Integriertes Handlungs- und Entwicklungskonzept 2017-2019 - Quartiersmanagement Berlin

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Integriertes Handlungs- und Entwicklungskonzept 2017-2019 - Quartiersmanagement Berlin
Integriertes Handlungs- und
                       Entwicklungskonzept
                            2017-2019
                     Quartiersmanagement
               Zentrum Kreuzberg/Oranienstraße

Vorgelegt vom QM-Team
Laila Atrache-Younes
Nicole Bosa
Tabea Hilse

Verein zur Förderung von demokratischen
Entwicklungsprozessen e.V./ VDE e.V.

Berlin, Mai 2017

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Integriertes Handlungs- und Entwicklungskonzept 2017-2019 - Quartiersmanagement Berlin
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

AFJ            Aktionsfondsjury
BA             Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg
BMFSFJ         Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
DifU           Deutsches Institut für Urbanistik gGmbH
EBBR           Erweiterte Berufsbildungsreife
EFRE           Europäischer Fonds für regionale Entwicklung
ESU            Einschulungsuntersuchungen
GeS            Gesamtschule(n)
GfbM           Gesellschaft für berufsbildende Maßnahmen
GS             Grundschule
HF             Handlungsfeld
HK             Handlungskonzept
HV             Hausverwaltung
HZE            Hilfe zur Erziehung, Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe nach §27-40 SGB VIII
IntB           Integrationsbeauftragte
ISQ            Institut für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg
ISS            Integrierte Sekundarschule(n)
JNG            Jens-Nydahl-Grundschule
JugFör         Jugendförderung
JüL            Jahrgangsübergreifendes Lernen
KFJE           Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung
Kotti          Kottbusser Tor
KSSP           Kita- und Spielplatzsanierungsprogramm
LSK            Lokales Soziales Kapital
NKZ            Neues Kreuzberger Zentrum
MSA            Mittlerer Schulabschluss
OS             Oberschule
PLR            Planungsraum/Planungsräume
QM             Quartiersmanagement
Q-Rat          Quartiersrat
QM ZKO         QM-Gebiet Zentrum Kreuzberg/Oranienstraße
RAA            Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie e.V.
SenBJW         Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft
SenIAS         Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales
SenStadtUm     Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt
SenStadtWohn   Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen
SSP            Schulsanierungsprogramm / Mittel des Bundes
STZ            Stadtteilzentrum
UAG            Unterarbeitsgemeinschaft
WTP            Wassertorplatz
WBG            Wohnungsbaugesellschaft(en)
WIB            Werkstatt für Integration durch Bildung
WiFör          Wirtschaftsförderung
ZKO            Zentrum Kreuzberg/Oranienstraße

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INHALTSVERZEICHNIS

0. Einleitung ______________________________________________________________________________ 1

1. Gebietsbeschreibung __________________________________________________________________ 2
    Karte des QM-Gebiets Zentrum Kreuzberg/Oranienstraße_______________________________ 2
    Kurze allgemeine Gebietsbeschreibung __________________________________________________ 2
    Eckpunkte des QM-Gebietes _____________________________________________________________ 2

2. Leitbild: Kotti ist Vielfalt ________________________________________________________________ 4

3. Stand der Gebietsentwicklung ________________________________________________________ 6
    Aktivierung der Bewohner*innen _________________________________________________________ 6
    Verantwortung für den Kiez ______________________________________________________________ 6
    Vernetzung _______________________________________________________________________________ 8
    Bildungssituation _________________________________________________________________________ 8
    Lebendiger Kiez ___________________________________________________________________________ 9
    Wohnen und Wohnumfeld ______________________________________________________________ 11

4. Künftiger Handlungsbedarf im Gebiet ______________________________________________ 13
  a) Bildung, Jugend, Ausbildung ________________________________________________________ 13
  b) Arbeit und Wirtschaft ________________________________________________________________ 15
  c) Nachbarschaft (Gemeinwesen, Integration, Gesundheit)_____________________________ 17
  d) Öffentlicher Raum ___________________________________________________________________ 20
  e) Beteiligung, Vernetzung und Einbindung der Partner _______________________________ 22

5. Strategien zur Verstetigung _________________________________________________________ 24

6. Fazit ___________________________________________________________________________________ 26

Anhang: Bedarfsliste IHEK 2017-19 _____________________________________________________ 28

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0. EINLEITUNG

Seit 2013 steht die (infra-)strukturelle Stärkung im Fokus der QM-Arbeit resp. der Gebietsentwicklung. Als Teil
eines integrierten Gesamtkonzeptes im Rahmen des Strukturförderprogramms „Soziale Stadt“ wurden erste
konzeptionelle Ansätze sowie Strategien entwickelt, die auf eine Stärkung von Netzwerk- und Beteiligungs-
strukturen und auf die infrastrukturelle Optimierung von Einrichtungen zielten. Die 2013-15 erbrachten Ergeb-
nisse dienen als Grundlage der konzeptionellen Weiterentwicklung strategischer Lösungsansätze, aber auch
der Verankerung resp. Etablierung der aufgebauten Strukturen.
In der Fortschreibung des IHEK werden die kiezspezifischen Rahmenbedingungen und Problemlagen berück-
sichtigt1, zu denen die starke Problempersistenz im südlichen Teil des Quartiers, die unzureichende Professio-
nalisierung bürgerschaftlicher Selbsthilfeorganisationen und die unzureichende soziale Stabilität im Pro-
grammgebiet gehören. Auch im Monitoring Soziale Stadtentwicklung 2015 wird bei der Auswertung der Ent-
wicklungstrends mit Blick auf die vier Index-Indikatoren der Aktionsraum Kreuzberg-Nordost als ein Raum mit
„anhaltender räumlicher Konzentration sozialer Benachteiligung mit überdurchschnittlicher hoher sozialer Be-
nachteiligung“ eingestuft; die dem QM-Gebiet zugeordneten Planungsräume sind als Gebiete mit besonderem
Aufmerksamkeitsbedarf ausgewiesen (unverändert zu 2014 = 4+/-).

                                        POSITIVE ENTWICKLUNGEN 2015-2017
            Südblöcke: Aufbau eines Nachbarschaftstreffpunktes mit einer Nachbarschaftskoordinatorin
            Kotti e.V.: Stärkung des Stadtteilzentrums in seiner Rolle als Anlauf- und Knotenpunkt für Kommunika-
             tion, Austausch und Begegnung der Nachbarschaft
            Deutsche Wohnen AG: Stärkere Einbindung in die Quartiersentwicklung
            Fortführung von Maßnahmen: „Kita-Lotsen“, „Arbeit mit Eltern aus dem arabischsprachigen Kultur-
             raum“, „Förderung der Fein- und Grobmotorik“ an der JNG (→ Bonusprogramm); „Kotti-Lernpaten“ und
             „Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche“ (→ Stiftungen)
            (Infra-)Strukturstärkung: Aufbau der Schulbücherei JNG (→ Projektfonds), Umbauarbeiten im Sanitär-
             und Umkleidebereich der Turnhalle der JNG (→ SSP & Siwa), Umbau des „aquariums“ zu einem Nach-
             barschaftsforum (→ Baufonds)
            Netzwerkstrukturen: Aufbau der Ehrenamtsbörse & des Nachbarschaftsnetzwerkes „Südkiez“
            Städtebauliche Prävention: Um-/Neugestaltung des Innenhofes Block 86/Südblöcke und der Fassade
             des INA.KINDER.GARTENS

