Im fokus. Mobilität - Bayern Innovativ

 
WEITER LESEN
Im fokus. Mobilität - Bayern Innovativ
Das Journal von Bayern Innovativ

 im fokus. Mobilität

 verabredet.                  vernetzt.                  vertieft.                 verzweigt.
 Elektromobilität. Rahmen-    Frugale Innovationen.      Fahrzeuginterieur         ENPonline. Energienut-
 bedingungen für den Erfolg   Vorreiter Medizintechnik   und Psychologie           zungspläne werden digital

1. AUSGABE 2019
Im fokus. Mobilität - Bayern Innovativ
HERAUSGEBER
                                                               Bayern Innovativ GmbH
     verabredet.                                               Am Tullnaupark 8
                                                               90402 Nürnberg
                                                               T +49 911 20671-0
     im fokus. „Welche Rahmenbedingungen sind                  vernetzt@bayern-innovativ.de
     für den Erfolg der Elektromobilität erforderlich?”        www.bayern-innovativ.de

     Dr. Rainer Seßner im Gespräch mit                         GESCHÄFTSFÜHRER
                                                               Dr. Rainer Seßner
     Prof. Dr. Markus Lienkamp                            04   LEITENDER REDAKTEUR
                                                               Christoph Kirsch
                                                               REDAKTIONSTEAM DIESER AUSGABE
                                                               Dagmar Aichinger, Sabine Blassmann,
                                                               Dr. Petra Blumenroth, Tanja Flügel, Jürgen
                                                               Frickinger, Christina Harwarth, Bianca
                                                               Heinrich, Sabeth Hron, Luisa Katzenberger,
                                                               Anne Musiol-Grießinger, Jennifer Reinz-
                                                               Zettler, Sarah Sachs, Katrin Schiller,
                                                               Dr. Kord Pannkoke, Nicola Socha,
                                                               Susanne Wagner, Dr. Guido Weißmann
     vernetzt.                                                 DESIGN-KONZEPT
                                                               ercasdieagentur.de
     im fokus. Den Stau überfliegen                       06   BILDNACHWEIS
                                                               Sirius125 / Fotolia (Titel groß)
     im fokus. Umsteigen erwünscht                        07   Bayern Innovativ / Jürgen Müller
                                                               (Titel, 02, 04)
     im fokus. Volle Fahrt voraus                         08   ulianna19970 / Fotolia (Titel, 02, 18)
                                                               BMW Group (Titel, 02, 24)
     im fokus. Urlaub unter Strom                         10   Bioenergie Berchtesgadener Land GmbH /
                                                               Rüdiger Nehmzow (Titel, 02, 26)
     im fokus. Die Zukunft im Blick                       11   Airbus (02, 06)
                                                               Bayerisches Staatsministerium für Wirt-
     Trainieren wie die Weltmeister                       12   schaft, Landesentwicklung und Energie /
                                                               Kilian Blees (03, 26)
     Immer erreichbar                                     13   iStock.com / lookslike (05, Rücktitel)
                                                               Thellmann / privat (06)
     Kryptowährung für die Energiewirtschaft              14   Fraport AG / Andreas Meinhardt (07)
                                                               iStock.com / boerescul (08)
     Sonne, Wind und Wärme – Bayer. Energiepreis 2018 15       iStock.com / tulpahn (08)
                                                               Metropolregion Nürnberg, IHK Nürnberg (08)
     Nachhaltige Textilien – der lange Weg zum Gipfel     16   N-ERGIE / Claus Felix (09)
                                                               Moritz Huber 2018 (10)
     Pflege wird digital                                  17   Bayerisches Staatsministerium für Wirt-
                                                               schaft, Landesentwicklung und Energie /
     Einfach. helfen                                      18   Astrid Schmidhuber (10)
                                                               KOSMOPOLIS e.G. / Bernhard Lugert (11)
     Schöner wohnen. Aber sicher!                         20   exerlights. (12, 13)
                                                               venyard GmbH (13)
     Kreative Ideen für den Thronfolger                   22   iStock.com / B&M Noskowski (14)
                                                               iStock.com / NicoElNino (14)
     Die Alpen neu denken                                 23   Martin Kreuzinger (15)
                                                               ÜZ-Mainfranken (15)
                                                               Bayern Innovativ / Slivia Wawarta (15)
                                                               iStock.com / deimagine (16)
                                                               iStock.com / shapecharge (16)
                                                               auremar / Fotolia (17)
     vertieft.                                                 iStock.com / DragonImages (17)
                                                               iStock.com / eclipse_images (19)
                                                               iStock.com / piovesempre (20)
     „Marken müssen erkennbar sein!”                           Bayern Innovativ / Norbert Mebert (22)
                                                               Marie-Theres Zirm / cardamom.at (23)
     Tanja Flügel im Gespräch mit                              bayern design GmbH / Olaf Becker (23)
     Prof. Dr. Claus-Christian Carbon                     24   ccc/privat (25)
                                                               Bayern Innovativ / Verena Kaister (25)
                                                               Bayern Innovativ / Christoph Kirsch (27)
                                                               OTH Amberg-Weiden (27)
                                                               iStock.com / level17 (Rücktitel)
                                                               Sergey Nivens / Fotolia (Rücktitel)
                                                               Michael Rosskothen / Fotolia (Rücktitel)
                                                               iStock.com / 4X-image (Rücktitel)
                                                               iStock.com / Marina Skoropadskaya
                                                               (Rücktitel)
                                                               DRUCK / AUFLAGE
                                                               nova-druck.de / 10.000

     verzweigt. gastbeitrag                                    Gedruckt auf umweltzertifiziertem Papier
                                                               (FSC, PEFC oder gleichwertiges Zertifikat)
                                                               Die urheberrechtlichen Verwertungsrechte
     Hubert Aiwanger: Energienutzungspläne                     liegen beim Herausgeber. Nachdruck, Über-
     werden digital                                       26   setzung, Vervielfältigung oder Speicherung
                                                               auf Datenträger ist nur mit schriftlicher
                                                               Genehmigung des Herausgebers möglich.
                                                               Der Herausgeber übernimmt keine Haftung
                                                               für die Angaben. Für die Zusendung unver-
                                                               langter Manuskripte oder Bilder wird keine
                                                               Gewähr übernommen.
                                                               © 2019 Bayern Innovativ GmbH

02
Im fokus. Mobilität - Bayern Innovativ
editorial.

       Die bayerische Wirtschaft steht für Innovation und
       Technologie. Bayern belegt in punkto Wettbewerbs-
       fähigkeit in internationalen Rankings regelmäßig
       Spitzenplätze. Um auch künftig Schlüsseltechnolo-
       gien aus und für Bayern zu entwickeln, sind starke
       Partner nötig. Dazu zählen unsere Unternehmen
       – vom Weltkonzern bis zum Mittelständler – unsere
       exzellenten Forschungseinrichtungen und die Bay-
       erische Staatsregierung. Wir alle ziehen an einem
       Strang, um den Wirtschaftsstandort Bayern fort-
       laufend voranzubringen.

       Bayern Innovativ spielt eine wichtige Rolle für die
       bayerische Innovationskraft. Als neutrale Institution
       des Freistaats Bayern bündelt sie Expertenwis-
       sen und stellt dieses Wissen nicht nur politischen
       Entscheidern, sondern vor allem den bayerischen
       Unternehmen zur Verfügung. Bayern Innovativ ist
       die Anlaufstelle im Freistaat für die Themen der
       Zukunft – so auch für die Mobilität der Zukunft.

