HZG aktuell - Herzzentrum Göttingen
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HZG aktuell Das Magazin des Herzzentrums 1| 2022 der Universitätsmedizin Göttingen 5,3 Millionen Euro für PRECOVERY-Projekt Besser vorbereitet Seite 21 Mehr auf das Herz hören Herz-Kreislauf- Erkrankungen bei Frauen Seite 31 Elternhaus Göttingen „Das Elternhaus ist mein Zuhause“ Seite 50
04 Aktuelles aus dem Herzzentrum 06 Frauen in der Kardiologie und kardiovaskulären Forschung 09 Reduce-MFA – Neue Therapie auf dem Prüfstand 11 Quantensprung im Kampf gegen Viren 14 Kardiologische Interventionen im MRT-Scanner unter Realtime-Bildgebung 21 PRECOVERY – Besser vorbereitet 24 Im Herzen jung 27 Begegnungen mit dem Altern 31 Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen 34 Frauenherzen warnen anders 38 Seltene Herzerkrankung in der Schwangerschaft 40 Das gebrochene Herz 43 Die Psyche bei Herzschwäche 45 Science in the USA 50 Das Elternhaus ist mein Zuhause 54 Paulis Abenteuer 58 Veranstaltungen
3 Editorial Liebe Leserinnen und Leser, Frauen unsere neue Ausgabe HZGaktuell widmen wir den Frauen in der Herzmedizin. Es geht um Frauen als Patientinnen, Mütter, als Ärztinnen, Forscherinnen und Visionärinnen. Visionär ist die Idee, mithilfe einer Virenschere die noch in der immer grassierende Viruserkrankung COVID-19 und weitere RNA-Viren zu zerstören (Seite 11). Diesen Ansatz verfolgen Wissenschaftler*innen aus Göttingen und Hannover unter der Leitung der Göttinger Professorin Elisabeth Zeisberg. Das Vorhaben überzeugte im ersten bundesweiten Innovationswettbewerb der Bundesagen- Herz- tur für Sprunginnovationen und erhält im ersten Jahr bis zu 700.000 Euro Förderung. Mit 1,8 Millionen Euro wird die Medikamentenstudie Reduce-MFA vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreis- medizin lauf-Forschung gefördert (Seite 9). Professorin Miriam Puls und Professorin Zeisberg prüfen nun erstmals eine ergänzende medikamentöse Therapie zur Behandlung von Herzmuskelfibrose, um das Langzeitüberleben von Patient*innen nach einem Aortenklappenersatz zu ver- bessern. Eine Verbesserung des Gesundheitszustands von über „Young at Heart“ ist nicht nur der Titel des Buches, son- 75-jährigen Patient*innen vor einem geplanten Eingriff dern auch eines Motivs im Rahmen der Kampagne „He- am Herzen hat das Projekt PRECOVERY zum Ziel (Seite artbeatsongs“. Das Wort „heart“ und „Herz“ kommt in 21). Das innovative Prähabilitationskonzept rief Profes- zahlreichen Liedern vor. Diese Liedtexte kombiniert und sorin Christine von Arnim ins Leben und wird nun mit interpretiert die Kampagne mit medizinischen Hinter- einem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesaus- gründen, um auf ernste Herzerkrankungen aufmerksam schusses (G-BA) mit 5,3 Millionen Euro unterstützt. zu machen. Unterstützung hat Luzia Nolte in ihren 103 Jahren sel- Herz-Kreislauf-Erkrankungen gelten für viele Menschen ten gebraucht. Für das HZGaktuell gibt sie uns einen noch immer als eher „männliches“ Krankheitsbild – ein Einblick in ihr bewegtes Leben (Seite 24). Begleitet wird gefährlicher Trugschluss, denn: In Deutschland sind ihr Bericht von den Fotografien von Karsten Thormaeh- Herzkrankheiten bei beiden Geschlechtern die führende len. Zahlreiche seiner eindrucksvollen Aufnahmen von Todesursache. Einige Herzkrankheiten betreffen sogar älteren Menschen finden sich nun in dem Buch „Young vermehrt oder ausschließlich Frauen, darunter das „ge- at Heart“ wieder, das Professorin von Arnim als Heraus- brochene Herz“ (Takotsubo-Syndrom) und die Schwan- geberin im Steidl Verlag publizierte (Seite 27). gerschafts-Herzinsuffizienz. Auch die Warnsignale eines Herzinfarkts sind bei Frauen anders zu deuten. Vier Ex- pert*innen haben hierzu die wichtigsten Informationen zusammengefasst (ab Seite 31). Das und noch viel mehr lesen Sie in dieser Ausgabe. Im Namen des Herzzentrums Ihr Prof. Dr. Gerd Hasenfuß Direktor der Klinik für Kardiologie und Pneumologie und Vorsitzen- der des Herzzentrums der Universitätsmedizin Göttingen
4 Aktuelles aus dem Herzzentrum Bild: MBExC Warum Mutationen im Protein den Herz- Ausgezeichnete Doktorarbeit zu muskel krank machen Vorhofflimmern des Herzens Titin ist das größte bekannte Protein des mensch- Dr. Funsho Emmanuel Fakuade, Mitglied der Arbeits- lichen Körpers und sorgt dafür, dass sich die Mus- gruppe von Prof. Dr. Niels Voigt am Institut für Phar- keln – und damit auch das Herz – elastisch bewegen. makologie und Toxikologie der Universitätsmedizin Veränderungen (Mutationen) im Titin-Gen können Göttingen und des Hertha-Sponer-Colleges am Exzel- diese Funktion beeinträchtigen. Sie sind damit eine lenzcluster Multiscale Bioimaging: von molekularen häufige Ursache der dilatativen Kardiomyopathie. Maschinen zu Netzwerken erregbarer Zellen (MBExC), Die Erkrankung des Herzmuskels führt zu einer schwa- ist für seine Doktorarbeit vom Universitätsbund Göttin- chen Pumpfunktion des Herzens. Welche Pathomecha- gen e. V. mit dem Dissertationspreis 2020 ausgezeich- nismen dahinterstecken, war bislang im Detail unklar. net worden. Dr. Fakuade befasste sich in seiner Arbeit Ein Team von Wissenschaftler*innen um Prof. Dr. Wolf- „An integrative and translational assessment of altered gang Linke, Direktor des Instituts für Physiologie II der atrial electrophysiology, calcium handling and contrac- Universität Münster (WWU) und seit vielen Jahren auch tility in patients with atrial fibrillation“ (auf Deutsch: Gastprofessor und Leiter der Arbeitsgruppe „Kardia- Eine integrative und translationale Bewertung der ver- le Mechanotransduktion“ in der Klinik für Kardiologie änderten atrialen Elektrophysiologie, der Kalziumkon- und Pneumologie der Universitätsmedizin Göttingen, zentration und der Kontraktilität bei Patient*innen mit hat nun wegweisende Erkenntnisse gewonnen. Die For- Vorhofflimmern) mit den molekularen Mechanismen schungsergebnisse wurden im November 2021 in der bei Vorhofflimmern im Herzen. Der mit 5.000 Euro do- Fachzeitschrift Science Translational Medicine ver- tierte Preis wird jährlich für herausragende Dissertatio- öffentlicht. nen verliehen. Podcast-Tipp: die Expertise-Piraten Der offizielle Kinderheilkunde-Podcast der Gesellschaft für pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung rich- tet sich an alle, die Kinder behandeln: Kinderärzt*in- nen, Subspezialist*innen, Allgemeinmediziner*innen, (Kinder-)Chirurg*innen, Studierende und interessierte Eltern. PD Dr. Kai Hensel, Oberarzt der Klinik für Pädia- trische Kardiologie, Intensivmedizin und Neonatologie in der Universitätsmedizin Göttingen, und seine Co-Mo- deratorin Dr. Georgia Ortner (Düsseldorf) sprechen mit Expert*innen über evidenzbasiertes Wissen aus allen Fachbereichen und Subspezialisierungen der Kinder- medizin. www.expertise-piraten.eu
