktur geschaffen. Da ten und Überschwemmungen dachten. Diese Sorge ist nicht man die historischen Kaimauern zumindest in Teilen erhalten unbegründet. Spätestens seit dem vierten Bericht des UNO- wollte, ihr Zustand aber eine Bebauung nicht zuließ, dürfen Klimarats Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) Warften und Gebäude erst im Abstand von durchschnittlich aus dem Jahr 2007 weiß man: Der Klimawandel ist nicht mehr etwa 15 Metern von der Kaikante errichtet werden. Dadurch zu verhindern. Seine Folgen sind weltweit spürbar: Infolge der bleibt die Kaifläche in ihrer ursprünglichen Höhe erhalten großen Hitzewelle 2003 starben laut der Europäischen Um und ist frei zugänglich. Auf diese Weise wurde unterhalb der weltagentur in Frankreich 14.800 Menschen, 18.000 in Italien Warften eine Uferpromenade gewonnen, die auf fast zehn und insgesamt in ganz Europa 52.000. Im Jahr 2002 wurden Kilometern die gesamte HafenCity umspannen wird. Diese Österreich, Tschechien und Deutschland für drei Wochen schwer von einem Hochwasser getroffen, in dem über 100 Menschen ihr Leben verloren. Der Schaden überstieg mit 25 Milliarden Euro sogar den der Oderflut von 1997. Ein Anstieg des Meeresspiegels kann für viele Regionen der Welt verhee rende Folgen haben. Etwa 20 Prozent der Weltbevölkerung leben in einer Entfernung von bis zu 30 Kilometern zur Küste, 40 Prozent bis zu 100 Kilometern. Allein in Indien könnte laut Welternährungsorganisation FAO bis 2030 eine Fläche von 2.000 Quadratkilometer Land verloren gehen. Auch ohne diese Schreckensbilder zu beschwören, kann Foto: Thomas Hampel eines als sicher gelten: Hamburg muss sich auf extreme res Wetter und höhere Wasserstände einstellen. Die Wahr scheinlichkeit von Sturmfluten nimmt zu, folglich auch das Restrisiko eines Deichversagens. Gleichzeitig erhöht sich Die Freiraumplaner nahmen in Kauf, dass einige öffentliche Plätze durch die städtebauliche Entwicklung der Schaden, den eine wie die Marco-Polo-Terrassen bei Flut unter Wasser stehen. Überschwemmung anrichten würde. Man teilt zwar heute nicht mehr die Auffassung des Vorsitzenden der Sturmflut unterschiedlichen Höhenniveaus auf dem einstmals flachen kommission, durch Stromregulierungsmaßnahmen und Fahr Grasbrook gaben den Freiraumplanern des spanischen Büros wasservertiefungen hole sich Hamburg die Sturmflut selbst EMBT zusätzliche Gestaltungsmittel an die Hand, um die ver in die Elbe, aber es ist unstrittig, dass sich Hamburg als Stadt schiedenen Ebenen miteinander zu verbinden. So werden die am Wasser in besonderer Weise anzupassen hat. Auf welche Magellan- und Marco-Polo-Terrassen durch zahlreiche Ram Entwicklung man vorbereitet sein muss, ist allerdings nicht pen, Treppen und kleine Gefälle bestimmt. Allein die Straßen eindeutig zu bestimmen. Wie hoch wird der Meeresspiegel züge Am Sandtorkai und am westlichen Brooktorkai wurden steigen? Der IPCC-Bericht sprach von einem Anstieg von 18 bis nicht höher gelegt, um die Speicherstadt nicht an ihrer Süd 59 Zentimetern bis 2100, die Klimakonferenz in Kopenhagen seite zuzubauen. Deshalb werden die Tiefgaragen hier durch im Dezember 2009 sogar von ein bis anderthalb Metern. Hans Flutschutztore geschützt, wenn die Straßen davor genau wie von Storch, Leiter des GKSS Instituts für Küstenforschung, 20 ausgabe 12, dezember 2010 – februar 2011
Weine • Kolonialwaren • Feinkost • und vieles mehr erklärte im vergangenen September, zwischen 2070 und 2100 seien Erhöhungen der maximalen Sturmwasserstände in der Größenordnung von 30 bis 110 Zentimetern entlang der gesamten deutschen Nordseeküste denkbar. Dabei ist der Meeresspiegel nicht das einzige Problem. Es wird mehr regnen, wobei die zunehmende Versiegelung der Böden in Großstädten das Wasser daran hindert zu versickern. Auch dadurch können Hochwasser entstehen. Allgemein wird da von ausgegangen, der Küstenschutz in Norddeutschland sei bis 2030 uneingeschränkt wirksam. Danach, heißt es, könne sich das aber ändern. Deshalb muss sich auch die HafenCity, die 2025 fertiggestellt sein soll, heute darauf vorbereiten. Der Der Laden in der HafenCity – Ausbau der Deichlinien