       Die Automobilbranche beschäftigt in Bayern rund         Alternative Antriebstechnologien sind aber nicht die
       500.000 Menschen. Aktuell steht die Branche vor         einzige Stellschraube für eine umweltbewusste und
       umfassenden technologischen aber auch ideolo-           nachhaltige Mobilität. Digitale Technologien können
       gischen Veränderungen. Ressourcenverknappung,           gerade für die Ballungsräume deutliche Fortschritte
       Klimawandel, Luftreinhaltung und digitale Ver-          in Bezug auf Luftreinheit, Verkehrsfluss, Sicherheit
       netzungsmöglichkeiten sind nur Beispiele, die ein       und Komfort bringen. Derzeit sitzen im Durchschnitt
       Umdenken erfordern, wie wir uns künftig fortbe-         nur 1,4 Personen in einem Auto. Das zeigt das Ein-
       wegen wollen. Bayern Innovativ unterstützt diesen       sparpotenzial, das sich alleine durch eine bessere
       Wandel aktiv. Mit dem Cluster Automotive wurde          digitale Abstimmung der unterschiedlichen Fortbe-
       ein Netzwerk für bayerische Automobilhersteller         wegungsmittel ergibt. Öffentliche Verkehrsmittel,
       und Automobilzulieferer geschaffen. Der Fokus           Bike- wie auch Car­sharing stehen als Alternativen
       des Clusters liegt auf künftigen Fahrzeugtechnolo-      bereit. Neue urbane Mobilitätskonzepte unterstützen
       gien und bildet bei Bayern Innovativ eine perfekte      wir durch Initiativen wie den „Digital Hub Mobility”.
       Ergänzung zur Kompetenzstelle Elektromobilität.         Hier können Gründer, Tüftler und Entwickler in
                                                               einem Testumfeld Mobilitätskonzepte der Zukunft
       Die bayerischen Automobilhersteller bieten bereits      entwickeln und praxisnah testen.
       seit Jahren Fahrzeuge mit Elektroantrieb an. Für
       eine weitere Marktdurchdringung von Elektrofahr-        Für mich ist klar, Bayern nimmt die Gestaltung
       zeugen brauchen wir jedoch eine flächendeckende         der Mobilität der Zukunft in die eigenen Hände.
       Ladeinfrastruktur. Deshalb ergänzt die Bayerische       Dafür werde ich die Entwicklung von Innovation
       Staatsregierung das Bundesprogramm. Bis 2020            und Technologie auch weiterhin unterstützen.
       haben wir uns das Ziel gesetzt, dass in Bayern
       7.000 Ladesäulen öffentlich zugänglich sind. Alleine
       in den Jahren 2017 und 2018 haben wir dafür 4,7         Mit den besten Wünschen!
       Millionen Euro investiert.                              Ihr

                                                               Hubert Aiwanger
                                                               Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft,
                                                               Landesentwicklung und Energie
                                                               Stellvertretender Ministerpräsident

                                                                                                                 03
Im fokus. Mobilität - Bayern Innovativ
verabredet. im fokus

     „Die technischen Hindernisse
      sind überwunden!”

       Welche Trends treiben die Elektromobilität? Welche Rahmenbedingungen sind für den
       Erfolg am Markt erforderlich? vernetzt hat darüber mit Bayern Innovativ-Geschäfts-
       führer Dr. Rainer Seßner und Prof. Dr. Markus Lienkamp, Professor für Fahrzeugtechnik
       an der TU München mit Forschungsschwerpunkt Elektromobilität, gesprochen.

       Herr Lienkamp, in einem Interview aus dem Jahr        vernachlässigt worden. Haben wir aufgeholt oder
       2016 haben sie gesagt, dass die technischen Hin-      ist das Thema für die Entwicklung der E-Mobilität
       dernisse der Elektromobilität ausgeräumt und die      gar nicht so wichtig?
       zentrale Herausforderung nun die Kosten seien.        Lienkamp: Das Thema ist essenziell und wir sollten
       Wo stehen wir in der Elektromobilität heute?          uns in Europa nicht in eine vollständige Abhän-
       Markus Lienkamp: Alle Hersteller planen die Mas-      gigkeit von Asien begeben! Deswegen begrüße
       senfertigung. Für mich ist nur noch die Frage, wie    ich Initiativen wie Northvolt oder TerraE. (Anm.
       schnell die Stückzahlen produziert werden können.     d. Red.: Das schwedische Unternehmen Northvolt
       Rainer Seßner: Die Nachfrage nach Elektroautos        baut derzeit eine Gigafactory für Batterien, die 2017
       ist aus meiner Sicht bereits deutlich höher als die   gegründete deutsche Holding TerraE plant ebenfalls
       Hersteller liefern können – oder wollen? (lacht …).   die Großserienfertigung)
       Der limitierende Faktor sind derzeit Engpässe in      Seßner: Deutschland und hier insbesondere Bayern
       der Produktion und bei Batterien. Das gilt sowohl     sind in der Forschung bei Energiespeichern sehr gut
       für die deutschen wie die ausländischen Anbieter.     aufgestellt. Das sehen wir seit vielen Jahren bei den
                                                             vielen interessanten Projekten, die Bayern Innovativ
       Stichwort Batterien. Man hört immer wieder, die       begleitet. Bei der Massenproduktion von Zellen
       Batterieforschung sei in Deutschland lange Zeit       haben wir aber tatsächlich noch Potenzial nach oben.

04
Im fokus. Mobilität - Bayern Innovativ
An welchen Technologien müssen deutsche Unter-         für die korrekte steuerliche Einordnung. Die OEM
nehmen und Forschungsinstitute konkret arbeiten,       und die Zulieferer müssen Qualität, Stückzahlen
um weiter im technologischen Spitzenfeld mitzu-        und Kosten in den Griff bekommen. Und der Kunde
spielen?                                               muss kaufen.
Lienkamp: Wie Rainer Seßner sagt, ist die Batterie­    Seßner: Sicher spielt auch das Thema Information
produktion ein entscheidender Faktor. Den Antriebs-    eine große Rolle. So besteht in den Kommunen ein
strang mit Elektromaschine und Leistungselektronik     großer Beratungsbedarf, zum Beispiel über Förder-
beherrschen die deutschen Unternehmen schon            programme für den Aufbau der Ladeinfrastruktur.
recht gut. Jetzt sind Prozessstabilität und Kosten­
senkung gefragt. Auch darin waren deutsche Unter-      Kann sich E-Mobilität in kleineren Kommunen denn
nehmen schon immer sehr gut.                           genauso schnell entwickeln wie in den Metropolen?
Seßner: Ich denke auch, dass es bei Speicher- und      Lienkamp: Da das Laden dort normalerwiese kein
Zelltechnologie noch einen großen Sprung geben         großes Problem darstellt und Pendelstrecken gut zu
muss. Man sollte in der Mobilität aber immer das       Elektroautos passen, ist die Elektromobilität gerade
Gesamtsystem betrachten. Denkt man einen Schritt       auf dem Land attraktiv, besonders für Zweitwagen.
weiter, verändert E-Mobilität das gesamte Fahr-        Seßner: Städte haben bei vielen neuen Mobilitäts-
zeugkonzept. E-Mobilität ist außerdem ein Treiber      konzepten eine Leitfunktion – Stichwort „mobility
für Themen wie autonomes Fahren, Sharing und           as a service”. Bei der E-Mobilität hingegen ist die
Intermodalität. Das bringt ganz neue Player auf        Ladeinfrastruktur in großen Städten wegen des
die Bühne, an die bis vor wenigen Jahren nie-          Platzmangels ein limitierender Faktor. Ländliche
mand gedacht hätte, zum Beispiel Games- und            Räume können da durchaus eine Leitfunktion
App-Entwickler. Bayern Innovativ agiert mit seinen     übernehmen.
Netzwerken deswegen ganz bewusst branchen-
und technologieübergreifend und unterstützt den        Welche Zukunftsperspektiven geben Sie dem
Innovationsprozess vom Technologiescouting über        Verbrennungsmotor, insbesondere mit Blick auf
das Identifizieren von Projektpartnern bis zur         den Diesel? Hier hört man ja von neuen Ent-
Markteinführung.                                       wicklungen, die die NOx-Emissionen erheblich
                                                       reduzieren sollen.
Elektroautos benötigen keine Kolben, Turbolader        Lienkamp: Die Emissionen werden nicht mehr das
und komplexe Getriebe. Was müssen bayerische           Hauptthema sein. Wenn das Elektroauto bei den
KMU tun, um die Herausforderungen der Elektro­         Gesamtkosten billiger ist, werden die Kunden es
mobilität als Chance zu nutzen?                        kaufen, weil das Fahrerlebnis einfach besser ist
Lienkamp: Nicht alle Unternehmen werden eine           und es das nachhaltigere Produkt ist. Ich denke,
Chance haben. Die Unternehmen, die Komponenten         das Thema der nächsten 15 Jahre wird das reine
für Elektroautos und Ladeinfrastruktur herstel-        Elektroauto sein.
len, haben aber gute Perspektiven und müssen           Seßner: Der klassische Verbrennungsmotor wird
schnell investieren, um den internationalen Markt      in den kommenden Jahren seine langjährige Füh-
zu erschließen. In dem neuen Umfeld können Inno-       rungsrolle als Technologie- und Innovationstreiber
vationen nur gelingen, wenn verschiedene Partner       abgeben. Die E-Mobilität wird „das Drehmoment”
und Branchen zusammenarbeiten. Bayern Innovativ        vorgeben!
tut hier viel für die nötige Vernetzung.
Seßner: Die Automobilbranche ist definitiv im Wan-      vermerkt
del und viele klassische Zulieferer dadurch in ihrer
Existenz gefährdet. Für sie ist es enorm wichtig,
gezieltes Innovationsmanagement mit Technolo-
giescouting und Roadmapping zu betreiben, neue
Angebote für die sich verändernde Automobilindus-       Save the Date
trie zu entwickeln und neue Märkte zu erschließen.      CoFAT 2019
                                                        7. und 8. Mai 2019,
Welche Rahmenbedingungen müssen gelten,                 Fürstenfeld bei München
um die Elektromobilität attraktiver zu machen?
Lienkamp: Hier gelten weiterhin die drei bekannten      Wie entstehen die Mobilitäts- und Fahrzeugkonzepte der
                                                        Zukunft? Evolutionär? Oder disruptiv? Die 8. Conference on
Themen: Reichweite – die passt so langsam, Infra-
                                                        Future Automotive Technology beleuchtet erneut die Zukunft
struktur – sie kommt in Deutschland jetzt auf den       der Mobilität mit einem besonderen Blick auf technologischen
Weg und Kosten – da haben ja alle OEM viel ange-        Lösungen für die Elektromobilität.
kündigt. Die Regierung muss die Infrastruktur mit       Weitere Informationen:
Ladestationen schaffen und die Rahmenbedingungen        www.bayern-innovativ.de/cofat2019

