BILDUNG THURGAU Zeitschrift der Berufsorganisation der Lehrerinnen und Lehrer des Kantons Thurgau 2-2018
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Zeitschrift der Berufsorganisation der 2–2018 Lehrerinnen und Lehrer des Kantons Thurgau BILDUNG THURGAU ■ Schreiben in der Schule Die Lust am Schreiben wecken ■ Übergang mit Gemeinsamkeiten Wechsel an der Spitze der Pensionskasse Thurgau
2WERBUNG Naturmuseum Thurgau Ferienzeit – Museumszeit Di–Sa 14–17 Uhr / So 12–17 Uhr Freie Strasse 24 / Frauenfeld www.naturmuseum.tg.ch Grosser Preisvorteil gegenüber der Schweiz! Neuheiten im Haus… ...Garten-Saison eröffnet Schauen Sie vorbei! Vergleichen lohnt sich! Wir bieten Ihnen perfekten Vergleichen Service, angefangen bei lohnt sich wirklich! der Innenarchitektur, bis hin zur Montage sowie Preis- Eigene Parkplätze und Garantievorteile bei der Ihr Einrichtungshaus mit allen namhaften Marken, direkt an der Schweizer Grenze. direkt vor unserem Haus. Lieferung in die Schweiz Öffnungszeiten: Mo bis Fr 9.30 – 18.00, Do bis 19.30, Sa 9.30 – 17.00 | D-78467 Konstanz-Wollmatingen · Fürstenbergstr. 38 – 40 / 41 · Tel. +49 (0)7531 92409-0 · www.fretz.de Hermann Landolt Berufsfachschullehrer, Jetzt weiterbilden. Altstätten und FHS-Absolvent Zertifikatslehrgang Medienpädagogik Studienstart: 15. Februar 2019 www.fhsg.ch/medienpaedagogik oder weiterbildung@fhsg.ch weiz Ostsch chhoc hschule FHO Fa
EDITORIAL3 Kreatives Schreiben mehr fördern Schreiben ist mehr als Orthografie und Grammatik Heute schreiben und lesen die Jugendlichen so viel wie nie zuvor. Täglich tippen Dabei würden bei Jugendlichen – wenn sie unzählige Wörter auf ihre Handy- und Computertastaturen, verbringen viel man sie denn lässt – oft geniale Sätze und Zeit mit dem Lesen von SMS-Nachrichten, Chat-Sprüchen, E-Mails und Internet- «grammatikalische Perlen» zum Vor- Informationen. Auch in der Schule hat das Schreiben einen wichtigen Stellen- schein kommen. Die gleiche Ansicht ver- wert. Es gibt verschiedene Schreibprojekte und Schreibwettbewerbe für alle tritt auch Elias Stucki, Preisträger des Lite- Schulstufen, die die Schülerinnen und Schüler zum Schreiben animieren sollen. raturförderpreises Junge Texte. Er rät den Lehrpersonen, ihren Schülerinnen und Kürzlich fragte mich mein fünfjähriger ben ist ein Prozess, der nicht erst mit dem Schülern beim Schreiben mehr Spielraum Sohn Maalik erschrocken: «Mami, gibt es geschriebenen Wort, sondern bereits im zu lassen. Dem 18-Jährigen liegt das den Ernst vom Leben wirklich?» Er hatte Kopf beginnt. Man muss lernen, Ideen zu Schreiben näher als das Sprechen. «Beim bereits ein Bild im Kopf von einem grim- sortieren und zu strukturieren, bevor Sprechen kann ich nicht wie beim Schrei- mig dreinblickenden Mann, der kaum man die eigentliche Textarbeit in Angriff ben die eigene Aussage überarbeiten Freude hat und immer böse ist. Die Kin- nimmt. Heutzutage schreiben die jungen und perfektionieren.» dergärtnerin hatte eine Geschichte vom Menschen so viel wie nie zuvor. Trotzdem Ich persönlich schreibe, seit ich schreiben Schuleintritt erzählt. «In der Schule haben die neuen Medien wenig Einfluss kann. «Mein erster Maibummel» war der kommt der Ernst vom Leben», erklärte auf die Schreibkompetenz der Jugend- Titel eines meiner ganz frühen Werke. Im mir Maalik. Durch Geschichten entstehen lichen, wie die Linguistin Christa Dür- Text ging es ums Gebären. Meine Katze bei den Kindern neue Bilder, die es ihnen scheid feststellte (Seite 28). Dass es beim Cindy bekam, als ich vom Maibummel zu- erleichtern, eigene Geschichten zu erfin- Schreiben in der Freizeit teilweise besser rückkehrte, ihre vier Jungen und ich war den. Laut Marisa Hugelshofer sind im ers- wäre, auf Gross- und Kleinschreibung zu dabei. Es war ein eindrückliches Erlebnis, ten Kindergartenjahr Bilder und Pikto- achten, wird anhand von folgendem auf das ich auch genau so beschrieb. Meine gramme und nicht Buchstaben zentral. einem sozialen Netzwerk veröffentlichten Freude am Schreiben habe ich nun zum Dies erzählt die Kindergartenlehrperson Beispiel deutlich: «Er wäre gerne Dichter. Beruf gemacht. Ich könnte derzeit wieder auf Seite 29. Sie führte mit den Kinder- Er wäre gerne dichter.» einen Text übers Gebären schreiben, denn gartenkindern ein Schreibprojekt durch, ich komme frisch aus dem Mutterschafts- wobei beim Schreiben vor allem die äl- Schreiblust wecken urlaub. Weshalb es Urlaub heisst, vor teren Kinder aktiv waren. In diesem Alter Wie kann die Schreiblust geweckt wer- allem, wenn da noch zwei andere kleine sprudeln die Ideen. Die Kinder erzählen den? Autorin Andrea Gerster hat mit ei- Kinder sind, wäre ebenfalls ein Thema für ohne Punkt und Komma und oft, so ner Sekundarschulklasse aus Arbon einen eine Geschichte. Aber zuerst gilt es, Maa- scheint es, auch ohne Anfang und Ende. Schulhausroman verfasst (Seite 20). Sie lik «den Ernst vom Leben» zu erklären. Interessant ist es, wenn sie beginnen, legte viel Wert auf das kreative Schreiben. Witze zu erfinden. Dass diese irgend- Lehrpersonen seien, was Orthografie und Leandra Gerster wann zu einer humorvollen Pointe führen Grammatik anbelangt, oft ein bisschen Redaktionsleiterin BILDUNG THURGAU sollten, ist meist nebensächlich. Schrei- verkopft, ist Andrea Gerster überzeugt. INHALT EDITORIAL Amriswil – eine spannende Geschichte15 Den Verlauf der Kreatives Schreiben mehr fördern 3 Ab in die Natur – Geschichte mitbestimmen 22 draussen unterrichten 15 Meinungen zum Geschichtendock VERBAND Weinfelden ist bereit und zum Schreiben 23 Aktuelles aus der Geschäftsleitung 5 für die Weiterbildung 17 «Das Problem wird oft vertuscht» 24 Übergang mit vielen Das Naturmuseum Thurgau Unheimliche Orte Gemeinsamkeiten 6 sucht Igelforscher 19 im Schulhaus besuchen 25 Blick hinter die Kulissen 8 Roboter von Lernenden «Die Schülerinnen und Schüler müssen Leistungsmotion knapp abgelehnt 9 erobert Frauenfeld 19 verschiedene Schreibanlässe meistern»26 Spielend Finanzkompetenz lernen 10 Den Schülerinnen und Schülern Anina Meile wagt den Neustart 12 THEMA beim Schreiben Freiräume lassen 28 Rocker mit Flair für Bildungspolitik 13 «Eine Schülerin beschrieb sich Durch Geschichten Einer, der junge Menschen mag 14 aus der Sicht ihres Hamsters» 20 entstehen neue Bilder 29 Schulhausroman 21 BILDUNG Grammatikalische Perlen PUNKT Das Kindergärtnerinnenseminar und geniale Sätze 21 13 Fragen an Thomas Uetz 30 BILDUNG THURGAU • 2–2018
