Wissensbilanz - Made in Germany - Leitfaden 2.0 zur Erstellung einer Wissensbilanz - Arbeitskreis ...
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Impressum Herausgeber Das Bundesministerium für Wirtschaft und Bundesministerium für Wirtschaft Technologie ist mit dem audit berufundfamilie® und Technologie (BMWi) für seine familienfreundliche Personalpolitik Öffentlichkeitsarbeit ausgezeichnet worden. Das Zertifikat wird von 11019 Berlin der berufundfamilie gGmbH, einer Initiative der www.bmwi.de Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, verliehen. Text und Redaktion Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) Öffentlichkeitsarbeit 11019 Berlin www.bmwi.de Autoren Kay Alwert, alwert GmbH & Co. KG Manfred Bornemann, Intangible Asset Consulting GmbH Markus Will, Fraunhofer IPK Sven Wuscher, Fraunhofer IPK Arbeitskreis Wissensbilanz c/o Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) Bereich Unternehmensmanagement Gestaltung und Produktion PRpetuum GmbH, München Stand November 2013 Diese und weitere Broschüren erhalten Sie bei: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Diese Broschüre ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des Referat Öffentlichkeitsarbeit Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. E-Mail: publikationen@bundesregierung.de Sie wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum www.bmwi.de Verkauf bestimmt. Nicht zulässig ist die Verteilung auf Wahlveranstaltungen und an Informationsständen Zentraler Bestellservice: der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Telefon: 030 182722721 Aufkleben von Informationen oder Werbemitteln. Bestellfax: 030 18 10 2722721
Inhaltsverzeichnis Vorwort ............................................................................................................................................................................................................................ 4 Ziele der „Wissensbilanz – Made in Germany“ und des Leitfadens................................................................................................... 5 Wie ist der Leitfaden aufgebaut und wie kann er verwendet werden?........................................................................................... 6 1. Einführung ........................................................................................................................................................................................................ 7 1.1 Hintergrund: Die wissensbasierte Wirtschaft............................................................................................................................. 7 1.2 Warum Wissensbilanzen?..................................................................................................................................................................... 7 1.3 Was leistet eine Wissensbilanz?......................................................................................................................................................... 8 2.Erstellung einer Wissensbilanz................................................................................................................................................................10 2.1 Kontext der Wissensbilanz.................................................................................................................................................................10 2.2 Vorbereitung der Wissensbilanzierung – Was ist zu beachten?........................................................................................11 2.2.1 Acht Schritte zur fertigen Wissensbilanz.................................................................................................................12 2.2.2 Hilfsmittel...............................................................................................................................................................................13 2.3 Schritt 1: Geschäftsmodell beschreiben.......................................................................................................................................14 2.3.1 Grundlagen.............................................................................................................................................................................15 2.3.2 Umsetzung..............................................................................................................................................................................16 2.3.3 Hilfsmittel...............................................................................................................................................................................16 2.4 Schritt 2: Intellektuelles Kapital definieren................................................................................................................................18 2.4.1 Grundlagen.............................................................................................................................................................................18 2.4.2 Umsetzung..............................................................................................................................................................................19 2.4.3 Hilfsmittel...............................................................................................................................................................................20 2.5 Schritt 3: Intellektuelles Kapital bewerten.................................................................................................................................21 2.5.1 Grundlagen.............................................................................................................................................................................21 2.5.2 Umsetzung..............................................................................................................................................................................22 2.5.3 Hilfsmittel...............................................................................................................................................................................24 2.6 Schritt 4: Intellektuelles Kapital messen.....................................................................................................................................26 2.6.1 Grundlagen.............................................................................................................................................................................26 2.6.2 Umsetzung..............................................................................................................................................................................26 2.6.3 Hilfsmittel...............................................................................................................................................................................28 2.7 Schritt 5: Wirkungszusammenhänge erfassen.........................................................................................................................31 2.7.1 Grundlagen.............................................................................................................................................................................31 2.7.2 Umsetzung..............................................................................................................................................................................33 2.7.3 Hilfsmittel...............................................................................................................................................................................33 2.8 Schritt 6: Auswertung und Interpretation der Analyseergebnisse..................................................................................34 2.8.1 Grundlagen.............................................................................................................................................................................34 2.8.2 Umsetzung..............................................................................................................................................................................43 