Hygienemaßnahmen: Entscheidungsfindung und Informationsvermittlung - mhp Verlag

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Hygienemaßnahmen: Entscheidungsfindung und Informationsvermittlung - mhp Verlag
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Hygienemaßnahmen: Entscheidungsfindung und
Informationsvermittlung
13. Ulmer Symposium Krankenhausinfektionen, 27. - 29. März 2019
Gudrun Westermann, Alexandra Becker

Vom 27. – 29. März fand im Congress Centrum am Donau-          World Trade Center sämtliche Flugzeuge im Luftraum der
Ufer das Ulmer Symposium Krankenhausinfektionen statt.         USA irgendwo gelandet werden konnten, obwohl es hierfür
In der Eröffnungssitzung warf Prof. Dr. Wolfgang Gaiss-        keinen vorgefertigten Prozess gab.
maier aus Konstanz einen Blick auf eines der Hauptthemen           Wie andererseits eine unzureichende Kommunikation zu
des Kongresses – die Psychologie der Entscheidungsfindung.     negativer Darstellung in den Medien führen kann, verdeut-
    Bekannt ist, dass Gefahren oft falsch eingeschätzt         lichte Gutzeit anhand seiner eigenen Abteilung. Hier werden
werden, z.B. wird Autofahren als sicherer empfunden als        MRT-Scans auch an Hunden durchgeführt. Nachdem dies in
eine Flugreise, und die Angst, bei einem Terroranschlag        den Medien zum Risiko aufgebauscht worden war, entschloss
umzukommen ist vergleichsweise hoch, das reale Risiko aber     man sich, dem eine evidenzbasierte Herangehensweise
tatsächlich verschwindend gering, v.a. im Vergleich mit z.B.   entgegenzusetzen und untersuchte systematisch die Scanner
der Gefahr, an einem Herzinfarkt zu sterben.                   an mehreren Krankenhäusern. Außerdem wurden Abklatsch-
    Ebenso wird der Nutzen medizinischer Maßnahmen oft         proben von Hunden (Fell) und Menschen (Bart) sowie jeweils
überschätzt, und anekdotischen Berichten wird u.a. durch       Abstriche von der oralen Schleimhaut genommen.
soziale Verstärkung mehr Bedeutung beigemessen als Fakten.         Es fanden sich hochsignifikant mehr (humanpathogene)
    Gaissmaier machte dafür u.a. einen Mangel an Evidenz-      Keime im Bart als im Fell, auch hatten die Menschen mehr
kultur verantwortlich. Oft werden Kausalitäten ange-           Keime im Mund als die Hunde im Maul, darunter allerdings
nommen, die nicht existieren. Ein Grund dafür sei, dass        weniger pathogene Keime.
medizinische Information oft schwer verständlich darge-            Die Untersuchung der Scanner selbst zeigte, dass die für
boten werden und zudem der Umgang mit Statistiken nicht        Mensch und Hund alternierend genutzten sogar geringere
ausreichend gelehrt werde. Gaissmaier verdeutlichte dies       KBE-Zahlen aufwiesen. Es ergibt sich also kein Nachteil, wenn
anhand einiger Beispiele, z.B. zum Zusammenhang von            das Gerät auch für Hunde benutzt wird und der etablierte
Fleischverzehr und Krebsrisiko, und rief abschließend dazu     Desinfektionsprozess ist offensichtlich ausreichend wirksam.
auf, Daten besser aufzubereiten. Eine transparente Darstel-        In einer ähnlichen Untersuchung zeigte Gutzeit, dass
lung fördert das Verständnis und vereinfacht das Aufstellen    Haltegriffe in öffentlichen Bussen sowie öffentliche Toiletten
von Entscheidungsregeln.                                       mit wesentlich weniger Mikroorganismen belastet waren als
                                                               in der Klinik verwendete Ultraschallsonden. Dieser Miss-
Im Anschluss beleuchtete Prof. Dr. Andreas Gutzeit aus         stand ließ sich nach einer Schulung des Personals zur Desin-
der Schweiz das Thema Entscheidungsfindung aus der Sicht       fektion der Sonden allerdings beheben.
des Radiologen. Er stellte die Bedeutung der Kommunika-            Um solche Verbesserungen zu ermöglichen sei eine
tion heraus, die z.B. am 11. September 2001 dazu geführt       vertrauensvolle Kommunikation und Diskussion auf der
hat, dass innerhalb von Minuten nach dem Anschlag auf das      Sachebene nötig, erklärte Gutzeit.

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VERANSTALTUNGEN | Ulmer Symposium Krankenhausinfektionen

       Hepatitis E – häufiger als gedacht                             Jahr hinweg regelmäßig beprobt, um einen jahreszeitlichen
    PD Dr. Jürgen Wenzel, Regensburg, sprach über „den Fall           Verlauf abzubilden. Klinisch relevante Antibiotika-resistente
    Hepatitis E“. Diese fünfte Form der klassischen Virushepati-      Bakterien umfassten ESBL, MRSA und VRE. Einige Stämme
    tiden A–E galt in Deutschland lange als ausschließlich impor-     traten nur zeitlich und räumlich begrenzt auf, andere waren
    tierte Infektion. Erst in den letzten Jahren wurde deutlich,      im gesamten Untersuchungszeitraum nahezu konstant
    dass der HEV Genotyp 3 auch in Europa und Nordamerika als         vorhanden.
    Zoonose häufig vorkommt. Der Erreger ist in Schweinen und             Eine neue KRINKO-Empfehlung zum Umgang mit
    Wildschweinen weit verbreitet. Menschen können sich durch         Abwasser aus Kliniken wird u.a. auf der Basis dieser Erkennt-
    kontaminierte Nahrungsmittel infizieren. Die Infektion ist in     nisse derzeit erarbeitet.
    Deutschland häufig (ca. 420.000 pro Jahr). Die Meldungen
    sind dementsprechend in den letzten Jahren exponentiell           Johanna Groß aus Prien am Chiemsee erläuterte anhand
    angestiegen, die meisten Fälle davon ohne Reiseanamnese.          zahlreicher Fotos, welche Maßnahmen im Alltag umsetzbar
        Wenzel wies darauf hin, dass Hepatitis E häufig bei organ-    sind, um Patienten vor Erregern aus Sanitärbereichen zu
    transplantierten Patienten vorkommt. Er stellte einen Fallbe-     schützen.
    richt vor, wo die Infektion zunächst mit einer Abstoßungsre-          Im Rahmen einer Häufung nosokomialer P. aeruginosa
    aktion verwechselt worden war. Unter antiviraler Therapie         4 MRGN-Kolonisationen wurden Umgebungsuntersuchungen
    mit Ribavarin konnte die Infektion ausgeheilt werden. An          u.a. in Nasszellen durchgeführt. In 50% der für Patienten
    diesem Fallbericht ließ sich zugleich die niedrige Infektio-      mit P. aeruginosa-Nachweis genutzten Nasszellen wurde der
    sität demonstrieren, denn obwohl der Patient über zwei            Erreger nachgewiesen. 87,5% der Nachweise gelangen in
    Jahre mit hoher Virusausscheidung unterwegs gewesen sein          Nasszellen, die seit mehreren Wochen bis Monaten nicht bzw.
    muss, traten in der Familie und im schulischen Umfeld keine       noch nie von Patienten mit P. aeruginosa 4 MRGN-Nachweis
    weiteren Fälle auf.                                               genutzt worden waren.
        Die Hepatitis E ist offenbar viel häufiger als Hepatitis A,       Hierzu erklärte Frau Groß, dass zwischen Abflüssen in Sani-
    wobei ein hoher Anteil der Infektionen klinisch inapperent        tärbereichen zum Teil kommunizierende Röhren bestehen,
    verläuft – höchstens einer von 100 Patienten wird klinisch        auch wenn dies nicht so sein sollte. Dadurch kann sich die
    auffällig, sagte Wenzel.                                          Kontamination trotz der Installation von „Hygiene-Siphons“
        Abschließend wies er darauf hin, dass zur Entscheidungs-      bis ins Waschbecken erstrecken und ist eben auch unabhängig
    findung bezüglich einer Isolation im Krankenhaus und der          davon, ob ein Patient mit dem entsprechenden Erreger die
    Notwendigkeit weiterer Maßnahmen eine PCR-Bestätigung             Nasszelle genutzt hat. Als besonders wichtig stellte Frau Groß
    notwendig ist, da das HEV IgM bis zu einem Jahr nach einer        in diesem Zusammenhang das Grundwissen von Mitarbeitern
    Infektion positiv bleiben kann und insofern kein Indikator        und ggf. auch Patienten heraus, dass Waschbecken, Toiletten
    für eine aktive Infektion ist.                                    und Bodenabläufe/Wannen von Duschen als potentiell konta-
                                                                      minierte Bereiche gelten müssen. Einfach verständliche und
       Gefahr aus dem Abfluss                                         im Alltag unproblematisch umsetzbare Basishygiene-Vorgaben
    Sanitärbereiche können ein Risiko für die Weiterverbreitung       dienen dem Schutz der Patienten und auch der Mitarbeiter vor
    insbesondere gramnegativer Erreger (auch MRE) darstellen.         der Akquise von MRE aus dem Sanitärbereich.
    In einer Sitzung zum Thema Nasszelle im Krankenhaus
    berichtete Alexander Voigt aus Bonn über das Vorkommen               Umgebungsmikrobiom – wie hängt es mit HAI
    antibiotisch wirksamer Substanzen in Toiletten-, Waschbe-         zusammen?
    cken- und Duschabflüssen verschiedener deutscher Kliniken.        In der Sitzung Mikrobiom und Antimikrobielle Oberflächen
    Das direkte Abwasser aus vier Kliniken (Onkologie, Neuro-         sprach Prof. Dr. Hortense Slevogt über die Besiedlung von
    logie, Dermatologie, Psychosomatik) und fünf Privathaus-          Oberflächen in einem neuen Krankenhaus. Es entwickelt sich
    halten wurde mittels LC-MS/MS auf Antibiotikarückstände           eine Mikrobiom, wobei Bakterien häufig in Biofilmen organi-
    hin untersucht. In 76% der untersuchten klinischen Sani-          siert sind. Dieses Umgebungsmikrobiom geht trotz adäquater
    täreinheiten wurde mindestens ein Antibiotikum nachge-            Hygienemaßnahmen auch auf die Patienten über, wie in
    wiesen, darunter nicht nur Rückstände der Antibiotika, die        Untersuchungen auf Neugeborenen-Intensivstationen gezeigt
    Bestandteil der aktuellen Medikation des Patienten waren.         werden konnte.
    Möglicherweise kommt es zur Speicherung von Antibiotika               Frau Slevogt erklärte, dass man grundsätzlich von einer
    im Biofilm. Dazu passt der Befund, dass nach einer ausrei-        unvollständigen Reinigung ausgehen müsse. In einer Reini-
    chenden Spülung der Sanitäreinheit die Rückstandskonzen-          gungsstudie in Sporteinrichtungen habe sich außerdem
    trationen deutlich geringer sind, aber während einer Stag-        gezeigt, dass sich durch die Verwendung bestimmter Desin-
    nation der wässrigen Phase wieder ansteigen. Problematisch        fektionsmittel, v.a. Triclosan, ein spezifisches Mikrobiom
    sind solche Antibiotikarückstände im direkten Expositions-        herausbilde, das auch zu AB-Resistenzen führen könne.
    bereich vulnerabler Patienten zu sehen.                               Neben den bekannt effektiven Maßnahmen wie Hände-
                                                                      desinfektion sind auch neue Lösungen, z.B. Umwelt-Probio-
    Heike Müller aus Bonn sprach über Antibiotika-resistente          tika, in der Erprobung.
    Bakterien im Abwasser von Patienten-Nasszellen. Auf einer
    Station mit hohem Antibiotika-Einsatz wurden im Rahmen            Christoph Kutschker aus Radebeul sprach über die Präven-
    des HyReKA-Projekts Siphons von Waschbecken und Duscha-           tion von nosokomialen Infektionen durch antimikro-
    bläufen sowie Toiletten in 14 Patienten-Nasszellen unter-         biell ausgerüstete Textilien. Untersucht wurde, ob durch
    sucht. Drei der Nasszellen wurden anschließend über ein           den Einsatz antimikrobiell ausgerüsteter Bettwäsche und