MITGLIEDER GESCHÄFTSLEITUNG REDAKTION / GESCHÄFTSSTELLE Präsidentin und Pressestelle Redaktionsleiterin, Gestalterin Anne Varenne (av) Leandra Gerster (leg) Zürcherstrasse 183 Gaishäusern 8 8510 Frauenfeld 9315 Neukirch anne.varenne@bildungthurgau.ch leandra.gerster@bildungthurgau.ch Telefon 079 545 85 11 Telefon 071 536 49 06 TKK-Präsidentin Redaktorin Tanja Kroha Altenburger Anina Meile (am) Schlossgasse 15 Mattenstrasse 31 8570 Weinfelden 5430 Wettingen tanja.kroha@bildungthurgau.ch anina.meile@me.com Telefon 071 622 33 14 Telefon 079 743 99 21 TUK-Präsidentin Sachbearbeiterin Claudia Brunner Claudia Koch (ck) Rainstrasse 16 Zürcherstrasse 183 8590 Romanshorn 8510 Frauenfeld claudia.brunner@bildungthurgau.ch claudia.koch@bildungthurgau.ch Telefon 071 460 19 79 Telefon 052 720 16 19 TMK-Präsidentin Sabina Stöckli-Helg Grabenhaldenstrasse 78A 8583 Sulgen sabina.stoeckli@bildungthurgau.ch Telefon 071 642 39 56 SEK-I-TG-Präsident Lukas Dischler Lohacker 12 8362 Balterswil lukas.dischler@bildungthurgau.ch Telefon 078 677 69 58 TBK-Präsident IMPRESSUM Christoph Bichsel 44. Jahrgang, Ausgabe 2–2018, Juni 2018 Flawilerstrasse 48 9242 Oberuzwil BILDUNG THURGAU – die Abonnemente /Adressänderungen christoph.bichsel@bildungthurgau.ch Zeitschrift der Berufsorganisation Abonnement 40 Franken / Jahr Telefon 079 291 82 52 der Lehrerinnen und Lehrer des Bestellung bei: Kantons Thurgau – erscheint info@bildungthurgau.ch TKMS-Präsident vierteljährlich im März, Juni, oder mit Formular unter Andreas Schreier September und Dezember. www.bildungthurgau.ch Reutgasse 15 Redaktionsschluss Inserate 8406 Winterthur Mitte des Vormonats vor Hans-Ulrich Wartenweiler andreas.schreier@bildungthurgau.ch Erscheinen Rainweg 8 Telefon 052 202 50 19 8570 Weinfelden Internet / E-Mail Telefon 078 664 93 21 www.bildungthurgau.ch hu.wartenweiler@gmx.ch TKHL-Präsidentin redaktion@bildungthurgau.ch Fotos: FOTO PRISMA Irene Baur Druck Leimackerstrasse 4 Herausgeber Fairdruck AG Bildung Thurgau – Kettstrasse 40, Postfach 129 8355 Aadorf Berufsorganisation der 8370 Sirnach irene.baur@bildungthurgau.ch Lehrerinnen und Lehrer Telefon 071 969 55 22 Telefon 052 722 19 86 des Kantons Thurgau info@fairdruck.ch TITELSEITE Die Sekundarschülerinnen und -schüler aus Arbon haben einen Schulhausroman verfasst. Foto: Leandra Gerster BILDUNG THURGAU • 2–2018
VERBAND5 Aktuelles aus der Geschäftsleitung Knapper Entscheid Anfang Mai hat der Grosse Rat des Kantons Thurgau mit Stichentscheid der Prä- aktiv in die laufende Optimierung der sidentin die Leistungsmotion «Qualitätssicherung Volksschule» äusserst knapp Strukturen des Amtes für Volksschule ein. abgelehnt. Bis Ende Juni 2018 dauert die Vernehmlassungsfrist der EDK zur Revi- sion des Reglements über die Anerkennung von Lehrdiplomen. Arbeitszeiterfassung LCH Die Geschäftsleitung Bildung Thurgau Reglement über die innerhalb der kantonalen Verwaltung. In bittet alle Mitglieder, trotz hoher Arbeits- Anerkennung von Lehrdiplomen Anlehnung an die kantonale Regelung hat belastung bei Schuljahresende und Zur Vernehmlassung der EDK zur Totalre- das Departement für Erziehung und Kul- Schuljahresbeginn sowie während den vision der Anerkennungsreglemente von tur entschieden, für die Schulgemeinden wohlverdienten Sommerferien, an der Lehrdiplomen hat auch die Geschäftslei- eine sinngemässe Handhabung festzule- noch bis September 2018 dauernden tung Bildung Thurgau beim LCH eine gen. Der Grundsatz, dass pro Familie Umfrage zur Arbeitszeit von Lehrper- Stellungnahme eingereicht. Die Mitglie- nicht mehr als eine volle Zulage ausge- sonen teilzunehmen. So erhalten wir für der begrüssen eine Zusammenführung richtet wird, gilt seit 1. April 2018 nur den Kanton Thurgau eine aussagekräfti- der Reglemente. Die prüfungsfreie Zulas- noch innerhalb der einzelnen Schulge- ge Auswertung für möglichst alle Stufen. sung zur Primarstufenausbildung für Inha- meinde. Folglich ist die Familienzulage berinnen und Inhaber einer Berufsmaturi- neu beiden Elternteilen immer gemäss Umfrage Halbklassenunterricht tät lehnt die Geschäftsleitung aber mehr- Beschäftigungsgrad auszurichten, sofern Im Winter führte der Vorstand der Unter- heitlich ab. Begründet wird dieser Ent- sie nicht beim gleichen Arbeitgeber be- stufenkonferenz bei allen Unterstufen- scheid mit einer Übersicht über die er- schäftigt sind. Dies bedeutet konkret, dass lehrpersonen über die digitalen Informa- brachten Schulleistungen. Daraus wird Ehepaare, die beim gleichen Arbeitgeber tionen von Bildung Thurgau eine Umfra- ersichtlich, dass die Absolventen der Be- wie zum Beispiel in Volksschulgemeinden ge durch. Mit der Einführung des neuen rufsmaturität in den Bereichen Bildne- angestellt sind, gegenüber Ehepaaren mit Stundenplanes befürchtete er einen Ab- risches Gestalten und Werken, Musik so- unterschiedlichen Arbeitgebern im Schul- bau der Halbklassenlektionen, vor allem wie Sport keine Vorleistungen mitbrin- bereich benachteiligt sind. Alleinerziehen- in der zweiten Klasse. Aufgrund der Rück- gen. In den Sprachbereichen, der Mathe- de teilzeitbeschäftigte (mindestens 20 meldungen ist dies momentan gross- matik und den naturwissenschaftlichen Prozent) Mitarbeitende erhalten maximal mehrheitlich nicht der Fall. Bereichen ist gegenüber den Absolventen eine volle Familienzulage in Abstimmung der Fachmatura Pädagogik oder einer allfällig verschiedener Arbeitgeber. Mutationen bitte sofort melden gymnasialen Matura ebenfalls deutlich Alle Mitglieder sind gebeten, Mutationen weniger Ausbildungszeit vorhanden. Es Kantonaler Leitfaden wie Adressänderungen, Auslandaufent- würde sich dabei um Zusatzleistungen in «Übergang Kindergarten – halte, Schulwechsel sowie Pensenände- der Grössenordnung von mindestens 1. Klasse gemeinsam gestalten» rungen, die eine Änderung der Mitglie- 2500 Lektionen handeln. Die Geschäfts- Dieser neue Leitfaden des Amts für Volks- derkategorie erfordern, zu melden. Die leitung befürchtet, dass diese prüfungs- schule bietet eine fachliche Grundlage für Geschäftsleitung bittet alle, diese Anga- freie Zulassung für die Inhaber einer Be- die organisatorische und pädagogische ben sofort, aber sicher bis spätestens rufsmaturität zu einem Qualitätsverlust in Zusammenarbeit im Übergang vom Kin- Ende Juli unter info@bildungthurgau.ch der Lehrerbildung führen würde. dergarten in die Schule. Im Dokument mitzuteilen. So kann ein zeitlicher und fi- sind in fünf Handlungsfeldern die Zielset- nanzieller Mehraufwand seitens Bildung Neuregelung der freiwilligen zungen, Massnahmen sowie vielfältige Thurgau bei der Rechnungsstellung ver- kantonalen Familienzulage Ideen aus der Praxis beschrieben. Ebenso mieden werden. Herzlichen Dank! Am 20. März 2018 hat der Regierungsrat werden Instrumente aufgelistet, die den Auch Austritte aufgrund von Kantons- die Verordnung des Regierungsrates zur Übergabeprozess unterstützen können. wechseln, Pensionierung oder Austritt Besoldungsverordnung bezüglich der Zu finden ist der Leitfaden unter av.tg.ch aus dem Schuldienst müssen gemeldet Anspruchskonkurrenz der freiwilligen > Stichwörter A-Z > Übergang Kindergar- werden. Die