5 Neuer Mechanismus von Rhythmus- störungen bei Herzschwäche aufgedeckt Patient*innen mit Herzschwäche leiden häufig unter begleitenden Herzrhythmusstörungen. Insbesondere Rhythmusstörungen aus den Herzkammern sind dabei potenziell lebensbedrohlich und führen zu erhöhter Mor- talität und Morbidität dieser Personen. Effektive Medika- mente, um diese Rhythmusstörungen zu behandeln, sind kaum vorhanden, die zugelassenen Präparate führen oft zu Nebenwirkungen. Forscher*innen des Herzzentrums Göttingen um Prof. Schnuffeltücher-Patenschaft Dr. Samuel Sossalla und Prof. Dr. Katrin Streckfuß-Bö- meke ist es gelungen, einen neuen Entstehungsmecha- Anke Trebing hatte über die sozialen Medien dazu nismus von Rhythmusstörungen bei Herzschwäche auf- aufgerufen, Patenschaften für Schnuffeltücher zu zudecken, der in Zukunft gezielt für diese Patient*innen übernehmen. Die Idee: Wer einem kleinen Herzkind eingesetzt werden könnte. Die zwei Forschergruppen eine Freude machen möchte, kann ein individuelles haben die Entstehung des sogenannten späten Natrium- handgenähtes Tuch erwerben. Dieses wird zusam- stroms, der in der Herzschwäche hochreguliert wird und men mit einer Urkunde an das Herzkind und seine Arrhythmien begünstigt, weiter aufgeklärt. Es konnte Eltern übergeben. Anke ist selbst seit ihrer Geburt nachgewiesen werden, dass ein eigentlich dem Nerven- in der Kinderherzklinik der UMG in Behandlung. Die system zugeordneter Natriumkanal in der Herzschwä- Tücher werden von der Näherin Simone Echter- che vermehrt auch in Herzmuskelzellen vorkommt und mann individuell produziert. Das Team der Kinder- mit einem zentralen Protein in der Entstehung der Herz- herzklinik dankt Anke für diese wunderschöne Idee schwäche interagiert. und ihren Einsatz für die Herzkinder. Durch diese Interaktion kommt es zu einer dramatischen Steigerung des späten Natriumstroms und zum Auftre- ten von Arrhythmien auf zellulärer Ebene, wie die For- scher*innen in Herzmuskelzellen von Herzschwächepa- tient*innen sowie in stammzellabgeleiteten Herzzellen zeigen konnten. Insbesondere die Tatsache, dass Mäuse mit Herzschwäche und ausgeschaltetem Nav1.8 weni- ger Herzrhythmusstörungen in vivo zeigten und länger überlebten, macht Hoffnung, dass es sich hierbei tat- sächlich um einen wirksamen Therapieansatz handelt. Im nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler*innen im Bereich der Schmerzforschung klinisch getestete Subs- tanzen, die den Kanal hemmen, auch im Hinblick auf Rhythmusstörungen untersuchen. Heartbeatsongs Spende für Kinderherzklinik Mit der Kampagne „Heartbeatsongs“ möchte das Herz- Die Kontaktgruppe GEKKO (Göttinger Eltern kar- zentrum auf ernste Herzerkrankungen und wichtige diologischer Kinder Kontaktgruppe, Herzkind e.V.) Behandlungsmöglichkeiten aufmerksam machen – und nahm eine Spende über 2.000 Euro von Claas Bie- sich vorstellen. Das Wort „heart“/„Herz“ kommt in debach vom Grundbauinstitut Biedebach für die zahlreichen Liedern vor, meistens in Zusammenhang Kinderherzklinik entgegen. Auf die Idee kam Büro- mit Liebe oder Liebeskummer. Einige Texte bieten inhaber Dipl.-Ing. Claas Biedebach, als er mit seiner aber auch Interpretationsmöglichkeiten bzw. Verse, Tochter zur Behandlung in der Kinderherzklinik der die nicht nur zur Liebe, sondern auch zu bestimmten UMG war. Herzleiden passen. Die Motive der Kampagne finden Sie in der UMG, am Göttinger Bahnhof und als Postkar- Mit der großzügigen Spende konnte der Druck eines tenmotive in verschiedenen Gastronomiebetrieben – Wimmelbuchs über die Kinderherzklinik finanziert und außerdem in diesem Heft! werden. Bei der Spendenübergabe freute sich auch Maskottchen Pauli mit allen Beteiligten. Mehr zum herzzentrum.umg.eu/heartbeatsongs Wimmelbuch finden Sie auf Seite X.
6 Gastbeitrag von Dr. Carolin Lerchenmüller (DGK) Frauen in der Kardiologie und kardiovaskulären Forschung In Deutschland ist der Frauenanteil unter Studierenden Fach und der Nachwuchs scheint vorhanden und auch der Medizin bereits seit über zwei Jahrzehnten größer erfolgreich zu sein – warum bleiben weitere Karrierestu- als der Anteil an Männern.1 Auch der Anteil an Frauen fen also weiterhin größtenteils Männern vorbehalten? in der Kardiologie verzeichnet ein stetiges Wachstum – im Durchschnitt gingen in den letzten fünf Jahren 37,5 Die Gründe hierfür sind vielfältig und inkludieren zum Prozent der Facharztanerkennungen für Innere Medizin Beispiel bewusste oder unterbewusste geschlechterab- und Kardiologie an Frauen,2 ebenso stieg der Anteil der hängige Wahrnehmung/Voreingenommenheit (Bias) – Verfasserinnen wissenschaftlicher Artikel in den letzten Frauen werden häufig anders behandelt, sowohl von Jahrzehnten deutlich an.3 Dieser Trend setzt sich je- Kolleg*innen und Vorgesetzten als auch von Patient*in- doch nicht in Führungspositionen fort, wo der Frauen- nen. Zum Beispiel werden Frauen weniger häufig mit ih- anteil gleichbleibend gering bleibt.3, 4 An den Unikliniken rem professionellen Titel angesprochen und vorgestellt, in Deutschland sind 2,6 Prozent der Leitungspositionen Ärztinnen werden häufiger mit Spitznamen versehen (stellvertretende Chefärztinnen/Klinikdirektorinnen) mit oder für Pflegepersonal gehalten. Wissenschaftlerin- Frauen besetzt. Frauen interessieren sich also für das nen erhalten, trotz gleicher Qualifikationen, weniger Grafik: djvstock - adobe.stock.com 1 Hibbeler BK, H. Arztberuf: Die Medizin wird weiblich. 5 Rotenstein LS and Jena AB. Lost Taussigs – The Consequences of Gender Discrimination Deutsches Ärzteblatt international. 2008. in Medicine. The New England journal of medicine. 2018;378:2255-2257. 2 Bundesärztekammer. Ärztestatistik zum 31. Dezember 2020. 6 Parks AL and Redberg RF. Women in Medicine and Patient Outcomes: 3 Lerchenmueller C, Lerchenmueller MJ and Sorenson O. Long-Term Analysis of Sex Equal Rights for Better Work? JAMA internal medicine. 2017;177:161. Differences in Prestigious Authorships in Cardiovascular Research Supported by the 7 Tsugawa Y, Jena AB, Figueroa JF, Orav EJ, Blumenthal DM and Jha AK. Comparison of National Institutes of Health. Circulation. 2018;137:880-882. Hospital Mortality and Readmission Rates for Medicare Patients Treated by Male vs 4 Lerchenmuller C and Hilfiker-Kleiner D. Cardiology and cardiovascular research in Germany: Female Physicians. JAMA internal medicine. 2017;177:206-213. 5 years of gender demographics. Clinical research in cardiology: official journal of the 8 Burns T, Huang J, Krivkovich A, Rambachan I, Trkulja T, Yee L. Women in the Work- German Cardiac Society. 2019;108:218-220. place 2021 Report. 2021.
