BILDUNG THURGAU Zeitschrift der Berufsorganisation der Lehrerinnen und Lehrer des Kantons Thurgau 2-2018

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BILDUNG THURGAU Zeitschrift der Berufsorganisation der Lehrerinnen und Lehrer des Kantons Thurgau 2-2018
Zeitschrift der Berufsorganisation der               2–2018
Lehrerinnen und Lehrer des Kantons Thurgau

BILDUNG THURGAU

■   Schreiben in der Schule
    Die Lust am Schreiben wecken

■   Übergang mit Gemeinsamkeiten
    Wechsel an der Spitze der Pensionskasse Thurgau
BILDUNG THURGAU Zeitschrift der Berufsorganisation der Lehrerinnen und Lehrer des Kantons Thurgau 2-2018
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        Medienpädagogik
        Studienstart: 15. Februar 2019

        www.fhsg.ch/medienpaedagogik
        oder weiterbildung@fhsg.ch

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                                                                                                                                                 FHO Fa
BILDUNG THURGAU Zeitschrift der Berufsorganisation der Lehrerinnen und Lehrer des Kantons Thurgau 2-2018
EDITORIAL3

Kreatives Schreiben
mehr fördern
Schreiben ist mehr als Orthografie und Grammatik

Heute schreiben und lesen die Jugendlichen so viel wie nie zuvor. Täglich tippen           Dabei würden bei Jugendlichen – wenn
sie unzählige Wörter auf ihre Handy- und Computertastaturen, verbringen viel               man sie denn lässt – oft geniale Sätze und
Zeit mit dem Lesen von SMS-Nachrichten, Chat-Sprüchen, E-Mails und Internet-               «grammatikalische Perlen» zum Vor-
Informationen. Auch in der Schule hat das Schreiben einen wichtigen Stellen-               schein kommen. Die gleiche Ansicht ver-
wert. Es gibt verschiedene Schreibprojekte und Schreibwettbewerbe für alle                 tritt auch Elias Stucki, Preisträger des Lite-
Schulstufen, die die Schülerinnen und Schüler zum Schreiben animieren sollen.              raturförderpreises Junge Texte. Er rät den
                                                                                           Lehrpersonen, ihren Schülerinnen und
Kürzlich fragte mich mein fünfjähriger       ben ist ein Prozess, der nicht erst mit dem   Schülern beim Schreiben mehr Spielraum
Sohn Maalik erschrocken: «Mami, gibt es      geschriebenen Wort, sondern bereits im        zu lassen. Dem 18-Jährigen liegt das
den Ernst vom Leben wirklich?» Er hatte      Kopf beginnt. Man muss lernen, Ideen zu       Schreiben näher als das Sprechen. «Beim
bereits ein Bild im Kopf von einem grim-     sortieren und zu strukturieren, bevor         Sprechen kann ich nicht wie beim Schrei-
mig dreinblickenden Mann, der kaum           man die eigentliche Textarbeit in Angriff     ben die eigene Aussage überarbeiten
Freude hat und immer böse ist. Die Kin-      nimmt. Heutzutage schreiben die jungen        und perfektionieren.»
dergärtnerin hatte eine Geschichte vom       Menschen so viel wie nie zuvor. Trotzdem      Ich persönlich schreibe, seit ich schreiben
Schuleintritt erzählt. «In der Schule        haben die neuen Medien wenig Einfluss         kann. «Mein erster Maibummel» war der
kommt der Ernst vom Leben», erklärte         auf die Schreibkompetenz der Jugend-          Titel eines meiner ganz frühen Werke. Im
mir Maalik. Durch Geschichten entstehen      lichen, wie die Linguistin Christa Dür-       Text ging es ums Gebären. Meine Katze
bei den Kindern neue Bilder, die es ihnen    scheid feststellte (Seite 28). Dass es beim   Cindy bekam, als ich vom Maibummel zu-
erleichtern, eigene Geschichten zu erfin-    Schreiben in der Freizeit teilweise besser    rückkehrte, ihre vier Jungen und ich war
den. Laut Marisa Hugelshofer sind im ers-    wäre, auf Gross- und Kleinschreibung zu       dabei. Es war ein eindrückliches Erlebnis,
ten Kindergartenjahr Bilder und Pikto-       achten, wird anhand von folgendem auf         das ich auch genau so beschrieb. Meine
gramme und nicht Buchstaben zentral.         einem sozialen Netzwerk veröffentlichten      Freude am Schreiben habe ich nun zum
Dies erzählt die Kindergartenlehrperson      Beispiel deutlich: «Er wäre gerne Dichter.    Beruf gemacht. Ich könnte derzeit wieder
auf Seite 29. Sie führte mit den Kinder-     Er wäre gerne dichter.»                       einen Text übers Gebären schreiben, denn
gartenkindern ein Schreibprojekt durch,                                                    ich komme frisch aus dem Mutterschafts-
wobei beim Schreiben vor allem die äl-       Schreiblust wecken                            urlaub. Weshalb es Urlaub heisst, vor
teren Kinder aktiv waren. In diesem Alter    Wie kann die Schreiblust geweckt wer-         allem, wenn da noch zwei andere kleine
sprudeln die Ideen. Die Kinder erzählen      den? Autorin Andrea Gerster hat mit ei-       Kinder sind, wäre ebenfalls ein Thema für
ohne Punkt und Komma und oft, so             ner Sekundarschulklasse aus Arbon einen       eine Geschichte. Aber zuerst gilt es, Maa-
scheint es, auch ohne Anfang und Ende.       Schulhausroman verfasst (Seite 20). Sie       lik «den Ernst vom Leben» zu erklären.
Interessant ist es, wenn sie beginnen,       legte viel Wert auf das kreative Schreiben.
Witze zu erfinden. Dass diese irgend-        Lehrpersonen seien, was Orthografie und
                                                                                           Leandra Gerster
wann zu einer humorvollen Pointe führen      Grammatik anbelangt, oft ein bisschen         Redaktionsleiterin BILDUNG THURGAU
sollten, ist meist nebensächlich. Schrei-    verkopft, ist Andrea Gerster überzeugt.

INHALT

EDITORIAL                                    Amriswil – eine spannende Geschichte15       Den Verlauf der
Kreatives Schreiben mehr fördern        3   Ab in die Natur –                             Geschichte mitbestimmen              22
                                             draussen unterrichten               15       Meinungen zum Geschichtendock
VERBAND                                      Weinfelden ist bereit                         und zum Schreiben                    23
Aktuelles aus der Geschäftsleitung      5   für die Weiterbildung               17       «Das Problem wird oft vertuscht»     24
Übergang mit vielen                          Das Naturmuseum Thurgau                       Unheimliche Orte
Gemeinsamkeiten                         6   sucht Igelforscher                  19       im Schulhaus besuchen                25
Blick hinter die Kulissen               8   Roboter von Lernenden                         «Die Schülerinnen und Schüler müssen
Leistungsmotion knapp abgelehnt         9   erobert Frauenfeld                  19       verschiedene Schreibanlässe meistern»26
Spielend Finanzkompetenz lernen        10                                                 Den Schülerinnen und Schülern
Anina Meile wagt den Neustart          12   THEMA                                         beim Schreiben Freiräume lassen      28
Rocker mit Flair für Bildungspolitik   13   «Eine Schülerin beschrieb sich                Durch Geschichten
Einer, der junge Menschen mag          14   aus der Sicht ihres Hamsters»          20    entstehen neue Bilder                29
                                             Schulhausroman                         21
BILDUNG                                      Grammatikalische Perlen                       PUNKT
Das Kindergärtnerinnenseminar                und geniale Sätze                      21    13 Fragen an Thomas Uetz                  30

                                                                                                       BILDUNG THURGAU • 2–2018
BILDUNG THURGAU Zeitschrift der Berufsorganisation der Lehrerinnen und Lehrer des Kantons Thurgau 2-2018
MITGLIEDER GESCHÄFTSLEITUNG                                                      REDAKTION / GESCHÄFTSSTELLE

                                      Präsidentin und Pressestelle                                        Redaktionsleiterin, Gestalterin
                                      Anne Varenne (av)                                                   Leandra Gerster (leg)
                                      Zürcherstrasse 183                                                  Gaishäusern 8
                                      8510 Frauenfeld                                                     9315 Neukirch
                                      anne.varenne@bildungthurgau.ch                                      leandra.gerster@bildungthurgau.ch
                                      Telefon 079 545 85 11                                               Telefon 071 536 49 06

                                      TKK-Präsidentin                                                     Redaktorin
                                      Tanja Kroha Altenburger                                             Anina Meile (am)
                                      Schlossgasse 15                                                     Mattenstrasse 31
                                      8570 Weinfelden                                                     5430 Wettingen
                                      tanja.kroha@bildungthurgau.ch                                       anina.meile@me.com
                                      Telefon 071 622 33 14                                               Telefon 079 743 99 21

