AUFS LAND DIE NEUE LUST - profitieren können. Seite 10 - Akademie für lokale Demokratie
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07+08 / 2021
Dienstleistungs-GmbH
LEITARTIKEL
Traue keiner
Statistik ...
Seite 06
FORSA-AKTUELL
Das Ende der
Volksparteien?
Seite 40
DIE NEUE LUST
AUFS LAND
Wie Kommunen von der Stadtflucht
profitieren können. Seite 10
EUR 9,90
0 7/ 0 8
009901
ISSN 2510-120X
198867
4
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MEHR UMSETZEN
I
n Deutschland hat der Bundestagswahlkampf
begonnen. Die Parteien werben mit ihrem
Programm um die Zustimmung der Wähler. Da
wird viel versprochen und angekündigt, was
den Realitätstest kaum bestehen kann. Vor der
Illusion, der Staat könne alles regeln und habe
unbegrenzte Ressourcen, kann man nur warnen.
Entscheidend kommt es darauf an, die Gesell-
schaft zusammenzuhalten, die Menschen mitzu-
nehmen und zu überzeugen.
Die schönste Zukunftsperspektive überzeugt nicht,
wenn das Leben vor Ort nicht besser, sondern
schlechter wird. Deswegen wird es entscheidend
darauf ankommen, die kommunale Daseinsvor-
sorge nachhaltig zu verbessern. Das geht von gut
ausgestatteten Schulen, besserer Kinderbetreuung,
einem funktionsfähigen öffentlichen Personen-
nahverkehr auch in abgelegenen Regionen, dem
Ausbau der alternativen Energien mit Beteiligung
der Kommunen an der Wertschöpfung bis hin zur
Erneuerung der oftmals schlechten Infrastruktur.
Das wird nur gelingen, wenn wir weniger ver-
sprechen und mehr umsetzen sowie die über-
FOTO / Benjamin Westhoff, Adobe Stock (Cover)
bordende Bürokratie, die vieles zu kompliziert, Dr. Gerd Landsberg
zu langsam, zu teuer und zu umständlich macht, Hauptgeschäftsführer des
ernsthaft abbauen. Deutschen Städte- und Gemeindebundes
Gemeinsam durch die
Corona-Krise: datev.de/corona
Mehr Informationen unter datev.de/public-sector
oder kostenfrei anrufen: 0800 0114348
07+08/2021 INHALT
Liebe Leserin, IMPRESSUM
/ 22
POLITIK & RECHT
lieber Leser,
Medieninhaber: Zimper Media GmbH
Leitartikel 06 Reinhardtstraße 31,10117 Berlin
Mitherausgeber: Gerd Landsberg mit Un-
Gefahr der Manipulation terstützung der DStGB-Dienstleistungs-
GmbH, Franz-Reinhard Habbel
Ranking
Geschäftsleitung: Mag. Michael Zimper
Die Lust auf das Landleben 10
Chefredaktion (v.i.S.d.P.):
Landleben ist eigent- Deutschlands erfolg- Fördermöglichkeiten vor Ort Christian Erhardt-Maciejewski
lich kein neues reichste Mittelstädte Redaktion: Gudrun Mallwitz, Benjamin
Phänomen. Doch Dorfladen 16 Lassiwe, Patrick Pehl, Rebecca Piron
spätestens seit Corona So gelingt Nahversorgung Autoren dieser Ausgabe:
Dorothea Walchshäusl, Gerd Landsberg, Micha-
ist der Trend so deut- ela Allgeier, Manfred Güllner, Daniel Dettling,
lich sichtbar gewor- Selbsthilfegruppen 28 Franz-R. Habbel, Annette Lübbers, Jürgen M.
Boedecker, Helge Holm, Peter Patze,
den, dass selbst die Kampf gegen Corona-Folgen
Gestaltung: Melina Werner
eher aus Großstäd- Lektorat: Klaus Schuster
ten berichtenden Medien an dem Thema Tierparks 36
Redaktionsadresse:
nicht mehr vorbeikommen. Doch ganz Zoos nach Corona KOMMUNAL, Reinhardtstraße 31,
10117 Berlin, Telefon: 030/8145 012600
so einfach ist es nicht: Selbst wegen eines
solchen Virus entscheiden sich Menschen Anzeigen:
Gunnar Lindner (Leitung)
nicht von heute auf morgen, der Stadt den ARBEITEN & GESTALTEN gunnar.lindner@kommunal.de
Manuela Czapka,manuela.czapka@kommunal.de
Rücken zu kehren und aufs Dorf zu ziehen. Marco Danker,marco.danker@kommunal.de
Solche Entscheidungen finden deutlich Dorfleben 2.0 50 Stephan Zick, stephan.zick@kommunal.de
langfristiger statt. Und von „Wachstums- Neue Wohnformen auf dem Land Auflage: Ø 101.200 Exemplare
/ 10
Heftpreis: Einzelheft € 9,90,
schmerzen“ berichten auch viele ländliche Jahres-Abonnement € 49,90 (inkl. Versand)
Regionen bereits seit Jahren, wir bei KOM- Wohnkonzepte 56 Druck: Möller Druck und Verlag GmbH, Zeppe-
linstraße 6, 16356 Ahrensfelde
MUNAL haben das immer wieder themati- Junge Menschen fürs Land gewinnen
Gender-Hinweis: Aus Gründen der besseren
siert. Und doch ist der Trend zum Landle- Lesbarkeit wird auf die Verwendung geschlech-
ben noch einmal gestiegen. Darauf brau- Fördergelder 60 terspezifischer Sprachformen verzichtet. Bei
chen Kommunen Antworten. In anderen Landleben Ein Kämmerer packt aus
allen Bezeichnungen, die auf Personen bezogen
sind, meint die gewählte Formulierung sämtli-
che Geschlechteridentitäten.
Orten geht es derweil darum, dem demo- Wie Kommunen es
Gastbeiträge und Kommentare fallen unter
grafischen Wandel zu begegnen. Denn fördern können die Verantwortlichkeit des Autors und müssen
nicht überall gibt es Zuzug. Die Situation LAND & LEUTE sich nicht unbedingt mit der Meinung von
KOMMUNAL decken. Die Redaktion hält sich
ist also etwas komplexer, weshalb wir dem vor, Einsendungen redaktionell zu bearbeiten
und zu kürzen.
Thema einmal mehr einen großen Schwer- Portrait 64
punkt in dieser Ausgabe widmen. Bürgermeister des Monats Sonderveröffentlichungen sind Beiträge,
die auf Unternehmensinformationen basieren
FOTOS / Adobe Stock, Carina Pilz, Cover Hölker Verlag, Bundesministerium der Finanzen
und vom Unternehmen bezahlt werden. Sie
sind gekennzeichnet und erscheinen außer-
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen! Bürgerbudget 68 halb der redaktionellen Verantwortung von
Konzepte für Mitwirkung KOMMUNAL.
Für unverlangt eingesandte Magazine, Manuskripte und Bilder
wird keine Haftung übernommen. Gerichtsstand und Erfüllungsort
Schweinepest 72 Berlin, Registergericht: Amtsgericht Berlin-Charlottenburg
Handelsregister-Nummer: HRB 158797 B
Hunde sollen bei Bekämpfung helfen Bankverbindung: Berliner Sparkasse,
IBAN: DE80 100500 00 1903 10286 BIC: BELADEBE
/ 60 DER BESTE WEG ZU KOMMUNAL ...
/ 26
... für Leser, die Fragen zur Verteilung oder zum Abonnement haben:
leserservice@kommunal.de
Fördergelder www.kommunal.de/leserservice
Ein Kämmerer
... für Leser, die Artikel kommentieren oder Informationen einsenden wollen:
packt aus
redaktion@kommunal.de
Investitionen
Interview mit Finanz- ... für alle, die sich für unsere Media-Daten interessieren:
office@kommunal.de
MICHAEL ZIMPER minister Scholz
www.kommunal.de/unternehmen
Geschäftsführer Zimper Media GmbH
LEITARTIKEL LEITARTIKEL
LEITARTIKEL
TRAUE KEINER
Denn schon lange haben Meinungsumfragen
einen riesigen Einfluss auf die Politik. So hat die
Bundesregierung innerhalb einer Legislaturperio-
de über 6.000 Umfragen in Auftrag gegeben. Eine
STATISTIK, DIE
Studie des Wissenschaftszentrums für Sozialfor-
schung ergab im vergangenen Jahr, welch enor-
men Einfluss diese Umfragen auf das Handeln
DU NICHT SELBST
der Bundesregierung hatten – Positionen wurden
kurzfristig geändert, weil die Bürger vermeintlich
eine andere Auffassung vertreten.
