HESSISCHE MITTEILUNGEN - WWW.RICHTERBUND-HESSEN.DE - SCHWERPUNKTTHEMA: EJUSTICE SONDERBEILAGE: WAHLPRÜFSTEINE ZUR HESSI SCHEN - RICHTERBUND HESSEN

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HESSISCHE MITTEILUNGEN - WWW.RICHTERBUND-HESSEN.DE - SCHWERPUNKTTHEMA: EJUSTICE SONDERBEILAGE: WAHLPRÜFSTEINE ZUR HESSI SCHEN - RICHTERBUND HESSEN
hessische
     mitteilungen
     www.richterbund-hessen.de

1/
                Schwerpunktthema: eJustice
                Sonderbeilage: Wahlprüfsteine zur hessischen
     18         Landtagswahl 2018
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Titelthema            Inhalt
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   einschließlich exklusiver Exemplare juris-
                                                Vorwort                                                                 3
   tischer Standardkommentare auf CD so-
   wie exklusiver Zugriff auf „JURION“ (das     Vorwort der Redaktion                                                   3
   digitale Wissenswerk) und die Deutsche
   Richterzeitung online im Internet (auch
   über App)                                    Titelthemen                                                             5
– Gruppen-Diensthaftpflichtversicherung
                                                Auf dem Weg zur elektronischen Akte                                     5
–S  onderkonditionen zum Beispiel bei
   Versicherungen                               Form- und Fristprüfung im elektronischen Rechtsverkehr                 11
–H  aftpflicht- und Rechtsschutzversiche-
   rung
– Vorsorgewerk                                  Aktuelles aus dem richterbund                                         17
– k ostenlose DRiB-Visacard
                                                Bericht von der Jahresmitgliederversammlung 2017                       17
– vergünstigter Erwerb des ZR-Report.de
– v ergünstigte Teilnahme am Richter- und      Stellungnahme des Richterbund Hessen und Pressemeldung
   Staatsanwaltstag
                                                des DRB im „Fall Wetzlar“                                              21
–F  achforum für Mitglieder im Internet
– im Einzelfall Rechtsschutz für Rechts-       Bericht vom 13. Jungrichterseminar in Berlin                           22
   streitigkeiten mit dem Dienstherrn

Das Beitrittsformular finden Sie auf der        Aktuelles                                                             24
Rückseite.
                                                Follow-up: Einstellungspraxis in der hessischen Justiz 2017            24
                                                Bericht vom Besuch des Mutter-Kind-Heims der JVA III am 16.01.2017 26

                                                Gefängnis                                                              32
  Impressum
                                                Bundesverdienstkreuz für OStA a. D. Gerhard Wiese                      33

  Herausgeber
                                                Anmerkungen zum 50. Todestag von Fritz Bauer                           34
  Deutscher Richterbund                         Veranstaltungen der deutsch-israelischen Juristenvereinigung           37
  Landesverband Hessen
  Gerichtsstraße 2                              Entnazifizierung und Kontinuität: Buchvorstellung von Georg D. Falk    38
  60313 Frankfurt am Main

  Redaktion                                     verschiedenes                                                         40
  RiOLG Dr. Charlotte Rau (V. i. S. d. P.),
  RiLG Luise Bendrick,                          Interview mit Peter Zingler                                            40
  LOStA a. D. Dr. Ursula Goedel,
  OStA a. D. Peter Köhler,                      Wer ist der beste Richter im Land?                                     47
  RiLSG Henning Müller,
  RiAG Dr. Johannes Schmidt,                    Alte Advokaten                                                         49
  RiLG Dr. Christine Schröder
  E-Mail: hemi@richterbund-hessen.de

                                                Rezension                                                             51
  Satz und Druck
  Wilke Mediengruppe GmbH
                                                Dahs, Die Revision im Strafprozess                                     51
  Oberallener Weg 1, 59069 Hamm
  Telefon: 0 23 85-4 62 90-0
  Telefax: 0 23 85-4 62 90-90
  E-Mail: info@wilke-mediengruppe.de
                                                Beitrittserklärung	52
  Internet: www.wilke-mediengruppe.de

  Zitiervorschlag: HeMi

  Bildnachweis:
  Titelseite und S. 7: p.c.a.p.
  S. 38: Nadine Weigel, Oberhessische Presse

  Zeichnungen: Ralf Rinke

  www.richterbund-hessen.de

                       22                                                                                      HeMi 1/2018
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Titelthema
                                                                                                 Editorial

Vorwort der Redaktion

Liebe Kolleginnen und Kollegen,                           mit. Hinter dem Künstlerkollektiv steht die Idee, das
                                                          Auge des Fotografen mit der Hand des Zeichners
die Ihnen nun vorliegende erste Ausgabe der Hes-          zu verbinden und in dieser Symbiose gemeinsame
sischen Mitteilungen 2018 versammelt eine Vielzahl        Arbeiten voller Anspielungen und Brechungen ent-
von Beiträgen zu den verschiedensten Themen, die          stehen zu lassen. Das Redaktionsteam dankt den
hoffentlich auf Ihr Interesse stoßen.                     beiden Künstlern sehr für ihren Einsatz und die kre-
                                                          ativen Ideen; für diese Ausgabe ist unter anderem
Das Schwerpunktthema dieser Ausgabe ist eJus­             das Coverfoto entstanden.
tice. Die Komplexität der Thematik zeigt sich ex-
emplarisch schon darin, dass sich trefflich über die      Nachdem die letzte Ausgabe der Hessischen Mit-
Schreibweise dieses Begriffes streiten lässt (eJu-        teilungen erstmals in neuem Layout erschienen ist,
stice, e-Justice, E-Justice, e-justice usw.). Die Re-     war das Feedback uneingeschränkt positiv, hierfür
daktion hat bei ihren diesbezüglichen Recherchen          vielen Dank! In diesem Heft haben wir aufgrund der
                                                                                                                  Charlotte Rau
festgestellt: Alles ist im Fluss. Daher kann man letzt-   vorhandenen Materialfülle eine weitere Differenzie-
                                                                                                                  Redaktionsleitung
lich nichts falsch machen, auch andere Schreibwei-        rung der einzelnen Rubriken vorgenommen: Die ur-
sen als die von der Redaktion gewählte (die sich an       sprüngliche Rubrik Aktuelles unterscheidet nunmehr
der Schreibweise des eJustice-Berichts 2010 des           zwischen Berichten über Aktuelles aus dem Richter-
HMdJ orientiert) sind möglich. Mit RiOLG Thomas           bund und sonstigen aktuellen Nachrichten, Ereignis-
Kruza und RiLSG Henning Müller haben zwei Kolle-          sen und Veranstaltungen. So finden Sie in diesem
gen und ausgewiesene Justiz-IT-Experten Beiträge          Heft zu verbandsinternen Veranstaltungen einen
zum Schwerpunktthema dieser Ausgabe der Hes-              Bericht über die letzte Jahresmitgliederversammlung
sischen Mitteilungen verfasst. Hierin bringen sie uns     des Richterbund Hessen und über das 13. Jungrich-
die Welt der elektronischen Akte und des elektro-         terseminar in Berlin. An weiteren aktuellen Berichten
nischen Rechtsverkehrs näher. Da die Thematik der         finden Sie – wie angekündigt – ein Follow-up zur
eJustice uns alle durch unser Berufsleben begleiten       Einstellungspraxis in der hessischen Justiz für das
und zu (weiteren) tiefgreifenden Veränderungen            Jahr 2017 sowie Veranstaltungsberichte über die
des Arbeitsalltags führen wird, wollen wir auch in        Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an OStA
den kommenden Ausgaben der Hessischen Mit-                a. D. Gerhard Wiese, die Buchvorstellung von VRi-
teilungen über aktuelle Entwicklungen im Bereich          OLG a. D. und RiStGH Dr. Georg D. Falk und die
eJustice und den Stand ihrer Umsetzung in der hes-        deutsch-israelische Juristenvereinigung. Ferner hat
sischen Justiz berichten. In diesem Zusammenhang          Werner Renz einen kenntnisreichen Beitrag zum 50.
freuen wir uns sehr darüber, dass RiLSG Henning           Todestag von Fritz Bauer verfasst. Hinweisen möch-
Müller nunmehr unserem Redaktionsteam angehört            ten wir zudem noch auf den Bericht über einen Be-
und ein Augenmerk auf alles Relevante im Bereich          such des Mutter-Kind-Heims der JVA III in Frankfurt
eJustice haben wird.                                      am Main.

Auch Ralf Rinke nähert sich für diese Ausgabe             Die Rubrik Verschiedenes enthält unter anderem
mit seinen Zeichnungen dem Schwerpunktthe-                ein kurzweiliges Interview mit dem Schriftsteller und
ma eJustice aus vielen Blickwinkeln an. Es mag            Drehbuchautor Peter Zingler, der in seinem vorigen
jedem selbst überlassen bleiben, ob er die zeich-         Leben sehr intensive Erfahrungen mit der Justiz ge-
nerisch festgehaltene Wahrnehmung der neuen               macht hat, sowie – quasi um den Themenkreis zu
eJustice-Welt durch RiOLG Blümlein teilt. Weitere         eJustice zu schließen – einen Artikel über Richter-
künstlerische Verstärkung erhalten die Hessischen         bewertung im Internet.
Mitteilungen durch das Künstlerkollektiv p.c.a.p.
(PhotoComicArtProduction). Neben dem Zeichner             Eine Besonderheit dieser Ausgabe stellt die ent-
Ralf Rinke wirkt hier der Fotograf Marc Buchmann          haltene Sonderbeilage dar: Im Hinblick auf die im

 HeMi 1/2018                                                                                                      3
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Titelthema
Editorial

    Vorwort der Redaktion

    Herbst anstehende Landtagswahl in Hessen hat            Vorsitzenden des Richterbund Hessen, Dr. Daniel
    der Richterbund Hessen die im Deutschen Bun-            Saam, dazu entschlossen, unsere Fragen und die
    destag vertretenen Parteien angeschrieben, bei          Stellungnahmen der Parteien drucktechnisch in
    denen von einem Verbleiben bzw. Einzug in den           eine herausnehmbare Sonderbeilage zu fassen.
    Hessischen Landtag auszugehen ist. Bereits zur          Wir finden, dass deren Studium sich lohnt, und hof-
    Landtagswahl 2013 hatte der Richterbund Hessen          fen, Ihnen damit eine belastbare Grundlage für die
    solche Wahlprüfsteine formuliert und die Parteien       eigene justizpolitische Zuordnung zu bieten.
    hierzu um Stellungnahme gebeten (HeMi 2/2013, 6
    ff.). Die bezüglich der aktuellen Wahlprüfsteine for-   Das Redaktionsteam der Hessischen Mitteilungen
    mulierten Fragen zu den jeweiligen justizpolitischen    wünscht viel Spaß bei der Lektüre!
    Programmen im Wahljahr 2018 wurden von CDU,
    SPD, BÜNDNIS 90/Die Grünen und DIE LINKE.
    beantwortet. Das Redaktionsteam der Hessischen                                               Charlotte Rau
    Mitteilungen hat sich in Übereinstimmung mit dem

                                               Du bist dran!