Geschäftsleitung freut sich, kantonalen Familienzulage verändert. ten – 1. Klasse. wenn möglichst viele Aktivmitglieder Bil- Bisher lautete der Passus: «Pro Familie dung Thurgau mittels einer Passivmit- wird maximal eine volle Familienzulage Leistungsmotion gliedschaft verbunden bleiben. ausgerichtet.» Neu heisst die Regelung: Anfang Mai hat der Grosse Rat mit Stich- Passivmitglieder können von allen Dienst- «Der Kanton richtet pro Familie eine volle entscheid der Präsidentin die Leistungs- leistungen, ausgenommen der Berufs- Familienzulage aus.» Die bisherige Rege- motion «Qualitätssicherung Volksschule» rechtsschutzversicherung, profitieren. lung galt für die kantonale Verwaltung, abgelehnt und folgt damit dem Antrag die PHTG, die Schulgemeinden und die des Regierungsrates, die Leistungsmotion Anne Varenne politischen Gemeinden. Die neue Verord- als nicht erheblich zu erklären. Die Ge- Präsidentin Bildung Thurgau nung gilt seit 1. April 2018 aber nur noch schäftsleitung Bildung Thurgau gibt sich BILDUNG THURGAU • 2–2018
6VERBAND Übergang mit vielen Gemeinsamkeiten Wechsel an der Spitze der Pensionskasse Thurgau (av) Der ehemalige und der neue Präsident der Pensionskassenkommission Thur- Gustav Saxer: Liberales Denken und per- gau sind beide in einer Führungsposition tätig: Anders Stokholm als Stadtpräsi- sönliche Zurückhaltung sind uns auch ge- dent von Frauenfeld und Gustav Saxer als Prorektor der Kantonsschule Romans- meinsam. Wir arbeiten nicht des Geldes horn. Mit einer Körpergrösse von fast zwei Metern verfügen beide über einen in wegen, sondern der Sache wegen. Dies jeder Hinsicht guten Überblick. Beide waren in der FDP in einer Führungsposition nannte sich früher die protestantische tätig, sind 52-jährig und glücklich verheiratet. Ethik. Sie wurde uns mitgegeben. Mein Grossvater hat als Nationalrat FDP vom Anne Varenne: Wieso hast du dich für das te nun auch gesenkt werden müsste. Kanton St. Gallen im Jahr 1945 die AHV Präsidium der Pensionskasse Thurgau (pk. Anders Stokholm: Das politische Umfeld lanciert. Das ist doch eher aussergewöhn- tg) entschieden? ist noch dasselbe wie vor vier Jahren. Die lich, dass ein Liberaler mit diesem Gedan- Anders Stokholm: Mein Vorgänger Peter Skepsis von gewissen Kreisen gegenüber kengut kommt. Eigentlich würde man Pauli hat mich angefragt. Da ich damals der staatlichen Pensionskasse ist dieselbe erwarten, dass dieses vom linken Spek- das Sozialversicherungsamt des Kantons wie vor vier Jahren. Es findet ein Vergleich trum gekommen wäre. Thurgau leitete, war die Arbeit mit der zwischen den Pensionskassen der KMUs Anders Stokholm: Die ersten Sozialversi- zweiten Säule eine gute Ergänzung zur und der pk.tg statt. Immer noch gleich ist cherungswerke wurden von Unter- ersten Säule. auch der eidgenössische Reformstau. Das nehmern, von Fabrikanten, in der Schweiz Gustav Saxer: Die Pensionskassenkom- macht die Arbeit der Pensionskassenkom- bereits im 18. Jahrhundert gegründet. Das mission war auf der Suche nach einem mission nicht leichter. erste übrigens im Greuterhof in Islikon. neuen Präsidenten und setzte einen Auf- ruf ins Informationsbulletin der pk.tg, Anne Varenne: Welche Gemeinsamkeiten Anne Varenne: Wie beurteilt ihr die Leistun- den ich las. Zahlen haben mich immer zeigt ihr beim Führen der pk.tg? gen der pk.tg? interessiert. Zudem hatte ich das Präsidi- Anders Stokholm: Jeder soll in einer Sit- Anders Stokholm: Sie sind anständig, um der Sekundarschule Romanshorn ab- zung zu Wort kommen. Ich lasse eine Dis- nicht überrissen, aber auch nicht gegeben und war auf der Suche nach ei- kussion laufen, solange sie sich nicht im «schmörzelig». Im Verhältnis zum kanto- ner neuen Herausforderung. Es war also Kreis dreht. Der Sitzungsleiter muss den nalen Rahmen sind sie in Ordnung, im für beide ein glücklicher Zufall. Inhalt der Diskussion destillieren können. Vergleich zu anderen kantonalen Pensi- Gustav Saxer: Ich verstehe mich als ein onskassen aber knapp. Sie sind also ty- Anne Varenne: Beim Start eurer jeweiligen Primus inter Pares. Man soll das Wissen pisch thurgauerisch. Tätigkeit in der pk.tg stehen die Änderung bei jedem Mitglied abholen und dann ei- Gustav Saxer: Die Leistungen sind gut, der Pensionskassenverordnung und das Pen- nen Teamentscheid fällen. Wenn einmal wenn man den Vergleich zwischen den sionskassenreglement im Fokus. Welches entschieden ist, gilt dies. Die Leitung Einzahlungen und den Renten zieht. sind die Herausforderungen oder Gemein- muss immer das Ziel vor Augen behalten. Auch die Verwaltungskosten der pk.tg samkeiten, aktuell und vor vier Jahren? Anders Stokholm: Wir sind beide sachori- sind sehr tief. Es ist eine sehr effiziente Anders Stokholm: Die grösste Herausfor- entierte, vorausschauende, strukturierte Kasse. Die Zufriedenheit mit der Leistung derung war die Verselbstständigung der und gut organisierte Menschen. Beide hängt auch vom Alter ab. Die Eigenver- Kasse. Ich durfte als Experte in der vorbe- haben wir einen Beruf, bei dem es mög- antwortung wird immer wichtiger. Bei ratenden Kommission des Grossen Rates lich ist, als Präsident der pk.tg zu wirken. Neuanstellungen sind die Leistungen der mitwirken. Der Regierungsrat kürzte in Gustav Saxer: In der pk.tg darf nie ver- Pensionskasse nie ein Thema, erst wenn seiner Botschaft an den Grossen Rat die gessen werden, dass der einzelne Mensch die Person über 50 Jahre alt ist. benötigten Gelder zur Ausfinanzierung im Mittelpunkt steht. Es besteht die der Pensionskasse. Der Grosse Rat kürzte grosse Gefahr bei unserer Tätigkeit, dass Anne Varenne: Was unterstützt die Arbeit diese Summe nochmals. Somit wurde die nur noch Zahlen im Fokus sind. der Pensionskassenkommission und was be- pk.tg auf einen Marathon ohne genü- hindert sie? gend Proviant geschickt. Anne Varenne: Welche persönlichen Vorlie- Anders Stokholm: Der Reformstau in der Gustav Saxer: Die Verselbstständigung ben oder sonstigen Gemeinsamkeiten beste- Altersvorsorge macht die Arbeit der Pen- der Kasse ist aber doch nicht vollständig hen weiter bei euch? sionskassenkommission nicht einfach. Es umgesetzt worden. Die Pensionskassen- Gustav Saxer: Süsses liebe ich nicht, son- gibt immer neue Entwürfe von Gesetzes- verordnung liegt immer noch in der Ent- dern bevorzuge Essiggurken. Sicherlich vorlagen, die dann doch nicht umgesetzt scheidungskompetenz des Grossen Ra- bin ich ein Genussmensch. werden. Die Notwendigkeit für Reformen tes. Die Versicherten werden immer älter. Anders Stokholm: Ich bevorzuge Süsses ist aber vorhanden. Vor vier Jahren dachte zudem niemand, und bin auch ein Genussmensch. Aber Gustav Saxer: Die Verpolitisierung er- dass das Zinsniveau so tief bleiben, ja so- ich muss mir den Genuss und damit schwert die Arbeit der Pensionkasse. Wa- gar negativ werden würde. Selbst einige Süsses zuerst verdienen. Ich bin also ein rum legt der Bund die Mindestverzinsung Pensionierte teilen uns mit, dass ihre Ren- Belohnungstyp. fest, wenn diese auf dem Markt gar nicht BILDUNG THURGAU • 2–2018