2   Hygiene & Medizin | Volume 44 | 2019
Gardinen/Vorhänge die Keimfreisetzung von Bakterien in             Hygienemanagement – Patienten einbinden und
die Umgebung minimiert werden kann, und ob die bakteri-         Daten transparent aufbereiten
elle Kontamination von Vorhängen (Duschvorhängen) durch         In einer Sitzung zu Hygienemanagement und Surveillance
antimikrobielle Ausrüstung verringert wird. Täglich wurde       berichtete Dr. Kathleen Dittmann über Aktivitäten zur
die Koloniezahl der Wäsche und der in den antimikrobiellen      verbesserten Umsetzung infektionspräventiver Maßnahmen,
und nicht antimikrobiell ausgerüsteten Bereichen quantitativ    die die Patienten mit einbinden. Das Programm „AHOI –
und qualitativ durch Kontaktkulturen bestimmt. Am letzten       Patient im Boot“ zielt auf eine Aktivierung von Patienten
Nutzungstag erfolgte jeweils eine quantitative Koloniezahl-     und Pflegenden zur Teilnahme an der Infektionsprävention
bestimmung durch Flüssigextraktion.                             ab. Durch das Programm kennen Patienten und Besucher
    In einem Untersuchungszyklus über vier mal vier Tage bei    die Hygienemaßnahmen und beobachten auch das Personal
jeweils fünf Patienten (408 Abklatschproben bei 54 Wäsche-      entsprechend; allerdings gibt es noch eine deutliche Hemm-
stücken) zeigte sich keine Überlegenheit der antimikrobiell     schwelle, das Personal auf Fehler hinzuweisen oder Fragen
ausgestatteten Bettwäsche. In einem Untersuchungszyklus         zu stellen.
von acht Wochen in drei Patientenzimmern zeigten sich die           Im Rahmen von AHOI wurden bundesweit Krankenhaus-
antimikrobiell ausgestatteten Vorhänge nur in einem Fall        leitungen zum Innovationsverhalten im Hygienemanagement
überlegen. In einem zweiten, dann längeren Untersuchungs-       befragt. Von den 206 teilnehmenden Krankenhausleitungen
zyklus von 24 Wochen in wiederum drei Patientenzimmern          wurde als Barriere für die Umsetzung von Hygienekonzepten
zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen Stan-       vor allem der Zeitmangel gesehen. 77% der Befragten gaben
dard- und antimikrobiell ausgestatteten Vorhängen.              an, dass die Hygienesituation durch die Einbindung der Pati-
    Bei der Untersuchung der antimikrobiellen Duschvor-         enten gestärkt werden könnte.
hänge zeigte sich über eine Untersuchungszeit von 8 Wochen          Der Nutzen des Programms für die Ergebnisqualität
ein indifferentes Bild. Bei 2 von 5 Duschvorhängen war der      medizinischer Behandlungen und Reduktion von Kosten ist
antimikrobiell ausgestattete dem konventionellen überlegen.     deutlich, und das Projekt steht dementsprechend im Fokus
Weitere 3 von 5 waren gleichwertig.                             der Öffentlichkeit und wurde auch schon von der Christoph
    Obwohl sich zum Teil verringerte KBE-Zahlen nach-           Lohfert Stiftung ausgezeichnet.
weisen ließen, konnten die bisherigen Untersuchungen keine
generelle Überlegenheit antimikrobiell ausgestatteter Texti-    Johanna Groß aus Prien sprach über Kennzahlen und Quali-
lien zeigen.                                                    tätsindikatoren. Hygienefachpersonal stellt eine Vielzahl von
                                                                Daten zur Surveillance und anderen Tätigkeiten des Hygi-
Harnwegsinfektionen (HWI) gehören mit einem Anteil              enemanagements zusammen. Wie können diese Daten nun
von ca. 23% zu den häufigsten nosokomialen Infektionen.         optimal in ein Hygiene-Reporting umgesetzt werden, das u.a.
70–80% davon sind mit einem Katheter assoziiert (CAUTI).        für betriebswirtschaftliche Entscheidungen der Klinikleitung
    Prof. Dr. Gerhard Strugala aus Dresden stellte ein neuar-   genutzt werden kann?
tiges Kathetersystem zur Reduzierung von CAUTI bei Hoch-            In einer deutschen Klinikgruppe mit derzeit 23 Stand-
risikopatienten vor. Der neuartige Katheter zielt in erster     orten wurde 2014 ein Reporting-System für das Hygiene-
Linie auf die Prävention einer Biofimbildung im inneren         management entwickelt und eingeführt. Frau Groß erklärte,
und äußeren Milieu des Katheterschaftes ab sowie auf die        dass für alle Hygienemaßnahmen die relevanten Kennzahlen
Vermeidung von Restharn in der Harnblase. Der vollständige      bzw. Indikatoren für alle Haupt- und Teilprozesse definiert
Abfluss von Urin aus der Blase minimiert das Risiko einer       wurden.
Restharnbildung und verringert die Migration von endogen/           Das systematische Reporting hilft, die Arbeit des Hygie-
exogenen Keimen.                                                nefachpersonals zu strukturieren und z.B. die Einarbeitung
    Die Prävention eines Biofilms erfolgt durch eine konti-     neuer Mitarbeiter im Hygienemanagement zu unterstützen.
nuierliche Befeuchtung der Mucosaepithels der Urethra mit/      Zudem sind Problemfelder in der eigenen Klinik leichter
ohne ausgewählte Kombinationen von Antiseptika aus dem          zu identifizieren, und Mängel können evtl. früher erkannt
Reservoir-Ballon über eines der drei Lumen des Katheters.       werden.
                                                                    Eine Umsetzung der Daten in Excel-Tabellen mit einer
Katharina Konrat aus Berlin stellte einen Bead assay vor        Ampel-Kennzeichnung ist eine gute Argumentationshilfe, so
zum Nachweis der erhöhten Toleranz von Biofilmbakte-            Groß.
rien. Aufgrund ihrer ausgeprägten Widerstandsfähigkeit
sind bakterielle Biofilme immer wieder Quelle von Ausbrü-          Die Kittel-Diskussion
chen. Zudem sind die Anforderungen an eine erfolgreiche         Nachhaltigkeit von Hygienemaßnahmen war das Thema
Desinfektion im Falle einer Biofilmbildung deutlich höher;      eine Sitzung, in der Dr. Susanne Huggett über die Erfah-
beispielsweise sind Biofilme um den Faktor 50 toleranter        rungen mit der Einführung kurzärmeliger Arztkittel berich-
gegenüber Glutaraldehyd als planktonische Bakterien.            tete. In mehreren europäischen Ländern wie Holland und
    Biofilm-Kultivierungssysteme sind teuer und aufwändig.      England und auch in den meisten Kliniken in den USA ist der
Das von Frau Konrat vorgestellte Bead Assay System mit Glas-    kurzärmelige Kasack für Ärzte aus hygienischen Gründen
perlen ist dagegen eine leicht durchführbare, kostengünstige    als Standard akzeptiert. Die Ankündigung der Abschaffung
Prüfmethode. Die Glasperlen werden innerhalb von 24 h           des langärmeligen Arztkittels in den Asklepios Kliniken im
vollständig bewachsen. Nach Desinfektion und Neutralisa-        Februar 2016 hat intern und extern umfangreiche Diskus-
tion erfolgt die Ablösung der Biofilme durch Ultraschall und    sionen ausgelöst. Interessanterweise ging es dabei auch in
anschließende Untersuchung der Keimreduktion.                   den Medien häufiger um „Modethemen“, also den Schnitt der