                                                                                                                05
Im fokus. Mobilität - Bayern Innovativ
vernetzt. im fokus

       Den Stau überfliegen
       Urban Air Mobility – Ergänzung zu heutigen Verkehrskonzepten

       Weltweit leben heute 55 Prozent aller Menschen in urbanen Regionen. In Deutschland
       ist der Anteil besonders hoch. Aktuell liegt er bei rund 75 Prozent, im Jahr 2050
       voraussichtlich bei 84 Prozent. Damit Städte weiterhin lebenswert bleiben, sind
       Alternativen zu heutigen Verkehrskonzepten gefragt. Die Europäische Kommission
       arbeitet an einer revolutionären Lösung. Das Ziel: den Stau einfach überfliegen.

       Dr. Andreas Thellmann blickt in die Zukunft: „Urban     Wichtig für den Erfolg von UAM ist Thellmann
       Air Mobility ist mehr als nur eine neue Art von Luft-   zufolge nicht zuletzt die soziale Akzeptanz: „Die
       fahrzeug. Es ist eine neue Art und Weise, den inner-    Kosten einer ‚Fahrt’ dürfen die mit einem her-
       städtischen Verkehr zu organisieren, indem die dritte   kömmlichen Taxi nicht überschreiten. Wenn die
       Dimension als zusätzliches Element hinzukommt.          Menschen merken, dass es bei UAM nicht um ein
       Dafür brauchen wir nicht nur innovative Vehikel,        Spielzeug für Reiche geht, sondern um neue Formen
       sondern auch ein neues Verkehrsmanagement, das          des Transports, die jedem offenstehen, wird UAM
       den städtischen Luftverkehr sicher organisiert und in   kein Fremdkörper in der Stadt sein.” Und natürlich
       die bestehende Infrastruktur am Boden integriert”,      müsse die Air Mobility wirklich ‚smart’ sein, sich also
       so der Manager, der bei Airbus in Donauwörth das        nahtlos in bestehende Systeme eingliedern sowie
       Programm Urban Air Mobility (UAM) vorantreibt.          leise und emissionsfrei funktionieren.
       Um erfolgreich zu sein, müsse UAM seiner Über-          Vielerorts bereiten sich Regionen bereits auf UAM
       zeugung nach möglichst vielen Menschen einen            vor. Vorreiter werden Asien und der mittlere Osten
       Nutzen bringen. „Flugtaxis können Passagiere auf        sein. Aber auch in Europa arbeiten viele Städte
       festen Routen zu wichtigen Zielen transportieren,       daran, Urban Air Mobility zu erschließen. In Deutsch-
       etwa zwischen Flughafen und Stadtzentrum, und für       land gehört unter anderem Ingolstadt als Partner
       den Krankentransport oder Frachtflüge eingesetzt        einer von der Europäischen Kommission unterstütz-
       werden. Kleinere Drohnen können besonders eilige        ten Initiative dazu.
       Güter, etwa Medizin oder menschliche Organe, direkt
       zum Empfänger bringen”, so Thellmann.
       Die Entwicklung entsprechender Luftfahrzeuge ist          Denkfabrik für die dritte Dimension
       für Luft- und Raumfahrt-Konzerne wie Airbus geübte
                                                                 Potenziale der Urban Air Mobility für die Automobilindustrie
       Praxis. Herausforderungen liegen in der Erstellung        stehen im Mittelpunkt der vom Cluster Automotive kon-
       von Regelwerken für die Zulassung autonom und             zipierten Denkfabrik Urban Air Mobility im Juli 2019 in
       elektrisch fliegender Luftfahrzeuge und von Normen        Ingolstadt.
       für den Luftverkehr im städtischen Raum.                  www.bayern-innovativ.de/denkfabrik-uam19

06
Im fokus. Mobilität - Bayern Innovativ
Umsteigen erwünscht!
Intermodal reisen mit Augmented Reality

Die Zukunft der Mobilität liegt darin, verschiedene Verkehrsträger flexibel zu kom-
binieren. Bislang ist derartiges intermodales Reisen komplex. Das Forschungs­projekt
„RadAR+” will einen persönlichen Assistenten entwickeln, der Reisenden beim
Wechsel zwischen Bus, Bahn und Flugzeug mit Augmented Reality-Technologie alle
gewünschten Informationen bereitstellt.

Ausstieg aus der S-Bahn am Flughafen, noch 40                  Sichtfeld eingeblendet; ein Sprachinteraktionsmodul
Minuten bis zum Boarding. Was mache ich jetzt?                 ermöglicht eine weitgehend freihändige Bedienung
Gehe ich direkt zum Gate und durch die Sicher-                 des Systems. Beim Verkehrsmittelwechsel wird der
heitskontrollen? Wo muss ich da überhaupt lang?                Nutzer beispielsweise durch Wegeanweisungen und
Und wo bekomme ich auf dem Weg noch schnell                    eine Fußgängernavigation in der Datenbrille bei der
ein belegtes Brötchen und einen Kaffee meiner                  Orientierung unterstützt. Vor einem Umsteigevor-
Lieblingsmarke? Und schaffe ich es dann noch                   gang erhält er eine Ausstiegserinnerung.
pünktlich bis zum Gate?                                        Eine Herausforderung des Projekts ist die Akzeptanz
Das mit Mitteln des Bundesministeriums für Bil-                von Reisebegleitung und Reiseassistenz via Aug-
dung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt                   mented Reality. So haben Pretests des Fraunhofer
„RadAR+” untersucht, wie die mobile Navigation                 IML in Prien unter der wissenschaftlichen Leitung von
im Öffentlichen Personenverkehr und in Gebäuden                Nicole Wagner im April und Mai 2018 ergeben, dass
mit Hilfe von Augmented Reality verbessert werden              84 Prozent der befragten Personen bereits regel-
kann. Das „Reiseassistenzsystem für dynamische                 mäßig Navigations- oder Reiseapps nutzen. Nach
Umgebungen auf Basis von Augmented Reality”                    dem Indoortest der „HoloLens” mit dem aktuellen
berechnet geeignete Verbindungen auf Grundlage                 Softwaremodul zur Reiseassistenz konnten sich
früherer Reisen sowie aktueller Ereignisse, wie                56 Prozent der Tester vorstellen, in Zukunft eine
Verspätungsinformationen. Zusätzlich bezieht das               Datenbrille im Alltag für ihre Mobilität zu nutzen.
System individuelle Gewohnheiten und Präferenzen               Dies wird unter anderem bei einem Feldtest des
des Nutzers bei Aufenthaltsgestaltung oder barriere-           RadAR+ Demonstrators an Frankfurts Regional-,
freier Mobilität in die intermodale Reiseplanung ein.          Fern- und Hauptbahnhof und dem Frankfurter Flug-
Der Reisende wird auf jedem Reiseabschnitt mit                 hafen im ersten Quartal 2019 erprobt.
den Informationen versorgt, die orts- und zeitbe-              Kontakt Intelligente Mobilität:
                                                               Jennifer Reinz-Zettler, reinz-zettler@bayern-innovativ.de
zogen auf der individuellen Route für ihn nützlich             www.bayern-innovativ.de/cluster-automotive
sind. Die benötigten Informationen werden ihm
über eine Datendurchsichtbrille in das periphere               Mehr Informationen zum Projekt: www.radarplus.de