2.8.3 Hilfsmittel...............................................................................................................................................................................44 2.9 Schritt 7: Maßnahmen ableiten.......................................................................................................................................................45 2.9.1 Grundlagen.............................................................................................................................................................................45 2.9.2 Umsetzung..............................................................................................................................................................................46 2.9.3 Hilfsmittel...............................................................................................................................................................................46 2.10 Schritt 8: Zusammenstellung der Wissensbilanz und zielgruppengerechte Aufbereitung.................................47 2.10.1 Grundlagen.............................................................................................................................................................................48 2.10.2 Umsetzung..............................................................................................................................................................................49 2.10.3 Hilfsmittel...............................................................................................................................................................................50
Inhaltsverzeichnis 3. Weiterführende Informationen...............................................................................................................................................................51 3.1 Kurze Entwicklungsgeschichte der Wissensbilanz.................................................................................................................51 3.2 Wichtige Quellen im Internet...........................................................................................................................................................54 3.3 Literaturverzeichnis..............................................................................................................................................................................55 3.4 Übersicht Hilfsmittel und Zusatzmodule...................................................................................................................................61 3.5 Glossar und Abkürzungsverzeichnis.............................................................................................................................................62 3.6 Mitwirkende am Projekt „Wissensbilanz – Made in Germany“........................................................................................65 3.7 Wissensbilanz-Projekte der Initiative „Fit für den Wissenswettbewerb“....................................................................66
4 Vorwort Um nachhaltig erfolgreich zu bleiben, müssen Unter- men abzuleiten. So wird einerseits die gezielte und nehmen ihre individuellen Erfolgsfaktoren kennen systematische Entwicklung der wichtigsten Erfolgsfak- und gezielt entwickeln. Denn aus diesen Faktoren ent- toren im Unternehmen ermöglicht. Andererseits kann stehen die entscheidenden Wettbewerbsvorteile, die die Wissensbilanz als Kommunikationsinstrument ein Unternehmen auch langfristig am Markt positio- genutzt werden, um auch externen Zielgruppen den nieren. Gerade kleine und mittlere Unternehmen „wahren“ Wert des Unternehmens aufzuzeigen. Wird in (KMU) in Deutschland sind gezwungen auf Differen- das Berichtswesen eine Wissensbilanz integriert, können zierung zu setzen, da Kosten- und Preisvorteile gegen- Banken beispielsweise eine präzisere Unternehmensein- über dem (globalen) Wettbewerb meist nicht zum schätzung im Rahmen von Kreditverhandlungen vor- Tragen kommen. Vielmehr müssen Firmenleitungen nehmen. den Nutzen für ihre Kunden immer wieder überprüfen und die Leistungserstellung daraufhin optimieren. Das Projekt „Wissensbilanz – Made in Germany“ hat Dabei stehen die verantwortlichen Manager vor der seit 2004 kontinuierlich an Fahrt, Aufmerksamkeit und Herausforderung, nicht nur Chancen und Risiken im Akzeptanz gewonnen. Die im Rahmen des Pilotpro- Umfeld genau zu kennen, sondern auch die Stärken jekts entwickelte Methode und die unterstützende und Schwächen im eigenen Unternehmen im Blick Software „Wissensbilanz-Toolbox“ erfreuen sich wei- zu haben. terhin einer hohen Nachfrage unter deutschen Unter- nehmen. Welches sind nun aber die wichtigen internen Erfolgs- faktoren? Sicher spielen moderne Technologien, die Die vollständig überarbeitete Neuauflage des Wissens- richtigen Anlagen und Maschinen oder eine gute bilanz-Leitfadens 2.0 wurde um neue Erkenntnisse aus Betriebsausstattung auch weiterhin eine Rolle. Doch der Praxis ergänzt. Stärker als zuvor wurde er an die die wesentlichen Wettbewerbsvorteile werden heute Nutzung der Wissensbilanz-Toolbox angepasst, die nicht mehr nur über diese materiellen Faktoren gene- ebenfalls vom Arbeitskreis Wissensbilanz mit dieser riert. Zunehmend ergibt sich der eigentliche Vor- Neuauflage überarbeitet wurde und kostenfrei durch sprung am Markt aus den nicht greifbaren Faktoren, das Bundesministerium für Wirtschaft und Techno den immateriellen Werten eines Unternehmens. logie (BMWi) zur Verfügung gestellt wird. Um solche „weichen“ Erfolgsfaktoren, wie spezielles Wir wünschen Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre Fachwissen der Mitarbeiter, schlanke Prozesse oder gute und einen nachhaltigen Erfolg bei der Entwicklung Kundenbeziehungen, messen und steuern zu können, Ihres Unternehmens! wurde die Wissensbilanz entwickelt. Dieses Manage- mentinstrument unterstützt Führungskräfte und Mit Ihr arbeiter dabei, Transparenz über die immateriellen Werte zu gewinnen, ihre Wirkung auf die Leistungser- stellung zu bewerten und daraus die richtigen Maßnah- Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
5 Ziele der „Wissensbilanz – Made in Germany“ und des Leitfadens Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technolo- Vertiefung gie (BMWi) stellt im Rahmen der Initiative „Fit für den BMWi (2008): Broschüre „Wissensbilanz – Made in Wissenswettbewerb“ die Wissensbilanz-Toolbox und Germany“. Wissen als Chance für den Mittelstand: den vorliegenden Leitfaden zur Erstellung einer Wis- Einführung in das Thema und Hintergrundberichte. → www.akwissensbilanz.org/Infoservice/infomaterial.htm sensbilanz bereit. Diese Instrumente ermöglichen es kleinen und mittelständischen Unternehmen, sich Download der Wissensbilanz-Toolbox. → www.akwissensbilanz.org/toolbox.htm mit der Darstellung und gezielten Entwicklung ihres Für einen schnellen Einstieg in das Thema steht der Intellektuellen Kapitals selbständig zu beschäftigen. Wissensbilanz-Schnelltest zur Verfügung. Grundlage ist die Methode, die im Pilotprojekt „Wis- → www.wissensbilanz-schnelltest.de sensbilanz – Made in Germany“ vom Arbeitskreis Website des Arbeitskreis Wissensbilanz: Beschreibung der Wissensbilanz in Zusammenarbeit mit über 50 Unter- einzelnen Projekte der Initiative „Wissensbilanz – Made in nehmen entwickelt und getestet wurde. Germany“ sowie Auflistung der Akteure und Mitwirkenden. → www.akwissensbilanz.org Der überarbeitete Wissensbilanz-Leitfaden 2.0 richtet sich an kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sowie andere Organisationen mit vergleichba- rer Struktur. Im Besonderen spricht er Führungskräfte und damit potenzielle Projektverantwortliche in Orga- nisationen ebenso wie Wissensbilanz-Moderatoren an. Ziel des Leitfadens ist es, den Verantwortlichen für die Erstellung einer Wissensbilanz eine praktische schritt- weise Hilfestellung anzubieten, unabhängig davon, ob sie zum ersten Mal eine Wissensbilanz erstellen oder den Leitfaden als Nachschlagewerk bei der Folge-Wis- sensbilanzierung nutzen wollen. Neben nützlichen Hilfsmitteln und Checklisten gibt der Leitfaden zahlreiche Tipps und praktische Hin- weise, die sich in vielen Projekten bewährt haben.
