Social Media Les réseaux sociaux - Hebamme.ch Sage-femme.ch Levatrice.ch Spendrera.ch - Schweizerischer ...

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Hebamme.ch
                  Sage-femme.ch
                  Levatrice.ch
                  Spendrera.ch
                  12 2017

Social Media
Les réseaux sociaux
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ZinCream Medinova®
Die Vorteile auf einen Blick
• Bewährter Wirkstoff Zinkoxid
• Überlegene Galenik (Öl-in-Wasser)1
• Mit Wasser abwaschbar
• Frei von Reizstoffen (Parfüm, ätherische Öle, Wollfett)
• In klinischen Studien nachgewiesene Wirksamkeit und Verträglichkeit2,3
• Bei wunder Haut in jedem Alter
• Bei milder und mittelschwerer Symptomatik kann auf ein Antibiotikum,
  Antimykotikum oder Kortikoid verzichtet werden
• Nur in Apotheken und Drogerien erhältlich
Referenzen
1. Götte, J., V. Della Casa, G. Pohlig, and F. Graf. 2000. Unterschiede in der Flüssigkeitsabsorption halbfester Dermatika. hautnah 26-28.
2. Ferrazini, G., R. R. Kaiser, S.-K. Hirsig Cheng, M. Wehrli, V. Della Casa, G. Pohlig, S. Gonser, F. Graf, and W. Jörg. 2002. ZinCream Medinova und Oxyplastin in der Behandlung
   von Windeldermatitis. Hautnah Schweiz 6: 1-3
3. Borelli S., G. Ferrazini, W. Jörg, U. Bader, W. Thürlimann, B. Winzeler, P. Liggenstorfer, S.A. Wagner, P. Grob, and S. Gonser 2006. Wirksame und gut verträgliche Therapie
   nässender Dermatosen. Dermatologie Praxis 3: 20-23.
Gekürzte Fachinformation ZinCream Medinova®
Z: 1 g Cremepaste enthält 200 mg Zinkoxid. Propylenglykol; Konserv.: Parabene (E 214, E 218, Butylparahydroxybenzat). I: Windeldermatitis, Intertrigo, kleinere Hautschäden, unterstüt-
zende Behandlung von Wundrändern bei offenen Wunden. D: Windeldermatitis, Inter-trigo, kleinere Hautschäden: je nach Bedarf mehrmals täglich auftragen. Wundrandbehandlung:
einmal täglich beim Verbandswechsel dünn auftragen. KI: Überempfindlichkeit auf einen der Inhaltsstoffe. UW: Bei bestimmungsgemässem Gebrauch sind in der Regel keine Nebenwir-
kungen zu erwarten. Die Anwendung von ZinCream Medinova® kann Überempfindlichkeitsreaktionen zur Folge haben. P: Cremepaste 50 g. ZI: Medinova AG, 8050 Zürich. Liste D.
Ausführliche Informationen entnehmen Sie bitte der Fachinformation unter www.swissmedicinfo.ch.
Medinova AG • 8050 Zürich • www.medinova.ch
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Inhalt • Sommaire

Ausgabe 12                                                                         Edition 12
Social Media                                                                       Les réseaux sociaux

Aktuell                                                              2            Actualité                                                                   30

Editorial Nadine Oberhauser                                          5            Editorial Nadine Oberhauser                                                  33

Dossier                                                              4            Dossier                                                                      32
Soziale Medien aus psychologischer Sicht                                           Etre sage-femme au temps des réseaux sociaux
betrachtet Daniel Süss                                                            Patricia Perrenoud
Smartphone – der ständige Begleiter                                  8            Applications mobiles: contraintes ou nouvelles                               36
beeinflusst die Mutter-Kind-Beziehung                                              ressources indispensables? Chloé Avenal et al.
Simona Baumann und Lucia Seiler
                                                                                   Tenir un blog: quand le virtuel influence le réel                           40
Literaturempfehlungen                                              12             Entretien avec 10lunes

Mosaik                                                             14             Infos sur la recherche                                                       42
Kompetenzprofil: als Hebamme MSc denken
und handeln Dorothée Eichenberger zur Bonsen et al.                               Fédération                                                                   23

Neues aus Wissenschaft und Forschung                               18             Sections                                                                    24

Neues aus den Fachhochschulen                                      22             Formation continue FSSF                                                      27

Verband                                                            23             En librairie                                                                 39

Sektionen                                                          24             Impressum                                                                    35

Fort- und Weiterbildung SHV                                        26

Buchtipp                                                           21

Impressum                                                          35

Thema der Ausgabe 1/2 2018                                                         Thème de l’édition 1/2 2018
Gewalt unter der Geburt                                                            Les violences obstétricales
Erscheint Anfang Januar 2018                                                       Parution début janvier 2018

                                     114. Jahrgang |  114 e année

                                     Geschäftsstelle | Secrétariat Rosenweg 25 C, 3007 Bern, T +41 (0)31 332 63 40, F +41 (0)31 332 76 19, info@hebamme.ch
                                     www.hebamme.ch, www.sage-femme.ch Öffnungszeiten Mo–Do 8.30–12 Uhr, 13.30–16.30 Uhr | Heures d’ouverture Lu-Je
                                     8:30-12:00, 13:30-16:30 Offizielle Zeitschrift des Schweizerischen Hebammenverbandes | Journal officiel de la Fédération suisse
                                     des sages-femmes | Giornale ufficiale della Federazione svizzera delle levatrici | Revista uffiziala da la Federaziun svizra da
                                     las spendreras Erscheinungsweise 10 Mal im Jahr, Doppelausgaben im Januar / Februar und Juli /August | Parution 10 éditions
                                     par année, numéros doubles en janvier / février et en juillet /août

                                     Foto Titelseite Der SHV dankt Loredana d’Ambrosio und David Gobeli, Bern    Photo couverture La FSSF remercie
                                     Loredana d’Ambrosio et David Gobeli, Berne
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Aktuell