GEFÄLSCHT HAST …
Das ist zunächst überhaupt nicht zu kritisieren,
denn natürlich soll Politik „dem Volk aufs Maul
schauen“. Schwierig wird es, wenn diese Umfra-
gen mit seriöser Sozialforschung nichts mehr zu
tun haben. Ein Beispiel: Der von vielen Lokal-
Meinungsumfragen haben einen immer größeren zeitungen genutzte Anbieter „Civey“ führt auch
Umfragen unter „Entscheidern in der Kommu-
Einfluss auch auf die Kommunalpolitik. Doch Statistiken
nalpolitik“ durch. Laut eigener Aussage waren das
sind nicht selten die kleine Schwester der Fake- im Mai vergangenen Jahres rund 240.000 Perso-
News, meint Christian Erhardt und warnt Kommunen nen. Im September vergangenen Jahres sprach
der gleiche Anbieter von 120.000 Entscheidern
vor „Quatschumfragen“ als Grundlage für politische in Deutschland. Anders gesagt: KOMMUNAL
Entscheidungen. sterben offenbar gerade reihenweise die Leser
weg, erstaunlich, dass unsere Abonnenten- und
Zugriffszahlen so ganz andere Ergebnisse liefern.
Aber Frötzelei beiseite! Obwohl das Unternehmen
„So denken die Bürger Ihrer Gemeinde“! Wirk- gerade mehrere Niederlagen vor Gericht kas-
lich? In Online-Foren gibt es seit einiger Zeit siert hat und seither übrigens solche Zahlen gar
eine regelrechte Inflation von Umfragen. Was nicht mehr veröffentlicht, nutzt selbst der sonst
die Macher oft selbst als „Spaß-Tool“ bezeich- so seriöse „Verband der kommunalen Unter- tisch abgesicherten Fakt. Konsequenzen für die
nen, hat immer größeren Einfluss auf die Ent- nehmen“ VKU deren Tools und bietet Umfragen politische Dynamik einer Kommune dürfen sol-
scheidungen in Gemeindeparlamenten. Dank 8 Tipps für Meinungsumfragen zum Thema „Lokale Energiewende“ an. Da wird che Online-Abfragen nicht haben.
Internet-Livestream wohnte ich vor kurzem einer etwa für jeden deutschen Landkreis dargestellt,
Stadtratssitzung in einer ländlichen Kommune wie groß die Bereitschaft der Menschen vor Ort Ganz klar: Bürgerumfragen in Kommunen sind
bei. Es ging um das Thema Tempo 30. Ein Befür-
worter zitierte eine Online-Umfrage der örtlichen 1 Umfragen nur schriftlich an alle Bürger oder per
Sozialforschung mit Instituten
ist, sich ein E-Fahrzeug anzuschaffen. Der Haken
dabei: Angeblich wurden deutschlandweit 10.000
wichtig und richtig. Gerade die großen Felder
der Stadtentwicklung, die Verkehrspolitik der
Zeitung, wonach zwei Drittel der Teilnehmer sich
für flächendeckendes Tempo 30 im Ort ausge- 2 Online-Anteil sollte nicht über 10 Prozent liegen
Menschen online befragt. Heruntergerechnet etwa
auf den Landkreis Prignitz in Brandenburg wären
Zukunft, das neue Rathaus, die Zufriedenheit mit
den Lebensbedingungen im Ort – das alles will
sprochen haben. Was ich in einer Stadt wie Köln
3 Befragung außerhalb von Ferienzeiten
das neun Befragte, für eine Stadt wie Tübingen vermessen werden. Und auch die Vertreter im
4
vielleicht geglaubt hätte – Tempo 30 wäre dort sind es statistisch gesehen acht Antworten. Auf Gemeinderat sind hier meist gefangen in ihrer
für viele Autofahrer in der Innenstadt ein ech- solch einer Basis sollte kein Stadtwerk ernsthaft Filterblase. Deshalb tun sie gut daran, nicht nach
Denken Sie an die unterschiedlichen Stadtteile
5
ter Geschwindigkeits-Zugewinn – kam mir in Entscheidungen treffen! dem Motto: „Ist man selbst die Wahrheit, muss
einem ländlich strukturierten Ort mit zahlreichen Zu oft wird leider nicht hinterfragt, wer die alles andere Lüge sein“ zu verfahren und ihre
Kürzer ist besser – nicht zu viele Fragen stellen
6
Ortsteilen doch komisch vor. Meine Recherche Umfragen mit welchem Ziel auf welcher Basis Bürger systematisch einzubinden und zu befragen.
ergab: Das Umfragetool war offen für jedermann macht. Die Bitkom etwa ist der Interessenver- Dafür sollte jede Gemeinde aber klare Regeln und
Fragen sollten von Sozialforschern formuliert werden
7
zugänglich, auch ich konnte problemlos zehn Mal band der Digitalbranche in Deutschland, dahin- Standards entwickeln. In unserer Grafik haben wir
FOTOS / Adobe Stock, privat
abstimmen, die Umfrage war in einen Artikel ein- ter stecken Banken, Kreditkartenanbieter und Ihnen einige Ideen für solche Standards zusam-
Nach 2 Wochen ein Erinnerungsschreiben senden
8
gebettet, der die Vorteile von Tempo 30 erklär- Software-Entwickler. Super und absolut wichtig, mengestellt. Umfragen können die politische
te. Das ist das System: „Angel auswerfen und Vergleiche mit anderen Kommunen ziehen
dass sie eine Stimme haben. Nur mag ich Umfra- Willensbildung ergänzen, aber nie ersetzen. Sta-
mal gucken, welcher Nutzer anbeißt“. Doch das gen solcher Verbände zum „Erfolg des kontaktlo- tistiken sollte man nie blind vertrauen. Denn mit
angebliche repräsentative Ergebnis beeinflusste sen Bezahlens in Kommunen“ eher als selektive der richtigen Manipulation lässt sich für fast jede
die Diskussion natürlich enorm. Wahrheit wahrnehmen denn als wirklich statis- Aussage ein Beleg konstruieren.
6 // KOMMUNAL 07+08/2021 KOMMUNAL 07+08/2021 // 7
NEWS NEWS SONDERVERÖFFENTLICHUNG
Treffpunkt für Fans
facebook.com/kommunal.magazin
Schon
Twittern, was uns bewegt Primäralarmierung
gewusst?
Fachmedium twitter.com/KOMMUNALaktuell
für BOS mit dem
des Jahres 2021
M2M-Pager ERIC®
E-Mail an die Redaktion
redaktion@kommunal.de
SAT-TV
von Unitronic
KOMMUNAL freut sich über den Titel
„Beste Fachzeitschrift 2021“. Die Deut-
i Newsletter bestellen
sche Fachpresse hat uns als Shortlist-
Platzierung für die „Beste Fachzeitschrift
kommunal.de/newsletter/kommunal lässt sich ganz
über bis zu 2,5 Millionen Euro Umsatz“
ausgezeichnet. Mit unserer Ausgabe im Juni
Abo und mehr
kommunal.de/leserservice einfach über das
vergangenen Jahres haben wir die Jury von
unserer Art des konstruktiven Journalismus
überzeugt. Statt negativer Meldungen zeigt
KOMMUNAL mit konkreten Lösungsansätzen
News zu jeder Zeit
www.kommunal.de
NE3-Stadtnetz
und guten Beispielen auf, was vor Ort möglich
ist und sorgt so für die deutschlandweite Vernet-
verteilen!
Faxgeräte in
zung von Kommunalpolitikern, Verwaltung und
Bürgermeistern. Wir danken unseren Lesern für
H
Behörden verboten
das große Vertrauen in unsere Zeitschrift!
auptamtliche und ehrenamtliche Kräfte
vertrauen dieser Lösung bereits mit
Die Datenschutzbeauftrag- tung. Zudem werde das Fax Erfolg! Im Einsatz ist der Pager ERIC unter
te in Bremen hat allen dor- am anderen Ende der Lei- anderem in der Stadt Ratingen und dem LK
tigen Behörden verboten, tung immer häufiger in eine Emsland. Der Pager bedient sich des Roamings
weiter Faxgeräte einzuset- E-Mail umgewandelt und im In- und Ausland unter Nutzung sämtlicher
zen. Sie seien „zu digital“ sei somit oft „unverschlüs- verfügbarer Mobilfunknetze. Eine extrem sichere
Öffnungen und
CO2-AUSSTOSS WELTWEIT geworden. Hintergrund: selt“. Andere Bundesländer Netzabdeckung mit mehrfachen Redundanzen
Faxgeräte übermitteln haben noch keine Verbote wurde in umfangreichen Tests nachgewiesen.