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VERANSTALTUNGEN | Ulmer Symposium Krankenhausinfektionen

    Kittel oder auch ökonomische Aspekte, während die Patien-        onsmaßnahmen. Das Stammpersonal beherrschte die Tätig-
    tensicherheit in der Auseinandersetzung wenig Erwähnung          keit, bei Aushilfen traten Fehler auf. Deshalb erfolgte eine
    fand. Lange Ärmel können aber bei Patientenkontakt ein           Begleitung der Reinigung durch die HFK, außerdem gab es
    erhöhtes Risiko darstellen. Darüber hinaus wird die hygie-       intensive Schulungen und Kontrollen. Weitere Maßnahmen
    nische Händedesinfektion durch langärmelige Kittel einge-        wie z.B. der patientenbezogene Einsatz von Medizinpro-
    schränkt.                                                        dukten und die Information von Patienten und Angehörigen
        Die Bedeutung des Arztkittels als Statussymbol bzw.          halfen schließlich, den Ausbruch nach 49 Tagen zu beenden.
    „Erkennungsmerkmal“ für Ärzte spielt anscheinend nach wie            In seinem Fazit sagt Herr Janssen, dass die Übertragung
    vor eine Rolle. Frau Huggett hob die Vorbildfunktion der         von VRE schneller geschieht als angenommen. Handtücher
    Chefärzte hervor, die es erleichtern können, sich davon zu       und Waschlappen der Patienten stellen ein Kontaminationsri-
    lösen.                                                           siko dar. Mehrbettzimmer und hausinterne Verlegungen sind
        Mittlerweile hat sich auch die DGKH aufgrund der Infek-      kritisch zu sehen. Da die Übertragung auch über Oberflächen
    tionsprävention für kurzärmlige Kasacks ausgesprochen,           erfolgt, sind Schulungen besonders des Hauswirtschaftsper-
    auch wenn die Evidenz, wie in vielen Fällen in der Kranken-      sonals entscheidend wichtig.
    haus-Hygiene, noch fehlt.                                            Bei all dem müsse allerdings berücksichtigt werden, dass
                                                                     die Maßnahmen eine nicht unerhebliche Mehrbelastung der
       Outbreaks – woher und wohin?                                  Mitarbeiter bedeuten.
    Am zweiten Kongresstag ging es in einer Sitzung zu Outbreaks
    zunächst um die Bedeutung von Patientenströmen. PD Dr.           C. difficile ist nahezu ubiquitär nachweisbar und übersteht als
    Nico Mutters aus Freiburg erklärte dazu, dass sich so            Sporenbildner die alkoholische Händedesinfektion. Es kann
    genannte Hochrisikoklone am effektivsten dort verbreiten,        sowohl als asymptomatischer Kolonisationskeim als auch als
    wo sich ein Selektionsvorteil bietet (z.B. Antibiotikagabe)      Krankheitserreger nachgewiesen werden.
    und gute Übertragungsmöglichkeiten bestehen (z.B. räum-               Prof. Dr. Lutz von Müller aus Coesfeld sprach über die
    liche Nähe). Das Gesundheitssystem zeichnet sich durch eine      Bedeutung der Typisierung für das Verständnis der Epide-
    zunehmende Vernetzung aus. Patienten werden von einem            miologie von Clostridium-difficile-Infektionen. Hauptrisiko-
    Träger zum anderen überwiesen oder verlegt, und multire-         faktor für den Übergang einer C. difficile-Kolonisation in eine
    sistente Erreger (MRE) folgen diesen Patientenströmen. Die       C. difficile-Infektion ist eine antibiotische Therapie, die die
    Position einer Einrichtung im Netzwerk korreliert daher mit      Normalflora zerstört und so zu einer Dysbiose führt.
    den Inzidenzen von MRE.                                               Auch Genotyp und Phänotyp von Isolaten entscheiden
        Mutters zeigte Beispiele für die regionale Zirkulation       über die Epidemiologie und die klinische Manifestation. Von
    von MRE-Erregern; geographische und politische Besonder-         Müller gab einen kurzen Überblick über die Typisierungsme-
    heiten, wie z.B. eine Sprach- oder Datumsgrenze, können          thoden, die differenzierte Untersuchungen zur Epidemiologie
    dabei als Grenzen wirken.                                        erlauben und multiresistente oder hochvirulente Stämme
        Aufgrund dieser Zusammenhänge sind rein einrich-             identifizieren helfen sowie u.U. eine transnationale Ausbrei-
    tungsfokussierte Interventionen nicht mehr in der Lage, die      tung zeigen können; im Gegensatz dazu zeigt ein einfacher
    MRE-Ausbreitung zu stoppen. Netzwerkbasierte Interventi-         Nachweis nur den Anstieg der Inzidenz. Hier kann das neue
    onen sind in Zukunft notwendig, und dafür ist es sinnvoll, die   Nationale Referenzzentrum (NRZ) für C. difficile (Homburg
    Netzwerkgrenzen zu kennen. Mutters erwähnte als Beispiel         – Münster – Coesfeld) dazu beitragen, die Dynamik der C.
    die Untersuchungen von John Snow, der einen regionalen           difficile-Epidemiologie zu erfassen und diese mit besonders
    Cholera-Ausbruch in Soho auf eine einzige Wasserpumpe            schweren Verlaufsformen zu korrelieren.
    zurückführen konnte. Vor dem Hintergrund der Netzwerk-Ef-             Für schwere Fälle besteht Meldepflicht; die Anzahl der
    fekte können geographische Analysen auch heute sinnvoll          Meldungen variiert stark nach Bundesland.
    sein, und es lohnt sich, in der Surveillance das Gesamtnetz-          Obwohl Altenheime als Reservoir gelten, ist die Durch-
    werk zu betrachten, um Ausbrüche zu erkennen.                    seuchung dort nicht höher als in Allgemeinbevölkerung.
                                                                     90% der Träger sind asymptomatisch, aber auch von diesen
    Olaf Janssen, Hygienefachkraft aus Vechta, berichtete            können Ausbrüche ausgehen, erklärte von Müller.
    über einen VRE-Ausbruch und daraus resultierende Konse-               Ein besonderes Risiko für eine Übertragung besteht für
    quenzen für die Hygieneroutine. Bei einer onkologischen          Patienten in einem Patientenzimmer, das vorher mit einem
    Patientin wurde ein VRE als Zufallsbefund nach 18 Tagen          C.-difficile-Infizierten belegt war. Dies zeigt die Bedeutung
    Aufenthalt nachgewiesen. Daraufhin wurden von den sechs          der Reinigung – eine Schulung der Reinigungskräfte verbes-
    Mitpatienten tiefe Analabstriche entnommen, von denen drei       sert die Situation nicht nur im Hinblick auf C. difficile. Es
    VRE-positiv waren. Ein Screening aller Patienten der betrof-     ist sinnvoll, dabei einen Indikatorkeim zu wählen, anhand
    fenen Station identifizierte weitere sieben positive Nichtkon-   dessen sich der Reinigungserfolg gut dokumentieren lässt.
    taktpatienten.
        Herr Janssen beschrieb die Akutmaßnahmen – Kohorten-            Wasserqualität in besonderen Situationen
    isolation und Verlegungsverbot – und die möglichen Über-         Trinkwasser unter besonderen Umständen war Thema einer
    tragungswege. Umgebungsuntersuchungen führten zum                Sitzung, in der zunächst Dr. Canio Germano aus Potsdam
    VRE-Nachweis in der Nasszelle der Patientenzimmer wie            auf die Herausforderungen der Trinkwasserversorgung bei
    auch im Zimmer, z.B. auf den relativ breiten Fensterbänken,      Bundeswehreinsätzen einging. Von Trinkwasser darf keine
    die auch zum Sitzen oder als Ablage genutzt werden. Es folgte    gesundheitliche Gefährdung ausgehen. Im Einsatz lässt sich
    eine Überprüfung der laufenden Reinigungs- und Desinfekti-       die deutsche Trinkwasserverordnung mit ihren sehr strengen