                                                  Um den Dialog zwischen den Berufs-
    Fachtagung                                    gruppen weiter zu intensivieren, wurde                                                                                         Sexuell übertragbare
                                                  die Aktion Sympathieeinladung ins Le-
    «Akademisiertes                               ben gerufen. So lädt die Hebamme                                                                                               Infektionen nehmen zu
                                                  ihre/n Sympathieärztin/-arzt oder die/
    Hebammenwesen»                                der Frauenärztin/-arzt ihre/seine Sym-                                                                                         2016 wurden insgesamt 542 HIV-Fälle,
                                                  pathiehebamme zur gemeinsamen Fort-                                                                                            2270 Gonorrhoe-Fälle, 733 Syphilis-Fälle
    16. Februar 2018 | Mainz (D)                  bildung mit einem Sympathiegutschein                                                                                           und 11 013 Fälle von Chlamydien-Infek­
    Die 4. Internationale Fachtagung der          ein. So beträgt die Teilnahmegebühr der/                                                                                       tionen verzeichnet. Die Stabilisierung bei
    Deutschen Gesellschaft für Hebam-             des Eingeladenen nur noch Euro 85,–                                                                                            den HIV-Fällen bestätigte sich im vergan-
    menwissenschaft e. V. mit dem Titel           (normale Congresskarte à Euro 165,–).                                                                                          genen Jahr zum zweiten Mal in Folge.
    «Akademisiertes Hebammenwesen –               Anmeldung und weitere Informationen unter                                                                                      Bei den anderen sexuell übertragbaren
    Praxis und Wissenschaft» soll dem             www.geburtshilfe-im-dialog.de                                                                                                  Infektionen (STI) ist in der Schweiz wie
    fachlichen Austausch und der Vernet-                                                                                                                                         auch im restlichen Europa seit mehreren
    zung von Hebammen und anderen Pro-                                                                                                                                           Jahren eine Zunahme zu beobachten.
    fessionen im deutschsprachigen und                                                                                                                                           Als eine Antwort auf diese Entwicklung
    europäischen Raum dienen, die sowohl          Film «Kinder machen»                                                                                                           hat das Bundesamt für Gesundheit die
    in der Forschung, der Lehre oder (ausser-)                                                                                                                                   Safer-Sex-Regeln angepasst. Die erste
    klinischen Praxis tätig sind und an der                                                                                                                                      Regel ist immer noch dieselbe: «Vaginal-
    Hebammenwissenschaft Interesse ha-                                                                                                                                           und Analsex mit Kondom.» Damit kann
    ben. Professorin Cecily Begley wird als                                                                                                                                      man die Übertragung von HIV verhin-
    Keynote-Speaker von ihren Erfahrungen                                                                                                                                        dern und die Risiken für andere STI ver-
    in der Entwicklung von primärqualifizie-                                                                                                                                     ringern. Die zweite Regel ist neu: «Und
    renden Bachelorstudiengängen in Irland                                                                                                                                       weil’s jede(r) anders liebt: Mach jetzt
    berichten. Sie hat den Lehrstuhl in Nurs­                                                                                                                                    deinen persönlichen Safer-Sex-Check auf
    ing and Midwifery am Trinity College                                                                                                                                         www.lovelife.ch.» Der Safer-Sex-Check
    in Dublin, Irland, inne sowie zahlreiche                                                                                                                                     gibt personalisierte Empfehlungen ent-
    Mandate in nationalen Gremien und zur                                                                                                                                        sprechend der individuellen Sexualität
    Entwicklung von Standards.                                                                                                                                                   ab. So können sich alle einfach über die
    Im Rahmen der Fachtagung werden For-                                                                                                                                         Massnahmen in Bezug auf die HIV- und
    schungsergebnisse und wissenschaft-                                                                                                                                          STI-Prävention informieren, die für sie
    lich-methodische Herausforderungen                                                                                                                                           persönlich relevant sind. Der Fragebogen
    der Hebammenwissenschaft sowie re-                                                                                                                                           ist anonym.
                                                                                    Ein Film von Barbara Burger
    levanter angrenzender Wissenschaften                                      Kamera Ulrich Grossenbacher Schnitt Christof Schertenleib, Maya Schmid
                                                                       Ton Balthasar Jucker, Ulrich Grossenbacher Musik Manuel Pasquinelli Grafik Jens Müller
                                                                                                                                                                                 Quelle: Medienmitteilung des Bundesamtes für
    in Vorträgen und Posterpräsentationen
                                                                                     Produktion FAIR & UGLY Koproduktion SRF Urs Augstburger

                                                                                               www.kindermachen.ch
                                                                                                                                                                                 Gesundheit vom 23. Oktober 2017
    zur Diskussion gestellt. Alle Vorträge
                                                  Kinoflyer_2.indd 2                                                                                            13.10.17 10:39

    werden simultan ins Deutsche und ins
    Englische übersetzt.                          Das Kinderkriegen, die angeblich «natür-
    Anmeldung und weitere Informationen unter     lichste Sache der Welt», ist nicht immer                                                                                       Absolventin
    www.dghwi.de › 4. Internationale Fachtagung   die einfachste. Sei es aufgrund biologi-
                                                  scher Defizite der Eltern oder einer auf-                                                                                      des Studiengangs
                                                  wendigen Karriere- oder Lebensplanung.
                                                  Der Wunsch nach Nachwuchs bewegt                                                                                               Hebamme BSc
    Congress «Geburtshilfe                        sich heutzutage zwischen legitimem Be-
                                                  dürfnis, individuellem Urinstinkt, gesell-                                                                                     an der BFH prämiert
    im Dialog»                                    schaftlichem Druck und Lifestyle-Ent-
                                                  scheidung. Der Dokumentarfilm «Kinder                                                                                          Über 340 Absolvierende der Bachelor-,
    2./3. März 2018 | Mannheim (D)                machen» schaut mit viel Sachkenntnis                                                                                           Master- und Weiterbildungsstudien-
    Der Congress «Geburtshilfe im Dialog»,        sowie eindrücklichen Bildern der Repro-                                                                                        gänge haben Ende Oktober im Kursaal
    organisiert von Pro Medico, der Medizi-       duktionsmedizin und -industrie über die                                                                                        Bern den Abschluss ihres Studiums am
    nischen Fortbildungs- und Congress­           Schulter und ins Reagenzglas. Dabei geht                                                                                       Fachbereich Gesundheit der Berner Fach-
    gesellschaft mbH, widmet sich nächstes        es weder darum, die Fortpflanzungsme-                                                                                          hochschule (BFH) gefeiert. Darunter auch
    Jahr dem Thema «Gemeinsam. In der Ge-         dizin zu lobpreisen, noch sie zu stigmati-                                                                                     Martina Lemmke, Absolventin des Stu­
    burtshilfe neue Wege gehen. Damit aus         sieren. Dennoch sind in jedem Moment                                                                                           diengangs Hebamme BSc. Sie wurde vom
    Zuversicht Zukunft wird, sind wir mit         die gesellschaftlichen, politischen und                                                                                        Schweizerischen Hebammenverband für
    dabei!». Eröffnet wird er mit einem be-       vor allem auch ethischen Implikationen                                                                                         die beste Gesamtleistung ausgezeichnet.
    sonderen Vortrag: «Grenzerfahrungen –         spürbar. Der Film läuft seit Ende Novem-                                                                                       Weitere Informationen unter
    Gipfel & Geburten. Berge versetzen.           ber in den Deutschschweizer Kinos.                                                                                             www.gesundheit.bfh.ch › Über uns › News ›
    Wunder erleben» von Reinhold Messner,         Weitere Informationen unter www.kindermachen.ch                                                                                31. Oktober 2017
    Extrembergsteiger, Abenteurer, Buchau-
    tor und Politiker.