Infektionszahlen
China 28,21 % Daten heute nicht mehr wie verhängt, die Diskussion Die Kommunikation erfolgt über gesicherte
früher über das klassische darüber läuft aber unter IP-Verbindungen auf Basis eines vom Hersteller
Telefonnetzwerk, sondern den Landesdatenschutzbe- Unitronic patentierten Protokolls.
USA 15,99 %
Eine wissenschaft- mit „synthetischen meist über die Internetlei- auftragten bereits.
Indien 6,24 %
liche Studie der Zwillingen“, also Neues
Die Alarmierung der Pager erfolgt inner-
Uni Mainz hat die ähnlich geprägten halb weniger Sekunden, da diese permanent
Auswirkungen des Kommunen, ergab, Profi-SAT-
über eine virtuelle Standleitung mit der Alar-
Kommunen
Russland 4,53 % Modellprojekts im dass die Öffnung mierungs-Plattform verbunden sind. Der Melder
sächsischen Augus- signalisiert seine Empfangsbereitschaft, sendet
keinerlei Einfluss
System macht
erwarten Zuzug
Japan 3,67 %
tusburg untersucht. auf das Infektions- automatisch nach einer Alarmierung eine Emp-
Die touristisch geschehen hat- fangsbestätigung und kann eine Rückmeldung
geprägte Stadt mit te. „Wie wir sehen,
es möglich
des Benutzers senden (Zwei-Wege-Paging).
Deutschland 2,23 %
5.000 Einwohnern sehen wir nichts“, Laut einer Studie der TU nicht ganz so hoch sind und
durfte im März mit- so der Forschungs- München wird das Home- die Infrastruktur stimmt. Gerne stellen wir Interessenten das System
Korea 1,75 % ten im Lockdown leiter Professor Office positive Auswirkun- Eine Ausweitung der Studie im Rahmen einer Live-Demo vor.
sämtliche Hotels, Klaus Wälde von gen auf das Landleben auf andere Regionen ist
Iran 1,72 % Fitness-Studios, der Uni Mainz. haben. Am Beispiel des geplant.
Restaurants und Großraums München
Die komplette Studie
Kultureinrichtun- haben die Forscher das
Kanada 1,71 %
gen öffnen. Vor-
finden Sie bei uns
Zuzugs-Potential unter- Die kompletten GEWUSST WIE.
FOTO / Adobe Stock,
online unter:
Saudi-Arabien 1,56 %
aussetzung waren
Schnelltests. Der
www.kommunal.de/
modellprojekt-
sucht. Das Ergebnis: Kom-
munen können überall da
Daten der
Forscher finden MIT ASTRA.
Vergleich der augustusburg- auf Zuzug hoffen, wo noch Sie bei uns
pandemie online hier:
Wissenschaftler Platz ist, die Preise noch
8 // KOMMUNAL 07+08/2021 wowi.astra.de
POLITIK
& RECHT
INTERVIEW
REGIONALENTWICKLUNG
Finanzminister Scholz
und die Altschulden
Seite 24 DIE NEUE LUST
FORSA-AKTUELL
Das Ende der
Volksparteien?
AUFS LANDLEBEN
Seite 40 Angestaubt, spießig? Nein! Immer mehr Deutsche können sich
vorstellen, die Stadt hinter sich zu lassen. Das hat nicht nur mit
den dort rasant steigenden Mieten und Kaufpreisen zu tun. Was
Kommunen im Umland der größeren Städte tun können, um
dem Wachstumsdruck nachzukommen – und wie mehr Leben in
entlegenere Landstriche gebracht werden kann – darüber geben
zwei Studien mit wertvollen Tipps Aufschluss.
POLITIK & RECHT POLITIK & RECHT
Lisa Grindmayer Das sind die Experten-Tipps für Kommunen im Umland
(links) und Stephanie
S
Haßelbeck haben
TIPP 1 berücksichtigen, also Schulen,
Von GUDRUN MALLWITZ ein Kochbuch
veröffentlicht mit
Damit durch den Wohnungs- soziale Einrichtungen, Kul-
ie haben in Städten und anderen Ländern Rezepten und bau kein Donut-Effekt entsteht turangebote. Für zusätzliche
gelebt - und sind doch gerne aufs Land Geschichten vom und die Innenstädte gefüllt flexible, modulare und auch
zurückgekehrt. Die Schwestern Lisa Grind- Leben auf dem bleiben, sollen die Neubau- temporäre Bauweisen einsetzen,
mayer und Stephanie Haßelbeck wohnen Land (Hölker- ten in Beziehung zum lokalen Einrichtungen wie Krippe, Kita
Verlag).
wieder auf dem Bauernhof, auf dem sie Stadtzentrum stehen. Statt und Grundschule mit gemein-
großgeworden sind. Der nächste Nachbar ist mehr weniger Ein- und Zweifami- samen Gebäuden und variablem
als einen halben Kilometer entfernt. Zusammen lienhäuser lebendige Quar- Personal konzipieren. Durch
betreiben sie einen erfolgreichen Internet-Blog. tiere schaffen und damit auch Mehrfachnutzungen dieser Art
Als Influencerinnen für das Landleben sozusagen Vorteile für die bereits ansässige lassen sich nicht nur Synergieef-
zeigen sie, wie man einen Kräutergarten anlegt und Bevölkerung. Die Abkehr von fekte erzielen. Damit kann auch
wie ein Sauerteigbrot am besten gelingt. Nachzu- Schlafsiedlungen also, in denen flexibler auf wechselnde Bedarfe
lesen ist das auch in ihrem Kochbuch „Farmma- Was aber brauchen die neuen Bewohner und die Menschen wohnen, in den reagiert werden.
de -Rezepte & Geschichten vom Leben auf dem Bewohnerinnen, um anzukommen? Was können Arbeitsorten aber arbeiten und
Land“. Die Schwestern treffen einen Nerv: Immer Kommunen tun, damit Zugezogene und Einheimi- einkaufen. TIPP 5
mehr Deutsche, so zeigen Studien, träumen vom sche sich wohlfühlen? Dazu geben zwei Studien Planungen langfristig abstim-
Leben auf dem Land. In der Corona-Pandemie hat Aufschluss. Sie beleuchten die Chancen und Risi- TIPP 2 men, wenn die Finanzierung
diese Sehnsucht deutlich zugenommen. Der Trend ken für das Umland, enthalten aber auch Hand- Regional oder landesweit tätige auf verschiedene Ebenen ver-
zum Wohnen im Grünen stellt die Kommunen im lungsempfehlungen für Kommunen in entlegene- Institutionen wie die Bauland- teilt ist - wie bei den Grund-
Umland der Städte vor Herausforderungen – und ren Regionen. Offensive Hessen GmbH – eine schulen. Der Bund sollte inter-
kann eine Chance für entlegenere Regionen sein, „Die Corona-Pandemie wird die Bedürfnisse auf Gesellschaft des Landes und kommunale Planungsansätze
die um jeden Einwohner kämpfen. dem Wohnungsmarkt verändern“, prognostiziert der Nassauischen Heimstätte stärker fördern und die kommu-
Carsten Kühl, Leiter des Deutschen Instituts für - können die Kommunen unter- nalen Finanzausgleichssysteme
Urbanistik (Difu). „Die Möglichkeit zu Home-Office stützen, Potenzialflächen zu der Länder durch eine Demo-
in den eigenen vier Wänden oder der Wunsch nach identifizieren. Das gleiche gilt grafie-Komponente ergänzen.
mehr Naherholungsflächen sind Beispiele dafür.“ bei Machbarkeitsstudien und bei Damit kann dem schnellen
Der zu erwartenden steigenden Nachfrage stün- der Baulandentwicklung, etwa Wachstum von kleineren Kom-
Die den laut Kühl aber ungelöste Probleme gegenüber:
Die Verfügbarkeit und Schaffung von bezahlbarem
über ein Bauamt auf Zeit. munen in Metropolregionen
Rechnung getragen werden.
Corona- Wohnraum, die nicht ausreichenden Kapazitäten TIPP 3 Alternativ: Zweckzuweisungen
Pandemie im Baugewerbe und die beschränkte Flächenver-
fügbarkeit in den Kommunen.