7 monetäre institutionelle Förderung und werden weni- Fachgesellschaften spielen eine entscheidende Rolle ger in Kollaborationen eingeschlossen.5 Unzureichende für die Aus- und Weiterbildung von Ärzt*innen. Sie bie- Teilzeitmodelle in der Weiterbildung und für Führungs- ten außerdem die Möglichkeiten, sich zu vernetzen und positionen sowie ein Mangel an qualitativ hochwertiger zum Beispiel während Konferenzen die nationale und Kinderbetreuung stellen für Frauen ebenfalls eine Hürde internationale Sichtbarkeit der Mitglieder zu erhöhen. dar. Strikte Hierarchien, befristete Verträge und fehlen- Auch innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Kardio- de Vorbilder tragen dazu bei, dass ein echter Wandel bis- logie (DGK) konnte ein stetiges Wachstum des Anteils lang nicht eingetreten ist. an Frauen unter den Mitgliedern verzeichnet werden, jedoch zeichnet sich hier ebenfalls ein Stagnieren des Der Verlust der Expertise und des Talents von Frauen ist Anteils von Frauen in entscheidenden Positionen ab. Zu- für die Kardiologie jedoch eigentlich nicht tragbar. Wis- künftig sollen innerhalb der DGK verstärkt Bedingungen senschaftlerinnen und Klinikerinnen werden dringend geschaffen werden, die es ermöglichen, die Fähigkeiten benötigt, um ein Spektrum an Wissenschaft, Innovation von Kardiologinnen und Forscherinnen besser zu nutzen. sowie Patientenversorgung abzudecken.6, 7 Diverse Teams Zur Bearbeitung dieses Themas wurde die Projektgrup- profitieren von intellektueller Vielfältigkeit, verschie- pe 13 – Frauen und Familie in der Kardiologie eingesetzt. densten analytischen Fähigkeiten und unterschiedlichen Die Projektgruppe sucht einen evidenzbasierten Dia- Perspektiven,8 auch deshalb führt Diversität am Arbeits- log innerhalb der DGK und mit anderen nationalen und platz zu Innovation, Produktivität und Profitabilität.9 Es internationalen Netzwerken. Die Basis zur langfristigen ist insbesondere herauszuheben, dass ein höherer Anteil Erhöhung des Frauenanteils in der Kardiologie sind eine an Frauen in Forschungsteams zu einer höheren Anzahl regelmäßige Datenerhebung zur Repräsentation der an Studienteilnehmerinnen in der klinischen kardiovasku- Geschlechter, eine transparente Ergebnispräsentation lären Forschung beiträgt, die zur optimalen Behandlung sowie die gründliche Untersuchung möglicher Ursachen auch unserer Patientinnen besonders wichtig ist und bis- und die Erarbeitung und Umsetzung von Strategien zur lang häufig vernachlässigt wurde.10 Behebung von Ungerechtigkeiten. Über den Twitter-Account @PG13_DGK berichtet die Projektgruppe regelmäßig über einschlägige Studien und eigene Initiativen und Arbeiten. Wir freuen uns über zahlreiche Kontakte aus der Uni- versitätsmedizin Göttingen und besonders über Interaktionen mit dem Frauennetzwerk medf3 für Führung und Forschung in der Medizin Göttingen. Kontakt Dr. med. Carolin Lerchenmüller Vorsitzende der PG13 der DGK 9 Lau ES and Wood MJ. How do we attract and retain women in cardiology? Telefon +49 6221 5638276 Clinical cardiology. 2018;41:264-268. 10 Cho L, Vest AR, O'Donoghue ML, Ogunniyi MO, Sarma AA, Denby KJ, Lau ES, Poole JE, E-Mail carolin.lerchenmueller Lindley KJ, Mehran R and Cardiovascular Disease in Women Committee Leadership. Increasing Participation of Women in Cardiovascular Trials: JACC Council Perspectives. @med.uni-heidelberg.de J Am Coll Cardiol. 2021;78:737-751. Twitter @CLerchenmueller
9 Reduce MFA Reduce Myocardial Fibrosis in Aortic stenosis DZHK trial 25 Reduce-MFA-DZHK25 Neue Therapie auf dem Prüfstand 1,8 Millionen Euro Förderung vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) erhalten Forscherin- nen des Herzzentrums der Universitätsmedizin Göttingen für die Medikamentenstudie Reduce-MFA-DZHK25 zur Behandlung von Herzmuskelfibrose. Die Aufnahme erster Patient*innen startet im Frühjahr 2022. Die Verengung der Aortenklappen (Aortenklappenste- bewerten. Sie prüfen nun erstmals eine ergänzende nose) ist die häufigste Herzklappenerkrankung im hö- medikamentöse Therapie zur Behandlung von Herz- heren Erwachsenenalter. Ist die Aortenklappe verengt, muskelfibrose, um das Langzeitüberleben von Pa- kann das Blut nicht mehr ausreichend in den Körper tient*innen nach TAVI zu verbessern. Das Vorhaben gepumpt werden. Es kommt zu Luftnot, starken Brust- wird als Medikamentenstudie unter dem Kurztitel schmerzen und Schwindel bis hin zur Bewusstlosigkeit. Reduce-MFA-DZHK25 vom Deutschen Zentrum für Um das Herz-Kreislauf-System bei einer Mehrbelastung Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) mit rund 1,8 Millionen zu stabilisieren, passt sich der Herzmuskel an (kardiales Euro gefördert. Das Projekt leiten Prof. Dr. Miriam Puls Remodeling). Bei einer Aortenklappenstenose wird die und Prof. Dr. Elisabeth Zeisberg, beide aus der Klinik für Belastung chronisch und es kann zu einer fortschrei- Kardiologie und Pneumologie der UMG. Neben der Kli- tenden krankhaften Veränderung des Herzmuskels nik für Kardiologie und Pneumologie am Herzzentrum kommen: Eine Herzmuskelfibrose (Myokardfibrose) der UMG nehmen 17 weitere Zentren in ganz Deutsch- entsteht. Dabei wird gesundes Herzgewebe durch funk- land teil. Die Studie startete im Oktober 2021 und läuft tionsloses Bindegewebe ersetzt und der Herzmuskel voraussichtlich bis Juni 2025. Die ersten Patient*innen verhärtet. Eine chronische Herzschwäche ist die Folge. werden in diesem Jahr in die Studie aufgenommen. Daher sollte eine fortgeschrittene Aortenklappensteno- se schnell behandelt werden. In den vergangenen zehn Forscher*innen und Ärzt*innen des Herzzentrums der Jahren hat sich der kathetergestützte Aortenklappen- UMG hatten bereits von 2017 bis 2019 untersucht, wel- ersatz, die sogenannte Transkatheter-Aortenklappen- chen Einfluss die Herzmuskelfibrose (Myokardfibrose) implantation (kurz: TAVI), als schonende Alternative auf die Umbauprozesse des Herzens hat und wie sie zum chirurgischen Eingriff bei einer fortgeschrittenen sich auf die Behandlungsergebnisse von Patient*innen Aortenklappenstenose insbesondere zur Behandlung mit schwerer Aortenklappenstenose nach einer TAVI- von älteren Patient*innen durchgesetzt. Prozedur auswirkt. Dabei fanden sie heraus: Die krank- hafte Vermehrung von funktionslosem Bindegewebe Göttinger Wissenschaftlerinnen am Herzzentrum der im Herzen lässt sich offenbar durch den Ersatz der Universitätsmedizin Göttingen konnten auf Grund- Klappe allein nicht vollständig zurückbilden. Das Aus- lage erster umfassender Studiendaten den Einfluss maß der Bindegewebsvermehrung verlangsamt aber der Herzmuskelfibrose auf die Prognose nach TAVI die Erholung des Herzens und spielt eine wichtige Rolle