2   Hebamme.ch • Sage-femme.ch 12  2017
Social Media Les réseaux sociaux - Hebamme.ch Sage-femme.ch Levatrice.ch Spendrera.ch - Schweizerischer ...
gewiesen. Die Forscherinnen präsentier-
Neue IG nachhaltige                           ten hierfür Säuglingen in einer kurzen          Notfallbroschüre
                                              Lernphase zusammengehörende Wörter
Geburtshilfe                                  und Objekte. Dabei kam heraus: Die              zur häuslichen Gewalt
                                              erste Gruppe von Säuglingen, die nach
Die Interessengemeinschaft nachhaltige        der Lernphase einen längeren Mittags-           Das Amt für soziale Sicherheit des Kan-
Geburtshilfe (IG NGH) will die politischen    schlaf absolvierten, zeigte danach Hirn-        tons Solothurn setzt sich für die kontinu-
und gesellschaftlichen Voraussetzungen        reaktionen, die bisher nur von älteren          ierliche Verbesserung der Bekämpfung
für eine frauenzentrierte und nachhal-        Kindern bekannt waren. Sie haben die            von häuslicher Gewalt ein. Dieses Jahr
tige Gesundheitsversorgung während            gehörten Wörter und Objekte bereits in          wurde eine Notfallbroschüre, die sowohl
Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett           einen Bedeutungszusammenhang set-               Gefährder/innen und Opfer als auch Zeu-
und Stillzeit schaffen. Am Gründungs­         zen können.                                     gen und Fachpersonen der häuslichen
anlass «Nachhaltige Geburt?» stellte die      Dagegen erinnerten sich Kinder, die             Gewalt anspricht, neu überarbeitet. Sie
IG NGH Anfang November ihre Ziele und         nach der Lernphase nicht geschlafen             dient als Informationsgrundlage für die
Massnahmen vor. Das Gremium mit Ver-          haben, überhaupt nicht an die gehörten          wichtigsten Anlaufstellen der häuslichen
treterinnen und Vertretern aus Gesund-        Wort-Objekt-Zuordnungen. Eine dritte            Gewalt im Kanton Solothurn. Nebst ihrer
heitswesen, Politik, Verbänden, Bildungs-     Gruppe von Babys, die nach der Lern-            Übersetzung in acht Sprachen enthält
institutionen sowie engagierten Einzel-       phase kurz geschlafen hatte, zeigte da-         sie ebenfalls eine abtrennbare Notfall-
personen ist interdisziplinär besetzt. Seit   nach die für dreimonatige Kinder typi-          karte mit den wichtigsten Nummern in
einem Jahr arbeitet eine Expertengruppe       scherweise erwarteten Hirnreaktionen.           Visitenkartengrösse.
an der Vorbereitung dieses Vereins. Sie       Säuglinge verarbeiten also neu Erlerntes        Ausgedruckte Exemplare können kostenlos
setzt sich ein für                            intensiv während Schlafphasen. Gleich-          bei Janine Schwegler, Amt für soziale Sicherheit
– eine frauenzentrierte Geburtshilfe, die    zeitig hängen die Gedächtnisentwick-            des Kantons Solothurn, bestellt werden unter
   kinder- und familienfreundlich ist         lung und der Spracherwerb natürlich             janine.schwegler@ddi.so.ch oder heruntergeladen
                                                                                              werden unter www.so.ch › Verwaltung › Departement
– echte Wahlfreiheit zwischen verschie-      nicht nur vom Schlaf ab, sondern viel
                                                                                              des Innern › Amt für soziale Sicherheit › Prävention &
   denen Betreuungsmodellen während           mehr von einem komplexen Wechsel-               Gesundheitsförderung › Gewalt › Häusliche Gewalt ›
   Schwangerschaft und Geburt                 spiel zwischen Erlebnissen und Eindrü-          Notfallbroschüre Häusliche Gewalt
– eine salutogene Geburtshilfe, die          cken in wachem Zustand sowie Verar-
   Schwangerschaft und Geburt als na-         beitungsprozessen im Schlaf.
   türliche Lebensprozesse versteht und       Quelle: Info-Feed Frühe Kindheit vom Netzwerk
   die Erhaltung bzw. Förderung von           Kinderbetreuung, News vom 4. September 2017
   Gesundheit ins Zentrum stellt
– eine bezahlbare Geburtshilfe, die volks-
   wirtschaftlich und individuell tragbar
   ist
– eine Korrektur der bestehenden finan-
   ziellen und systemischen Fehlanreize       Leuchtpyjama behandelt Neugeborene
– die Schaffung geeigneter Aus- und
   Weiterbildungsmöglichkeiten im Rah-        Allein, nackt und mit zum Schutz abge-          der eingespeistes Licht gleichmässig über
   men der nachhaltigen Geburtshilfe.         deckten Augen – so liegen Neugeborene           die Stoffbahn verteilt, wie die Forscher
Weitere Informationen unter                   im Brutkasten, wenn sie gegen Gelb-             kürzlich in der Fachzeitschrift «Biomedi-
www.nachhaltige-geburt.ch                     sucht behandelt werden. Die Bestrah-            cal Optics Express» berichteten.
                                              lung mit blauem Licht im Brutkasten ist         Die derart gewebten photonischen Tex-
                                              nötig, da sich bei der Neugeborenen-            tilien lassen sich zu einem Strampelan-
                                              gelbsucht giftige Abbauprodukte des             zug oder einem Schlafsack verarbeiten,
Mittagsschlaf                                 Blutfarbstoffs Hämoglobin in der Haut           sodass der kleine Patient zugleich beklei-
                                              ablagern. Forscher der Eidgenössischen          det ist, im Arm gehalten und gefüttert
beeinflusst                                   Materialprüfungs- und Forschungsan-             werden kann. Und da der Pyjama für die
                                              stalt, Abteilung Biomimetic Membranes           kommerzielle Anwendung so produziert
Spracherwerb                                  and Textiles, haben die wenig kinder-           werden kann, dass er sein Licht lediglich
                                              tauglichen Prozedur nun massgeblich             nach innen, also auf die Haut des Kindes
Im ersten Lebensjahr wird beim Men-           verbessert, indem sie die Behandlung            abgibt, entfällt für das Neugeborene
schen der wichtigste Grundstein für die       mit den Bedürfnissen der Neugebore-             auch das Tragen einer lästigen Schutz-
gesamte Sprachentwicklung gelegt. Wis-        nen kombinierten: Das Team um Luci-             maske. Denn anders als im Brutkasten,
senschaftliche Erkenntnisse zeigen im-        ano Boesel entwickelte einen leuchten-          bei dem das Therapielicht auf das Ge-
mer wieder: Der kindliche Schlaf spielt       den Pyjama für Babys.                           sicht des Säuglings fällt, erreicht die
hierfür eine zentrale Rolle, und zwar         Hierzu kreierten die Materialforscher           kurzwellige Strahlung des Lichtpyjamas
nicht nur dessen Zeitpunkt, sondern           Textilien, in die optisch leitende Fasern       die empfindlichen Babyaugen nicht.
auch dessen Dauer. Dies haben Wissen-         eingewoben sind. Als Lichtquelle für die        Quelle: Medienmitteilung der Eidgenössischen
schaftlerinnen des Max-Planck-Instituts       lichtleitenden Fäden dienen batteriebe-         Materialprüfungs- und Forschungsanstalt vom
für Kognitions- und Neurowissenschaf-         triebene LED. Gemeinsam mit herkömm-            31. Oktober 2017
ten in einer neuen Untersuchung nach-         lichem Garn liessen sich die optischen
                                              Fasern zu einem Satinstoff verweben,

                                                                                                        12 2017 Hebamme.ch • Sage-femme.ch             3
Social Media Les réseaux sociaux - Hebamme.ch Sage-femme.ch Levatrice.ch Spendrera.ch - Schweizerischer ...
Dossier

    Soziale Medien
    aus psychologischer Sicht
    betrachtet
    Neue Medien wurden schon immer mit viel Skepsis betrachtet. Früher war es das Fernsehen,
    heute sind es Games und Soziale Medien, von denen man wenig Gutes erwartet. Aus psycho­
    logischer Sicht stellt sich die Frage, ob die Nutzung sozialer Medien den Individuen, sozialen
    Einheiten wie Paaren und Familien und schliesslich der Gesellschaft insgesamt eher Chancen
    oder Risiken bringt.

    Daniel Süss

                  Soziale Medien resp. Social-Network-Seiten sind ein noch    Demenz oder Hysterie?
                  junges Phänomen. 2003 wurden z. B. LinkedIn und My­         Der Hirnforscher und Psychiater, Manfred Spitzer, betont
                  Space lanciert, 2005 Facebook und YouTube. Zuerst ha-       in seinen populären Büchern «Vorsicht Bildschirm!» (2005),
                  ben die jungen Leute diese Plattformen für sich entdeckt.   «Digitale Demenz» (2012) und «Cyberkrank!» (2015) die
                  Die Jugendlichen nomadisieren dabei relativ kurzfristig     Risiken der digitalen Medien. Er greift dabei selektiv auf
                  auf neue Plattformen. So sind bei ihnen heute Instagram     Forschungsbefunde zurück, die Gefahren einer unreflek-
                  und Snapchat angesagt, während Facebook an Zulauf ver-      tierten oder exzessiven Mediennutzung belegen. Andere
                  liert (Waller et al., 2016). Dennoch wächst die Facebook-   Studien, die aufzeigen, dass es auch positive Effekte gibt,
                  Community weltweit immer noch beträchtlich, denn            wenn man die Medien kompetent nutzt, werden igno-
                  heute ziehen die älteren Semester nach. Die aktuelle For-   riert, und die Schlussfolgerungen und Empfehlungen sind
                  schung legt nahe, einen kritischen Optimismus anzu-         so pointiert, dass sie Eltern eher verunsichern und hilflos
                  wenden: Unter bestimmten Bedingungen sind die sozia-        zurücklassen.
                  len Medien eine Ressource für Wohlbefinden, gelingende      Bspw. wird geraten, Kindern unter zwölf Jahren mög-
                  Kommunikation, Verbundenheit und positive Entwick-          lichst gar keine Bildschirmmedien in der Freizeit anzu-
                  lung, unter anderen Bedingungen können sie zu Bezie-        bieten. Das scheitert schon daran, dass heute praktisch
                  hungskonflikten, reduziertem Selbstvertrauen und Ver-       jede Schulklasse eine WhatsApp-Gruppe führt, auf der
                  haltenssucht führen.                                        die Lehrperson wichtige Informationen weitergibt, was
                                                                              früher in einer «Telefonalarmliste» über das Festnetz
                                                                              geschah. Und die jugendliche Freundesgruppe verein-
                                                                              bart ihre Treffen und Partybesuche über die Messenger
                  Autor                                                       auf Sozialen Medien. Deshalb argumentieren andere
                                                                              Fachleute damit, dass die Menschen einer «digitalen
                                                                              Hysterie» (Milzner, 2016) oder einer «Digitalen Paranoia»
                                                                              (Kalbitzer, 2016) verfallen, wenn sie nur gebannt auf die
                                                                              Gefahren starren, statt den kompetenten Umgang mit
                                                                              den digitalen Medien zu fördern (Hartmann und Hun-
                                                                              dertpfund, 2015). Kompetenter Umgang heisst auch: in
                                                                              gewissen Situationen auf digitale Kommunikation und
                                                                              das unmittelbare Teilen von Ereignissen bewusst zu ver-
                                                                              zichten – z. B. im Gebärsaal.