                                      TUK-Präsidentin                                                     Sachbearbeiterin
                                      Claudia Brunner                                                     Claudia Koch (ck)
                                      Rainstrasse 16                                                      Zürcherstrasse 183
                                      8590 Romanshorn                                                     8510 Frauenfeld
                                      claudia.brunner@bildungthurgau.ch                                   claudia.koch@bildungthurgau.ch
                                      Telefon 071 460 19 79                                               Telefon 052 720 16 19

                                      TMK-Präsidentin
                                      Sabina Stöckli-Helg
                                      Grabenhaldenstrasse 78A
                                      8583 Sulgen
                                      sabina.stoeckli@bildungthurgau.ch
                                      Telefon 071 642 39 56

                                      SEK-I-TG-Präsident
                                      Lukas Dischler
                                      Lohacker 12
                                      8362 Balterswil
                                      lukas.dischler@bildungthurgau.ch
                                      Telefon 078 677 69 58

                                      TBK-Präsident                                 IMPRESSUM
                                      Christoph Bichsel
                                                                                    44. Jahrgang, Ausgabe 2–2018, Juni 2018
                                      Flawilerstrasse 48
                                      9242 Oberuzwil
                                                                                    BILDUNG THURGAU – die                Abonnemente /Adressänderungen
                                      christoph.bichsel@bildungthurgau.ch           Zeitschrift der Berufsorganisation   Abonnement 40 Franken / Jahr
                                      Telefon 079 291 82 52                         der Lehrerinnen und Lehrer des       Bestellung bei:
                                                                                    Kantons Thurgau – erscheint          info@bildungthurgau.ch
                                      TKMS-Präsident                                vierteljährlich im März, Juni,       oder mit Formular unter
                                      Andreas Schreier                              September und Dezember.              www.bildungthurgau.ch
                                      Reutgasse 15
                                                                                    Redaktionsschluss                    Inserate
                                      8406 Winterthur                               Mitte des Vormonats vor              Hans-Ulrich Wartenweiler
                                      andreas.schreier@bildungthurgau.ch            Erscheinen                           Rainweg 8
                                      Telefon 052 202 50 19                                                              8570 Weinfelden
                                                                                    Internet / E-Mail                    Telefon 078 664 93 21
                                                                                    www.bildungthurgau.ch                hu.wartenweiler@gmx.ch
                                      TKHL-Präsidentin                              redaktion@bildungthurgau.ch
Fotos: FOTO PRISMA

                                      Irene Baur                                                                         Druck
                                      Leimackerstrasse 4                            Herausgeber                          Fairdruck AG
                                                                                    Bildung Thurgau –                    Kettstrasse 40, Postfach 129
                                      8355 Aadorf
                                                                                    Berufsorganisation der               8370 Sirnach
                                      irene.baur@bildungthurgau.ch                  Lehrerinnen und Lehrer               Telefon 071 969 55 22
                                      Telefon 052 722 19 86                         des Kantons Thurgau                  info@fairdruck.ch

                     TITELSEITE
                     Die Sekundarschülerinnen und -schüler aus Arbon haben einen Schulhausroman verfasst.
                                                                                                                                      Foto: Leandra Gerster

                     BILDUNG THURGAU • 2–2018
BILDUNG THURGAU Zeitschrift der Berufsorganisation der Lehrerinnen und Lehrer des Kantons Thurgau 2-2018
VERBAND5

Aktuelles
aus der Geschäftsleitung
Knapper Entscheid

Anfang Mai hat der Grosse Rat des Kantons Thurgau mit Stichentscheid der Prä-              aktiv in die laufende Optimierung der
sidentin die Leistungsmotion «Qualitätssicherung Volksschule» äusserst knapp               Strukturen des Amtes für Volksschule ein.
abgelehnt. Bis Ende Juni 2018 dauert die Vernehmlassungsfrist der EDK zur Revi-
sion des Reglements über die Anerkennung von Lehrdiplomen.                                 Arbeitszeiterfassung LCH
                                                                                           Die Geschäftsleitung Bildung Thurgau
Reglement über die                           innerhalb der kantonalen Verwaltung. In       bittet alle Mitglieder, trotz hoher Arbeits-
Anerkennung von Lehrdiplomen                 Anlehnung an die kantonale Regelung hat       belastung bei Schuljahresende und
Zur Vernehmlassung der EDK zur Totalre-      das Departement für Erziehung und Kul-        Schuljahresbeginn sowie während den
vision der Anerkennungsreglemente von        tur entschieden, für die Schulgemeinden       wohlverdienten Sommerferien, an der
Lehrdiplomen hat auch die Geschäftslei-      eine sinngemässe Handhabung festzule-         noch bis September 2018 dauernden
tung Bildung Thurgau beim LCH eine           gen. Der Grundsatz, dass pro Familie          Umfrage zur Arbeitszeit von Lehrper-
Stellungnahme eingereicht. Die Mitglie-      nicht mehr als eine volle Zulage ausge-       sonen teilzunehmen. So erhalten wir für
der begrüssen eine Zusammenführung           richtet wird, gilt seit 1. April 2018 nur     den Kanton Thurgau eine aussagekräfti-
der Reglemente. Die prüfungsfreie Zulas-     noch innerhalb der einzelnen Schulge-         ge Auswertung für möglichst alle Stufen.
sung zur Primarstufenausbildung für Inha-    meinde. Folglich ist die Familienzulage
berinnen und Inhaber einer Berufsmaturi-     neu beiden Elternteilen immer gemäss          Umfrage Halbklassenunterricht
tät lehnt die Geschäftsleitung aber mehr-    Beschäftigungsgrad auszurichten, sofern       Im Winter führte der Vorstand der Unter-
heitlich ab. Begründet wird dieser Ent-      sie nicht beim gleichen Arbeitgeber be-       stufenkonferenz bei allen Unterstufen-
scheid mit einer Übersicht über die er-      schäftigt sind. Dies bedeutet konkret, dass   lehrpersonen über die digitalen Informa-
brachten Schulleistungen. Daraus wird        Ehepaare, die beim gleichen Arbeitgeber       tionen von Bildung Thurgau eine Umfra-
ersichtlich, dass die Absolventen der Be-    wie zum Beispiel in Volksschulgemeinden       ge durch. Mit der Einführung des neuen
rufsmaturität in den Bereichen Bildne-       angestellt sind, gegenüber Ehepaaren mit      Stundenplanes befürchtete er einen Ab-
risches Gestalten und Werken, Musik so-      unterschiedlichen Arbeitgebern im Schul-      bau der Halbklassenlektionen, vor allem
wie Sport keine Vorleistungen mitbrin-       bereich benachteiligt sind. Alleinerziehen-   in der zweiten Klasse. Aufgrund der Rück-
gen. In den Sprachbereichen, der Mathe-      de teilzeitbeschäftigte (mindestens 20        meldungen ist dies momentan gross-
matik und den naturwissenschaftlichen        Prozent) Mitarbeitende erhalten maximal       mehrheitlich nicht der Fall.
Bereichen ist gegenüber den Absolventen      eine volle Familienzulage in Abstimmung
der Fachmatura Pädagogik oder einer          allfällig verschiedener Arbeitgeber.          Mutationen bitte sofort melden
gymnasialen Matura ebenfalls deutlich                                                      Alle Mitglieder sind gebeten, Mutationen
weniger Ausbildungszeit vorhanden. Es        Kantonaler Leitfaden                          wie Adressänderungen, Auslandaufent-
würde sich dabei um Zusatzleistungen in      «Übergang Kindergarten –                      halte, Schulwechsel sowie Pensenände-
der Grössenordnung von mindestens            1. Klasse gemeinsam gestalten»                rungen, die eine Änderung der Mitglie-
2500 Lektionen handeln. Die Geschäfts-       Dieser neue Leitfaden des Amts für Volks-     derkategorie erfordern, zu melden. Die
leitung befürchtet, dass diese prüfungs-     schule bietet eine fachliche Grundlage für    Geschäftsleitung bittet alle, diese Anga-
freie Zulassung für die Inhaber einer Be-    die organisatorische und pädagogische         ben sofort, aber sicher bis spätestens
rufsmaturität zu einem Qualitätsverlust in   Zusammenarbeit im Übergang vom Kin-           Ende Juli unter info@bildungthurgau.ch
der Lehrerbildung führen würde.              dergarten in die Schule. Im Dokument          mitzuteilen. So kann ein zeitlicher und fi-
                                             sind in fünf Handlungsfeldern die Zielset-    nanzieller Mehraufwand seitens Bildung
Neuregelung der freiwilligen                 zungen, Massnahmen sowie vielfältige          Thurgau bei der Rechnungsstellung ver-
kantonalen Familienzulage                    Ideen aus der Praxis beschrieben. Ebenso      mieden werden. Herzlichen Dank!
Am 20. März 2018 hat der Regierungsrat       werden Instrumente aufgelistet, die den       Auch Austritte aufgrund von Kantons-
die Verordnung des Regierungsrates zur       Übergabeprozess unterstützen können.          wechseln, Pensionierung oder Austritt
Besoldungsverordnung bezüglich der           Zu finden ist der Leitfaden unter av.tg.ch    aus dem Schuldienst müssen gemeldet
Anspruchskonkurrenz der freiwilligen         > Stichwörter A-Z > Übergang Kindergar-       werden. Die Geschäftsleitung freut sich,
kantonalen Familienzulage verändert.         ten – 1. Klasse.                              wenn möglichst viele Aktivmitglieder Bil-
Bisher lautete der Passus: «Pro Familie                                                    dung Thurgau mittels einer Passivmit-
wird maximal eine volle Familienzulage       Leistungsmotion                               gliedschaft verbunden bleiben.
ausgerichtet.» Neu heisst die Regelung:      Anfang Mai hat der Grosse Rat mit Stich-      Passivmitglieder können von allen Dienst-
«Der Kanton richtet pro Familie eine volle   entscheid der Präsidentin die Leistungs-      leistungen, ausgenommen der Berufs-
Familienzulage aus.» Die bisherige Rege-     motion «Qualitätssicherung Volksschule»       rechtsschutzversicherung, profitieren.
lung galt für die kantonale Verwaltung,      abgelehnt und folgt damit dem Antrag
die PHTG, die Schulgemeinden und die         des Regierungsrates, die Leistungsmotion
                                                                                           Anne Varenne
politischen Gemeinden. Die neue Verord-      als nicht erheblich zu erklären. Die Ge-      Präsidentin Bildung Thurgau
nung gilt seit 1. April 2018 aber nur noch   schäftsleitung Bildung Thurgau gibt sich