Den Wohnungsmarkt als
Einstieg in regionale Woh-
erhöhen oder Neuzuweisungen
für spezifische Infrastrukturen
wird die Diese Probleme bestehen insbesondere im nungsmarktkonzepte regional beim Kommunalen Finanzaus-
beobachten. Die Potenziale
Bedürfnisse
Umland großer Städte. Dort geht es vor allem dar- gleich. Denn: Die Entlastung des
Der Hof, auf den Lisa Grindmayer und Stef- um, das Wachstum zu steuern und die „Wachs- der Innenentwicklung ermit- Wohnungsmarktes Kernstädte
auf dem fi Haßelbeck zurückgekehrt sind, liegt im Land- tumsschmerzen“ möglichst gering zu halten. Die teln, Flächenausweisungen rechtfertigt Ausgleichszahlun-
FOTOS / Adobe Stock, Carina Pilz, Cover Carina Pilz/Hölker Verlag, Difu
kreis Erding, etwa 20 Kilometer von München und Kommunen müssen es schaffen, Bauland zur Ver- und Wohnungsangebote auf gen an Gemeinden im Umland.
Wohnungs- doch in einer anderen Welt.Die beiden Schwestern fügung zu stellen und die Infrastruktur anzupassen neue Bedarfe und Zielgruppen
TIPP 6
markt können gut verstehen, dass sich viele für ein Leben
jenseits der Stadt entscheiden. Vor allem in Coro-
– Schulen, Kitas zu bauen und die Gesundheitsver-
sorgung zu sichern. Auch das Angebot des öffentli-
überprüfen. Alternative Wohn-
angeboten für ältere Menschen Neue Wohnungsbauvorha-
verändern.“ na-Zeiten. Denn die vielgepriesenen Vorteile der chen Nahverkehrs spielt eine große Rolle. in zentralen Lagen schaffen, mit ben sollten nur dort geplant
Städte heben die Nachteile wie viel Verkehr, lau- kurzen Wegen zu Versorgungs- werden, wo ein schienenge-
Carsten Kühl, Leiter des te Straßenkneipen und überfüllte Busse und Bah- „Seit Jahren steigt der Druck auf die städtischen und Gesundheitsangeboten und bundener ÖPNV vorhanden ist.
Deutschen Instituts für
nen plötzlich nicht mehr auf. Dazu kommt: Die Wohnungsmärkte durch Zuzug. Neben Neubau und barrierefreien Wohnangeboten. Bund, Ländern und Kommunen
Urbanistik (Difu).
Immobilienpreise steigen und steigen. Wer in der Verdichtung in den Städten kann der Wohnungsbau müssen noch mehr investieren,
Stadt nicht immer mehr Miete zahlen will, über- im Umland zur Entspannung der Situation beitra- TIPP 4 um das Wohnen im Umland
legt zu kaufen. Inzwischen können sich trotz nied- gen“, stellt Difu-Wissenschaftlerin Ricarda Pätzold Beim Neubau im Umland bei verkehrs- und umweltpolitisch
riger Zinsen jedoch immer weniger Menschen eine fest. Sie ist eine der Autoren der Studie im Auftrag der Planung auch die Infra- angemessen umzusetzen – und
Eigentumswohnung leisten. Der Traum vom eige- des Verbändebündnisses Wohnungsbau. strukturen der Daseinsvorsorge den Radverkehr mehr fördern.
nen Haus verlagert sich ins Umland der Städte – „Voraussetzung für eine nachhaltige Stadt-
oder gar so richtig aufs Land. Umland-Entwicklung in Balance ist ein Paradig-
12 // KOMMUNAL 07+08/2021 KOMMUNAL 07+08/2021 // 13
POLITIK & RECHT POLITIK & RECHT
Tipps der Studienmacher für Kommunen auf dem Land abseits der großen Städte
TIPP 1 TIPP 2 mune kulturelles Leben und TIPP 5
Neugierig und offen sein! Temporäre Angebote nutzen neue Bewohner auf längere Innovationen und digitale
Mehrere Bürgermeister haben und Neues ausprobieren. Sicht gewinnen. Möglichkeiten selbst nutzen:
nach eigenen Angaben nicht Kommunen können sich Kommunale Akteure können
wirklich verstanden, was da als Ort für Experimente zur TIPP 3 selbst zu Vorreitern neuer
genau entsteht. Im Nachhin- Verfügung stellen. So bietet Sich von anderen Kommunen digitaler Arbeitsmöglichkei-
ein beschreiben sie mit Stolz, die CoworkLand Genos- inspirieren lassen und sich ten werden. So arbeitet der
welche positive und auch senschaft Gemeinden die untereinander austauschen. Wirtschaftsförderer des Krei-
unerwartete Wirkung auf ihre Möglichkeit, temporär einen Nicht jede Idee muss an ses Rostock selbst in Cowor-
Kommune ein Coworking Coworking Space zu instal- jedem Ort erfunden werden. king Spaces, wenn er unter-
Space oder der neue Veran- lieren. Einwohner des Dorfes wegs ist. Andere Kommunen
staltungsraum mit Repair- können erproben, wie es TIPP 4 nutzen die neuen Arbeitsorte
und Erzählcafé entwickelt sich auf diese Weise arbeiten Projekte aktiv unterstützen: für Seminare, Veranstaltun-
hat. Oft lassen sich Initiato- lässt. Auch der Summer of Häufig genügt es schon, wenn gen und Gemeinderatssit-
ren solcher Projekte auch für Pioneers ist ein Angebot auf die Gemeinden ideell unter- zungen.
Co-Working steht für die Verbindung von
Community (Gemeinschaft), Work (Arbeit)
andere kommunale Vorhaben Zeit. Die Bewohner auf Zeit stützen. Indem sie Kontakte
und Vacation (Urlaub) gewinnen, als Diskussions- bringen frischen Wind in die zu anderen Akteuren her- TIPP 6
partner, Impulsgeber und ländliche Gemeinschaft und stellen, etwa zu politischen Leerstand aktiv für neue
Mitstreiter. die Gemeinden erfahren, Entscheidungsträgern, Unter- Nutzungen vermarkten. In
was Menschen in der Provinz nehmen oder Immobilienbe- vielen Kommunen gibt es
suchen. Beispiel dafür ist das sitzern oder indem sie selbst Häuser, die für neue Ideen
menwechsel hin zu einer ganzheitlichen Betrach- lung zu bündeln und unterstützt Kommunen bei brandenburgische Wittenber- Räume günstig vermieten genutzt werden können und
tung regionaler Entwicklungschancen“, betont der Entwicklung neuer Ansätze. Die Wortschöp- ge. Dort konnte die Kom- oder den Initiatoren kostenlos angeboten werden könnten.
Ricarda Pätzold. Die Pandemie habe verdeutlicht, fung Co (gemeinsam), Work (Arbeit) und Vacation zur Verfügung stellen.
wie wichtig ein Wohnumfeld mit Aufenthaltsqua- (Urlaub) steht für ein Konzept mit Potenzial. Coro-
lität ist. „Es sollte immer ein langfristig wirkender na dürfte den Trend noch weiter befördern. „Da
Mehrwert für die bereits ansässige Bevölkerung
geschaffen werden.“
Da passiert passiert gerade wahnsinnig viel“, schwärmt die
Vereinsvorsitzende Veronika Engel. Aktuell hat der Workation, Co-Living oder auch das Landleben
gerade Verein „CoworkationALPS“ 17 Locations aufgelis- auf Zeit beim Summer of Pioneers ermöglichten es
wahnsinnig Für entlegene
Immobilienmakler haben längst Städte ins Visier tet. „Wir haben viele neue Ideen“, sagt die Regi- Menschen, temporär auf dem Land zu leben und zu
genommen, die nicht direkt an die Ballungsräu- onalentwicklerin. „So könnten mehrere Plätze in arbeiten.