4                                                                                               HeMi 1/2018
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Titelthema

in der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Hessen

Auf dem Weg zur elektronischen Akte

Ausgangslage                                                                                          Der Autor Thomas Kruza ist Richter
                                                                                                      am Oberlandesgericht und Dipl.-
                                                                                                      Informatiker. Er ist neben der Tätig-
Rechtliche Grundlagen
                                                                                                      keit bei einem Zivilsenat Präsidial-
Bereits durch das Gesetz über die Verwendung
                                                                                                      richter für IT-Angelegenheiten bei
elektronischer Kommunikationsformen in der Jus­
                                                                                                      dem Oberlandesgericht Frankfurt
tiz (Justizkommunikationsgesetz) – JKomG – vom
                                                                                                      am Main. Er war seit deren Grün-
22.03.20051 war den Bundesländern die Möglich-
                                                                                                      dung bis Dezember 2013 kom-
keit eingeräumt worden, durch Rechtsverordnung
                                                                                                      missarischer Vizepräsident der
die Einreichung elektronischer Dokumente bei den
                                                                                                      IT-Stelle der hessischen Justiz und
Gerichten und den Staatsanwaltschaften zu ermög-
                                                                                                      davor seit 2003 zeitweise arbeits-
lichen, so z. B. in § 130a Abs. 2 S. 1 ZPO in der Fas-
                                                                                                      kraftanteilig neben einer richter-
sung jenes Gesetzes.2 In einzelnen Verfahrensge-
                                                                                                      lichen Tätigkeit, zeitweise mit voller
setzen waren zudem Verordnungsermächtigungen
                                                                                                      Arbeitskraft mit unterschiedlichen
zur Einführung elektronischer Akten vorgesehen, so
                                                                                                      IT-Aufgaben in der Gerichts- und
u. a. in § 298a Abs. 1 S. 2 ZPO a. F., § 14 Abs. 1 S.
                                                                                                      Justizverwaltung betraut.
2 FamFG a. F. i. V. m. der vorgenannten Vorschrift
sowie § 110b Abs. 2 S. 2 OWiG a. F. Der Bundesge-
setzgeber sah Vorteile der elektronischen Aktenbe-                   gleichsweise einheitlichen Aufbaus und eher gerin-
arbeitung im Vergleich zu dem vorhandenen papier-                    gen bis mittleren Umfangs allerdings nicht als pro-
gestützten System, die u. a. in einer beschleunigten                 totypisch für Gerichtsakten gelten können, seitdem
Kommunikation, der ständigen Aktenverfügbarkeit,                     elektronisch geführt werden.
der Möglichkeit einer parallelen Bearbeitung sowie
der besseren Erschließbarkeit des Akteninhaltes lie-                 Mit dem Gesetz zur Förderung des elektronischen
gen sollten.3                                                        Rechtsverkehrs mit den Gerichten – ERVGerFöG
                                                                     – vom 10.10.20136 wurde aus der Option für die
Von den genannten Möglichkeiten zum Erlass von                       Landesjustizverwaltungen, den elektronischen
Rechtsverordnungen machten die Bundesländer al-                      Rechtsverkehr zu eröffnen, zum 01.01.2018 die –
lerdings nur vereinzelt Gebrauch. In Hessen wurde                    allenfalls bis zum 01.01.2020 herausschiebbare –
zwar der elektronische Rechtsverkehr, soweit ent-                    Verpflichtung, elektronische Einreichungswege zu
sprechende Verordnungsermächtigungen vorhan-                         allen Gerichten bereitzustellen (z. B. § 130a ZPO).
den waren, flächendeckend bereits zum 26.10.2007                     Spätestens ab 01.01.2022 werden insbesondere
bei allen Gerichten und Staatsanwaltschaften eröff-                  Rechtsanwälte verpflichtet sein, elektronisch bei
net.4 Von der Möglichkeit, auch elektronische Akten                  den Gerichten einzureichen (z. B. § 130a ZPO in
zu führen, wurde in Hessen ebenfalls, allerdings                     der ab dem 01.01.2022 geltenden Fassung), also
nur für einen vergleichsweise kleinen Bereich, Ge-                   den bereitgestellten elektronischen Zugang auch
brauch gemacht, indem die Führung verbindlicher                      zu nutzen.
elektronischer Akten für bestimmte Ordnungswid-
rigkeitenverfahren bei einzelnen Gerichten und                       Würden die Gerichtsakten dann weiterhin in Pa-
Staatsanwaltschaften vorgeschrieben wurde5 und                       pierform geführt, wäre ein Ausdruck aller in elektro-
die Akten dieser Verfahren, die wegen ihres ver-                     nischer Form eingereichter Dokumente erforderlich.
                                                                     Ein Gesetzentwurf zur Einführung der elektronischen
                                                                     Akte – zunächst nur – in Strafsachen und zur weite-
1 BGBl. I 2005, S. 837
2 gültig bis zum 31.12.2017, im Folgenden mit a. F.                  ren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs7
gekennzeichnet                                                       mündete nach Stellungnahme des Bundesrates in
3 vgl. BT-Drucksache 15/4067, S. 24
                                                                     einem Gesetz zur Einführung der elektronischen
4 durch die am 31.12.2017 außer Kraft getretene Verordnung
über den elektronischen Rechtsverkehr bei hessischen Gerichten       Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des
und Staatsanwaltschaften vom 26.10.2007 (GVBl. I 2007, S. 699)       elektronischen Rechtsverkehrs8. Jenes Gesetz sieht
– ElRVerkV
                                                                     für alle Verfahrensgesetze verbindlich vor, dass die
5 bis 31.12.2017: § 1 der Verordnung über die elektronische
Aktenführung bei hessischen Gerichten und Staatsanwaltschaften
vom 23.11.2007 (GVBl. I, S. 827) – ElektAktFV –; jetzt: § 7 Abs. 1   6 BGBl. I 2013, S. 3786
Justiz-Informationstechnik-Verordnung vom 29.11.2017 (GVBl. I,       7 BR-Drucksache 236/16
S. 415) – JustITV                                                    8 BGBl. I 2017, S. 2208 ff.

HeMi 1/2018                                                                                                                  5
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Titelthema

Akten ab dem 01.01.2026 elektronisch zu führen          Regel nur unzureichend. So fehlt es mitunter bereits
sind. Die Bundesländer hatten in der Stellungnah-       an einer den gesamten Akteninhalt umfassenden
me des Bundesrates ihren Wunsch nach flächen-           Funktion zum seitenweisen Blättern.
deckender Einführung elektronischer Akten in allen
gerichtlichen Verfahren ausdrücklich mit der Ver-       Der derzeitige Stand der Softwareausstattung
meidung von Medienbrüchen durch den im Falle            Die derzeit zur Verfügung stehende Justizfach-
der weiteren Führung von Papierakten notwendigen        software (sogenannte Fachanwendungen), welche
Ausdruck aller elektronischen Eingänge und die da-      bereits seit Ende der 1990er-Jahre entwickelt, ein-
durch entstehenden Zusatzaufwände begründet.9           gesetzt und seitdem kontinuierlich gepflegt wor-
                                                        den ist, realisiert eine elektronische Unterstützung
Anforderungen an elektronische Akten                    vorranging im Bereich der Serviceeinheiten, d. h.
Dass ab dem genannten Zeitpunkt in Erfüllung            der Geschäftsstellen und Kanzleien. Der Funkti-
der gesetzlichen Verpflichtung tatsächlich elek-        onsumfang der vorhandenen Fachsoftware umfasst
tronische Akten geführt werden können, hat zur          schwerpunktmäßig die Registratur und die Verwal-
Voraussetzung, dass bis dahin die dafür erforder-       tung der Daten der Verfahren und der Beteiligten
lichen technischen Systeme tatsächlich zur Verfü-       sowie die Erzeugung von Dokumenten unter Nut-
gung stehen, erprobt und zuverlässig funktions-         zung dieser Daten. In der Regel sind die genann-
fähig sind. Softwareseitig müssen diese Systeme         ten Funktionen zur Datenerfassung und -verwaltung
neben einer den Anforderungen der IT-Sicherheit         („Registratur“) einerseits und zur Texterzeugung an-
genügenden Speicherung der Dokumente, welche            dererseits in verschiedenen Komponenten (Modu-
jeweils eine Akte bilden, eine Benutzeroberfläche       len) der Software realisiert. Die Registratursoftware
aufweisen, die einen möglichst komfortablen Zugriff     wird in Abgrenzung zu den Textsystemen häufig
auf den Akteninhalt ermöglicht. Gegenüber der bis-      auch als Fachanwendung (gleichsam im engeren
herigen Bearbeitungsform dürfen jedenfalls keine        Sinne) bezeichnet. Die Entwicklung der Justizfach-
Mehraufwände entstehen. Die erweiterten Möglich-        software erfolgte und erfolgt jeweils gemeinsam
keiten, welche eine elektronische Aktenführung ge-      durch mehrere Bundesländer in Länderverbün-
genüber der Führung einer Papierakte bieten kann        den. Die Entwicklungsaufgaben werden seltener
und die sich z. B. aus Funktionalitäten zur Suche       von bei der Justiz beschäftigten Softwareentwick-
innerhalb der Inhalte und zur Filterung der darge-      lern, häufiger durch beauftragte Softwarehäuser
stellten Dokumente ergeben, müssen konsequent           wahrgenommen. Hessen gehört dem EUREKA-
genutzt werden. Darüber hinaus muss der Zugriff in      Verbund an. Das Akronym EUREKA steht heute
ergonomischer Form möglich sein, wozu neben der         für EDV-Unterstützung für Rechtsgeschäftsstellen
im Folgenden näher betrachteten Software auch die       und Kanzleien sowie der Richter- und Rechtspfle-
Nutzung entsprechender Hardware (Bildschirme,           gerarbeitsplätze.10 Aus der Bildung des Akronyms
Tablets o. Ä.) gehört.                                  ist aber die ursprüngliche Schwerpunktsetzung
                                                        der Unterstützung im Bereich der Serviceeinheiten
Standardsoftware, die den spezifischen Anfor-           noch deutlich ablesbar. Es stehen Module für alle
derungen der Justiz an elektronische Akten – je-        wesentlichen Verfahren, u. a. den Zivilprozess, den
denfalls ohne größere Anpassungen – genügt, ist         Strafprozess, das familiengerichtliche Verfahren, für
– soweit ersichtlich – am Markt nicht erhältlich. Ak-   Nachlass- und Betreuungssachen, zur Verfügung.
ten dienen in Unternehmen und der Verwaltung in         Bei den – ältesten – EUREKA-Anwendungen für
der Regel zur Ablage und Archivierung von abge-         den Zivilprozess sind Datenverwaltung und Texter-
schlossenen Vorgängen. Vorrangig jenen Anwen-           zeugung noch in einem Softwaremodul zusammen-
dungsfall decken die Standardsysteme zur elektro-       gefasst. Für die übrigen Verfahrensarten stehen
nischen Aktenführung ab. Ein Beispiel dafür ist die     verfahrensspezifische Module für die Registratur (z.
in der hessischen Landesverwaltung und auch in          B. EUREKA Straf, EUREKA Familie usw.) sowie eine
der Justizverwaltung zur Führung von Behördenak-        übergreifend eingesetzte Textsoftware (EUREKA
ten derzeit eingesetzte Version der Software HeDok,     Text) als weiteres Modul zur Verfügung. Dem EU-
welche auf einem Standardsystem zur Führung             REKA-Verbund gehören neben Hessen die Länder
elektronischer Behördenakten basiert. Die Anfor-        Niedersachsen (federführend), Sachsen-Anhalt,
derungen der Justiz an Akten in Rechtssachen, zu        das Saarland und Bremen an.11 Die Entwicklung
denen wesentlich gehört, dass der gesamte Inhalt        der EUREKA-Module erfolgt durch Entwickler, die in
einer im Laufe des Verfahrens anwachsenden Akte
                                                        10 http://www.zib.niedersachsen.de/produkte_und_dienstleis­
jederzeit im Zugriff ist und Akten chronologisch ge-
                                                        tungen/fachanwendungen/eureka/eureka-96010.html; alle Abrufe
lesen werden können, erfüllen diese Systeme in der      zitierter Webseiten sind am 07.03.2018 erfolgt.
                                                        11 vgl. https://it-stelle-justiz.hessen.de/it-dienstleistungen/it-
                                                        anwendungen-gerichtsbarkeiten-und-staatsanwaltschaften/eure-
9 BR-Drucksache 236/16, S. 2                            ka