                                                                                                      BILDUNG THURGAU • 2–2018
BILDUNG THURGAU Zeitschrift der Berufsorganisation der Lehrerinnen und Lehrer des Kantons Thurgau 2-2018
6VERBAND

Übergang mit vielen Gemeinsamkeiten
Wechsel an der Spitze der Pensionskasse Thurgau

(av) Der ehemalige und der neue Präsident der Pensionskassenkommission Thur-                 Gustav Saxer: Liberales Denken und per-
gau sind beide in einer Führungsposition tätig: Anders Stokholm als Stadtpräsi-              sönliche Zurückhaltung sind uns auch ge-
dent von Frauenfeld und Gustav Saxer als Prorektor der Kantonsschule Romans-                 meinsam. Wir arbeiten nicht des Geldes
horn. Mit einer Körpergrösse von fast zwei Metern verfügen beide über einen in               wegen, sondern der Sache wegen. Dies
jeder Hinsicht guten Überblick. Beide waren in der FDP in einer Führungsposition             nannte sich früher die protestantische
tätig, sind 52-jährig und glücklich verheiratet.                                             Ethik. Sie wurde uns mitgegeben. Mein
                                                                                             Grossvater hat als Nationalrat FDP vom
Anne Varenne: Wieso hast du dich für das      te nun auch gesenkt werden müsste.             Kanton St. Gallen im Jahr 1945 die AHV
Präsidium der Pensionskasse Thurgau (pk.      Anders Stokholm: Das politische Umfeld         lanciert. Das ist doch eher aussergewöhn-
tg) entschieden?                              ist noch dasselbe wie vor vier Jahren. Die     lich, dass ein Liberaler mit diesem Gedan-
Anders Stokholm: Mein Vorgänger Peter         Skepsis von gewissen Kreisen gegenüber         kengut kommt. Eigentlich würde man
Pauli hat mich angefragt. Da ich damals       der staatlichen Pensionskasse ist dieselbe     erwarten, dass dieses vom linken Spek-
das Sozialversicherungsamt des Kantons        wie vor vier Jahren. Es findet ein Vergleich   trum gekommen wäre.
Thurgau leitete, war die Arbeit mit der       zwischen den Pensionskassen der KMUs           Anders Stokholm: Die ersten Sozialversi-
zweiten Säule eine gute Ergänzung zur         und der pk.tg statt. Immer noch gleich ist     cherungswerke wurden von Unter-
ersten Säule.                                 auch der eidgenössische Reformstau. Das        nehmern, von Fabrikanten, in der Schweiz
Gustav Saxer: Die Pensionskassenkom-          macht die Arbeit der Pensionskassenkom-        bereits im 18. Jahrhundert gegründet. Das
mission war auf der Suche nach einem          mission nicht leichter.                        erste übrigens im Greuterhof in Islikon.
neuen Präsidenten und setzte einen Auf-
ruf ins Informationsbulletin der pk.tg,       Anne Varenne: Welche Gemeinsamkeiten           Anne Varenne: Wie beurteilt ihr die Leistun-
den ich las. Zahlen haben mich immer          zeigt ihr beim Führen der pk.tg?               gen der pk.tg?
interessiert. Zudem hatte ich das Präsidi-    Anders Stokholm: Jeder soll in einer Sit-      Anders Stokholm: Sie sind anständig,
um der Sekundarschule Romanshorn ab-          zung zu Wort kommen. Ich lasse eine Dis-       nicht überrissen, aber auch nicht
gegeben und war auf der Suche nach ei-        kussion laufen, solange sie sich nicht im      «schmörzelig». Im Verhältnis zum kanto-
ner neuen Herausforderung. Es war also        Kreis dreht. Der Sitzungsleiter muss den       nalen Rahmen sind sie in Ordnung, im
für beide ein glücklicher Zufall.             Inhalt der Diskussion destillieren können.     Vergleich zu anderen kantonalen Pensi-
                                              Gustav Saxer: Ich verstehe mich als ein        onskassen aber knapp. Sie sind also ty-
Anne Varenne: Beim Start eurer jeweiligen     Primus inter Pares. Man soll das Wissen        pisch thurgauerisch.
Tätigkeit in der pk.tg stehen die Änderung    bei jedem Mitglied abholen und dann ei-        Gustav Saxer: Die Leistungen sind gut,
der Pensionskassenverordnung und das Pen-     nen Teamentscheid fällen. Wenn einmal          wenn man den Vergleich zwischen den
sionskassenreglement im Fokus. Welches        entschieden ist, gilt dies. Die Leitung        Einzahlungen und den Renten zieht.
sind die Herausforderungen oder Gemein-       muss immer das Ziel vor Augen behalten.        Auch die Verwaltungskosten der pk.tg
samkeiten, aktuell und vor vier Jahren?       Anders Stokholm: Wir sind beide sachori-       sind sehr tief. Es ist eine sehr effiziente
Anders Stokholm: Die grösste Herausfor-       entierte, vorausschauende, strukturierte       Kasse. Die Zufriedenheit mit der Leistung
derung war die Verselbstständigung der        und gut organisierte Menschen. Beide           hängt auch vom Alter ab. Die Eigenver-
Kasse. Ich durfte als Experte in der vorbe-   haben wir einen Beruf, bei dem es mög-         antwortung wird immer wichtiger. Bei
ratenden Kommission des Grossen Rates         lich ist, als Präsident der pk.tg zu wirken.   Neuanstellungen sind die Leistungen der
mitwirken. Der Regierungsrat kürzte in        Gustav Saxer: In der pk.tg darf nie ver-       Pensionskasse nie ein Thema, erst wenn
seiner Botschaft an den Grossen Rat die       gessen werden, dass der einzelne Mensch        die Person über 50 Jahre alt ist.
benötigten Gelder zur Ausfinanzierung         im Mittelpunkt steht. Es besteht die
der Pensionskasse. Der Grosse Rat kürzte      grosse Gefahr bei unserer Tätigkeit, dass      Anne Varenne: Was unterstützt die Arbeit
diese Summe nochmals. Somit wurde die         nur noch Zahlen im Fokus sind.                 der Pensionskassenkommission und was be-
pk.tg auf einen Marathon ohne genü-                                                          hindert sie?
gend Proviant geschickt.                      Anne Varenne: Welche persönlichen Vorlie-      Anders Stokholm: Der Reformstau in der
Gustav Saxer: Die Verselbstständigung         ben oder sonstigen Gemeinsamkeiten beste-      Altersvorsorge macht die Arbeit der Pen-
der Kasse ist aber doch nicht vollständig     hen weiter bei euch?                           sionskassenkommission nicht einfach. Es
umgesetzt worden. Die Pensionskassen-         Gustav Saxer: Süsses liebe ich nicht, son-     gibt immer neue Entwürfe von Gesetzes-
verordnung liegt immer noch in der Ent-       dern bevorzuge Essiggurken. Sicherlich         vorlagen, die dann doch nicht umgesetzt
scheidungskompetenz des Grossen Ra-           bin ich ein Genussmensch.                      werden. Die Notwendigkeit für Reformen
tes. Die Versicherten werden immer älter.     Anders Stokholm: Ich bevorzuge Süsses          ist aber vorhanden.
Vor vier Jahren dachte zudem niemand,         und bin auch ein Genussmensch. Aber            Gustav Saxer: Die Verpolitisierung er-
dass das Zinsniveau so tief bleiben, ja so-   ich muss mir den Genuss und damit              schwert die Arbeit der Pensionkasse. Wa-
gar negativ werden würde. Selbst einige       Süsses zuerst verdienen. Ich bin also ein      rum legt der Bund die Mindestverzinsung
Pensionierte teilen uns mit, dass ihre Ren-   Belohnungstyp.                                 fest, wenn diese auf dem Markt gar nicht

BILDUNG THURGAU • 2–2018
BILDUNG THURGAU Zeitschrift der Berufsorganisation der Lehrerinnen und Lehrer des Kantons Thurgau 2-2018
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                                                                                                                     mende, die sich besser versichern lassen
                                                                                                                     wollen, dies auch umsetzen können. Aber
                                                                                                                     alle Modelle müssen realistisch sein. Da-
                                                                                                                     her ist ein völlig flexibler Altersrücktritt
                                                                                                                     schwierig, weil die Einkommen und Ein-
                                                                                                                     kommensphasen der Versicherten unter-
                                                                                                                     schiedlich sind.