VERBAND 7 mende, die sich besser versichern lassen wollen, dies auch umsetzen können. Aber alle Modelle müssen realistisch sein. Da- her ist ein völlig flexibler Altersrücktritt schwierig, weil die Einkommen und Ein- kommensphasen der Versicherten unter- schiedlich sind. Anne Varenne: Hast du, Anders, deine Ziele als ehemaliger Präsident der pk.tg erreicht und welche Ziele hast du Gustav? Anders Stokholm: Ich kann mich glück- Foto: Anne Varenne lich schätzen, dass ich mein Ziel, einen Deckungsgrad von über 100 Prozent, er- reicht habe. Denn dies lag wegen den Fi- nanzmärkten nicht in meinen Händen. Dass wir es im Einvernehmen mit Arbeit- Gustav Saxer (l.) hat von Anders Stokholm Anfang Jahr das Präsidium der pk.tg übernommen. Das nehmenden und Arbeitgebenden er- Foto wurde im Rathaus vor einem Wandgemälde aufgenommen. reicht haben, ist Teamwork von uns allen, inklusive der Verwaltung. erreicht werden kann? Es müsste freien nicht wirklich. Dieser im System gerecht Gustav Saxer: Mein Ziel ist, im verän- Spielraum geben. Schwierig ist auch das zu werden, wird immer schwieriger, wird derten Umfeld, wenn die Versicherten äl- Rentenalter 65. Für eine so lange Renten- aber immer mehr gefordert. Die Versicher- ter werden, die pk.tg langfristig auf eine dauer von heute mussten die Arbeitneh- ten müssten mehr Eigenverantwortung solide Basis zu stellen. Eigentlich könnten menden noch nie so wenige Jahre arbei- übernehmen. Dies überfordert aber viele. wir uns nun ausruhen, aber wir wissen ten. Das höchste der Gefühle wird sein, dass alle, dass wir der Realität in die Augen Anders Stokholm: Oder anders gesagt: zwischen Modellen mit Stufen gewählt schauen müssen. Das Verhältnis der Jahre der Einzahlung werden kann. Frühzeitige persönliche Be- zu den Jahren des Bezuges ist nicht mehr ratung bei der Pensionskasse ist das A und Anne Varenne: Wo holt ihr euch den Aus- gesund. Eine andere Herausforderung O, um die finanziellen Folgen bis ans Le- gleich zum Berufsalltag? sind die Entwicklungen auf dem Finanz- bensende einschätzen zu können. Viele Anders Stokholm: Den Hobbys Raum ge- markt. Sie sind schwer bis gar nicht vor- Menschen machen sich davon eine Vor- ben, den familiären Austausch pflegen, aussehbar oder werden als nicht möglich stellung. Wenn sie aber wüssten, was dies die Familie leben. Für den nötigen Aus- erachtet. Dass es einmal Negativzinsen konkret bedeuten würde, nähmen sie gleich der Balance muss ich laufen oder geben würde, hätte vor einigen Jahren schnell wieder Abstand von dieser Idee. einen Erfolg verbuchen wie mit dem Ho- niemand gedacht. Gustav Saxer: Versicherte wollen mit 58 len der Tour de Suisse nach Frauenfeld. Gustav Saxer: Unterstützend für die Ar- Jahren in Rente gehen, im Alter von 60 Gustav Saxer: Ich erhole mich beim Arbei- beit der Pensionkassenkommission ist die wieder arbeiten, mit 68 Jahren wieder in ten in meinem grossen Garten. Wenn ir- professionelle Verwaltung der pk.tg. Das Rente gehen. Die Frage sei gestattet, ob gendwie möglich, fahre ich mit dem Velo ist nicht irgendein Hobby. Die ganze Welt es in Zukunft so individuell sein muss. Die von St. Gallen nach Romanshorn zur Ar- der Pensionskassen ist heute eine Indus- Pensionskasse ist eine soziale Einrichtung. beit. Man muss Belastungszeiten aushal- trie geworden. Die Mitglieder der Ver- Versicherte müssen vor der Armut ge- ten können. Dazu brauche ich Verständ- waltung verstehen ihr Geschäft. schützt werden. Wenn die Eigenverant- nis vom Umfeld in belastenden Zeiten. Anders Stokholm: Ein Kränzlein muss wortung sehr hoch wäre, könnte die man auch der Kommission winden. Alle zweite Säule im Extremfall abgeschafft Mitglieder, Arbeitnehmer wie Arbeitge- werden. Viele Versicherte könnten mit Herzlichen Dank ber haben sich dem Ganzen verschrie- dieser finanziellen Verantwortung ver- Bildung Thurgau dankt Anders Stok- ben. Keiner betreibt Lobbying. mutlich nicht umgehen. holm herzlich für sein vierjähriges, en- gagiertes Wirken als Präsident der pk. Anne Varenne: Was müsste die pk.tg ma- Anne Varenne: Was soll bei der Reglements- tg. In einem anspruchsvollen Umfeld chen, damit ein flexibler Altersrücktritt für revision 2020 angepackt oder nicht ange- hat er zusammen mit der Pensionskas- senkommission und der Verwaltung alle möglich ist? gangen werden? viele zukunftsweisende Entscheide für Anders Stokholm: Die teilweise geforderte Gustav Saxer: Was einem wirklichen Be- die nötige Weiterentwicklung gefällt. Individualisierung erleichtert die Arbeit dürfnis entspricht, ist, dass Arbeitneh- BILDUNG THURGAU • 2–2018
8VERBAND Blick hinter die Kulissen Fotoseite zur Verbandsarbeit von Bildung Thurgau Anne Varenne überreicht dem «Znüni-Gewinner» Markus Stark ein Arbeitnehmende der Pensionskassenkommission, von personalthurgau kleines Präsent zu seinem 45-Jahre-Dienstjubiläum. und Bildung Thurgau diskutieren Eckwerte der Reglementsrevision 2020. Die Hochschulleitung der PHTG und die Geschäftsleitung von Bildung Thurgau treffen sich zum jährlichen Austausch. Fotos: Claudia Koch Die Geschäftsleitungsmitglieder diskutieren an der Klausurtagung die An der jährlichen Klausurtagung bleibt auch noch Platz für private Leistungsmotion «Qualitätssicherung Volksschule». Kontakte. BILDUNG THURGAU • 2–2018
VERBAND9 Leistungsmotion knapp abgelehnt Grosser Rat entscheidet mit Stichentscheid (av) 65 Mitglieder des Grossen Rates reichten Ende 2017 die Leistungsmotion sichere ich, dass sich niemand vor Evalua- «Qualitätssicherung Volksschule» ein. Damit sollte der Regierungsrat beauftragt tionen und Kontrollen fürchtet.» werden, die Bereiche Aufsicht, Evaluation sowie Unterrichts- und Schulentwick- lung so zu reorganisieren, dass eine deutliche Reduktion des Aufwandes im Glo- Reto Lagler, CVP/EVP balbudget des Amtes für Volksschule erreicht werden kann. «Diese Leistungsmotion ist ohne eine ein- zige Entlassung, ohne einen einzigen Am 2. Mai 2018 diskutierte der Grosse hoher Selbstverantwortlichkeit eine kan- Franken Zusatzkosten und unter Wah- Rat über die Motion. Der Regierungsrat tonale Aufsicht mit entsprechend einher- rung der Qualitätssicherung der Volks- beantragte in seiner schriftlichen Stel- gehenden Kontrollen notwendig. schule umsetzbar. Ich bin sogar davon lungnahme, diese als nicht erheblich zu ... Dass insbesondere Schulpräsidenten überzeugt, dass mit der Leistungsmotion erklären. Nachfolgend finden sich Auszü- und Schulleitungen Kontrollen und Wei- eine Stärkung der Qualitätssicherung ge aus den Voten der Fraktionsspre- sungen zur Behebung von Mängeln