me angrenzen. Wie können aber auch noch wei-
ter entfernte ländliche Regionen von der sich
viel.“ einer Kommune einbezogen werden.“
Klar aber ist: Keine neue Landlust ohne Digitali- Regionen besteht die
Chance, Menschen
abzeichnenden Landlust profitieren? Dörfer und Veronika Engel, Im strukturschwachen Nordhessen haben sich inno- sierung. Wenn Menschen ihre Arbeit zeitweilig an
Gemeinden, die um jeden Einwohner kämpfen, in Vorsitzende des Vereins vative Unternehmer und Gründer zum Netzwerk einen anderen Ort mitnehmen können, steigt die
CoworkationALPS
zurückzugewinnen.“
denen Häuser leer stehen? Dieser Frage widmet HOMEberger zusammengeschlossen. Sie werben mit Wahrscheinlichkeit, dass sie ihre Idee vom länd-
sich die zweite Studie, die KOMMUNAL vorstellen neuen digitalen Chancen für ihre Regionen. Im "Pro- lichen Leben realisieren. Beim superschnellen
möchte. Das Berlin-Institut für Bevölkerungsent- jekt Bay" auf der Insel Rügen können Städter tem- Internet geht es vor allem in den Städten voran. Es
Catherina Hinz, Direktorin des Berlin-
wicklung hat Initiativen zusammengetragen, die porär Wohnen und Arbeiten mit Meerblick verbin- gibt aber auch ländliche Regionen, so die Studie,
Instituts für Bevölkerung und Entwicklung
zeigen, dass sich auf dem Land viel tut! Während den und das Landleben erproben. „Insbesondere für in denen Ortschaften schon an das leistungsstar-
die Städte immer voller und teurer werden und entlegene Regionen sind diese Projekte eine Chan- ke Netz angeschlossen sind. In vielen Gemeinden
dabei kreative Freiräume verschwinden, entste- ce, Menschen zurückzugewinnen, die in den letzten des südlichen Schleswig-Holsteins gehört laut
hen auf dem Land Coworking Spaces, neuartige Jahrzehnten in die Ballungsräume gezogen sind oder den Verfassern der Studie Glasfaser inzwischen
Unternehmensnetzwerke und Start Ups, digita- sogar, um bislang überzeugte Städter anzuzie- FOTOS / Adobe Stock, privat, CoworkationALPS, Berlin-Institut
zur Selbstverständlichkeit. 2010 gründeten die
le Kreativorte sowie gemeinschaftliche Wohn- hen“, sagt Catherina Hinz, Direktorin des Berlin- kommunalen Landesverbände, Städteverband,
projekte. „Die Digitalisierung ermöglicht Instituts für Bevölkerung und Entwicklung. Gemeindetag und Landkreistag das Breitband-
es diesen Initiativen, die man bislang eher Die Studie „Digital aufs Land“ hat 56 sol- Kompetenzzentrum Schleswig-Holstein, geför-
aus den Großstädten kannte, auch in fernen cher Projekte, Initiativen und Netzwerke sowie dert vom Land. Es hat sich gelohnt: In 724 der 1.100
ländlichen Gebieten“, stellen die Verfasser deren Wirkung untersucht und zusammenge- Gemeinden ist ein Glasfaseranschluss verfügbar,
der Studie „Digital aufs Land“ fest. Beispiele fasst. Während in der Stadt Coworking-Spaces in 338 läuft der Ausbau (Stand März 2021). Diese
gibt es viele: So locken die Gemeinschafts- vor allem von digitalen Freiberuflerinnen und ländlichen Gemeinden erfüllen die Voraussetzun-
büros des Vereins CoworkationALPS selbst Gründern genutzt werden, reiche die Band- gen für das Landleben 4.0. „Wie gut eine Gemein-
in entlegene touristisch kaum erschlossene breite des ländlichen Coworkers vom Digi- de ans schnelle Netz angeschlossen ist, entschei-
Alpendörfer. Der Verein bringt seit Mai 2019 talarbeiter, der Angestellten eines Versi- det darüber, ob es gelingen kann, Besucher und
Akteure zusammen, um das Expertenwis- cherungsunternehmens über den Ver- neue Bewohner anzulocken“, lautet das Fazit von
sen zum Thema Coworkation, New Work einsvorstand und Handwerker bis zur Catherina Hinz vom Berlin-Institut für Bevölke-
(neue Arbeitswelt) und Regionalentwick- Wirtschaftsförderin. Angebote wie rung und Entwicklung.
14 // KOMMUNAL 07+08/2021 KOMMUNAL 07+08/2021 // 15
POLITIK & RECHT SONDERVERÖFFENTLICHUNG
DORFLÄDEN
SO GELINGT DIE
KOMMUNEN ALS MÖGLICHMACHER
NAHVERSORGUNG Das neue Eintrittsmanage-
IM LÄNDLICHEN RAUM
ment Access der S-Public
Services – kontaktlos, sorg-
los und komfortabel
Wie ein attraktives Angebot der Zukunft aussehen kann, zeigt sich auf dem Land Das öffentliche Leben in den
Kommunen hat sich mit der
schon heute beispielhaft. Ob in Hessen, Baden-Württemberg, Brandenburg oder
Pandemie spürbar verändert.
FOTO / Tante m, Adobe Stock
Bayern: KOMMUNAL hat sich in Deutschland umgeschaut und bewährte Projekte Sensibilitäten für Menschenan-
ebenso aufgetan wie neue Modellvorhaben. sammlungen und Digitalisie-
rung spielen inzwischen eine
deutlich größere Rolle. Gleich-
zeitig sehnen sich Menschen
nach Freizeit und Freiheiten.
W
Von DOROTHEA WALCHSHÄUSL Der Aufwand, den kom-
munale Einrichtungen für die
ir beginnen unsere Reise im Öffnung von Bädern, Sportein-
osthessischen Rasdorf . Früher gab richtungen, Volksfesten usw.
es hier vier Tante-Emma-Läden. betreiben müssen, wird steigen
„In den vergangenen zwanzig Jah- und wirft Fragen auf. Wie kann
ren ist dann einer nach dem ande- der Zugang zu kommunalen
ren weggebrochen“, erzählt Bürgermeister Jür- Einrichtungen transparent und
gen Hahn, und alle Anstrengungen der Gemeinde, DSGVO-konform gesteuert wer-
einen größeren Supermarkt in den Ort zu holen, den, ohne Bürger*innen aus- Anforderungen. Betreibern für E-Government der Sparkas- herunterladen oder sie ihrer
sind gescheitert. Seit kurzem aber gibt es vor Ort zuschließen? Und wie gestaltet muss eine Ticketplattform sen-Finanzgruppe. Mit mehr Wallet hinzufügen. Welche
wieder einen Nahversorger, der rund um die Uhr man dies so, dass Bürger*innen daher umfangreiche digitale als 10 Jahren Erfahrung als Tickets und Rabatte Sie anbie-
und an 365 Tagen im Jahr geöffnet hat. Verkehrs- die Veränderungen als Fort- Handlungsoptionen an die Payment Service Provider und ten oder welche Pakete Sie
günstig direkt am Treffpunkt VIA REGIA an einer schritt empfinden? Hand geben, mit denen sich über 2.500 kommunalen Kun- schnüren, bleibt Ihnen überlas-
alten Handelsstraße gelegen, wurde im März der Veranstaltungen leicht erstellen, den sind wir gemeinsam mit sen: Setzen Sie auf die Sparkas-
Kleinstladen tegut…teo eröffnet, in dem auf nur 50 Eine sichere und corona- steuern und überwachen sowie den Sparkassen Ihr stärkster sen-geprüfte Lösung Access
Quadratmetern rund 950 Artikel angeboten wer- konforme Komplettlösung verwalten lassen. Partner. von S-Public Services. Sprechen
den. Der Clou: Es ist kein Personal vor Ort und der für digitales Ticketing Sie uns an und werden Sie zum
Einlass und die Bezahlung am Ende des Einkaufs Kurz: Ein exzellentes Eintritts- Mit Access stellen wir Ihnen Möglichmacher.
erfolgen via Kreditkarte, Kundenkarte oder App. Ein modernes Ticketing muss management ist für alle ein eine Ticketplattform zur Verfü-
Vor allem Menschen, die nicht mobil sind, hat- es Bürger*innen immer und Gewinn, für die Betreibenden gung, mit der Sie Ihren Gästen
ten in dem 1.800-Einwohner-Dorf Bedarf. „Wir überall ermöglichen, Termine und die Bürger*innen, so wie den Komfort und die Sicher-
Mehr Informationen finden Sie hier:
haben zusammen mit dem Betreiber verschiedene für zum Beispiel Theater oder das leistungsstarke und heit bieten können, den sie
Der Kunde möchte dann einkaufen,
Grundstücke angeschaut und dann wurde das Gan- Schwimmbäder zu buchen. kostenlose Access by S-Public erwarten. Wir wickeln zudem www.s-publicservices.de/
ze innerhalb von 6 Wochen auf die Beine gestellt“, Dazu gehört das medien- Services. sämtliche Zahlungsprozesse access
so der Bürgermeister stolz. wenn er Lust darauf hat und bruchfreie Bezahlen genauso
wie der valide Versand von Mehrwerte durch unsere
einfach im Hintergrund ab.