                                                                              Langeweile vermeiden
                                                                              Soziale Medien haben das Verhältnis von Privatsphäre
                  Daniel Süss, Prof. Dr. phil., ist Professor für Medien­
                                                                              und Öffentlichkeit neu definiert. Momente der Lange-
                  psychologie an der Zürcher Hochschule für Angewandte        weile werden sofort mit einer Medienaktivität gefüllt, die
                  Wissenschaften und Professor für Mediensozialisation und    Reizdichte nimmt laufend zu. Kommunikatives Multitas­
                  Medienkompetenz an der Universität Zürich. Er lehrt und     king, d. h. gleichzeitig mit mehreren Personen oder Grup-
                  forscht zum Medienumgang von Kindern und Jugendlichen       pen auf unterschiedlichen Kanälen zu kommunizieren,
                  und zur Medienerziehung von Eltern und Lehrpersonen.

4   Hebamme.ch • Sage-femme.ch 12  2017
Social Media Les réseaux sociaux - Hebamme.ch Sage-femme.ch Levatrice.ch Spendrera.ch - Schweizerischer ...
Editorial

scheint zwar effizient zu sein, aber es birgt die Gefahr,
dass die emotionale Präsenz und die Aufmerksamkeit
fragmentiert werden, dass die Ablenkung dazu führt,
dass man feine Zwischentöne überhört und dass inhalt-
liche Missverständnisse auftreten. Und: Menschen füh-
len sich nicht wahrgenommen und wertgeschätzt, wenn
das Gegenüber immer wieder auf fremde Kommunika­             Nadine Oberhauser
tionsappelle aus dem Smartphone reagiert. Dies wird als      Langjährige Hebammenausbildnerin,
«Phubbing» bezeichnet: eine Wortneubildung aus Phone         Haute Ecole de Santé Vaud, Lausanne
und Snubbing, d. h. dem Telefon Aufmerksamkeit schen-
ken und eine anwesende Person ignorieren (Genner, 2017,
S. 70).
                                                             Liebe Leserin, lieber Leser
Wozu Soziale Medien genutzt werden
Leung (2013) hat fünf Gruppen von Nutzungsmotiven            Das Internet hat die sozialen Rollen radikal verändert, indem
herausgearbeitet: Soziale und emotionale Bedürfnisse         es alle möglichen Daten in Echtzeit verfügbar macht. Wir
befriedigen; negative Gefühle ausdrücken; Bestätigung        medizinischen Fachkräfte stehen vor zwiespältigen Heraus­
und Aufmerksamkeit erhalten; sich unterhalten; ko­
                                                             forderungen, denn wir möchten als Beraterinnen und Aus­
gnitive Bedürfnisse befriedigen. Was heisst dies? Das
                                                             bildnerinnen nicht durch das Internet ersetzt werden, doch
Pflegen von Profilen auf Sozialen Medien vermittelt ein
Gefühl der sozialen Verbundenheit mit Freunden. Es           gleichzeitig in der Lage sein, diese Daten zu nutzen und sie
braucht nicht einmal eine aktive Resonanz, z. B. «Likes»     gezielt nutzbar zu machen. Das Thema Social Media ist
auf eine Nachricht, die man gepostet hat, sondern nur        weitläufig, einige Aspekte davon werden in dieser Ausgabe
schon das Bewusstsein, dass die (engeren und weniger         behandelt. Dabei darf die Bedeutung des Phänomens Inter­
engen) Freunde etwas zur Kenntnis nehmen können,             net keinesfalls ignoriert werden, doch eine kritische Nutzung
genügt, um sich sozial unterstützt zu fühlen (Feng und       ist unerlässlich. Das Datenangebot kann bei der Beratung,
Hyun, 2012). Bekommt man noch zusätzlich aufmun-             BiIdung und Begleitung unterstützend wirken, die zahllosen
ternde Kommentare oder Anerkennung, dann erhöht
                                                             Vorschläge und Möglichkeiten bergen aber auch das Risiko
dies das Wohlbefinden. Das Risiko, dass man in eine
                                                             einer missbräuchlichen oder falschen Nutzung.
«Facebook-Depression» verfällt, weil man keine Reso-
nanz erfährt oder einen ungünstigen sozialen Vergleich       Die unterschiedlichen Blickwinkel in den Artikeln dieses Dos­
vornimmt, besteht vor allem dann, wenn man wenig             siers beleuchten die Komplexität dieses Phänomens und
eigene Beiträge veröffentlicht und vor allem die Profile     den Platz, den es im Leben der Menschen einnimmt. Die Heb­
anderer Personen anschaut (Grosse Deters und Mehl,
                                                             ammen sollten diese Netzwerke in Kenntnis ihrer Inhalte
2013).
                                                             möglichst schlau nutzen, damit sie die von ihnen begleiteten
Sichtbar auf der Bühne des sozialen Vergleichs               Frauen gut beraten können. Ausserdem dienen diese Internet­
Der soziale Vergleich ist für die Menschen ein wichtiges     angebote auch der Promotion des Berufs, als Schnittstelle
Motiv, um die eigene soziale Position, das «soziale Ka­      für den Informationsaustausch und als vertrauenswürdige
pital» (Bourdieu, 1983), einzuschätzen. Man evaluiert die    Quelle von Berufswissen. Es ist wichtig für die Frauen, dass
eigenen Fähigkeiten, die Überzeugungen, das Aussehen,        sie sich zu Fragen, die sie betreffen, austauschen können,
das soziale Netzwerk usw. im Vergleich mit anderen Men-      doch dazu müssen sie nicht nur Meinungen kennenlernen,
schen (Ellison et al., 2007; Steinfield et al., 2008). Was   sondern auch sachdienliche Informationen erhalten. Es gibt
durch Soziale Medien neuartig ist: Das eigene und fremde
                                                             kein GPS für das Surfen im Internet oder in den sozialen
soziale Kapital wird exakt quantifizierbar durch Indikato-
ren wie Zeitpunkt, Anzahl und Form der Rückmeldungen,        Netzwerken, was schade ist. Doch es gibt einige Leitlinien
die man auf eigene Posts auf Sozialen Medien erhält oder     zu klar definierten Orten, die einen Umweg wert sind.
durch den Vergleich der Selbstinszenierung in Bildern        Nun, denn: Gut verlinkt ist halb gewonnen! Machen Sie sich
oder die Anzahl der Kontakte, Follower, Freunde, die man
                                                             schlau, verlinken Sie sich gut und vor allem: Lösen Sie sich
vorweisen kann. Dabei ist relevant, dass diese Indikatoren
öffentlich sichtbar sind.
                                                             auch wieder aus dem Netz, denn eine zu starke Vernetzung
Dass vor allem junge Menschen der Selbstinszenierung         behindert die klare Sicht und die positiven Erkenntnisse.
viel Aufmerksamkeit widmen, ist mit verschiedenen
Entwicklungsaufgaben erklärbar: In Sozialen Medien –
aber nicht nur dort – wird an der Identitätsentwicklung
gearbeitet, an der Auseinandersetzung mit dem sich zur
Erwachsenengestalt wandelnden eigenen Körper und             Herzlich, Nadine Oberhauser