„Welche Reiseunterstützung bei der Alltags-                      Radar für Mobilitätstrends
mobilität wünschen Sie sich?” 2/3 der                            Der Kongress „mobilität querdenken” gibt regelmäßig Impulse
Befragten wollen digitale Unterstützung.                         und Denkanstöße zur Gestaltung eines neuen Mobilitäts-
                                                                 Ökosystems. Vorgestellt werden zukunftsweisende Mobili-
                                                                 tätsideen und Dienstleistungen - wie „RadAR+”.
70 %

60 %

50 %
                                                                  Hilfestellung bei unbekannten Umstiegssituationen
40 %
                                                                  Bessere Umstiegsplanung
30 %                                                              Auswahl der besten Verkehrsmittelkombinationen
                                                                  Bessere Zeitplanung im Voraus
20 %                                                              Alternativsuche von Verkehrsmitteln
                                                                  Vermeidung von Stress
10 %
                                                                  Kosteneinsparung
 0%                                                               Überbrückung von Wartezeiten

Quelle: Fraunhofer IML, Projektzentrum „Verkehr, Mobilität und Umwelt”, 2018

                                                                                                                           07
Im fokus. Mobilität - Bayern Innovativ
vernetzt. im fokus

       Volle Fahrt voraus
       Nachhaltige Mobilität für die Europäische Metropolregion Nürnberg

       „Wo wollen wir wie leben?” oder „Wo entstehen welche Unternehmen und warum?”.
       Fragen wie diese werden künftig über die Attraktivität eines Standorts wesentlich
       mitentscheiden. Nachhaltiger Verkehr ist dabei ein wichtiger Faktor. Die Europäische
       Metropolregion Nürnberg stellt sich der Herausforderung.
                                                                                                         HOF
                                                                                              COBURG

       Dass es sich in der Europäischen Metropolregion                                               BAYREUTH
                                                                                           BAMBERG
       Nürnberg gut leben und arbeiten lässt, zeigt ein-
                                                                                                           WEIDEN
       drucksvoll ihre stark zunehmende Bevölkerungszahl                                   ERLANGEN
                                                                                            FÜRTH
                                                                                                           I.D.OPF.

       und ihre boomende Wirtschaft. Die „EMN” umfasst                                        NÜRNBERG   AMBERG
                                                                                           SCHWABACH
       aktuell mehr als 3,5 Millionen Einwohner. Rund                                 ANSBACH

       170.000 Unternehmen sowie rund 1,9 Millionen
       Erwerbstätige erwirtschaften ein Bruttoinlands-
       produkt von knapp 130 Milliarden Euro. Damit
       gehört die EMN zu den wirtschaftsstärksten
       Regionen in Deutschland.
       Mit Bevölkerung und Beschäftigung wächst
       aber auch das Verkehrsaufkommen. Pro Tag
       pendeln 150.000 Menschen in das Kerngebiet
       der Stadt Nürnberg und über 50.000 Menschen
       hinaus. Mit jährlich mehr als 200 Millionen Fahr-
       gästen und über 14.000 km2 ist der Verkehrsver-      Sofortprogramm „Saubere Luft”
       bund Großraum Nürnberg (VGN) der drittgrößte der     Mit dem Ende 2017 gemeinsam mit den beteiligten
       Bundesrepublik. Ein hohes Aufkommen verzeichnen      Bundesländern und Kommunen verabschiedeten
       auch der motorisierte Individual- und der tägliche   Sofortprogramm „Saubere Luft” will die Bundes-
       Liefer- und Wirtschaftsverkehr. Der Grenzwert von    regierung effektive Maßnahmen zur Verbesserung
       40 µg/m3 Stickstoffdioxid wird auch in der Stadt     der Luftqualität unterstützen.
       Nürnberg überschritten. 2017 betrug der Jahres­      Die Maßnahmen des Sofortprogramms mit einem
       mittel­wert 43 µg/m3. Zum Vergleich: München         Fördervolumen von einer Milliarde Euro und einer
       erreicht hier 73 µg/m3. Andreas Mäder, Geschäfts-    Laufzeit bis voraussichtlich 2020 reichen von der
       führer der Verkehrsverbund Großraum Nürnberg         Elektrifizierung des urbanen Wirtschaftsverkehrs,
       GmbH ist sich sicher, dass der Handlungsdruck in     der Nachrüstung von Diesel-Bussen im ÖPNV mit
       Sachen Verkehrsvermeidung und Klimaschutz den        Abgasnachbehandlungssystemen, der Digitalisierung
       ÖPNV in das Zentrum der Betrachtung stellt. „Dabei   kommunaler Verkehrssysteme sowie der Elektri-
       rücken der Ausbau der öffentlichen Netze und Park-   fizierung von Taxis, Mietwagen und Carsharing-
       and-Ride- und Bike-and-Ride-Plätze in Richtung       Fahrzeugen und der Elektrifizierung von Busflot-
       multi­modaler Knoten in den Fokus.”                  ten im ÖPNV. Desweiteren werden Projekte zur

08
Im fokus. Mobilität - Bayern Innovativ
Verbesserung von Logistikkonzepten, der Bündelung        Elektromobilität sind wirksame Maßnahmen. Selbst-
von Verkehrsströmen sowie des Radverkehrs geför-         verständlich muss der Strom für Elektromobilität
dert; es enthält den Umweltbonus, also die Kauf-         aus Erneuerbaren Energien stammen, idealerweise
prämie für E-Autos. „Das Sofortprogramm Saubere          dezentral erzeugt im räumlichen Zusammenhang
Luft leistet neben dem originären Ziel, der Luftrein-    mit dem Verbrauch. Dies schafft Wertschöpfung vor
haltung in Städten, einen wichtigen Beitrag zum          Ort, ermöglicht Teilhabe und fördert Akzeptanz”, so
Klimaschutz auf kommunaler Ebene sowie zum               der Leiter Unternehmensentwicklung der N-ERGIE
Wandel zu einer nachhaltigen, zukunftsfähigen            Aktiengesellschaft.
Mobilität in Deutschland”, so der langjährige Bürger-    Die EMN will sich dieser Herausforderung stellen.
meister der Stadt Erlangens Dr. Siegfried Balleis, der   Bei einem „Accelerator” im März 2018 mit über
heute Sonderbeauftragter für das „Sofortprogramm         50 Spitzenvertretern aus Wissenschaft, Verwal-
Saubere Luft” der Bundesregierung ist.                   tung, Wirtschaft und Umweltschutzverbänden
                                                         der Europäischen Metropolregion Nürnberg wurde
Die EMN geht voraus                                      ein Bündel konkreter Lösungsansätze erarbeitet.
Wer eine nachhaltige Mobilität realisieren möchte,       Das Maßnahmenpaket soll in den Themenfeldern
muss auch energieseitige Herausforderungen und           Gebäude, Energie und Verkehr ermöglichen, die
Lösungen mitdenken und synergetisch umsetzen,            Klimaschutzziele 2030 zu erreichen. Die geplante
ist sich Rainer Kleedörfer sicher. „Verkehrswende        Verringerung von 11 Millionen t CO2 entspricht der
und Energiewende gehören zusammen und bein-              geforderten Reduzierung von rund 40 Prozent der
halten auch wirksame Lösungen im Wärmemarkt.             heute ausgestoßenen 30 Millionen t CO2.
Die Reduzierung des Individualverkehrs mit Ver-          Mit den geplanten Maßnahmen ist die EMN auf
brennungsmotor, die Stärkung des ÖPNVs, der              einem guten Weg, sich als Standort im globalen
Ausbau des Fahrradwegenetzes sowie die sukzessive        Wettbewerb um die Attraktivität für Menschen und
Umstellung des verbleibenden Individualverkehrs auf      Unternehmen ganz vorne zu platzieren.
                                                         Kontakt Bayern Innovativ/Elektromobilität:
                                                         Dr. Kord Pannkoke, pannkoke@bayern-innovativ.de