Die Plattform ermöglicht den
Fragen zur Lösung richten Sie
bitte an:
Ein ähnliches Konzept wie in Rasdorf findet sich nicht dann, wenn der Laden Tickets. Denn nur so werden Kernkompetenzen: Access kontaktlosen Zutritt via QR- access@s-publicservices.de
mittlerweile auch in etlichen baden-württember-
gischen Kommunen. „Der heutige Kunde möch-
offen hat. “ Bürger*innen den Service ganz-
heitlich positiv erfahren.
by S-Public Services. Codes, mobil von unterwegs
oder einfach von zu Hause aus.
te dann einkaufen, wenn er es braucht und Lust Christian Maresch, Entwickler des Nahversorgerkonzepts „Tante-m“ Jede Veranstaltung und jeder Wir – die S-Public Services – Besucher*innen können die Ihr Team von S-Public Services
darauf hat und nicht dann, wenn der Laden offen Betrieb hat jedoch spezielle sind das Kompetenzzentrum Tickets entweder als PDF-Datei
16 // KOMMUNAL 07+08/2021
Maresch. Hätten die Bürger das neue Angebot ein- markter angefahren, damit auch ein regionales
mal entdeckt, seien die Rückmeldungen durchweg Angebot gewährleistet ist. Wer mag, kann online
positiv. „Die Leute sind sehr glücklich, dass es so auch schon im Vorfeld Bestellungen aufgeben, die
etwas gibt und wir erreichen durch das offene Kon- dann nach Plan geliefert werden. Zudem könne
zept wirklich jede Art von Kundengruppe, auch die man Bargeld abheben und seit kurzem auch Lot-
arbeitende Bevölkerung“, so Maresch. to spielen. „Zwei Drittel der Kunden sind ältere
Bürger, außerdem kommen viele Mütter mit ihren
Innovative Ladenkonzepte vor Ort sind nur ein Kindern zum Einkaufen und es machen auch vie-
Weg der Nahversorgung der Zukunft. Ein anderer le ihre Wocheneinkäufe“, sagt Schmid. Wenn man
ist die Nahversorgung auf Rädern, wie sie bereits als Kommune ein ähnliches Projekt wie den Dorf-
seit etlichen Jahren in den 17 Kommunen der laden verfolge, muss man sich aus der Erfahrung
Steinwald-Allianz erprobt wird. Dort gibt es den von Schmid unbedingt genügend Zeit nehmen und
„Mobilen Dorfladen“, ein ausgebauter und begeh- das Vorhaben professionell angehen. „Es braucht
barer LKW, der auf verschiedenen Touren durch erstmal eine Struktur, in der ein Bewusstsein reift
die Region fährt und jede Woche für 30 Minuten in für das Problem – das war bei uns die Allianz“, sagt
ausgewählten Ortschaften hält. „Vom Grillanzün- Schmid. In Folge müsse man das geplante Projekt
der über das Hundefutter bis zum Streusalz gibt es gut durchrechnen, sich juristisch informieren und
hier alles, was man im Alltag braucht“, sagt Mar- die richtigen Partner wählen. Beim mobilen Dorf-
tin Schmid vom Zweckverband Steinwald-Allianz. laden hat das geklappt und der LKW ist erfolgreich
Dabei werden auf der Tour gezielt auch Direktver- on Tour.
SONDERVERÖFFENTLICHUNG
hat“, meint Christian Maresch, der Initiator des
Nahversorgerkonzepts „Tante-m“. Läden auf dem
Eine gute
Jetzt nachrüsten für dauerhaft
unbeschwertes Lernen und Spielen
Land hingegen hätten traditionell nur kurze Öff-
nungszeiten und seien im Kundenstrom dadurch
sehr eingeschränkt. „Das führt zu einem redu- Nahversorgung
zierten Angebot und frustriertem Personal, das ist
ist extrem wichtig Professionelle Lüftungsgeräte sichern gesunde Raumluft für unsere Kinder.
E
ein Teufelskreis“, so Maresch, und auch die alter- Förderfähiges
nativen Läden mit ausschließlich regionalem und
Bio-Sortiment würden nur eine bestimmte Gruppe für die Attraktivität ndlich sind Schulen Infektionsrisiken, ist aber nur
Gerät
von Leuten erreichen und schnell ums Überleben
kämpfen. Als Alternative hat Maresch mit seiner
eines Ortes.“ und Kitas wieder
offen. Damit das so
eine Übergangslösung. Denn sie
kostet Unterrichts- und Spielzeit
Marke „Tante-m“ einen personalfreien Laden mit Jürgen Hahn, bleibt und Kinder sowie Geld fürs Heizen. Daher
Selbstbedienungskonzept entwickelt, der einen Bürgermeister von Rasdorf langfristig in einer braucht es eine professionelle
Mix aus regionalen und Standard-Produkten anbie- gesunden Umgebung spielen Belüftungstechnik als dauerhaf-
tet. Der Einlass ist ohne Code und Karte jederzeit und lernen können, muss te Alternative.
möglich, nach dem Einkauf werden die Produkte jetzt nachgerüstet werden –
an der Kasse mit dem Scanner erfasst und per Karte und zwar mit professionellen, Das neue Kompaktlüftungs-
bezahlt. „Wir werden von Anfragen überhäuft und förderungsfähigen gerät AL-KO AIRCABINET
eröffnen gerade alle 3 Wochen einen neuen Laden“, Lüftungsanlagen wie dem gewährleistet rundum gesunde
so Maresch. Die Anfragen kämen dabei zu zwei AL-KO AIRCABINET des Raumluftbedingungen, indem
Dritteln direkt aus Kommunen. Die Kommune ist Lufttechnikexperten AL-KO. es regelmäßig die verbrauchte
beim Thema Nahversorgung vor Ort laut Maresch Raumluft mit 100% Frischluft
FOTOS / Rasdorf, Adobe Stock
auch der wichtigste Partner. „Wir möchten, dass Dauerhaft gesunde Luft austauscht. Damit sinkt auch
die Kommune zu 100 Prozent hinter dem Projekt mit AL-KO der CO2-Gehalt in den Räu- einen sehr leisen Betrieb, ist
steht. Sie spielt eine wichtige Rolle, wenn es um men, was Konzentrationsfähig- einfach im Raum zu installie- KONTAKT
AL-KO THERM GMBH –
das Finden einer Räumlichkeit geht, die am besten Die oft praktizierte Kom- keit und Wohlbefinden signifi- ren, leicht zu bedienen und
aircabinet@al-ko.com
mitten im Ortszentrum ist. Und sie ist außerdem bination aus Luftreinigern kant erhöht. Das platzsparende dank Corona-Fördermaßnah- www.al-ko.com/aircabinet
ein zentrales Sprachrohr für die Bevölkerung“, sagt und Fensterlüften reduziert AL-KO AIRCABINET garantiert men mit 80 % förderfähig.
18 // KOMMUNAL 07+08/2021Halt des Mobilen Dorfladens auf seiner Tour
durch die Kommunen der Steinwald Allianz
POLITIK & RECHT
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Alle Infos und FAQ:
www.nrwbank.de/corona
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In der Uckermark ist dies mit der Einführung des Landkreis Hof der Vergangenheit angehören. Im
Kombibusses erfolgreich gelungen. Anja Sylvester Bereich des Nahverkehrs wurde hierzu bereits vor
von der LaLoG LandLogistik GmbH hat das Projekt eineinhalb Jahren der „Hofer Landbus“ ins Leben
von der ersten Stunde an begleitet. „Mobilität allei- gerufen, der über ein bedarfsgesteuertes System
ne rentiert sich selten“, so Sylvester, während die
Nahversorgung am Land gleichzeitig eine enorme
Vom Grill eine Fläche von 120 Quadratkilometern abdeckt
und individuell gebucht werden kann. Vom Land-
Logistik erfordere. Diese beiden Seiten sollten beim anzünder über kreis zusammen mit einem regionalen Taxiun-
Kombibus wieder zusammenfinden. Der Kern der
Idee: Ein Linienbus fährt innerhalb der gesamten
das Hunde ternehmen organisiert, steht der Bus in einer Zeit
von 6 bis 23 Uhr Montag bis Sonntag zur Verfügung
Uckermark verschiedene Routen und transpor- futter bis zum und kann für 3 Euro pro Fahrt angefragt werden.
tiert dabei nicht nur Fahrgäste, sondern auch ver-
schiedene Güter zwischen Gewerbepartnern, etwa
Streusalz gibt es „Für mich ist das der Durchbruch für den ÖPNV
im öffentlichen Raum. Das hier funktioniert wirk-
Lebensmittel, Ersatzteile oder Druckerzeugnisse, im ‚Mobilen lich“, so Michael Abraham, Bürgermeister der Stadt
die dann in Folge an den Kunden gehen. „Der Lini-
enbus kann die gesamte Uckermark mit Lebens-
Dorfladen‘ alles,
was man im
Rehau. Nun will der Hofer Landkreis auf Basis des
Hofer Landbusses auch im Bereich der Nahversor- „Wir lernen jetzt für die digitale
Zukunft. Und das soll Schule machen.“
mitteln versorgen, das ist eine große Chance für gung weiter vorankommen, denn auch in Hof zeigt
regionale Anbieter. Ein solches Angebot bietet hier
kein normaler Logistikdienstleister“, so Sylvester.
