Lieferfähigkeit der Unternehmen im Spannungsfeld von Betriebsunterbrechung und Risikomanagement - Dokumentation der Vorträge, die aus Anlass des ...
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Lieferfähigkeit der Unternehmen im Spannungsfeld von Betriebsunterbrechung und Risikomanagement Dokumentation der Vorträge, die aus Anlass des 10 jährigen Jubiläums der Verismo GmbH im Centrum Obermühle gehalten wurden Herausgegeben von Dr. Klaus Bockslaff
2 Sehr geehrte Gäste und Teilnehmer der Expertenrunde Juni 2013 Wir heißen Sie sehr herzlich auf der Obermühle Fachleuten und renommierten Unternehmen in unserer Verismo Academy willkommen. Es sich heute hier versammelt hat. Wir danken freut uns sehr, dass Sie den Weg zu uns in die Ihnen dafür, dass Sie heute mit Ihrer Anwe- Pfalz an diesen wunderschönen Ort gefunden senheit Ihr Interesse an unseren Themen und haben. Neben unserem Hauptsitz in Küsnacht Ihre Verbundenheit mit uns zeigen. Diese „Ex- haben wir in den letzten Jahren hier einen Ort pertenrunde“ ist aus der Idee eines speziellen aufgebaut, an dem wir unsere Seminare und Erfahrungsaustausches entstanden. In einem Workshops durchführen können. Daneben unserer ersten Projekte, der Einführung eines wird er von dem Centrum Obermühle für das Risikomanagementsystems an einer Universi- reichhaltige Seminarangebot meiner Frau ge- tätsklinik, wollten die Projektverantwortlichen Dr. Klaus Bockslaff nutzt. Insgesamt sind neun Wohnungen ver- sich ein von uns eingeführtes System ansehen. Herausgeber fügbar. Anlass unseres heutigen Treffens ist das Ich kam auf die Idee, meine alten Kollegen von 10 jährige Jubiläum von Verismo. Entstanden der R+V zu bitten, das von mir dort mit einge- ist die Gründung eines eigenen Beratungsun- führte System vorzustellen. Meine ehemaligen ternehmens auf der Basis meiner langjährigen Kollegen sagten zu und eine schöne erste Run- Erfahrung mit den Themen der Schadenver- de fand sich zusammen. Seit damals veranstal- hütung, des Versicherungs- und des Risiko- ten wir regelmässig zweimal im Jahr diesen management in Gesprächen mit einem Teil- Gesprächskreis, der sich immer auf persönliche nehmer unserer heutigen Runde, den ich an Einladung trifft. Allen, die sich an der Ausrich- dieser Stelle ganz besonders begrüßen möch- tung dieser Treffen beteiligt haben, nochmals te. Peter Hohl, der sehr vielen von uns als der meinen herzlichen Dank. Inhaltlich standen Miteigentümer und Herausgeber der WIK be- dabei immer Projektberichte und verschiede- kannt ist, stand mir gerade in der Phase vor der ne Schwerpunkte unseres Tätigkeitsfeldes im Gründung als kritischer Gesprächspartner zur Vordergrund. Mit dem heutigen Thema habe Verfügung. An dieser Stelle möchte ich mich ich mir einen Bereich gewünscht, der für mich nochmals sehr herzlich für seine Unterstützung eine Art Leitlinie war: Wie ist das Unterneh- und Gesprächsbereitschaft bedanken. Mein men für den Fall einer Betriebsunterbrechung zweiter Dank geht an meine Frau, die mich bei gerüstet. „To keep the company running“ ist meinem Entschluss und dessen Umsetzung laut einem sehr erfahrenen Risikomanager die kompetent und motivierend unterstützt hat. Kernaufgabe unseres Tätigkeitsfeldes. Wir, die Schließlich bedanke ich mich bei den Mitar- heutigen Mitarbeiter von Verismo, wollen die- beitern von Verismo und denen des Centrums, sen Gedanken auch in Zukunft mit Ihnen, unse- die tatkräftig mitwirken. Über Arthur Andersen ren Kunden, mit innovativen Ideen und guten führte mich mein Weg zu Verismo als eigenem Projekten umsetzen. Ich danke Ihnen, dass Sie Unternehmen, das ich 2003 in der Schweiz durch Ihre aktive Gestaltung als Referenten gegründet habe. Ein solches Beratungsunter- oder Teilnehmer zum Erfolg unserer heutigen nehmen kann ohne die Unterstützung von Veranstaltung beitragen. Ihnen, unseren zum Teil langjährigen Kunden und „Friends of the Company“, nicht gedei- hen. Schauen Sie nur auf die Gästeliste und Sie sehen, welcher illustre Kreis von kundigen
3 Inhaltsverzeichnis Grußwort��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 04 Dr. Gerhard Schmid, Andreas Heutling . Munich RE Die zunehmende Bedeutung der Betriebsunterbrechung in der internationalisierten Industrielandschaft – Kann BCM helfen?��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 05 Jörg Henkel . HDI-Gerling Sicherheitstechnik GmbH Rückwirkungsschäden, ein unterschätztes Großschaden- potential – Risikoerfassung und Risikobewertung�������������������������� 14 Christian Skodczinski . Schneider-SET GmbH Betriebswirtschaftliche Grundlagen für die Berechnung eines BU Schadens������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 20 Torsten Wichmann, Johannes Müllenberg . SAP AG Die Bedeutung der Sicherstellung der kontinuierlichen Lieferbereitschaft in einem internationalen Konzern������������������ 24 Peter Speckbruck . RWE AG Der langfristige Stromausfall als unterschätzte Ursache für Betriebsunterbrechungen���������������������������������������������������������������������������������������������� 29 Dr. Klaus Bockslaff . Verismo GmbH Von der Antarktis bis heute – Bedeutung der Führung in hochdynamischen Situationen und Krisen����������������������������������������������� 34 Referenten der Veranstaltung����������������������������������������������������������������������������������� 42 DEMiOS, THE crisis management solution: Prozessorientiert, flexibel, plattformunabhängig���������������������������� 46
4 Peter Hohl Grußwort eines langjährigen Wegbegleiters Peter Hohl Erinnern Sie sich noch an die Anfänge des KonTraG? Das Geschehnisse voraus. Kundenorientierung ist zwar in aller „Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmens- Munde, aber dennoch die Marktlücke, wenn man sich die bereich“ trat 1998 in Kraft. Kurzsichtige vertraten damals Realität anschaut. Umfassende Erfahrung im Krisen- und Ri- die Meinung, es gehe dabei ausschließlich um wirtschaft- sikomanagement lässt sich nicht an der Hochschule erwer- liche Risiken; und die nunmehr vorgeschriebenen Risikof- ben, sondern nur in jahrelanger Praxis. Eine sichere Balance rüherkennungssysteme seien nur für Aktiengesellschaften im Zusammenspiel von Tools und Systemen mit menschli- relevant. Bei den Recherchen zu diesen Fragen traf ich cher Expertise und nebenbei auch noch je ein Bein in zwei einen Abteilungsdirektor der R+V-Versicherung, der mit verschiedenen Ländern. Das musste einfach eine Erfolgs- damals noch einsamer Klarheit gesehen hat: Diese Norm geschichte werden. Klaus Bockslaff und seine VERISMO ste- definiert unausgesprochen auch die „Sorgfalt des ordent- hen für noch eine Besonderheit. Sie