6                                                                                                          HeMi 1/2018
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den Justizverwaltungen der beteiligten Bundeslän-                  wird – unabhängig davon, wie dies zu bewerten
der beschäftigt sind.                                              ist – die richterliche Arbeit mit der Verfahrensakte
                                                                   zwangsläufig stärker mit der Nutzung elektronischer
Alle übrigen Bundesländer mit Ausnahme von                         Systeme verbunden sein. Auch die Mitarbeiterinnen
Nordrhein-Westfalen setzen derzeit weitgehend                      und Mitarbeiter der Serviceeinheiten werden neben
die unter Federführung von Bayern entwickelte                      den bislang von ihnen softwareunterstützt wahrge-
Fachanwendung forumSTAR mit dem Textsystem                         nommenen Aufgaben zentral mit der elektronischen
ForumSTAR Text ein.12 In Nordrhein-Westfalen sind                  Akte arbeiten.
die Fachanwendung JUDICA und das Text System
Justiz (kurz: TSJ) im Einsatz.13 Zudem wird weitere                In allen Bundesländern wird bei der Entwicklung
Justizfachsoftware in teilweise abweichend zusam-                  der Software zur Führung elektronischer Akten im
mengesetzten Länderverbünden entwickelt und                        Grunde ein Ansatz verfolgt, bei dem die dafür er-
gepflegt, z. B. das elektronische Grundbuch (So-                   forderlichen Funktionalitäten in einem technisch
lumSTAR) und das elektronische Handelsregister                     selbständigen Modul realisiert werden, welches
(eHR), welche beide in den kommenden Jahren                        zunächst die vorhandene Software zur Registratur
durch Neuentwicklungen (dabag und AuRegis) er-                     und Texterzeugung ergänzen soll. Der Bedeutung
setzt werden sollen.                                               der Akte als zentraler Arbeitsgrundlage entspre-
An den richterlichen Arbeitsplätzen in der ordent-                 chend soll der Aufruf der Funktionen aller anderen
lichen Gerichtsbarkeit in Hessen werden zwar auch                  Module ausgehend von der Benutzeroberfläche der
die EUREKA-Anwendungen zur Verfügung gestellt,                     elektronischen Akte erfolgen. Über die Auswahl ei-
insbesondere die Erzeugung von Dokumenten                          ner Akte z. B. aus einem elektronischen Zutrag soll
unter Einsatz dieser Software ist dort daher mög-                  ein sogenannter Verfahrenskontext hergestellt wer-
lich und wird auch genutzt. Der Schwerpunkt der                    den, in welchem dann alle weiteren Aktionen auch
EDV-Unterstützung der richterlichen Arbeit lag dort                in anderen Modulen erfolgen. Es wird daher aus
bislang aber in der Zurverfügungstellung der Zu-                   technischer Sicht auch von einer Integrationslösung
gänge zu den juristischen Informationssystemen (z.                 gesprochen, weil die übrigen Module in die Benut-
B. juris) sowie von Standardsoftware, zu der neben                 zeroberfläche der elektronischen Akte integriert
den Standard-Office-Anwendungen z. B. Produkte                     werden und alle Module miteinander interagieren
zur Spracherkennung und für das digitale Diktieren                 sollen.
gehören.
                                                                   Auch diese Softwareentwicklung erfolgt wiede-
Die weitere Entwicklung zur elektronischen Akte                    rum in Länderverbünden. Hessen gehört dem e²-
Entwicklung als Softwaremodul in Länderverbünden                   Verbund an. Dabei steht e² (gesprochen: e zwei) für
Mit der Einführung von elektronischen Akten auf-                   ergonomisch und elektronisch; die einzelnen Modu-
grund der dargestellten gesetzlichen Grundlagen                    le der e²-Software werden mit einem nachgestellten
                                                                   Großbuchstaben gekennzeichnet; so steht e²T für
12 vgl. https://www.justiz.bayern.de/media/pdf/projekte/projekt_   das Modul zur Texterzeugung.14 Dem e²-Verbund
forumstar_stand_februar_2017.pdf
13 Vgl. https://www.justiz.nrw.de/JM/doorpage_online_verfah-       14 http://www.mj.niedersachsen.de/startseite/themen/elektro-
ren_projekte/projekte_d_justiz/judica_tsj/                         nische_justiz_niedersachen_ejuni/everbund/e-verbund-129200.