trotz möglich wäre. Der Regierungsrat zeigt in chenden des Grossen Rates basierend auf Nutzen als hinderlich beziehungsweise seiner Stellungnahme mögliche Wege auf dem ausführlichen Protokoll unter Gros- zeitraubend und oftmals wenig mehr- und liefert sinnvolle Ansätze.» ser Rat Thurgau > Home > Sitzungen > wertsteigernd empfinden, ist nahelie- ausführliche Protokolle. gend und verständlich.» Joe Brägger, GP «Lassen Sie deshalb uns zunächst vor Au- Roland A. Huber, glp/BDP Marlise Bornhauser, EDU gen halten, wer in erster Linie für die «14. August 2013: 44 Kantonsrätinnen «Die Schulgemeinden agieren schon Schulqualität verantwortlich ist. Einmal und Kantonsräte fanden sich auf Einla- heute autonom und wir finden, dass die sind die Lehrpersonen zu erwähnen, fer- dung der Parlamentarischen Gruppe Bil- Schulevaluation als Blick von aussen ner die Schulleitungen und Behörden so- dung um 13 Uhr im Sitzungszimmer Ga- wichtig ist und ein gutes Instrument für wie drittens die kantonalen Stellen wie lerie des Rathauses in Frauenfeld ein. Die die Qualitätssicherung und Schulent- die Schulaufsicht, Schulevaluation und meisten dieser Kolleginnen und Kollegen wicklung darstellt. Ich habe mit den Schulentwicklung. Dabei kommt dem AV sind auch heute anwesend. Damals Schulleitern der drei Schulzentren der Se- insbesondere eine Aufsichts- und Kon- lauschten sie über eine Stunde lang den kundarschule Weinfelden gesprochen. trollfunktion zu. Ausführungen von Sandra Bachmann, Grundsätzlich begrüssen sie die Evaluati- ... Ich bin vollständig davon überzeugt, Amtsleiterin Schulevaluation und Schul- on, bemerken aber, dass der Umfang dass Schulqualität zuallererst in den Klas- entwicklung, und Markus Hunziker, Leiter noch diskutiert werden dürfte. senzimmern geleistet und vor Ort von den Fachstelle Schulevaluation. Das Thema ... Eine Evaluation kann am Ende nur die- Schulleitungen und Behörden kontrolliert war Schulevaluation und Schulentwick- nen, wenn die Resultate anschliessend und weiterentwickelt werden muss. Wie lung. In der anschliessenden, rege ge- auch umgesetzt werden und das Control- weit der lange Arm des Kantons bezie- führten Diskussion, die rund eine Stunde ling funktioniert. Diesbezüglich stehen hungsweise jener des AV diesbezüglich dauerte, übten die Kantonsrätinnen und die Behörden in der Pflicht.» reichen soll, kann diskutiert werden.» Kantonsräte deutliche Kritik. Die Rede war beispielsweise von zu hohem adminis- Urs Schrepfer, SVP Walter Hugentobler, SP trativem Aufwand für die Schulen, von «Die Vergangenheit hat gezeigt, dass «Ich bin davon überzeugt, dass die Schul- Doppelspurigkeiten oder wenig ersicht- Qualität keine Frage der Quantität ist. gemeinden und Schulen ebenso an Schu- lichem Nutzen für die Schule selbst, weil Trotz allen Aufwands wurden Missstände len mit hoher Qualität interessiert sind die Qualitätssicherung sowieso vor Ort seitens des AV oft nicht bemerkt. Anstös- wie der Kanton Thurgau. Ich bin sicher, geschieht.» se erfolgten in der Regel direkt von den dass die Schulen ihre Qualität auch ohne Schulgemeinden oder vom Grossen Rat, enges Kantonskorsett auf hohem Niveau Kristiane Vietze, FDP ein Beispiel dafür ist die Diskussion um halten würden. Der Kanton dürfte ruhig «Wir befürworten den sparsamen Um- das Frühfranzösisch. Erst als Reaktion auf etwas mehr Vertrauen in die Lehrper- gang mit hart erarbeiteten Steuergel- die Interventionen der Basis gab der Re- sonen, die Schulleitungen und die Schul- dern, aber diese Leistungsmotion über- gierungsrat in letzter Minute grünes Licht behörden setzen. spannt den Bogen und gefährdet die für Verbesserungsvorschläge. Die miss- ... In den heutigen Ausführungen der zu- Chancengerechtigkeit der Schülerinnen glückte Einführung der Zeugnisse im letz- ständigen Regierungsrätin Knill erwartet und Schüler. Es soll innerhalb des Kan- ten Jahr oder die missratene Kommunika- die SP-Fraktion noch konkretere und zeit- tons Thurgau keine Rolle spielen dürfen, tion in diesem Jahr bezüglich der Einfüh- lich definierte Angaben. In diesem Fall ob ein Kind beispielsweise in Frauenfeld, rung der Massnahmen zur Verbesserung wird sie auf eine Erheblicherklärung ver- in Weinfelden oder in Märwil zur Schule des Frühfranzösischs zeigen ebenfalls zichten, ganz im Sinne des Credos: Wir geht. Um das zu gewährleisten, ist auch Handlungsbedarf auf. vertrauen unserem Regierungsrat und bei teilautonomen Schulgemeinden mit ... Als Schulleiter und Schulpräsident ver- wollen ihn erfolgreich arbeiten lassen.» BILDUNG THURGAU • 2–2018
10VERBAND Spielend Finanzkompetenz lernen Jugendliche vor Schulden bewahren Das «Schuldenmodul Thurgau» ist ein gemeinsames Lernangebot für die Sekun- Einführungskurs darstufe des Vereins FinanceMission, des Betreibungsamts des Kantons Thurgau Der Verein bietet am 22. August 2018 ei- und von BENEFO sowie Caritas Thurgau. Die Thurgauer Organisationen bieten nen kostenlosen Einführungskurs in das dritten Sekundarschulklassen einen Unterrichtsbesuch zum Thema Schuldenprä- Lerngame und die Materialien an. Er findet vention an. Vor- und nachbereitet wird der Besuch mit den Unterrichtsmateri- von 14 bis 16.30 Uhr im Sekundarschul- alien von FinanceMission. zentrum Pestalozzi in Weinfelden statt und wird von Sekundarlehrerin Eva Krähen- tig mit Geld und Konsum auseinanderset- bühl geleitet. Interessierte können sich bis zen. Vor diesem Hintergrund hat sich der spätestens 17. August 2018 bei info@fi- Verein FinanceMission gebildet. Er will nancemission.ch oder auf www.finance- die Finanzkompetenz von Jugendlichen mission.ch/schuldenmodultg anmelden. fördern. Neu bieten seit März 2018 rund Der Einführungskurs unterstützt Lehrper- 20 Expertinnen und Experten von Betrei- sonen bei der schnellen Einarbeitung in bungsämtern und Budgetberatungsstel- das neuartige Lehr- und Lernangebot. len im Kanton Thurgau Schulbesuche für Inhalt und Lernziele des Kurses sind die die dritten Sekundarklassen an. In einem Einführung in das digitale Lernspiel Fi- Film über einen verschuldeten jungen nanceMission Heroes und das Arbeitsheft Mann informieren sie die Jugendlichen für Schülerinnen und Schüler, die Erkun- über Ursachen und Folgen von Schulden digung des Spiels und der begleitenden und zeigen ihnen in einem zweistün- Lernaufgaben sowie die Einbettung von Fotos: Anne Varenne digen Workshop, wie man ein eigenes FinanceMission in die Lernziele des Lehr- Budget für den Lehrlingslohn und das Ta- plans 21 zur Finanzkompetenz und Schul- schengeld erstellt. denprävention (WAH-Unterricht). Kurs- teilnehmende erhalten Tipps und Vor- Kostenlose Lernmaterialien schläge, wie Game und Arbeitsheft zur Regierungsrätin Cornelia Komposch lässt sich Um den Schulbesuch nachhaltig zu veran- Vor- und Nachbereitung des Workshops das