dauert 20 bis 30 Jahre und ist mit enor CARLS schöne Geschenkewelt men Kosten verbunden. Allein das aktuelle Bauprogramm, das Das CARLS an der Elbphilharmonie ist ein Ableger des die Hamburger Hauptdeichlinie bis 2013 auf Höhen von 7,60 Hotels Louis C. Jacob und viel mehr als ein Ort zum bis 8,50 Metern, in Einzelfällen sogar auf über 9,00 Metern Schlemmen: Kommen Sie doch einmal zum Stöbern und bringt, kostet etwa 600 Millionen Euro. Dabei ist man sich Shoppen vorbei. Im Laden in der HafenCity finden Sie allerlei Schönes und Köstliches für die eigene Küche und einig, dass das klassische Vorgehen einer fortwährenden Erhö zum Verschenken. Es erwartet Sie eine exquisite Auswahl hung der Deiche allein nicht mehr ausreichend ist. an Kolonialwaren, Gewürzen, Tee, ausgesuchten Weine und Feinkost – inspiriert von der nahen Speicherstadt. Raum für die Flut Oder bestellen Sie bequem online unter Nach der Flut von 1962 hatte man die Deichlinie, die sich vor www.jacob-selection.de her in zahlreichen Kurven zwischen Bäumen und Häusern Louis C. Jacob • Hanseatische Lebensart seit 1791 hindurchwand, begradigt und verkürzt. Nebenflüsse der Elbe Kontakt: Büro HafenCity • Am Kaiserkai 69 • 20457 Hamburg wie die Haseldorfer Binnenelbe, die Wedeler Au oder die Alte Telefon: 040 300 322 487 • E-Mail: info@jacob-selection.de Süderelbe wurden verschlossen, Seitenarme der Unterelbe ausnahmslos durch Sperrwerke abgeriegelt. Das Vordeich land verschwand; insgesamt nahmen die Überflutungsflä AZ Quartier - 89_5x132_5mm.indd 1 03.11.2010 15:48:33 U Prozessfarbe CyanProzessfarbe MagentaProzessfarbe GelbProzessfarbe Schwarz chen um 75 Prozent ab. Durch diese und weitere Maßnahmen zur Stromregulierung wurde die Elbe zu einem Kanal, in dem Wasser schneller höher steigt. Inzwischen wird diskutiert, Ne benflüsse und andere Wasserflächen wieder zu öffnen, denn je mehr Raum dem Fluss bei einer Sturmflut zur Verfügung steht, desto niedriger wird sie in Hamburg auflaufen. Eine weitere Überlegung ist, Deiche in unbesiedeltes Gebiet zu rückzuverlegen, etwa an der Norder- oder der Dove-Elbe, um davor Flachwasserbereiche zu schaffen. Auch die Einrichtung von zweiten und dritten Deichreihen wird geprüft. Unterdessen werden auf der Internationalen Bauausstel lung in Wilhelmsburg nach niederländischem Vorbild schwim mende Häuser entwickelt. Das ist sicherlich keine großflächige Lösung, aber nicht uninteressant für eine Stadt, die an so vie len Orten ans Wasser grenzt. In jedem Fall ist der Schutz vor Hochwasser Teil einer Strategie, die nicht allein von der Hafen City geleistet werden kann, sondern für ganz Hamburg ent schieden wird. Die HafenCity zeige aber, so führte Erik Pasche vom Institut für Wasserbau an der TU Harburg 2009 aus, dass Stadtentwicklung auch im Sinne eines modernen, flexiblen Hochwasserschutzes möglich ist. „Hamburg“, erklärte er, „hat erkannt, dass das Leben am Wasser attraktiv ist. Wir müssen aber erst lernen, wie man richtig am Wasser lebt.“ ausgabe 12, dezember 2010 – februar 2011
Wirtschaft oam baustoffe 22 ausgabe 12, dezember 2010 – februar 2011
Wirtschaft oam baustoffe Die Sandmänner Für die Elbphilharmonie braucht man Beton. Für Beton braucht man Kies, Splitt und Sand. Und für Kies, Splitt und Sand braucht man OAM. Seit zehn Jahren be- liefert das Unternehmen vom Baakenhafen aus Baustellen in ganz Norddeutschland. Text: Nikolai Antoniadis, Fotos: Thomas Hampel Seit Beginn der Arbeiten an der HafenCity beliefert OAM vom Baakenhafen aus die Großbaustelle mit Baumaterialien. 23