4   Hygiene & Medizin | Volume 44 | 2019
Vorgaben nicht immer sicher umsetzen. Es gibt aber prakti-      und Infrastruktur vor Ort erschwert sein kann. Beispiels-
kable Normen, die eine vergleichbare Trinkwassersicherheit      weise können in einem Land wie Mali anders als im europä-
garantieren, z.B. aktuelle NATO-Standards.                      ischen Ausland nicht einfach lokal vorhandene Strukturen,
    Germano zeigte die Situation in verschiedenen geogra-       z.B. des Rettungsdienstes, mitbenutzt werden.
fischen Regionen, z.B. in Mali, wo das Wasser sehr stark            Neben der zeitlichen Problematik kann je nach Ort auch
gechlort vom lokalen Versorger kommt. In einem Feldlager        eine unmittelbare Bedrohungslage hinzukommen.
muss Wasser u.U. für über 1000 Soldaten für verschiedene            Weisel zeigte verschiedene OP-Raumkonzepte, die von
Einsatzzwecke zur Verfügung stehen. Gängige Verfahren           der Nutzung vorhandener Gebäude über Zelte bis hin zu Con-
wie z.B. die Umkehrosmose kommen bei der Aufbereitung           tainern reichen. Letztere sind dann schon weitgehend dicht
zum Einsatz. Durch moderne Aufbereitungsanlagen können          und verfügen über Klimaanlagen und Belüftung mit entspre-
unterschiedliche Qualitäten wie Trinkwasser in Flaschen         chendem Flow. Die Infrastruktur kann so vor Ort vor allem
oder Wasser zur Körperpflege bereitgestellt werden.             bei länger dauernden Einsätzen Schritt für Schritt verbessert
                                                                und schließlich auf einen hohen Standard gebracht werden.
Dr. Wolfgang Kohnen aus Mainz befasste sich mit der
Wasserqualität in Dentaleinheiten.                              Dr. Canio Germano vom Gesundheitsamt der Bundeswehr
    Die Trinkwasserverordnung gilt für das eingespeiste         in Potsdam sprach über militärischen Gesundheitsschutz
Wasser – was aber am Ende des integrierten Schlauchsystems      (Force Health Protection). Unter diesem Begriff werden
beim Patienten ankommt, ist eine andere Frage, sagte Kohnen     Maßnahmen zusammengefasst, die der Gesunderhaltung
einleitend. Die Empfehlung der KRINKO mit ihren Vorgaben,       von Bundeswehrsoldaten im Einsatz dienen.
die Richtwerte für Keimzahlen, Legionellen etc. enthalten           Vor einem Auslandseinsatz erfolgt eine Erkundung vor
füllt grundsätzlich die Lücke. Auch die AWMF hat eine Leit-     Ort, die sich als Einsatzbetreuung aus präventivmedizini-
linie zur Wasserqualität in Dentaleinheiten herausgegeben.      scher Sicht fortsetzt. Es geht dabei um die Umsetzung des
    Wie sieht es aber nun in der Realität aus? Kohnen stellte   Infektionsschutzgesetzes einschließlich Trinkwassersicher-
verschiedene Fälle aus der Zahnklinik vor, so eine Einheit      heit, aber auch um Aspekte des Arbeitsschutzes oder der
in einem Notfallzimmer, die nur am Wochenende benutzt           Lebensmittel- und Arzneimittelüberwachung. Mit Hilfe
wurde. Hier waren die Koloniezahlen überschritten und           eines Prüffragenkatalogs werden die Möglichkeiten lokaler
Legionellen waren am Eckventil nachweisbar. In diesem Fall      Provider und die Infrastruktur ausgelotet, die soweit möglich
wurde der Biofilm chemisch entfernt, und die Anlage wurde       mit genutzt werden soll.
im Anschluss autark mit Hilfe von Flaschenwasser betrieben,     Anhand zahlreicher Bilder aus Einsatzgebieten wie Mali
was das Problem effektiv löste.                                 schilderte Germano die spezifischen Belastungen vor Ort,
    Ebenfalls untersucht wurden ältere Einheiten aus dem        z.B. extreme klimatische Bedingungen. In diesem Zusam-
Studentenbereich. Diese waren mit Legionellen belastet,         menhang muss die Akzeptanz für Abweichungen vom
wobei auch eine desinfizierende Spülung ohne Erfolg blieb.      Gewohnten gestärkt werden, da deutsches Recht in allen
In diesem Fall lag die Ursache wohl in älteren Biofilmen, die   seinen Einzelheiten nicht immer lückenlos umgesetzt werden
besonders schwer zu entfernen sind. Kohnen wies darauf hin,     kann. Aus diesem Grund kommen auch andere, z.B. prakti-
dass durch solche Einheiten auch eine retrograde Kontamina-     kable NATO-Standards zur Anwendung.
tion des Trinkwassersystems möglich ist.
    Aber auch bei neuen Einheiten verläuft nicht alles pro-     Unter dem Titel „Global Worming“ sprach Prof. Dr. Michael
blemlos: diese wollte man wegen bestehender Kontamination       Faulde über Parasiten im Krankenhaus.
des Trinkwassersystems ebenfalls autark betreiben. Aller-           Er verdeutlichte, dass dies keineswegs ein seltenes
dings waren drei Einheiten doch ans System angeschlossen        Phänomen ist. Global nehmen Häufigkeit und Spektrum
worden und in der Folge auch gleich mit Pseudomonaden           von Parasitosen zu. Beispielsweise wurden laut einer Studie
kontaminiert. Durch Einbau eines Filters in den Eingang der     in Italien 15% der Patienten positiv auf Parasiten (meist
Einheit, der alle 6 Monate ausgetauscht wird, ließ sich das     Würmer) getestet.
Problem beheben. Bei den bereits kontaminierten Einheiten           Fliegen, Schaben und andere Insekten haben hygieni-
mussten allerdings zusätzlich zur Biofilm-Entfernung die        sche Bedeutung, da sie Umweltkeime aufnehmen und, ggf.
Schlauchsysteme ausgetauscht werden. Die Filter-Lösung          nach gastrointestinaler Passage, vermehren und verbreiten
wird nun bei allen neuen Einheiten angewandt.                   können. Daneben können sie als direkte Krankheitserreger
    Abschließend betonte Kohnen die Wichtigkeit der             auftreten und zu einer Endo- oder Ektomyiasis führen.
morgendlichen Spülung der wasserführenden Systeme – die             Auch Neozoen wie die In Deutschland eingeschleppten
üblichen 2 min an allen Entnahmestellen ohne aufgesetzte        Waschbären tragen zur Verbreitung spezifischer Parasiten
Übertragungsinstrumente sind allerdings laut einer neueren      (Waschbärspulwurm) bei.
Studie (Barbeau et al.) nicht ausreichend; notwendig wären          Wissenschaftliche Literatur und Berichte zur Parasi-
eigentlich 8–10 min.                                            tenproblematik in Krankenhäusern sind selten oder fehlen
                                                                ganz. Vermutlich wird häufig nicht darüber berichtet, da
   Gesundheitsschutz im Einsatz – Erfahrungen der               solche Ausbrüche sich negativ auf das Image der Einrichtung
Bundeswehr                                                      auswirken.
In einer Sitzung zu Hygieneherausforderungen der Bundes-            Ein Befall mit Hygieneschädlingen kann auch bei der
wehr im Einsatz sprach Dr. Ingo Weisel aus Ulm über das         Verbreitung von MRE eine Rolle spielen, wie Faulde am
operative Umfeld für den Gesundheitsschutz. Dies muss jedes     Beispiel Clogmia albipunctata erklärte. Diese Larven befallen
Mal aufgebaut werden, was lokal durch fehlende Ressourcen       z.B. Siphons mit verringertem Abfluss und grasen dort Bakte-