HeMi 1/2018                                                                                                                       7
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gehört neben den oben genannten fünf Bundeslän-                    Akte eingeführt werden sollen, sobald diese ein-
dern des bestehenden EUREKA-Verbundes zusätz-                      satzfähig zur Verfügung stehen. So können Erfah-
lich das Land Nordrhein-Westfalen an. Entwickelt                   rungen gesammelt und etwaige Probleme von den
werden in diesem Verbund das angesprochene                         Auswirkungen begrenzt und – soweit möglich – be-
Textsystem e²T, das aus der von den Ländern                        seitigt werden.
Hessen und Niedersachen initiierten Komponente
NeFa (neues Fachverfahren) hervorgegangen ist,                     Die einzelnen Module werden für die jeweiligen Ver-
ein Modul zur elektronischen Aktenführung (e²A,                    fahren zu Paketen („Produkten“) zusammengefasst
wobei der Buchstabe A neben „Akte“ wegen des                       („integriert“), die den Gerichten zur Verfügung ge-
Integrationsansatzes auch für „Arbeitsplatz“ steht),               stellt werden können. Als erstes integriertes Produkt
ein Posteingangs- und Ausgangsmanagement (e²P,                     steht ein solches für den landgerichtlichen Zivilpro-
„elektronische Poststelle“), das die Verteilung elek-              zess zur Verfügung. In diesem werden die Module
tronischer Posteingänge und die Versendung elek-                   e²A, e²T, e²P sowie die vorhandene Fachanwendung
tronischer Dokumente ermöglicht, sowie ergänzend                   EUREKA Zivil Landgerichte zusammen genutzt.
das Modul e²S, das ein Sitzungssaalanzeige- und
-managementsystem realisiert, welches auf der be-                  Das gemeinsame Fachverfahren
reits auch in Hessen in größeren Gerichten einge-                  Auf der 11. Sitzung des E-Justice-Rates vom
setzten Software E-CRoM basiert und eine optionale                 29.03.2017, welchem die Amtschefinnen und Amts-
Ergänzung der anderen Komponenten darstellt. Die                   chefs der Justizverwaltungen des Bundes und der
Entwicklung der einzelnen Komponenten erfolgt fe-                  Länder angehören, ist vereinbart worden, dass alle
derführend durch jeweils ein Verbundland. So ent-                  Bundesländer ein gemeinsames IT-Programm zur
wickelt Hessen die Software e²P, Niedersachsen e²T                 Bearbeitung gerichtlicher und staatsanwaltschaft-
und Nordrhein-Westfalen e²A.15 Ursprünglich plante                 licher Verfahren entwickeln.19 Das ursprünglich ge-
der e²-Verbund, auch eine Fachanwendung e²F, d.                    plante Modul e²F wird damit entbehrlich. Denn des-
h. ein neues Registraturmodul, welches an die Stelle               sen Funktionsumfang wird von der zu entwickelnden
der bisherigen Module EUREKA Straf, EUREKA Fa-                     gemeinsamen Software abgedeckt werden, welche
milie usw. treten sollte, zu entwickeln. Dies ist durch            voraussichtlich den Namen „Gemeinsames Fach-
die aktuelle Entwicklung, wonach alle Bundeslän-                   verfahren“ (kurz: gefa) tragen wird. Nach der-
der gemeinsam eine einheitliche Fachanwendung                      zeitigem Stand wird gefa dabei an die Stelle des
schaffen werden (s. dazu sogleich unten), überholt.                Moduls e²F bzw. der derzeitigen Registraturanwen-
                                                                   dungen treten. Die übrigen e²-Komponenten sollen
Vergleichbar stellen sich die Planungen im forum-                  unverändert entwickelt und eingeführt werden.
STAR-Verbund dar, welcher ebenfalls Module für die
elektronische Aktenführung in Form einer Integrati-                Die Entwicklung von gefa basiert auf einem bereits
onslösung eIP (elektronisches Integrationsportal)16                laufenden Projekt zur Neuentwicklung (sogenann-
sowie eine elektronische Kommunikationsplattform                   tes „Redesign“) der Anwendung forumSTAR. Der
(eKP) entwickelt.17 Vier Länder des forumSTAR-Ver-                 forumSTAR-Verbund verfolgte bereits das Redesign
bundes beabsichtigen dabei eine eigene Lösung                      des dortigen Fachverfahrens (Registraturkompo-
zur Führung der elektronischen Akten einzusetzen.18                nente) forumSTAR und betreibt weiterhin auch ein
                                                                   Redesign des dortigen Textsystems forumSTAR.
Einführung neuer Fachsoftware                                      Die künftige gemeinsame Entwicklung durch alle
Die Software e²T wird derzeit in Hessen sukzessive                 Bundesländer betrifft dabei derzeit nur die Regis-
bei den Landgerichten im Zivilprozess pilotiert, wo-               traturkomponente. Nach momentanem Stand der
bei sich das Zeitverhalten der Software derzeit noch               Planungen werden Module der Fachanwendung
als unzureichend darstellt. Es ist dabei – in Abwei-               gefa zum 01.01.2026 jedenfalls nicht für alle Verfah-
chung von anderen Verbundländern – bewusst ein                     ren zur Verfügung stehen, sodass zunächst neben
zeitlich gestaffeltes Vorgehen gewählt worden, bei                 den e²-Modulen auch die vorhandenen EUREKA-
dem Module wie e²T schon vor der elektronischen                    Fachanwendungen (EUREKA Straf usw.) noch ge-
                                                                   meinsam mit der elektronischen Akte zum Einsatz
html                                                               kommen werden. Ein erstes gefa-Modul wird für
15 vgl. zum Ganzen auch: http://www.mj.niedersachsen.de/
                                                                   den landgerichtlichen Zivilprozess entwickelt.
startseite/themen/elektronische_justiz_niedersachen_ejuni/
everbund/e-verbund-129200.html                                     Organisation und Zeitplanung
16 https://justiz.de/elektronischer_rechtsverkehr/bayern/index.    Die Entwicklung der genannten Softwaremodule in-
php
                                                                   nerhalb der Verbünde erfolgt jeweils in Programm-
17 https://www.justiz.bayern.de/media/pdf/projekte/e-justice_ar-
beitsplatz_stand_2015.pdf
18 vgl. die EDV-Länderberichte 2017 der Länder Baden-Würt­         19 vgl. das Sitzungsprotokoll der 11. Sitzung des E-Justice-Rats,
temberg, Schleswig Holstein und Sachsen, abrufbar unter https://   abrufbar unter: https://justiz.de/e_justice_rat/beschluesse/index.
justiz.de/BLK/laenderberichte/index.php                            php

8                                                                                                                     HeMi 1/2018
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Titelthema

und Projektstrukturen, wobei als Programm im Sinne       sein. Ähnliches gilt auch im Bereich der Gerichts-
des Projektmanagements eine übergeordnete Or-            verwaltungen, welche neben einer Begleitung der
ganisationsstruktur bezeichnet wird, die mehrere         flächendeckenden Einführung der elektronischen
Projekte umfasst, welche ihrerseits gemeinsame           Akte auch organisatorische Veränderungen wer-
Ziele verfolgen. Die strategische Steuerung liegt in     den umsetzen müssen. Es wird notwendig sein, die
der Regel bei Lenkungsgremien, denen Vertreter           bereits in Ansätzen verwirklichte Einbindung der
der Justizministerien aller oder mehrerer beteilig­      gerichtlichen Praxis insbesondere bei einer struktu-
ter Länder angehören. Die Umsetzung in Hessen            rierten Erfassung und Priorisierung der fachlichen
obliegt einem Programm (im vorgenannten Sinne)           Anforderungen an elektronischen Akten weiter zu
zur Umsetzung des E-Justice-Gesetzes, das in der         intensivieren und zu institutionalisieren.
Zuständigkeit der gemeinsamen IT-Stelle der Hes-
sischen Justiz (kurz: IT-Stelle) in Bad Vilbel geführt   Sinnvoll erscheint der Ansatz, wonach die Bundes-
wird. Diese ist als Landesoberbehörde nach § 1           länder für den Bereich der Fachanwendung die
Abs. 2 des Gesetzes zur Errichtung der Informati-        bisherige Vielzahl von Länderverbünden zugunsten
onstechnikstelle der hessischen Justiz zuständig         eines gemeinsamen Vorgehens aufgeben. Zwar
für die Informations- und Kommunikationstechnik          hat in der Vergangenheit der Wettbewerb verschie-
der Gerichte, der Staatsanwaltschaften und des           dener Lösungen die Weiterentwicklung durchaus
Justizvollzugs, insbesondere für die Entwicklung,        befördert. Der Umfang der künftigen Aufgaben,
Einführung, Pflege und Weiterentwicklung von             der die bisher im Rahmen der Fachverfahren be-
Fachverfahren einschließlich des elektronischen          triebenen Anstrengungen bei Weitem übersteigen
Rechtsverkehrs, die Anwenderbetreuung sowie für          wird, lässt einen Erfolg aber am ehesten erwar-
die Ausstattung der Dienststellen mit Geräten und        ten, wenn einheitliche Lösungen unter Bündelung
Software.                                                der Ressourcen aller Bundesländer und auch des
                                                         Bundes angestrebt werden. Eine Ausweitung der
Aufgrund der sich aus den dargestellten komplexen        Kooperation aller Länder über den Bereich des
Strukturen ergebenden vielfältigen Wechselbezie-         gemeinsamen Fachverfahrens hinaus sollte daher
hungen ist die von der IT-Stelle erstellte Zeitplanung   angestrebt werden, auch wenn dies wahrscheinlich
derzeit noch häufigen Anpassungen unterworfen,           angesichts der bereits innerhalb der bestehenden
sodass valide Angaben, zu welchem Zeitpunkt für          Verbünde erbrachten Vorleistungen erst mittelfristig
welche Verfahren welche Module zur Verfügung             möglich sein wird.
stehen, noch nicht möglich sind.                                                             Thomas Kruza

Fazit und Ausblick
Die dargestellte Komplexität der Aufgabe mit Ihrer
Vielzahl der dabei bestehenden Abhängigkeiten
sowie der beteiligten Länder, Stellen und Per-
sonen ist zugleich eines der größten Risiken bei
der Einführung elektronischer Akten. Der sich aus
der Komplexität ergebende erhebliche adminis­
trative Aufwand aufseiten der für die Umsetzung
und Einführung Verantwortlichen darf nicht dazu
führen, dass das eigentliche Ziel aus den Augen
gerät. Eine Umsetzung des gesetzlichen Auftrags
zur Einführung elektronischer Akten wird nur gelin-
gen, wenn nicht lediglich ein technisches System
zur Verfügung gestellt wird, mit dem grundsätzlich
elektronische Akten geführt werden können. Es wird
vielmehr zu gewährleisten sein, dass elektronische
Akten die Arbeit im Mindestmaß mit gleichem Auf-
wand wie Papierakten unterstützen, bestenfalls
erleichtern, und dies nicht zu einem späteren Zeit-
punkt, sondern mit deren flächendeckender Einfüh-
rung. Die Aufwände, die sich für jede Anwenderin
und jeden Anwender, also auch und insbesondere
für die Richterinnen und Richter, allein durch die
grundlegende Veränderung der Arbeitsbedingun-
gen ergeben, werden ohnehin schon erheblich

HeMi 1/2018                                                                                                     9
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Titelthema

                              eJustice in Bildern

         Abschied im Grünen

                                     Endlich: Tischordnung!