                                                                                                   12 2017 Hebamme.ch • Sage-femme.ch   5
Social Media Les réseaux sociaux - Hebamme.ch Sage-femme.ch Levatrice.ch Spendrera.ch - Schweizerischer ...
Dossier

                 seinem Aussehen, mit der Suche nach ersten intimen            können (Willemse, 2016; Willemse et al., 2017). Aus-
                 Kontakten und dem stolzen Zeigen von Freundschaften           gangspunkt einer Verhaltenssucht in Bezug auf Soziale
                 und Beziehungen. Mit Kommentaren zu Posts kann ge-            Medien kann die Angst sein, etwas zu verpassen, was im
                 flirtet werden, oft ungehemmter als im direkten Kontakt       sozialen Umfeld läuft, wenn man nicht ständig online
                 (Schade et al., 2013). Das Internet ist nicht nur eine Pro-   ist. Dies führt dazu, dass man sich sehr unwohl fühlt,
                 bebühne für soziale Resonanz, sondern es ist auch die         wenn man offline ist, dass es einem schwerfällt, sich auf
                 Hauptbühne, auf der wichtige Interaktionen zustande           eine Aufgabe zu konzentrieren und man in Gedanken
                 kommen.                                                       immer wieder abschweift zu den möglichen Ereignissen
                                                                               im digitalen Raum. Insbesondere Menschen, die schon
                 Nutzung je nach Persönlichkeitsmerkmalen                      einmal Cybermobbing erlebt haben, können auch in den
                 Das Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit (McCrae           Sog geraten, ständig kontrollieren zu müssen, ob etwas
                 und John, 1992) wurde in Studien eingesetzt, um den Zu-       Negatives über sie online verbreitet wird, d. h. die Sorge
                 sammenhang zwischen Mediennutzung und Persönlich-             um die Onlinereputation führt zu einer permanenten
                 keitsmerkmalen zu untersuchen. Tendenziell neurotische        Unruhe.
                 (emo­tional instabile) Persönlichkeiten neigen eher dazu,     Onlinesucht kann längerfristig dramatische Folgen ha-
                 Einsamkeit mithilfe von Internetnutzung zu überbrücken.       ben: unter anderem sozialer Rückzug, Übermüdung,
                 Introvertierte Personen geben online mehr von sich preis      problematisches Essverhalten, Leistungsrückgang und
                 als face-to-face. Die mediale Distanz zu den Empfängern       Bewegungsmangel. Eine Onlinesucht ist nie einfach
                 erleichtert es sozial eher zurückhaltenden oder scheuen       eine Folge der Mediennutzung, sondern sie hängt mit
                 Menschen, sich zu zeigen.                                     personen- und umweltbezogenen Faktoren zusammen
                 Extravertierte Menschen nutzen Soziale Medien aber            und ist oft mit Begleiterkrankungen wie Depressionen
                 intensiver als introvertierte. Sie posten häufiger und        verbunden. Die grosse Mehrzahl der Menschen nutzt
                 ausführlicher und bauen ein umfangreicheres Kontakt-          aber Soziale Medien, ohne Anzeichen von Verhaltens-
                 netz auf. Ein guter Prädiktor für das Interesse an neuen      sucht zu entwickeln. Sie haben gelernt, kompetent mit
                 Medien ist ein hoher Wert beim Persönlichkeitsmerkmal         den Medien umzugehen – d. h. so, dass sie ihre Bedürf-
                 «Offenheit für neue Erfahrungen». Das ist ein Charak-         nisse befriedigen können –, die Medien kreativ und viel-
                 terzug, der bei jungen Menschen entwicklungsbedingt           seitig für Information zu nutzen, Bildung, Unterhaltung
                 ausgeprägt ist, weshalb sie auch eifrige frühe Nutzer         und Kommunikation und negative Effekte zu kennen
                 neuer digitaler Angebote sind. Aber auch bei Erwach­          und zu vermeiden. Kompetenter Medienumgang heisst
                 senen gibt es hier Unterschiede: Wer generell offen ist,      immer auch selbst- und sozialkompetent zu handeln
                 wird auch Soziale Medien eher ausprobieren, unabhän-          (Süss et al., 2013).
                 gig vom Lebensalter. Deshalb gibt es auch zunehmend
                 «Silver Surfer», d. h. Senioren mit viel Offenheit für di­    Offline sein können
                 gitale Medien. Das Persönlichkeitsmerkmal Gewissen-           Das Bedürfnis, andere wichtige Menschen am eigenen
                 haftigkeit führt eher dazu, dass man zurückhaltend mit        Alltag, insbesondere aber an besonderen Momenten
                 Sozialen Medien umgeht, da man vermeiden will, durch          des Glücks oder des Unglücks Anteil nehmen zu lassen,
                 intensives Herumsurfen wichtige Verpflichtungen aufzu-        um sich mitzufreuen oder um Mitgefühl und Trost zu
                 schieben. Diese Prokrastination (Tendenz zum Aufschie-        erfahren, ist etwas ganz Ursprüngliches und Humanes.
                 ben) wird gerade durch die permanente Flut von Benach-        Dass der Mensch seit zehn Jahren mit dem Smartphone
                 richtigungen und Statusupdates aus dem Freundeskreis          ein Instrument zur Hand hat, dass dies jederzeit und an
                 gefördert.                                                    praktisch jedem Ort ganz einfach ermöglicht, ist neu
                 Die Annahme, dass Soziale Medien Narzissmus auslösen          und braucht noch eine bewusste kulturelle Regulie-
                 oder verstärken können, konnte bisher nicht bestätigt         rung.
                 werden. Es gibt eher Hinweise, dass narzisstische Per-        Wenn man während eines Erlebnisses immer bereits mit
                 sönlichkeiten Soziale Medien intensiver nutzen, weil sie      dem Gedanken beschäftigt ist, wie man das live doku-
                 damit in kurzen Intervallen immer wieder Aufmerksam-          mentieren und weiterverbreiten kann, dann tritt man
                 keit erhalten können (Genner, 2017, S. 36).                   emotional aus der Situation auf eine Metaebene hinaus.
                                                                               Man nimmt den Blick eines Reporters des eigenen Lebens
                 Vom Risiko der Verhaltenssucht                                ein, einer Kamerafrau, die den geeigneten Bildausschnitt
                 Es gibt substanzunabhängiges Suchtverhalten (Grüsser          und Winkel zur Dokumentation wählt und damit nicht
                 und Thalemann, 2006). Digitale Medien können dabei            mehr ganz im Erlebnis präsent ist. Dadurch entsteht die
                 eine Rolle spielen. Entscheidend ist nicht die Menge und      Gefahr, bedeutsame Erlebnisse innerlich zu verpassen
                 Häufigkeit der Nutzung, sondern der Kontrollverlust.          und damit auch nur oberflächlich zu verarbeiten. Multi-
                 Während männliche Jugendliche und junge Männer                tasking ist eine Illusion: Man kann gar nicht gleichzeitig
                 durch Onlinegames gefährdet sind, in ein suchtartiges         die volle Aufmerksamkeit an mehreren Orten haben, son-
                 Verhalten zu geraten, sind es bei den Mädchen und jun-        dern höchstens schnell den Fokus der Aufmerksamkeit
                 gen Frauen eher die Sozialen Medien, die dazu führen          hin- und herspringen lassen.
                                                                               Ein Aspekt von Medienkompetenz besteht also darin,
                                                                               jene Situationen erkennen zu können, in denen man
                                                                               offline gehen sollte, um ganz verfügbar zu sein für die
                                                                               eigenen Empfindungen und für die Empfindungen und
                                                                               Bedürfnisse der anwesenden Personen. Intimität und