                                                           Sieben Maßnahmen für die EMN
                                                           ›› Dekarbonisierte Antriebssysteme für mind. 30 % der PKW,
                                                              mind. 70 % des ÖPNV/Busverkehrs und mind. 50 % der
                                                              Handwerkerflotte (differenziert nach ländlichem Raum
                                                              und Ballungsraum) bis zum Jahr 2030
                                                           ›› Reduktion des motorisierten Individualverkehrs (MIV)
                                                              innerstädtisch um 50 % im ländlichen Raum um 25 % bis
                                                              zum Jahr 2030
                                                           ›› Vollständige Dekarbonisierung des Warenverteilverkehrs
                                                              innerhalb der (Innen-)Städte bis 2030
                                                           ›› Flächendeckende Infrastruktur für Fahrzeuge mit emissions­
                                                              freiem Antrieb in der EMN bis 2020
                                                           ›› Sofortiger Ausbau von Mikromobilität und Fahrradverkehr
                                                              (Urbane Räume, erste und letzte Meile)
                                                           ›› Sofortige intelligente Vernetzung und Schaffung inter­
                                                              modaler Mobilitätsknoten (Mobility Hubs)
                                                           ›› Sofortige Einrichtung von Experimentierräumen zum
                                                              Demonstrieren neuer Mobilitätslösungen

                                                           verlinkt
                                                           Weiterführende Informationen:
                                                           Metropolregion Nürnberg
                                                           www.metropolregionnuernberg.de
                                                           Bayern Innovativ/Elektromobilität
                                                           www.bayern-innovativ.de/elektromobilitaet

                                                                                                                    09
Im fokus. Mobilität - Bayern Innovativ
vernetzt. im fokus

       Urlaub unter Strom
       Elektromobilität als Erfolgsfaktor für Tourismusregionen

                                                               Immer mehr Hotels, Unternehmen, Kom-
                                                               munen und ganze Regionen setzen auf
                                                               e-Tourismus. Vielerorts stehen die Aktivi-
                                                               täten aber noch am Beginn. Die Akteure
                                                               haben deswegen großes Interesse an
                                                               Vernetzung und Informationsaustausch.

       Kaum eine Urlaubsdestination, die keine Verleih- und    Die Tourismushochburg Tegernseer Tal erwartet
       Ladestationen für e-Bikes zur Verfügung stellt. Auch    vom Aufbau einer Ladeinfrastruktur sogar kon-
       Segways, e-Snowmobile oder e-Trial-Motorräder           krete Impulse für die regionale Wertschöpfung.
       zählen vielerorts bereits wie selbstverständlich zum    „Wir wollen die hier regenerativ erzeugte Energie
       touristischen Angebot. Ganzheitlich betrachtet geht     direkt vor Ort verwerten”, so Manfred Pfeiler vom
       es beim „e-Tourismus” aber um weit mehr als um          Elektrizitätswerk Tegernsee. Ähnliche Beispiele gibt
       e-mobile Freizeitangebote vor Ort, denn: „Elek­         es in ganz Bayern – vom Projekt „landmobile” in
       tromobilität beginnt bereits bei der Anreise. Und       Oberbayern bis zum e-Pedelec-Netz im Spessart.
       Elektromobilisten wählen ihren Urlaubsort nach          Rund um das Thema e-Tourismus gibt es noch viele
       der vorhandenen Ladeinfrastruktur”, so Peter Grett      offene Fragen. Beispielsweise, wie sich die Lade­
       von der auf Tourismus- und Regionalentwicklung          infra­struktur an einem Wanderparkplatz von den
       spezialisierten Touremo GbR aus München.                Anforderungen an eine Autobahn-Schnellladestation
       Auch nach Aussage von Dr. Guido Weißmann, Elek-         unterscheidet. Auch fehlt den regionalen Aktivitäten
       tromobilitätsexperte bei Bayern Innovativ, rückt das    noch eine verbindende Klammer.
       Thema Elektromobilität zunehmend in den Fokus           Kontakt Bayern Innovativ / Kompetenzstelle Elektromobilität:
                                                               Dr. Guido Weißmann, weissmann@bayern-innovativ.de
       der Tourismusbranche: Dennoch sei „Urlaub unter
       Strom” noch nicht selbstverständlich. Einer Umfrage
       des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes
       zufolge ist derzeit lediglich bei rund der Hälfte der
       befragten Mitglieder eine Ladestation für e-Autos
       vorhanden oder in Planung. Vielfach werden ver-
       meintlich hohe Investitionskosten als Hindernis
       genannt. „Dabei liegen diese meistens unter 2.500
       Euro,” so Weißmann.
       In vielen Regionen stehen die Zeichen jedoch bereits
       deutlich auf „e”. Im Allgäu forscht die Hochschule
       Kempten bereits seit 2009 an Konzepten für die
       touristische Nutzung. In Deutschlands größter
       zusammenhängender Tourismusregion will man                Kompetenzstelle Elektromobilität
       bald erste autonome e-Shuttles einsetzen, die             Die bei Bayern Innovativ angesiedelte Kompetenzstelle
       Touristen zu den Ausgangspunkten von Wander-              Elektromobilität unterstützt Kommunen unter anderem
       touren bringen und von dort abholen. Auch in den          bei Aktivitäten im e-Tourismus – zum Beispiel mit dem
                                                                 Förderprogramm „Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge
       Landkreisen Traunstein und Berchtesgadener Land
                                                                 in Bayern”. Damit konnten bereits über 1.100 Ladesäulen
       hat man den e-Tourismus im Blick. Ein landkreis-          mit über 2.000 Ladepunkten gefördert werden. Bayerns
       überschreitendes Elektromobilitätskonzept hat dort        Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger will 2019 noch min-
       Verkehrsflüsse untersucht und eine Roadmap für            destens einen weiteren Förderaufruf starten.
       die stufenweise Umsetzung eines Ladeinfrastruk-           Kompetenzstelle Elektromobilität:
       turkonzepts entwickelt.                                   www.bayern-innovativ.de/elektromobilitaet

10
Die Zukunft im Blick
Roadmapping – Fahrplan für Unternehmensstrategien

Wie können Unternehmen Trends frühzeitig erkennen und für ihre strategische
Ausrichtung nutzen? Roadmapping ist eine Methode, um Einflussfaktoren auf die
Entwicklung eines Unternehmens über einen größeren Zeitraum darzustellen.

Trend-, Ideen- und Portfoliomanagement. Begriffe       Roadmaps können für unterschiedliche Bereiche
wie diese spielen beim Thema Roadmapping eine          entwickelt und eingesetzt werden. Allen Roadmaps
wichtige Rolle: Doch um was geht es dabei genau?       gemeinsam ist die Grundstruktur mit drei über
                                                       einen sinnvoll gewählten Zeitstrahl dargestellten
                                                       Hauptlayers. Die Zeile „Markt” beschäftigt sich mit
                                                       der Frage nach dem „Warum?” und umfasst Trends,
                                                       Treiber, Barrieren, Kunden und Stakeholder. Das
                                                       zweite Hauptlayer beantwortet die Frage nach dem
                                                       „Was?” und bündelt die angebotenen „Produkte
                                                       und Services” eines Unternehmens sowie die dafür
                                                       benötigten Technologien. Die letzte Hauptzeile
                                                       wiederum beschäftigt sich mit dem „Wie?” und
                                                       bildet „Ressourcen” wie Personal, Mitarbeiterkom-
                                                       petenzen, Finanzen, Immobilien oder strategische
                                                       Partnerschaften ab.
                                                       „Roadmapping hat gerade für KMU großes Poten-
                                                       zial”, ist Dr. Rainer Seßner überzeugt. „Wir haben
                                                       das Thema daher in unser Portfolio aufgenommen
                                                       und entwickeln geeignete Dienstleistungen, mit
                                                       denen wir unsere Kunden und Partner im Innova-
                                                       tionsmanagementprozess noch besser unterstützen
                                                       können.”
                                                       Kontakt: Luisa Katzenberger, katzenberger@bayern-innovativ.de

                                                                                      Zeit / Wann?
                                                                     STATUS QUO

                                                       Markt                                                          Warum?
„Jedes Unternehmen, das langfristig wettbewerbs-
                                                                                                             VISION

fähig sein möchte, muss zukünftige Aktivitäten
systematisch analysieren und planen. Roadmapping       Produkte                                                       Was?

ist ein ideales Werkzeug dafür, weil es Planung,
Umsetzung und Visualisierung der eigenen Innova­       Ressourcen                                                     Wie?
tionen sowie der Unternehmensstrategie strukturiert
                                                                         Wo stehen     Wie kommen      Wo wollen
abbilden kann”, so Bayern Innovativ-Geschäftsführer                      wir heute?    wir dort hin?    wir hin?