6 Wie ist der Leitfaden aufgebaut und wie kann er verwendet werden? Im Leitfaden werden die unterschiedlichen Aspekte jederzeit einen zielgenauen Zugriff auf benötigte Infor- der Wissensbilanzierung praxisorientiert erörtert. Er mationen und Hilfsmittel. Der Leitfaden wird ergänzt enthält neben der Erklärung der wesentlichen Begriffe durch eine Sammlung von Fallstudien, Umsetzungs- und Voraussetzungen eine detaillierte Beschreibung berichten und Studien, die neben der kostenfreien des Vorgehens bei der Wissensbilanzierung. Vertie- Wissensbilanz-Toolbox auf der Webseite des Arbeits- fungsmodule, ein Glossar und ein Anhang mit Quel- kreises Wissensbilanz (→ www.akwissensbilanz.org) len und weiterführenden Informationen ermöglichen abgerufen werden können. Definitionen der zentralen Begriffe sind mit dem „D-Symbol“ versehen. Um die im Text dargestellten Sachverhalte verständ licher zu machen und ein Gefühl der praktischen Umsetzung zu vermitteln, bietet der Leitfaden eine Vielzahl von Beispielen in Textboxen. Auf besonders wichtige Erfahrungen, die sich bei der bisherigen Umsetzung der Wis- sensbilanz ergeben haben, wird durch das Tipp Symbol am Seitenrand hingewiesen. Als Hilfsmittel für die praktische Umsetzung in Ihrem Unternehmen werden für jeden Arbeitsschritt in einem separaten Abschnitt Checklisten und Hilfs- fragen zur Verfügung gestellt. Vertiefung In solchen Textkästen werden interessierten Lesern Hin- weise auf weiterführende Literatur zur Vertiefung gegeben, die über die hier im Vordergrund stehende praktische Darstellung des Wissensbilanz-Erstellungsprozesses hin- ausgeht.
7 1. Einführung 1.1 H intergrund: Die wissensbasierte 1.2 Warum Wissensbilanzen? Wirtschaft Der große Erfolg von Unternehmen, deren Wertschöp- In einem Umfeld, das durch Globalisierung, Technolo- fung vor allem auf den nicht greifbaren Produktions- gisierung und zunehmend kürzer werdende Produkt- faktoren wie Wissen und Erfahrung beruht, macht die lebenszyklen gekennzeichnet ist, sind Wissensvor- Grenzen der traditionellen, finanzorientierten Unter- sprünge in vielen Bereichen der entscheidende Wett nehmensbewertung deutlich. Auf der Suche nach bewerbsvorteil. Um auf diese Herausforderung zu Erklärungen sind sich die Experten darin einig, dass reagieren, haben innovative Firmen damit begonnen, die Erfolge dieser Unternehmen zum größten Teil auf sich mit Wissensbilanzen zu befassen und ihr erfolgs- deren Intellektuelles Kapital zurückzuführen sind. kritisches Intellektuelles Kapital zu identifizieren, zu Gerade über dieses immaterielle Vermögen sind jedoch entwickeln und schließlich nutzbringend einzusetzen. bei den meisten Organisationen wenige oder keine verlässlichen Daten zu erhalten. Die Folge ist Unsicher- Die Pioniere der Wissensbilanzierung haben bereits heit in Bezug auf Investitionen in diese Unternehmen. in den 90ern gezeigt, dass die gezielte Erfassung des Intellektuellen Kapitals zusätzliches Erfolgspotenzial Ein noch wichtigeres Argument für die Messung und erschließt. Übliche Bilanzen reichen als Instrument Bewertung des Intellektuellen Kapitals ist die Möglich- hierzu nicht aus, da diese lediglich die finanzielle und keit, diese „weichen Faktoren“ einem systematischen materielle Vergangenheit der Organisation widerspie- Management zugänglich zu machen. Bisher ist das geln. Das Intellektuelle Kapital, wie beispielsweise das Management dieser Faktoren der Intuition Einzelner Fachwissen, die Erfahrung und Kreativität der Mitar- überlassen. In kleinen und mittelständischen Organi- beiter, effiziente Prozesse, geistiges Eigentum oder sationen ist dies meist der „Chef“, der mit seinem wichtige Beziehungen zu Kunden und Partnern, finden Gespür die Geschicke des Unternehmens lenkt. kaum Berücksichtigung. Gerade in diesen Elementen liegen jedoch die zukünftigen Potenziale und Ent- Haben die Unternehmen jedoch eine gewisse Größe wicklungschancen am Innovationsstandort Deutsch- erreicht oder wurde gar ein Wechsel in der Führung, land. zum Beispiel durch eine Nachfolgeregelung vollzogen, kann dies zu Problemen führen. In diesen