                                                                                                                     Anne Varenne: Hast du, Anders, deine Ziele
                                                                                                                     als ehemaliger Präsident der pk.tg erreicht
                                                                                                                     und welche Ziele hast du Gustav?
                                                                                                                     Anders Stokholm: Ich kann mich glück-
Foto: Anne Varenne

                                                                                                                     lich schätzen, dass ich mein Ziel, einen
                                                                                                                     Deckungsgrad von über 100 Prozent, er-
                                                                                                                     reicht habe. Denn dies lag wegen den Fi-
                                                                                                                     nanzmärkten nicht in meinen Händen.
                                                                                                                     Dass wir es im Einvernehmen mit Arbeit-
                     Gustav Saxer (l.) hat von Anders Stokholm Anfang Jahr das Präsidium der pk.tg übernommen. Das   nehmenden und Arbeitgebenden er-
                     Foto wurde im Rathaus vor einem Wandgemälde aufgenommen.                                        reicht haben, ist Teamwork von uns allen,
                                                                                                                     inklusive der Verwaltung.
                     erreicht werden kann? Es müsste freien          nicht wirklich. Dieser im System gerecht        Gustav Saxer: Mein Ziel ist, im verän-
                     Spielraum geben. Schwierig ist auch das         zu werden, wird immer schwieriger, wird         derten Umfeld, wenn die Versicherten äl-
                     Rentenalter 65. Für eine so lange Renten-       aber immer mehr gefordert. Die Versicher-       ter werden, die pk.tg langfristig auf eine
                     dauer von heute mussten die Arbeitneh-          ten müssten mehr Eigenverantwortung             solide Basis zu stellen. Eigentlich könnten
                     menden noch nie so wenige Jahre arbei-          übernehmen. Dies überfordert aber viele.        wir uns nun ausruhen, aber wir wissen
                     ten.                                            Das höchste der Gefühle wird sein, dass         alle, dass wir der Realität in die Augen
                     Anders Stokholm: Oder anders gesagt:            zwischen Modellen mit Stufen gewählt            schauen müssen.
                     Das Verhältnis der Jahre der Einzahlung         werden kann. Frühzeitige persönliche Be-
                     zu den Jahren des Bezuges ist nicht mehr        ratung bei der Pensionskasse ist das A und      Anne Varenne: Wo holt ihr euch den Aus-
                     gesund. Eine andere Herausforderung             O, um die finanziellen Folgen bis ans Le-       gleich zum Berufsalltag?
                     sind die Entwicklungen auf dem Finanz-          bensende einschätzen zu können. Viele           Anders Stokholm: Den Hobbys Raum ge-
                     markt. Sie sind schwer bis gar nicht vor-       Menschen machen sich davon eine Vor-            ben, den familiären Austausch pflegen,
                     aussehbar oder werden als nicht möglich         stellung. Wenn sie aber wüssten, was dies       die Familie leben. Für den nötigen Aus-
                     erachtet. Dass es einmal Negativzinsen          konkret bedeuten würde, nähmen sie              gleich der Balance muss ich laufen oder
                     geben würde, hätte vor einigen Jahren           schnell wieder Abstand von dieser Idee.         einen Erfolg verbuchen wie mit dem Ho-
                     niemand gedacht.                                Gustav Saxer: Versicherte wollen mit 58         len der Tour de Suisse nach Frauenfeld.
                     Gustav Saxer: Unterstützend für die Ar-         Jahren in Rente gehen, im Alter von 60          Gustav Saxer: Ich erhole mich beim Arbei-
                     beit der Pensionkassenkommission ist die        wieder arbeiten, mit 68 Jahren wieder in        ten in meinem grossen Garten. Wenn ir-
                     professionelle Verwaltung der pk.tg. Das        Rente gehen. Die Frage sei gestattet, ob        gendwie möglich, fahre ich mit dem Velo
                     ist nicht irgendein Hobby. Die ganze Welt       es in Zukunft so individuell sein muss. Die     von St. Gallen nach Romanshorn zur Ar-
                     der Pensionskassen ist heute eine Indus-        Pensionskasse ist eine soziale Einrichtung.     beit. Man muss Belastungszeiten aushal-
                     trie geworden. Die Mitglieder der Ver-          Versicherte müssen vor der Armut ge-            ten können. Dazu brauche ich Verständ-
                     waltung verstehen ihr Geschäft.                 schützt werden. Wenn die Eigenverant-           nis vom Umfeld in belastenden Zeiten.
                     Anders Stokholm: Ein Kränzlein muss             wortung sehr hoch wäre, könnte die
                     man auch der Kommission winden. Alle            zweite Säule im Extremfall abgeschafft
                     Mitglieder, Arbeitnehmer wie Arbeitge-          werden. Viele Versicherte könnten mit
                                                                                                                      Herzlichen Dank
                     ber haben sich dem Ganzen verschrie-            dieser finanziellen Verantwortung ver-           Bildung Thurgau dankt Anders Stok-
                     ben. Keiner betreibt Lobbying.                  mutlich nicht umgehen.                           holm herzlich für sein vierjähriges, en-
                                                                                                                      gagiertes Wirken als Präsident der pk.
                     Anne Varenne: Was müsste die pk.tg ma-          Anne Varenne: Was soll bei der Reglements-       tg. In einem anspruchsvollen Umfeld
                     chen, damit ein flexibler Altersrücktritt für   revision 2020 angepackt oder nicht ange-         hat er zusammen mit der Pensionskas-
                                                                                                                      senkommission und der Verwaltung
                     alle möglich ist?                               gangen werden?
                                                                                                                      viele zukunftsweisende Entscheide für
                     Anders Stokholm: Die teilweise geforderte       Gustav Saxer: Was einem wirklichen Be-           die nötige Weiterentwicklung gefällt.
                     Individualisierung erleichtert die Arbeit       dürfnis entspricht, ist, dass Arbeitneh-

                                                                                                                                BILDUNG THURGAU • 2–2018
BILDUNG THURGAU Zeitschrift der Berufsorganisation der Lehrerinnen und Lehrer des Kantons Thurgau 2-2018
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                      Blick hinter die Kulissen
                      Fotoseite zur Verbandsarbeit von Bildung Thurgau

                      Anne Varenne überreicht dem «Znüni-Gewinner» Markus Stark ein           Arbeitnehmende der Pensionskassenkommission, von personalthurgau
                      kleines Präsent zu seinem 45-Jahre-Dienstjubiläum.                      und Bildung Thurgau diskutieren Eckwerte der Reglementsrevision 2020.

                      Die Hochschulleitung der PHTG und die Geschäftsleitung von Bildung Thurgau treffen sich zum jährlichen Austausch.
Fotos: Claudia Koch

                      Die Geschäftsleitungsmitglieder diskutieren an der Klausurtagung die    An der jährlichen Klausurtagung bleibt auch noch Platz für private
                      Leistungsmotion «Qualitätssicherung Volksschule».                       Kontakte.

                      BILDUNG THURGAU • 2–2018
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Leistungsmotion knapp abgelehnt
Grosser Rat entscheidet mit Stichentscheid