Dr. Rainer Seßner, der das Thema seit mehreren         Roadmapping: Vom Status quo zur Vision. Darstellung angelehnt
Jahren interessiert verfolgt.                          an Robert Phal, Clare Farrukh and David Probert, „Roadmapping
Eine Roadmap dient dazu, langfristige Ziele in         for strategy and innovation, 2011”
einzelne, leichter zu bewältigende Schritte zu
strukturieren. Betrachtet werden unter anderem
Märkte, Produkte, Technologien und Ressourcen.           Whitepaper Roadmapping
Die Roadmap visualisiert das Zusammenspiel und die       Das von Bayern Innovativ gemeinsam mit der Nürnberger
                                                         Itonics GmbH erstellte „Whitepaper Roadmapping” gibt
langfristige Entwicklung dieser „Layer”. Die fertige
                                                         einen anwendungsorienterten Einblick in die Roadmapping-
Roadmap ist vergleichbar mit einem Fahrplan, der         Methode. Das Whitepaper zeigt Insights aus der Wissenschaft
Wege in eine erfolgreiche Zukunft aufzeigt. Die          sowie Best Practice aus der Industrie. Das Whitepaper kann
Erstellung einer Roadmap ist ein kontinuierlicher        kostenlos heruntergeladen werden:
Prozess, der aktuelle Entwicklungen mit einbezieht.      www.bayern-innovativ.de/whitepaper-roadmapping-to-go

                                                                                                                             11
vernetzt.

       Trainieren wie die Weltmeister
       Impulse aus der Sportwissenschaft

       Was haben der FC St. Pauli, Hannover 96 und die Junioren von Real Madrid gemein-
       sam? Alle Mannschaften nutzen dasselbe Trainingssystem, um die Leistung ihrer
       Spieler zu verbessern. Entwickelt wurde „exerlights” von einer Ausgründung der
       Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

       Vor dem Champions League-Titel liegt ein langer       Fußballtraining schon sehr etabliert. Bei der Spiel­
       Weg. Wer ganz oben stehen will, muss hart trainie-    intelligenz gibt es dagegen noch viel Potenzial”,
       ren und dabei immer neue Anreize schaffen. Denn       weiß Prof. Matthias Lochmann, Sportwissenschaftler
       Talent, Ausdauer und Kraft reichen längst nicht       an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-
       mehr, um ein Fußballspieler von Weltklasseformat      Nürnberg. „Ein modernes Training muss auch die
       zu werden. Mit „exerlights” will die Sports Innova-   kognitiven Fähigkeiten der Spieler ansprechen und
       tion Technologies GmbH & Co. KG aus Forchheim         die Wahrnehmung schärfen.”
       in Oberfranken neue Wege gehen, um die Perfor-
       mance von Athleten zu verbessern.
       Das patentierte System der Ausgründung des Insti-
       tuts für Sportwissenschaft und Sport der Friedrich-    Erfolgreich gefördert
       Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg verbindet      Bei der Entwicklung von exerlights konnte Sports Innovation
                                                              Technologies bei mehreren Teilprojekten vom Innovations-
       mehrere Komponenten: Smartphone, LEDs, Shirts
                                                              gutschein Bayern profitieren. Im JOSEPHS, dem Testlabor
       und Fussballtore. Die technologische Innovation        der Fraunhofer-Gesellschaft in der Nürnberger Innenstadt,
       liegt in der intelligenten Verknüpfung und dem         konnte das junge Unternehmen zudem die Marktresonanz
       dahinter liegenden Trainingssteuerungskonzept.         testen und wichtige Erkenntnisse über Usability und Anfor-
       Die Ansteuerung der Übungen via Smartphone-App         derungen in anderen Sportarten sammeln. Die Testinsel
                                                              im JOSEPHS wurde von bayernkreativ, einem Projekt der
       ermöglicht erstmals eine Trainingsmanipulation in
                                                              Bayern Innovativ GmbH, bereitgestellt.
       Echtzeit. Farbwechsel an den Shirts signalisieren
                                                              Weitere Infos:
       Spielrichtung, Mannschaftszugehörigkeit und Feld-
                                                              www.exerlights.com
       einteilung. „Athletik, Technik und Taktik sind im
                                                              www.josephs-service-manufaktur.de
                                                              www.bayern-kreativ.de

12
Üben mit Licht
Der Name „exerlights” bedeutet so viel wie exercise
und lights – also Üben und Licht. Herausforderungen
bei der Entwicklung lagen darin, das insbesondere
für Fußball ausgelegte System strapazierfähig und
witterungsfest und die Signale der LEDs auch über
größere Distanzen gut wahrnehmbar zu machen.
Mit dem ungarischen Fußballverband konnte das
junge Unternehmen vor kurzem einen Großkunden
gewinnen, der das System flächendeckend einsetzt.
Vielleicht gelingt es der Nationalmannschaft ja, sich
für die WM 2022 zu qualifizieren – die Junioren
des Champions League-Siegers Real Madrid nutzen
das System schon erfolgreich.
Kontakt Innovationsgutschein Bayern:                      Trainingsmanipulation in Echtzeit: Farbwechsel signalisieren
Elke Büttner, buettner@bayern-innovativ.de                Spielrichtung, Mannschaftszugehörigkeit und Feldeinteilung.
www.innovationsgutschein-bayern.de

Immer erreichbar
Telefonieren per Knopfdruck

Mit modernen Smartphones kann man vortrefflich im Internet surfen, im Straßen-
verkehr navigieren und selbst Drohnen steuern. Die einfachsten Funktionen bleiben
dabei jedoch auf der Strecke. Das „One Button Phone” soll beeinträchtigten Menschen
und ihren Angehörigen ermöglichen, einfach miteinander zu telefonieren.

Viele Menschen leiden unter motorischen Problemen       Angehörigen auch über große Distanzen hinweg
oder einer beeinträchtigten Informationsverarbei-       sicher vorgenommen werden können. Sie können
tung im Gehirn. „Für ihre Verwandten führt das          beispielsweise eine Rufkaskade programmieren,
im Alltag schnell zu belastenden Situationen, zum       die den Anruf sukzessive an relevante Personen
Beispiel, wenn sie sich nicht informieren können,       weiterleitet.
ob die Eltern oder Großeltern wohlauf sind, weil        Größte Herausforderung im Innovationsprozess war
sie das Telefon nicht abnehmen”, schildert Edgar        die Entwicklung der Elektronik, um die kompakte
Jochheim seine Motivation zur Entwicklung eines         Bauform mit großer Bedientaste, eine adäquate
möglichst einfachen Telefons.                           Batterielaufzeit und Funktionen wie induktives
Das One Button Phone ist auf die wichtigsten Funk-      Laden in ein am Arm tragbares Gerät zu realisieren.
tionen reduziert. Damit die eingeschränkte Person       Insbesondere die Antenne und ihre Anbindung an die
es immer am Körper und idealerweise im Sichtfeld        Komponenten für das GSM-Quadband musste neu
tragen kann, ähnelt das One Button Phone                        gedacht werden. Die Projektförderung mit
vom Aufbau einer Armbanduhr. Ein                                    einem Innovationsgutschein des Baye-
einziger Knopf dient zur Bedienung.                                    rischen Wirtschaftsministeriums leis-
Klingelt es, kann der Angehörige                                         tete dabei wertvolle Untertützung.
den Anruf einfach annehmen. Will                                          Aktuell sucht die Venyard GmbH
er selbst in Kontakt mit seiner                                            nach Investoren und Vertriebspart-
Familie treten oder einen Notruf                                           nern. Wenn alles gut läuft, soll das
absetzen, drückt er ebenfalls auf                                          One Button Phone noch 2019 auf
den Knopf.                                                                 den Markt kommen.
Parameter wie Rufnummer und                                                Kontakt Innovationsgutschein Bayern:
                                                                          Elke Büttner, buettner@bayern-innovativ.de
Lautstärke werden per Smartphone-
App programmiert. Das gewährleis-                                     Infos: www.onebuttonphone.de
tet, dass diese Einstellungen von den                               www.innovationsgutschein-bayern.de

                                                                                                                   13
vernetzt.

       Kryptowährung für die Energiewirtschaft?
       Einsatzfelder für die Blockchain

       Den Begriff Blockchain verbindet man eher mit New Economy rund um Bitcoins
       und Kryptowährungen. Doch ein Vergleich mit der traditionell stark technologisch
       geprägten Energiewirtschaft lohnt – wie so oft, wenn es um Innovationen geht.