Situationen Vertiefung sind Methoden und Instrumente zum systematischen rucker (1999), S.191-224: Drucker beschreibt in diesem D Management der wichtigsten immateriellen Unterneh- späten Werk den von ihm geprägten Begriff des Wissens- mensressourcen äußerst nützlich. arbeiters und seiner Produktivität. Nebenbei geht er auf den Unterschied zwischen Wissensgesellschaft und Industriegesellschaft ein. Vertiefung Edvinsson; Malone (1997): Motivation, Sinn und Nutzen ertins; Alwert; Heisig (2005), S. 4-12 u. 41-43: M des Konzeptes des Intellektuellen Kapitals. Detaillierte Beschreibung der beiden Perspektiven und möglicher Nutzenkategorien für unterschiedliche Zielgrup- Nonaka; Takeuchi (1995): Eines der Grundlagenwerke zum pen. Ebenso wird ausführlich auf weiterführende Literatur Wissensmanagement, das die Bedeutung und Funktion eingegangen. von Wissen als Erfolgsfaktor beschreibt. Roos; Pieke; Fernström (2006), S. 1-67: Ausführliche Beschreibung der Wichtigkeit und des Nutzens von „Intel- lectual Capital Management“ aus unterschiedlichsten Per- spektiven.
8 1. Einführung 1.3 Was leistet eine Wissensbilanz? integriert werden. Das Ziel ist, mehr und qualitativ bes- sere Aussagen über die Zukunftsfähigkeit und das Abgeleitet aus den zwei Perspektiven – der Innen- und Innovationspotenzial eines Unternehmens zu machen. der Außensicht auf ein Unternehmen – kann die Wis- Dies soll letztlich die Zusammenarbeit verbessern und sensbilanz für zwei Zielsetzungen eingesetzt werden: den jeweiligen Partnern ermöglichen das Unterneh- men richtig einzuschätzen. Wissensbilanz als internes Managementinstrument Nutzen der Wissensbilanz aus Sicht der Anwender Das zentrale Anliegen der Wissensbilanz aus Manage- mentperspektive ist es, Schwachstellen und Potenziale Die Unternehmen, die bereits eine Wissensbilanz aufzudecken, um den Geschäftserfolg zu maximieren. erstellt haben, berichten eine Reihe von zusätzlichen Hierfür werden die erfolgskritischen immateriellen Ein- Nutzenaspekten: flussfaktoren, die vorhandenen Stärken und Schwächen sowie deren Zusammenhänge untereinander und mit →→ Eine ganzheitliche Perspektive auf die Organisation dem Geschäftserfolg erfasst. Dies ist besonders wichtig, sowie zusätzliche Transparenz über die Zusammen- da das Management von Intellektuellem Kapital oft mit hänge innerhalb des Unternehmens. Dadurch wird erheblichem Aufwand verbunden ist, der sich nur rech- der Stellenwert von Intellektuellem Kapital deutlich net, wenn der Nutzen nachweisbar ist. Durch die Erfas- und eine Priorisierung von erforderlichen Aktivi sung und Bewertung der wichtigsten Einflussfaktoren täten und Maßnahmen möglich. des Intellektuellen Kapitals wird transparent, wie wich- tig eine Ressource für die Organisation ist, mit welchen →→ Die Beteiligung von Führungskräften und Mitarbei- Unwägbarkeiten bei deren Entwicklung zu rechnen ist, tern bei der Erstellung der Wissensbilanz erhöht auf in welchen Zeithorizonten Veränderungen eintreten beiden Seiten die Verbindlichkeit bei der Umsetzung können und welche Maßnahmen zur Verbesserung ein- von Maßnahmen. geleitet werden können. Die Wissensbilanz kann sowohl am Anfang als auch am Ende von Maßnahmen zur Ver- →→ Die Erfassung und Definition des Intellektuellen besserung des Intellektuellen Kapitals stehen. Am Kapitals ermöglicht eine gemeinsame Sprachfin- Anfang, um die richtigen Projekte aufzuzeigen und dar- dung, die Missverständnisse vermeidet und konst- über zu entscheiden sowie um sie intern zu kommuni- ruktive Diskussionen fördert. zieren. Am Ende, um die Wirksamkeit von Projekten zu überprüfen und gegebenenfalls Anpassungen zu veran- →→ Eine offene und aufrichtige Diskussion über Stärken lassen. und Schwächen, sowie eine ehrliche Bewertung des Intellektuellen Kapitals schafft Transparenz und Vertrauen sowie ein innovationsförderliches Klima Wissensbilanz als externes Berichtsinstrument zwischen den Mitarbeitern, Organisationseinheiten und -funktionen. Weiterhin zielt die Wissensbilanzierung darauf ab, die Kommunikation von Organisationen mit ihrem →→ Die Wissensbilanz ist