Für die nachhaltige Stabilität des Gebietes ist es notwendig, die angestoßene positive Entwicklung weiterzu-
verfolgen und die Ergebnisse der umgesetzten Maßnahmen aus der IHEK-Periode 2015-2017 dahingehend zu
evaluieren, dass konzeptionelle Ansätze weiterentwickelt und Vorgehensweisen konkludiert werden können.
Unter Berücksichtigung der zuvor genannten Rahmenbedingungen liegen folglich zentrale Handlungserfor-
dernisse in der weiteren strukturellen Stärkung von Kotti e.V. und seiner Gemeinwesenarbeit, der Stärkung der
nachbarschaftlichen Beziehungen/Netzwerke und deren Qualifizierung sowie in der Etablierung weiterer, in-
formeller Beteiligungsformen zur Einbindung aller Zielgruppen in die Quartiersentwicklung.
Eine neue Herausforderung wird ohne Zweifel eine langfristige Lösung der Problemlagen am Kottbusser Tor
sein. Den 2016 begonnenen Diskussionsprozess im Rahmen eines von BA organisierten Strategietages gilt es
weiterzuverfolgen, indem seitens der politisch Verantwortlichen eine Gesamtstrategie/Konzept – unter Einbe-
ziehung der Akteur*innen im Quartier – entwickelt bzw. erarbeitet wird.
Die Bedarfssammlung und z.T. auch Maßnahmenentwicklung erfolgte im Rahmen der Netzwerktreffen rele-
vanter Akteur*innen (z.B. AG Bildung), der Q-Ratsitzungen, des Q-Ratworkshops und der Bewohner*innenum-
fragen und -veranstaltungen. Auf der Gebietskonferenz im November 2016 konnte keine endgültige Abstim-
mung von Strategien und Maßnahmenideen mit den Fachämtern des BA – außer der Planungs- und Koordi-
nierungsstelle Gesundheit – erfolgen, da seitens der Fachämter im Vorfeld der Gebietskonferenz lediglich die
Bedarfe benannt wurden, ohne jedoch Strategien und Maßnahmenideen zur Lösung zu konkretisieren. Infol-
gedessen wurden in der bezirklichen AG Planung im März 2017 die von QM benannten Ziele, Handlungserfor-
dernisse und konzeptionell-strategischen Ansätze resp. die Maßnahmenideen abgestimmt und offene Fragen
geklärt.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass im IHEK 2017-2019 die Prioritäten auf der Festigung bereits
aufgebauter Strukturen liegen, der Weiterentwicklung strategischer Lösungsansätze im Rahmen des Gesamt-
konzeptes in den HF „Nachbarschaft/Gemeinwesen“ und „Öffentlicher Raum“ und der Etablierung von Dialog-
prozessen zur integrierten Herangehensweise an die Bedarfe/Problemlagen im Stadtteil.

1
    So zuletzt vom DIfU- Gutachten zur Verstetigungsmöglichkeiten Berliner Quartiersmanagementverfahren, 2013, S. 153.

                                                                   1
1. GEBIETSBESCHREIBUNG

Karte des QM-Gebiets Zentrum Kreuzberg/Oranienstraße

Kurze allgemeine Gebietsbeschreibung
Das QM-Gebiet „Zentrum Kreuzberg/Oranienstraße“ liegt im Herzen des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg. Für
viele Menschen ist das Quartier der Inbegriff der „lebenswerten Stadt“, mit der sie die Idee der „Stadt der
kurzen Wege“ verbinden – eine urbane und bunte Mischung mit einer funktionierenden Nahversorgung und
einer gewissen Dichte sowie mit Grün- und Freiflächen und entsprechenden Mobilitätsangeboten. Das Quartier
ist zudem vielseitig hinsichtlich seiner Baustruktur und seines Wohnumfeldes. So ist das Gebiet um das Kott-
busser Tor nach der sogenannten Kahlschlagsanierung in den 1970er/80er Jahren durch Großgebäudekom-
plexe geprägt. Die Blöcke entlang der Oranienstraße, Reichenberger und Dresdener Straße sind hingegen in
ihrem heutigen Bestand Ergebnis der darauf folgenden „behutsamen Stadterneuerung“. Sie unterscheiden sich
in ihren sozialen, ökonomischen, baulich-räumlichen und infrastrukturellen Ausgangslagen zum Teil erheblich.
Die Verkehrsflächen unterhalb der Hochbahn U1 und der Kreisverkehr in der Skalitzer Straße stellen physische
Barrieren für Fußgänger*innen/Bewohner*innen dar und teilen das Quartier in einen südlichen und einen nörd-
lichen Bereich. Im Quartier leben nach den letzten Daten des Statistischen Landesamtes Berlin 8.703 Bewoh-
ner*innen auf ca. 32 ha (Stand 31.12.2015). Die Vielzahl der Kulturen verleiht dem Quartier ein vielfältiges,
aufgrund der Herkunftsländer der Bewohner*innen z.T. orientalisches Erscheinungsbild.

Eckpunkte des QM-Gebietes

                                            SOZIALSTRUKTUR

      QM ZKO Stand 31.12.2015 (vgl. 31.12.2014)            Friedrichshain-Kreuzberg        Berlin
                                   2015       2014                   2015                  2015
    Einwohner*innenzahl            8.703      8.806                278.393               3.610.156
    davon Deutsche                 5.122      5.195                210.027               2.989.081
    davon Ausländer                3.581      3.611                 68.366                621.075
    Personen mit Migrati-          6.085      6.143                 63.644               1.079.437
    onshintergrund (ein- und      (69,9%)    (69,8%)               (23,3%)                (29,9%)
    beidseitig)

    davon Deutsche mit             2.504      2.532                 42.174                  k.A.
    Migrationshintergrund:        (28.8%)    (28,8%)               (15,4%)

                                                       2
ALG II Empfänger*innen              3.655         3.743                  27.140                      17,7%
                                           (42%)       (42,5%)                  (23%)
       Arbeitslosenanteil                   940          1.013                  18.707                       5,1%
                                          (10,8%)      (11,5%)                 (12,3%)
       Kinderarmut                         65,1%        66,4 %                   k.A.                       k.A.
                                                                                                        (2014: 23,3%)
       Wohndauer (mind. 5                 63,2%         61,1%                     k.A.                     58,9%
       Jahre)

                                                     ALTERSSTRUKTUR
                                0-18                      18-35                     35-65                    65+
        QM ZKO                  1.595                     2.756                     3.545                     807
        Fried.-Kr.             41.952                     93.222                   115.552                  27.667
          Berlin               557.436                   877.902                  1.483.986                690.832

Die wichtigsten Partner*innen der Gebietsentwicklung sind:
      Kotti e.V.: Als Stadtteilzentrum und Nachbarschaftsladen ist der Verein seit 1986 wegen seiner breiten
       Angebotspalette Anlaufstelle für viele Bewohner*innen des Quartiers. Kotti e.V. ist Träger von 4 Kitas, der
       Mosaik-Etage, des Kinderbüros in der JNG, des Familiengartens und des „Schülerhaus“ in der Nürtingen-
       Grundschule (QM-Gebiet Mariannenplatz).
      Mittelpunktbibliothek: Die Bibliothek ist ein stark frequentierter Bildungsort am Kottbusser Tor mit zahl-
       reichen bewohner*innenadäquaten Angeboten für Kinder und Jugendliche (z.B. Lernbegleitende Ange-
       bote) sowie für Erwachsene (z.B. VHS-Deutschkurse). Auch aufgrund der mehrsprachigen Bestände und
       der kostenlosen Internetnutzung ist sie für viele Bewohner*innen eine wichtige Anlaufstelle.
      WBG: Die Kremer Hausverwaltungen GmbH, die Deutsche Wohnen AG und die OMNIA Hausverwaltung
       GmbH unterstützen die Arbeit des QM, so z.B. durch das unbürokratische Erteilen von Genehmigungen für
       Aktionen. Die Deutsche Wohnen AG stellt zudem Räumlichkeiten für die Durchführung von sozio-kulturel-
       len Maßnahmen im südlichen Teil des Quartiers mietfrei zur Verfügung.
      JNG: Die Grundschule ist eine gebundene Ganztagsschule, die seit 2014 zu den „Bonusschulen“ gehört.
       Die zahlreichen Angebote reichen von speziellen Förderungen (z.B. Etep, Rechenfix) für Kinder bis hin zur
       Erwachsenenbildung (Deutschkurse für Eltern). Die JNG kooperiert u.a. mit der Mittelpunktbibliothek („Le-
       sezeit“, „Wortstark“) und dem Bürgernetzwerk Bildung (Lesepat*innen).