                                                                                              Hygiene & Medizin | Volume 44 | 2019   5
VERANSTALTUNGEN | Ulmer Symposium Krankenhausinfektionen

    rienrasen ab. Bislang wurden aus diesen Larven 45 Bakteri-        könnte dabei helfen, Fehler bei der Desinfektion von nadel-
    enspezies isoliert, darunter 3 und 4 MRGN. Diese aufgenom-        freien Konnektoren zu kompensieren.
    menen Bakterien können über das Wassersystem auch trans-
    portiert werden.                                                  Antiseptika und Postoperative Wundinfektionen (Surgical
                                                                      Side Infections, SSI) war das Thema des Vortrags von Dr.
    Guido Weisel, Ulm, blieb beim Thema und stellte den Fall          Isabella Dresselhaus, Göttingen.
    eines Madenbefalls in einer OP-Wunde nach Entfernung eines            Verschiedene Studien belegen, dass es eine Evidenz für
    Plattenepithel-Karzinoms vor. Er schilderte die Vorgehens-        einen positiven Effekt der präoperativen Dekolonisation für
    weise, die Maden durch künstlich mit Hilfe von Vaselineab-        bestimmte Operationen gibt, wie z.B. für elektive orthopädi-
    deckung erzeugtem Sauerstoffmangel herauszutreiben und            sche OPs mit Implantaten.
    zur Analyse zu verschicken. Im vorliegenden Fall handelte es          Dresselhaus ging auch auf den Einsatz von Nahtmaterial
    sich um Larven von Lucilia, die selbst auch in der Wundbe-        ein, das mit Triclosan beschichtet ist, einem nicht unpro-
    handlung eingesetzt werden.                                       blematischen Wirkstoff (Resistenzentwicklung, allergie-
                                                                      auslösend, mikrobiomverändernd und umweltschädlich).
                                                                      Die KRINKO empfiehlt dessen Einsatz nur bei sehr hohen
       Wie würden Sie entscheiden?                                    Ausgangs SSI-Raten, bei Operationen der Kontaminations-
    In einer interaktiven Sitzung bearbeiteten Prof. Dr. Cons-        klassen III-IV sowie bei multimorbiden Patienten. Studien
    tanze Wendt aus Mannheim und Dr. Peter Rudolph aus                hierzu zeigten allerdings keine klare Evidenz für die Präven-
    Schwerin das Thema Begehungen. Unter der Fragestellung            tion von SSI und weitere große Studien für einzelne Eingriffe
    „Wie würden Sie entscheiden?“ hatten die Teilnehmer die           seien nötig, so Dresselhaus. Es könne auch sinnvoll sein,
    Möglichkeit, ihre Meinung zu den vorgestellten Fotos von          über die alternative Beschichtung mit den weniger proble-
    Befunden bei Begehungen eines OP-Bereichs und einer               matischen Wirkstoffen Chlorhexidin oder Octenidin nach-
    AEMP per TED kundzutun.                                           zudenken.
        Hier zeigte sich deutlich das Dilemma – oft waren alle vier       Eine Umfrage ins Auditorium ergab, dass es nur in
    möglichen Bewertungen, von „ohne Abweichung“ bis über             wenigen Kliniken zum Einsatz antiseptisch beschichteten
    „geringfügiger“ und „mittelschwerer“ bis hin zum „kritischen      Nahtmaterials kommt. Sollte man über den Einsatz nach-
    Mangel“ in etwa gleicher Häufigkeit vertreten.                    denken, sei zu bedenken, dass polyfile Fäden in den Studien
        Frau Wendt wies darauf hin, dass die Entscheidung auf         eine bessere Wirkung zeigten als monofile Fäden, so Dres-
    der Frage basieren solle, ob bei normaler Basishygiene aus der    selhaus.
    jeweils gezeigten Situation ein Problem entstehe oder nicht.
    Natürlich ist auch die Umgebung entscheidend – auf einer          Prof. Dr. Iris Chaberny, Leipzig, referierte zum Thema
    hämato-onkologischen Station ist ein verschmutzter, stark         „Ganzkörperwaschung bei MRE“. Die antiseptische Ganz-
    verkalkter Wasserhahn schlimmer als in einem normalem             körperwaschung stellt möglicherweise, durch die Reduktion
    Patientenzimmer.                                                  von Erreger-Reservoiren auf der Haut, eine Möglichkeit zur
        Auch Befunde ohne Abweichung könne man (positiv) im           Prävention von Kolonisation und Infektion mit multiresis-
    Protokoll erwähnen, erklärte Frau Wendt.                          tenten Erregern dar.
        Bei den Bildern aus der AEMP fiel die Entscheidung eben-          In den USA, wo teilweise routinemäßige Ganzkörperwa-
    falls nicht immer leicht. Herr Rudolph machte deutlich, dass      schungen mit Chlorhexidin stattfinden, zeigte sich jedoch
    spezifische Kenntnisse des Aufbereitungsprozesses erforder-       bereits eine Entwicklung von Resistenzmechanismen sowie
    lich sind, um z.B. zu beurteilen, ob eine Verpackung während      Nebenwirkungen (Kontaktdermatitis, anaphylaktische Reak-
    und nach der Sterilisation ausreichend Schutz vor Kontami-        tionen); Chlorhexidin wirkt v.a. im grampositiven Bereich.
    nation bietet.                                                        In Deutschland kommt meist Octenidin zur Ganzkörper-
                                                                      waschung zum Einsatz, der Wirkstoff zeigt keine Nebenwir-
       Antiseptika – wo und wann indiziert                            kungen, weist gute antiseptische Wirkung im grampositiven
    Dr. Christine Geffers, Berlin, sprach über den Einsatz von        und gramnegativen Bereich auf und ist fungizid.
    Antiseptika bei Anlage und Pflege von Gefäßkathetern. Die             Frau Prof. Chaberny stellte einige Studien zur Wirksam-
    Auswahl der richtigen Wirksubstanzen bzw. Anwendung               keit der Ganzkörperwaschung vor, deren Ergebnisse jedoch
    seien dabei nicht trivial. Geffers stellte verschiedene natio-    noch nicht genügen, um konkrete nationale Empfehlungen
    nale und internationale Empfehlungen (HICAP 2011, SHEA/           bezüglich Art und Umfang von Routine-Waschungen auf
    IDSA 2014, EPIC 2014 und KRINKO 2017) vor, die bei der            deutschen Intensivstationen auszusprechen. Die aktuell nati-
    Entscheidungsfindung helfen können. Demnach ist bei der           onal an 44 Intensivstationen durchgeführte, doppelblinde,
    Desinfektion vor Anlage ein alkoholbasierter Remanenzwirk-        randomisierte und Placebo-kontrollierte EFFECT-Studie soll
    stoff zu favorisieren (bei intakter Haut). Bei der Desinfektion   nun zuverlässige Ergebnisse über den Effekt des täglichen
    der Einstichstelle beim Verbandwechsel könnte evtl. auf den       Waschens mit Octenidin-Waschhandschuhen liefern.
    Alkoholanteil verzichtet werden, zumal zu bedenken ist, dass
    letzterer den Kunststoff des Katheters angreifen könnte.          „Antiseptikatoleranz und -resistenz“ – ein Thema zum
        Frau Dr. Geffers ging weiterhin auf nadelfreie Konnek-        Reiben, so Prof. Dr. Günter Kampf, Referent des nächsten
    toren ein, bei deren Einsatz die zwingend erforderliche effek-    Vortrags. Am Beispiel Chlorhexidin zeigte er beispielhaft,
    tive Desinfektion in der Praxis nur in ca. 10% der Fälle statt-   wie anpassungsfähig manche Bakterienspezies gegenüber
    findet – diese Zugänge sind aber zu 100% kontaminiert.            dem Wirkstoff selbst sind oder wie sie gegenüber anderen
    Die Verwendung von antiseptikabefüllten Verschlusskappen          bioziden Wirkstoffen unempfindlich werden. Selbst Anti-