6   Hebamme.ch • Sage-femme.ch 12  2017
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ungeteilte Aufmerksamkeit sind nicht möglich, wenn                      Je älter das Kind wird, desto bedeutsamer wird auch die
man gleichzeitig auf Empfang steht für digitale Nach-                   Vorbildfunktion der Eltern im Umgang mit Medien. Ein
richten anderer Menschen.                                               Aspekt ist dabei der Schutz der Privatsphäre und das
                                                                        Recht am eigenen Bild. Wenn Mütter schon das Ultra-
Beratung für Schwangere und junge Mütter                                schallbild des ungeborenen Kindes auf ihrem Facebook-
Die heutigen Mütter sind zunehmend «Digital Natives»                    Profil hochladen und die Geburt und die ersten Tage und
(Palfrey und Gasser, 2008). Sie sind mit digitalen Medien               jeden weiteren Schritt des Kindes dokumentieren, dann
aufgewachsen und sind es gewohnt, über Soziale Medien                   schaffen sie eine digitale Repräsentation ihres Kindes,
mit ihren Freunden und Bekannten zu kommunizieren.                      die dessen Selbstbestimmungsrecht missachtet. Es ist
Das Smartphone ist zum wichtigsten persönlichen Ob-                     zwar verständlich, dass stolze Eltern ihr Glück mit ihren
jekt geworden und wird an jeden Ort mitgenommen. In                     Freunden teilen wollen, aber sie sollten Bilder ihrer Kin-
der Geburtsvorbereitung sollte man sich bewusst mit                     der erst dann online stellen, wenn diese gross genug
der Frage auseinandersetzen, welche Momente unge-                       sind, um dem zuzustimmen.
teilte Aufmerksamkeit erfordern, sei es bei der Geburt
und in den ersten Wochen, Monaten und Jahren des Kin-
des. Der Aufbau einer sicheren Bindung des Kindes mit
seinen ersten Bezugspersonen setzt voraus, dass es sich
ganz wahrgenommen und gespiegelt fühlt. Wenn Müt-
ter ihre Aufmerksamkeit vom Kind abwenden, während
es ihnen zugewandt ist, dann kann dies verunsichernd
wirken. Säuglinge können das noch nicht artikulieren,
Kleinkinder hingegen schon, indem sie eifersüchtig auf
das Smartphone der Mutter reagieren.

                            Literatur
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                                                                                                                      12 2017 Hebamme.ch • Sage-femme.ch              7
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Dossier

    Smartphone – der ständige
    Begleiter beeinflusst
    die Mutter-Kind-Beziehung
    Kommt ein Kind auf die Welt, muss es sich plötzlich in einer ihm unbekannten Umgebung
    zurechtfinden. Das einzig Vertraute ist seine Mutter. Der enge Kontakt zueinander ist grund­
    legend für die Ausbildung einer sicherheitsbietenden Bindungsbeziehung. Der wichtige
    Beziehungsaufbau wird immer mehr durch die mütterliche Smartphonenutzung geprägt.
    Das Smartphone ist zu einem ständigen Begleiter geworden. Den meisten Müttern ist
    dabei nicht bewusst, wie stark die diesbezügliche Ablenkung die Mutter-Kind-Beziehung,
    die mütterliche Feinfühligkeit und die kindliche Reizüberflutung beeinflussen kann.

    Simona Baumann und Lucia Seiler

                   Menschen sind nach der Geburt äusserst schwach und          Welche Methode wurde angewandt?
                   nahezu hilflose Wesen. Ein wesentlicher Zeitraum der        Die Autorinnen haben diese Thematik im Rahmen ihrer
                   Frühentwicklung findet ausserhalb des Mutterleibes          Bachelorarbeit aufgearbeitet. Folgende Forschungs-
                   statt, und die unreif ausgebildeten Körper- und Verhal-     frage wurde definiert: Welchen Einfluss hat die mütter­
                   tensfunktionen führen dazu, dass die Nähe zu erwach-        liche Nutzung eines Smartphones im Wochenbett auf
                   senen Betreuungspersonen eine äusserst wichtige Über-       die Mutter-Kind-Beziehung? Mit ihrer themengeleiteten
                   lebensstrategie darstellt (Ahnert, 2010). Zusätzlich muss   Bachelorarbeit wurde das Ziel verfolgt, den Einfluss der
                   sich das Neugeborene plötzlich in einer ihm unbekann-       mütterlichen Smartphonenutzung in der Wochenbett-
                   ten Umgebung zurechtfinden. Das Einzige, was es be-         zeit auf die Mutter-Kind-Beziehung aufzuzeigen.
                   reits kennt, ist seine Mutter. Der enge Kontakt schafft     Mit vordefinierten Einschlusskriterien wurde auf den
                   Vertrauen, das die Grundlage für die Ausbildung einer       Datenbanken Medline, CINAHL, Midirs, PubMED und im
                   sicherheitsbietenden Bindungsbeziehung zwischen der         Nebis-Katalog recherchiert. Da das Thema der mütter­
                   Mutter und dem Neugeborenen darstellt.                      lichen Nutzung von Smartphones und deren Einfluss
                   Eine Mutter, die übermässig viel Zeit mit ihrem Smart-      auf die Mutter-Kind-Beziehung ein neueres Forschungs-
                   phone verbringt, kann für ihr Neugeborenes physisch         gebiet darstellt, zeigte die Datenbankrecherche keine
                   anwesend sein und auch der Haut-zu-Haut-Kontakt             relevanten Treffer. Aus diesem Grund wurde das Thema
                   kann stattfinden, jedoch gehen dabei der Augenkontakt       zur Bearbeitung in zwei grosse Hauptbereiche unterteilt.
                   und die Kommunikation verloren. Beides sind essenzielle     Der erste Teil beschäftigt sich mit der Mutter-Kind-Be-
                   Elemente einer sicheren Mutter-Kind-Bindung. Durch          ziehung, der zweite Teil mit der Smartphonenutzung
                   die mütterliche Smartphonenutzung sind die Neuge­           und deren Einfluss auf das Neugeborene.
                   borenen dem Mangel an mütterlicher Aufmerksamkeit
                   ausgeliefert (Ante-Contreras, 2016).                        Hintergrund und Diskussion
                   Laut Ante-Contreras (2016) sind sich die Wenigsten be-      2016 zählte die Schweiz 8 291 973 Einwohner (Wojtek,
                   wusst, dass die Ablenkung durch das Smartphone ein          2017), davon besitzen 4,9 Mio. Menschen im Alter von
                   Neugeborenes direkt beeinflussen kann oder sogar das        15 bis 74 Jahren ein Smartphone (Comparis-AG, 2016).
                   Gefährdungspotenzial erhöht ist. Dies zeigen die seit       Das Smartphone eroberte die Welt innert fünf Jahren.
                   2007 steigenden Unfallzahlen von Kindern unter fünf         Im Vergleich dazu brauchte der Buchdruck von Johannes
                   Jahren in den USA. Die Ärzteschaft hat den Verdacht,        Gutenbergs zwei Jahrhunderte, um sich durchzusetzen.
                   dass die Ablenkung durch das Smartphone während der         Es lässt sich festhalten, dass heutzutage weltweit mehr
                   Kinderbetreuung der Grund für die Unfälle ist (Stempel,     Menschen ein Smartphone besitzen als eine Zahnbürste.
                   2012). Das Smartphone ist in der Gesellschaft zu einem      Auch werden weltweit an einem Tag doppelt so viele
                   ständigen Begleiter geworden, der auch in den intimsten     Smartphones verkauft wie Babys geboren (Tuma und
                   Momenten nicht mehr wegzudenken ist (Y&R Group              McDermott, 2012).
                   Switzerland, 2016).                                         Laut einer Untersuchung der Y&R Group Switzerland
                                                                               (2016) nehmen 56 % der 15- bis 29-Jährigen das Smart-
                                                                               phone als Begleiter mit auf die Toilette. 60 % dieser Al-
                                                                               tersgruppe wollen auch in der Nacht erreichbar sein, und
                                                                               ein Drittel davon würde lieber auf Geschlechtsverkehr

8   Hebamme.ch • Sage-femme.ch 12  2017
verzichten als ihre mobilen Geräte wegzulegen. Diese                 Autorinnen
Untersuchung zeigt, dass an ein Leben ohne Smartphone
nicht mehr zu denken ist.
Um die Fragestellung der Bachelorarbeit beantworten
zu können, wurde die mütterliche Smartphonenutzung
mit der Mutter-Kind-Beziehung, der mütterlichen Fein-
fühligkeit sowie der kindlichen Reizüberflutung mitei­
nander in Bezug gesetzt und diskutiert. Die daraus ge-
wonnenen Ergebnisse wurden in Empfehlungen an die
Hebamme zusammengefasst und in einem nächsten
Schritt als Empfehlungen in Form eines Flyers an die
Mutter umformuliert.