10 „Für die Schädigung des Herzmuskels durch eine Aortenklappenverengung gibt es derzeit keine Therapie, die über den Herzklappenersatz und die Hoffnung auf spontane Erholung hinausgeht. Wir möchten nun prüfen, ob eine zielgerichtete Be- handlung der Herzmuskelfibrose mit antifibrotischen Medikamenten erfolgreich ist.“ Prof. Dr. Miriam Puls für die Überlebenswahrscheinlichkeit und die weitere Studienteilnehmer*innen werden mit den jeweiligen Prognose der Patient*innen. Ausgangswerten verglichen. Abschließend wird evalu- iert, ob in den beiden Studienarmen mit Studienmedi- Die Studie Reduce-MFA-DZHK25 kation im Vergleich zur Kontrollgruppe eine größere Rückbildung der Herzmuskelfibrose zu verzeichnen ist Im Rahmen der Studie Reduce-MFA-DZHK25 sollen und ob sich dies auch auf die Erholung des Herzens so- zwei Medikamente näher auf ihre Wirksamkeit bei wie die Lebensqualität und die Überlebensrate der Pa- Herzmuskelfibrose untersucht werden: Das Medika- tient*innen auswirkt. ment Spironolacton ist seit Langem zugelassen, kommt bereits bei genereller Herzschwäche zum Einsatz, wur- „Ich freue mich außerordentlich über die Förderung de bislang aber nicht für Aortenklappenverengungen dieser wichtigen Studie von Professorin Puls und Pro- erforscht. Zudem soll das Medikament Dihydralazin ge- fessorin Zeisberg. Alle klinischen und wissenschaft- testet werden, das für dieses Anwendungsgebiet neu lichen Grundlagen für die Studie basieren auf For- ist. Das Medikament gilt als gut verträglich und wird für schungsergebnissen aus dem Herzzentrum Göttingen. die Behandlung von Bluthochdruck verschrieben. Erst Im Fall einer Bestätigung der erwarteten Ergebnisse vor Kurzem hat die Arbeitsgruppe „Kardiales Stroma“ hätten wir ein neues personalisiertes Behandlungsver- unter der Leitung von Prof. Dr. Elisabeth Zeisberg, Kli- fahren für TAVI-Patient*innen mit einem hohen Grad nik für Kardiologie und Pneumologie der UMG, erkannt, der Fibrose und hohem Risikopotenzial entwickelt“, dass Dihydralazin in sehr geringer Dosierung offenbar sagt Prof. Dr. Gerd Hasenfuß, Direktor der Klinik für in der Lage ist, Organfibrosierung zu behandeln. „Ins- Kardiologie und Pneumologie und Vorsitzender des gesamt könnte die Prüfmedikation zu einer verbesser- Herzzentrums der UMG. ten Erholung des Herzens von der Herzklappenerkran- kung und somit zu einer verbesserten Lebensqualität führen“, sagt Prof. Dr. Zeisberg. Hintergrundinformationen „Da nur Patient*innen mit fortgeschrittener Herzmus- kelfibrose einen ungünstigen Langzeitverlauf haben Die Studie mit ersten umfassenden Erkennt- und potenziell von dieser neuartigen Behandlung pro- nissen über den Behandlungserfolg von TAVI fitieren könnten, wird vor dem geplanten Herzklappen- wurde im Mai 2020 im renommierten Euro- eingriff bei Studieneinschluss zunächst der Grad der pean Heart Journal veröffentlicht. Herzmuskelfibrose mittels Magnetresonanztomogra- fie (Herz-MRT) untersucht“, sagt Prof. Dr. Miriam Puls. Originalveröffentlichung Wenn die Herzmuskelfibrose einen kritischen Schwel- lenwert überschreitet, erfolgt per Zufallsverfahren die Miriam Puls, Bo Eric Beuthner, Rodi Topci, Anja Zuteilung der Studienteilnehmer*innen zu einem der Vogelgesang, Annalen Bleckmann, Maren Sit- drei Behandlungsarme: Kontrollgruppe (optimale Stan- te, Torben Lange, Sören Jan Backhaus, And- dardtherapie), Spironolacton (25 mg pro Tag) oder Spi- reas Schuster, Tim Seidler, Ingo Kutschka, Karl ronolacton (25 mg pro Tag) und Dihydralazin (zweimal Toischer, Elisabeth Maria Zeisberg, Claudius 12,5 bis 25 mg pro Tag). Bei geringer Herzmuskelfibro- Jacobshagen, Gerd Hasenfuß. Impact of myo- se wird keine Studienmedikation verabreicht, da davon cardial fibrosis on left ventricular remodeling, kein zusätzlicher Nutzen zu erwarten ist. Alle Pati- recovery, and outcome after transcatheter ent*innen erhalten die erforderliche Klappenimplanta- aortic valve implantation in different haemo- tion (TAVI). Nach zwölfmonatiger Behandlung mit der dynamic subtypes of severe aortic stenosis. Studienmedikation erfolgt eine erneute Untersuchung Eur Heart J 2020; 41:1903-1914. doi: 10.1093. der Herzmuskelfibrose mittels MRT und die Werte der February 12th, 2020
11 Virenschere soll SARS-CoV-2 und andere RNA-Viren zerstören Quantensprung im Kampf gegen Viren Grafik: CROCOTHERY - adobe.stock.com Wissenschaftler*innen aus Göttingen und Hannover überzeugten im ersten bundesweiten Innovationswett- bewerb SPRIND Challenge „Ein Quantensprung für neue antivirale Mittel“ der Bundesagentur für Sprung- innovationen. Ihre Idee im Kampf gegen Viruserkran- kungen wird mit bis zu 700.000 Euro für das erste Jahr gefördert.
12 Abbildung 1. A. Das SARS-CoV-2-Genom wird in die Zelle abgege- ben. Dort wird das virale Genom vermehrt und die Transkripte in Proteine übersetzt, um weitere Kopien von SARS-CoV-2 zu bilden. B. CRISPR/Cas13-Enzyme werden durch Genfähren (AAV-2) in die Zelle eingebracht und „zerschneiden“ dort gezielt verschiedene Stellen des viralen SARS-CoV-2-Genoms und seiner Transkripte mittels einer spezifischen Kombination an crRNAs. Dadurch wird die Vermehrung von SARS-CoV-2 verhindert und Transkripte, die sonst in toxische Proteine übersetzt werden, reduziert. Warum nicht einfach das Virus zerschneiden und auf diese Weise unschädlich machen? Das ist die Idee für eine innovative antivirale Therapie. Erste Ergebnisse in der vorklinischen Anwendung sind vielversprechend. Damit haben Wissenschaftler*innen aus Göttingen und Hannover die Jury der ersten SPRIND Challenge der Bundesagentur für Sprunginnovationen „Ein Quanten- sprung für neue antivirale Mittel“ überzeugt. Das niedersächsische Team „CRISPR/Cas13-media- ted antiviral therapy“ unter der Leitung von Prof. Dr. Elisabeth Zeisberg, Klinik für Kardiologie und Pneu- mologie der UMG, gehört zu neun ausgewählten Chal- lenge-Teams. Sie treten jetzt in einen Wettbewerb um die vielversprechendsten Wirkstoffe im Kampf gegen Viruserkrankungen. Kooperationspartner*innen im Forschungsansatz bedeutet das: Wir können unsere Projekt „CRISPR/Cas13-mediated antiviral therapy“ Sprunginnovation gegen SARS-CoV-2-Viren unmittelbar sind Prof. Dr. Gerd Hasenfuß, Klinik für Kardiologie und weiterentwickeln für die Gesundheit der Menschen. Das Pneumologie der UMG, Prof. Dr. Stefan Pöhlmann vom bietet eine herausragende Chance“, sagt Prof. Dr. Wolf- Deutschen Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Pri- gang Brück, Vorstand Forschung und Lehre und