Lernspiel erklären. kern, stellt der Verein FinanceMission den mit den Fachexpertinnen und Fachexper- Lehrpersonen kostenlose Lernmaterialien ten der Schuldenprävention eingesetzt Mehrere aktuelle Untersuchungen der zur Verfügung. Dabei handelt es sich um werden können. Es muss einzig ein eige- Universitäten St. Gallen und Fribourg ha- ein auf den Lehrplan Volksschule Thurgau nes Laptop oder iPad mitgenommen ben ergeben, dass Erwachsene und Ju- abgestimmtes digitales Spiel sowie Unter- werden und vorgängig das Lerngame Fi- gendliche deutliche Mängel im Finanz- richtsmaterialien zur Förderung der Fi- nanceMission Heroes von der Webseite wissen aufweisen. Besonders schwach ist nanzkompetenzen auf der Sekundarstufe financemissionheroes.ch, via App-Store dieses Wissen bei Personen mit tiefem I. Begleitend zum Lernspiel ist neu ein Ar- Einkommen, wenig Bildung, aber auch beitsheft für Schülerinnen und Schüler bei Frauen. Es zeigte sich, dass Personen erschienen. Dieses besteht aus neun Lern- mit solidem Finanzwissen weniger ver- aufgaben zu Themen wie Budget, Ge- schuldet sind, mehr sparen und pas- brauchs- und Verbrauchsgüter, Anschaf- sendere Finanzprodukte wählen. Sie ha- fungs- und Folgekosten, Kaufverhalten ben eher ein 3a-Konto und achten so und Finanzentscheide. Die Aufgaben be- stärker auf ihre individuelle Vorsorge. ziehen sich zum einen auf das Spiel, zum Gemäss dem Bundesamt für Statistik le- anderen zielen sie darauf ab, Lernerfah- ben rund 27 Prozent der 18- bis 24-Jäh- rungen in den Alltag zu transferieren. rigen in der Schweiz in einem Haushalt mit Schulden. Kinder und Jugendliche Trägerschaft Verein sind heutzutage starken Konsumreizen Die Trägerschaft von FinanceMission bil- ausgesetzt, sei es beim Online-Shopping, den der Dachverband Lehrerinnen und bei In-App-Käufen, Kreditkartenbezügen Lehrer Schweiz LCH sowie der welsche und anderem. Dachverband SER und die schweize- rischen Kantonalbanken. Das Ziel von Fi- Schulbesuche von Expertinnen nanceMission ist es, die Jugendlichen für Schuldenexperten sind sich einig: Damit den verantwortungsbewussten Umgang Jugendliche nicht in die Schuldenfalle ge- mit Geld zu sensibilisieren und ihre finan- Finanzchef Martin Schläpfer (l.) und Amtsleiter raten, ist es wichtig, dass sie sich frühzei- zielle Allgemeinbildung zu verbessern. Beat Brüllmann testen ihre Finanzkompetenzen. BILDUNG THURGAU • 2–2018
VERBAND11 Trägerinnen und Träger des Schuldenmoduls Thurgau zusammen mit spielenden Schülerinnen und Schülern an der Kickoff-Veranstaltung in Bischofszell. oder Google Play kostenlos heruntergela- gendlichen mit Geld fördert. So müssen Über Nacht werden sie zu Heroes mit der den werden. sie beim Gamen zahlreiche Entschei- Mission, die räuberischen Roboter auszu- Alle Teilnehmenden erhalten ein Exem- dungen mit finanziellen Auswirkungen schalten. Allerdings: Nur diejenigen He- plar der Arbeitshefte. Diese können als treffen: Wie viel Zeit investiere ich in die roes, die ihre Ressourcen wie Ausrüstung, Klassensatz auch direkt im Kurs bestellt Hausaufgaben oder in einen Nebenjob? Geld, Zeit und Lebensenergie gut über- werden. Die Hefte und der Versand sind Wie bereite ich mich auf meine nächt- legt einsetzen, kommen schliesslich zum kostenlos. Ein Begleitkommentar mit Lek- liche Mission vor? Wie investiere ich mein Ziel und überwältigen den Roboterboss. tionsvorschlägen zum Einsatz von Lern- Geld, risikoreich oder vorsichtig und mit spiel und Arbeitsheft, ein Game-Manual welchen Konsequenzen? Kickoff in Bischofszell und weitere Unterlagen sind unter finan- Der Transfer auf Situationen im Alltag Die Informationsveranstaltung des Schul- cemission.ch/lernmaterialien als kosten- hilft den Jugendlichen, die getroffenen denmoduls Thurgau fand Anfang März in lose Downloads aufgeschaltet. Entscheidungen und gewählten Strate- Bischofszell statt. Dabei referierten be- gien bewusst wahrzunehmen und kri- kannte Persönlichkeiten wie Regierungs- Termine buchen tisch zu hinterfragen. Die Arbeitsaufträge rätin Cornelia Komposch, LCH-Präsident Weitere Informationen zum Schuldenmo- im Arbeitsheft holen die Jugendlichen bei Beat W. Zemp, Heinz Huber, Vorsitzender dul Thurgau sind auf der Webseite von ihren Spielerfahrungen ab und bieten der Geschäftsleitung der Thurgauer Kan- FinanceMission unter financemission.ch/ Diskussionsthemen. Die beim Spielen ge- tonalbank, Beat Brüllmann, Leiter des schuldenmodultg aufgeschaltet. Dort wonnen Erkenntnisse zum Umgang mit Amtes für Volksschule, Roger Wiesendan- können Lehrpersonen auch die Termine Geld werden reflektiert und auf Beispiele ger, Amtsleiter Konkursamt und Betrei- für die Unterrichtsbesuche buchen. aus dem Alltag übertragen. bungsinspektorat sowie Ursula Huber, Geschäftsleiterin FinanceMission. Nach Lernspiel Die Story des Lernspiels den Kurzreferaten stellten die Schüle- FinanceMission Heroes ist ein packendes Eine kleine fiktive Stadt hat ein Problem: rinnen und Schüler von Lehrer Fabian «Serious Game» zum Thema Finanzkom- Roboter überall! Jede Nacht überfallen die Strässle das digitale Lernspiel vor. An- petenz, mit dem Jugendliche den Um- Robos in Scharen das Bankenviertel und schliessend konnten alle Gäste unter kun- gang mit Geld lernen können. Die Spiel- rauben die Konten der Einwohnerinnen diger Hilfe der Schülerinnen und Schüler anlage basiert auf den aktuellen Lehrplä- und Einwohner aus. Die lokale Polizei ist FinanceMission Heroes selber spielen und nen der Sekundarstufe I. Erfolg oder völlig überfordert, da Roboterboss Dr. Vio- testen, wie gut sie ihre Finanzen im Griffe Misserfolg im Spiel hängen davon ab, wie letta täglich neue Robos losschickt. Des- haben. Die Bilder auf dieser Doppelseite clever die Spielenden ihre Ressourcen halb setzt die Polizei auf jeden ausgeschal- zeigen Eindrücke dieser Veranstaltung. planen und Finanzentscheidungen tref- teten Robo eine Belohnung aus. Sie sucht fen. Das Lernspiel ist so konzipiert, dass Heldinnen und Helden – Heroes –, die sich Anne Varenne es beim reflektierten Einsatz im Unter- gegen die Roboter stellen. Hier kommen Präsidentin Bildung Thurgau richt den bewussten Umgang der Ju- die Schülerinnen und Schüler ins Spiel: BILDUNG THURGAU • 2–2018