(av) 65 Mitglieder des Grossen Rates reichten Ende 2017 die Leistungsmotion                sichere ich, dass sich niemand vor Evalua-
«Qualitätssicherung Volksschule» ein. Damit sollte der Regierungsrat beauftragt            tionen und Kontrollen fürchtet.»
werden, die Bereiche Aufsicht, Evaluation sowie Unterrichts- und Schulentwick-
lung so zu reorganisieren, dass eine deutliche Reduktion des Aufwandes im Glo-             Reto Lagler, CVP/EVP
balbudget des Amtes für Volksschule erreicht werden kann.                                  «Diese Leistungsmotion ist ohne eine ein-
                                                                                           zige Entlassung, ohne einen einzigen
Am 2. Mai 2018 diskutierte der Grosse        hoher Selbstverantwortlichkeit eine kan-      Franken Zusatzkosten und unter Wah-
Rat über die Motion. Der Regierungsrat       tonale Aufsicht mit entsprechend einher-      rung der Qualitätssicherung der Volks-
beantragte in seiner schriftlichen Stel-     gehenden Kontrollen notwendig.                schule umsetzbar. Ich bin sogar davon
lungnahme, diese als nicht erheblich zu      ... Dass insbesondere Schulpräsidenten        überzeugt, dass mit der Leistungsmotion
erklären. Nachfolgend finden sich Auszü-     und Schulleitungen Kontrollen und Wei-        eine Stärkung der Qualitätssicherung
ge aus den Voten der Fraktionsspre-          sungen zur Behebung von Mängeln trotz         möglich wäre. Der Regierungsrat zeigt in
chenden des Grossen Rates basierend auf      Nutzen als hinderlich beziehungsweise         seiner Stellungnahme mögliche Wege auf
dem ausführlichen Protokoll unter Gros-      zeitraubend und oftmals wenig mehr-           und liefert sinnvolle Ansätze.»
ser Rat Thurgau > Home > Sitzungen >         wertsteigernd empfinden, ist nahelie-
ausführliche Protokolle.                     gend und verständlich.»                       Joe Brägger, GP
                                                                                           «Lassen Sie deshalb uns zunächst vor Au-
Roland A. Huber, glp/BDP                     Marlise Bornhauser, EDU                       gen halten, wer in erster Linie für die
«14. August 2013: 44 Kantonsrätinnen         «Die Schulgemeinden agieren schon             Schulqualität verantwortlich ist. Einmal
und Kantonsräte fanden sich auf Einla-       heute autonom und wir finden, dass die        sind die Lehrpersonen zu erwähnen, fer-
dung der Parlamentarischen Gruppe Bil-       Schulevaluation als Blick von aussen          ner die Schulleitungen und Behörden so-
dung um 13 Uhr im Sitzungszimmer Ga-         wichtig ist und ein gutes Instrument für      wie drittens die kantonalen Stellen wie
lerie des Rathauses in Frauenfeld ein. Die   die Qualitätssicherung und Schulent-          die Schulaufsicht, Schulevaluation und
meisten dieser Kolleginnen und Kollegen      wicklung darstellt. Ich habe mit den          Schulentwicklung. Dabei kommt dem AV
sind auch heute anwesend. Damals             Schulleitern der drei Schulzentren der Se-    insbesondere eine Aufsichts- und Kon-
lauschten sie über eine Stunde lang den      kundarschule Weinfelden gesprochen.           trollfunktion zu.
Ausführungen von Sandra Bachmann,            Grundsätzlich begrüssen sie die Evaluati-     ... Ich bin vollständig davon überzeugt,
Amtsleiterin Schulevaluation und Schul-      on, bemerken aber, dass der Umfang            dass Schulqualität zuallererst in den Klas-
entwicklung, und Markus Hunziker, Leiter     noch diskutiert werden dürfte.                senzimmern geleistet und vor Ort von den
Fachstelle Schulevaluation. Das Thema        ... Eine Evaluation kann am Ende nur die-     Schulleitungen und Behörden kontrolliert
war Schulevaluation und Schulentwick-        nen, wenn die Resultate anschliessend         und weiterentwickelt werden muss. Wie
lung. In der anschliessenden, rege ge-       auch umgesetzt werden und das Control-        weit der lange Arm des Kantons bezie-
führten Diskussion, die rund eine Stunde     ling funktioniert. Diesbezüglich stehen       hungsweise jener des AV diesbezüglich
dauerte, übten die Kantonsrätinnen und       die Behörden in der Pflicht.»                 reichen soll, kann diskutiert werden.»
Kantonsräte deutliche Kritik. Die Rede war
beispielsweise von zu hohem adminis-         Urs Schrepfer, SVP                            Walter Hugentobler, SP
trativem Aufwand für die Schulen, von        «Die Vergangenheit hat gezeigt, dass          «Ich bin davon überzeugt, dass die Schul-
Doppelspurigkeiten oder wenig ersicht-       Qualität keine Frage der Quantität ist.       gemeinden und Schulen ebenso an Schu-
lichem Nutzen für die Schule selbst, weil    Trotz allen Aufwands wurden Missstände        len mit hoher Qualität interessiert sind
die Qualitätssicherung sowieso vor Ort       seitens des AV oft nicht bemerkt. Anstös-     wie der Kanton Thurgau. Ich bin sicher,
geschieht.»                                  se erfolgten in der Regel direkt von den      dass die Schulen ihre Qualität auch ohne
                                             Schulgemeinden oder vom Grossen Rat,          enges Kantonskorsett auf hohem Niveau
Kristiane Vietze, FDP                        ein Beispiel dafür ist die Diskussion um      halten würden. Der Kanton dürfte ruhig
«Wir befürworten den sparsamen Um-           das Frühfranzösisch. Erst als Reaktion auf    etwas mehr Vertrauen in die Lehrper-
gang mit hart erarbeiteten Steuergel-        die Interventionen der Basis gab der Re-      sonen, die Schulleitungen und die Schul-
dern, aber diese Leistungsmotion über-       gierungsrat in letzter Minute grünes Licht    behörden setzen.
spannt den Bogen und gefährdet die           für Verbesserungsvorschläge. Die miss-        ... In den heutigen Ausführungen der zu-
Chancengerechtigkeit der Schülerinnen        glückte Einführung der Zeugnisse im letz-     ständigen Regierungsrätin Knill erwartet
und Schüler. Es soll innerhalb des Kan-      ten Jahr oder die missratene Kommunika-       die SP-Fraktion noch konkretere und zeit-
tons Thurgau keine Rolle spielen dürfen,     tion in diesem Jahr bezüglich der Einfüh-     lich definierte Angaben. In diesem Fall
ob ein Kind beispielsweise in Frauenfeld,    rung der Massnahmen zur Verbesserung          wird sie auf eine Erheblicherklärung ver-
in Weinfelden oder in Märwil zur Schule      des Frühfranzösischs zeigen ebenfalls         zichten, ganz im Sinne des Credos: Wir
geht. Um das zu gewährleisten, ist auch      Handlungsbedarf auf.                          vertrauen unserem Regierungsrat und
bei teilautonomen Schulgemeinden mit         ... Als Schulleiter und Schulpräsident ver-   wollen ihn erfolgreich arbeiten lassen.»

                                                                                                      BILDUNG THURGAU • 2–2018
BILDUNG THURGAU Zeitschrift der Berufsorganisation der Lehrerinnen und Lehrer des Kantons Thurgau 2-2018
10VERBAND

                      Spielend Finanzkompetenz lernen
                      Jugendliche vor Schulden bewahren

                      Das «Schuldenmodul Thurgau» ist ein gemeinsames Lernangebot für die Sekun-                    Einführungskurs
                      darstufe des Vereins FinanceMission, des Betreibungsamts des Kantons Thurgau                  Der Verein bietet am 22. August 2018 ei-
                      und von BENEFO sowie Caritas Thurgau. Die Thurgauer Organisationen bieten                     nen kostenlosen Einführungskurs in das
                      dritten Sekundarschulklassen einen Unterrichtsbesuch zum Thema Schuldenprä-                   Lerngame und die Materialien an. Er findet
                      vention an. Vor- und nachbereitet wird der Besuch mit den Unterrichtsmateri-                  von 14 bis 16.30 Uhr im Sekundarschul-
                      alien von FinanceMission.                                                                     zentrum Pestalozzi in Weinfelden statt und
                                                                                                                    wird von Sekundarlehrerin Eva Krähen-
                                                                      tig mit Geld und Konsum auseinanderset-       bühl geleitet. Interessierte können sich bis
                                                                      zen. Vor diesem Hintergrund hat sich der      spätestens 17. August 2018 bei info@fi-
                                                                      Verein FinanceMission gebildet. Er will       nancemission.ch oder auf www.finance-
                                                                      die Finanzkompetenz von Jugendlichen          mission.ch/schuldenmodultg anmelden.
                                                                      fördern. Neu bieten seit März 2018 rund       Der Einführungskurs unterstützt Lehrper-
                                                                      20 Expertinnen und Experten von Betrei-       sonen bei der schnellen Einarbeitung in
                                                                      bungsämtern und Budgetberatungsstel-          das neuartige Lehr- und Lernangebot.
                                                                      len im Kanton Thurgau Schulbesuche für        Inhalt und Lernziele des Kurses sind die
                                                                      die dritten Sekundarklassen an. In einem      Einführung in das digitale Lernspiel Fi-
                                                                      Film über einen verschuldeten jungen          nanceMission Heroes und das Arbeitsheft
                                                                      Mann informieren sie die Jugendlichen         für Schülerinnen und Schüler, die Erkun-
                                                                      über Ursachen und Folgen von Schulden         digung des Spiels und der begleitenden
                                                                      und zeigen ihnen in einem zweistün-           Lernaufgaben sowie die Einbettung von
Fotos: Anne Varenne