mit anderen, schon bestehen- Geschäftsumfeld zu verbessern, indem gezielt versucht den Managementinstrumenten kompatibel, baut wird, Informationsdefizite zwischen den Organisatio- aber nicht explizit darauf auf. Sie kann daher als nen und externen Zielgruppen, wie Kunden, Kapitalge- integriertes und als selbständiges Managementinst- bern oder Partnern, abzubauen. So kann die Wissensbi- rument verwendet werden. lanz z. B. in einem Bankengespräch genutzt werden, um den Firmenkundenberater der Bank über die →→ Durch die Wissensbilanz-Toolbox wird die selb- zukünftigen Potenziale der Organisation aktiv zu ständige Anwendung der Methode vereinfacht und informieren. Ergebnisse einer Wissensbilanz können der Prozess zur Erstellung einer Wissensbilanz zudem in bestehende externe Berichtsformen wie in deutlich effizienter. die Lageberichterstattung oder in den Geschäftsbericht
1. Einführung 9 Vertiefung BMWi (2008): Praxisbeispiele und Darstellung des Nutzens der „Wissensbilanz – Made in Germany“ aus Sicht von Anwendern. Imagefilme der „Wissensbilanz – Made in Germany“: Stimmen von Unternehmen zum Nutzen der Wissensbilanz in ihrem Unternehmen. → www.akwissensbilanz.org/Infoservice/imagefilme.htm Newsletterserie „WissensWert“ des Arbeitskreis Wissens bilanz: Praxisbeispiele, Interviews, Spezialthemen etc. → www.akwissensbilanz.org/Infoservice/infomaterial.htm Alwert et al. (2010): Studie zum Wissensstandort Deutsch- land 2010. Will; Wuscher; Bodderas (2006): Ausführliche Informatio- nen zu Nutzenaspekten der Wissensbilanz in den Pilotun- ternehmen. → www.akwissensbilanz.org/Projekte/ KMU%20Wirkungstest%20Teil%202.pdf. Danish Ministry of Science, Technology and Innovation (2003ab): Zusammenfassung der internen und externen Zielsetzungen der dänischen Initiative. Tipp: Viele der aufgelisteten Nutzenaspekte sind allein auf den Prozess der Erstellung der Wissensbilanz zurückzuführen. Betrach- ten Sie die erforderlichen Workshops und Diskussio- nen daher als Chance zur Kommunikation und Diskussion über die Situation des Unternehmens und räumen Sie ausreichend Zeit ein.
10 2. Erstellung einer Wissensbilanz 2.1 Kontext der Wissensbilanz wird der angestrebte Geschäftserfolg als externe Wir- kung erreicht oder nicht. Daraus leitet die Organisa- Wie in anderen gängigen Managementmethoden ist tion Konsequenzen für die Zukunft ab, die von der An- der Ausgangspunkt der „Wissensbilanz – Made in Ger- passung der Maßnahmen bis zur Veränderung von many“ die Vision und Strategie einer Organisation mit Vision und Strategien führen können. Die bei der Blick auf die Möglichkeiten und Risiken im Geschäfts- Anwendung der Methode erzielten Erkenntnisse über umfeld. Die Organisation leitet daraus Maßnahmen ab, die Wissensprozesse und die relevanten Ressourcen um erwünschte Verbesserungen im Intellektuellen erleichtern die Ableitung von Maßnahmen in einem Kapital zu erreichen. Durch die Wechselwirkungen neuen Zyklus und damit die nachhaltige Ausrichtung zwischen dem veränderten Intellektuellen Kapital, den der Organisation auf die festgelegte Strategie. Geschäftsprozessen und den sonstigen Ressourcen Abbildung 1: Kontext der Wissensbilanz Geschäftsumfeld (Möglichkeiten und Risiken) Organisation Intellekutelles Kapital Ausgangs- Human Struktur Beziehungs- Finanzielles externe und Materielles situation Kapital Kapital Kapital Kapital Wirkung Vision Geschäfts- Maß- Geschäfts- und Ziele Strategie Wissens- nahmen Geschäftsprozesse erfolg Wissensprozesse Die Einbeziehung des Kontexts ist wichtig, da alle Ele- Vertiefung mente im Laufe der Wissensbilanzierung auftauchen ammer et al. (2003): Fallbeispiel zur Steuerung des S und erarbeitet werden. Abbildung 1 vermittelt den Intellektuellen Kapitals bei der Böhler Schmiedetechnik Denkzusammenhang in den diese einzuordnen sind GmbH & Co. KG. und trägt damit zum Verständnis der Funktionsweise Alwert (2012), S. 105-111: Theoretischer Hintergrund der Wissensbilanz bei. und ausführliche Beschreibung des Kontextes. Kapitel 3.1 dieses Leitfadens: Ein kurzer Abriss der Entwicklungsgeschichte der Wissensbilanz.