Kaktus statt Aktenberg

                                      Spaß zum Start

   10                                                    HeMi 1/2018
Titelthema

ab dem 1. Januar 2018

Form- und Fristprüfung im elektronischen
Rechtsverkehr

Mit der Neufassung des § 130a ZPO (und seinen
fast wortgleichen Entsprechungen in sämtlichen                                                                                  Der Autor Henning Müller ist Rich-
anderen Prozessordnungen) und der hierzu erlas-                                                                                 ter am Hessischen Landessozial-
senen bundesweiten Verordnung über die tech-                                                                                    gericht. Er ist als Präsidialreferent
nischen Rahmenbedingungen des elektronischen                                                                                    für IT und Organisation verantwort-
Rechtsverkehrs       (Elektronischer-Rechtsverkehr-                                                                             lich für den eJustice-Prozess in der
Verordnung – ERVV) erhält das Prozessrecht eine                                                                                 Hessischen Sozialgerichtsbarkeit
Vielzahl neuartiger, technisch geprägter Formvor-                                                                               und hat dort im Jahr 2012 die Ein-
schriften. Die Regelungen sind nicht nur syste-                                                                                 führung des elektronischen Post-
matisch nicht vollständig gelungen, sondern brin-                                                                               ausgangs und der elektronischen
gen auch faktische Unsicherheiten bei unklaren                                                                                  Doppelakte verantwortet. Er trägt
Rechtsfolgen. Im folgenden Beitrag werden die                                                                                   ferner für Justizakademien mehre-
wesentlichen Probleme mit Blick auf die Prüfung                                                                                 rer Bundesländer sowie in der An-
der Formvorschriften durch die Richterinnen und                                                                                 waltsfortbildung regelmäßig zum
Richter beleuchtet. Die Praxis zeigt die Notwen-                                                                                elektronischen Rechtsverkehr vor
digkeit dafür; Richterinnen und Richter, die bereits                                                                            und ist Autor des „eJustice-Praxis-
dafür sensibilisiert sind, dass dieses neue Prü-                                                                                handbuchs“.
ferfordernis besteht, schauen allzu oft ratlos auf
Transfervermerke und Prüfprotokolle. Hilfestellung
und eigentlich auch umfassende Fortbildungen           erfolgen. Gem. § 2 Abs. 1 ERVV ist als Dateiformat
tun Not.                                               grundsätzlich
                                                       – eine kopierbare,
I. Die Rechtslage ab 1. Januar 2018                    – druckbare und
Gem. § 130a ZPO können elektronische Dokumente         – (ab 1. Juli 2019) soweit technisch möglich durch-
über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungs-         suchbare (d. h. texterkannte)
postfach (EGVP) oder einen sicheren Übermittlungs-     – PDF-Datei zugelassen. Falls eine sachgerechte
weg gem. § 130a Abs. 4 ZPO bei Gericht eingereicht        bzw. qualitätserhaltende Umwandlung in PDF nicht
werden.                                                   möglich ist, kann (neben der Bild-PDF-Datei) auch
                                                          eine Bilddatei im Format TIFF mitübersandt werden.
Während bei einer Einsendung über das EGVP
eine qualifizierte elektronische Signatur gem. Art.    Ferner sind die Bekanntmachungen zu § 5 ERVV zu
3 Nr. 12 eIDAS-Verordnung (qeS) stets erforder-        beachten, die auf dem Justizportal des Bundes und
lich ist (Abs. 3 1. Var.), kann bei Einreichungen      der Länder – www.justiz.de – veröffentlicht werden.
aus einem sicheren Übermittlungsweg gem. §             Zusammenfassend ergeben sich hieraus folgende
130a Abs. 4 ZPO auf die Anbringung einer qua-          Prüfungsschemata:
lifizierten elektronischen Signatur verzichtet wer-
den; dann genügt eine einfache Signatur (bspw.
                                                            zugelassene	
  elektronische	
                          sicherer	
  Übermi4lungsweg	
  
der maschinenschriftliche Namenszug oder eine            Übermi4lungswege	
  (bspw.	
  EGVP)	
                        i.S.d.	
  §	
  130a	
  Abs.	
  4	
  ZPO	
  
eingescannte Unterschrift – Art. 3 Nr. 10 eIDAS-
Verordnung).                                                              qeS	
  obligatorisch;	
  
                                                              -­‐	
  Signatur	
  der	
  verantwortenden	
         qeS	
  nicht	
  zwingend	
  erforderlich	
  
                                                                               Person	
  selbst	
                        Einfache	
  Signatur	
  der	
  
Die Nutzung eines sicheren Übermittlungswegs              -­‐	
  zugelassene	
  Signaturarten:	
  PDF-­‐            verantwortenden	
  Person.	
  
                                                                   Inline	
  oder	
  detached	
  Signatur	
  
gem. § 130a Abs. 4 ZPO macht es erforderlich,
dass die den Schriftsatz verantwortende Person
selbst (bspw. der postulationsfähige Rechtsanwalt)             zugelassenes	
  Dateiformat	
  	
  
                                                                (grds.	
  texterkannte	
  PDF)	
  
                                                                                                                      zugelassenes	
  Dateiformat	
  
                                                                                                                       (grds.	
  texterkannte	
  PDF)	
  
den Sendevorgang vornimmt.
                                                                                                                 Versand	
  durch	
  die	
  verantwortende	
  
                                                                   Keine	
  zusätzlichen	
                           Person	
  selbst	
  (bspw.	
  einen	
  
                                                                Versandvoraussetzungen	
  
In beiden Fällen muss die Einreichung unter Nutzung                                                             	
  Rechtsanwalt)	
  

eines durch die Rechtsverordnung gem. § 130a Abs.
                                                            Rechtsfolge:	
  Einhaltung	
  der	
                     Rechtsfolge:	
  Einhaltung	
  der	
  
2 Satz 2 ZPO (ERVV) zugelassenen Dateiformats             Voraussetzungen	
  des	
  §	
  130a	
  ZPO	
            Voraussetzungen	
  des	
  §	
  130a	
  ZPO	
  

HeMi 1/2018                                                                                                                                                         11
Titelthema

II. Rechtsfolgen der neuen Formvorschriften              III. Sichere Übermittlungswege
Gem. § 130a Abs. 1 Satz 1 ZPO in der bis zum 31.         Sichere Übermittlungswege gem. § 130a Abs. 4
Dezember 2017 gültigen Fassung bezogen sich die          ZPO sind (derzeit)
dort definierten besonderen Anforderungen an Da-         – die absenderauthentifizierte De-Mail, § 130a Abs.
teitypen oder die Notwendigkeit einer qualifizierten        4 Nr. 1 ZPO, § 4 f. De-MailG,
elektronischen Signatur nur auf Dokumente, für die       – das besondere elektronische Anwaltspostfach
„die Schriftform vorgesehen ist“. Die Bundesge-             (beA) und das besondere elektronische Notar-
richte hatten diese Rechtsfolge in zahlreichen Ent-         postfach (beN – letzteres etwas versteckt in § 78n
scheidungen herausgebildet. Dies war vor allem              Abs. 1 BNotO), § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO,
also bei bestimmenden Schriftsätzen der Fall –, im       – das besondere elektronische Behördenpostfach
Übrigen (also bspw. bei Anlagen zu Schriftsätzen,           (beBPo), § 130a Abs. 4 Nr. 3 ZPO.
bei Sachverständigengutachten etc.) aber nicht.
                                                         Das Adjektiv „sicher“ bezieht sich insoweit nicht
§ 130a Abs. 1 – 3 ZPO in der ab 1. Januar 2018 gül-      auf Fragen der IT-Sicherheit oder des Ausfall-
tigen Fassung verschärft diese Voraussetzungen.          schutzes, sondern darauf, dass aufgrund entspre-
Ab diesem Zeitpunkt „müssen“ (explizit genannt)          chender technischer Sicherungsmaßnahmen bei
Anlagen, Gutachten etc. von der verantwortenden          Nutzung eines solchen Übermittlungswegs ein si-
Person selbst qualifiziert elektronisch signiert wer-    cherer Rückschluss auf die Identität des Absenders
den, sofern sie nicht auf einem sicheren Übermitt-       möglich ist. Der besondere Kommunikationskanal
lungsweg eingereicht werden, und sich hinsichtlich       ersetzt also die Identifikationsfunktion der Unter-
des Dateityps an die Vorgaben der dann bundes-           schrift. Daher kann bei Nutzung sicherer Übermitt-
weiten ERVV halten.                                      lungswege auch auf die qualifizierte elektronische
                                                         Signatur gem. Art. 3 Nr. 12 eIDAS-Verordnung ver-
Inwieweit sich diese „strenge Gesetzeslage“ auf die      zichtet werden, die sonst die eigenhändige Unter-
gerichtliche Praxis auswirkt, bleibt abzuwarten. So      schrift im elektronischen Rechtsverkehr ersetzt.
sind durchaus Fälle denkbar, in denen Anlagen zu
Schriftsätzen weder sinnvoll als PDF-Datei noch als      1. Feststellung des sicheren Übermittlungswegs
TIFF-Datei darstellbar sind; zu denken ist hier bspw.    Ob das eingegangene Dokument auf einem si-
an privatrechtliche Verträge, die als Word-Datei         cheren Übermittlungsweg versandt worden ist, lässt
abgefasst und qualifiziert elektronisch signiert wor-    sich anhand des Transfervermerks und des Prüfpro-
den sind, in Insolvenzverfahren tabellarische Über-      tokolls „inspection_sheet.html“ erkennen. Auf dem
sichten im Format .xls oder Röntgen- oder MRT-           eingegangenen Dokument selbst befindet sich kein
Bilder, die üblicherweise im Format DICOM (Digital       (verlässlicher) Hinweis darauf. Transfervermerk und
Imaging and Communications in Medicine) aus-             Prüfprotokoll geben dabei einen sog. „vertrauens-
gegeben und möglicherweise so auch übersandt             würdigen Herkunftsnachweis“ wieder, der nichts
werden sollen, um sie an einen Sachverständigen          anderes ist als der mit einer elektronischen Signatur
weiterzureichen. Es ist im Hinblick auf die effiziente   abgesicherte Hinweis darauf, dass der Postfachin-
Rechtsschutzgewährung vertretbar, anzunehmen,            haber sicher an seinem Verzeichnisdienst angemel-
dass dem Gesetz- bzw. Verordnungsgeber nicht             det war und dass dieser Verzeichnisdienst ihn als
daran gelegen war, ein solches sinnvolles Vorgehen       Inhaber eines der oben genannten sicheren Über-
zu beschränken.                                          mittlungswege ausweist.