Wirtschaft oam baustoffe In der westlichen HafenCity ist inzwischen fast so etwas wie Normalität eingekehrt. Aber während zwischen Dalmannkai und Sandtorhafen bereits zahlreiche Menschen wohnen und arbeiten, zeigen nur wenige Meter entfernt Krane, Bauma- schinen und Dixie-Klos, dass Europas größtes innerstädtisches Stadtentwicklungsprojekt noch lange nicht abgeschlossen ist. Damit dieses Nebeneinander von Alltag und Ausnahme- zustand funktionieren kann, ist eine sorgfältige Choreografie notwendig. Es gibt kaum Platz, um Material für die Baustellen zu lagern, und Baustoffe müssen über wenige Straßen pünkt- lich angeliefert werden. „Genau wie Strom nicht einfach aus der Steckdose kommt“, sagt Axel Petzinna, Geschäftsführer des Baustofflieferanten OAM, „müssen auch Baumaterialien irgendwo hergestellt, transportiert und gelagert werden, bevor sie in der HafenCi- ty verbaut werden.“ Zum Beispiel Beton, ein unverzichtbarer OAM-Chef Klaus Bäätjer (links) mit den beiden Geschäftsführern Grundbaustoff für alle Baustellen. Für dessen Herstellung Jeffrey Thompson (Mitte) und Axel Petzinna (rechts). wird neben Wasser und Zement vor allem Betonzuschlag be- nötigt, also Kies oder Splitt, und Sand. Allein für die U4 wur- den über das Umschlagsterminal der OAM Baustoffe GmbH sen. Viele ostdeutsche Steinbrüche hatten nun Überkapazitä- am Baakenhafen 140.000 Kubikmeter Beton geliefert, wobei ten, und bei OAM dachte man darüber nach, wie man Liefe- für einen Kubikmeter Beton eine Tonne Sand und eine Tonne rungen von dort über 400 bis 600 Kilometer zu den künftigen Kies oder Splitt gebraucht werden. Das würde über 10.000 Baustellen auf dem Großen Grasbrook bringen könnte. Dabei Lastwagen füllen. Daran ist bereits abzulesen, dass konven- wurde überlegt, welcher Nutzen aus der Bahnlogistik gezogen tionelle Baulogistik in einer Großstadt erhebliche Probleme werden könnte. Die Vorzeichen für eine Kooperation mit der verursacht: erhöhtes Verkehrsaufkommen, steigende Schad- Deutschen Bahn waren günstig. In Berlin hatte sie sich lukra- stoffwerte und genervte Bürger. tive Aufträge gesichert und dabei die Gelegenheit genutzt, entgegen zahlreicher Unkenrufe zu zeigen, dass sie eine so umfangreiche Logistik zuverlässig leisten konnte. Der neue Bis heute sind über den Baustoff- Vorstandsvorsitzende Hartmut Mehdorn erklärte dann auch bei seinem Amtsantritt 1999, er wolle die Bahn zum „führen- terminal von OAM 10 Millionen Tonnen den Service- und Logistikunternehmen in Europa“ machen. Vor diesem Hintergrund trat die Hamburger OAM seinerzeit Baumaterialien umgeschlagen worden. an die Bahn heran, um eine Rohstofflieferung aus Ostdeutsch- land an die Elbe möglich zu machen. Eine Verlagerung von der Straße auf die Schiene hat bedeu- Innerstädtische Großbaustellen erfordern deshalb beson- tende Vorteile. In Berlin, wo 90 Prozent aller Transporte über dere Logistik. Die Firma OAM, die zahlreiche Baustellen der die Bahn vorgenommen worden waren, wurden statt der bei HafenCity beliefert, hat daher ein Konzept entwickelt, das sich Lkw-Verkehr erwarteten 220 Tonnen Stickoxidemissionen pro an Erfahrungen in Berlin anlehnt. In den 90er Jahren war am Jahr nur 60 Tonnen gemessen. Mit Blick auf die Planungen für Potsdamer Platz die „größte Baustelle Europas“ entstanden. die HafenCity konnte OAM-Chef Klaus Bäätjer eine ähnliche Vor dem Beginn der Arbeiten war überschlagen worden, dass Rechnung aufstellen. Bis heute sind über den Baustofftermi- durch Bodenaushub und Bauabfälle allein 18 Millionen Ton- nal der OAM am Baakenhafen 10 Millionen Tonnen Material nen anfielen; Tunnel- und Hochbau ergäben einen Bedarf von umgeschlagen worden. Hätte man diese Menge mit Last- 8 Millionen Tonnen Beton, die dafür nötigen Rohmaterialien wagen angeliefert, entspräche dies 400.000 Lkw-Ladungen. nicht eingerechnet. Diese Transporte über Lkw in die Stadt zu Ähnlich wie das Binnenschiff produziert die Bahn zwei Drittel leiten, stand außer Frage. Deshalb wurde entschieden, sämt- weniger Kohlendioxid als ein Lkw. Außerdem verfügt sie mit liche Materialien mit Bahn oder Binnenschiff bringen zu las- etwa 3.000 Tonnen pro Zug über wesentlich größere Kapa- sen. Wer ohne Sondererlaubnis mit Lkw lieferte, musste mit zitäten. Die Bevorzugung der Bahn für die Belieferung der einem Bußgeld in Höhe von mindestens 10.000 DM rechnen. Großbaustelle HafenCity fügt sich deshalb auch in Hamburgs Als 1997 das Projekt HafenCity aus der Taufe gehoben wurde, ehrgeizige Ziele als europäische Umwelthauptstadt 2011: Man waren die meisten Berliner Großprojekte bereits abgeschlos- will eine wachsende Handels- und Dienstleistungsmetropole 24 ausgabe 12, dezember 2010 – februar 2011
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