6   Hygiene & Medizin | Volume 44 | 2019
biotikaresistenzen können durch niedrige Konzentrationen            Kinder seien der Dreh- und Angelpunkt von Infektionskrank-
einzelner biozider Wirkstoffe hervorgerufen werden.                 heiten wie Influenza, da sie aufgrund ihres suszeptiblen ange-
    Chlorhexidin kommt in antimikrobiellen Waschlotionen            borenen Immunsystems („innate immunity“) vielfältig für eine
und Mundspüllösungen sowie zur Händedesinfektion und                Influenza prädisponiert sind. Die Influenza-typischen respira-
Hautantiseptik zum Einsatz. Untersuchung von 78 verschie-           torischen Infektionen fallen aufgrund der altersspezifischen
denen Bakterienspezies ergab bei 20 Spezies einen stabilen          Anatomie der Atemwege besonders markant aus. Das spezifi-
MHK-Anstieg. Daneben waren Kreuztoleranzen gegenüber                sche „unhygienische“ Verhalten von Kleinkindern fördert die
anderen Bioziden (Triclosan und Benzalkoniumchlorid) und            Verbreitung in Gemeinschaftseinrichtungen mit hoher Expo-
vereinzelt sogar Kreuzresistenzen gegenüber Antibiotika zu          sitions- und Kontaktrate, wobei insbesondere Kleinkinder die
beobachten.                                                         Viren über einen längeren Zeitraum ausscheiden. Die Inzidenz
    Gemäß des Antiseptic Stewardships sollten Wirkstoffe            der Influenza im Kleinkindalter erreicht bis 300 Erkrankungen
mit möglichst niedrigem Selektionsdruck bevorzugt werden,           je 100.000 Einwohner und übertrifft somit jene, die im Senio-
vorausgesetzt diese weisen eine vergleichbare Wirksamkeit,          renalter zu beobachten ist.
Anwenderakzeptanz und Gewebeverträglichkeit auf.                         Schließlich ging Dr. Knuf auf die Influenza-Impfemp-
    In einigen Desinfektionsmitteln sind ausgewählte Wirk-          fehlung der STIKO ein, die derzeit bei Kindern nur chro-
stoffe verzichtbar, wenn kein Nutzen nachgewiesen ist, der          nisch kranke ab sechs Monaten betrifft. Aufgrund der
Wirkstoff aber nachweislich Toleranzen bzw. Resistenzen             hohen Morbidität, der hohen Hospitalisierungsraten und
auslösen kann.                                                      der bedeutsamen Rolle als „Infektionsquelle“ für Risikoper-
                                                                    sonen sei eine Influenza-Impfung aber nicht nur für Risi-
   Influenza                                                        kokinder durchaus sinnvoll und wird in anderen europäi-
Katja Ritter vom Gesundheitsamt Segeberg über einen Influ-          schen Ländern, wie Österreich, Finnland, Frankreich und
enza-Ausbruch in einer psychosomatischen Klinik im Kreis            Großbritannien bereits als Standardimpfung empfohlen. Dr.
Segeberg. Dort kam es im Februar 2018 zu vermehrten Influ-          Knuf schlägt als Impfstrategie eine Impfung von Kindern im
enza-Meldungen, insgesamt erkrankten 107 der 440 Mitar-             Alter von 6 Monaten bis 14 Jahren mit quadrivalenten Impf-
beiter und 124 Patienten.                                           stoffen (zugelassen für Kinder ab 6 Lebensmonaten) vor.
    Im Zuge eines gemeinsamen Krisenmanagements                     Wirksamkeitsstudien ergaben, dass die klinische Effektivität
wurden zusammen mit dem Gesundheitsamt Maßnahmen                    zur Verhinderung einer Influenza bei Säuglingen und Klein-
beschlossen, die anschließend von der Klinik umgesetzt              kindern durch quadrivalente Influenza-Impfstoffe bei etwa
wurden, wie die Schulung des Personals durch die Hygi-              60% liegt.
eneabteilung,      Patienten-Aufnahmestopp,     Aufstellung
mobiler Desinfektionsmittelständer und die Intensivierung           Der „Impfschutz bei medizinischem Personal“ war das
der Kommunikation intern und extern mit dem Gesundheit-             Thema des Vortrags von Dr. Anne Marcic, Kiel. Sie wies auf
samt.                                                               die unterschiedlichen Impfempfehlungen für medizinisches
    Zur Sicherstellung der Patientenversorgung übernahmen           Personal hin: Im Gegensatz zur STIKO darf laut Arbeitsmedi-
Therapeuten und Verwaltungsangestellte zeitweilig Reini-            zinischen Regeln (AMR 6.5), aufgestellt durch den AfAMed
gungsarbeiten und Ärzte die Essensverteilung.                       (Ausschuss für Arbeitsmedizin), der Drittschutz nicht zur
    Die zum Ausgangspunkt des Ausbruchs 2017 sehr nied-             Gefährdungsbeurteilung herangezogen werden. Laut AMR
rige Influenza-Impfquote des Personals von unter 10%                6.5 darf der Beschäftigte ein Impfangebot auch ablehnen und
konnte durch unterschiedliche Maßnahmen, wie verpflicht-            müsste einer Mitteilung des Arztes an den Arbeitgeber mit
ende Fortbildungstermine zu Influenza und Unterstützung             Hinweis auf einen angezeigten Tätigkeitswechsel aufgrund
der betriebsärztlichen Influenza-Impfung durch das Gesund-          mangelnden Impfschutzes zuerst zustimmen. Hier greift aber
heitsamt, in der darauffolgenden Saison auf ca. 46% gestei-         §23a des Infektionsschutzgesetzes IfSG ein: danach darf der
gert werden.                                                        Arbeitgeber jederzeit personenbezogene Daten eines Beschäf-
                                                                    tigten über dessen Impfstatus und Serostatus erheben und
Im nächsten Vortrag sprach Dr. Markus Knuf, Wiesbaden,              dazu nutzen, eine Entscheidung für oder gegen eine Beschäf-
über Influenza im Kindes- und Jugendalter.                          tigung oder über die Art und Weise der Beschäftigung bzw.
    Anhand der Anzahl der wöchentlichen SARI (stationär             den Einsatzort zu treffen. Nach §31 IfSG kann bei Infektions-
versorgte respiratorische Infektionen)-Fälle verschiedener          geschehen nötigenfalls vom Gesundheitsamt ein Tätigkeits-
Altersgruppen im Zeitraum Oktober 2016 – April 2019 in              verbot ausgesprochen werden.
Deutschland verdeutlichte er, dass die Hosptalisierungsrate             Dr. Marcic betonte die Bedeutung des Betriebsarztes
bei Säuglingen und Kleinkindern bis 59 Monate im Vergleich          als „zentraler Partner“ bei der Umsetzung von Impfungen
zu Kindern und Jugendlichen doppelt so hoch ist.                    für medizinisches Personal. Eine zielgruppenspezifische
    Er stellte Fallbeispiele von Patienten vor, die in der Influ-   Ansprache sei wichtig, um die häufigsten Argumente gegen
enza-Saison 2017/2018 in der HSK-Kinderklinik in Wies-              eine Influenza-Impfung zu entkräftigen: Pflegerisches
baden im Rahmen einer Influenza A bzw. H1N1 Infektion               Personal glaubt nicht an das richtige Risiko/Nutzen-Ver-
stationär behandelt werden mussten. Dabei zeigte er eine            hältnis, hat Angst vor Nebenwirkungen und einer möglichen
Reihe von Komplikationen auf, die im Verlauf einer Influenza        Erkrankung durch die Impfung.
bei Kindern auftreten können, u.a. Fieberkrämpfe, Pneumo-               Bei Ärzten werden v.a. organisatorische Gründe dafür
nien aber auch Meningitis und Enzephalitis. Er betonte, dass        angegeben, dass die Influenza-Impfung nicht in Anspruch
ca. 50% der an Influenza schwer erkrankten Kinder- und              genommen wird. Hier könnte eine Erhöhung der Impfange-
Jugendliche keine Risikofaktoren aufweisen.                         bote am Arbeitsplatz hilfreich sein.