12 VERBAND Anina Meile wagt den Neustart Abschiedsbrief unserer engagierten Redaktionsmitarbeiterin Anina Meile Liebe Kolleginnen und Kollegen Nach fast acht Jahren berufspolitischer Ar- beit verabschiede ich mich an dieser Stelle von euch. Ich werde in den Aargau ziehen, vieles hinter mir lassen und mit meinen Kin- dern einen kompletten Neustart wagen. Un- sere Heimat wird ein Städtchen, das viele von euch aus einem Kinderlied kennen. Ich wohne da zwar nicht in einem Schlössli oder goldenen Haus, aber es gefällt mir sehr und ich bin gespannt, was das Leben noch alles für mich bereithält. Gleichzeitig erfülle ich mir auch einen lang gehegten Traum und beginne endlich die Ausbildung zur Mär- chenerzählerin. Foto: zVg Doch ich lasse nicht alles zurück. Hier im Thurgau bleiben meine Wurzeln und mein Zuhause, Familie, Freunde und ein grossar- Anina Meile verabschiedet sich nach fast acht Jahren berufspolitischer Arbeit. tiges Netzwerk. Das Zurückkommen, um liebe Menschen zu besuchen, zu wandern, wir keine Schwierigkeiten fähige Politike- Willen sind sie nicht in der Lage, sich kom- im See zu baden, wird mir doppelt Freude rinnen zu finden.» plett in die Lage einer Lehrperson, eines al- bereiten. Die weiblich dominierten Konferenzen von leinerziehenden Elternteils, eines Menschen Wenn ich an dieser Stelle auf die letzten Bildung Thurgau suchen vielleicht deshalb im Rollstuhl, eines Kulturschaffenden oder in acht Jahre zurückblicke, so kann ich nur immer wieder verzweifelt nach Vorstands- wen auch immer zu versetzen. staunen, was alles geschehen ist. Es kommt mitgliedern und Delegierten. Doch genug der Worte: Ich mache mich auf mir vor, als hätte ich mich verwandelt. Von Ich erlebe es in der letzten Zeit immer wie- in eine Zukunft, in der nur eines ganz sicher der Junglehrerin mit vielen Träumen, zur der, dass Frauen (und auch Männer) die Er- ist: Ich werde weiterhin im Kleinen an den dreifachen Mutter, hin zur «Teilzeitlerin» mit rungenschaften unserer Eltern und Grossel- mir zugänglichen Rädchen der Politik dre- Hang zum Politisieren. BILDUNG THURGAU tern, was Gleichberechtigung, Arbeitsbedin- hen. Werde wenn nötig etwas Öl zugeben hat mich auf diesem Weg begleitet. Ich gungen und Sozialwesen anbelangt, mit oder hin und wieder etwas Sand ins Getrie- möchte die Chance nutzen und mich an die- Füssen treten. Mir scheint es, dass sich unse- be streuen. Ich wünsche euch allen alles ser Stelle von ganzem Herzen bei Anne Va- re Gesellschaft spaltet. Da sind einerseits die Gute und freue mich sehr, wenn die Verbin- renne bedanken. Sie war mit ihrer schier Kämpfer, die engagiert mitdenken und ver- dung vom Wilden Westen in den Nahen Os- unbändigen Energie eine Art Leuchtfeuer in suchen, die Lebensbedingungen von uns al- ten bestehen bleibt. Herzlich, Anina Meile. allen Lebenslagen. Mit viel Feingefühl und len zu verbessern. Es sind diese Macher, die Engagement hat sie sich in all der Zeit nicht den Wandel in Bewegung halten und den nur für die Anliegen der Lehrerschaft einge- Stillstand verhindern. Auf der anderen Seite Herzlichen Dank setzt, sondern mich auch ganz persönlich begegne ich mehr und mehr Menschen, die Liebe Anina immer wieder unterstützt. sich kaum noch für Politik interessieren. Das Deinen Abschiedsbrief hast du wie alle Es war wohl mein Vater, der einst mein Inte- Thema sei zu komplex, die Zeit zu knapp, deine ausgeübten Tätigkeiten höchst resse für die politische Arbeit und das poli- um sich damit auseinanderzusetzen. Aber professionell, anregend und persönlich tische Engagement geweckt hatte. Aber von sind wir mal ehrlich: Ein bisschen weniger geschrieben. Ich konnte mich in den Anne habe ich das Handwerkszeug mit auf soziale Medien und dafür einen Blick in ein letzten acht Jahren jederzeit an dich den Weg bekommen. Ich habe gelernt, ge- seriöses Newsportal, das wäre ein Anfang. wenden und du hast jede Anfrage um- gehend in perfekter Qualität erledigt: duldig zu sein, Kompromisse zu suchen, Vi- Ich verknurre keinen dazu, sich in seiner Stu- vom Gestalten und Schreiben der sionen zu verfolgen, für die eigenen Ideen fenkonferenz oder als Delegierte zu enga- Weihnachtskarten bis hin zur Stellver- einzustehen und auch mal ganz verbissen gieren, sich für ein politisches Amt zur Verfü- tretung der Redaktionsleiterin von BIL- zu kämpfen. Wenn ich nun «Adieu» sage, gung zu stellen. Aber ich bitte darum; infor- DUNG THURGAU. Wir danken dir dann nur um mich andernorts in anderen miert euch. Entscheidet mit, wohin eure herzlichst für dein grosses Engagement Bereichen zu engagieren. Gemeinde, der Kanton und die Schweiz sich und deine vielfältigen Einsätze in un- Im Zusammenhang mit Frauenquoten im entwickeln sollen. Sonst entscheiden Men- serem Berufsverband. Von Herzen Bundesrat las ich in etwa folgende Aussage: schen über Bildung, Familienpolitik oder das wünschen wir dir und deinen drei Kin- «Wenn Frauen nur halb so sehr von sich Gesundheitswesen, die aus einem ganz an- dern einen rundum gelungenen Start. Macheds guät! Anne Varenne überzeugt wären wie die Männer, hätten deren Metier kommen. Selbst mit viel gutem BILDUNG THURGAU • 2–2018
VERBAND13 Rocker mit Flair für Bildungspolitik Daniel Hurtado berichtet über seine Vorstandsarbeit Seit Dezember 2010 engagiert sich Daniel Hurtado im Vorstand der Mittelschul- chermischung wäre für den Vorstand ide- lehrpersonen, wo er als Aktuar tätig ist und die Webseite der Teilkonferenz be- al. Ausserdem wünscht er sich weibliche treut. Als Lehrer an der Kantonsschule unterrichtet er in vier Klassen Geschichte Verstärkung, da dieser Vorstand im Ge- und Deutsch. Sein Interesse an Politik, nicht zuletzt an Bildungspolitik, ist aus- gensatz zu den Vorständen der übrigen schlaggebend dafür, dass er sich gerne im Vorstand engagiert. Teilkonferenzen hauptsächlich aus Män- nern besteht. Für die Vorstandssuche gilt es in erster Linie, persönlich Kolleginnen und Kollegen anzusprechen. Junge Lehr- personen seien zwar motiviert, fühlten sich jedoch zu unerfahren, um sich im Vorstand zu engagieren, stellt Hurtado oftmals fest. Sensibilisierter für Themen Seiner Meinung nach braucht es kein Vorwissen für die Vorstandsarbeit. Offene Augen und Ohren sowie die Bereitschaft, sich in die Bildungspolitik einzubringen, reichen für den Anfang. «Alles Weitere er- gibt sich an den Vorstandssitzungen, die zweimal pro Semester stattfinden», so Hurtado. Er selber hat durch die Vor- standsarbeit sehr profitiert und sich mit Foto: Claudia Koch Themen auseinandergesetzt, die ihm bis- her fremd oder unbekannt waren. Als Bei- spiel nennt er die Leistungsüberprüfung (LÜP) des Kantons und die Kriterien, wa- Daniel Hurtado fühlt sich als Geschichts- und Deutschlehrer wohl an der Kanti Kreuzlingen. rum wo gespart wird und wo nicht. Er ist auch sensibilisierter für Themen gewor- Geschichte hat Daniel Hurtado schon im- Als Junglehrer angeworben den, wie etwa das passive Wahlrecht der mer interessiert. Bereits als Junge ver- Er schätzt Kreuzlingen sowohl als Wohn- Mittelstufenlehrpersonen: Diese dürfen brachte er viele Stunden in der Biblio- wie auch als Arbeitsort. Bei letzterem lobt nicht in den Grossen Rat gewählt wer- thek, las Bücher über Heldentaten oder er insbesondere das Team und das Klima den, da sie Staatsangestellte sind. Dies berühmte Entdecker. Aufgewachsen in untereinander. Den Betrieb an