Spre- matenforschung (DPZ) sowie Prof. Dr. Albert Osterhaus cher des Vorstands der UMG. und Prof. Dr. Gisa Gerold von der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo). Insgesamt hatten sich Die Idee 45 Teams aus Deutschland und Europa um eine För- derung beworben. Die ausgewählten Challenge-Teams Das neue Verfahren wurde experimentell an der UMG wurden am 7. November 2021 im Rahmen der Konferenz entwickelt. Für den neuen Wirkstoffansatz zum Kampf FALLING WALLS in Berlin bekannt gegeben. gegen Viren greift das Team „CRISPR/Cas13-mediated antiviral therapy“ um Prof. Dr. Zeisberg auf Werkzeuge Das niedersächsische Team erhält wie alle ausgewähl- zurück, die Bakterien schon seit langer Zeit erfolgreich ten Challenge-Teams im ersten Jahr des drei Jahre dau- anwenden. Diese haben ihren evolutionären Vorsprung ernden Wettbewerbs bis zu 700.000 Euro Förderung. von mehr als drei Milliarden Jahren gegenüber den Danach wird es an seinen Fortschritten auf dem Weg Menschen genutzt und ein perfektioniertes System zur zu einer Sprunginnovation gemessen. Diese Ergebnisse Bekämpfung von Viren entwickelt: sogenannte Viren- entscheiden dann auch darüber, welche Teams in den scheren. CRISPR/Cas9 ist eine bakterielle DNA-Schere Folgejahren der Challenge eine weitere Finanzierung er- und CRISPR/Cas13 entsprechend eine RNA-Schere. Da- halten. mit können Bakterien DNA- bzw. RNA-Viren „zerschnei- den“. Sogenannte guides („Begleiter“) oder crRNAs le- „Wir freuen uns, dass sich das Gemeinschaftsprojekt gen dabei fest, an welchen Stellen geschnitten wird. mit dem spannenden Ansatz der Virenschere gerade in diesem neuen, bedeutenden Forum durchgesetzt hat. Die Forscher*innen aus Göttingen und Hannover haben SPRIND bietet für die Forschenden ein in Deutschland das Ziel, die Vermehrung von SARS-CoV-2, einem gro- einmaliges Verfahren zur Förderung von Innovatio- ßen RNA-Einzelstrangvirus, in den oberen Luftwegen zu nen. Im Vergleich zu bisherigen Verfahren der staatli- verhindern. Dafür haben sie ein Konzept für die Herstel- chen Innovationsfinanzierung ist die vorkommerzielle lung spezieller Virenscheren entwickelt: gegen SARS- Auftragsvergabe deutlich schneller und die formalen Viren gerichtete RNA-Scheren. Diese beruhen auf dem Vorgaben sind weit weniger umfangreich. Für unseren bakteriellen CRISPR/Cas13-System. Sie werden mit-
13 tels harmloser viraler Genfähren, sogenannter adeno- Über SPRIND Challenges assoziierter AAV-2-Viren, gezielt in Lungenepithelzellen eingeschleust. Die RNA-Scheren sind dabei so gewählt, SPRIND Challenges sind Innovationswettbewerbe. dass sie die menschliche Zelle selbst nicht beeinträch- Sie haben zum Ziel, Lösungen für die großen gesell- tigen (Abbildung 1). Eine Virenschere in Verbindung mit schaftlichen und technologischen Herausforderun- einer speziellen Kombination von gegen SARS-Viren ge- gen unserer Zeit hervorzubringen. Sie entwerfen richteten crRNAs unterbindet konstant die Vermehrung die Vision einer besseren Zukunft und versammeln von SARS-CoV-2 innerhalb von 24 Stunden in SARS- die Wissenschaftler*innen, Innovator*innen und CoV-2-infizierten menschlichen Lungenepithelzellen in Entrepreneur*innen, die diese Vision Wirklichkeit der Petrischale. werden lassen können. Risikoreiche Ansätze sind erlaubt, sodass das Potenzial für Sprunginnova- Erste Versuche im Tiermodell mit SARS-CoV-2-infizier- tionen meist erst in der Umsetzung sichtbar wird. ten Hamstern zeigen: Die Gabe des therapeutischen Deshalb werden die Challenge-Teams schnell und Mix aus gegen SARS-CoV-2 gerichteten RNA-Scheren unbürokratisch finanziert und starten umgehend über die Nase führt im Vergleich zu einer unspezifi- in einen mehrstufigen Wettbewerb. Zum Ende je- schen Kontrollschere zu einer deutlichen Abnahme der der Stufe wird die Arbeit der Teams und das Poten- Lungenschäden. „Durch eine besondere Auswahl der tial für Sprunginnovationen neu evaluiert und nur crRNAs (‚Begleiter‘) ist unser Ansatz weitgehend unab- die mit dem höchsten Potenzial verbleiben in der hängig von Mutationen und deckt daher alle bisherigen Challenge und erhalten weitere finanzielle Unter- Varianten des SARS-CoV-2-Virus ab“, sagt Dr. Xingbo stützung, um ihre Idee weiterzuentwickeln. SPRIND Xu, Mitarbeiter aus der Arbeitsgruppe Zeisberg. wurde auf Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gegründet. „Grundsätzlich ist der Ansatz auch auf andere RNA- Viren übertragbar. Er könnte auch im Fall einer neuen Epidemie oder Pandemie mit noch unbekannten RNA- Viren rasch als Therapie umgesetzt werden“, sagt Prof. „Ein Quantensprung für neue antivirale Mittel“ Dr. Albert Osterhaus von der TiHo Hannover. „Mit un- seren Partner*innen vom DPZ und der TiHo als Spe- Spätestens seit der COVID-19-Pandemie ist klar: zialist*innen auf dem Gebiet der Virologie allgemein Viren sind eine Bedrohung für die Gesundheit und insbesondere auch für Corona-Viren möchten wir der Menschen weltweit. Trotz des beachtlichen diesen therapeutischen Ansatz nun optimieren und als Erfolgs von Impfstoffen werden auch antivirale mögliche Therapie gegen SARS-CoV-2 evaluieren, eta- Medikamente benötigt, um Erkrankten helfen zu blieren und in die klinische Anwendung bringen“, sagt können. Für viele Viruserkrankungen, die uns seit Prof. Dr. Elisabeth Zeisberg. Langem begleiten, gibt es bis heute noch keine wirksamen Medikamente. Der Blick auf Ausbrüche „Gleichzeitig sehen wir in dem bislang erfolgreichen von SARS-CoV-1, MERS-CoV, Ebola oder Influenza Ansatz nicht nur eine Anti-COVID-Therapie, sondern verdeutlicht, dass wir uns für zukünftige Epide- eine mögliche Plattformtechnologie, die sich langfris- mien und Pandemien wappnen müssen. Damit ein tig auch gegen chronische Krankheiten einschließlich Durchbruch bei der Entwicklung neuer antiviraler Herz- und Nierenerkrankungen einsetzen lässt. Die Medikamente gelingt, hat die Bundesagentur für Förderung durch SPRIND erlaubt es uns, diese Platt- Sprunginnovationen zu dieser SPRIND Challenge formtechnologie weiterzuentwickeln. Das ist für uns aufgerufen. In dieser Challenge treten Teams pa- natürlich auch eine Auszeichnung unserer bisherigen rallel mit unterschiedlichen Lösungsstrategien an, Arbeit“, sagt Prof. Dr. Hasenfuß, Direktor der Klinik für um in einem Wettbewerb über drei Jahre die viel- Kardiologie und Pneumologie und Vorsitzender des versprechendsten Wirkstoffe im Kampf gegen Vi- Herzzentrums der UMG. ruserkrankungen zu finden.
14 Im Scannerraum: Dr. Matthias Mietsch (DPZ) und Prof. Dr. Christina Unterberg-Buchwald (UMG) verifizieren die gute Lage des Bioptoms.