    Einrichtungen und Akteur*innen im Gebiet
    (kursiv geschrieben sind quartiersangrenzend liegende Einrichtungen)
             4 Nachbarschafts- und Begegnungsstätten: Stadtteilzentrum und Nachbarschaftsladen Kotti e.V., Familiengar-
              ten Aile Bahçesi (Kotti e.V.), AWO Begegnungszentrum, Familienzentrum Adalbertstraße
             4 Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen: Loyal e.V., Sport-, Bildungs- und Kulturzentrum NaunynRitze, Statt-
              haus Böcklerpark, Jugendhaus CHIP
             6 WBG: Kremer Hausverwaltungen GmbH, Deutsche Wohnen AG, OMNIA Hausverwaltung GmbH, ZBVV – Zent-
              rale Boden Vermietung und Verwaltung GmbH, WBM Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte mbH, degewo
              AG, Gewobag (seit April 2017 → Kauf des Neuen Kreuzberger Zentrums)
             3 Schulen: JNG, Gustav-Meyer-Schule (→ Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“ für Schüler*innen aus dem
              gesamten Stadtgebiet), Zweiter Bildungsweg-Schulabschlüsse (Schüler*innen aus dem gesamten Stadtgebiet)
             19 Kitas: INA.KINDER.GARTEN (150 Plätze), Kita Adalbertstraße 87 (26 P.), Kita Adalbertstraße 88 (24 P.), Kita
              Dresdener Straße 14 (38 P.), Kita Naunynstraße 69 (63 P.), Kita VAK e.V. (90 P.), Kita Wassertropfen/Oranienst-
              raße 192 (54 P.), Kita Oranienstraße 4 (90 P.), Kita Oranienstraße 14a (20 P.), Kita Naunynstraße 72 (23 P.), Kita
              Oranienstraße 56 (86 P.), Kita Leuschnerdamm 33 (120 P.), Kita Adalbertstraße 23b (22 P.), Kita Reichenberger
              Straße 40 (90 P.), Kita Reichenberger Straße 156a (80 P.), Evangelische Kita der Melanchthon-Gemeinde (45 P.),
              Kita Planufer 81 (135 P.), Kita Planufer 92 (18 P.), Kita Planufer 84 (45 P.)
             11 Migrantische Vereine: Türkische Gemeinde zu Berlin e.V., Türkischer Elternverein in Berlin-Bran-denburg e.V.,
              Kurdistan Kultur- und Hilfsverein e.V., Kurdisches Zentrum e.V., Islamisches Kulturzen-trum der Bosniaken in
              Berlin e.V., Migrationsrat Berlin-Brandenburg e.V., Polnischer Sozialrat e.V., TUH e.V., Akarsu e.V., Türkischer
              Bund in Berlin-Brandenburg, Kulturzentrum Anatolischer Aleviten e.V.
             Bezirksbibliothek: Mittelpunktbibliothek (Wilhelm-Liebknecht-/Namik-Kemal-Bibliothek)
          Kultureinrichtungen: FHXB Museum, Museum der Dinge/Oranienstraße 25, SO 36, Kino Babylon, Künstlerhaus
              Bethanien/Kottbusser Straße, Neue Gesellschaft für Bildende Kunst, Ballhaus Naunynstraße, fsk – Kino am Ora-
              nienplatz

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2. LEITBILD

Kotti ist Vielfalt
 Das Quartier um den Kotti soll sich weiter entwickeln als ein pulsierendes, sozial und kulturell durch-
 mischtes Wohn- und Arbeitsgebiet, das Lebensqualität bietet, Zugänge schafft und Lebenswelten ver-
 bindet.

         Lebensqualität sichern – um für die Menschen am Kotti ein qualitätvolles Wohn- und Arbeits-
         umfeld zu schaffen und zu bewahren.
         Zugänge schaffen – um allen Bewohner*innen gute und gleiche Bildungschancen, Entfaltungs-
         möglichkeiten und Chancen zur aktiven Teilhabe am wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, kultu-
         rellen und politischen Leben zu ermöglichen.
         Lebenswelten verbinden – damit ein Miteinander entsteht.
         Austausch gestalten – um zu gewährleisten, dass sich der Kiez in einem von Bewohner/innen
         und Akteuren gemeinsam getragenen Prozess entwickeln und ein Stück Heimat bieten kann.

  Das Quartier bietet                       Gemeinsames Ziel ist es, …
  … ein Wohn- und Arbeitsumfeld im             dass sich das Quartier um den Kotti als ein Stadtteil der
  Herzen Berlins, das geprägt ist von Ur-       Vielfalt weiter entfaltet und seine besondere Form der
  banität, Vitalität und Kreativität.           „Kreuzberger Mischung“ bewahrt
                                               dass das Quartier bezahlbaren Wohnraum für alle Be-
                                                völkerungsschichten bietet und Eigentümer*innen und
                                                Politik soziale Verantwortung übernehmen
                                               dass das Wohnumfeld sauberer und kinderfreundlicher
                                                wird
                                               dass Strategien vorhanden sind, um die Sicherheit im
                                                öffentlichen Raum zu steigern

  … inmitten der Stadt Orte zum Ausru-         dass die Grünanlagen im Quartier von Jung und Alt
  hen und zum Verweilen.                        gerne aufgesucht und genutzt werden
                                               dass ausreichend nutzergerechte Spiel- und Sportbe-
                                                reiche für Kinder und Jugendliche im Gebiet vorhanden
                                                sind
                                               dass der öffentliche Raum und Orte zum Verweilen
                                                und Ausruhen allen Bewohner/innen zugänglich und
                                                barrierefrei gestaltet sind

  Im Gebiet gibt es                         Gemeinsames Ziel ist es, …
  … starke Bildungsinstitutionen und Ak-       dass Zugänge zu den Institutionen geschaffen sind, um
  teure der Gemeinwesenarbeit.                  allen Bewohner*innen gute und gleiche Start-, Bil-
                                                dungs- und Gesundheitschancen sowie Förder- und
                                                Entfaltungsmöglichkeiten zu ermöglichen
                                               dass Bildungsinstitutionen und Akteur*innen der Ge-
                                                meinwesenarbeit sich als Ankerpunkte einer gut ver-
                                                netzten Infrastruktur entwickeln, die optimal abge-
                                                stimmt ist auf die Bedarfe und Anforderungen im Ge-
                                                biet
                                               dass es Anlaufstellen, nachbarschaftliche Treffpunkte
                                                und Freizeitmöglichkeiten für alle gibt

                                                       4
   dass die Jens-Nydahl-Grundschule ein ihrer Qualität
                                               entsprechend gutes Image erhält
                                              dass Kinder frühzeitig in ihren Kompetenzen durch
                                               bestmögliche individuelle Bildungsangebote gestärkt
                                               werden und Eltern als Bildungspartner*innen in die Bil-
                                               dungsprozesse ihrer Kinder einbezogen werden
                                              dass das Potenzial der Jugendeinrichtungen optimal
                                               zur Geltung gebracht wird
                                              dass alle Bewohner*innen „Bildung“ als einen lebens-
                                               phasenbegleitenden Prozess erfahren und nutzen kön-
                                               nen
                                              dass sich gefestigte und selbsttragende Netzwerke
                                               bürgerschaftlichen Engagements etablieren, welche die
                                               Angebotsstrukturen stärken und Zugangsmöglichkei-
                                               ten vermitteln

 Im Quartier wird Vielfalt sichtbar        Gemeinsames Ziel ist es, …
 … an den vielen Herkunftskulturen, die       dass die Verschiedenheit der kulturellen Wurzeln und
 in der Bewohnerschaft vertreten sind,         die Heterogenität der im Quartier vertretenen Lebens-
 an den vielen Besucher*innen aus Nah          stile als Potential und Impulsgeber anerkannt und ge-
 und Fern, an dem Miteinander von Ar-          nutzt werden
 beiten und Wohnen.                           dass Offenheit und ein respektvoller Umgang das Zu-
                                               sammenleben und das Zusammenkommen der Men-
                                               schen am Kotti prägen
                                              dass Kommunikation über die Grenzen der eigenen
                                               Community hinweg stattfindet und
                                              dass Brücken zwischen den Generationen und sozialen
                                               Milieus geschlagen werden, um gemeinsam mehr Ver-
                                               antwortung zu übernehmen und sich für den Kiez ein-
                                               zusetzen

Die Quartiersentwicklung ist ein gemeinsam gestalteter Prozess aller Akteur*innen und wird getragen
durch Dialog und Engagement von Bewohner*innen, Verwaltung, Wohnungsbaugesellschaften, loka-
len Einrichtungen, Gewerbetreibenden und Unternehmer*innen. Unsere Prämisse ist die Förderung
von Austausch und Beteiligung. Das starke bürgerschaftliche Engagement und die unterschiedlichsten
Lebenswelten, die aufeinander treffen und ineinander wirken, werden als Potenzial und Energie für die
Quartiersgestaltung positiv genutzt. Die Quartiersentwicklung orientiert sich in allen gesellschaftlichen
Bereichen an den Querschnittszielen Chancengleichheit und Nachhaltigkeit.