       Blockchain und Energiewirtschaft sind zwei Themen,
       die auf den ersten Blick so rein gar nichts mitei-
       nander zu tun haben. Doch die eigentlich in der
       New Economy beheimatete Blockchain-­Technologie
       könnte gerade in der Energiewirtschaft neue Ge-
       schäftsmodelle, Prozessoptimierungen oder Mehr-
       wertdienstleistungen ermöglichen, meint Serafin
       von Roon. „Stärken der Blockchain liegen unter
       anderem in der Transparenz von Transaktionsver-
       läufen, ihrer Manipulationssicherheit, der möglichen
       Pseudonymität und einem hohen Grad der Verfüg-
       barkeit”, so der Geschäftsführer der Forschungs­
       gesellschaft für Energiewirtschaft.
       Worum geht es bei Blockchains konkret? Block-
       chains sind dezentrale Datenbanken, die jegliche
       Art von Transaktionen sichtbar machen können.
       Eine Besonderheit bei Blockchains ist, dass kein
       Intermediär, also Vermittler, notwendig ist – das
       System läuft völlig automatisiert ab. Eine Blockchain
       besteht vereinfacht dargestellt aus zwei Elementen:     erneuerbare Energie über den Peer-to-Peer-Handel,
       der „Chain”, dem Kassenbuch und dem „Block”, in         das Asset- und Supply-Chain-Management bis hin
       den jede Art von Transaktion geschrieben wird.          zu Sektorkopplung, Systemdienstleistungen, Sharing
       „Zu den Vorzügen von Blockchains gehört, dass sie       Economy oder dem Einsatz von Kryptowährungen.
       mittels verteilter Datenbanken und Konsensmecha-        Von Roon betont aber auch, dass insbesondere der
       nismen für Datenintegrität zwischen unbekannten         regulatorische Rahmen zum heutigen Stand einem
       Parteien sorgen, ohne dass vermittelnde Instanzen       großflächigen Einsatz im Rahmen eines tragfähigen
       wie Banken oder Versicherungen dazwischentreten.        Geschäftsmodells entgegensteht. Große Poten­
       Das macht sie gerade für kritische Infrastrukturen      ziale für die Energiebranche ergeben sich nur dann,
       wie den Energiebereich interessant. Blockchains         wenn die Blockchain mit Smart Contracts zu einer
       gewährleisten IT-Sicherheit, legen Daten manipula-      Plattform entwickelt wird, auf der Programme und
       tionssicher ab und halten sie dank ihres dezentralen    Geschäftsprozesse automatisiert laufen können.
       Zuschnitts zugleich verfügbar”, erläutert von Roon.
                                                               Kontakt Cluster Energietechnik:
       Anwendungen in der Energiewirtschaft reichen            Prof. Dr.-Ing. habil. Oliver Mayer, o.mayer@bayern-innovativ.de
       seiner Ansicht nach vom Herkunftsnachweis für           www.bayern-innovativ.de/cluster-energietechnik

                                                                 verlinkt
                                                                 STUDIE
                                                                 Eine Studie der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FFE)
                                                                 zeigt auf, was mit Blockchain-Technologie möglich ist.
                                                                 www.ffe.de/bct_bericht

                                                                 ZUKUNFTSTHEMA
                                                                 Auch für das Zentrum Digitalisierung Bayern (ZD. B) ist
                                                                 Blockchain ein wichtiges Zukunftsthema.
                                                                 https://zentrum-digitalisierung.bayern/
                                                                 themenplattform-digitalisierung-im-energiebereich

14
Sonne,
Wind und Wärme
Ausgezeichnete Energieprojekte

Die Unterfränkische Überlandzentrale eG
bietet ihren Kunden ein Fullservice-Paket für eine
nachhaltige Energieversorgung an. Dafür wurde die regionale
Energie­genossenschaft jetzt mit dem Bayerischen Energiepreis ausgezeichnet.

Wie kann man die je nach Wind und Sonnenein-
strahlung fluktuierend anfallende Energie aus rege-
nerativen Quellen und den ebenfalls zyklischen
Energieverbrauch synchronisieren? Dies ist eine der
größten Herausforderungen der Energiewende. Die
regionale Energiegenossenschaft Unterfränkische
Überlandzentrale eG (ÜZ Mainfranken) möchte
ihren Kunden dafür eine ganzheitliche Lösung
anbieten, die sie mit ihren eigenen Worten als
                                                            Feierlich: Preisverleihung im Germanischen
„Rundum-Sorglospaket” beschreibt. Dazu hat die              Nationalmuseum Nürnberg
                  Energiegenossenschaft gemeinsam
                  mit Kommunen an acht Baugebie-
                  ten mit 186 Bauplätzen Erdwärme         eine effiziente Energieverwendung. Wir brauchen
                  erschlossen. Elektrische Wärme-         neue Ideen, wie wir die Energienutzung intelligent
                  pumpen stellen aus Niedertempe-         steuern. „Wir wollen ein effizientes und nachhalti-
                  ratur Erdwärme CO2-freie Wärme          ges Energiesystem aus und für Bayern”, so Hubert
                  für die angeschlossenen Gebäude         Aiwanger Bayerns Energieminister bei der Preis-
                  bereit. Die Wärmepumpen wer-            verleihung im Germanischen Nationalmuseum in
                  den bei großem Strom­angebot an         Nürnberg am 15. November 2018.
                  erneuerbaren Energien zugeschal-        Neben dem Hauptpreisträger zeichnete Minister
                  tet und bei Knappheit im Stromsys-      Hubert Aiwanger noch acht weitere Projekte mit
                  tem abgeschaltet. Die „Kaltwärme”       dem Bayerischen Energiepreis aus, unter anderem
                  kommt aus bis zu 100 Meter tiefen       in Kategorien wie „Energieeffizienz in industriellen
                  Erdsonden in denen frostsichere         Prozessen”, „Gebäude” und „Energieforschung”.
                  Sole als Wärme­träger zirkuliert. Die   Der Bayerische Energiepreis wird seit 1999 alle
                  Erdsonden sind so bemessen, dass        zwei Jahre ausgelobt und verliehen. Die Preisträger
                  15.000 kWh Heizwärmebedarf pro          werden von einer unabhängigen Jury aus sieben
                  Jahr abgedeckt werden können.           Energieexperten bayerischer Hochschulen in einem
                  Für ihr Nachhaltigkeitsprojekt „Kalt-   mehrstufigen Auswahlverfahren ermittelt. Bayern
                  wärme-Versorgung – Erneuerbarer         Innovativ organisiert als Partner des Bayerischen
                  Energie einen Wert geben” wurde         Wirtschaftsministeriums seit Beginn das Bewer-
                  die Energiegenossenschaft ÜZ            bungsverfahren und die Preisverleihung.
                  Mainfranken mit dem Bayerischen
                                                          Kontakt Bayerischer Energiepreis:
                  Energiepreis ausgezeichnet. „Die        Katrin Schiller, schiller@bayern-innovativ.de
                  Energiewende gelingt nur durch          www.bayerischer-energiepreis.de

                                                                                                           15
vernetzt.

       Der lange Weg zum Gipfel
       Auf dem Weg zu nachhaltigen Funktionstextilien

       Outdoorsportler benötigen aufwändige Kleidung, um
       ihren Hunger nach Abenteuern zu stillen. Neben der
       Funktionalität spielt die Nachhaltigkeit der Produkte eine
       wichtige Rolle. Viele Hersteller von Funktionstextilien
       haben sich dem Thema bereits verpflichtet.