15 Kardiologische Interventionen im MRT-Scanner unter Realtime-Bildgebung Try, try better, succeed Vernetztes kooperatives Arbeiten ist ein prägendes Element des Göttinger Campus und eine wichtige Vorausset- zung, um neue Technologien in die klinische Anwendung zu bringen: Physiker des Max-Planck-Instituts um Prof. Dr. Jens Frahm und Prof. Dr. Martin Uecker entwickeln schnelle MRT-Bildgebung, die im Herzzentrum in enger Kooperation mit Kliniker*innen für moderne kardiologische Diagnostik genutzt wird. Prof. Dr. Christina Unterberg- Buchwald und Prof. Dr. Rabea Hinkel berichten über die Entwicklung des ambitionierten Forschungsprojekts und ihre persönliche Motivation hinter ihrem Engagement in der Hochschulmedizin. Frau Prof. Dr. Unterberg-Buchwald, Sie arbeiten seit Wie geht Ihre Forschungsgruppe dabei vor? 35 Jahren in der Kardiologie. Was ist der entschei- dende Vorteil der schnellen MRT-Bildgebung gegen- In Kooperation mit den Physikern Prof. Dr. Frahm und über bereits etablierten Methoden in der Kardiologie? Prof. Dr. Uecker und Mitgliedern ihrer Arbeitsgruppen, Radiologen (Prof. Dr. Lotz, Prof. Dr. Ritter), Tierärztin- Für die Diagnostik einiger Herzmuskelerkrankungen nen der UMG (Dr. Reupke, Dr. Becker) und dem veteri- sowie die Organkontrolle nach Herztransplantation ist närmedizinischen Team des DPZ (Prof. Dr. Hinkel, Dr. die Herzmuskelbiopsie und ihre histologische Beurtei- Mietsch) arbeite ich seit 2017 an der Entwicklung ge- lung eine wesentliche diagnostische Maßnahme. Nach- eigneter Instrumente, um eine zielgenaue endokardiale dem die Herzmuskelbiopsie 1962 erstmals nicht mehr Myokardbiospie unter Realtime-MR-Bildgebung für den mit einem Instrument von außen durch den Brustkorb, klinischen Einsatz zu etablieren und damit die diagnosti- sondern über Kathetertechnik, zunächst beim Hund, sche Genauigkeit der Herzmuskelbiopsie zu verbessern. dann zügig beim Menschen, durchgeführt werden Bisher sind Führungskatheter, Führungsdrähte und das konnte, hat sich die Methode zu einem komplikations- für die Biopsie erforderliche Bioptom zwar im Röntgen armen Routineeingriff entwickelt, der unter Röntgen- hervorragend sichtbar, für die MRT aber nicht geeignet. sicht im Herzkatheter durchgeführt wird. Zusammen mit einer Partnerfirma entwickeln wir diese Katheter und das Bioptom Schritt für Schritt neu. Leider erkennt man unter Röntgenkontrolle nicht, wo genau die erkrankten Areale des Herzmuskels lokali- Die Bildgebung selbst soll noch schneller werden und siert sind und ob die Biopsie an den veränderten Re- von 2D auf 3D verbessert werden. Es werden insbeson- gionen des Herzmuskels erfolgt ist, was die diagnos- dere Sequenzen entwickelt, mit denen man verletztes tische Zuverlässigkeit der Methode schmälert. Genau Myokard immer wieder sichtbar machen kann. Bisher dieses Problem kann die MRT-Bildgebung lösen, denn geschieht dies durch die Gabe von Kontrastmittel, doch im Gegensatz zum Ultraschall oder zur Herzkatheter- der kontrasterhöhende Effekt verschwindet nach kur- diagnostik kann erkranktes Herzmuskelgewebe zuver- zer Zeit. Genau das möchten wir nicht. Unser Ziel ist es, lässig dargestellt werden. Bisher war allerdings die zeit- ohne Kontrastmittel wiederkehrend mit Realtime-Bild- liche Auflösung der MRT für Eingriffe am Herzen nicht gebung verletztes Myokard sichtbar zu machen. geeignet, da die für das Steuern von Kathetern und Instrumenten notwendige kontinuierliche Sichtbarkeit Wir konnten schon zeigen, dass die gezielte Biopsie des nicht gegeben war. Die in Göttingen entwickelte schnel- in der MRT sichtbar erkrankten Herzmuskelgewebes zu le Bildgebung hat eine visuelle Verfolgung der Katheter einer höheren diagnostischen Genauigkeit führt als die möglich gemacht, die für die interventionellen Kardio- weltweit routinemäßig täglich durchgeführte Biopsie log*innen erforderlich ist. unter Röntgenkontrolle.
16 A B C Einsatz des MR-tauglichen Bioptoms: Realtime-Bilder des linken Ventrikels mit Bioptom in der axialen kurzen Achse (A) und in einer transversalen langen Achse (B) sowie die entnommene Myokardbiopsie im Größenvergleich zu einer 14G-Punktionsnadel (C). Die Ergebnisse zeigen das große Potenzial dieser Dia- menhänge statt mit Echokardiografie und Szintigrafie gnostik auf. Welche Schritte stehen nun an, um dies über eine einzige nicht invasive Technik aufgedeckt in der Praxis alltagstauglich zu machen? werden. Zudem können damit zukünftig invasive Ein- griffe, die für Patient*innen sehr belastend sind, einfa- Die große Herausforderung besteht darin, zusammen cher und schonender durchgeführt werden. Darüber hi- mit der Industrie steuerbare MR-taugliche Katheter mit naus sind die Strukturen für interdisziplinäres Forschen dem kleinstmöglichen Durchmesser für den klinischen in Göttingen sehr gut angelegt. Es macht Freude, sie zu Einsatz zu entwickeln. Darüber hinaus hat ein MR-taug- nutzen. liches Bioptom ganz andere Schneideeigenschaften als ein herkömmliches Stahlbioptom: Auch hier beruht die Was macht für Sie den Standort Göttingen aus? Entwicklung auf der schrittweisen Veränderung einzel- ner Komponenten der Schneide und des Gesamtauf- Da muss ich ein bisschen ausholen. Es gab und gibt vie- baus des Bioptoms. Das Ziel besteht darin, die ganze le gute Gründe, die für Göttingen sprechen: Für mich Prozedur der gezielten Biopsieentnahme in hoher Qua- persönlich war es nach dem Studium in München und lität so schnell und sicher zu gestalten, dass sie eine der Promotion in der Klinik von Prof. Dr. Riecker, dem echte und bessere Alternative zur herkömmlichen un- ehemaligen Lehrstuhlinhaber der Medizinischen Klinik II gezielten Biopsie im Herzkatheter darstellt. in Göttingen (1968—1974), die erste Assistenzstelle. Göt- tingens Universitätskardiologie war damals mit Prof. Für uns ist die MRT-basierte Herzbiopsie ein hervor- Dr. Kreuzer für die Lysetherapie beim akuten Myokard- ragendes Beispiel, wie innovative bildgebende Techno- infarkt und für die exzellente invasive Therapie beim logien translational von der Sequenzentwicklung über akuten Myokardinfarkt international bekannt, was mich das Experiment bis zum Einsatz im klinischen Alltag beeindruckt hat. entwickelt werden. Dies ist ein erster Schritt, röntgeno- logische Interventionen durch eine verbesserte MRT- Außerdem wurde in der Göttinger Kardiologie schon in Bildgebung zu ersetzen. Im Weiteren arbeiten wir in Ko- den 80er-Jahren den kardiologischen Assistent*innen operation mit der Kinderkardiologie (PD Dr. Steinmetz) viel Mitbestimmung ermöglicht und damit ein tolerantes und der Herzchirurgie (Prof. Dr. Tirilomis) daran, zielge- Umfeld erzeugt, in dem auch Frauen in ihrer klinischen nau Stents in die angeboren verengte Aorta in der MRT und wissenschaftlichen Karriere im Vergleich zu ande- unter Realtime-Sicht in 3D einzusetzen. ren Hochschulen besser unterstützt wurden. Besonders motiviert hat mich die sehr gute praktische Ausbildung, Das klingt nach einer spannenden Herausforderung die meine Kolleginnen und ich in den Herzkathetertech- in der kardiologischen Diagnostik. Was bedeutet niken bekommen haben. Die exzellenten wissenschaft- Ihnen persönlich Kardiologie? lichen Möglichkeiten konnte ich nutzen und habe mich als erste Frau in der Göttinger Kardiologie mit einem Mich hat die Kardiologie schon im Studium begeistert. Thema der Restenoseforschung habilitiert. In meinen ersten Studienjahren konnte ich mich inner- lich oft nicht entscheiden, welches Organ für das Leben Göttingen hat sich unter der Leitung von Prof. Dr. Ha- eines Menschen das zentralere ist: das Herz oder das senfuß enorm vergrößert: von der Klinik für Kardiolo- Gehirn. Die Kardiologie mit der Möglichkeit, über kathe- gie und Pneumologie zu einem großen interdisziplinä- tergesteuerte Eingriffe schnell, wenig belastend sowie ren Herzzentrum mit hoher Vernetzung innerhalb der sofort entscheidend zu helfen, zu heilen und zu retten, UMG sowie zu den Max-Planck-Instituten und anderen hat mich einfach fasziniert. Klinisch begeistert mich die Instituten am Campus wie dem Deutschen Primaten- MR-Bildgebung, weil Struktur- und Funktionszusam- zentrum (DPZ) sowie Kolleg*innen in unserem Göttin-