beweisen, dass Zahlen lichen Kaufmanns“ neu. wichtig, aber nicht alles Sie beeinflusst damit die sind. Schauen Sie sich an, „Corporate Governance“ wie unglaublich liebevoll nicht nur der AG. Und die Obermühle, in der wir man wird ganz schnell uns hier befinden, reno- merken, dass der Gesetz- viert und zu einem auch geber mit der Norm auch umwelttechnisch vor- den Umgang mit opera- bildlichen Tagungszen- tiven Risiken erfasst hat. trum und Lebensraum Dass mangelnde Vorsor- ausgebaut worden ist. ge gegen Brände und kri- Verantwortung, Empa- minelle Angriffe plötzlich thie und Mitmensch- eine Haftung der Unter- lichkeit prägen das Wir- nehmensführung auch ken des Unternehmens vieler KGs und GmbHs ebenso wie Fachkenntnis begründen kann. und Sorgfalt. Ist das nicht Sie werden es erraten: Der Mann mit dem Weitblick war großartig: Anstand als funktionierendes Erfolgsrezept! Dass Klaus Bockslaff, dessen Weg ich von da an mit größter Hoch- Sie dies alles ebenfalls zu schätzen wissen, beweisen Sie achtung und Wertschätzung beobachtet und zum Teil auch heute durch Ihre Anwesenheit und Ihre Mitwirkung. Ich bin begleitet habe. Es liegt nun zehn Jahre zurück, dass er mich ganz sicher: Wir alle werden heute klüger werden. Und zwar fragte, ob es neben all den vielen existierenden noch für ein mit dem größten Vergnügen! weiteres Beratungsunternehmen einen Platz gebe. Ich erin- nere mich, dass ich ihm ohne Zögern zugeraten habe, sich selbstständig zu machen. Ganz einfach, weil er Eigenschaf- ten mitbringt, für die es Bedarf gab und gibt: Risikobewäl- tigung setzt einen glasklaren Blick für mögliche zukünftige
Dr. Gerhard Schmid, Andreas Heutling 5 Die zunehmende Bedeutung der Betriebsunterbrechung in der internationalisierten Industrielandschaft – Kann BCM helfen? Dr. Gerhard Schmid, Andreas Heutling Munich RE Von diesem Vortrag können wir hier lediglich die Folien zur Verfügung stellen. AGCS Risk Barometer 1. Business interruption, supply chain risk 45.7% 2. Natural catastrophes (e.g. storm, flood, earthquake) 43.9% 3. Fire, explosion 30.6% 4. Changes in legislation and regulation 17.1% 5. Intensified competition 16.6% 6. Quality deficiencies, serial defects 13.4% 7. Market fluctuations (e.g. exchange or interest rates) 12.6% 8. Market stagnation or decline 12.3% 9. Eurozone breakdown 12.1% 10. Loss of reputation or brand value 10.4%
6 Dr. Gerhard Schmid, Andreas Heutling AGCS Risk Barometer Titel der Präsentation und Name des Redners 07.05.2014 3 1. Megatrends 2. Komplexität und BU 3. Continuity Management 07.05.2014 4
Dr. Gerhard Schmid, Andreas Heutling 7 Megatrend 1 Just in Time Production: Hohe Exponierung für BU Vorteile: Nachteile: Kostensenkung Hohe Abhängigkeit von Zulieferern > Lagerkosten Produktionsausfall bei Versagen > Personalkosten der Lieferketten > Transportkosten > Verwaltungskosten Preisdruck auf Zulieferer kann eventuell schlechte Qualität zur Verringerung der Durchlaufzeiten Folge haben Erhöhte Liquidität Starke Belastung der Umwelt durch Risikominderung das Bring- bzw. Holprinzip Kostenvorteile durch Bezug großer Hohe Investitionskosten, da die Mengen Unternehmen aufeinander abgestimmt werden müssen 07.05.2014 6 Megatrend 2 Lean Production: Hohe Exponierung für BU Vorteile: Nachteile: Bessere Produktionsqualität JIT Mehr Gruppenarbeit Team JIT Aufstiegsmöglichkeiten Kürzere Lieferzyklen Information Niedrigere Produktionskosten 07.05.2014 7
8 Dr. Gerhard Schmid, Andreas Heutling Megatrend 3 Supply Chain: Extreme Anfälligkeiten für BU Streik Feuer Erdbeben Tornado Terroranschlag Unruhen Flut 07.05.2014 8 Megatrend 3 Supply Chain: Flut Thailand Herstellung Semiconductors 07.05.2014 9
Dr. Gerhard Schmid, Andreas Heutling 9 Megatrend 4 Globalisierung 1. Veränderung der traditionellen Produktion in „Just in Time und Lean Manufacturing“ wegen des enormer Kostendrucks 2. In anderen Worten: Beschaffung wird rationalisiert, Vertrieb zentralisiert und Lagerhaltung virtualisiert 3. Globaler Einkauf mit dem Ziel einer noch stärkeren Kostensenkung entlang der gesamten Lieferkette 4. Kosten werden zwar eingespart; dafür aber enorme BU Risiken der Lieferketten in Kauf genommen 5. Lieferkette kann durch vielzählige Gefährdungen unterbrochen werden 07.05.2014 10 Megatrend 5 Förderprogramme für die Wirtschaft können zu einer Risikoexponierung der partizipierenden Firmen führen 1. Globale Zunahme von staatlichen Förderprogrammen für KMU und Fortune 500 Unternehmen 2. Vermehrte Ausweisung von Industrieparks, z.B. in Thailand, China und in Indien 3. Nach undifferenzierten Anfängen nunmehr geplante Vorgehensweise, z.B. Ansprache deutscher Unternehmen über IHK mit Hinweis Erschließung „neuer Absatzmärkte“ 4. Ansiedelung in Gebieten, die sehr schnell erschlossen werden müssen: Transport, Verkehr, Energie 5. Infolge der extrem schnellen industriellen Entwicklung der Förderländer keine ausreichende numerische Erfassung der Standortparameter möglich 6. Wird oft wegen der finanziellen Anreize für die sich ansiedelnden Unternehmen übersehen. Bsp: Jahrhundertflut in Thailand. 07.05.2014 11
10 Dr. Gerhard Schmid, Andreas Heutling Megatrend 6 Zunehmende Gefährdungen 07.05.2014 12 Formen der BU 07.05.2014 14
Dr. Gerhard Schmid, Andreas Heutling 11 Komplexität erzeugt BU 07.05.2014 15 Darstellung der Komplexität mit MR Tool CARE Hitze und Dürre 14 nodes 32 nodes 76 nodes 204 nodes (direct consequences) (Second tier consequences) (Third tier consequences) (Fourth tier consequences) Morbidity increase Power Cuts Strong increase in energy demand Shipping cargo traffic Air traffic Restrictions River water level restrictions Business Interruptions decrease Hydroelectric power Rail traffic restrictions restrictions River warming Nuclear power plant Business Interruptions disruption Heat and Groundwater falls Power Cuts Payment transaction drought Factory building restriction damages Conflagration Air pollution, respirable Internet breakdown dust Rail traffic restrictions Morbidity increase Telephone network breakdown Business Interruption Restricted operation of Mortality increase Building damages med. facilities insurance (subsidence) Soil moisture relevance insufficient Food prices increase Crop failure 07.05.2014 16
12 Dr. Gerhard Schmid, Andreas Heutling Kosten der wesentliche Vorfälle innerhalb der letzten zwölf Monate (2012) Source: Business Continuity Institute, 2013. , www.thebci.org 17 Continuity Management - ein Modell Source: Business Continuity Institute, 2013. , www.thebci.org 18