2. Erstellung einer Wissensbilanz 11 2.2 V orbereitung der Wissensbilanzierung – Binden Sie möglichst Mitarbeiter und Führungskräfte was ist zu beachten? aus allen Unternehmensteilen und verschiedenen Hierarchieebenen in das Wissensbilanz-Team ein. Bei der Erstellung einer Wissensbilanz ist es wichtig, Achten Sie darauf, dass auch operative Mitarbeiter mit dass ein Projektverantwortlicher den Prozess leitet. eingebunden sind und nicht nur Führungskräfte. Dies Seine Funktion wird es sein, die Wissensbilanzierung wird sicherstellen, dass reale alltägliche Arbeitssituatio- zu koordinieren und – falls nicht auf externe Unter- nen hinsichtlich der Erfolgsfaktoren diskutiert werden. stützung zugegriffen wird – zu moderieren. Er sollte Grundsätzlich hat sich eine vielfältige Teamzusam- das Gesamtvorgehen gut verstanden haben und andere mensetzung unter Beteiligung wesentlicher Entschei- Beteiligte einweisen können. Folgende Fragen sind der (in KMU meist die Geschäftsführung) als wichtig dabei zu klären: für den Erfolg des Projektes herausgestellt. Tipp: Entscheidend für den Prozess der Für welches System wird eine Wissensbilanz erstellt? Wissensbilanzierung ist die richtige Zusam- mensetzung des Wissensbilanz-Teams und Zu allererst müssen Sie festlegen, was der „Betrach- der einbezogenen Mitarbeiter. Sorgen sie dafür, dass tungsgegenstand“ der Wissensbilanz ist. Soll die ganze überwiegend aktive und in der Belegschaft anerkannte Organisation ggf. mit den unterschiedlichen Standor- Personen verschiedener Funktionsbereiche mitwirken. ten oder nur Teile davon betrachtet werden? Denkbar Das sichert eine ganzheitliche Sicht und fördert die wären z. B. Eingrenzungen auf Standorte, Abteilungen, Akzeptanz der Ergebnisse bei nicht beteiligten Mitar- Geschäftsbereiche, einzelne Prozesse oder auch eine beitern. Erweiterung auf ganze Netzwerke. Sie müssen also das zu betrachtende „System“ festlegen. Tipp: Informieren Sie den Betriebsrat und die Belegschaft über Ihr Vorhaben und schaffen Sie Klarheit über Motivation und Wie ist das Wissensbilanz-Team zusammenzustellen? Ziele der Wissensbilanzierung. Die geplante Wissensbi- lanz darf die Belegschaft nicht verunsichern, denn die Die Erstellung einer Wissensbilanz ist Teamarbeit. Alle Ergebnisse sollten von den Mitarbeitern mitgetragen Inhalte werden durch das Wissensbilanz-Team stellver- werden. Es sollte in einer Mitarbeiterinformation tretend für die betrachtete Organisation erarbeitet. Die daher klargestellt werden, dass die Wissensbilanz keine Sicht der Teammitglieder auf die Organisation wird personenbezogene Wissensüberprüfung ist, sondern sich später in der Wissensbilanz wiederfinden. Das dass ausschließlich die Potentiale des Unternehmens Team sollte daher möglichst repräsentativ für das bewertet werden. betrachtete System sein und zur Fragestellung beitra- gen können. Wie wird im Wissensbilanz-Projekt vorgegangen? Beispiel: Zusammensetzung eines Wissensbilanz-Teams: Die Wissensbilanzierung ist ein Lernprozess für eine Organisation. Die ganzheitliche Betrachtung des Intel- →→ Geschäftsführer lektuellen Kapitals im Gesamtzusammenhang der →→ Vertriebsmitarbeiter Organisation erfordert den Umgang mit komplexen →→ Abteilungsleiter aus der Entwicklung Zusammenhängen und führt zu zahlreichen Erkennt- →→ Mitarbeiter aus der Produktion nissen, die den einzelnen Teilnehmern oft erst nach →→ Mitarbeiter aus dem Controlling einem Workshop im Gespräch mit Kollegen deutlich →→ Mitarbeiter aus der Personalabteilung werden. Neue Argumente tauchen auf und Anpas- →→ Vertretung aus dem Betriebsrat sungsvorschläge werden kommen. Sie sollten darauf achten, dass Sie zwischen den Treffen des Wissens bilanz-Teams einige Tage Zeit einräumen und den Teil-
12 2. Erstellung einer Wissensbilanz nehmern die Aufgabe mitgeben, in dieser Zeit die 2.2.1 Acht Schritte zur fertigen Wissensbilanz Diskussion und die Ergebnisse noch einmal – ggf. mit Kollegen gemeinsam – zu reflektieren. In der Regel Für die Erstellung einer Wissensbilanz benötigen Sie sind drei (ganztägige) Workshops ausreichend, um die acht Schritte. Die Arbeiten verteilen sich i. d. R. auf drei acht wesentlichen Arbeitsschritte mit dem Wissens Workshops sowie deren Vor- und Nacharbeit. Die Lauf- bilanz-Team zu durchlaufen. Davor und danach sind zeit des Projekts sollte acht Wochen nicht überschrei- einige Arbeiten im kleineren Kreis nötig, um die Quali- ten. Der Aufwand wird je nach Unternehmensgröße tät der gesammelten Informationen zu sichern, Ergeb- und Zielsetzung zwischen 20 und 60 Personentagen nisse zu analysieren und aufzubereiten sowie die liegen (siehe Abbildung 2). Wissensbilanz zu vervollständigen. Die Checkliste 0.1 „Projektplanung“ im Kapitel 2.2.2 hilft Ihnen, Ihr inter- Die Wissensbilanz-Toolbox unterstützt den Prozess nes Wissensbilanz-Projekt zu planen. und hilft Ihnen bei der Datenerfassung und Auswer- tung der einzelnen Schritte. Die Navigation