                                                      5
3. STAND DER GEBIETSENTWICKLUNG

Aktivierung der Bewohner*innen
Im Quartier gibt es zahlreiche Vereine mit einer großen Bandbreite an (Beratungs-)Angeboten für Migrant*in-
nen. Obgleich diese in ihren derzeitigen Formen die intendierten Zielgruppen nicht immer erreichen, ist eine
Zunahme der Teilnahme von Eltern mit Migrationshintergrund – insbesondere des südlichen Quartiers – zu
verzeichnen. Die Aktivierung ist i.d.R. vor allem erfolgreich, wenn Mitarbeiter*innen aus dem Kulturkreis der
Zielgruppen in die Projektarbeit eingebunden sind. Dies belegen die Zahlen der Elternbeteiligung an der JNG,
wo sich im Vergleich zu 2015 inzwischen fast alle Eltern aus dem arabischsprachigen Raum an Veranstaltungen,
Elternabenden, -versammlungen und -sprechtagen beteiligen.
Die Aktivierung von Bewohner*innen mit Migrationshintergrund hat sich insbesondere seit Beginn der Arbeit
der Nachbarschaftskoordinatorin 2015 und dem Projekt zur Stärkung der Nachbarschaftshilfe „Kiez hilft Kiez“
verbessert. Viele Bewohner*innen nehmen inzwischen deren nahegelegenen, zielgruppenspezifischen Ange-
bote wahr, beteiligen sich an den Vorbereitungen für Feste und Veranstaltungen und planen z.T. auch Maß-
nahmen/Aktionen/Angebote, die sie mit Unterstützung der Nachbarschaftskoordinatorin organisieren und
umsetzen.
Großer Resonanz erfreuen sich nach wie vor offene, bewohner*innenorientierte bzw. selbstorganisierte Veran-
staltungen im Kiez wie Straßen- und Nachbarschaftsfeste, insbesondere im südlichen Quartier. Eine positive
Entwicklung ist die seit Jahren zunehmende Bereitschaft der Bewohner*innen, sich über die Grenzen ihrer Com-
munities hinweg zu engagieren. So hat sich etwa die 2011 gegründete Bewohnerinitiative „Kotti & Co“ nicht
nur als Protest-Mieter*innengemeinschaft etabliert. Vielmehr frequentieren inzwischen viele Bewohner*innen
die Anlaufstelle im Quartier („Geçekondu“) auch als Nachbarschaftstreffpunkt, nehmen die Hilfsangebote wahr
und unterstützen die Initiative durch ehrenamtliches Engagement.
Der Aufbau einer Ehrenamtsbörse/eines Nachbarschaftshilfe-Netzwerkes wird über ein Projekt der „Sozialen
Stadt“ seit zwei Jahren gefördert und soll ab 2018 strukturell im Kiez verankert werden. Grundsätzlich ist zu
beobachten, dass vor allem seit 2016 mehr Ehrenamtliche Einrichtungen im Quartier aktiv unterstützen. Beson-
ders deutlich zeigt sich das bürgerschaftliche Engagement der Bewohnerschaft, Gewerbetreibenden und Ver-
eine/Einrichtungen aber bei Themen, die den öffentlichen Raum betreffen, wie z.B. „Kriminalität am Kottbusser
Tor“, oder sozio-politische Angelegenheiten, wie „Mietenproblematik“ bzw. „Verdrängung/Gentrifizierung“.
Bürgerschaftliches Engagement zeigt sich auch bei der Zusammensetzung der Bewohner*innengremien, die
2015 neu besetzt wurden. So besteht die Vergabejury aus 7 Bewohner*innen zwischen 19 und 83 Jahren, der
Q-Rat aus 13 Bewohner*innen und 7 „Starken Partnern“. Interessierte Bewohner*innen des Quartiersgebietes
ab 16 Jahren konnten sich für die beiden Gremien als Kandidat*innen aufstellen lassen. Am 17.11.2015 wurden
die Bewohner*innenvertreter*innen auf einem Bewohner*innenforum gewählt. Aufgrund der seit ca. zwei Jah-
ren andauernden Probleme am Kottbusser Tor beschloss der Q-Rat 2016, sich selbstorganisiert außerhalb der
turnusgemäßen Sitzungen zu treffen, um Ideen und Lösungsansätze zu entwickeln und abzustimmen sowie
Gesprächsrunden mit Zuständigkeiten zu initiieren. Parallel dazu engagierten sich die Gewerbetreibenden am
Kottbusser Tor für eine Lösung der Problemlagen, indem sie in Absprache mit dem Q-Rat Gespräche – z.B. mit
der Polizei – organisierten.
Mittels der bisherigen, z.T. auch bewährten Beteiligungsformate werden insbesondere Bewohner*innen und
Akteur*innen aus Milieus mit einer ausgeprägten Gemeinwohlorientierung und einer hohen Identifikation mit
dem Wohn- und Arbeitsort erreicht. Dies gilt v.a. für die Milieus der Liberal-Intellektuellen, der Sozio-Öko-
log*innen und der Traditionellen und sowie die Bürgerlichen Migrant*innen-Milieus, die auch die größte Be-
reitschaft zu einem langfristigen Engagement zeigen. QM visiert an, die im Quartier vorrangig lebenden, aber
bisher schwer zu erreichenden Gruppen der Konsum-Hedonist*innen (31,9 %) und der Experimentalist*innen
(41.9 %) verstärkt in die Stadtteilentwicklung einzubinden, indem milieuspezifische Beteiligungsansätze, For-
mate und Anreize zur Partizipation wie auch alternative Formen der Aktivierung, Kommunikation und Vermitt-
lung von Inhalten entwickelt und erprobt werden.

Verantwortung für den Kiez
Baulich-investive Förderungen
2015 wurde mit Mitteln aus dem Baufonds (276.000 €) die Qualifizierung/Umbau/Erneuerung der Unterrichts-
räume und Sanitäranlagen in dem von der Gustav-Meyer-Schule genutzten Teil des Erdgeschosses der JNG
abgeschlossen. Immer noch nicht abgeschlossen sind die Umbauarbeiten der Turnhalle der JNG. Mit SSP- und
Siwa-Mittel (gesamt 1.919.113 €) sollen der barrierefreie Umbau, die energetische Sanierung des Daches so-
wie die Sanierung des Sanitär- und Umkleidetrakts der Sporthalle bis 2018 erfolgen; der Brandschutz im Haupt-
gebäude wird 2017 über SSP-Mittel (200.000 €) finanziert. Über das Kinder- und Jugendbeteiligungsbüro
des BA erhielt die JNG 2000 € zur Reparatur der defekten Schaukeln auf dem Pausenhof.

                                                     6
Ende 2016 wurden die Räumlichkeiten des ehemaligen „Aquarien Meyer“ zu einem Nachbarschaftsforum mit
Mitteln aus dem Baufonds (226.136 €) umgebaut. Damit steht dem Quartier eine neue Ressource für (Infor-
mations-)Veranstaltungen, Workshops, Nachbarschaftstreffen sowie Beratungs- und Unterstützungsangebote
zur Verfügung.
Die Sanierung der KJFE NaunynRitze erfolgt über den Städtebaulichen Denkmalschutz (4,7 Mio. €); die ge-
plante Fertigstellung ist 2017.
Die Finanzierung der Umbauarbeiten im Kreuzungsbereich Kottbusser Tor (2012-15) wurden von SenStadt-
Um und der BVG (Kostenträger des Zugangs zum Behindertenaufzug) getragen (ca. 1,5 Mio. €). Im Oktober
2016 begann BA mit dem Anlegen von Fahrradschutzstreifen in beiden Richtungen in der Skalitzer und Gitschi-
ner Straße; die Beendigung der vier Bauabschnitte ist im August 2018 geplant, die Kosten für die Radwegver-
bindung zwischen Dresdener und Reichenberger Straße werden noch ermittelt. Die Mittel für die Umsetzung
der Maßnahmen wurden 2014 bei SenStadtUm angemeldet.2
Mit KSSP-Mittel (SenBJW) ließ das BA/Straßen- und Grünflächenamt 2016 einige Spielgeräte, den Belag des
Fußballplatzes und den Fallschutzbereich auf den beiden sich gegenüberliegenden Spielplätzen Naunynstraße
49-51 erneuern (65.000 €).