Dr. Gerhard Schmid, Andreas Heutling 13 Continuity Management - ein Modell Unternehmenswert Wertschöpfungskette Börsenwert Geschäftsprozesse Reputation Menschen Informationen Sachwerte Personenschutz Schutz digitaler Schutz der ICT Eintrittswahr- Informationen scheinlichkeit Security Schutz auf Reisen Objektschutz und Management Schutz nicht digitaler Auswirkungen Informationen Kapitalanlageneines Schadens Sachschutz Veranstaltungsschutz reduzieren Identifikation und Beobachtung von Bedrohungen Managen der Escalation Koordination des Managements von Sicherheitsvorfällen Information zu Management Immobilien und Bedrohungen Sachvermögen und Vorfällen Kundenverträge Lageberichterstattung Notfallmanagement ... Notfälle und Continuity Krisenmanagement Krisen Management beherrschen Wiederherstellungsmanagement 20 Continuity Management - ein Modell 21 Source: Business Continuity Institute, 2013. , www.thebci.org
14 Jörg Henkel Rückwirkungsschäden, ein unterschätztes Großschadenpotential – Risikoerfassung und Risikobewertung Jörg Henkel HDI-Gerling Sicherheitstechnik GmbH Was sind „Rückwirkungsschäden“ im Sprach- bieten jedoch auch schon weitergehende De- gebrauch eines Industrieversicherers? ckungen an. Dies sind Ertragsausfallschäden bzw. Betrieb- sunterbrechungsschäden im versicherten Welche Bedeutung haben Rückwirkungs- Unternehmen infolge eines Sachschadens schäden bzw. Rückwirkungsrisiken für in einem „fremden“, dritten Unternehmen, produzierende Unternehmen? ohne dass es im versicherten Unternehmen/ In einem Satz: Rückwirkungsrisiken sind das Betriebsstelle zu einem Sachschaden gekom- treibende Risiko in der arbeitsteiligen, global men ist. Diese Auswirkungen bzw. Ertragsaus- vernetzten Supply-Chain vieler produzieren- fallschäden sind zunächst nicht Gegenstand der Unternehmen. Und zwar insbesondere der Betriebsunterbrechungsversicherung, sie diejenigen Rückwirkungsrisiken, die durch den lassen sich aber optional mit einer vorab fest- schadenbedingten Ausfall von Zulieferern ver- gelegten Summe versichern. Allerdings sind ursacht werden. Nur in wenigen Fällen haben Von einfachen Lieferbeziehungen zu Clustern häufig nur schadenbedingte Betriebsunterbre- abnehmerseitige Betriebsunterbrechungen chungen (z. B. nach einem Brand- oder Explo- eine vergleichbare Bedeutung. sionsereignis) versicherbar – einige Versicherer Wertschöpfungs-Cluster Abbildung 1 Z1 innerhalb der Von einfachen Lieferbe- Unternehmung: ziehungen zu Clustern Hier kann man erahnen, dass P1 Cluster A: es den Unternehmen nur P2 A1 - Produktegruppen mit einem professionellen - Wertschöpfungsrelevanz Risikomanagement gelingt, - wichtige Standorte die Risiken, die ihre Zulieferer Z2 - spezifische Eigenschaften bergen, zu managen. P3 der Standorte P5 - etc. P4 Cluster B: - Produktegruppen P6 - Wertschöpfungsrelevanz - wichtige Standorte P8 P7 A2 - spezifische Eigenschaften der Standorte - etc. P10 P9 A3 Z3 VERISMO – 4. Juni 2013 Jörg G. Henkel
arl, Explosion on 31th March 2012 Jörg Henkel 15 claims Abbildung 2 In jüngster Vergangenheit fand beispielsweise folgender Schaden in der Presse eine breite Resonanz. Unzureichende Kenntnisse über die Abhän- eingebunden – strategische Abhängigkei- gigkeiten ihrer Lieferanten und Vorlieferanten ten entstehen können dabei für mittelständische und große • Konstruktion, Design, Qualitätsanforderun- Unternehmen zu einem existenzbedrohenden gen (Zertifizierungen!) verhindern oder be- Risiko werden. Nachdem ich diese Aussage hier grenzen einen Wechsel zu einem anderen kurz noch belege, möchte ich darauf eingehen, Zulieferer wie wir ganz pragmatisch und einfach Wege gehen, um dieses Risiko zu mindern. Denn das Diese Gründe lassen sich ebenfalls als Trends ist uns als Risikoberater unserer industriellen für zukünftige Entwicklungen sehen – denn Kunden wichtig. sie bleiben nicht konstant sondern verändern sich – und zwar in der Weise, dass die Rückwir- Wie entwickeln sich Rückwirkungsschäden kungsrisiken wachsen. Dies lässt sich an den in der Zukunft – Trends? stetig sinkenden Fertigungstiefen vieler produ- Wesentliche Gründe, die die Bedeutung des Ri- zierender Unternehmen bzw. ganzer Branchen sikos „Zulieferer“ beschreiben: verfolgen. Auch die Versicherer spüren diese Entwicklung längst, die Anteile der Schaden- • Fokus auf Kernkompetenzen: Fertigungs- aufwendungen, die auf Rückwirkungsrisiken tiefe sinkt, Outsourcing nimmt zu – Vulne- beruhen, wachsen. rabilität wächst • Konsolidierungsstrategie – nur ein Zuliefe- Was unterscheidet Zulieferrisiken von Risi- rer für viele Komponenten, Vulnerabilität ken im eigenen Produktionsbetrieb? wächst stark Auf den ersten Blick erscheint das zu einem • Zulieferer zunehmend global verteilt – zu- externen Dienstleister oder Zulieferer verla- sätzliche Risiken u.a. durch Naturkatastro- gerte Risiko kein Risiko mehr zu bergen – ver- phen lagert man doch das Gesamtrisiko auf mehrere • Produktkomplexität – Wechsel des Zuliefe- Schultern. Aber die Kontrolle bzw. die Risiko- rers schwieriger steuerung ist das Problem. Wenn nämlich ein • Zulieferer zunehmend in die Konstruktion großer Teil der Wertschöpfung von den Zulie-
16 Jörg Henkel ferern erwirtschaftet wird, wäre es konsequent, Detaillierungsgrad auditiert werden. Und: Es ge- dort den Sicherheitsstandard auf das Niveau nügt nicht, nur die direkten Zulieferer im Blick zu zu heben, welches das eigene Unternehmen haben, es ist notwendig, die Zulieferer der Zulie- (hoffentlich) vorgegeben hat. Und genau das ferer zu analysieren – zumindest aber sollte man geschieht regelmäßig nicht. Mehr noch: Häu- das hier verborgene Risiko abschätzen können. fig ist das hier verborgene Risiko nicht einmal Insofern verwundert es auch nicht, dass auch für bekannt. Wenn Sie fragen, was wissen Sie über den Fall, dass sich das Risiko realisiert, also ein ihre Zulieferer im Hinblick auf deren Risikoma- wichtiger Lieferant ausfällt, in sehr vielen Fällen nagement? Welcher Anteil der Produkte für uns kein Business Continuity Plan (BCP) vorliegt. könnte unter ungünstigen Umständen für wel- Man stelle sich den Chiphersteller vor, der Chips chen Zeitraum ausfallen? Was wissen Sie über für 60% der elektronischen Schließsysteme lie- deren Fähigkeit, nach einer Störung kurzfristig fert, die in 40% aller Fahrzeuge eines Pkw-Her- zu reagieren? Dann werden Sie Unkenntnis stellers verbaut werden. Wenige Millionen Euro feststellen – und genau hier liegt das Problem Wertschöpfung beim Chiphersteller führen zu und der Unterschied zu den internen Zuliefe- einer Wertschöpfung des Schließsystemher- rern, bei denen man viel leichter die Möglich- stellers von vielleicht 100 Millionen Euro und zu Lassen sich Risikoexponierungen abschätzen? keit hat, solche Fakten zu erfragen. Wobei auch einer Wertschöpfung des Fahrzeugherstellers das nicht immer geschieht. von