in den Vertiefung folgenden Kapiteln ist mit der Navigation in der ornemann; Reinhardt (2008), S. 49-79: Projektmanage- B Wissensbilanz-Toolbox identisch. ment zur Umsetzung der Wissensbilanz. Fraunhofer Academy: Neben dem Leitfaden und der Tipp Zusatzmodul: Bei kontinuierlicher Wissensbilanz-Toolbox bietet die Fraunhofer Academy in Erstellung von Wissensbilanzen können Sie Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Wissensbilanz eine im Vorgehen ab der zweiten Periode Zeit ein- Ausbildung zum geprüften Wissensbilanz-Moderator an. sparen, da einige Arbeitsschritte entfallen können bzw. → www.academy.fraunhofer.de lediglich Daten aus der Vorperiode überprüft werden müssen. Nehmen Sie sich das Zusatzmodul „Wissens Nachdem Sie nun die allgemeinen Hintergründe und bilanzen in der kontinuierlichen Anwendung“ zur Voraussetzungen für eine erfolgreiche Wissensbilan- Hand, um zu erfahren wie sich das Vorgehen in der zierung kennengelernt haben, machen Sie sich nun kontinuierlichen Anwendung verändert. mit den acht Arbeitsschritten des Wissensbilanz- Prozesses vertraut. Viel Erfolg! Vertiefung Alwert; Wuscher (2013): Zusatzmodul zum Vorgehen bei der kontinuierlichen Wissensbilanzierung. Bornemann; Otte (2012): Fallbeispiel zur Steuerung des Intellektuellen Kapitals bei der Kraftwerkschule e. V. Abbildung 2: Prozess und Projektablauf der Wissensbilanzierung Geschäftsmodell Intellekt. Kapital Bewertung Messung Wirkung Auswertung Maßnahmen Wissensbilanz Geschäfts- Analyse führung Vorbereitung (Projektstart) Wissenbilanz- Workshop 1: Workshop 2: Workshop 3: Team Einflussfaktoren, Einflussmatrix Diagnose QQS-Bewertung Maßnahmen Arbeiten Interne Nachbereitung, Wissensbilanz Indikatoren erheben Wirkungen zusammenstellen analysieren
2. Erstellung einer Wissensbilanz 13 2.2.2 Hilfsmittel Checkliste 0.1: „Projektplanung“ 1. Projektleiter und Moderation Benennen Sie einen Projektleiter, der die zeitlichen Kapazitäten hat, um das Wissensbilanz-Projekt optimal zu betreuen. Dokumentieren Sie auch, wer für die Moderation zuständig ist: Name des Projektleiters: Name des Moderators: Name des Co-Moderators: 2. Zusammenstellung des Wissensbilanz-Teams as interne Wissensbilanz-Team sollte einen repräsentativen Querschnitt Ihres Unternehmens abbilden D und 5-10 Mitglieder umfassen: Nr. Nachname, Vorname Rolle in der Wissensbilanzierung Organisationseinheit Funktion spricht stellvertretend für ... 1. 2. 3. 4. 5. usw. 3. Zeitplanung I n der folgenden Tabelle können Sie die Vorgehensschritte mit Ihrer internen Zeitplanung abgleichen und die Termine festlegen. Laden Sie das Wissenzbilanz-Team rechtzeitig zu diesen Terminen ein und stellen Sie sicher, dass alle Mitglieder teilnehmen können: Vorgehen Arbeitsschritt/Inhalt Termin/Zeitraum Vorbereitung 1: Geschäftsmodell beschreiben Workshop 1 im Wissensbilanz-Team 2: Intellektuelles Kapital definieren 3: Intellektuelles Kapital bewerten Nachbereitung 3: Qualitätssicherung 4: Indikatoren erheben und zuordnen Workshop 2 im Wissensbilanz-Team 5: Wirkungszusammenhänge erfassen 6. Erste schnelle Interpretation der Ergebnisse Nachbereitung 6: Qualitätssicherung 6: Ergebnisse auswerten Workshop 3 im Wissensbilanz-Team 6: Ergebnisse analysieren und interpretieren 7: Maßnahmen ableiten Nachbereitung 8: Wissensbilanz finalisieren
14 2. Erstellung einer Wissensbilanz 4. Workshopmaterial Stellen Sie sicher, dass die folgenden Materialien für die drei Wissensbilanz-Workshops in Ihrem Hause zur Verfügung stehen, um einen reibungslosen Workshop-Ablauf zu gewährleisten: →→ Möglichst zwei Metaplantafeln + Papier A0 →→ Flipchart →→ Moderationskoffer: reichlich Karten (mindestens sechs Farben), Stifte, Klebstoff, Nadeln →→ Laptop und Beamer (für Wissensbilanz-Toolbox) →→ Schreibunterlagen für Teilnehmer →→ Ggf. Kamera zur Dokumentation →→ Ggf. Laserpointer Tipp: Dokumentieren Sie die Termine für die Workshops und die Teilnehmer in der Wissensbilanz-Toolbox im „Schritt 8: Wissens bilanz“ unter dem Reiter „Prozessdokumentation“. 2.3 Schritt 1: Geschäftsmodell beschreiben Geschäftsmodell Intellekt. Kapital Bewertung Messung Wirkung Auswertung Maßnahmen Wissensbilanz Analyse → Bilanzierungsbereich → Geschäftsumfeld → Vision → Strategie → Geschäftserfolge (GE) → Geschäftsprozesse (GP) Sie befinden sich in der Projektvorbereitung (siehe Tipp: Die Informationen zur Ausgangssitua- Abbildung 2) und damit im ersten Schritt der Wissens- tion und dem Geschäftsmodell bilden den bilanz-Toolbox. Hier beschreiben Sie das Geschäftsmo- Rahmen und den Bewertungsmaßstab für dell und die Ausgangssituation Ihres Unternehmens. alle folgenden Schritte. Nehmen Sie sich also ausrei- Das Ergebnis dieses Schrittes zeigt neben Möglichkei- chend Zeit dafür. Sie werden mit einem reibungs ten und Risiken im Geschäftsumfeld auch die aktuelle loseren Ablauf und Zeiteinsparungen in den folgenden strategische Ausrichtung Ihrer Organisation auf. Schritten belohnt.