Die Ergebnisse auf einen Blick                                       Simona Baumann, Studierende des Bachelor­s tudienganges Hebamme an der
Mutter-Kind-Beziehung: negative …                                    Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Winterthur, Departement
Hübner (2004) beschreibt in seinem Buch «Mobilfunk –                 Gesundheit, Institut für Hebammen. baumasi1@students.zhaw.ch
die riskante Kommunikation», dass in der heutigen tech-
                                                                     Lucia Seiler, Studierende des Bachelorstudienganges Hebamme an der Zürcher
nologisierten Zeit viel mehr Wert auf Beziehungen mit                Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Winterthur, Departement Gesund-
Mitmenschen gelegt werden muss. Denn der Mensch                      heit, Institut für Hebammen. seileluc@students.zhaw.ch
hat die Tendenz, seine Aufmerksamkeit den technischen
Geräten zu widmen, was besonders im Umgang mit
Kindern bedenklich ist. Ein häufiges Benutzen von
Smartphones beeinflusst folglich die Aufmerksamkeit          austauschen können. Denn der Übergang zur Mutter-
des Nutzers (Hübner, 2004). Wertvolle Zeit und Zuwen-        schaft ist gemäss McDaniel et al. (2011) ein langfristiger
dung für das Neugeborene, die zentral für die Entwick-       Prozess und eine Umstrukturierung des Alltags. Beides
lung einer stabilen Mutter-Kind-Beziehung sind, gehen        beginnt bereits in der Schwangerschaft und hält bis
somit verloren. Denn ein Neugeborenes kann noch nicht        nach der Geburt an. Dieser Lebensumbruch gehört für
selbst die Verantwortung für die externe Regulation          viele Eltern zu den stressigsten Lebensereignissen.
seiner körperlichen Bedürfnisse übernehmen und ist           Soziale und familiäre Ressourcen sind der Schlüssel, um
deshalb von seiner Bezugsperson abhängig (Levine und         sich in dieser Zeit nicht von der Umwelt zu isolieren. Der
Kline, 2013).                                                Austausch auf sozialen Medien bietet Müttern die Mög-
Hübner (2004) rät mit einem «Zeitort» zu einem bewuss-       lichkeit, Ratschläge zur Mutterschaft zu erhalten, und
ten Verzicht auf Smartphones, um kostbare persönliche        vermittelt das Gefühl, verstanden und nicht alleine ge-
Zeit mit seinem Neugeborenen zu gewinnen. Ein «Zeit­         lassen zu werden. Es ist jedoch kein Ersatz für ein physi-
ort» ist eine ausgewählte Stunde am Tag, in der sich die     sches Gespräch (Leung und Lee, 2004). Dieses finden
Mutter mit ihrer ganzen Aufmerksamkeit ihrem Neuge-          Mütter in sogenannten Wiegestuben, auch Eltern-Kind-
borenen widmet. Diese «Zeitorte» geben dem Neugebo-          Gruppen genannt. Mütter treffen sich mit anderen
renen ein Gefühl der Wertschätzung und stärken die Be-       Müttern, es entstehen Freundschaften, ein reger Aus-
ziehung zwischen der Mutter und dem Neugeborenem.            tausch, verbunden mit lebensnaher, intensiver Eltern-
Ausserdem hilft es der Mutter, zu reflektieren, wann der     schulung (Verein Spielraum-Lebensraum Grabs, 2008).
Smartphonekonsum angebracht ist und wann nicht.
Dazu wurden bereits Apps wie «Moment» entwickelt,            Feinfühligkeit
die den täglichen Smartphonekonsum messen (Ante-             Ainsworth (1974) beschreibt die vier wichtigen Kompo-
Contreras, 2016). Vielen Müttern ist nicht bewusst, wie      nenten der mütterlichen Feinfühligkeit: Wahrnehmung
viel Zeit sie tatsächlich an ihren Smartphones verbringen    der Signale, richtige Interpretation der Signale, ange-
und dass sich dies negativ auf ihr Neugeborenes auswir-      messene Antwort und prompte Antwort. Eine Mutter
ken kann.                                                    kann zwar physisch für ihr Neugeborenes anwesend, zur
                                                             selben Zeit aber distanziert und unfähig sein, auf des-
… und positive Auswirkungen                                  sen Bedürfnisse einzugehen (Ante-Contreras, 2016). Ein
Die Ergebnisse zeigen jedoch auch positive Auswirkun-        Beispiel kann die Situation nach der Geburt darstellen,
gen der Smartphonenutzung auf die Mutter-Kind-Bezie-         in der das Neugeborene nackt auf der Brust der Mutter
hung. Die Studie von Leung und Lee (2004) hält fest, dass    liegt. Ist die Mutter durch das Smartphone abgelenkt
die virtuelle Verknüpfung mit anderen Personen die Le-       und nimmt sie die Signale des Neugeborenen nicht
bensqualität der Menschen erhöht. Zu einem weiteren          wahr, kann sie diese weder interpretieren noch ange-
positiven Aspekt der Internetnutzung kamen McDaniel          messen und prompt darauf antworten. Deshalb sind die
et al. (2011) in ihrer Studie. Das Kommunizieren von Müt-    vier Komponenten von Ainsworth (1974) voneinander
tern auf Plattformen stellt eine Unterstützung dar, da sie   abhängig.
sich über ihre neuen Aufgaben und Herausforderungen          Das Neugeborene braucht eine Bezugsperson, die es ver-
                                                             steht und die zu einem angebotenen Dialog bereit ist
                                                             (Bowlby, 2014). Findet dieser Austausch nicht statt, wird
                                                             es sich in sich zurückziehen (Levine und Kline, 2013). Ge-
                                                             mäss Künster und Ziegenhain (2014) trägt jeder Erwach-