einigen Ja, eine Milliarden besondere Euro.liegt Exponierung Weiterhin vor, wennbetonen wichtige Grundstoffe, Halbfabrikate, möchte ich das in Abbildung 2 erwähnte Zulieferteile bzw. deren Lieferanten einen Argu- abdecken. hohen Marktanteil Wie gehen die Unternehmen mit diesen Rückwirkungsrisiken um? Zulieferer deckt Marktbedarf ab zu … % Rückwirkungsschadenexponierung Funktionierende Lieferketten bieten große < 10% Meist unkritisch Vorteile, Outsourcing ist geradezu eine Not- wendigkeit für den Erhalt der Wettbewerbs- > 10% < 25% Rückwirkungsschaden – Risiko gegeben fähigkeit. Denn nur mit den Arbeitsprozessen der Wertschöpfungskette, die das einzelne Un- ternehmen effizienter und „besser“ beherrscht > 25% < 50% Rückwirkungsschaden im zweistelligen als andere, lassen sich Wettbewerbsvorteile Mio. € - Bereich möglich erzielen. Die Erfahrung aus unserer Risikobe- > 50% Rückwirkungsschaden im dreistelligen ratung zeigt aber, dass viele Unternehmen Mio. € - Bereich möglich – und hier der Einkauf – viele die eigene Exis- tenz bedrohende Risiken, die die Zulieferer VERISMO – 4. Juni 2013 mentJörg G.der Henkel strategischen Abhängigkeiten von Abbildung 3 verursachen können, nicht kennen und auch Zulieferern. Ganz bewusst werden Zulieferer Eine besondere Exponierung nicht umfassend analysieren. Das verwundert liegt vor, wenn wichtige Grund- in die Entwicklung und Konstruktion – immer zunächst – analysiert werden natürlich z. B. stoffe, Halbfabrikate, Zuliefer- komplexerer – Komponenten eingebunden. teile bzw. deren Lieferanten Termintreue und Liefertreue, Flexibilität bei Wechseln Sie doch einmal den Hersteller eines einen hohen Marktanteil schwankender Nachfrage, Kosten, finanzielle abdecken. Getriebes für einen Industrieroboter – Sie wer- Stabilität, Qualität der Produkte und Prozesse den erfahren, dass dieser Prozess zwei Jahre und das Qualitätsmanagement. Die Verletz- Zeit benötigen kann. Oder bedenken Sie ein- barkeit der Zulieferer durch z. B. Naturgefahren, mal die Validierungs- und Zertifizierungsrouti- der Brandschutzstandard, die Absicherung der nen, die ein Pharmaunternehmen durchlaufen (Kunden) – Werkzeuge gegen, die Verteilung muss, wenn es den Hersteller eines Wirkstoffes der wertschöpfenden Kernprozesse auf ge- wechseln muss. trennte feuertechnische Komplexe, Ausweich- möglichkeiten oder gar die Qualität des mög- Kann man das Risiko grob abschätzen? Kann licherweise vorhandenen Business Continuity man abschätzen, ob ein großes Risiko durch Managements – das sind die entscheidenden den Ausfall von Lieferanten vorliegt? Eine Kriterien, die häufig nicht oder nicht mit der sicherlich zunächst sehr grobe Einschätzung nötigen Fachkenntnis und dem erforderlichen gelingt rasch. Eine besondere Exponierung
Jörg Henkel 17 liegt vor, wenn Lieferanten wichtiger Grund- Dies gelingt eben nicht dadurch, dass man eine stoffe, Halbfabrikate, Zulieferteile einen hohen ABC-Analyse der Lieferanten nach Ihrem Ein- Anteil des Gesamtbedarfes hieran abdecken. kaufsvolumen (EK) durchführt. Denn ein Liefe- Das ist ein Kriterium von vielen, das man rant mit einem kleinen EK kann unverzichtbare jedoch schnell abschätzen kann. Teile liefern, die in einer Vielzahl der Produkte unseres Unternehmens verbaut werden. Es Welche Branchen haben ein hohes Rückwir- bietet sich folgendes gestuftes Vorgehen an: kungsrisikopotential? Diese Frage ist schwer zu beantworten. Man 1. Workshop zur Positionsbestimmung des sollte eher fragen: Welche Branchen haben die- Zulieferermanagements ses Problem nicht? Branchen mit besonders 2. Selektion der kritischen Zulieferer, Quantifi- hohem Rückwirkungsrisikopotential sind bei- zierung des Exposure spielsweise 3. Risikoerhebungen bei ausgewählten kriti- schen Zulieferern für detaillierte Informati- • Die Chemie, weil es dort spezielle Rezeptu- onen und zur Risikoverbesserung ren für Zusatzstoffe gibt, die nur einige Her- 4. Handlungsoptionen, Aufbau eines Bu- steller liefern können siness Continuity Managements (BCM) In Zentraleuropa (außer UK) wenig • Die Fahrzeugindustrie – wegen der niedri- Risikobewusstsein gen Fertigungstiefe und des großen Teile- Dieses Vorgehen lässt sich sowohl auf interne Eine Selektion der ausfallkritischen Zulieferer spektrums,liegt meist nichtZulieferern das von vor, nur in derkommt Kfz- (zum Unternehmen gehörende) wie auf exter- Industrie beginnt ein Umdenken. ne Zulieferer anwenden. Produktgruppe bei Totalschaden des und Standort des Ausfalldauer bei Zuliefererwerks Umsatzausfall DB-Ausfall bei bei Muster AG EK -Volumen Kommentar Positionsbestimmung Zulieferermanage- geschätzte Muster AG Muster AG EK-Menge Zulieferer Produkt Werkes ment Bewährt hat sich, einen Workshop, unter Um- t/a, Tsd. EUR Monate Tsd. EUR Tsd. EUR Bosch, Stück/a ständen sogar auch mit ausgewählten Liefe- Ventil 100'000 250 100% 12 300'000 150'000 kein Ersatz Stuttgart Seeber Innenverkleidung 50'000 1'000 25% 6 37'500 18'750 ranten, durchzuführen. Hier sind grundsätz- TKD Drehteil 250'000 25 75% 4 75'000 37'500 liche Fragen zum Zulieferermanagement zu Siemens Elektronik 50'000 2'500 50% 8 100'000 50'000 stellen und zu beantworten. Beispielsweise: Alcan Aluminium 100'000 500 100% 6 150'000 75'000 Speziallegierung • Was ist für uns ein kritischer Zulieferer? • Woran machen wir „kritisch“ überhaupt Abbildung 4 • Der Maschinenbau – aus den gleichen Musterbeispiel VERISMO – 4. Junieiner fest? Gründen wie im Fahrzeugbau 2013 Jörg G. Henkel Ergebnistabelle • Welche Abteilungen legen die Bewertungs- • Die Pharmaindustrie, weil dort typischer- Eine Selektion der ausfallkri- kriterien fest? tischen Zulieferer liegt meist weise Wirkstoffe oder einzelne sehr spezi- • Wer entwickelt das Analyseprocedere? nicht vor, nur in der Kfz-Indust- elle Synthesestufen bei Dritten gefertigt rie beginnt ein Umdenken. • Welche Gefahren, welche Szenarien wollen werden wir für den Ausfall der Zulieferer zugrunde • Hersteller von mikroelektronischen Bautei- legen? len. • Welcher Personenkreis ist für die Risikobe- wertung zu qualifizieren und durch wen? Wie analysiert man die Rückwirkungsrisiken • Wie dokumentieren wir die Audits, die wir im Unternehmen? ggf. bei unseren Lieferanten durchführen? Die detaillierte Analyse des Risikos allerdings • Wie reagieren wir im Falle einer Nichtbelie- ist wesentlich mühsamer – schlussendlich ferung? müssen die Stücklisten aller Produkte – zumin- • Welche Maßnahmen haben wir für den dest der umsatzstarken, der Rennerprodukte – Ernstfall vorbereitet bzw. müssen wir vor- „rückwärts“ aufgelöst werden. Welcher Umsatz bereiten? entfällt bei jedem unserer Produkte, wenn Lie- ferant xy nicht liefert – das ist die Kernfrage.