                                                                      digen Workshop, wie man ein eigenes           FinanceMission in die Lernziele des Lehr-
                                                                      Budget für den Lehrlingslohn und das Ta-      plans 21 zur Finanzkompetenz und Schul-
                                                                      schengeld erstellt.                           denprävention (WAH-Unterricht). Kurs-
                                                                                                                    teilnehmende erhalten Tipps und Vor-
                                                                      Kostenlose Lernmaterialien                    schläge, wie Game und Arbeitsheft zur
                      Regierungsrätin Cornelia Komposch lässt sich    Um den Schulbesuch nachhaltig zu veran-       Vor- und Nachbereitung des Workshops
                      das Lernspiel erklären.                         kern, stellt der Verein FinanceMission den    mit den Fachexpertinnen und Fachexper-
                                                                      Lehrpersonen kostenlose Lernmaterialien       ten der Schuldenprävention eingesetzt
                      Mehrere aktuelle Untersuchungen der             zur Verfügung. Dabei handelt es sich um       werden können. Es muss einzig ein eige-
                      Universitäten St. Gallen und Fribourg ha-       ein auf den Lehrplan Volksschule Thurgau      nes Laptop oder iPad mitgenommen
                      ben ergeben, dass Erwachsene und Ju-            abgestimmtes digitales Spiel sowie Unter-     werden und vorgängig das Lerngame Fi-
                      gendliche deutliche Mängel im Finanz-           richtsmaterialien zur Förderung der Fi-       nanceMission Heroes von der Webseite
                      wissen aufweisen. Besonders schwach ist         nanzkompetenzen auf der Sekundarstufe         financemissionheroes.ch, via App-Store
                      dieses Wissen bei Personen mit tiefem           I. Begleitend zum Lernspiel ist neu ein Ar-
                      Einkommen, wenig Bildung, aber auch             beitsheft für Schülerinnen und Schüler
                      bei Frauen. Es zeigte sich, dass Personen       erschienen. Dieses besteht aus neun Lern-
                      mit solidem Finanzwissen weniger ver-           aufgaben zu Themen wie Budget, Ge-
                      schuldet sind, mehr sparen und pas-             brauchs- und Verbrauchsgüter, Anschaf-
                      sendere Finanzprodukte wählen. Sie ha-          fungs- und Folgekosten, Kaufverhalten
                      ben eher ein 3a-Konto und achten so             und Finanzentscheide. Die Aufgaben be-
                      stärker auf ihre individuelle Vorsorge.         ziehen sich zum einen auf das Spiel, zum
                      Gemäss dem Bundesamt für Statistik le-          anderen zielen sie darauf ab, Lernerfah-
                      ben rund 27 Prozent der 18- bis 24-Jäh-         rungen in den Alltag zu transferieren.
                      rigen in der Schweiz in einem Haushalt
                      mit Schulden. Kinder und Jugendliche            Trägerschaft Verein
                      sind heutzutage starken Konsumreizen            Die Trägerschaft von FinanceMission bil-
                      ausgesetzt, sei es beim Online-Shopping,        den der Dachverband Lehrerinnen und
                      bei In-App-Käufen, Kreditkartenbezügen          Lehrer Schweiz LCH sowie der welsche
                      und anderem.                                    Dachverband SER und die schweize-
                                                                      rischen Kantonalbanken. Das Ziel von Fi-
                      Schulbesuche von Expertinnen                    nanceMission ist es, die Jugendlichen für
                      Schuldenexperten sind sich einig: Damit         den verantwortungsbewussten Umgang
                      Jugendliche nicht in die Schuldenfalle ge-      mit Geld zu sensibilisieren und ihre finan-   Finanzchef Martin Schläpfer (l.) und Amtsleiter
                      raten, ist es wichtig, dass sie sich frühzei-   zielle Allgemeinbildung zu verbessern.        Beat Brüllmann testen ihre Finanzkompetenzen.

                      BILDUNG THURGAU • 2–2018
VERBAND11

Trägerinnen und Träger des Schuldenmoduls Thurgau zusammen mit spielenden Schülerinnen und Schülern an der Kickoff-Veranstaltung in Bischofszell.

oder Google Play kostenlos heruntergela-         gendlichen mit Geld fördert. So müssen            Über Nacht werden sie zu Heroes mit der
den werden.                                      sie beim Gamen zahlreiche Entschei-               Mission, die räuberischen Roboter auszu-
Alle Teilnehmenden erhalten ein Exem-            dungen mit finanziellen Auswirkungen              schalten. Allerdings: Nur diejenigen He-
plar der Arbeitshefte. Diese können als          treffen: Wie viel Zeit investiere ich in die      roes, die ihre Ressourcen wie Ausrüstung,
Klassensatz auch direkt im Kurs bestellt         Hausaufgaben oder in einen Nebenjob?              Geld, Zeit und Lebensenergie gut über-
werden. Die Hefte und der Versand sind           Wie bereite ich mich auf meine nächt-             legt einsetzen, kommen schliesslich zum
kostenlos. Ein Begleitkommentar mit Lek-         liche Mission vor? Wie investiere ich mein        Ziel und überwältigen den Roboterboss.
tionsvorschlägen zum Einsatz von Lern-           Geld, risikoreich oder vorsichtig und mit
spiel und Arbeitsheft, ein Game-Manual           welchen Konsequenzen?                             Kickoff in Bischofszell
und weitere Unterlagen sind unter finan-         Der Transfer auf Situationen im Alltag            Die Informationsveranstaltung des Schul-
cemission.ch/lernmaterialien als kosten-         hilft den Jugendlichen, die getroffenen           denmoduls Thurgau fand Anfang März in
lose Downloads aufgeschaltet.                    Entscheidungen und gewählten Strate-              Bischofszell statt. Dabei referierten be-
                                                 gien bewusst wahrzunehmen und kri-                kannte Persönlichkeiten wie Regierungs-
Termine buchen                                   tisch zu hinterfragen. Die Arbeitsaufträge        rätin Cornelia Komposch, LCH-Präsident
Weitere Informationen zum Schuldenmo-            im Arbeitsheft holen die Jugendlichen bei         Beat W. Zemp, Heinz Huber, Vorsitzender
dul Thurgau sind auf der Webseite von            ihren Spielerfahrungen ab und bieten              der Geschäftsleitung der Thurgauer Kan-
FinanceMission unter financemission.ch/          Diskussionsthemen. Die beim Spielen ge-           tonalbank, Beat Brüllmann, Leiter des
schuldenmodultg aufgeschaltet. Dort              wonnen Erkenntnisse zum Umgang mit                Amtes für Volksschule, Roger Wiesendan-
können Lehrpersonen auch die Termine             Geld werden reflektiert und auf Beispiele         ger, Amtsleiter Konkursamt und Betrei-
für die Unterrichtsbesuche buchen.               aus dem Alltag übertragen.                        bungsinspektorat sowie Ursula Huber,
                                                                                                   Geschäftsleiterin FinanceMission. Nach
Lernspiel                                        Die Story des Lernspiels                          den Kurzreferaten stellten die Schüle-
FinanceMission Heroes ist ein packendes          Eine kleine fiktive Stadt hat ein Problem:        rinnen und Schüler von Lehrer Fabian
«Serious Game» zum Thema Finanzkom-              Roboter überall! Jede Nacht überfallen die        Strässle das digitale Lernspiel vor. An-
petenz, mit dem Jugendliche den Um-              Robos in Scharen das Bankenviertel und            schliessend konnten alle Gäste unter kun-
gang mit Geld lernen können. Die Spiel-          rauben die Konten der Einwohnerinnen              diger Hilfe der Schülerinnen und Schüler
anlage basiert auf den aktuellen Lehrplä-        und Einwohner aus. Die lokale Polizei ist         FinanceMission Heroes selber spielen und
nen der Sekundarstufe I. Erfolg oder             völlig überfordert, da Roboterboss Dr. Vio-       testen, wie gut sie ihre Finanzen im Griffe
Misserfolg im Spiel hängen davon ab, wie         letta täglich neue Robos losschickt. Des-         haben. Die Bilder auf dieser Doppelseite
clever die Spielenden ihre Ressourcen            halb setzt die Polizei auf jeden ausgeschal-      zeigen Eindrücke dieser Veranstaltung.
planen und Finanzentscheidungen tref-            teten Robo eine Belohnung aus. Sie sucht
fen. Das Lernspiel ist so konzipiert, dass       Heldinnen und Helden – Heroes –, die sich
                                                                                                   Anne Varenne
es beim reflektierten Einsatz im Unter-          gegen die Roboter stellen. Hier kommen            Präsidentin Bildung Thurgau
richt den bewussten Umgang der Ju-               die Schülerinnen und Schüler ins Spiel:

                                                                                                               BILDUNG THURGAU • 2–2018
12                                                                                                                                VERBAND

Anina Meile wagt den Neustart
Abschiedsbrief unserer engagierten Redaktionsmitarbeiterin Anina Meile

Liebe Kolleginnen und Kollegen
Nach fast acht Jahren berufspolitischer Ar-
beit verabschiede ich mich an dieser Stelle
von euch. Ich werde in den Aargau ziehen,
vieles hinter mir lassen und mit meinen Kin-
dern einen kompletten Neustart wagen. Un-
sere Heimat wird ein Städtchen, das viele
von euch aus einem Kinderlied kennen. Ich
wohne da zwar nicht in einem Schlössli oder
goldenen Haus, aber es gefällt mir sehr und
ich bin gespannt, was das Leben noch alles
für mich bereithält. Gleichzeitig erfülle ich
mir auch einen lang gehegten Traum und
beginne endlich die Ausbildung zur Mär-
chenerzählerin.