Da weder § 130a ZPO noch die ERVV über eine
explizite Sanktion bei Verstößen verfügt und der
Amtsermittlungsgrundsatz jedenfalls in den öffent-
lich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten es im Übrigen als
undenkbar erscheinen lässt, dass der juristische
Entscheider einen Schriftsatz bloß deshalb ignorie-
ren dürfte, weil er möglicherweise nicht texterkannt     Ist also ein „vertrauenswürdiger Herkunftsnach-
ist, ist nicht auszuschließen, dass die neue Rechts-     weis“ gültig nachgewiesen, kann der Empfänger
lage nur geringe praktische Auswirkungen hat. Es         sich darauf verlassen, dass die Nachricht aus
handelt sich insoweit allerdings um eine juristische     einem sicheren Übermittlungsweg stammt. Dann ist
Wertung, die vom Entscheider vorzunehmen ist. Es         eine qualifizierte elektronische Signatur zur Form-
spricht vieles dafür, bspw. das Merkmal der Durch-       wahrung nicht erforderlich. In allen anderen Fällen
suchbarkeit eher als reine (sanktionslose) Ord-          – insbesondere bei Nutzung von EGVP nach dem
nungsvorschrift denn als echte Formvoraussetzung         bisherigen Muster und bei Verwendung eines beA
anzusehen.                                               durch jemand anderen als den Postfachinhaber

12                                                                                               HeMi 1/2018
Titelthema

           (bspw. das Sekretariat des Rechtsanwalts) – kann                                                                                          3. Der Ausfall des beA zum Jahresbeginn 2018
           dagegen auch weiterhin nicht auf die qualifizierte                                                                                    Aus Sicht der IT-Sicherheit und des Datenschutzes
           elektronische Signatur verzichtet werden.                                                                                             sollte das beA genauso sicher wie EGVP sein. Es
                                                                                                                                                 basiert auf derselben Infrastruktur und entspricht
             2. Besonderheiten der De-Mail                                                                                                       dem OSCI-Standard. Hinzu kommt, dass das beA
             Ein sicherer Übermittlungsweg im Sinne des § 130a für den Zugriff mehrerer Nutzer auf ein Postfach
             Abs. 4 Nr. 1 ZPO ist die De-Mail                                  4	
             nur, wenn sie als unterschiedliche Berechtigungen erlaubt, um die
   	
  
             sog. absenderauthentifizierte De-Mail gem. § 4 f. Aufgabenverteilung innerhalb einer Kanzlei abzu-
             De-MailG versandt wurde. Die Absenderauthentifi- bilden. Hierfür kommt ein Hardware Security Mo-
             zierung erfolgt durch ein zweites Sicherungsmittel, dule (HSM) zum Einsatz. Dabei handelt es sich um
             bspw. ein mTAN-Verfahren oder das Identifikations- spezielle Hardwarekomponenten, die unter Einsatz
             merkmal des neuen Personalausweises. Hier ver- kryptografischer Schlüssel bestimmte vordefinierte
             steckt sich eine gut getarnte Falle für den Einsen- Funktionen ausführen. Wenn eine Nachricht von
             der, benutzen doch die meisten De-Mail-Anbieter 	
   einem berechtigten Nutzer gelesen werden soll,
             nicht den juristischen Terminus „absenderauthen- muss dieser sich zunächst mit dem öffentlichen
   Ist	
  also	
  ein	
  „vertrauenswürdiger	
  Herkunftsnachweis“	
  gültig	
  nachgewiesen,	
  kann	
  der	
  Empfänger	
  sich	
  
   darauf	
  tifiziert“          auf
                verlassen,	
   dass	
   die	
   ihren
                                                Nachricht	
  Web-Oberflächen,                         in denen
                                                             aus	
   einem	
   sicheren	
   Übermittlungsweg	
       stammt.	
  die              Schlüssel seines Sicherheits-Tokens – z. B. seiner
                                                                                                                                Dann	
   ist	
   eine	
  
   qualifizierte	
   elektronische	
   Signatur	
   zur	
   Formwahrung	
   nicht	
   erforderlich.	
   In	
   allen	
   anderen	
   Fällen	
   –	
  
             Mails           generiert              werden.                                                                                      beA-Karte – „ausweisen“.
   insbesondere	
   bei	
   Nutzung	
   von	
   EGVP	
   nach	
   dem	
   bisherigen	
   Muster	
   und	
   bei	
   Verwendung	
   eines	
   beA	
  
   durch	
   jemand	
   anderen	
   als	
   den	
   Postfachinhaber	
   (bspw.	
   das	
   Sekretariat	
   des	
   Rechtsanwalts)	
   –	
   kann	
  
   dagegen	
  auch	
  weiterhin	
  nicht	
  auf	
  die	
  qualifizierte	
  elektronische	
  Signatur	
  verzichtet	
  werden.	
  
              Wurde die De-Mail nicht absenderauthentifiziert Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hat mit
            versandt,
   2.	
  Besonderheiten	
   der	
  Dfällt
                                     e-­‐Mail	
  zunächst                              ins Auge, dass das De- Pressemitteilung vom 27. Dezember 2017 mit-
              Mail-Prüfprotokoll
   Ein	
   sicherer	
   Übermittlungsweg	
   im	
   Sinne	
    fehlt.
                                                                   des	
   §	
   1Die       fehlende
                                                                                  30a	
   Abs.	
                                Absenderau-
                                                                                                   4	
   Nr.	
   1	
   ZPO	
   ist	
                                             geteilt,
                                                                                                                                       die	
   De-­‐Mail	
   nur,	
   wenn	
   sie	
   als	
   dass das bereits seit 21. Dezember 2017
   sog.	
   absenderauthentifizierte	
   De-­‐Mail	
   gem.	
   §	
   4	
   f.	
   De-­‐MailG	
   versandt	
   wurde.	
   Die	
  
              thentifizierung                          lässt       sich                aber             auch              in
   Absenderauthentifizierung	
   erfolgt	
   durch	
   ein	
   zweites	
   Sicherungsmittel,	
   bspw.	
   ein	
   mTAN-­‐Verfahren	
   der         mit        der               faktisch       nicht mehr erreichbare besondere elek-
              per EGVP eingegangenen De-Mail – „.eml-Datei“ tronische Anwaltspostfach (beA) aufgrund von Si-
   oder	
  das	
  Identifikationsmerkmal	
  des	
  neuen	
  Personalausweises.	
  Hier	
  versteckt	
  sich	
  eine	
  gut	
  getarnte	
  
   Falle	
   für	
   den	
   Einsender,	
   benutzen	
   doch	
   die	
   meisten	
   De-­‐Mail	
   –	
   Anbieter	
   nicht	
   den	
   juristischen	
  
              feststellen.
   Terminus	
         „absenderauthentifiziert“	
   auf	
   ihren	
   Web-­‐Oberflächen,	
   in	
   denen	
   die	
   Mails	
   generiert	
                                      cherheitsproblemen derzeit vom Netz genommen
   werden.	
  
                                                                                                                                                                                 ist. Im Nachgang stellte sich heraus, dass Exper-
   Wurde	
  die	
  De-­‐Mail	
  nicht	
  absenderauthentifiziert	
  versandt,	
  fällt	
  zunächst	
  ins	
  Auge,	
  dass	
  das	
  De-­‐Mail	
  –	
  
              Diese             „.eml-Datei“                      lässt              sich          in           Microsoft                           Outlook
   Prüfprotokoll	
   fehlt.	
   Die	
   fehlende	
   Absenderauthentifizierung	
   lässt	
   sich	
   aber	
   auch	
   in	
   der	
   mit	
   der	
   per	
  
                                                                                                                                                                                 ten des Chaos Computer Clubs e. V. (CCC) er-
   EGVP	
  eöffnen.
               ingegangenen	
    Unter
                                   De-­‐Mail	
  dem              Reiter
                                                    –	
  „.eml-­‐Datei“	
               „Datei“ befindet sich so- hebliche Sicherheitslücken, insbesondere bei der
                                                                               feststellen.	
  

   Diese	
   dann             dielässt	
  
              „.eml-­‐Datei“	
     Schaltfläche                          Eigenschaften:
                                           sich	
   in	
   Microsoft	
   Outlook	
        öffnen.	
   Unter	
   dem	
   Reiter	
   „Datei“	
   befindet	
   „sicheren“            sich	
          Verbindung des lokalen Clients mit der
   sodann	
  die	
  Schaltfläche	
  Eigenschaften:	
  
                                                                                                                                                                                 beA-Webanwendung festgestellt haben. Diese ar-
                                                                                                                                                                                 chitekturbedingte Sicherheitslücke führte zur Sper-
                                                                          Das	
  dann	
  sich	
  öffnende	
  „Eigenschaften“-­‐Fenster	
  enthält	
                              rung eines für den Betrieb erforderlichen Zertifikats.
                                                                          im	
  unteren	
  Bereich	
  ein	
  Text-­‐Fenster	
  
                                                                          „Internetkopfzeilen“.	
  	
                                                                            Zudem machte der CCC darauf aufmerksam, dass
                                                                          Hier	
  muss	
  bis	
  zu	
  der	
  Information	
  	
                                                  entgegen des bisherigen Verständnisses des beA
                                                                          „x-­‐de-­‐mail-­‐authoritative:“	
  gescrollt	
  werden.	
  
                                                                          	
                                                                                                     eine echte „Ende-zu-Ende“-Verschlüsselung der
                                                                          Dort	
  steht	
  
                                                                                   -­‐    „yes“	
  für	
  absenderauthentifiziert	
  (und	
  damit	
                             Nachrichten technisch nicht gewährleistet sei, weil
                                                                                   -­‐
                                                                                          einen	
  sicheren	
  Übermittlungsweg)	
  
                                                                                          „no“	
  für	
  eine	
  nicht	
  absenderauthentifizierte	
  
                                                                                                                                                                                 durch die BRAK auf der Ebene des HSM faktisch
                                                                                          De-­‐Mail,	
  die	
  keinen	
  sicheren	
  
                                                                                          Übermittlungsweg	
  gem.	
  §	
  130a	
  Abs.	
  4	
  ZPO	
  
                                                                                                                                                                                 eine Entschlüsselung möglich sei.
                                                                                 darstellt.	
  

                                                                                                                                                     Für die Gerichte sind Zustellungen und Übersen-
                                                     	
                  5	
  
	
  
                                                                                                                                                     dungen im elektronischen Rechtsverkehr an beA-
                                                                                                                                                     Adressen aufgrund der vollständigen Abschaltung
                                                                                                                                                     des beA zu Beginn des Jahres 2018 auch faktisch
                                                                                                                                                     nicht möglich. Die Gerichte erhalten eine entspre-
                                                                                                                                                     chende Fehlermeldung bei Übersendeversuchen.

                                                                                                                                                                     In den sozialen Medien wird über die Problema-
                                                                                                                                                                     tik unter dem Stichwort #beagate kontrovers und
                                                                                                                                                                     emotional diskutiert. Es zeigt sich der Wert einer
                                                                                                                                                                     transparenten Kommunikation und Beteiligung der
                                                                                       	
  
                                                                                                                                                                     Betroffenen. Glücklicherweise ist das EGVP von
Wie	
   so	
   oft	
   im	
   elektronischen	
   Rechtsverkehr,	
   ist	
   auf	
   dem	
   ausgedruckten	
   Dokument	
   natürlich	
   kein	
  
Hinweis	
   mehr	
   auf	
   die	
   (fehlende)	
   Absenderauthentifizierung	
   ersichtlich.	
   Leider	
   gibt	
   es	
   auch	
   (noch)	
  dieser Problematik nach derzeitigem Kenntnisstand
keinen	
  Wie Hinweis	
  so   auf	
  doft     im elektronischen Rechtsverkehr ist auf nicht betroffen. Die Justiz sollte aber für die eigenen
                                      em	
  Transfervermerk.	
  