18 Die Quantifizierung ist eigentlich einfach … Jörg Henkel Tabellarisches Ergebnis einer Quantifizierung „ausfallkritischer“ Zulieferer. DAUER BEI AUSFALL- Baureihe B-Baureihe D-Baureihe G-Baureihe L-/M-Baureihe Ersatzteile Sonstiges AUSFALL SCHADEN Stück in 2012 10'000 15'000 5'000 2'000 500'000 Umsatz 2012 in 25'000 30'000 50'000 30'000 25'000 10'000 T€ in % 15% 18% 29%18% 15% 6% Antei Umsatz 2010 in Betroffe Anteil Betroffe Anteil Betroffe Anteil Betroffe lfd. Nr. Lieferant, Standort l T€ n in % n in % n in % n in % 1 A1 352 X 100 X 100 X 100 X 100 8 38'333 2 A2 74 X 100 X 100 X 75 6 19'375 3 A3 159 X 50 6 3'750 4 A4 291 X 100 X 100 X 100 X 100 6 28'750 5 A5 52 X 50 X 6 3'750 6 A6 300 X 100 X 100 X 100 X 100 6 28'750 7 A7 83 X 100 X 100 X 100 6 22'500 8 A8 93 X 100 X 100 X 100 5 17'708 9 B1 1'015 X 100 X 100 X 100 9 33'750 10 B2 135 X 100 X 100 X 100 X 100 6 28'750 11 B3 116 X 100 6 6'250 12 B4 616 X 50 X 50 X 50 6 10'625 13 B5 711 X 50 X 50 X 50 X 50 12 28'750 14 B6 61 X 100 X 100 8 18'333 Wer sollte daran teilnehmen? Mindestens na- Als Ergebnis bekommen Sie eine Prioritätenlis- Abbildung 5 Dieses Verfahren kann auch nur für die Produkte (und deren Lieferanten) durchgeführt werden, mit te des Lieferantenexposures, gewichtet nach Quantifizierung „ausfallkriti- türlich die Geschäftsleitung, der Einkauf, das scher“ Zulieferer denen sie den größten Ertrag erzielen – Begrenzung Supply-Chain-Management, die Produktion, des Arbeitsaufwands. den betroffenen Lieferantenumsätzen oder Dieses Verfahren kann auch die Qualitätssicherung und das Controlling. besser den Deckungsbeiträgen. Und dann wis- nur für die Produkte (und deren sen Sie, mit welchen Lieferanten Sie sich näher Lieferanten) durchgeführt wer- den, mit denen sie den größten Selektion der kritischen Zulieferer, Quantifi- beschäftigen müssen und mit welchen nicht. VERISMO – 4. Juni 2013 Ertrag erzielen – Begrenzung zierung desJörg Exposures G. Henkel Die Botschaft ist: Ein Produkt mit kleinem Ein- des Arbeitsaufwands Hierzu haben wir eine Tabelle entwickelt, mit kaufswert kann zum größten Ertragsausfall- der man in vier, fünf Schritten die Analyse schaden im Unternehmen führen. Was müs- Abbildung 6 durchführen kann. Nun sollte man direkt zu sen Sie im ungünstigsten Fall tun? Sie müssen Checkliste – hier BU spezifische Fragen (1) Beginn prüfen, ob man das Analyseverfahren notfalls Stücklisten rückwärts auflösen, nach Einfache Methodik zur Zuliefe- rerbewertung als erster Schritt für alle Zulieferer durchführt – manche Un- beteiligten Zulieferern. Risikoerhebungen bei einer Risikoverbesserung ternehmen haben 1500 Zulieferer. Hier lautet Einfache Methodik die Empfehlung: Beschränken Sie sich auf ihre Verfügbarkeitscheck für größere Zulieferer wichtigsten Produkte bzw. auf die wichtigsten zur Zulieferer- Produktfamilien, mit denen 80% des Umsatzes Punkte bewertung als erster erzielt werden. Abbildung 5 zeigt das Verfah- ren anhand eines Beispiels. Hierzu müssen Sie Ja Ist ggf. für jedes der Top Sellerprodukte (ABC-Analyse Schritt einer Risiko- Ihre Zulieferer erstellen) separat bewerten nicht sehr relevant, nur Bezug von sofort • Die Produkte in Produktfamilien aufteilen verbesserung • Den jährlichen Umsatz der (wichtigsten) substituierbaren Teilen und Stoffen bzw. keine erwähnenswerte Abhängigkeit 15 Welcher Anteil Ihres Produktfamilien eintragen, verbleibende Umsatzes mit uns hängt etwa 1/3 10 10 von Ihrem wichtigsten unter Sonstiges Zulieferer ab (und entfällt, • Alle Zulieferer auflisten auf der y-Achse wenn dieser Zulieferer etwa 2/3 5 ausfällt)? • Festlegen, ob und ggf. in welcher Höhe (0% bis 100%) die einzelnen Produktfamilien nahezu 100% 0 durch den hypothetisch angenommenen Ausfall eines jeden Lieferanten betroffen es gibt leider keine oder nur unzureichende 0 kurzfristige Alternativen wären es gibt keine oder nur unzureichende kurzfristige • Schätzen, wie lange es dauern kann, bis Wie sind Sie auf den Alternativen, aber wir halten deshalb einen 5 5 Pufferbestand für mindestens 4 Wochen für alle dieser Zulieferer nach einem Großschaden Ausfall Ihrer wichtigsten kritischen Komponenten vor Zulieferer insgesamt wieder liefern kann oder wie lange es dau- vorbereitet? es gibt kurzfristige Alternativen für fast alle "kritischen" Zulieferer und mündliche Absprachen für 10 ert, eine Alternative aufzubauen. diesen Fall es gibt kurzfristige Alternativen für die gesamte Menge und stets aktuelle Business Continuity Pläne 15 für diese Fälle VERISMO – 4. Juni 2013 Jörg G. Henkel
Jörg Henkel 19 ausgewählten kritischen Zulieferern für detaillierte Infor- Fazit mationen und zur Risikoverbesserung. Im dritten Schritt Es ist mithilfe eines systematischen Ansatzes möglich, die führen Sie bei den jetzt ermittelten „kritischen“ Zulieferern kritischen Zulieferer zu identifizieren, das Risikopotential eine Risikoanalyse durch. Sie können zunächst eine schrift- zu quantifizieren – und häufig genug auch zu mindern. Die liche, checklistengestützte Erhebung machen. HDI-Ger- Basis hierfür sind Grafiken und Tabellen, die die Wertschöp- ling hat eine Checkliste entwickelt. Allerdings muss jedes fungsketten und die Abhängigkeiten von den Lieferanten Unternehmen die relevanten Fragen und Kriterien natür- veranschaulichen. Voraussetzung ist, dass das Unterneh- lich selbst festlegen. Für alle besonders kritischen Zuliefe- men die Kriterien festlegt und über das notwendige Know- rer und für diejenigen bei denen das Ergebnis der schrift- how zur Risikobewertung verfügt. HDI-Gerling Sicherheit- lichen Befragung wenig aussagefähig ist, sollte Sie vor stechnik hat bei der Analyse und Minderung von Risiken Ort das Risiko erheben. Hierzu müssen Sie die Mitarbeiter in komplexen Wertschöpfungsketten lange Erfahrung und entsprechend qualifizieren oder können unsere Hilfe in kann wertvolle Unterstützung leisten. Anspruch nehmen. Handlungsoptionen, Aufbau eines Business Continuity Managements (BCM) Sie haben das eigene Risikomanagement überprüft, Sie haben herausgefunden, was Ihre kritischen Zulieferer sind und Sie haben bei einzelnen Zulieferern nachgehakt, um sich ein noch genaueres Bild zu machen. Im letzten Schritt können Sie versuchen, das Risiko zu mindern. Das geht na- türlich nur bei den Zulieferern, die hierzu bereit sind. Es bestehen generell mehrere Möglichkeiten zur Risikomin- derung, in der Regel „klassisches Risikomanagement“. • Second sourcing • Entwicklungskosten steigen, Logistikkosten steigen • Vorratsbildung (on site, beim Zulieferer, bei Dritten) – fallweise trotz eventueller Kosten die beste Lösung • Umlaufvermögen nimmt zu – Finanzierungskosten steigen • Lagerhaltungskosten steigen, Platzbedarf nimmt zu • Verbesserung des Schutzstandards beim Zulieferer • Audits ! gelingt nur, wenn Kunde entsprechende Marktmacht hat • Führt evtl. zu steigenden Bezugskosten/Teilekosten • Muss gut gemanagt werden • Aufbau eines BCM für den Ausfall der (wichtigsten) Zu- lieferer! BCM für den Ausfall der wichtigsten Zulieferer. Warum denn nicht? Wenn man mal schaut: In vielen Unterneh- men (z.B. Chemie, IT) ist dies in den Einkaufbedingungen vermerkt, dass alle Zulieferer ein BCM-System haben müs- sen. Das ist schon seit vielen Jahren so. Nur überprüft wird dies de facto oft nicht.