Mittel zur Förderung der schulischen und außerschulischen Bildung
Die JNG profitiert von zusätzlichen Mitteln (Bonusprogramm, Wall AG, Sandra-Maischberger-Stiftung, s.
dazu Kap. 4, S. 14) zur Förderung der Schüler*innen u.a. in der deutschen Sprache, Mathematik, Musik. Die
Schulsozialarbeit im Kinderbüro der JNG (Träger Kotti e.V.) wird jährlich mit 68.000 € über BA finanziert.
BIST-Mittel (Land Berlin, EU/EFRE) fließen in die Bibliotheken Adalbertstraße und Glogauer Straße („Link –
lernen plus in der Bibliothek“, 89.000 €; Feb. 2016-Jan. 2019) zur Förderung lernunterstützender Angebote für
Schüler*innen des Quartiers.
Finanzielle Unterstützung erhielten die Projekte „Kotti-Paten“ (Schweizer Stiftung „Avec Et Pour Autres“ und
in 2016 Sponsoring BioCompany=2.410 € sowie Quartiersmeister=1.000 €) „Kinder- und Jugendfreizeitan-
gebote“ und „Arbeit mit Familien“ von Loyal e.V. (Aktion Mensch). In 2017 erhält Loyal e.V. zur Weiterführung
der Freizeitangebote 11.000 € vom BA/JugFör und 5.000 € von der Deutschen Wohnen AG, die auch die
Räumlichkeiten, in denen die Angebote stattfinden, mietfrei zur Verfügung stellt.
Die Weiterführung der AG Bildung ist über Mittel des BA/Stadtplanungsamt zur Finanzierung einer Prozess-
begleitung bis Ende 2017 gesichert (Weiterleitung von 40.000 € an das Jugendamt (KBE) zur auftragsweisen
Bewirtschaftung der Bildungsnetzwerke in Kreuzberg)

Mittel zur Förderung der kulturellen Bildung
2016 wurden mehrere Projekte über den Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung finanziell unterstützt, z.B.
„Kotti is burning“ (Kultursprünge e.V., in Kooperation mit der NaunynRitze, 18.000 €), „Routes & Beyond“ (Kul-
tursprünge e.V., in Kooperation mit der NaunynRitze, 18.000 €), „Digitas“ (StreetUniverCity Berlin e.V., 19.996
€). Über den Fonds der Quartiersmeister erhielt die Tanzgruppe „GovendaKî“ 2016 1.000 € und die Bürgerini-
tiative „Kotti & Co“ 500 €.
Über die Kulturförderung Friedrichshain-Kreuzberg wurden die Projekte „Geschichte wird gemacht – Gent-
rifizierung am Kottbusser Tor“ (Erik Steffen, in Kooperation mit FHXB Museum, 3.350 €), „Berliner Hefte zur
Geschichte und Gegenwart der Stadt“ (Sandy Kaltenborn, in Kooperation mit FHXB Museum, 5.000 €), Lesungs-
reihe: Kultur kennt keine Grenzen“ (Metin Agacgözgü, in Kooperation mit der Mittelpunktbibliothek, 2.500 €)
und „Märchenwelt – ein interaktives Theaterstück für Kinder“ (N. Behrend & N. Theisen, in Kooperation mit Sub
Opus 36 e.V., 5.000 €) finanziell unterstützt. Das FHXB Museum wurde zudem über diesen Fonds infrastrukturell
gefördert (2015=1.216 €; 2016=3.000 €; 2017=2.000 €).

Mittel zur Förderung der Integration
Aus dem Integrationsfonds 2016/17 (Masterplan Integration) wurden Maßnahmen gefördert im FHXB Mu-
seum („Ferngespräche – Dialoge mit alten und neuen Berliner*innen“, 20.000 €; „Xberg-Tag für Geflüchtete“,
16.000 €) und in den Bibliotheken des Bezirks, unter anderem in der Mittelpunktbibliothek („Willkommen“,
Aufstockung des Medienetats, 28.000 €; „Summerschool für Willkommensklassen“, 15.000 €). Über den Quar-
tiersmeister erhielt 2015 das Flüchtlingscamp auf dem Oranienplatz 750 € (Refugees welcome).

Mittel zur Förderung der Gemeinwesenarbeit
Kotti e.V. erhält von SenGeSoz (seit Ende 2016: SenIAS) jährlich 84.000 € für seine Arbeit als Stadtteilzentrum
(Mittelerhöhung ist 2017 geplant); das Angebot „KOPRÜ – Bildungsbrücke“ im STZ Familiengarten wurde 2016
über das ZIS Teilprogramm Stadtteilzentren (EFRE-Mittel 49.968 €) gefördert.

2
 Die Baumaßnahme wurde 2014 durch das BA mit einem Mittelbedarf von 526.437,26 € bei SenStadtUm angemeldet (Quelle: Drucksa-
che BVV DS/1073/IV, 26.02.2014)
                                                             7
Mittel zur Förderung im HF Arbeit und Wirtschaft
Entegere e.V. führte seine über LSK geförderte Maßnahme (9.868 €) „Neu Berlin Look“ in den Räumen des
FHXB Museums durch.

Verantwortung für den Kiez übernehmen auch die WBG. Die Deutsche Wohnen AG stellte Räumlichkeiten für
die Kinder- und Jugendfreizeitangebote von Loyal e.V. mietfrei zur Verfügung, die Kremer HV, OMNIA HV
GMBH und die ZBVV GmbH finanzierten 6 Monate lang einen Wachschutz am Kottbusser Tor in den Abend-
und Nachtstunden. Bewohner*innen betätigen sich ehrenamtlich bei vielen Aktionen und Veranstaltungen
(z.B. Putz- und Reinigungsaktionen), aber auch Personen, die nicht im QM-Gebiet wohnen, engagieren sich im
Kiez (Lern- oder Lesepat*innen, Übersetzungen bei Behördengängen, Ausfüllen von Formularen etc.).

Vernetzung
In der AG Bildung treffen sich regelmäßig Bildungsinstitutionen, Vereine und Projektdurchführende, um ge-
meinsam Handlungserfordernisse, strategische Zielsetzungen und methodische Ansätze für eine prozess- und
zielorientierte Gebietsentwicklung zu erörtern sowie Angebote aufeinander abzustimmen und Projekte zu eva-
luieren. Die Vernetzung der Bildungsakteure führte zu festen, langfristigen Kooperationen und zu einer konti-
nuierlichen Zusammenarbeit über die Projektebene hinaus, z.B. bei der Bereitstellung von Ressourcen u.a. für
Veranstaltungen und Workshops, und zur Schaffung einer Plattform der Information und Kommunikation im
Quartier.
Ein vor zwei Jahren durch die Nachbarschaftskoordinatorin in den Südblöcken initiiertes Nachbarschaftsnetz-
werk dient Akteur*innen und Nachbar*innen im „Südkiez rund um das Kottbusser Tor“ als Plattform des Aus-
tausches, der Information und Diskussion über kiezrelevante Themen (z.B. Sicherheit, Sauberkeit).
Eine selbstorganisierte kleine Gruppe von Gewerbetreibenden am Kottbusser Tor vernetzte sich Ende 2015 zu
der sog. „Freitagsrunde“ (u.a. Plakataktion „Mach meinen Kotti nicht an“). Ziel war es, aufgrund der zunehmen-
den Kriminalität am Kottbusser Tor ein Warnsystem vor Überfällen aufzubauen, gemeinsam Ideen zur Lösung
der anhaltenden Probleme zu entwickeln und diese mit Verwaltung/Zuständigkeiten hinsichtlich einer Umset-
zungsstrategie zu erörtern.
Zu dem 2014 von QM initiierten Thementisch treffen sich Bewohner*innen, Akteur*innen und je nach Bedarf
Fachleute sowie Vertreter*innen der Verwaltungen zu aktuellen, kiezrelevanten Themen, um gemeinsam Ideen
und Strategien zur Lösung von Themenbereichen/Problemlagen zu erörtern, aber auch um neue Bedarfe auf-
zunehmen.
QM initiiert regelmäßig Gesprächsrunden mit relevanten Akteur*innen und unter Einbeziehung der Verwaltung
zu Themen aus allen HF, so z.B. zum Thema „Gemeinwesen/Nachbarschaft“. Darüber hinaus nimmt QM an
projektbezogenen und an bezirklichen Netzwerktreffen (u.a. sozialraumorientierte AGs) teil.
Zum Thema „Übergang GS-OS“ wurden 2015 und 2016 in Kooperation mit Loyal e.V. und dem Jugendhaus
CHIP zwei Veranstaltungen organisiert, auf denen sechs OS an einem Nachmittag im CHIP ihre Schule an Stän-
den vorstellen und potenzielle Schüler*innen über Schwerpunkte, Schulprofile, AGs usw. informieren konnten.
Bis zu 200 Personen (Schüler*innen und Eltern) nahmen 2016 an der Veranstaltung teil.
Die Kommunikation von Angeboten, Veranstaltungen und Aktionen, die im Quartier stattfinden, erfolgt über
die Webseiten der Vereine, Institutionen und des QM sowie über den Newsletter des QM (211 Abonnent*in-
nen) und digital über die Verteiler. Inzwischen werden auch soziale Medien wie facebook als Kommunikations-
und Informationsquelle genutzt. Zunehmend positive Entwicklungen sind in der Kommunikation von kiezrele-
vanten Veranstaltungen zu verzeichnen, die über die zahlreichen informellen Kommunikationswege im Kiez
verbreitet werden. Hier nehmen die Q-Ratmitglieder, die Multiplikator*innen und auch das STZ Kotti e.V. eine
wichtige Rolle ein.
Die Stadtteilkoordination erfolgt nach wie vor über QM; eine Übernahme dieser durch das STZ Kotti e.V. gehört
zu einem der Bausteine des Rahmenkonzeptes „Stärkung von Kotti e.V.“ im Hinblick auf den Prozess der Ver-
stetigung (s. Kap. 5).