Alltag braucht.“ sich das vertraute Bild. „In der Stadt gibt es alles,
aber sobald man die Stadt verlässt, wird es dünn“,
Diese Chance musste den Menschen vor Ort aller- Martin Schmid vom Zweck- so der Bürgermeister, und auf den Dörfern hätten
Fördern, was NRW bewegt.
dings erst vermittelt werden und entsprechend viel verband Steinwald-Allianz die Tante-Emma-Läden schon lange zugesperrt.
Ausdauer erforderte der Planungsprozess von allen Um hier Abhilfe zu schaffen, soll aus dem Landbus
Beteiligten. „Man muss extrem viel kommunizie- ein Landlieferbus werden, der nicht nur Fahrgäste
ren zu Beginn und intensiv reingehen in die Region, transportiert, sondern auf der Route auch Bestel-
damit überhaupt erst der Mehrwert erkannt wird“, lungen abliefert, die Kunden vorher per App oder
so Sylvester. Dabei sei das Engagement des Land- Telefon aufgegeben haben. Noch befindet sich das
kreises und der regionalen Wirtschaftsförderung Projekt ganz am Beginn, die 10-monatige Konzept-
FOTOS / Steinwald Allianz, Adobe Stock
unverzichtbar gewesen. Allen Kommunen, die ein phase samt Machbarkeitsstudie läuft erst an.
ähnliches Projekt wie den Kombibus planen, emp-
fielt Anja Sylvester mindestens ein bis zwei Jahre Für Abraham aber ist der geplante Lieferbus schon Manfred vom Sondern, Chief Digital Officer von Gelsenkirchen,
Vorlauf, eine ausgereifte Strategie und ein ausge- jetzt eine echte Alternative zum Dorfladen und die macht seine Heimatstadt zur digitalen Vorzeigekommune. Dazu
klügeltes Lagersystem. Sind diese Voraussetzungen damit verbundenen Hoffnungen sind groß. „Ich
gegeben und sind die regionalen Wirtschaftsbetrie- kann entweder zum Einkaufen fahren oder mir
gehören modern ausgestattete Schulen und Klassenzimmer mit
be mit an Bord, ist der Mehrwert eines vergleich- meine Einkäufe sogar liefern lassen. Das schafft interaktiven Whiteboards. Ermöglicht durch: die NRW.BANK –
baren Gefährts rasch ersichtlich. Unterversorgte Unabhängigkeit vom Auto und erreicht auch die Förderbank für Nordrhein-Westfalen.
Dörfer und ineffiziente Leerfahrten sollen auch im Leute in den entlegenen Weilern“.
Die ganze Geschichte unter: nrwbank.de/gelsenkirchen
20 // KOMMUNAL 07+08/2021POLITIK & RECHT POLITIK & RECHT
RANKING
DAS SIND DIE ERFOLGREICHSTEN
MITTELSTÄDTE DEUTSCHLANDS
Die 21.000-Einwohner-Stadt Eschborn im Taunus ist die „erfolgreichste Mittelstadt
Deutschlands.“ Diesen Titel darf die Kommune dank der Erstplatzierung im
KOMMUNAL-Ranking, ermittelt gemeinsam mit der Contor-Regio, nun führen. Auch auf
weiteren Plätzen finden sich „Altbekannte“, etwa Ingelheim am Rhein und Neckarsulm.
S
Von CHRISTIAN ERHARDT
rale eines der größten europäischen
eit zwei Jahren führen wir gemeinsam mit Sieger der Auwertung ist die Stadt Eschborn im Handelskonzerne, der Schwarz-
der Contor-Regio Rankings zu den erfolg- Taunus mit ihren rund 21.000 Einwohnern. Durch Gruppe. 22 Verl
reichsten Städten Deutschlands durch. die Nähe zur Stadt Frankfurt hat Eschborn bei zahl- Schaut man auf die
Von der familienfreundlichsten Kommu- reichen Indikatoren Spitzenwerte abgeliefert. Etwa weiteren Platzierun-
ne Deutschlands über die seniorenfreund- beim Anteil der Jugendlichen unter 20 Jahren. Ihr gen, so wird schnell klar:
lichste bis zur finanzstärksten. In dieser Ausga- Anteil liegt in der Stadt bei mehr als 21 Prozent Der Süden und der Süd-
be schauen wir auf die „erfolgreichsten Städte und damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt. westen haben hier die
Deutschlands“. Demografie, Lebensqualität und Der Arbeitslosenanteil ist mit unter 2 Prozent sehr Nase deutlich vorn.
Wirtschaftskraft sind hier die Stichpunkte. Insge- niedrig, entsprechend ist das verfügbare Einkom- Schweinfurt, Ottob-
samt 67 Indikatoren haben wir herangezogen, etwa men je Einwohner mit fast 29.000 Euro überdurch- runn, Haar, Bad Hom-
die Bevölkerungsentwicklung, den Anteil junger schnittlich hoch. burg, Sindelfingen, um
600
Menschen in der Stadt, den Arbeitslosenanteil, nur die weiteren Best- Oberursel (Taunus)
FOTOS / picture alliance / ZB/euroluftbild.de | euroluftbild.de/Robert Grahn, Adobe Stock
die Zahl der Insolvenzen, das verfügbare Einkom- Und auch auf dem zweiten Platz gewinnt eine platzierten zu nennen. 18
7 Bad Homburg
12 Coburg
men, das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner und Kommune, die sich als „jung, „finanzstark“ und Ganz unten auf der Liste
Städte in Deutschland 1 Eschborn
die Entwicklung der Einfamilienhäuser. Um den haben eine Einwohnerzahl vor allem als „investitionsfreudig“ beschreiben hingegen rangieren mit 4 Schweinfurt
Erfolg der Städte zu messen, haben wir die Indika- lässt. Ingelheim am Rhein, eine 24.000 Einwohner- Eisleben und Sanger- 2 Ingelheim am Rhein
von 20.000 bis 75.000
toren in Gruppen eingeteilt und gewichtet. Dabei und gehören damit Stadt in Rheinland-Pfalz hat sich das Silber-Podest hausen gleich zwei Städte
spielte der Überpunkt „Demografie“ einen Anteil zu den sogenannten erobert. Auch hier liegt die Arbeitslosenquote unter aus Sachsen-Anhalt, auch 11 Herzogenaurach
von 25 Prozent, „Sozioökonomie und Daten zur „Mittelstädten“. zwei Prozent, die Einnahmen aus Steuern spru- viele weitere Städte aus
Lebensqualität“ wurden zu 47 Prozent gewichtet deln, die Zahl der Einfamilienhäuser ist hoch und Ostdeutschland liegen auf
3 Neckarsulm
und der Bereich „Ökonomie und Wirtschaftskraft“ das verfügbare Einkommem je Einwohner liegt mit den Positionen zwischen 500 24 Eppingen
zählte zu 28 Prozent in die Wertung ein. Die Auftei- 26.500 Euro weit über dem Durchschnitt. und 600. Unterbrochen in selte-
lung lässt sich also mit den Schlagworten „Stärke“, nen Fällen mal von Städten aus dem Ruhr- 25 Rastatt
„Entwicklung“ und „Erfolg“ zusammenfassen. Alle Platz drei sicherte sich wieder eine Stadt in Baden- gebiet, wie etwa Oer-Erkenschwick, Kamen, 8 Sindelfingen
19 Böblingen 10 Donauwörth
Zahlen und Daten stammen von den statistischen Württemberg, nämlich Neckarsulm. Auch hier fällt Castrop-Rauxel oder Bergkamen. 27 Metzingen 30 Freising
28 Passau
29 Günzburg
Landesämtern beziehungsweise von Bundesäm- der hohe Anteil Jugendlicher in der Stadt mit insge- 9 Unterschleißheim
tern. Von den 11.000 deutschen Kommunen haben samt knapp 27.000 Einwohnern auf, auch hier sind 26 Laupheim Gauting 6 Haar
wir dabei die sogenannten „Mittelstädte“ ausge- die Wirtschaftsdaten hervorragend, das verfügba- Die komplette Liste mit allen Städten, 13 Biberach an der Riß 23 14 5 Ottobrunn
wählt. Als solche bezeichnet man Kommunen mit re Einkommen je Einwohner liegt um 25.000 Euro. allen 67 gewerteten Indikatoren und allen 16 Tuttlingen 20 Memmingen 15 Unterhaching
genauen Auswertungen der Städte finden 17 Traunstein
einer Einwohnerzahl zwischen 20.000 und maxi- Auch die Investitionen im verarbeitenden Gewerbe Starnberg
Sie bei uns online unter www.kommu-
mal 75.000 Einwohnern. Darunter fallen rund 600 sind weit überdurchschnittlich. Wenig verwunder- 21 Friedrichshafen
nal.de/ranking-erfolgreiche-staedte
Städte in Deutschland. lich durch das Audi-Werk vor Ort sowie die Zent-
22 // KOMMUNAL 07+08/2021 KOMMUNAL 07+08/2021 // 23POLITIK & RECHT POLITIK & RECHT
INTERVIEW
KOMMUNEN MÜSSEN
die Aufgabe der Länder, ihre Kommunen finanzi-
ell ordentlich auszustatten, zugleich gibt es inner-
halb der Länder den Finanzausgleich zwischen den
INVESTIEREN KÖNNEN
Kommunen. Mit der Altschulden-Regelung wäre
die Auflage verbunden, solche Schulden-Situatio-
nen künftig zu vermeiden.