20 Christian Skodczinski Betriebswirtschaftliche Grundlagen für die Berechnung eines BU Schadens Christian Skodczinski Schneider-SET GmbH Vortrag VERISMO Expertenrunde 4.06.2013: Kfm. Grundlagen BU in einem Betrieb können auch Schäden in anderen Unter- nehmensstandorten Wechselwirkungsschäden nach sich Definitionen: Ertragsausfallschaden FBU ziehen. Zudem können Sachschäden bei Lieferanten oder Wird der Betrieb des Versicherungsnehmers infolge eines Kunden eintreten, sogenannte Rückwirkungsschäden. Dies versicherten Sachschadens unterbrochen oder beeinträchtigt, leistet der Versicherer Entschädigung hat insbesondere das Beispiel des Erdbebens in Japan, so- für den dadurch entstehenden Ertragsausfallschaden. wie der Überflutung in Thailand gezeigt, welche beide gra- Der Ertragsausfallschaden besteht aus den fortlaufenden Kosten vierende Auswirkungen auf Lieferanten und Kunden auch und dem Betriebsgewinn in dem versicherten Betrieb, die der in Europa hatten. Im Folgenden wird die grundsätzliche Versicherungsnehmer bis zu dem Zeitpunkt, von dem an ein Ertragsausfallschaden nicht mehr entsteht, Berechnung eines BU-Schadens theoretisch, sowie anhand längstens jedoch bis zum Ende der Haftzeit, infolge der von Beispielen erläutert. Hierbei wird auf die gezeigten Fo- Betriebsunterbrechung oder -beeinträchtigung nicht erwirtschaften konnte. lien Bezug genommen. Es sei aber vorab darauf verwiesen, Quelle: Musterbedingungen FBUB 2008, Verband der Deutschen Versicherungswirtschaft dass bei konkreten Schäden jeweils die Besonderheiten des SCHNEIDER - SET GmbH © betroffenen Betriebes zu berücksichtigen sind, und dass auf Sonderfälle aus Zeitgründen nicht eingegangen wird. Durch eine BU-Versicherung soll innerhalb bestimmter Der versicherte Anteil zur Ermittlung des Ertragsausfall- Rahmenbedingungen der Versicherungsnehmer (VN) schadens entspricht dem Nettoertrag des Unternehmens, bezüglich des Betriebsgewinns in seiner Gewinn- und abzüglich ersparter variabler, also umsatzabhängiger Verlustrechnung so gestellt werden, als ob der Schaden nicht eingetreten wäre. Dies sichert nicht nur die operati- Vortrag VERISMO Expertenrunde 4.06.2013: Kfm. Grundlagen BU ve Ertragslage, sondern kann existentielle Risiken für das Ertragsausfallschaden; versicherter Anteil Unternehmen vermeiden. Wird der Betrieb eines Versiche- rungsnehmers infolge eines versicherten Sachschadens un- Betriebs- Gewinn terbrochen, entschädigt der Versicherer den versicherten Versicherter Ertragsausfallsachschaden. Dieser entspricht den schaden- Anteil bedingt nicht gedeckten Fixkosten und dem nicht erzielten Betriebsgewinn. Dies wird auch vereinfacht mit ‚versicher- = = tem Anteil‘ bezeichnet. Der schadenbedingte Ertragsaus- fallschaden wird ersetzt, solange er eintritt, maximal aber im Rahmen der vereinbarten Haftzeit (üblicherweise 12 Monate oder länger). Deshalb ist es wichtig, dass die Ver- sicherungsnehmerin die Haftzeit vorab entsprechend den SCHNEIDER - SET GmbH © möglichen Risiken wählt. So kann der Wiederaufbau einer komplexen Anlage durchaus länger als ein Jahr dauern, und Kosten. Die wesentlichen variablen Kosten sind üblicher- nachhaltige Umsatzrückgänge über die Dauer der techni- weise die Materialkosten, gefolgt von variablem Energie- schen Wiederherstellung hinaus nach sich ziehen. Auch das verbrauch und Logistikkosten. Wird der schadenbedingt zu versichernde Sach-Risiko ist zu erwägen. Neben Schäden ausgefallene versicherte Anteil in einer BU erstattet, so
Christian Skodczinski 21 kann das Unternehmen die weiterlaufenden Kosten, also Fix- hen. Wird dadurch Umsatzausfall vermieden, werden diese kosten (z. B. Personal, Abschreibungen), sowie den Betriebs- im Prinzip bis zur Höhe des damit geretteten Deckungsbei- gewinn in gleichem Maße erwirtschaften wie ohne Schaden. trages im BU-Schaden berücksichtigt. Einzelheiten regelt die Der versicherte Anteil entspricht weitgehend der Definition jeweilige Police. Die Summe aus Netto-Ausfallschaden und des „Deckungsbeitrages“ in der Industrie. Hierbei ist aber im Schadenminderungskosten ist der festgestellte BU-Schaden. Einzelfall zu prüfen, welche Kostenarten in die konkrete GuV Auf das Thema „Unterversicherung“ kann hier aus Zeitgrün- variabel, und welche fix einfließen. So stellt die verarbeitende den nicht eingegangen werden. Es sei aber darauf verwie- Industrie Lohnkosten der Fertigung oft über Stundensätze sen, dass die Versicherungssumme vorab ausreichend zu als variabel ein, während Lohnkosten des Stammpersonals in definieren ist, um diese zu vermeiden. Besonders bei dyna- einer BU im Grundsatz als Fixkosten angesehen werden. Bei mischem Geschäft mit hohen Steigerungsraten kann dies einem BU-Schaden werden verschiedene Komponenten er- sonst zu Problemen führen. Im diesem vereinfachten Beispiel mittelt. Gibt es einen Umsatzausfall, so wird dieser als Abwei- (ohne Schaden) stehen einem Umsatz von 200 EUR variab- chung des Ist-Umsatzes gegen den Sollumsatz im Rahmen le Kosten von 80 EUR gegenüber, der versicherte Anteil be- der Haftzeit ermittelt. Der Sollumsatz entspricht hier nicht au- trägt also 120 EUR. Dieser reicht zur Deckung der Fixkosten tomatisch dem Umsatzplan der VN für die betrachtete Perio- von 100 EUR, sowie zur Erzielung eines Betriebsgewinns von 20 EUR. Nun zur Situation nach Schaden: durch einen versi- Vortrag VERISMO Expertenrunde 4.06.2013: Kfm. Grundlagen BU cherten Sachschaden entfällt ein Umsatz von 100 EUR, also die Hälfte der Sollleistung. Dadurch entfallen auch umsatz- Ermittlung des BU-Schadens: Ermittlungsschema abhängige Kosten. Hier wird vereinfacht angenommen, dass 1. Netto-Umsatzausfall (Soll-Ist in BUZ) diese proportional entfallen, also 40 EUR eingespart werden. 2. Davon versicherter Anteil in % Zusätzlich werden 10 EUR aufgewandt, um den Umsatzaus- 3. = Brutto-Ausfallschaden, 1. X 2. 4. - Einsparungen und Erwirtschaftungen, z.B. Personal 5. = Netto-Ausfallschaden, 3.- 4. 6. + Schadenminderungskosten, z.B. externer Zukauf 7. = BU-Schaden 8. (Ermittlung Versicherungswert, ggf UV) SCHNEIDER - SET GmbH © de, sondern es wird ermittelt, wie der Umsatz ohne Schaden verlaufen wäre. So können sich auch Marktbedingungen ge- ändert haben, positiv oder negativ. Beim Ist-Umsatz werden, soweit möglich, schadenbedingte Effekte von nicht scha- denbedingten isoliert. Hierzu wird, neben den historischen Ist-Leistungen des Unternehmens, wo möglich auch auf externe Markt- und Branchendaten zurückgegriffen. Als De- fall zu mindern, z. B. zur Aufrechterhaltung der anderen Hälf- lta von Ist- zu Sollumsatz verbleibt der Netto-Umsatzausfall. te des Umsatzes. Der verbleibende versicherte Anteil (hier: Dann wird, basierend auf der Kosten- und Ergebnisrechnung Deckungsbeitrag) beträgt 50 EUR. Dies sind 70 EUR weniger des Betrachtungszeitraumes, ermittelt, welcher versicherte als ohne Schaden (120 EUR, siehe oben und unterhalb). Im Anteil ohne Schaden erwirtschaftet worden wäre. Dies wird Schaden werden aber auch Fixkosten eingespart, hier mit 10 in % vom Umsatz ausgedrückt, und der Netto-Umsatzausfall EUR angenommen. Insofern beträgt der Ertragsausfall nur 60 damit multipliziert. Es verbleibt der Brutto-Ausfallschaden. EUR. Wird dieser erstattet, ist die VN bezüglich des Betriebs- Von diesem werden schadenbedingte Einsparungen und Er- gewinns so gestellt wie ohne Schaden (ohne Schaden: 20 wirtschaftungen, z. B. durch nicht weitergezahlte Mieten oder EUR; mit Schaden: -40 EUR; BU-Erstattung: 60 EUR). Dies ist ersparten Werteverzehr, in Abzug gebracht. Es verbleibt der unten nochmals in der in Folie dargelegten Berechnungslo- Netto-Ausfallschaden. Hinzu kommen noch, falls anfallend, gik gezeigt. Diese vereinfachte Berechnung soll nun an ei- Schadenminderungskosten. Diese können z. B. durch exter- nem komplexeren Beispiel gezeigt werden, mit Fokus auf der nen Zukauf von Waren, oder Produktionsverlagerung entste- Zeitschiene.