3.	
  Der	
  Adem              ausgedruckten
               usfall	
  des	
                                        Dokument natürlich kein Hin- Digitalisierungsprojekte vor allem im Hinblick auf
                                 beA	
  zum	
  Jahresbeginn	
  2018	
  

              weis
Aus	
   Sicht	
               mehr auf
                  der	
   IT-­‐Sicherheit	
    und	
  die      (fehlende)
                                                      des	
   Datenschutzes	
                das	
   beA	
   genauso	
   sicher	
   wie	
   EGVP	
   sein.	
   Es	
  das Change- und Akzeptanzmanagement sowie
                                                                                  sollte	
  Absenderauthentifizie-
basiert	
   auf	
   derselben	
   Infrastruktur	
   und	
   entspricht	
   dem	
   OSCI-­‐Standard.	
   Hinzu	
   kommt,	
   dass	
   das	
   beA	
  
              rung             ersichtlich.                   Leider       gibt             es
für	
   den	
   Zugriff	
   mehrerer	
   Nutzer	
   auf	
   ein	
   Postfach	
   unterschiedliche	
  auch        (noch) keinen
                                                                                                              Berechtigungen	
        erlaubt,	
   um	
   die	
  hinsichtlich der internen Kommunikation von den
Aufgabenverteilung	
   innerhalb	
   einer	
   Kanzlei	
   abzubilden.	
   Hierfür	
   kommt	
   ein	
   Hardware	
   Security	
  offenkundigen Fehlern, die beim beA gemacht wor-
              Hinweis auf dem Transfervermerk.
Module	
   (HSM)	
   zum	
   Einsatz.	
   Dabei	
   handelt	
   es	
   sich	
   um	
   spezielle	
   Hardwarekomponenten,	
   die	
   unter	
  
Einsatz	
   kryptographischer	
   Schlüssel	
   bestimmte	
   vordefinierte	
   Funktionen	
   ausführen.	
   Wenn	
   eine	
  den sind, lernen.
Nachricht	
   von	
   einem	
   berechtigten	
   Nutzer	
   gelesen	
   werden	
   soll,	
   muss	
   dieser	
   sich	
   zunächst	
   mit	
   dem	
  
öffentlichen	
  Schlüssel	
  seines	
  Sicherheits-­‐Tokens	
  –	
  z.B.	
  seiner	
  beA-­‐Karte	
  –	
  „ausweisen“.	
  	
  

Die	
   Bundesrechtsanwaltskammer	
   (BRAK)	
   hat	
   mit	
   Pressemitteilung	
   vom	
   27.	
   Dezember	
   2017	
  
           HeMi          1/2018
mitgeteilt,	
   dass	
   das	
   bereits	
   seit	
   21.	
   Dezember	
   2017	
   faktisch	
   nicht	
   mehr	
   erreichbare	
   besondere	
                                                                                            13
elektronische	
   Anwaltspostfach	
   (beA)	
   aufgrund	
   von	
   Sicherheitsproblemen	
   derzeit	
   vom	
   Netz	
  
genommen	
  ist.	
  Im	
  Nachgang	
  stellte	
  sich	
  heraus,	
  dass	
  Experten	
  des	
  Chaos	
  Computer	
  Clubs	
  e.V.	
  (CCC)	
  
erhebliche	
  Sicherheitslücken,	
  insbesondere	
  bei	
  der	
  „sicheren“	
  Verbindung	
  des	
  lokalen	
  Clients	
  mit	
  der	
  
Titelthema

                                                                                                                                                                                                                                                       7	
  
                                                                                                                                                                          	
  
                                 IV. Elektronische Posteingänge über das Elektro-
                                 nische Gerichts- und Verwaltungspostfach
                                 Auch in Zukunft sind aber Eingänge bei Gericht un-
                                 ter Nutzung (nur) des (bisherigen) EGVP möglich
                                 – übrigens ist dieser Umstand bei Verfahrensbe-
                                 teiligten oft unbekannt; dort hat sich – leider – das
                                 falsche Gerücht festgesetzt, EGVP als Übermitt-                                                                                                                                                                                                                                                   	
  
                                                                                                                                                                          	
  
                                 lungsweg sei „abgekündigt“.
                                                                                                                                                                          2.	
  Prüfung	
  der	
  Signatur	
  durch	
  den	
  juristischen	
  Entscheider	
  
                                                                                                                                                                         2.       Prüfung der Signatur durch den juristischen
                                                                                                                                                                         Die	
   Art	
   der	
   qualifizierten	
   elektronischen	
   Signatur	
   lässt	
   sich	
   also	
   derzeit	
   misslicherweise	
   nur	
   sehr	
  
                                 Im Gegensatz zur Einsendung über sichere Über-                                                                                          Entscheider
                                                                                                                                                                         mittelbar	
   am	
   Transfervermerk	
   erkennen.	
   Die	
   Darstellung	
   ist	
   für	
   den	
   juristischen	
   Entscheider	
   damit	
  
                                                                                                                                                                          durchaus	
  unübersichtlich.	
  
                                 mittlungswege ist nach dem Wortlaut des § 130a                                                                                          Die               Art der qualifizierten elektronischen Signatur
                                                                                                                                                                          Was	
   die	
   Einhaltung	
   der	
   Form	
   betrifft,	
   so	
   ist	
   dem	
   ausgedruckten	
   Dokument	
   	
   selbstverständlich	
   erst	
  
                                 Abs. 3 1. Var. ZPO nun für alle Eingänge, nicht nur                                                                                     lässt                sich also derzeit misslicherweise nur sehr
                                                                                                                                                                          Recht	
  kein	
  Hinweis	
  über	
  die	
  Art	
  der	
  qualifizierten	
  elektronischen	
  Signatur	
  zu	
  entnehmen.	
  

                                                                                                                                                                          Klar	
   ist	
   aber:	
   Es	
   handelt	
   sich	
   um	
   eine	
   prozessuale	
   Formvorschrift.	
   Die	
   Prüfung	
   hat	
   der	
   juristische	
  
                                 für schriftformbedürftige Dokumente, eine qualifi-                                                                                      mittelbar
                                                                                                                                                                          Entscheider	
  selbst	
  vam                    Transfervermerk erkennen. Die Dar-
                                                                                                                                                                                                              orzunehmen.	
  

                                 zierte elektronische Signatur vorgeschrieben.                                                                                           stellung
                                                                                                                                                                          Es	
   steht	
   übrigens	
     ist        für den
                                                                                                                                                                                                             zu	
   befürchten,	
                juristischen
                                                                                                                                                                                                                                    dass	
   die	
   Prüfung	
   der	
   Signatur	
  Entscheider
                                                                                                                                                                                                                                                                                     und	
   die	
   Abgrenzung	
   der	
  damit
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Container-­‐
                                                                                                                                                                          Signatur	
   von	
   zulässigen	
   Signaturtypen	
   eine	
   erhebliche	
   praktische	
   Relevanz	
   haben	
   wird.	
   Die	
  
                                                                                                                                                                         durchaus                             unübersichtlich.
                                                                                                                                                                          Container-­‐Signatur	
   ist	
   nämlich	
   die	
   standardmäßig	
   vorgesehene	
   Signatur	
   des	
   (kostenlosen)	
   EGVP-­‐

                                       1. Ausschluss der „Container-Signatur“                                                                                             Clients,	
   der	
   noch	
   von	
   zahlreichen	
   Anwendern	
   verwendet	
   wird.	
   Sie	
   war	
   bis	
   31.	
   Dezember	
   2017	
   von	
  
                                                                                                                                                                          der	
   Rechtsprechung	
   insbesondere	
   des	
   BGH	
   ohne	
   weiteres	
   für	
   zulässig	
   erachtet	
   worden	
   und	
   war	
  

                                       Nach der bisherigen Rechtsprechung der obers­                                                                                     Was die Einhaltung der Form betrifft, so ist dem aus-
                                                                                                                                                                          dementsprechend	
   weit	
   verbreitet.	
   Für	
   die	
   Anbringung	
   einer	
   zulässigen	
   Signaturart	
   muss	
   der	
  
                                                                                                                                                                          Einsender	
   dagegen	
   ein	
   kostenpflichtiges	
   externes	
   Signaturprogramm	
   erwerben.	
   Dies	
   erzeugt	
   nicht	
  
                                       ten Bundesgerichte                       6	
   waren alle Arten von elektro-                                                      gedruckten Dokument selbstverständlich erst recht
                                                                                                                                                                          nur	
  Mühe	
  und	
  finanziellen	
  Aufwand	
  –	
  vor	
  allem	
  setzt	
  es	
  Problembewusstsein	
  voraus.	
  Und	
  das	
  liegt	
  
                                                                                                                                                                          noch	
  sehr	
  selten	
  vor.	
  Die	
  anwaltliche	
  Fortbildung	
  ist	
  noch	
  nicht	
  viel	
  weiter	
  als	
  die	
  Fortbildung	
  in	
  der	
  
	
  
                                       nischen Signaturen zugelassen. Ab 1.1.2018 gilt                                                                                   kein Hinweis über die Art der qualifizierten elektro-
                                                                                                                                                                          Justiz.	
   Es	
   ist	
   damit	
   zu	
   erwarten,	
   dass	
   aus	
   Unwissenheit	
   seit	
   1.	
   Januar	
   2018	
   zahlreiche	
   unzulässige	
  
auf	
  das	
  Change-­‐	
  und	
  Akzeptanzmanagement	
  sowie	
  hinsichtlich	
  der	
  internen	
  Kommunikation	
  von	
  den	
                                        Klagen	
   eingegangen	
   sind	
   –	
   und	
   es	
   ist	
   nicht	
   unwahrscheinlich,	
   dass	
   diese	
   Klage	
   –	
   ebenfalls	
   aus	
  
                                       gem. § 4 Abs. 2 ERVV, dass mehrere elektronische                                                                                  nischen Signatur zu entnehmen.
                                                                                                                                                                          Unwissenheit	
  –	
  in	
  der	
  Sache	
  entschieden	
  werden,	
  weil	
  niemand	
  den	
  Formmangel	
  erkennt.	
  
offenkundigen	
  Fehlern,	
  die	
  beim	
  beA	
  gemacht	
  worden	
  sind	
  lernen.	
  	