17 Das Forschungsteam (v. l. n. r.): Prof. Dr. Christina Unterberg-Buchwald (UMG), Dr. Verena Reupke (UMG), Prof. Dr. Rabea Hinkel (DPZ), Dr. Sabine Samolovac (DPZ), Ulrike Köchermann (UMG) und Dr. Matthias Mietsch (DPZ). ger Standort innerhalb des Deutschen Zentrums für Medizinerinnen werden in ihrem Karriereweg mittler- Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Solche Interdiszipli- weile deutlich besser gefördert als in den 80er- und narität zeigt sich in meinem Lebensweg daran, dass ich 90er-Jahren. Dennoch kommt diese Entwicklung in den als Oberärztin der Kardiologie/Pneumologie zusätzlich leitenden Positionen bei Weitem noch nicht adäquat auch in der Radiologie klinisch eingebunden bin und die an. Bei uns an der UMG wurden Ende der 90er-Jahre Forschung der kardialen Bildgebung in beiden Abteilun- Mentor- und Förderprogramme, die speziell Frauen im gen im DZHK angesiedelt ist. Karriereweg unterstützen, aufgelegt. Hier zeichnet sich bereits ein gewisser Erfolg ab: Der Frauenanteil der UMG Den direkten und auch kreativen Austausch mit den in leitenden Positionen liegt jetzt bei 26 Prozent. Immer- Physiker*innen erlebe ich als bereichernd und be- hin ist er seit 2014 um 16 Prozent gestiegen, das ist ein schleunigend für die Umsetzung theoretischer Konzep- ermutigender Erfolg und wird junge Medizinerinnen mo- te in die klinische Praxis. Es ist faszinierend, die Ent- tivieren, Führungspositionen anzustreben und nicht von wicklung der kardiologischen Forschung über 30 Jahre vornherein als Karriereziel auszuschließen. mitzugestalten und jetzt zu sehen, wie mit der innovati- ven Realtime-MR-Bildgebung interventionelle Maßnah- Doch aus meiner Erfahrung heraus ist dieser Erfolg nicht men noch weiter verbessert werden können. als selbstverständliche Konsequenz eines Förderpro- gramms anzusehen, er musste erarbeitet werden und Da hört man nicht nur die leidenschaftliche Wahl- wird auch zukünftig erarbeitet werden müssen. Es gibt Göttingerin heraus, dieser Exkurs verweist auch auf sozusagen Luft nach oben, die sehr engagierte und mit ein Stück strukturelle Geschichte in der Medizin. Herzblut ausgeübte Arbeit von Medizinerinnen in Füh- Ende der 90er-Jahre waren Sie die einzige kardio- rungspositionen als „role models“ an der eigenen Fa- logische Oberärztin in Göttingen. Wie sehen Sie die kultät darzustellen, in der Fachöffentlichkeit, aber auch Entwicklung für Frauen in der Hochschulmedizin? in der Gesellschaft allgemein breit medial unterstützt sichtbar zu machen. Gleichberechtigte Teilhabe an der Das Geschlechterverhältnis der Studierenden hat sich in weiterhin männlich dominierten Hochschulmedizin er- den letzten 30 Jahren umgedreht: Zu Beginn meines Stu- fordert eine gezielte überproportionale Förderung von diums lag der Frauenanteil bei etwa 30 Prozent, jetzt sind Frauen. Insbesondere, um Frauen nicht an einer Fami- mehr als 65 Prozent der Medizinstudierenden Frauen. lienphase zu hindern oder sie daran zu verlieren.
18 Prof. Dr. Christina Unterberg-Buchwald (links) und Prof. Dr. Rabea Hinkel im Gespräch. Wie könnte eine solche Unterstützung für junge Frau Prof. Dr. Hinkel, wie bekommt man eine leitende Frauen, mit der Familie und Beruf besser vereinbart Position und wird Professorin? werden können, aussehen? Eine schwierige Frage, die man nicht generell beantwor- Konkret bedeutet dies beispielsweise die gezielte Un- ten kann. Hierfür gibt es keinen „all fits one“-Ansatz. terstützung nach einer Elternzeit, um nahtlos an den Aber vielleicht darf ich die Frage anders formulieren: schon erreichten Stand in der Facharztausbildung an- Was können Frauen machen, um ihre Karrierechancen knüpfen zu können, eine Bonuszeit oder personelle Un- zu erhöhen? Hierzu wäre mein erster Rat: sich etwas terstützung für Forschungsprojekte und die vermehrte zutrauen! Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Schaffung von Professuren für Frauen. Zu beachten ist wir Frauen oft hinterfragen, ob wir für eine bestimmte dabei auch die gesamtgesellschaftliche Entwicklung, Position oder Aufgabe gut genug sind oder diejenige in der die Work-Life-Balance für jüngere Generationen sind, die am besten dafür geeignet ist. Hier wäre heute eine immer größere Rolle spielt. Mein persönlicher Ein- meine Antwort: zutrauen und machen, nur dann kann satz für Gleichberechtigung an der Hochschulmedizin man feststellen, ob jemand dafür geeignet ist. Ich habe ist während meiner Laufbahn kontinuierlich gewachsen festgestellt, dass Personen, die wegen solcher Aufga- und es freut mich, mit jüngeren Kolleginnen im Göttin- ben oder Positionen anfragen, sich dies sehr gut über- ger Frauennetzwerk medf3 zusammenzuarbeiten, mich legt haben und frau sich das ruhig trauen sollte. mit ihnen auszutauschen, sie zu unterstützen und mit ihnen gemeinsame Forschungsprojekte voranzutreiben. Ein aus meiner Sicht weiterer wichtiger Punkt ist die Eine dieser Kooperationspartnerinnen ist Frau Prof. Dr. Vernetzung lokal, national und international. Um für Rabea Hinkel vom DPZ. eine leitende Position in Betracht gezogen zu wer- den, bedarf es Fürsprechern und diese müssen einen kennen, um eine Empfehlung aussprechen zu können. Prof. Dr. Christina Unterberg-Buchwald Zudem erhöht das die eigene Sichtbarkeit. Sichtbar- keit ist ein sehr wichtiger Punkt: Um eine Position an- Christina Unterberg-Buchwald ist Oberärztin der geboten zu bekommen, muss man für den Suchenden Klinik für Kardiologie und Pneumologie und am In- sichtbar sein, da es sich hier in der Regel nicht um stitut für Diagnostische und Interventionelle Radio- eine Position am selben Haus handelt. Diese Sichtbar- logie der UMG. Seit 2007 arbeitet sie in der kardialen keit kann durch Engagement nicht nur in der eigenen Bildgebung, hauptsächlich im Bereich kardialer MRT Fakultät, sondern auch in den Fachgesellschaften, bei und kardialer CT. Sie ist Expertin für kardiale MRT Kongressen oder durch Gutachtertätigkeiten für ver- mit Fokus auf interventionelle MRT. Ihre Forschungs- schiedene Gremien aktiv vorangetrieben werden. Am arbeit konzentriert sich nun auf Anwendungen der Ende können wir zwar selbst einiges tun, um unsere Echtzeit-MRT. Chancen zu verbessern. Es braucht jedoch auch im-