                                                                                                                                                     Foto: zVg
Doch ich lasse nicht alles zurück. Hier im
Thurgau bleiben meine Wurzeln und mein
Zuhause, Familie, Freunde und ein grossar-       Anina Meile verabschiedet sich nach fast acht Jahren berufspolitischer Arbeit.
tiges Netzwerk. Das Zurückkommen, um
liebe Menschen zu besuchen, zu wandern,          wir keine Schwierigkeiten fähige Politike-          Willen sind sie nicht in der Lage, sich kom-
im See zu baden, wird mir doppelt Freude         rinnen zu finden.»                                  plett in die Lage einer Lehrperson, eines al-
bereiten.                                        Die weiblich dominierten Konferenzen von            leinerziehenden Elternteils, eines Menschen
Wenn ich an dieser Stelle auf die letzten        Bildung Thurgau suchen vielleicht deshalb           im Rollstuhl, eines Kulturschaffenden oder in
acht Jahre zurückblicke, so kann ich nur         immer wieder verzweifelt nach Vorstands-            wen auch immer zu versetzen.
staunen, was alles geschehen ist. Es kommt       mitgliedern und Delegierten.                        Doch genug der Worte: Ich mache mich auf
mir vor, als hätte ich mich verwandelt. Von      Ich erlebe es in der letzten Zeit immer wie-        in eine Zukunft, in der nur eines ganz sicher
der Junglehrerin mit vielen Träumen, zur         der, dass Frauen (und auch Männer) die Er-          ist: Ich werde weiterhin im Kleinen an den
dreifachen Mutter, hin zur «Teilzeitlerin» mit   rungenschaften unserer Eltern und Grossel-          mir zugänglichen Rädchen der Politik dre-
Hang zum Politisieren. BILDUNG THURGAU           tern, was Gleichberechtigung, Arbeitsbedin-         hen. Werde wenn nötig etwas Öl zugeben
hat mich auf diesem Weg begleitet. Ich           gungen und Sozialwesen anbelangt, mit               oder hin und wieder etwas Sand ins Getrie-
möchte die Chance nutzen und mich an die-        Füssen treten. Mir scheint es, dass sich unse-      be streuen. Ich wünsche euch allen alles
ser Stelle von ganzem Herzen bei Anne Va-        re Gesellschaft spaltet. Da sind einerseits die     Gute und freue mich sehr, wenn die Verbin-
renne bedanken. Sie war mit ihrer schier         Kämpfer, die engagiert mitdenken und ver-           dung vom Wilden Westen in den Nahen Os-
unbändigen Energie eine Art Leuchtfeuer in       suchen, die Lebensbedingungen von uns al-           ten bestehen bleibt. Herzlich, Anina Meile.
allen Lebenslagen. Mit viel Feingefühl und       len zu verbessern. Es sind diese Macher, die
Engagement hat sie sich in all der Zeit nicht    den Wandel in Bewegung halten und den
nur für die Anliegen der Lehrerschaft einge-     Stillstand verhindern. Auf der anderen Seite         Herzlichen Dank
setzt, sondern mich auch ganz persönlich         begegne ich mehr und mehr Menschen, die              Liebe Anina
immer wieder unterstützt.                        sich kaum noch für Politik interessieren. Das        Deinen Abschiedsbrief hast du wie alle
Es war wohl mein Vater, der einst mein Inte-     Thema sei zu komplex, die Zeit zu knapp,             deine ausgeübten Tätigkeiten höchst
resse für die politische Arbeit und das poli-    um sich damit auseinanderzusetzen. Aber              professionell, anregend und persönlich
tische Engagement geweckt hatte. Aber von        sind wir mal ehrlich: Ein bisschen weniger           geschrieben. Ich konnte mich in den
Anne habe ich das Handwerkszeug mit auf          soziale Medien und dafür einen Blick in ein          letzten acht Jahren jederzeit an dich
den Weg bekommen. Ich habe gelernt, ge-          seriöses Newsportal, das wäre ein Anfang.            wenden und du hast jede Anfrage um-
                                                                                                      gehend in perfekter Qualität erledigt:
duldig zu sein, Kompromisse zu suchen, Vi-       Ich verknurre keinen dazu, sich in seiner Stu-
                                                                                                      vom Gestalten und Schreiben der
sionen zu verfolgen, für die eigenen Ideen       fenkonferenz oder als Delegierte zu enga-
                                                                                                      Weihnachtskarten bis hin zur Stellver-
einzustehen und auch mal ganz verbissen          gieren, sich für ein politisches Amt zur Verfü-      tretung der Redaktionsleiterin von BIL-
zu kämpfen. Wenn ich nun «Adieu» sage,           gung zu stellen. Aber ich bitte darum; infor-        DUNG THURGAU. Wir danken dir
dann nur um mich andernorts in anderen           miert euch. Entscheidet mit, wohin eure              herzlichst für dein grosses Engagement
Bereichen zu engagieren.                         Gemeinde, der Kanton und die Schweiz sich            und deine vielfältigen Einsätze in un-
Im Zusammenhang mit Frauenquoten im              entwickeln sollen. Sonst entscheiden Men-            serem Berufsverband. Von Herzen
Bundesrat las ich in etwa folgende Aussage:      schen über Bildung, Familienpolitik oder das         wünschen wir dir und deinen drei Kin-
«Wenn Frauen nur halb so sehr von sich           Gesundheitswesen, die aus einem ganz an-             dern einen rundum gelungenen Start.
                                                                                                      Macheds guät!              Anne Varenne
überzeugt wären wie die Männer, hätten           deren Metier kommen. Selbst mit viel gutem

BILDUNG THURGAU • 2–2018
VERBAND13

                     Rocker mit Flair für Bildungspolitik
                     Daniel Hurtado berichtet über seine Vorstandsarbeit

                     Seit Dezember 2010 engagiert sich Daniel Hurtado im Vorstand der Mittelschul-                    chermischung wäre für den Vorstand ide-
                     lehrpersonen, wo er als Aktuar tätig ist und die Webseite der Teilkonferenz be-                  al. Ausserdem wünscht er sich weibliche
                     treut. Als Lehrer an der Kantonsschule unterrichtet er in vier Klassen Geschichte                Verstärkung, da dieser Vorstand im Ge-
                     und Deutsch. Sein Interesse an Politik, nicht zuletzt an Bildungspolitik, ist aus-               gensatz zu den Vorständen der übrigen
                     schlaggebend dafür, dass er sich gerne im Vorstand engagiert.                                    Teilkonferenzen hauptsächlich aus Män-
                                                                                                                      nern besteht. Für die Vorstandssuche gilt
                                                                                                                      es in erster Linie, persönlich Kolleginnen
                                                                                                                      und Kollegen anzusprechen. Junge Lehr-
                                                                                                                      personen seien zwar motiviert, fühlten
                                                                                                                      sich jedoch zu unerfahren, um sich im
                                                                                                                      Vorstand zu engagieren, stellt Hurtado
                                                                                                                      oftmals fest.

                                                                                                                      Sensibilisierter für Themen
                                                                                                                      Seiner Meinung nach braucht es kein
                                                                                                                      Vorwissen für die Vorstandsarbeit. Offene
                                                                                                                      Augen und Ohren sowie die Bereitschaft,
                                                                                                                      sich in die Bildungspolitik einzubringen,
                                                                                                                      reichen für den Anfang. «Alles Weitere er-
                                                                                                                      gibt sich an den Vorstandssitzungen, die
                                                                                                                      zweimal pro Semester stattfinden», so
                                                                                                                      Hurtado. Er selber hat durch die Vor-
                                                                                                                      standsarbeit sehr profitiert und sich mit
Foto: Claudia Koch