       Rüdiger Fox’ Vision ist eine zirkuläre Textilwirtschaft   Neue Wege
       für Funktionstextilien: „Die einzig denkbare Zukunft      Sympatex verfolgt währenddessen weiter sein Ziel
       der weltweiten Bekleidungsindustrie liegt in einer        einer zirkulären Textilwirtschaft, unter anderem als
       Kreislaufwirtschaft, in der Textilien am Ende ihres       Partner der Initiative wear2wear. Ziel der Industrie-
       Lebenszyklus werterhaltend wieder in Rohstoffe            partnerschaft, die Unternehmen entlang der textilen
       aufgetrennt und erneut für neue Produkte genutzt          Kette bündelt, ist die Herstellung von 100 Prozent
       werden”, so der Manager, der lange in der Automo-         recycelten, recycelbaren sowie PFC-freien Funkti-
       bil- und Luftfahrtindustrie gearbeitet hat, bevor er      onstextilien. Der geschlossene Wertstoffkreislauf
       2016 zum Münchener Hightech-Textilienhersteller           soll im Bereich Corporate- und Arbeitskleidung
       Sympatex wechselte.                                       umgesetzt werden. Erreichen sie ihr Ziel, könnte
       Mit ihrer Kampagne „We CARE” rückt auch die               dies auch Impulse für die Outdoorbranche liefern -
       Schweizer Premiummarke Mammut das Thema                   und Sportler mit gutem Gewissen Gipfel erstürmen.
       Nachhaltigkeit in den Fokus. „CARE” steht für             Kontakt Netzwerk TEXTILE INNOVATION:
                                                                 Christina Harwarth, harwarth@bayern-innovativ.de
       „Clean Production”, „Animal Welfare”, „Reduced
       Footprint” und „Ethical Production”. Bis 2023 will
       das Outdoorunternehmen den ökologischen Fuß-
       abdruck seiner Kollektionen deutlich verkleinern
       und umweltschädliche Stoffe aus den Lieferketten
       verbannen. So sollen bis 2023 mindestens 95 Pro-
       zent zertifizierte Stoffe verwendet werden. Bis zum
       selben Jahr will Mammut auch auf PFC-basierte Aus-
       rüstungen verzichten. Perfluor-Kohlenwasserstoffe
       sind wegen ihrer hydrophoben Eigenschaften als
       Imprägnierung für Anoraks und Tourenhosen weit
       verbreitet, werden aber wegen ihrer toxikologischen
       und umweltschädlichen Wirkungen sehr kontrovers
       diskutiert. „Die Textil- und Chemieindustrie bietet         verlinkt
       bereits PFC-freie Alternativen für die hydrophobe
       Ausrüstung an, jedoch ist deren Einsatzpotenzial von        STUDIE

       der spezifischen Anwendung abhängig. Bereiche wie           Nachhaltigkeit in der textilen Kette ist ein Kernthema des
                                                                   Bayern Innovativ-Netzwerks TEXTILE INNOVATION. Die Studie
       Schutzbekleidung sind aktuell nach wie vor auf die                           „Textil & Nachhaltigkeit” gibt Unternehmen
       PFC-Ausrüstung angewiesen, um die geforderten                                Informationen in den Feldern Fasern, Funk-
       Funktionen leisten zu können”, erläutert Christina                           tionalisierung und Kreislaufwirtschaft.
       Harwarth, die bei Bayern Innovativ das Netzwerk
       Textile Innovation koordiniert.                                             www.bayern-innovativ.de/textilstudie2018

16
Pflege wird digital
Innovative Technologien im Praxistest

Die Sicherstellung der Pflege ist eine der größten Herausforderungen für unsere
Gesellschaft. Neue Technologien können einen Beitrag liefern, dem Pflegenotstand
entgegenzutreten. Das Projekt „Pflegepraxiszentrum Nürnberg” will Praxistauglichkeit,
Akzeptanz und Nutzen in Kliniken und Pflegeeinrichtungen testen.

                                                        das neue Pflegepraxiszentrum in Nürnberg (PPZ-
                                                        Nürnberg) zur Integration von Zukunftstechnologien
                                                        in die Pflege haben sich mit Unterstützung des
                                                        Forum MedTech Pharma e.V. Experten aus der Met-
                                                        ropolregion Nürnberg erfolgreich beworben und sich
                                                        zu einem Konsortium zusammengeschlossen. Bei
                                                        der Antragstellung wurde das Konsortium von der
                                                        Bayerischen Forschungsallianz (BayFOR) tatkräftig
                                                        unterstützt. Neben wertvollen Informationen zu den
                                                        Förderbedingungen des BMBF gab die BayFOR, einer
                                                        der fünf Partner in der Bayerischen Forschungs- und
                                                        Innovationsagentur (BayFIA), auch Hilfestellung bei
Die Anzahl der Pflegebedürftigen in Deutschland         der Erstellung des Projektkonzepts.
steigt. Ende 2015 belief sie sich auf rund 2,9 Milli-   Das PPZ-Nürnberg bereitet derzeit drei Testprojekte
onen Menschen, das sind 8,8 Prozent mehr als im         vor. Die Themen lauten „Sensorik zur Sturzerken-
Dezember 2013. Ein Drittel von ihnen wird vollsta-      nung”, „Virtual Reality als Unterhaltungsangebot
tionär in Pflegeheimen versorgt. Einer Prognose des     für Menschen in Pflegeheimen” und „App-basierte
Statistischen Bundesamtes zufolge könnten 2030          mehrsprachige Kommunikation für Patienten mit
bereits 3,4 Millionen Menschen pflegebedürftig sein.    Migrationshintergrund”. Das Projekt PPZ-Nürnberg
Grund für den Anstieg ist vor allem die steigende       ist auf eine Dauer von fünf Jahren angelegt und
Lebenserwartung der Deutschen als Folge einer           läuft bis 28. Februar 2023. Die Kosten von rund
stetig besser werdenden medizinischen Versorgung.       vier Millionen Euro werden zu 100 Prozent durch
Ende 2015 waren 83 Prozent der Pflegebedürftigen        das BMBF getragen. Bundesweit stellt das BMBF
65 Jahre und älter, mehr als ein Drittel von ihnen      20 Millionen Euro für die Zukunft der Pflege bereit.
über 85 Jahre alt.                                      Kontakt Forum MedTech Pharma e.V.:
                                                        Bianca Heinrich, ppz@medtech-pharma.de
Gleichzeitig leidet die Gesundheitsbranche unter        www.medtech-pharma.de
einem großen Fachkräftemangel. Chancen und
Lösungsansätze von Digitalisierung und Technisie-       Bayerische Forschungs- und Innovationsagentur:
rung werden daher auch in der Pflegebranche seit        www.forschung-innovation-bayern.de
längerem diskutiert. Innovative Ansätze können
helfen, Pflegekräfte und pflegende Angehörige bei
ihrer Arbeit zu entlasten und die Lebensqualität der
Patienten zu verbessern.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF) hat dazu 2017 den Cluster „Zukunft der
Pflege” gestartet. Zu diesem gehört ein in Deutsch-
land einmaliges Pflegeinnovationszentrum, in dem
Ingenieure und Pflegewissenschaftler gemeinsam
neue Technologien unter realistischen Bedingungen
erforschen. Hinzu kommen vier Pflegepraxiszentren
(PPZ) in Hannover, Freiburg, Nürnberg und Berlin.
Dort werden die neuen Technologien im Alltag
der Pflege eingesetzt und auf Praxistauglichkeit,
Akzeptanz und Nutzen im Echtbetrieb von Kliniken
und Pflegeeinrichtungen erprobt und bewertet. Für

                                                                                                         17
vernetzt.

       Einfach. helfen.
       Frugale Innovationen für Medizin und Medizintechnik

       Wenn Ressourcen knapp sind, sind einfache und kostengünstige Lösungen gefragt.
       Frugale Innovationen folgen genau diesem Ansatz. Medizin und Medizintechnik liefern
       viele interessante Beispiele – von denen sowohl Entwicklungsländer wie Industrie-
       nationen profitieren können.

       Die nigerianische Familie ist beunruhigt: eines ihrer        Subsahara-Afrika. Gewissheit kann nur ein Malaria­
       Kinder fühlt sich schlapp, hat Kopf- und Glieder-            test schaffen. Klassische Malariatests erfordern
       schmerzen und Fieber. Der nächste Arzt ist weit              jedoch eine Blut­abnahme, die ein gewisses Infek-
       entfernt, der Weg aus dem abgelegenen Dorf im                tionsrisiko birgt und eine aufwändige Untersuchung
       zentralen Afrika äußerst beschwerlich. Erst recht mit        im Labor. Der 2008 von der US-Firma Fyodor Bio-
       einem kranken Kind. Jetzt wäre es hilfreich, sofort          technologies entwickelte „Urine Malaria Test” UMT
       zu erfahren, ob die Symptome nur auf einen einfa-            auf Basis einer Urinprobe hingegen kann einfach,
       chen grippalen Infekt hinweisen oder auf Malaria,            schnell und kostengünstig von jedem vermeintlich
       eine Krankheit, die unbehandelt bereits wenige               Infizierten selbst durchgeführt werden. Bereits nach
       Tage nach der Infektion zum Tode führen kann.                25 Minuten kann das Ergebnis auf einem Teststreifen
       Jährlich werden etwa 200 Millionen Malaria-Fälle             abgelesen werden.
       verzeichnet. Am stärksten betroffen ist die Region

       Einfach und kostengünstig: Der an der Universität Würzburg
       entwickelte „Kaugummi-Schnelltest” ermöglicht, bakterielle
       Entzündungen im Mundraum zu diagnostizieren.

18
Sie können auch lesen