  
                                       Dokumente nicht mit einer gemeinsamen qualifi-                                                                                     	
  
	
  
                                       zierten elektronischen Signatur übermittelt werden                                                                                Klar           ist aber: Es handelt sich um eine prozessuale
                                                                                                                                                                         V.	
  Fristwahrung	
  

IV.	
  Elektronische	
  Posteingänge	
  über	
  das	
  Elektronische	
  Gerichts-­‐	
  und	
  Verwaltungspostfach	
                                                      Für	
  die	
  Wahrung	
  einer	
  Frist	
  (bspw.	
  der	
  Klage-­‐	
  oder	
  Rechtsmittelfrist)	
  kommt	
  es	
  auf	
  den	
  Eingang	
  des	
  
                                       dürfen. Damit dürfte die sog. Container-Signatur                                                                                  Formvorschrift.
                                                                                                                                                                         Dokuments	
   auf	
   dem	
   Intermediär	
  Die        Prüfung
                                                                                                                                                                                                                         an.	
   Hierbei	
                    hat
                                                                                                                                                                                                                                                 handelt	
   es	
             der
                                                                                                                                                                                                                                                                    sich	
   um	
       juristische
                                                                                                                                                                                                                                                                                    einen	
   nicht	
   im	
   jeweiligen	
  Ent-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Gericht	
  
Auch	
  in	
  Zukunft	
  sind	
  aber	
  Eingänge	
  bei	
  Gericht	
  unter	
  Nutzung	
  (nur)	
  des	
  (bisherigen)	
  EGVP	
  möglich	
  –	
                        befindlichen	
  Server.	
  
                                       nicht mehr zulässig sein. Zulässige Signaturarten                                                                                 scheider                 selbst vorzunehmen.
übrigens	
   ist	
   dieser	
   Umstand	
   bei	
   Verfahrensbeteiligten	
   oft	
   unbekannt;	
   dort	
   hat	
   sich	
   –	
   leider	
   –	
   das	
               Es	
   kommt	
   insbesondere	
   nicht	
   auf	
   den	
   gerichtlichen	
   Eingangsstempel	
   an	
   (der	
   freilich	
   grundsätzlich	
  
falsche	
  Gerücht	
  festgesetzt,	
   sindEGVP	
      damit            vor allem sei	
  
                                                              als	
  Übermittlungsweg	
       noch           die PDF-Inlinesignatur
                                                                                                  „abgekündigt“.	
     	
                                                 das	
   richtige	
   Datum	
   abbilden	
   müsste),	
   noch	
   auf	
   den	
   Zeitpunkt	
   der	
   Signatur	
   oder	
   den	
   Zeitpunkt	
   der	
  
                                                                                                                                                                          Erstellung	
   des	
   Transfervermerks	
   (die	
   letzten	
   beiden	
   Zeitpunkte	
   könnten	
   in	
   die	
   Irre	
   führen,	
   weil	
   sie	
  
                                       (die       qualifizierte                elektronische
Im	
   Gegensatz	
   zur	
   Einsendung	
   über	
   sichere	
   Übermittlungswege	
   ist	
   nach	
          Signatur             ist Teil
                                                                                                                    dem	
   Wortlaut	
   des	
   §	
  einer
                                                                                                                                                      130a	
             Es steht übrigens zu befürchten, dass die Prüfung
                                                                                                                                                                          ebenfalls	
  auf	
  dem	
  Transfervermerk	
  abgedruckt	
  sein	
  können).	
  

                                       PDF-Datei),
Abs.	
   3	
   1.	
   Var.	
   ZPO	
   nun	
                            dienicht	
  
                                               für	
   alle	
   Eingänge,	
   detached                  Signatur (dieDokumente,	
  
                                                                                     nur	
   für	
   schriftformbedürftige	
         qualifizierte     eine	
            der
                                                                                                                                                                         	
   Signatur und die Abgrenzung der Container-
qualifizierte	
  elektronische	
  Signatur	
  vorgeschrieben.	
  
                                       elektronische Signatur befindet sich in einer zweiten                                                                             Signatur von zulässigen Signaturtypen eine er-
1.	
  Ausschluss	
  der	
  „Container-­‐Signatur“	
  
                                       Datei neben dem Dokument; diese zweite Datei ist                                                                                  hebliche praktische Relevanz haben wird. Die
Nach	
   der	
   bisherigen	
   Rechtsprechung	
   der	
   obersten	
   Bundesgerichte	
   waren	
   alle	
   Arten	
   von	
  
                                       regelmäßig an der Dateiendung .pkcs7 oder .p7s
elektronischen	
   Signaturen	
   zugelassen.	
   Ab	
   1.1.2018	
   gilt	
   gem.	
   §	
   4	
   Abs.	
   2	
   ERVV,	
   dass	
   mehrere	
  
                                                                                                                                                                         Container-Signatur ist nämlich die standardmäßig
elektronische	
   Dokumente	
          erkennbar)                      undgemeinsamen	
  
                                                 nicht	
   mit	
   einer	
    die enveloped                      Signatur
                                                                                                      qualifizierten	
               (die Signatur	
  
                                                                                                                            elektronischen	
   Signa-                    vorgesehene Signatur des (kostenlosen) EGVP-
übermittelt	
   werden	
   dürfen.	
   Damit	
   dürfte	
   die	
   sog.	
   Container-­‐Signatur	
   nicht	
   mehr	
   zulässig	
   sein.	
  
                                       turdatei                 –     regelmäßig              mit       der     Dateiendung
Zulässige	
   Signaturarten	
   sind	
   damit	
   vor	
   allem	
   noch	
   die	
   PDF-­‐Inlinesignatur	
   (die	
   qualifizierte	
  
                                                                                                                                               .pkcs7                    Clients, der noch von zahlreichen Anwendern ver-
                                       oder .p7s – bettet das Dokument ein).
elektronische	
  Signatur	
  ist	
  Teil	
  einer	
  PDF-­‐Datei),	
  die	
  detached	
  Signatur	
  (die	
  qualifizierte	
  elektronische	
                            wendet wird. Sie war bis 31. Dezember 2017 von
Signatur	
  befindet	
  sich	
  in	
  einer	
  zweiten	
  Datei	
  neben	
  dem	
  Dokument;	
  diese	
  zweite	
  Datei	
  ist	
  regelmäßig	
  
                                                                                                                                                                         der Rechtsprechung insbesondere des BGH ohne
an	
   der	
   Dateiendung	
   .pkcs7	
   oder	
   .p7s	
   erkennbar)	
   und	
   die	
   enveloped	
   Signatur	
   (die	
   Signaturdatei	
   –	
  
                               Die unzulässige
regelmäßig	
  mit	
  der	
  Dateiendung	
        .pkcs7	
  oder	
  .p7s	
  Container-Signatur
                                                                           –	
  bettet	
  das	
  Dokument	
  ein).	
   ist an diesem                                     Weiteres für zulässig erachtet worden und war dem-
                           Transfervermerk
Die	
  unzulässige	
  Container-­‐Signatur	
   ist	
  an	
  diesem	
  erkennbar:
                                                                      Transfervermerk	
  erkennbar:	
                                                                    entsprechend weit verbreitet. Für die Anbringung
                                                                                                                                                                         einer zulässigen Signaturart muss der Einsender
                                                                                                                                                                         dagegen ein kostenpflichtiges externes Signatur-
                                                                                                                                                                         programm erwerben. Dies erzeugt nicht nur Mühe
                                                                                                                                                                         und finanziellen Aufwand – vor allem setzt es Pro-
                                                                                                                                                                         blembewusstsein voraus. Und das liegt noch sehr
                                                                                                                                                                         selten vor. Die anwaltliche Fortbildung ist noch nicht
                                                                                                                                                                         viel weiter als die Fortbildung in der Justiz. Es ist
                                                                                                                                                                  	
  
                                                                                                                                                                         damit zu erwarten, dass aus Unwissenheit seit 1.
Zulässige	
   Formen	
   der	
   Signatur	
   verfügen	
   dagegen	
   um	
   eine	
   im	
   Transfervermerk	
   erkennbare	
  
Signaturprüfung	
   eines	
     Zulässige                      Formen
                                     signierten	
   Anhangs.	
          Dieser	
   der         Signatur
                                                                                    signierte	
                    verfügen
                                                                                                  Anhang	
   muss	
                   dagegen
                                                                                                                      dann	
   insbesondere	
     der	
                  Januar 2018 zahlreiche unzulässige Klagen einge-
schriftformbedürftige	
  über                  eine
                                 Schriftsatz	
                im
                                                      sein.	
   Der	
  Transfervermerk                      erkennbare
                                                                        Transfervermerk,	
   der	
   eine	
                           Signatur-
                                                                                                                  zulässige	
   Signatur	
   darstellt,	
                gangen sind – und es ist nicht unwahrscheinlich,
sieht	
   daher	
   wie	
   folgt	
   aus	
   (man	
   beachte	
   den	
   Hinweis	
   „signierte	
   Anhänge“	
   und	
   dass	
   sich	
   die	
  
Signaturprüfung	
  gerade	
     prüfung                eines
                                      nur	
  auf	
  eine	
              signierten
                                                             PDF-­‐Datei	
                        Anhangs.
                                                                             oder	
  eine	
  .pkcs7-­‐Datei	
           Dieser signierte
                                                                                                                bezieht):	
                                              dass diese Klagen – ebenfalls aus Unwissenheit – in
                                 Anhang muss dann insbesondere der schriftform-                                                                                          der Sache entschieden werden, weil niemand den
                                 bedürftige Schriftsatz sein. Der Transfervermerk,                                                                                       Formmangel erkennt.
                                 der eine zulässige Signatur darstellt, sieht daher
                                 wie folgt aus (man beachte den Hinweis „signierte                                                                                       V. Fristwahrung
                                 Anhänge“ und dass sich die Signaturprüfung gera-                                                                                        Für die Wahrung einer Frist (bspw. der Klage- oder
                                 de nur auf eine PDF-Datei oder eine .pkcs7-Datei                                                                                        Rechtsmittelfrist) kommt es auf den Eingang des
                                 bezieht):                                                                                                                               Dokuments auf dem Intermediär an. Hierbei handelt
                                                                                                                                                                         es sich um einen nicht im jeweiligen Gericht befind-
                                                                                                                                                                         lichen Server.

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