Jetzt sind Investitionen das eine, bürokratische
Die Einnahmen brechen ein, die Ausgaben steigen. Deutschlands Kommunen fürchten Hürden das andere. Wir hören immer wieder aus
Kommunen: Weg mit diesen Fördertöpfen.
ein Milliardendefizit und einen noch größeren Investitionsstau. Entsprechend fordern die
Bestimmte Ziele kann der Bund nur über gezielte
Kommunen neue Hilfen vom Bund. Und genau auf diesem Geld sitzt ein Stück weit der Förderungen erreichen. Als früherer Bürgermeister
Bundesfinanzminister. Im KOMMUNAL-Interview mit Chefredakteur Christian Erhardt kenne ich aber auch die Frage: „Will ich diese För-
derung überhaupt oder lass ich‘s lieber bleiben?“
und Gudrun Mallwitz skizziert Olaf Scholz, wie er die Herausforderungen lösen will. Diese Förder-Töpfchenpolitik ist oft auch Aus-
druck davon, dass es keine klaren Vorstellungen
im Bund gegeben hat, was man eigentlich errei-
KOMMUNAL Herr Scholz, wenn Sie es sich aus- der Krise wohl 400 Milliarden Euro zusätzlich chen will. Und dann wunderte man sich, dass Geld
suchen könnten: Sind Sie in der Corona-Pandemie Schulden gemacht haben. nicht ordentlich abgerufen wurde. Damit muss
lieber Bundesfinanzminister oder wären Sie lie- Schluss sein. Als Kanzler habe ich klare Ideen für
ber noch Erster Bürgermeister von Hamburg? Was bleibt sind Probleme, die wir auch schon die Zukunft, daran wird sich die Förderpolitik ori-
Olaf Scholz: Natürlich bewegt es mich immer vor der Krise hatten. Stichwort: Investitionsstau. entieren.
noch, wie sich die Stadt Hamburg entwickelt, denn Wäre es da nicht sinnvoll, noch mehr an die Kom-
ich bin sieben Jahre lang dort gerne Erster Bürger- munen zu geben? Was sind Ihre Vorschläge?
meister gewesen. Doch jetzt bin ich mit großem Ganz genau, deshalb werbe ich schon länger für Weniger bürokratische Förderungsanträge wären
Engagement Bundesminister der Finanzen, und
gerade in dieser Krise war das auch ganz gut, glau- Ich werbe eine Stunde Null der Kommunen mit Blick auf die
Altschulden. Wegen des Strukturwandels hat sich
ein Gewinn! Mehr Kooperation bei den Anträgen
und mehr Unterstützung von Strukturen sicher-
be ich. Denn als Finanzminister habe ich dafür sor- schon da bei vielen Städten und Gemeinden einiges auf- lich auch! Gleichzeitig braucht es den Einsatz auf
länger
gen können, dass die Bundesregierung sehr früh gestaut, das ihnen kaum mehr Luft zum Atmen allen Ebenen. Ich möchte, dass jede Bürgermeis-
und entschlossen gegengehalten hat mit Milliar- lässt. Leider haben CDU/CSU sich aber meinem terin, jeder Stadtkämmerer morgens aufwacht mit
denhilfen und Unterstützung für ganz viele – auf
kommunaler Ebene, landes- und bundesweit, aber
für eine Vorschlag verweigert, der die Kommunen auf
einen Schlag komplett entschuldet hätte. Ich habe
der Frage: Habe ich in meiner Gemeinde genügend
Ladestationen für Elektrofahrzeuge, statt zu sagen:
auch für Europa. Stunde mir aber vorgenommen, als Bundeskanzler dies Da ist ja keiner, der sie mir baut. Ich möchte, dass
In der Corona-Krise sind den Kommunen dras- Null der gleich zu Beginn der nächsten Legislaturperiode
wieder anzupacken. Denn klar ist, die Gemeinden
es jede Rathauschefin und jeder Rathauschef es
als Problem empfindet, wenn die Schule nicht am
tisch Einnahmen weggebrochen. Warum wehren
Sie sich gegen einen zweiten Rettungsschirm für
Kommunen und Städte haben die Aufgabe, für gleichwertige Breitbandnetz angeschlossen ist und sich kümmert
mit Blick
Lebensverhältnisse zu sorgen. Wenn einige Kom- – sonst helfen all die Förderprogramme nichts.
die Kommunen für dieses und für nächstes Jahr? munen aber ständig nur Schuldendienst leisten Also: Wir sind alle bei diesen Themen gefragt.
Die finanzielle Unterstützung gerade für die Kom-
munen in dieser Krise ist enorm. Im vergangenen
auf die müssen, fehlen ihnen die Mittel dafür. Mein Ziel ist,
dass die Kommunen mit Schwung in die Zeit nach Wie können wir die Innenstädte nach den Lock-
Jahr haben wir das Grundgesetz geändert, um den Altschulden.“ Corona starten. Wir brauchen massive Investitio- downs wiederbeleben?
Städten und Gemeinden dauerhaft helfen zu kön- nen in die Infrastruktur: in den öffentlichen Nah- Nach dieser Pandemie möchte ich die Innenstäd-
FOTOS / Bundesministerium der Finanzen
nen. Die Kosten für die Unterkunft für Empfänge- verkehr mit Bussen und Bahnen und in die Digita- te ganz stark unterstützen. Ich habe da schon eine
rinnen und Empfänger der Grundsicherung zahlt lisierung, also schnelles Internet. Idee, wie wir ein Programm von 250 Millionen Euro
jetzt der Bund, fast 3,5 Milliarden Euro jedes Jahr. zusätzlich mobilisieren können. Doch es ist nicht
Zugleich haben Bund und Länder gemeinsam die Vom Thema Altschulden sind nur ein relativ klei- allein eine Frage des Geldes, sondern auch eine Fra-
Kommunen die Ausfälle bei der Gewerbesteuer im ner Teil der Kommunen getroffen. Was sagen Sie ge der Kreativität. Drei neue Blumenkübel und ein
vergangenen Jahr mit zwölf Milliarden Euro kom- den anderen? Fahrradständer sind noch kein Innenstadtkonzept.
pensiert. Da hat sich also eine ganze Menge getan. Dass es um jene geht, die am meisten Hilfe benö- Man muss sich vielmehr fragen: Wie kann man
Klar ist aber auch: Die Gesetze der Mathematik las- tigen. Eine Stunde Null ist eine Stunde Null. Das Immobilien, die früher für Geschäfte genutzt wur-
sen sich nicht aushebeln. Der Bund wird am Ende kann man nur einmal machen. Grundsätzlich ist es den, auch anders nutzen, um Kunden anzuziehen.
24 // KOMMUNAL 07+08/2021 KOMMUNAL 07+08/2021 // 25Sie können auch lesen