19 Der Grundgedanke des Frauennetzwerks für Führung und Forschung in der Medizin e.V. (medf3 e.V.) ist, Karrieren von zukünftigen weiblichen Führungskräften in der Medizin bereits in ihrem Anfangsstadium zu fördern. Ziel des Vereins ist es, verbes- serte Sichtbarkeit, Chancengleichheit und Teilhabe von Frauen an der Hochschul- medizin zu erreichen. medf3.de mer eine Gelegenheit, die frau dann auch ergreifen eine Veröffentlichung, die diese Methoden vergleicht muss. Ein kurzes Fazit meines eigenen Karrierewegs: und ihre jeweiligen Grenzen aufzeigt. Als ich das Angebot auf die W3-Professur in Göttingen/ Hannover bekam, hatte ich auch gleichzeitig ein An- Wie kam es zu der Kooperation mit Frau Prof. Dr. gebot aus meiner Heimatinstitution München, jedoch Unterberg-Buchwald? ohne Leitungsfunktion. Auf den ersten Blick, beruflich und auch privat, wäre es sicherlich einfacher gewesen, Kurz nach meinem Umzug im Juli 2018 fand ein Tref- das Angebot in München anzunehmen. Das Resümee fen des Netzwerks medf3 statt. Frau Prof. Dr. Zeisberg, nach über drei Jahren in Göttingen ist, dass sich durch Oberärztin in der Kardiologie und Mitglied in medf3, die den Wechsel neue Impulse für meine Forschung und ich bereits aus verschiedenen Kongressen und Gremien neue, spannende Kooperationen ergeben haben – wie kannte, hat mich zu diesem Treffen eingeladen. Für mich die mit Christina Unterberg-Buchwald. ein Glücksfall, da ich bei diesem Treffen Christina Unter- berg-Buchwald und Frauke Alves näher kennenlernen Was ist so spannend an dieser Kooperation und was durfte und wir sehr schnell, nicht nur auf der persön- begeistert Sie an der MRT-basierten Bildgebung? lichen Ebene, gemeinsame Interessen feststellten. Hier- aus hat sich mit beiden Gruppen eine aktive Zusammen- Während meiner gesamten wissenschaftlichen Kar- arbeit ergeben, die nicht nur erfolgreich ist, sondern riere habe ich mich mit kardiovaskulären Fragestellun- auch viel Spaß in der Interaktion macht. gen beschäftigt, mit einem besonderen Schwerpunkt in der translationalen Forschung. Das ist die Entwick- Das Netzwerk medf3 hat mir speziell den Start in Göt- lung neuer Therapie- und diagnostischer Ansätze für tingen deutlich vereinfacht, da ich hierüber tolle Frauen Patient*innen. Aus meiner Sicht gehört zu der Be- in der Medizin und Forschung am Standort Göttingen arbeitung einer neuen Therapieoption nicht nur die kennen- und schätzen gelernt habe. Den regelmäßigen funktionelle Auswertung und die Verbesserung der ex- Austausch über aktuelle Fragestellungen, aber auch perimentellen Methoden, sondern auch die Einbindung über die Schwierigkeiten in der Pandemie, Beispiele sind von Methoden, die bei Patient*innen Anwendung fin- Kinderbetreuung und Homeoffice, erlebe ich als sehr den können. Hier eignet sich besonders die MRT für die hilfreich und bereichernd. Ich bin froh, die Chance, die kardiovaskuläre Forschung, da mit der MRT Funktion, sich mir mit Göttingen geboten hat, ergriffen zu haben, Struktur und Perfusion in einer Untersuchung erfasst und erlebe nicht nur medf3, sondern auch den Standort und analysiert werden kann. Ein weiterer Pluspunkt Göttingen insgesamt als sehr offen, hilfsbereit und ko- der MRT ist, dass es keine invasive Messung, wie zum operativ. In einem solchen Umfeld macht Forschung viel Beispiel der Herzkatheter, ist und sie gleichzeitig ohne Freude und es bereichert die eigene Arbeit ungemein. Strahlenbelastung, wie bei Röntgen oder CT, auskommt. Am Standort Göttingen gibt es eine sehr große MRT-Ex- Prof. Dr. Rabea Hinkel pertise bei der Entwicklung neuer Ansätze und in der klinischen Anwendung. Deswegen war es mir eine be- Rabea Hinkel ist Leiterin der Abteilung für Versuchs- sondere Freude, mit der Radiologie und im Besonderen tierkunde am Deutschen Primatenzentrum in Göttin- mit Christina Unterberg-Buchwald diese Kooperation gen und Professorin für Versuchstierkunde an der einzugehen. Genauer müsste man mittlerweile Koope- Tierärztlichen Hochschule Hannover. Während ihrer rationen oder Projekte sagen, da sich neben dem ers- bisherigen wissenschaftlichen Laufbahn lag ihr For- ten gemeinsamen Projekt mittlerweile einige weitere schungsschwerpunkt im Bereich der kardiovaskulären spannende Fragestellungen ergeben haben, die wir ge- Medizin. Ein besonderer Schwerpunkt ist die Kombi- meinsam untersuchen. In einer aktuellen Kooperation, nation von molekularer/zellulärer Biologie, physiologi- mit internationaler Beteiligung, konnten wir in ersten schen Tests, kardiovaskulären Risikofaktoren und mo- Ergebnissen die Analysen der rein experimentellen Me- lekularen Bildgebungstechnologien in translationalen thoden mit der MRT verifizieren. Aktuell bearbeiten wir kardiovaskulären Großtiermodellen.
20 If you‘re young at heart
21 5,3 Millionen Euro für PRECOVERY-Projekt Besser vorbereitet Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) fördert das Projekt PRECOVERY des Herzzentrums der Universitäts- medizin Göttingen mit einem Innovationsfonds in Höhe von 5,3 Millionen Euro. Das Projekt befasst sich mit dem Gesundheitszustand von Patient*innen über 75 Jahren vor einem geplanten Eingriff am Herzen. Der Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundes- se nach dem Eingriff deutlich länger an – mit möglichen ausschusses (G-BA) fördert ein innovatives Prähabili- Langzeitfolgen“, sagt Prof. Dr. Ingo Kutschka, Direktor tationskonzept des Herzzentrums der Universitätsme- der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie der dizin Göttingen im Bereich neuer Versorgungsformen. UMG. Das Projekt PRECOVERY („Prehabilitation: ‚Karl-Heinz‘ mit Schwerpunkt auf kardiale und kognitive Funktio- „Neueste Studien zeigen aber, dass nicht nur eine Re- nen vor Eingriffen am Herzen: eine Analyse des Ge- habilitation nach dem Krankenhausaufenthalt, son- sundheitszustands“) unter der Leitung von Prof. Dr. dern insbesondere eine Vorbereitung, eine sogenannte Christine von Arnim, Direktorin der Klinik für Geriatrie Prähabilitation auf den kardialen Eingriff, das Ergebnis der UMG, wird mit 5,3 Millionen Euro unterstützt. Der erheblich verbessern kann. Aus den Studien haben geplante Projektstart ist am 1. Oktober 2022. Ziel des wir ein innovatives Therapiekonzept für die praktische Projekts ist eine langfristige Verbesserung des Gesund- Patientenversorgung entwickelt, das wissenschaftlich heitszustands von herzkranken Patient*innen über evaluiert wird“, sagt Prof. Dr. Christine von Arnim, die 75 Jahren durch eine gezielte und ganzheitliche Vor- das Projekt leitet. Das zweiwöchige Programm um- bereitung auf einen Eingriff am Herzen. Dies soll im fasst unter anderem psychische, physio- und ergothe- Projekt PRECOVERY im Rahmen einer zweiwöchigen rapeutische Aspekte sowie Ernährungsberatung. Auch Prähabilitation stattfinden. Gespräche mit den Angehörigen der Patient*innen sind Bestandteil der Vorbereitung auf den Eingriff am Mit zunehmendem Lebensalter steigt die Häufigkeit Herzen. von Herz-Kreislauf-Erkrankungen stetig an. Inzwischen leidet fast jede zweite Person über 75 Jahre an einer PRECOVERY soll es ermöglichen, die Funktionsfähig- kardiovaskulären Erkrankung. „Die operativen und mi- keit der Patient*innen vor dem Eingriff zu steigern, um nimalinvasiven Eingriffe bei altersabhängigen Herzer- so die Risiken nach einer Operation zu senken und die krankungen verzeichnen zwar zunehmend bessere Be- Genesung zu verbessern. „Studien zur kardialen Präha- handlungserfolge, jedoch nimmt im höheren Alter auch bilitation zeigen zahlreiche positive Effekte hinsichtlich das Eingriffsrisiko zu. Zudem dauert die Erholungspha- verminderter Delirrate, besserer körperlicher Fitness,
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