                                                                                                        12 2017 Hebamme.ch • Sage-femme.ch        9
Dossier

                  sene das «intuitive Elternverhalten» in sich. Es ist nicht   Die Ergebnisse zeigen, dass die mütterliche Smartphone-
                  erlernbar und lässt einen instinktiv das Richtige tun. Die   nutzung einen negativen Einfluss auf die Mutter-Kind-
                  Ausprägung des «intuitiven Elternverhaltens» und die da-     Beziehung und die Feinfühligkeit hat sowie zu einer Reiz-
                  mit verbundene Feinfühligkeit sind unterschiedlich. Denn     überflutung für das Neugeborenen führen kann.
                  der Mangel an eigenen positiven Beziehungserfahrungen
                  oder ungünstigen Lebenssituationen können «intuitives        Empfehlungen für die Hebamme
                  Elternverhalten» stören und den feinfühligen Umgang          Mutter-Kind-Beziehung
                  mit dem Neugeborenen beeinträchtigen.                        Die Hebamme sollte
                  Um diese Ausprägung zu erheben und zu interpretieren,        – der Mutter die Wichtigkeit der Mutter-Kind-Beziehung
                  wurde das Messinstrument Skala elterliche Feinfühligkeit        nahebringen und ihr aufzeigen, dass durch übermäs­
                  (SeF) entwickelt (Künster und Ziegenhain, 2014). Damit          sige Smartphonenutzung wichtige Zeit mit ihrem Neu-
                  wird das Verhalten der Hauptbezugsperson in der Inter-          geborenen verloren geht. Die Hebamme kann den täg-
                  aktion mit dem Neugeborenen beschrieben. Der Aus-               lichen Smartphonekonsum der Mutter erfragen und
                  tausch wird anhand von vier verschiedenen Dimensio-             sie auf Apps hinweisen.
                  nen auf einer siebenstufigen Skala von «sehr feinfühlig»     – der Mutter die «Zeitorte» nach Hübner (2004) erklären
                  bis «überhaupt nicht feinfühlig» dargestellt (Künster           und ihr mögliche Beispiele wie das Stillen, Wickeln, Ba-
                  und Ziegenhain, 2014). Zur Einschätzung der elterlichen         den oder Massieren des Neugeborenen nennen.
                  Verhaltensweisen wird nicht ein einmaliges, sondern ein      – den positiven Aspekt der Internetnutzung auf das
                  längerer Zeitraum und ein sich wiederholendes Verhal-           Wohlbefinden der Mutter nicht vorenthalten, sie je-
                  ten beobachtet. Die SeF ist ein erster guter Ansatz, um         doch auf «Wiegestuben» aufmerksam machen. Denn
                  einen Beitrag zur Gesundheitsförderung von Kindern              der Austausch im Internet stellt keinen Ersatz für ein
                  sowie präventiven Kinderschutz zu leisten (Künster und          physisches Gespräch dar.
                  Ziegenhain, 2014). Hebammen können beim Verdacht
                  eines nicht einfühlsamen Verhaltens der Mutter die SeF       Feinfühligkeit
                  als Ressource nutzen.                                        Die Hebamme sollte
                                                                               – die Mutter über die wichtigen Komponenten der Fein-
                  Reizüberflutung                                                 fühligkeit aufklären. Dabei ist es wichtig, der Mutter
                  Wenn bereits Erwachsene anfällig auf technologisierte           aufzuzeigen, dass sie durch die Smartphoneablenkung
                  Reize sind, dann sind Neugeborene umso mehr einer               die Signale ihres Neugeborenen weder interpretieren
                  Reizüberflutung ausgesetzt, denn ihre Sinnesorgane              noch angemessen und prompt darauf antworten kann
                  sind nach der Geburt offen und sie können die Umge-             (Ainsworth, 1974).
                  bungsgeräusche noch nicht einordnen (Verein Spielraum-       – die Mutter sensibilisieren, mit ihrem Neugeborenen zu
                  Lebensraum Grabs, 2008). Deshalb sind sie bei einer Reiz-       sprechen und ihm ihr Handeln mit passenden Worten
                  überflutung auf das Umfeld angewiesen. Die Mutter               zu erklären. Die Hebamme selbst kann dabei ein Vor-
                  kann durch ihre sanfte Stimme das Neugeborene in einer          bild sein, indem sie bei den Untersuchungen mit dem
                  Stressreaktion beruhigen, damit es sich nicht durch eine        Neugeborenen spricht und ein feinfühliges Verhalten
                  automatische Reaktion verschliesst. Ist sie durch das           zeigt.
                  Smartphone abgelenkt und erachtete sie anfällige Stör-       – bei bestehendem Verdacht eines nicht einfühlsamen
                  reize als unbedeutend oder nimmt sie diese selbst gar           Verhaltens der Mutter die Ressource der SeF nutzen.
                  nicht wahr, ist anzunehmen, dass die Mutter die Reiz-
                  überflutung des Neugeborenen auch nicht realisieren          Reizüberflutung
                  kann (Levine und Kline, 2013). Dies kann fatale Folgen       Die Hebamme sollte
                  haben, denn das Kind wird in eine lebhafte Gemein-           – der Mutter ihr Wissen über die kindliche Reizüberflu-
                  schaft hineingeboren, die von Stress und Hektik geprägt         tung weitergeben.
                  ist. Früher oder später wird ein Neugeborenes ihr ausge-     – der Mutter erklären, dass sie ein Vorbild für ihr Neuge-
                  setzt sein.                                                     borenes ist. Somit soll die Mutter versuchen, nicht alle
                  Es ist deshalb umso wichtiger, ein Vorbild zu sein, indem       Tätigkeiten gleichzeitig zu tun.
                  versucht wird, nicht alles gleichzeitig zu tun, sich Zeit
                  ohne äussere Ablenkung einzuplanen, sich Ruhe zu gön-        Relevanz für die Hebammenarbeit
                  nen, um dann dem Neugeborenen ungeteilte Aufmerk-            In naher Zukunft ist zu erwarten, dass beinahe jede Mut-
                  samkeit zu schenken (Verein Spielraum-Lebens­raum            ter ein Smartphone besitzen wird. Die Aufklärung durch
                  Grabs, 2008). Gemäss Hübner (2006) können sich Neu-          die Hebamme ist somit von grosser Bedeutung und
                  geborene erst ab einem gewissen Alter von Medien­            sollte bereits in der Schwangerschaft ein Thema sein.
                  einwirkungen schützen und bewusst gesunde Gegen­             Eine kontinuierliche Betreuung durch die Hebamme
                  gewichte aufbauen.                                           stellt dabei einen Vorteil dar. Die Autorinnen haben die
                                                                               Erkenntnisse der Empfehlungen an die Hebamme für die
                                                                               Mutter in Form eines Flyers umformuliert. Dieser unter-
                                                                               stützt die Beratung der Fachpersonen, die mit der Mutter
                                                                               während Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett zu
                                                                               tun haben. Zusätzlich kann er in Praxen und Spitälern
                                                                               aufgelegt werden, um Mütter unabhängig von einem
                                                                               Beratungsgespräch zu informieren.

10   Hebamme.ch • Sage-femme.ch 12  2017
Bevor die Hebamme die genannten Empfehlungen aus-                          der Mutter fundierte Argumente gegeben werden, wes-
spricht, ist es hilfreich, Hintergrundinformationen der                    halb sie gut über ihren Smartphonekonsum nachdenken
Mutter zu erhalten mittels Fragen über ihren Smart­                        soll. Langzeitstudien würden eine solidere Basis für die
phonegebrauch, ihr Wissen, den Einfluss der Smartpho-                      Beratung von Müttern bieten und einen wichtigen Bei-
nenutzung auf ein Neugeborenes sowie über die Res-                         trag zur Aufklärungsarbeit von Hebammen leisten. Ein
sourcen aus ihrem sozialen Umfeld. Die Informationen                       Forschungsauftrag ist somit gegeben, nicht nur im Inte-
helfen der Hebamme, die Empfehlungen individuell an                        resse der Neugeborenen, sondern der ganzen Gesell-
die Mutter anzupassen. Diese sind keine Richtlinien für                    schaft.
den richtigen Umgang mit dem Smartphone, sondern
sollen die Mutter auf das Thema aufmerksam machen                          Dieser Artikel beruht auf der Bachelorthesis «Smartphone –
und ihr Bewusstsein für die Smartphonenutzung schär-                       der ständige Begleiter, Einfluss auf die Mutter-Kind-Beziehung»
fen.                                                                       von 2017 der Autorinnen, die sie im Rahmen ihres Studiums
                                                                           an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften
                                                                           geschrieben haben.
Ausblick: qualitative Langzeitstudien nötig
Die Autorinnen sehen es als dringend notwendig, der
Frage nachzugehen, welchen Einfluss die mütterliche
Nutzung eines Smartphones auf die Mutter-Kind-Be­
ziehung hat. Obwohl dieses Thema in der Gesellschaft, in
den Medien sowie in Büchern kritisch diskutiert wird,
wurden bisher keine Studien durchgeführt. Aus diesem
Grund wäre es sinnvoll, qualitative Langzeitstudien zu
lancieren, damit der Einfluss über einen längeren Zeit-
raum untersucht werden kann. Ausserdem soll die Aus-
wirkung der Smartphonestrahlung auf das Neu­geborene
miteinbezogen werden, die aufgrund der begrenzten Res-
sourcen der Bachelorarbeit nicht berücksichtigt werden
konnte. Mit dem Einschliessen dieses Aspektes könnten

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                                                                                                                            12 2017 Hebamme.ch • Sage-femme.ch   11
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