                                                                                                                      Themen auseinandergesetzt, die ihm bis-
                                                                                                                      her fremd oder unbekannt waren. Als Bei-
                                                                                                                      spiel nennt er die Leistungsüberprüfung
                                                                                                                      (LÜP) des Kantons und die Kriterien, wa-
                     Daniel Hurtado fühlt sich als Geschichts- und Deutschlehrer wohl an der Kanti Kreuzlingen.       rum wo gespart wird und wo nicht. Er ist
                                                                                                                      auch sensibilisierter für Themen gewor-
                     Geschichte hat Daniel Hurtado schon im-           Als Junglehrer angeworben                      den, wie etwa das passive Wahlrecht der
                     mer interessiert. Bereits als Junge ver-          Er schätzt Kreuzlingen sowohl als Wohn-        Mittelstufenlehrpersonen: Diese dürfen
                     brachte er viele Stunden in der Biblio-           wie auch als Arbeitsort. Bei letzterem lobt    nicht in den Grossen Rat gewählt wer-
                     thek, las Bücher über Heldentaten oder            er insbesondere das Team und das Klima         den, da sie Staatsangestellte sind. Dies
                     berühmte Entdecker. Aufgewachsen in               untereinander. Den Betrieb an der Kan-         könnte zu einem Interessenkonflikt füh-
                     Stein am Rhein, absolvierte er die Kan-           tonsschule kannte Daniel Hurtado, da er        ren, wenn es zum Beispiel um Geschäfte
                     tonsschule in Schaffhausen und setzte             hier bereits zwei Praktika absolviert hatte,   zum Thema Lohn geht, lautet die Be-
                     sich schon früh mit einem Studium aus-            was seiner Meinung nach auch bei der           gründung. «Uns fehlt daher eine Lobby
                     einander. Da er in einer Band am Klavier          Besetzung der Stelle half. Schon als Prak-     im Grossen Rat, was wir sehr bedauern»,
                     und am Synthesizer Musik machte,                  tikant hatte er vom Vorstand der TKMS          sagt Hurtado dazu. Seine erhoffte Rock-
                     keimte in ihm die jugendliche Fantasie            gehört und wurde als Junglehrer ange-          starkarriere übrigens erlitt früh einen her-
                     auf, ein Rockstar zu werden. «Ein Studien-        worben. «Als Geschichtslehrer bin ich          ben Abbruch. Schon ein halbes Jahr nach
                     berater schlug mir vor, Lehrer zu werden,         politisch sehr interessiert», sagt Hurtado     Stellenantritt hörte er auf mit der Musik
                     da diese ausreichend Freizeit hätten und          zu seinen Beweggründen, dem Vorstand           – von wegen ausreichend Freizeit.
                     ich parallel dazu ins Musikgeschäft ein-          beizutreten. Als Deutschlehrer übernahm
                     steigen könnte», erinnert sich Hurtado. Er        er von Beginn weg den Posten des Aktu-         Schnuppersitzung möglich
                     beherzigte den Rat einer Klassenlehrerin          ars. Ausserdem betreut er die Webseite         Haben wir dein Interesse geweckt? Falls
                     und begann in Zürich Geschichte und               der Teilkonferenz. «Langweilig wird mir        du eine Schnuppersitzung des Vorstandes
                     Deutsch zu studieren. Er arbeitete wäh-           nicht», sagt er. Wie andere Teilkonfe-         besuchen möchtest, melde dich bitte bei
                     rend des Studiums als Assistent und zwei          renzen beschäftigt sich auch dieser Vor-       Andreas Schreier, Präsident TKMS, andre-
                     Jahre vor Abschluss des höheren Lehr-             stand mit der Suche nach neuen Mitglie-        as.schreier@bildungthurgau.ch.
                     amtes erhielt er eine Stelle an der Kan-          dern. «Von der Kantonsschule Kreuzlin-
                     tonsschule in Kreuzlingen, wo er seit             gen und Frauenfeld könnten wir noch je
                                                                                                                      Claudia Koch
                     2010 mit seiner Frau und seiner zweiein-          eine Vertreterin oder einen Vertreter          Mitarbeiterin Kommunikation
                     halbjährigen Tochter wohnt.                       brauchen», so Hurtado. Eine breite Fä-

                                                                                                                                 BILDUNG THURGAU • 2–2018
14VERBAND

                     Einer, der junge Menschen mag
                     45 Jahre im Thurgauer Schuldienst

                     Seit mehr als vier Jahrzehnten unterrichtet Markus Stark im Schulhaus Rietwies in                Elternarbeit intensiver
                     Balterswil. Im Gespräch blickt er zurück auf seine Ausbildungs- und Anfangsjahre                 Vergleicht er Kinder von früher mit sol-
                     als Lehrer und zieht Vergleiche, wie sich die Kinder, der Schulalltag und die An-                chen von heute, so sind zwei Eigenschaf-
                     forderungen an die Lehrerschaft seitdem verändert haben.                                         ten gleich geblieben: die Neugierde und
                                                                                                                      die positive Einstellung. «Heute sind die
                     45 Jahre im Schuldienst tätig zu sein, ist         Balterswil als Lebensmittelpunkt              Kinder direkter und offener, ausserdem
                     eine ausserordentliche Leistung. 44 Jahre          Nach drei Jahren Lehrerseminar kam er als     haben sie einen anderen Umgang mit
                     davon an der derselben Schule zu unter-            Praktikant für ein Jahr nach Märwil. Dies     Freizeit», sagt Stark. Früher hatten die
                     richten, ist schon fast rekordverdächtig.          war ein intensives Jahr – kein Wunder – mit   Bauernkinder oft weniger Zeit für die
                     So geschehen bei Markus Stark, der ei-             gut 30 Schülerinnen und Schülern der          Hausaufgaben, da sie mithelfen mussten.
                     gentlich nur kurz in Balterswil bleiben            fünften und sechsten Klasse. Markus Stark     Die heutigen Kinder sind dafür versierter
                     wollte. Nicht zuletzt der Liebe wegen              war damals knapp 19 Jahre alt, wurde vom      mit dem Computer und dem Handy. Die
                     blieb der Primarlehrer im ehemals bäuer-           dortigen Lehrerteam jedoch voll akzep-        Anzahl der Lehrpersonen hat sich gegen-
                     lichen Dorf hängen, was er bis heute               tiert. Nach Seminarabschluss konnte er        über früher vervielfacht. War man früher
                     nicht bereut. «Die ländlichen Schulge-             dann aus mehreren offenen Stellen wäh-        mehrheitlich alleine für seine Klasse zu-
                     meinden haben es mir angetan», sagt                len. «Damals waren Lehrpersonen sehr          ständig, gibt es heute mehr Absprachen
                     Markus Stark.                                      gesucht. Man erhielt sogar Handgeld,          untereinander. Er schätzt das Team und
                     Aufgewachsen in Schocherswil, visierte             wenn man eine Lehrperson vermitteln           das gute Nebeneinander, auch wenn er
                     Markus Stark beruflich zunächst die                konnte», sagt Stark. Besonders die länd-      sich an die vielen «Neuen» erst gewöh-
                     Landwirtschaft an. Gerne half er als Jun-          lichen Schulgemeinden hatten wegen tie-       nen musste. Als grosse Herausforderung
                     ge bei Landwirten aus und zu Hause be-             feren Löhnen Mühe, genügend Lehrper-          nennt er die Elternarbeit. «Früher erkun-
                     treute er zahlreiche Kleintiere. Doch da-          sonen zu finden. Er entschied sich für Bal-   digte sich ein Vater bei einem Schwatz im
                     mals standen keine Bauernhöfe zum Ver-             terswil, da er sich mit den Bauernkindern     Dorf, wie es mit dem Nachwuchs in der
                     kauf. Ein Sekundarlehrer riet ihm, die             gut verstand. Dort lernte er seine Frau       Schule läuft», so Stark. Heute sind die El-
                     Mittelschule zu absolvieren. Da für ihn            Anita kennen, die ebenfalls die Ausbildung    tern viel intensiver eingebunden, wofür
                     einige Lehrer als Vorbilder galten, trat er        zur Lehrerin absolvierte und ihn schon am     die Lehrpersonen mehr Zeit benötigen.
                     im April 1969 ins Lehrerseminar in Kreuz-          Lehrerseminar bemerkt hatte, wie er la-
                     lingen ein. Er wohnte im Konvikt und               chend anfügt. Mit den gemeinsamen fünf        Vorbild für eigene Kinder
                     sagt: «Das war eine tolle Zeit, aus der ich        Kindern wohnten sie 20 Jahre im Schul-        Der Schulalltag habe sich gewandelt.
                     noch viele Bekanntschaften pflege.»                haus, bevor sie ein eigenes Haus bezogen.     Lehrmittel ändern sich schneller und nebst
                                                                                                                      dem Unterrichten muss viel Administra-
                                                                                                                      tives erledigt werden. Als Schule gilt es,
                                                                                                                      gemeinsame Werte zu leben, der Schule
                                                                                                                      ein Gesicht zu geben. Als das altersdurch-
                                                                                                                      mischte Lernen eingeführt wurde, war
                                                                                                                      Stark 62 Jahre alt. «Ich wollte nicht mehr
                                                                                                                      neu starten und eine Klasse unterrichten.»
                                                                                                                      Deshalb arbeitet er seither Teilzeit, was
                                                                                                                      ihm den Ausstieg aus dem Schuldienst er-
                                                                                                                      leichtern wird. Die Freude am Unterrich-
                                                                                                                      ten ist aber immer noch ungebrochen.
                                                                                                                      Geblieben sind, nebst ein paar unerfreu-
                                                                                                                      lichen, vor allem die schönen Momente
                                                                                                                      der vergangenen vier Jahrzehnte. Als Mo-
                                                                                                                      tivation für seine Lehrertätigkeit nennt er
                                                                                                                      das Prinzip vier M mit einem J dazwischen:
                                                                                                                      «Man muss junge Menschen mögen.»
                                                                                                                      Dass auch er als Vorbild für seinen Beruf
                                                                                                                      gilt, zeigt sich in der eigenen Familie: Alle
Foto: Claudia Koch

                                                                                                                      fünf Kinder sind im Schuldienst tätig.

                                                                                                                      Claudia Koch
                                                                                                                      Mitarbeiterin Kommunikation
                     Markus Stark hat den Wandel in der Schule der letzten Jahrzehnte direkt miterlebt.

                     BILDUNG THURGAU • 2–2018
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