der Kan- könnte zu einem Interessenkonflikt füh- Stein am Rhein, absolvierte er die Kan- tonsschule kannte Daniel Hurtado, da er ren, wenn es zum Beispiel um Geschäfte tonsschule in Schaffhausen und setzte hier bereits zwei Praktika absolviert hatte, zum Thema Lohn geht, lautet die Be- sich schon früh mit einem Studium aus- was seiner Meinung nach auch bei der gründung. «Uns fehlt daher eine Lobby einander. Da er in einer Band am Klavier Besetzung der Stelle half. Schon als Prak- im Grossen Rat, was wir sehr bedauern», und am Synthesizer Musik machte, tikant hatte er vom Vorstand der TKMS sagt Hurtado dazu. Seine erhoffte Rock- keimte in ihm die jugendliche Fantasie gehört und wurde als Junglehrer ange- starkarriere übrigens erlitt früh einen her- auf, ein Rockstar zu werden. «Ein Studien- worben. «Als Geschichtslehrer bin ich ben Abbruch. Schon ein halbes Jahr nach berater schlug mir vor, Lehrer zu werden, politisch sehr interessiert», sagt Hurtado Stellenantritt hörte er auf mit der Musik da diese ausreichend Freizeit hätten und zu seinen Beweggründen, dem Vorstand – von wegen ausreichend Freizeit. ich parallel dazu ins Musikgeschäft ein- beizutreten. Als Deutschlehrer übernahm steigen könnte», erinnert sich Hurtado. Er er von Beginn weg den Posten des Aktu- Schnuppersitzung möglich beherzigte den Rat einer Klassenlehrerin ars. Ausserdem betreut er die Webseite Haben wir dein Interesse geweckt? Falls und begann in Zürich Geschichte und der Teilkonferenz. «Langweilig wird mir du eine Schnuppersitzung des Vorstandes Deutsch zu studieren. Er arbeitete wäh- nicht», sagt er. Wie andere Teilkonfe- besuchen möchtest, melde dich bitte bei rend des Studiums als Assistent und zwei renzen beschäftigt sich auch dieser Vor- Andreas Schreier, Präsident TKMS, andre- Jahre vor Abschluss des höheren Lehr- stand mit der Suche nach neuen Mitglie- as.schreier@bildungthurgau.ch. amtes erhielt er eine Stelle an der Kan- dern. «Von der Kantonsschule Kreuzlin- tonsschule in Kreuzlingen, wo er seit gen und Frauenfeld könnten wir noch je Claudia Koch 2010 mit seiner Frau und seiner zweiein- eine Vertreterin oder einen Vertreter Mitarbeiterin Kommunikation halbjährigen Tochter wohnt. brauchen», so Hurtado. Eine breite Fä- BILDUNG THURGAU • 2–2018
14VERBAND Einer, der junge Menschen mag 45 Jahre im Thurgauer Schuldienst Seit mehr als vier Jahrzehnten unterrichtet Markus Stark im Schulhaus Rietwies in Elternarbeit intensiver Balterswil. Im Gespräch blickt er zurück auf seine Ausbildungs- und Anfangsjahre Vergleicht er Kinder von früher mit sol- als Lehrer und zieht Vergleiche, wie sich die Kinder, der Schulalltag und die An- chen von heute, so sind zwei Eigenschaf- forderungen an die Lehrerschaft seitdem verändert haben. ten gleich geblieben: die Neugierde und die positive Einstellung. «Heute sind die 45 Jahre im Schuldienst tätig zu sein, ist Balterswil als Lebensmittelpunkt Kinder direkter und offener, ausserdem eine ausserordentliche Leistung. 44 Jahre Nach drei Jahren Lehrerseminar kam er als haben sie einen anderen Umgang mit davon an der derselben Schule zu unter- Praktikant für ein Jahr nach Märwil. Dies Freizeit», sagt Stark. Früher hatten die richten, ist schon fast rekordverdächtig. war ein intensives Jahr – kein Wunder – mit Bauernkinder oft weniger Zeit für die So geschehen bei Markus Stark, der ei- gut 30 Schülerinnen und Schülern der Hausaufgaben, da sie mithelfen mussten. gentlich nur kurz in Balterswil bleiben fünften und sechsten Klasse. Markus Stark Die heutigen Kinder sind dafür versierter wollte. Nicht zuletzt der Liebe wegen war damals knapp 19 Jahre alt, wurde vom mit dem Computer und dem Handy. Die blieb der Primarlehrer im ehemals bäuer- dortigen Lehrerteam jedoch voll akzep- Anzahl der Lehrpersonen hat sich gegen- lichen Dorf hängen, was er bis heute tiert. Nach Seminarabschluss konnte er über früher vervielfacht. War man früher nicht bereut. «Die ländlichen Schulge- dann aus mehreren offenen Stellen wäh- mehrheitlich alleine für seine Klasse zu- meinden haben es mir angetan», sagt len. «Damals waren Lehrpersonen sehr ständig, gibt es heute mehr Absprachen Markus Stark. gesucht. Man erhielt sogar Handgeld, untereinander. Er schätzt das Team und Aufgewachsen in Schocherswil, visierte wenn man eine Lehrperson vermitteln das gute Nebeneinander, auch wenn er Markus Stark beruflich zunächst die konnte», sagt Stark. Besonders die länd- sich an die vielen «Neuen» erst gewöh- Landwirtschaft an. Gerne half er als Jun- lichen Schulgemeinden hatten wegen tie- nen musste. Als grosse Herausforderung ge bei Landwirten aus und zu Hause be- feren Löhnen Mühe, genügend Lehrper- nennt er die Elternarbeit. «Früher erkun- treute er zahlreiche Kleintiere. Doch da- sonen zu finden. Er entschied sich für Bal- digte sich ein Vater bei einem Schwatz im mals standen keine Bauernhöfe zum Ver- terswil, da er sich mit den Bauernkindern Dorf, wie es mit dem Nachwuchs in der kauf. Ein Sekundarlehrer riet ihm, die gut verstand. Dort lernte er seine Frau Schule läuft», so Stark. Heute sind die El- Mittelschule zu absolvieren. Da für ihn Anita kennen, die ebenfalls die Ausbildung tern viel intensiver eingebunden, wofür einige Lehrer als Vorbilder galten, trat er zur Lehrerin absolvierte und ihn schon am die Lehrpersonen mehr Zeit benötigen. im April 1969 ins Lehrerseminar in Kreuz- Lehrerseminar bemerkt hatte, wie er la- lingen ein. Er wohnte im Konvikt und chend anfügt. Mit den gemeinsamen fünf Vorbild für eigene Kinder sagt: «Das war eine tolle Zeit, aus der ich Kindern wohnten sie 20 Jahre im Schul- Der Schulalltag habe sich gewandelt. noch viele Bekanntschaften pflege.» haus, bevor sie ein eigenes Haus bezogen. Lehrmittel ändern sich schneller und nebst dem Unterrichten muss viel Administra- tives erledigt werden. Als Schule gilt es, gemeinsame Werte zu leben, der Schule ein Gesicht zu geben. Als das altersdurch- mischte Lernen eingeführt wurde, war Stark 62 Jahre alt. «Ich wollte nicht mehr neu starten und eine Klasse unterrichten.» Deshalb arbeitet er seither Teilzeit, was ihm den Ausstieg aus dem Schuldienst er- leichtern wird. Die Freude am Unterrich- ten ist aber immer noch ungebrochen. Geblieben sind, nebst ein paar unerfreu- lichen, vor allem die schönen Momente der vergangenen vier Jahrzehnte. Als Mo- tivation für seine Lehrertätigkeit nennt er das Prinzip vier M mit einem J dazwischen: «Man muss junge Menschen mögen.» Dass auch er als Vorbild für seinen Beruf gilt, zeigt sich in der eigenen Familie: Alle Foto: Claudia Koch fünf Kinder sind im Schuldienst tätig. Claudia Koch Mitarbeiterin Kommunikation Markus Stark hat den Wandel in der Schule der letzten Jahrzehnte direkt miterlebt. BILDUNG THURGAU • 2–2018
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