Bildungssituation
Im Quartier bzw. quartiersangrenzend gibt es 16 Kitas mit insgesamt 1.219 Betreuungsplätzen; bei allen – bis
auf eine Kita – können Kinder ab einem Jahr angemeldet werden. Der INA.KINDER.GARTEN (Schwerpunkt:
Sprache und Integration, Offensive Frühe Chancen, Initiative des BMFSFJ) ist der größte Kindergarten im Quar-
tier mit 150 Plätzen. Die Kita Planufer 81 (Schwerpunkt: Sprachförderung, über das Bundesprogramm „Sprach-
kitas“ gibt es zusätzlich eine ½ Stelle (Sprachexpertin), da ca. 50% der Kinder einen Sprachförderbedarf haben)
und die evangelische Kita der Melanchthon-Gemeinde (Schwerpunkt: Integration) liegen zwar außerhalb des
QM-Gebietes, sind aber wichtige Einrichtungen für die Kinder des südlichen Quartiers. Die Ergebnisse der
Sprachstandserhebungen (Kinder von 3-6 Jahren) variieren sehr stark. Während in einigen Kitas fast 80 % der
Vorschulkinder sprachliche Defizite aufweisen bzw. nicht fehlerfrei Deutsch sprechen, zeigen die Ergebnisse in

                                                      8
anderen Kitas, dass lediglich 10% der Kinder einen Förderbedarf haben. Insgesamt kann nur eine geringe Ver-
besserung der deutschen Sprach- und Sprechkompetenz in den letzten zwei Jahren festgestellt werden. 3 Die
Kitas mit einer speziellen Ausrichtung (z.B. Montessori) oder speziellen Bildungsprogrammen (z.B. Rucksack,
Hippy usw.) sind v.a. für bildungsorientierte Familien attraktiv. Auffällig ist jedoch, dass die Attraktivität einer
Kita umso mehr abnimmt, desto höher der Anteil von Kindern mit türkischem und arabischem Migrationshin-
tergrund ist.
Im Schuljahr 2016/17 gibt es an der JNG 18 Klassen mit einer Klassenfrequenz von 19,7; darunter zwei Will-
kommensklassen mit 16 Schüler*innen für Neuzugänge ohne Deutschkenntnisse. Von den 354 Schüler*innen
haben 349 Schüler*innen (98,6%) einen Migrationshintergrund4, 279 (78,8%) sind von Zuzahlungen für Lern-
mittel befreit. Im Schuljahr 2015/16 bekamen 26% (12 von 46) eine Gymnasialempfehlung5. Vielen Kindern
fehlen grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache, die die Grundschule mit speziellen Förderprogram-
men (z.B. Rechenfix & Wordgewandt) und durch Kooperationen mit anderen Bildungsinstitutionen und Verei-
nen aufzufangen versucht (75 Integrationsschüler*innen = Steigerung um 25% in 2 Jahren). Die Attraktivität
der einzigen GS im Quartier nimmt seit mehreren Jahren kontinuierlich ab. Viele bildungsorientierte Eltern
(auch Familien aus dem türkisch- und arabischsprachigen Sprach-/Kulturraum) melden ihre Kinder nicht mehr
in der GS ihres Einzugsgebietes an. Die Außenwahrnehmung der GS als „arabisch-türkische Schule“ rückt die
sehr gute infrastrukturelle Ausstattung und die große Bandbreite an zusätzlichen Angeboten und AGs (z.B.
Musik- und Theater-AGs, Mathe-Werkstatt) in den Hintergrund.
Ein schwieriger Einschnitt ist nach wie vor für nicht wenige Schüler*innen der Übergang zur OS (Gymnasium,
ISS). Im Schuljahr 2014/15 stieg die Anzahl der Schüler*innen ohne Abschluss in Kreuzberg: 26% der Schü-
ler*innen von ISS und GeS erreichten nur den eBBR, 65% bestanden den MSA. Im Schuljahr 2015/16 erreichten
wieder 26% der Schüler*innen von ISS und GeS nur den eBBR, 62% bestanden den MSA.6 Für das QM-Gebiet
liegen seit 2008 (ca. 40% nach DIfU-Angabe) keine aktuellen Zahlen vor.
Die Mittelpunktbibliothek versteht sich als Familienbibliothek mitten in Kreuzberg. Sie ist ein zentraler Bil-
dungs- und Lernort sowie Kommunikationszentrum für Bewohner*innen aller Altersstufen (ca. 150.000 Besu-
cher*innen, ca. 8.000 aktive Benutzer*innen, Rückgang um ca. 4%). Neben zahlreichen Büchern und einem
umfangreichen Medienangebot verfügt die Bibliothek über ausreichende PC-Arbeitsplätze, kostenloses WLAN
und eine „Orientbibliothek“; seit 2017 können in der Bibliothek auch ebook-Lesegeräte („Tolino“) ausgeliehen
werden, die sehr gut angenommen werden. Die Schwerpunkte der Bibliothek liegen in der intensiven Sprach-
und Leseförderung von Kindern und Jugendlichen und in der Erwachsenenbildung. So finden vormittags – in
Kooperation mit Kitas, der JNG und Lesewelt Berlin e.V. – (Vor-)Lesestunden für Kinder und VHS-Deutschkurse
für Erwachsene, nachmittags lernbegleitende Angebote (LINK) für Schüler*innen statt. Seit 2011 beteiligt sich
die Mittelpunktbibliothek am mehrjährigen bundesweiten Programm des Bundesministeriums für Bildung und
Forschung und der Stiftung Lesen „LeseStart – Drei Meilen des Lesens“ zur Förderung von Kindern.
Neben dem Sport-, Bildungs- und Kulturzentrum NaunynRitze ist das an der Gebietsgrenze gelegene Jugend-
haus CHIP eine zusätzliche Ressource im Rahmen der außerschulischen Bildung für Kinder und Jugendliche.
Durch die Vernetzungsarbeit des CHIP mit Akteur*innen des QM-Gebietes gelang es in den letzten Jahren,
zusätzliche Freizeit- und Lernangebote zu initiieren (z.B. Sportangebote, Unterstützung bei den Prüfungsvor-
bereitungen für den BBR, MSA/eBBR).
Vereine wie die Türkische Gemeinde zu Berlin e.V., das Kurdische Zentrum e.V. oder der Kurdistan Kultur- und
Hilfsverein e.V., deren Zielgruppen explizit Migrant*innen sind, unterstützen auch bei der beruflichen Orientie-
rung. Der Kurdistan Kultur- und Hilfsverein e.V. ist zudem Mitglied im Berliner Netzwerk bridge zur Unterstüt-
zung von Bleibeberechtigten und Geflüchteten auf dem Weg ins Unternehmen, bietet u.a. Weiterbildungen an
und vermittelt in Arbeit und Beruf. Das in der Nähe des QM-Gebietes gelegene FrauenComputerZentrumBerlin
e.V. (FCZB) bietet speziell für Migrantinnen u.a. berufsbegleitende Fortbildungen, EDV- und Internet-Kurse so-
wie Beratungen zur Berufsorientierung und Existenzgründung an. Zwar gibt es zahlreiche Träger, die Qualifi-
zierungs- und Fortbildungsmaßnahmen für Jugendliche und Langzeitarbeitslose anbieten, allerdings sind diese
selten auf die Bedürfnisse der Zielgruppen, vor allem auf die Geringqualifizierten, zugeschnitten, so dass sie
insgesamt schlecht angenommen werden.