                                                                                                   Hygiene & Medizin | Volume 44 | 2019   7
VERANSTALTUNGEN | Ulmer Symposium Krankenhausinfektionen

    Eine Arbeitsgruppe der KRINKO arbeitet derzeit an einer           den Beirat Public Health Mikrobiologie (PHM) am RKI für
    Empfehlung zur Umsetzung von Impfungen für Personal in            einen 3-Jahreszeitraum. Es gibt schriftliche und mündliche
    medizinischen Einrichtungen.                                      Evaluierungen durch externe Gutachter und den PHM. Der
                                                                      Arbeitsumfang eines NRZ ist umfangreicher als der eines
       MRE- Schnelltests und Typisierungsverfahren                    KL und umfasst einen Aufgabenkatalog von 10 Tätigkeiten.
    Dr. Ulrich Eigner vom Labor Limbach, Heidelberg, lieferte         Dazu gehören u.a. die Diagnostik und Feintypisierung von
    eine Übersicht über aktuelle Typisierungsverfahren, wie die       Erregern, die Entwicklung bzw. Verbesserung diagnostischer
    Pulsfeld-Gelelektrophorese (PFGE), Die Multilocus-Sequen-         Verfahren, das Führen einer Stammsammlung und Abgabe
    zierungs-Methode (MLST) und die spa-Typisierung, die er in        von Referenzstämmen, die Unterstützung des ÖGD und
    Bezug auf Zuverlässigkeit, Diskriminierung und Reproduzier-       des RKI bei ergänzenden Untersuchungen im Rahmen von
    barkeit verglich.                                                 Ausbruchsuntersuchungen, die Beschreibung der epidemio-
        Bei der Whole Genom Sequenzierung wird das gesamte            logischen Situation für Deutschland und die Analyse und
    Erreger-Genom mittels Next Generation-Sequencing sequen-          Bewertung der Resistenz- und Virulenzentwicklung.
    ziert. Im Zuge der Core-Genome (cg)MLST werden 1500 –                 Jährlich werden Proben von ca. 4000 Staphylokokken
    2500 Gene verglichen; sie ermöglicht die Darstellung einer        und 200 Enterokokken ans NRZ für Stapyhlokokken und
    Sequenz von ca. 5 Millionen Basen, ist standardisierbar           Enterokokken am RKI in Wernigerode mit unterschiedlichen
    und liefert bei verschiedenen Laboren vergleichbare Ergeb-        Fragestellungen gesandt.
    nisse. Anhand der Ergebnisse lässt sich beurteilen, ob es             Die Analyse und Bewertung der Resistenz- und Viru-
    sich bei isolierten Stämmen um nah verwandte und somit            lenzeigenschaften der Proben zeigt, dass Resistenzen gegen
    um Ausbruchsstämme handelt. Bei VRE gelten z.B. alle              Reserveantibiotika bei Staphylokokken und Enterokokken
    Isolate mit 0 – 20 Allelen Unterschied als identisch oder         häufiger werden, die Trends allerdings nicht homogen sind
    nah verwandt, solche mit 20 – 40 unterschiedlichen Allelen        (stärkster Anstieg bei Linezolid-Resistenz in Enterokokken/
    möglicherweise verwandt und Isolate mit mehr als 40 unter-        VRE und koagulase-negativen Staphylokokken sowie
    schiedlichen Allelen nicht verwandt.                              Daptomycin-Resistenz bei S. aureus/MRSA). Zudem ist die
                                                                      One Health Problematik bei Gen-vermittelter Linezolid-Re-
    Mit der Frage „Was taugen Schnelltests in Krankenhaus und         sistenz offensichtlich.
    Praxis?“ beschäftigten sich anschließend Dr. J. Benjamin              Prof. Werner beendete seinen Vortrag mit einem Dank an
    Hagemann und Dr. Martina Furitsch, Ulm.                           alle Einsender an das NRZ.
        Die Erwartungen an sog. Schnelltests im praktischen
    Alltag sind hoch. Die Diagnostik von Infektionskrankheiten        Die Session schloss mit dem Vortrag von Dr. Sabine Zange
    und multiresistenten Erregern soll beschleunigt werden, um        vom Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München,
    möglichst schnell spezifische therapeutische oder kranken-        Konsiliarlabor für Brucella und Yersinia pestis. Sie referierte
    haushygienische Maßnahmen einleiten zu können.                    über das Verhalten bei Verdacht auf Seuchen, wie Pest,
        Zur Beurteilung der Güte verschiedener Methoden               Anthrax oder Tularämie. Die hochpathogenen Bakterien
    (Schnelltest, PCR, Kultur) wurden u.a. die Sensitivität, Spezi-   (Bacillus anthracis, Yersinia pestis, Francisella tularensis, Brucella
    fität, negativer und positiver prädiktiver Wert, Objektivität     melitensis und Burkholderia pseudomallei) stellen, obgleich sie
    und Reliabilität herangezogen.                                    in Deutschland selten vorkommen, die mikrobiologischen
        Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein negativer          Routinelaboratorien vor besondere Herausforderungen.
    Schnelltest eine Erkrankung nicht sicher ausschließt, ein              Die Erreger aller genannten Infektionen sind in die Risi-
    positiver Schnelltest nicht die aktive Infektion beweist; bei     kogruppe 3 eingeordnet. Eine gezielte Tätigkeit mit Erregern
    einer Diskrepanz zwischen erwartetem und tatsächlichem            dieser Risikogruppe ist der Schutzstufe 3 zugeordnet, eine
    Ergebnis sind Wiederholungsuntersuchungen und evtl.               ungezielte Tätigkeit, zu der die orientierende Primärdiag-
    Zusatzuntersuchungen erforderlich.                                nostik zählt, der Schutzstufe 2.
        Die zu Beginn gestellte Frage nach der Tauglichkeit von            Bei Exposition von Mitarbeitern sollte umgehend der
    Schnelltests, beantworteten die Referenten mit „es kommt          Betriebsarzt involviert werden. Es sollte für jeden betroffenen
    darauf an“: das Ergebnis eines Schelltests muss immer in          Mitarbeiter in Abhängigkeit der Tätigkeit und ggf. vorlie-
    Zusammenschau aller Befunde und klinischer Aspekte                gender Grunderkrankungen eine Risikoabschätzung durch-
    gesehen werden. Ein sinnvoll implementierter Schnelltest          geführt werden und die betreffenden Personen möglichst
    kann, wenn seine Einschränkungen bekannt sind, zur früh-          serologisch überwacht werden. Eine Postexpositionspro-
    zeitigen und sicheren Einleitung spezifischer Therapie- und       phylaxe ist prinzipiell bei allen genannten Erregern möglich.
    Hygiene-Maßnahmen beitragen. Bei Fragen zu Interpreta-                 Eine Optimierung der Prozesse im Labor kann das Risiko
    tion und Auswahl der Testverfahren in speziellen Situationen      für die Mitarbeiter minimieren. Dazu sollten bei Verdacht auf
    sollte das Labor zur Rate gezogen werden.                         hochpathogene Erreger die Arbeitsschritte zur Erreger-Iden-
                                                                      tifizierung minimiert werden (z.B. durch Direkt-MALD_TOF
    Im darauffolgenden Vortrag sprach Prof. Dr. Guido Werner          MS) und alle Arbeitsschritte unter der Sicherheitswerkbank
    vom Nationalen Referenzzentrum (NRZ) für Staphylokokken           Klasse 2 durchgeführt werden.
    und Enterokokken am Robert Koch-Institut (RKI) Wernige-
    rode über die Aufgaben eines nationalen Referenzzentrums             Multiresistente Erreger (MRE) in Gewässer
    (NRZ). In der derzeitigen Berufungsperiode gibt es 20 NRZ         Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittel-
    mit unterschiedlichen Ausrichtungen und 38 Konsiliarlabo-         sicherheit (LGL) hat stichprobenartig je zehn Badegewässer
    ratorien (KL) deutschlandweit. Die Berufung erfolgt durch         in Süd- und Nordbayern (Badesaison 2017 bzw. 2018) auf