22 Christian Skodczinski • Die Haftzeit beträgt hier 12 Monate. weitung) nach Ende der Haftzeit zu betrachten. Diese Folie • Es gibt am 1.1.2013 einen Sachschaden, welcher am zeigt erneut die genannten Zeiträume, sowie den Verlauf 30.06.2013 behoben ist (6 Monate). des Deckungsbeitrages. Die rote Linie zeigt hierbei die ur- • Für das Hochfahren der Anlage werden aber weitere sprüngliche Planung der VN vor Schaden. Es fällt auf, dass drei Monate benötigt. diese unter der Entwicklung der letzten Monate vor Scha- • Im Februar - September 2013 (6 Monate) wird ein Provi- den liegt, sowie, dass, ab September 2013 die Ist-Entwick- sorium genutzt. Es bleibt danach bestehen. lung deutlich über dem Plan liegt. Diese Entwicklung be- • Die Kunden bestellen erst ab Ende November wieder im ruht hier auf folgenden Faktoren (Beispiel): üblichen Umfang. • Der betriebsnotwendige Bestand kann erst nach 13 Mo- • Vor Schaden gab es eine steigende Geschäftsentwick- naten wieder aufgefüllt werden, bis dahin gibt es noch lung im 2. Halbjahr 2012, durch Marktbelebung. geringe Ausfälle. • Dies hat der Mitte 2012 verabschiedete Plan für 2013 noch nicht berücksichtigt. In diesem Fall würde der BU-Schaden im Rahmen der Haft- • Deshalb ist die Sollleistung für 2013 zu korrigieren. zeit von 12 Monaten festgestellt werden. • Dies ist hier beispielhaft durch die grüne Linie gezeigt. Vortrag VERISMO Expertenrunde 4.06.2013: Kfm. Grundlagen BU Beispiel B: BU im Zeitablauf; 2. Entwicklung Deckungsbeitrag SCHNEIDER - SET GmbH © Vortrag VERISMO Expertenrunde 4.06.2013: Kfm. Grundlagen BU Spätestens nach Wieder-Hochfahren der Anlage im Okto- Beispiel B: BU im Zeitablauf; 1. Zeitschiene ber 2013, bei weiterer Nutzung des Provisoriums, können sogar mehr Mengen als ohne Schaden ausgeliefert werden. 2012 2013 2014 Sachschaden: 1.1.2013 Monate 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1 2 3 4 5 6 Haftzeit (z.B. 12 Monate) 12 Techn. Wiederherstellung 6 X Aufbau Vortrag VERISMO Expertenrunde 4.06.2013: Kfm. Grundlagen BU Wiedererreichen Produktionsleistung 9 Hochlauf Wiedererreichen Absatzleistung 11 Kundenrückgewinnung Bestandswiederaufbau 13 Provisorium (Dauer) 6 Beispiel B: BU im Zeitablauf; 3. Analyse + Sollleistung Wirtsch. Nutzen Provisorium 16 SCHNEIDER - SET GmbH © Zusätzlich wäre das Fehlen von Beständen am Ende der Haftzeit, sowie wirtschaftliche Vorteile aus einer mögliche Steigender Anpassung Provisorium Hochfahren Aufholung, Mehrproduktion Weiternutzung des Provisoriums (z. B. zur Kapazitätsaus- Trend Sollleistung etabliert Anlage Weitere Nutzung Provisorium SCHNEIDER - SET GmbH ©
Christian Skodczinski 23 Es tritt hier eine Aufholung von verlorenem Umsatz ein. Indien. Während Europa und Amerika noch freie Kapazität In dieser Folie wird die monatliche Entwicklung von De- haben, wird dadurch in Indien ein anderes Produkt ver- ckungsbeitrag und Schadenminderungskosten gezeigt. Ge- drängt, wenn auch mit geringerem Deckungsbeitrag. genübergestellt werden grundsätzlich der Soll-Deckungs- Ohne ins Detail zu gehen, macht dies deutlich, dass hier beitrag im Schadenzeitraum (hier: Haftzeit von 12 Monaten), sowie der Ist-Deckungsbeitrag. Dies berücksichtigt eine Auf- Vortrag VERISMO Expertenrunde 4.06.2013: Kfm. Grundlagen BU holung ab Oktober 2013. Hier noch nicht betrachtet sind Wechselwirkung: Beispiel globaler Chemie-Konzern Bestandseffekte, sowie Vorteile des Provisoriums nach der Produktionsausfall: 120 tto* B,C Haftzeit. Ein kurzer Blick auf das Thema Unterversicherung: Hätte die VN den Ist-Deckungsbeitrag des Jahres 2012 zur Bildung der Versicherungssumme verwendet, hätte das Ri- siko einer Unterversicherung bestanden, da die Steigerung des Jahres 2013 nicht berücksichtigt worden wäre. Produktionsausfall: 120 tto B, C (China); *tto = 1000 Tonnen Schadenminderung: 100 tto B, C aus EU/AM/Indien; Absatzausfall: 40 tto (20 tto B,C in China, 20 tto D in Indien) Zu beachten unter anderem bei BU: Eliminierung von Binnenmargen bei Aushilfslieferungen.Unterschiede in Herstellkosten Europa, Amerika, China, Indien. Zoll- und Logistikkosten bei Aushilfslieferungen Trennung in versicherte und nicht versicherte Einheiten. GGf. Lokale und Master-Policen…….… Vortrag VERISMO Expertenrunde 4.06.2013: Kfm. Grundlagen BU SCHNEIDER - SET GmbH © Beispiel B: BU im Zeitablauf; 4. BU-Berechnung 2012 Haftzeit 2013 2014 eine komplexe konsolidierte Ermittlung von Ausfall und 1 2 3 Summe 2012: 4 5 6 7 8 9 10 11 12 148 1 2 3 Summe 2013: 4 5 6 7 8 9 10 11 12 101 1 2 3 Summe 1-6/14 4 5 120 6 Schadenminderungskosten im Konzern nötig ist. Sollten Deckungsbeitrag IST Mio EUR 10 10 11 11 10 13 12 12 14 16 14 15 0 0 3 5 5 5 7 9 12 15 20 20 20 20 20 20 20 20 Deckungsbeitrag PLAN 2013/2014 Mio EUR Summe 2013: 132 11 11 11 11 11 11 11 11 11 11 11 11 11 11 11 11 11 11 Summe 1-6/14 66 lokale Deckungen neben einem Mastervertrag bestehen, Summe 2013: 180 Deckungsbeitrag SOLL in HZ (z.B.) Mio EUR 15 15 15 15 15 15 15 15 15 15 15 15 sowie einzelne Gesellschaften nicht oder unterschiedlich Brutto-Ausfall (IST-SOLL) Mehrkosten (Provisiorum, z.B.) Mio EUR -79 Mio EUR -15 -15 -15 -12 -10 -10 -10 -10 -1 -1 -1 -8 -1 -6 -1 -3 0 5 5 versichert sein (z. B. Haftzeit), erhöht dies noch die Komple- BU vorl. Mio EUR -94 xität. Zudem müssen lokale Besonderheiten von Kosten- Bewertungszeitraum Vers. Wert, z.B. Mio EUR 180 15 15 15 15 15 15 15 15 15 15 15 15 Meldung Vers. Summe, z.B. Basis 2012 Mio EUR 148 10 10 11 11 10 13 12 12 14 16 14 15 und Ergebnisrechnung berücksichtigt werden. Dies ist bei noch zu betrachten: Einsparungen/Erwirtschaftungen, Wirtschaftlichkeit Provisorium, Konzernschäden das übliche Umfeld. Unser Büro hat in der wirtsch. Vorteile Provisorium in/nach Haftzeit, Bestandsentwicklung,Versicherungswert… Bearbeitung solcher, sowie auch weniger komplexer Schä- SCHNEIDER - SET GmbH © den langjährige Erfahrung, und steht Ihnen im Bedarfsfall gerne zur Verfügung. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Das vorherige Beispiel betraf den „einfachen“ Fall einer BU an einem Standort in Deutschland. Im Konzernumfeld sind aber üblicherweise mehrere Standorte, meist auch interna- tional, durch Wechselwirkungen betroffen. In diesem Fall gibt es einen Sachschaden in China. Zur Schadenminderung wird aus Werken in Europa und Amerika geliefert, sowie aus