Lebendiger Kiez
Das Quartier ist ein sehr lebendiger und urbaner Kiez, in dem Wohnen, Arbeiten und Kultur vielfältig miteinan-
der verknüpft sind. Das Leben findet zu großen Teilen im öffentlichen Raum statt. Die verhältnismäßig wenigen
Aufenthaltsmöglichkeiten dienen den in ihrer Mobilität eingeschränkten Bewohner*innen als Informations-
und Kommunikationstreffpunkte, so z.B. der Oranienplatz. Bewohner*innen des südlichen Quartiers frequen-
tieren bevorzugt die Innenhöfe der Blöcke und die Blockspitzen im Süden des Kottbusser Tores. Seit 2011

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  Nach dem letzten Gesundheitsbericht des BA (2014) ist eine leichte Verbesserung in der Entwicklung der Sprachkompetenz zu ver-
zeichnen; bzgl. der Visuomotorik hingegen ist der hohe Wert bei Kindern mit arabischen Migrationshintergrund auffällig (26%).
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  Schülerstatistik 2016/2017, Friedrichshain-Kreuzberg, Abt. Wirtschaft, Ordnung, Schule und Sport, Schul- und Sportamt, Stand
30.09.2016
5
  Gymnasialempfehlungen: Schuljahre 2014/15=9,6%; 2013/14=17%; 2012/13=10 %; 2011/12=21 %; 2010/11=28 %
6
  2014/15 & 2015/16: 96% der Gymnasiasten bestanden den MSA, 1% erreichten lediglich den eBBR; Quelle: ISQ, 2016

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profitiert das Quartier vom ehrenamtlichen Engagement des Cafés „Südblock“, welches diverse nachbarschaft-
liche Aktionen organisiert sowie Beratungsangebote („Hartzer Roller“/Sozialberatungen) und Informationsver-
anstaltungen durchführt. Die Freifläche vor dem Café hat sich zu einem zentralen Platz für unterschiedlichste
Personenkreise etabliert (Vorplatz mit Gastronomiebestuhlung, aber auch mit öffentlichen Bänken) und bietet
Bewohner*innen Raum, um sich zwanglos zu treffen. Tagsüber treffen sich dort hauptsächlich Menschen aus
der Nachbarschaft, in den späten Abend- und Nachtstunden wandelt sich der Ort zum angesagten Szenetreff.
Zur Lebendigkeit des Kiezes tragen auch die verschiedenen Feste und kostenlosen Veranstaltungen bei, wie
etwa das MyFest, Fête de la Musique, Karneval der Kulturen, Lange Buchnacht, Christopher Street Day, Kinder-
karneval und die Veranstaltungen im FHXB Museum. Das SO36 bereichert das (kulturelle) Kiezleben mit seinem
„bunten Programm“ von Konzerten, Lesungen bis hin zu Tanzkursen und Nachtflohmärkten.
Kotti e.V. bietet in seinem Nachbarschaftsladen am Kottbusser Tor und im STZ Familiengarten in der Oranien-
straße Bildungs-, Freizeit- und Beratungsangebote (SGB II, Ausländer-, Miet- und Familienrecht etc.) für Be-
wohner*innen, besonders für Migrant*innen, an. Darüber hinaus gibt es im Familiengarten zahlreiche Aktivitä-
ten/Angebote für alle Zielgruppen (Familien, Mütter/Frauen, Kinder, Senior*innen). Die blog_huette in den Süd-
blöcken hat sich seit der Eröffnung 2015 als Nachbarschaftstreffpunkt im Kiez etabliert; die Nachbarschaftsko-
ordinatorin (über Kotti e.V.) organisiert – in Kooperation mit den Akteur*innen im südlichen Teil des Quartieres
– u.a. Veranstaltungen, bedarfsorientierte Angebote und Aktionen mit und für die Nachbarschaft. Das Ende
2016 eröffnete Nachbarschaftsforums „aquarium“, Skalitzer Straße 6/direkt hinter dem Café Südblock, ist ein
weiterer Ankerpunkt für die Bewohner*innen resp. Nachbarschaft und wird zukünftig zentrale Schlüsselfunkti-
onen im Stadtteil übernehmen sowie eine weitere wichtige Ressource für Begegnung und bürgerschaftliches
Engagement darstellen.
Das Familienzentrum und die AWO-Begegnungsstätte liegen zwar außerhalb des QM-Gebietes, sind jedoch
aufgrund ihrer breiten Angebotspalette vor allem für Familien mit Kindern im QM-Gebiet ZKO ein wichtiger
Anlaufpunkt.
Was die KJFE im Quartier (NaunynRitze) und angrenzend zum Quartier (CHIP, Statthaus Böcklerpark) betrifft,
so gibt es insgesamt ausreichende Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche. Eine Bestandsaufnahme der
offenen Freizeitangebote (ohne KJFE) des QM 2016 ergab jedoch: für Kinder bis 6 Jahre gibt es kaum Freizeit-
angebote; für 6- bis 12-jährige gibt es diverse Freizeitangebote (Spiel, Spaß und Sport); für 12-16-jährige zu
wenig Freizeitangebote; vor allem für Jungen beschränken sie sich hauptsächlich auf Sport (z.B. Fußballspielen).
Ein Angebot, welches über die Förderung „Soziale Stadt“ aufgebaut und gefestigt sowie über Stiftungsmittel
weiter finanziert wurde, ist das von Loyal e.V. im südlichen Teil des Quartiers. An zwei Standorten finden nach-
mittags Freizeit- und Bildungsangebote für Kinder und Jugendliche statt; seit 2012 bietet Loyal e.V. auch Bera-
tungen für Familien und Deutschkurse für Frauen an.
Da viele Freizeitangebote nur mittels Fördergeldern durchgeführt werden können, tragen sie nur temporär zu
einer Verbesserung der Angebotsstruktur bei.
Im QM-Gebiet gibt es keine Unterkunft für Geflüchtete. Dennoch bieten die meisten Einrichtungen/Vereine
seit Ende 2015 Beratungen und Unterstützung für die vor kriegerischen Auseinandersetzungen geflüchteten
Menschen an, die auch von vielen Hilfesuchenden aufgesucht werden. Darüber hinaus gab es auch für Flücht-
lingshelfer*innen Schulungen und Angebote, wie z.B. Führungen in der Mittelpunktbibliothek („Bibliothek –
Einfach für alle!“).
Die Außenwahrnehmung des Gebiets wurde in den letzten beiden Jahren stark durch die Problematik resp. die
steigende Kriminalität am Kottbusser Tor bestimmt und stand aufgrund der zahlreichen Berichterstattungen
im Zentrum von Diskussionen zur Bewältigung der steigenden Kriminalität in Großstädten (auch vor dem Hin-
tergrund der Flüchtlingspolitik der Regierung bzw. den Ereignissen in der Silvesternacht 2015/16)7. Bei Besu-
cher*innen der Stadt allerdings, bei vielen jungen Menschen und Künstler*innen hat das Quartier aber nach
wie vor ein positives Image.
Viele Bewohner*innen des QM-Gebietes identifizieren sich positiv mit ihrem Kiez, wobei nicht wenige diesen
auf den „Kotti“ reduzieren. Allerdings muss zwischen den einzelnen Communities differenziert werden. So be-
zieht sich die Identifikation der meisten arabisch- und türkischsprachigen Bewohner*innen zumeist auf ihre
eigene Community im Quartier; die arabischsprachigen fühlen sich eher zu dem angrenzenden, arabisch ge-
prägten Bezirk Neukölln hingezogen, da dieser infrastrukturell ihre Bedürfnisse besser abdeckt. Das alteinge-
sessene Kreuzberger Milieu hingegen, darunter auch Gewerbetreibende, fühlt sich wiederum stark mit dem
Kiez selbst verbunden, zeigt ein hohes gesellschaftliches Engagement bei Problemlagen und setzt sich für eine
Verbesserung des Wohnumfeldes ein.
Seit geraumer Zeit lässt sich jedoch beobachten, dass der soziale Zusammenhalt im Quartier vor dem Hinter-
grund der welt- und innenpolitischen Entwicklungen zu erodieren scheint. So wird das nachbarschaftliche Zu-
sammenleben im Kiez stark und unmittelbar von Ereignissen in der Heimat (z.B. Wahlen in der Türkei, Kurden-
frage, Armenien-Resolution) beeinflusst. Auch die innerstädtischen Probleme (wie die Mietenproblematik), die
sog. Flüchtlingswelle und die steigende Kriminalität wirken sich negativ auf das Miteinander im Kiez aus und

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 Seit Ende 2015 sind, nach Angaben der Polizei, zu den bereits seit Jahren bekannten (kriminellen) Gruppen am Kottbusser Tor neue
Personengruppen hinzugekommen, die aus dem nordafrikanischen und vorderasiatischen Raum kommen.