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klinisch relevante MRE (MRGN, MRSA und VRE) untersucht.          Gewässermonitoring zur Beobachtung der Resistenzenwick-
Dr. Guiseppe Valenza, München, stellte das Ergebnis dieser       lung sowie Anpassungen im Abwassermanagement seien
Untersuchungen vor. Demnach waren in keiner der insgesamt        allerdings sinnvoll.
117 Wasserproben VRE oder MRSA nachweisbar. In 10 Seen
wurden dagegen MRGN nachgewiesen und zwar 2-MRGN E.              „Welche Bedeutung haben MRE für das Trinkwasser?“ – mit
coli, 3-MRGN E. coli, 2-MRGN Serratia spp., 4-MRGN Pseudo-       dieser Frage beschäftigte sich Dr. Christina Förster vom
monas aeruginosa und 4-MRGN Acinetobacter spp.                   Umweltbundesamt Berlin im letzten Vortrag dieser Session.
     Die Expression von Extended-Spectrum ß-Laktamasen               Sie stellte die Ergebnisse von Untersuchungen von Trink-
(ESBL) konnte mit einem phänotypischen Verfahren in allen        wasser- und Abwasserproben auf ESBL-Bildner, VRE und
E. coli und Serratia spp. bestätigt werden. Die Konzentration    MRSA vor. Demnach können MRE im Oberflächenwasser
der nachgewiesenen MRGN betrug im Median 5 koloniebil-           nachgewiesen werden, jedoch kommt es im Rahmen der
denden Einheiten pro 50 ml Wasserprobe.                          Aufbereitung zu einer signifikanten Reduktion von belas-
     Die mit der oral aufgenommenen Wassermenge von durch-       tetem zu unbelastetem Oberflächenwasser. Im Trinkwasser
schnittlich 10–50 ml pro Schwimmeinheit aufgenommenen            konnten keine MRE nachgewiesen werden.
5 KBE können bei gesunden immunkompetenten Personen                  Generell entfernt die mehrstufige Trinkwasseraufberei-
die Passage durch den Magen-Darmtrakt nicht überleben,           tung Mikroorganismen einschließlich Antibiotika-resistenter
so Valenza. Personen mit größeren offenen Wunden oder            Bakterien sehr effektiv. Findet man im Zuge der routinemä-
einer stärkeren Immunschwäche sollten vorher ihren behan-        ßigen Überwachung auf fäkale Verunreinigungen dennoch
delnden Arzt fragen und im Zweifel besser auf das Baden in       ein einziges Bakterium in 100 ml Wasser, so bedeutet dies
Badegewässern verzichten.                                        eine Grenzwertüberschreitung, die zu Maßnahmen zum
     Eine regelmäßige Untersuchung der Badegewässer auf          Schutz der Bevölkerung führt.
MRE hält Dr. Valenza nicht für erforderlich: Die größte Infek-       Nach derzeitigem Wissensstand bestehe im normalen
tionsgefahr für die Badenden in Badegewässern geht von           Alltag weder durch das Trinken noch bei der Körperreini-
fäkalen Verunreinigungen an sich aus – unabhängig von            gung mit Trinkwasser eine erhöhte Gesundheitsgefährdung
Antibiotikaresistenzen – und diese werden durch die routi-       durch Antibiotika-resistente Bakterien. Gegenstand verschie-
nemäßige Untersuchung von Badegewässern ohnehin kon-             dener Forschungsprojekte ist es, die Rolle des Weges über die
trolliert.                                                       Umwelt bei der Entstehung und Verbreitung Antibiotika-re-
     Die Verbreitung multiresistenter Keime sollte unabhängig    sistenter Krankheitserreger – im Vergleich zur Entstehung im
davon, durch Einhaltung der Hygienestandards zur Vermei-         Klinik- oder Tierhaltungsbereich und der Übertragung durch
dung der Weiterverbreitung von resistenten Erregern, einen       direkten Kontakt oder Lebensmittel – zu klären.
sachgerechten Antibiotikaeinsatz und Reduktion des Antibio-
tikaverbrauchs verhindert werden.                                   ABS – Visionen und Realität
                                                                 Dr. Christian Lanckohr, Münster, ging in seinem Vortrag
Dr. Christiane Schreiber, Bonn, stellte in ihrem Vortrag         „ABS – aktuelle Perspektiven“ zunächst auf die alltäglichen
zu MRE in klinischen Abwässern und deren Auswirkungen            Qualitätsprobleme bei antiinfektiven Therapien ein, die für
auf Gewässer Ergebnisse aus dem BMBF-Verbundprojekt              die zunehmende Resistenzentwicklung vieler Erreger rele-
„HyReKA“ vor. Dabei beschränkte sie sich auf den klinisch-ur-    vant sind. Es werde u.a. zu wenig mikrobiologische Diagnostik
banen Bereich (sanitäre Einrichtungen in Patientenzimmern,       durchgeführt, die Substanzauswahl sei oft zu breit, zu oft
Abwasser-Kanalsystem, Kläranlage und Vorfluter) sowie            würden ohne Grund MRE behandelt; die Dauer der Therapie
auf das ländlich-kommunale System (kommunale Kläran-             sei oft zu lang, pharmakologische Aspekte wie Dosierung und
lagen und Gewässer-Stellen ohne bzw. mit Zuleitung von           Gewebepenetration würden zu selten beachtet.
Abwasser). Die Ergebnisse der beiden Fallbeispiele zeigen,           Mit Antibiotic Stewardship (ABS) soll durch die Verbes-
dass Antibiotika-resistente Bakterien kulturell nahezu           serung der Verordnungsqualität von Antiinfektiva eine
ubiquitär in Abwasser und Gewässern nachweisbar sind.            Reduktion des Resistenzdrucks erreicht und gleichzeitig das
    Positive Befunde von ESBL-Bildnern waren demnach             Outcome der behandelten Patienten verbessert werden.
häufig, von VRE seltener und MRSA war kaum nachweisbar.              Dr. Lanckohr sprach über die verschiedenen Komponenten
    MRE fanden sich im gesamten klinisch/urbanen Pfad bis        von ABS-Programmen. Zu den „patienten- und verschreiber-
zur Kläranlage. Dabei konnten im Klinikabwasser deutlich         nahen Tätigkeiten“ gehört u.a. das „audit and feedback“, bei
mehr MRE, v.a. mehr mit 4 MRGN-Einstufung, nachgewiesen          dem die Kompetenzen der unterschiedlichen Fachdisziplinen
werden als im ländlich-kommunalen System. Frachtbetrach-         Mikrobiologie, Hygiene, Pharmazie und Infektiologie gebün-
tungen bestätigen Kliniken als Schwerpunktemittenten für         delt werden. Hier wird im Rahmen einer Visite versucht, die
4 MRGN.                                                          behandelnden Fachkliniker zu allen Fragen von Diagnostik
    Durch die Kläranlagen wird eine Reduktion Antibioti-         und Therapie zu beraten.
ka-resistenter Bakterien von nur 2–3 log-Stufen erreicht.            Daneben gibt es auch „patientenferne ABS-Tätigkeiten“
Somit können Antibiotika-resistente Bakterien auch durch         zur Verbesserung von infrastrukturellen Aspekten des
die Kläranlage ins Gewässer gelangen. In Folge von Stark-        Infektionsmanagements, wie das Erstellen von Hauslisten,
regen gelangen MRE zudem durch Mischwasserentlastungen           Therapieempfehlungen und Vefahrensanweisungen, sowie
direkt mit ungeklärtem Abwasser aus den Kanalnetzen in           Verbrauchssurveillance und Interpretation der Surveillance-
Gewässer. Dennoch werde ein direktes Gesundheitsrisiko           daten.
durch MRE in Badegewässern und Trinkwasser derzeit auch              Als Hürden bei der Umsetzung von ABS-Programmen
für vulnerable Personen als gering eingestuft. Eine gezieltes    nannte Dr. Lanckohr die Finanzierung von Stellen für ABS

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