24 Torsten Wichmann, Johannes Müllenberg Die Bedeutung der Sicherstellung der kontinuierlichen Lieferbereitschaft in einem internationalen Konzern Torsten Wichmann, Johannes Müllenberg SAP AG Das Thema der Sicherstellung der kontinuierlichen Liefer- Fertigungstiefe. Was bedeutet es nun, wenn über Lieferbe- bereitschaft in einem internationalen Konzern soll nachfol- reitschaft gesprochen wird, und welchen Begriffen begeg- gend unter folgenden fünf Aspekten behandelt werden: net man? Mithilfe eines Portfolios an Lieferbereitschaft be- stimmenden Faktoren kann dargestellt werden, worauf es • Bewusstsein über Lieferbereitschaft ankommt, wenn es um die kontinuierliche Sicherstellung • Strategien zur Lieferbereitschaft der Lieferbereitschaft geht. Was geschieht konkret bei Pro- • Lieferbereitschaft bei der SAP zessunterbrechungen oder -störungen im Unternehmen, • BCM bei der SAP also beim Eintreten einer Krise? Die Erfahrung zeigt, dass die • Implementierung von BCM höchste Aufmerksamkeit seitens der Geschäftsführungs- ebene oder auch anderer Bereiche immer dann geweckt Das Praxisbeispiel für diesen Beitrag, der zum 10 jährigen wird, wenn sich ein realer Zwischenfall ereignet, der einen Firmenjubiläum der Verismo AG im Juni 2013 erstellt wur- Einfluss bzw. eine spürbare Auswirkung auf die Geschäfts- de, liefert SAP als Unternehmen selbst, an dessen Ansatz die prozesse hat. praktische Umsetzung des Themas Lieferbereitschaft in ei- nem internationalen IT Konzern konkret dargestellt werden soll. Bewusstsein für Lieferbereitschaft Dem Managementsystem zur Sicherstellung der Lieferbereitschaft Bedeutung Bewusstsein über Lieferbereitschaft geben, heißt Bewusstsein für die Lieferbereitschaft schaffen. Gerade IT-Unternehmen handhaben das Thema Lieferbe- reitschaft anders als z. B. ein Unternehmen der Versiche- rungs- oder der Automobilbranche. Die Herstellung und „Die Krise ist ein ungemein Wartung von Software erfordert eine eigene und besondere produktiver Zustand. Man muss ihm nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.“ Max Frisch (1911-1991) Lieferbereitschaft im Großkonzern - Bestimmende Faktoren Hinweis: Die Grafik dient der Illustrierung und bildet keine Datensätze ab. Sicherheitspersonal Erdbeben Vulkanausbruch Krisenmanagement Naturkatastrophen © 2013 SAP AG. All rights reserved. 4 Erste Hilfe BC-Pläne Pandemie Bedrohungen Werkschutz Gefahrenquellen Terror Notfallmanagement Streik Risiken Bei Krisen-Vorfällen geht die diesbezügliche Aufmerksam- Vertreterregelung Entführung Krisenstab Rufschädigung keit schlagartig nach oben. Sofort kommt die Frage auf: Hat Mitarbeiter und Angehörige das Unternehmen ein Krisenmanagement und gibt es ein interne Interessen Business Continuity Management? Im Zweifelsfall werden Gewährleistung eines Notbetriebs Produkte und Dienstleistungen Verlässlichkeit Anzahl Standorte Standortverteilung sehr oft ad-hoc Ressourcen zum Aufbau oder Ausbau ent- externe Interessen Unternehmensgröße Anzahl Mitarbeiter sprechender Managementsysteme zur Verfügung gestellt. Zuverlässigkeit Einhaltung von Zusagen Lokale vs globale Ausrichtung Je weiter man sich dann vom Zeitpunkt der Krise entfernt, © 2013 SAP AG. All rights reserved. 3 desto mehr ebbt das allgemeine Interesse an entsprechen-
Torsten Wichmann, Johannes Müllenberg 25 den Managementsystemen im Bereich Krisenbearbeitung pflichtung des Topmanagements zum Handeln muss in und Business Continuity – zumindest von der organisato- jedem Fall vorab vorliegen und dem Managementsystem rischen Gesamtbreite aus gesehen – wieder ab. Auch wenn muss nach Installation auch die Chance gegeben werden, vielleicht ein Managementsystem entwickelt und installiert entsprechend getestet zu werden, so dass man dann nicht wurde, sogar spezielle eigene oder fremde Software zur nur in der Lage ist, die erforderlichen Zertifizierungen zu er- Steuerung eingesetzt wird und man von einem nachhal- langen, sondern auch die Bestätigung der Funktionsfähig- tigen und im Unternehmen verankerten Ansatz sprechen keit vorliegen hat. kann, spielt die klassische Lieferbereitschaft in Extremsi- tuationen im Tagesgeschäft eines Softwareunternehmens Strategien zur Lieferbereitschaft kaum eine Rolle. Hierzu ist es für das entsprechende Ma- Welche grundsätzlichen Möglichkeiten hat man, um Lie- nagementsystem wichtig, sich mit der Bewusstseinsent- ferbereitschaft zu erzeugen? In einem internationalen stehung für die Probleme des eigenen Gebietes zu be- Konzern, wo man Business Case Studies, Whitepapers o. ä. schäftigen. Beim Thema Lieferbereitschaft heißt dies, die erstellt und sich um Budgets und Kostenstellen kümmern Bewusstseinsauslöser zur Lieferbereitschaft im Unterneh- muss, ist es wesentlich entscheidend, welchen Weg man men zu kennen. Hierzu ist die Größe der einzelnen Dimen- beschreitet. Hier gibt es zwei aus der Fachliteratur entlehn- sionen bei einem internationalen Konzern besonders zu te Grundstrategien. beachten. Die folgende Matrix stellt einen Versuch dar, eine vereinfachte Gliederung der vielschichtigen Dimensionen in proaktiv, reaktiv, intern sowie extern vorzunehmen. Matrix der Auslöser zum Beschäftigen mit der Sicherstellung der Lieferbereitschaft Matrix der Auslöser zum Beschäftigen mit der Sicherstellung der Lieferbereitschaft © 2013 SAP AG. All rights reserved. 5 Die eine Grundstrategie ist, Lieferbereitschaft als Programm © 2013 SAP AG. All rights reserved. 5 zu implementieren. Hierbei ist die Sicherstellung der Liefer- bereitschaft ein Ereignissystem für sich. Lieferbereitschaft Im Zuge einer klassischen Definition beschreibt „reaktiv“ als Programm bedeutet deshalb auch, dass man auch ent- eher einen generellen Fall: Wenn z. B. ein Krisenreport vor- sprechende Trainingsprogramme zur Mitarbeiterschulung liegt oder rechtliche Anforderungen von externer Seite aufsetzt. Die andere Grundstrategie ist die Lieferbereit- gestellt werden, dann reagiert das Unternehmen entspre- schaft als Ergebnis. Dabei installiert man Tools und Pro- chend. Nach Freigabe der Möglichkeit zur Zertifizierung zesse, die man noch nicht als Sicherstellung der Lieferbe- nach der neuen ISO-Norm ist z. B. die IT Abteilung der SAP reitschaft bezeichnet, die aber darauf abzielen bzw. eine im Jahr 2012 nach der ISO 22301 zertifiziert worden. Damit entsprechend gerichtete Wirkung entfalten und so die Lie- war SAP eines der ersten Unternehmen in Deutschland ferbereitschaft herstellen oder zumindest unterstützen. In überhaupt, das diesen Zertifizierungsprozess erfolgreich der Praxis gibt es zahlreiche unterschiedliche Sub-Formen durchlaufen hat. Solche externen Anforderungen können Lieferbereitschaft zu erzeugen, z. B. zentralistisch, dezentral, auch nach innen wirken und zu internen Veränderungen im etc.. Dies ist an dieser Stelle lediglich eine verkürzte Darstel- Unternehmen bereits ohne Auftreten einer Krisensituation lung der Grundlagen zum Zweck des besseren Verständnis- führen – also einen entsprechenden Aufmerksamkeitsaus- ses für die Umsetzung des Themas bei der SAP. löser darstellen. Der proaktive Fall auf der anderen Seite ist in der Praxis eher der seltenere. Die Bereitschaft und Ver-
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