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forcieren einen Rückzug bzw. eine Abschottung von nicht wenigen Bewohner*innen nach außen. Ob diese
Tendenz anhalten wird, lässt sich noch nicht absehen.

Wohnen und Wohnumfeld
Das Quartier ist ein beliebter Wohnort. In der Mitte Berlins gelegen gilt dieser Teil Kreuzbergs für viele Berli-
ner*innen als lebenswerter Stadtteil. Durch die zentrale Lage, die gute Anbindung an das öffentliche Verkehrs-
netz und die vielen Einzelhandelsgeschäfte und Dienstleistungsanbieter sind die Versorgungswege für die Be-
wohner*innen kurz („Stadt der kurzen Wege“).
Die Gewerbestruktur im Quartier ist geprägt durch Einzelhandels-, Dienstleistungs- (überwiegend Gastrono-
miebetriebe) und freiberufliche Unternehmen. Es gibt nur vereinzelt Filialisten, keine Warenhäuser und 5 Ein-
zelhandelsketten: Lidl, Norma, Rewe, BioCompany, Istanbul Supermarkt. Das Gewerbe ist multiethnisch/-kul-
turell durchmischt. Unter der migrantischen Bewohnerschaft gibt es eine Vielzahl von Selbstständigen, Fami-
lienunternehmen, hauptsächlich Einzelhändler*innen und Imbissbetreiber*innen. Das lokale Gewerbe und die
Gastronomie profitieren von den vielen (Tages-)Besucher*innen aus ganz Berlin und den Tourist*innenströmen
aus der ganzen Welt. Vor allem die Oranien-, Adalbert- und seit wenigen Jahren auch die Dresdener Straße
profilieren sich als überwiegend gastronomisch geprägte Geschäftsstraßen; ihr Angebot ist inzwischen auf Tou-
rist*innen und (Tages-)Besucher*innen abgestimmt und richtet sich an die Bedürfnisse des Nachtlebens. Das
Gewerbe in der Passage des NKZ hingegen wird überwiegend von den Einheimischen, insbesondere Bewoh-
ner*innen aus dem türkischen Kulturkreis, genutzt. Die Dienstleistungen konzentrieren sich auf Friseure, Reise-
büros, Apotheken, ein Ärztehaus (mit 21 Ärzten aller Fachrichtungen) sowie diverse Internetcafés, Wettbüros
und Spielcasinos.
Die Grün- und Freiflächen im öffentlichen Raum haben aufgrund starker Übernutzung und unzureichender
Pflege eine geringe Aufenthaltsqualität. Nutzungskonflikte wie im sog. Skalitzer Park führen dazu, dass die
Bewohner*innen diesen nicht mehr aufsuchen, so dass der Park inzwischen eher ein Aufenthalts- und Schlafort
für Obdachlose sowie Alkohol- und Drogenkonsumierende ist. Ähnlich verhält es sich auch mit vielen Spiel-
plätzen im Quartier, die zudem z.T. verwahrlost (Müllproblematik) und in schlechtem Zustand (zu wenig geeig-
nete Spielgeräte; unregelmäßige Wartung der Spielgeräte) sind. Nur wenige Spielplätze, wie z.B. am Naunyn-
platz, bieten auch Jugendlichen die Möglichkeit, Fußball oder Basketball zu spielen. Die mangelnde Sauberkeit
der Grünflächen und Spielplätze spiegelt sich im gesamten Quartier wider: Müll/Sperrmüll in den Gassen und
auf Gehwegen, Vandalismus am öffentlichen Eigentum, Graffiti an Fassaden, Drogenkonsumutensilien und zu
Wochenbeginn der „Partymüll“ prägen das Bild des Stadtteils.
Im Quartier gibt es keinen Wohnungsleerstand; der Grad der Fluktuation ist gering (60% der Bewohner*innen
wohnen seit mindestens 5 Jahren im Gebiet). Die Gründe für einen Wegzug aus dem Gebiet liegen in erster
Linie in den steigenden Mietkosten, die dazu führen, dass vor allem Transferleistungsbezieher*innen in die
Randbezirke Berlins umziehen müssen. Besonders im Sozialen Wohnungsbau sind die Bewohner*innen durch
steigende Mieten, aber auch durch Betriebskostenerhöhungen stark belastet: im südlichen Quartier seit 2011
und seit Anfang 2017 auch im nördlichen Teil (geplante Mieterhöhung um 0,50 €/qm² €). Seit 2011 fordert
daher die Anwohnerinitiative „Kotti & Co“ vom Land Berlin mietergerechte Ansätze und ordnungspolitische
Maßnahmen, die den Verbleib der Mieter*innen auch nach Sanierungen und unter den Bedingungen von
„Hartz IV“ sicherstellen können.
Die Zunahme der privaten Investor*innen verändert seit Jahren immer mehr die Eigentümer*innenstruktur im
Quartier. Die meist nach Ankauf erfolgten Sanierungsmaßnahmen führen oft zu Mieterhöhungen und in der
Folge zur Verdrängung der „alteingesessenen“ Kreuzberger*innen durch internationale Investoren, z.B. in der
Oranienstraße. Auch die Gewerbestruktur unterliegt aufgrund der Privatisierung von Immobilien Veränderun-
gen. Steigende Gewerberaummieten führten in den letzten Jahren zur Geschäftsaufgabe einiger Gewerbebe-
triebe; weitere fürchten ein ähnliches Schicksal. Aufgrund der Beliebtheit v.a. der Oranienstraße (bis hin zum
Heinrichplatz), inzwischen auch der Dresdener Straße und der Adalbertstraße bei Tourist*innen, Kneipengän-
ger*innen etc. prägt vor allem die Gastronomie das äußere Erscheinungsbild des nördlichen QM-Gebietes.
Insgesamt hat das Quartier einen Teil seiner gewerblichen Vielfalt bereits eingebüßt, wird doch die für das
Gebiet typische „Kreuzberger Mischung“ allmählich durch eine „gewerbliche Monostruktur“ ersetzt.
Sorgen bereitet den Bewohner*innen auch der zunehmende Tourismus, vor allem die zunehmende Anzahl an
Ferienwohnungen und der Umbau des leerstehenden ehemaligen Kaufhauses am Oranienplatz vom Investor
Dietrich von Boetticher in ein Hotel mit Restaurant und Kulturbetrieb. Die Eröffnung ist für August/September
2017 geplant.
Die Drogen- und Alkoholszene und vor allem die seit 2015 steigende Kriminalität am Kottbusser Tor sind maß-
geblich dafür verantwortlich, dass sich Bewohner*innen im öffentlichen und halböffentlichen Raum unsicher
fühlen. Die Polizeistatistik belegt die starke Zunahme an Strafdelikten, insbesondere bei Raub, (Taschen-)Dieb-
stahl und Köperverletzungen (Raub: 01-10/2015: 55; 2016: 136 / Taschendiebstahl: 01-10/2015: 486; 2016: 806
/ Körperverletzung: 01-10/2015: 272; 2016: 439). Die Folge ist eine stärkere Polizeipräsenz von Zivilstreifen (vor
allem in den Abendstunden), aber auch von uniformierten Polizist*innen8.

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    Vgl. Schriftliche Anfragen an das Abgeordnetenhaus Berlin, Drucksache 17 / 17 341 und Drucksache 18 / 10 486.

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