2. Erstellung einer Wissensbilanz 15 2.3.1 Grundlagen Intellektuelle Kapital bereitgestellt wird. Die Wissens- strategie unterstützt die Geschäftsstrategie. Eine vollständige Beschreibung Ihres Geschäftsmodells setzt sich aus Informationen zu den folgenden sechs Beispiele für Geschäftsstrategien: Erschließung neuer Elementen zusammen: Marktsegmente zur Steigerung des Absatzvolumens (z. B. durch Ausbau des internationalen Vertriebs), Bilanzierungsbereich: Der Bilanzierungs Vermarktung neuer Produkte zum Erhalt des relati- bereich bezeichnet, welche Teile Ihrer ven Marktanteils, Spezialisierung auf eine bestimmte Organisation Sie mit der Wissensbilanz Produktgruppe zur Stärkung einer einzigartigen Kern- betrachten wollen. kompetenz, Verlagerung der Produktion zur Verbesse- rung der Kosteneffizienz. Beispiele: Das gesamte Unternehmen, nur einen bestimmten Standort, ein Geschäftsfeld, eine Funk- Beispiele für Wissensstrategien: Führungskompetenz tion oder einen einzelnen Prozess. aufbauen, Verbesserung des internen Wissenstransfers zwischen den Abteilungen und Standorten, Verstärkung des Wissensaustausches mit Kooperationspartnern. Geschäftsumfeld: Das Geschäftsumfeld bezeichnet die Umwelt einer Organisation. Im Geschäftsumfeld liegen die Möglichkei- Geschäftsprozess: Geschäftsprozess (GP) ist ten und Risiken für die Organisation, aus denen sich die der Sammelbegriff für Ketten von Organisa- Ausgangssituation für die Geschäftstätigkeit bestimmt. tionsaktivitäten und Arbeitsschritten sowie ihre netzartigen Zusammenhänge. Geschäftsprozesse Beispiele: Absatz- und Beschaffungsmärkte, Wettbe- können funktionsübergreifend sein. Im Blickpunkt der werber, technologische und politische Rahmenbedin- Wissensbilanz stehen die zentralen wertschöpfenden gungen, das soziale Umfeld, Arbeitsmarkt, die aktu- Geschäftsprozesse, deren Ergebnisse von direktem Nut- elle Konjunkturlage. zen für die Kunden sind. Beispiele: Entwicklungsprozess, Produktionsprozess, Vision: Die Vision ist die grundsätzliche Vertriebsprozess, Serviceprozess. Ausrichtung und Positionierung der Organi- sation. Sie beschreibt die langfristigen Ziele und ist die Grundlage zur Entwicklung einer tragfähi- Geschäftserfolg: Geschäftserfolg (GE) steht gen Strategie. für angestrebte Geschäftsergebnisse, die durch den Einsatz von Ressourcen in den Beispiele: Marktführer in einem bestimmten Pro- Geschäftsprozessen erreicht werden sollen. Er kann duktsegment, Qualitätsführerschaft, Kostenführer- sowohl finanzielle und materielle (z. B. Ertrag, Wachs- schaft, Arbeitsplatzsicherheit. tum) als auch immaterielle Geschäftsergebnisse (z. B. Image, Kundenbindung) umfassen. Strategie: Die Strategie beschreibt die künfti- Beispiele: Image, Kundenbindung, Wachstum, Finan- gen Aktionen Ihres Unternehmens zum zergebnis. Erreichen der Vision. Sie wird unterteilt in Geschäftsstrategie und Wissensstrategie. Die Geschäfts- strategie macht Aussagen darüber, mit welchen Aktionen sich die Organisation im Geschäftsumfeld positionieren will, z. B. welche Aktionen in welchen Marktsegmenten an welchen Standorten nötig sind, um erfolgreich zu bleiben. Die Wissensstrategie macht dagegen Aussagen darüber mit welchen Aktionen das dafür notwendige
16 2. Erstellung einer Wissensbilanz 2.3.2 Umsetzung Tipp: Planen Sie auch nach ausführlicher Nutzen Sie Ihre existierenden Unterlagen, um die sechs Vorbereitung mindestens eine Stunde im grundlegenden Elemente für Ihre Organisation zu Workshop 1 für diesen Schritt ein. Nutzen definieren. Diskutieren Sie die Ergebnisse mit den Sie die Chance das Geschäftsmodell einer repräsentati- zuständigen Personen. Beziehen Sie dabei Führungs- ven Gruppe vorzustellen und Feedback zu bekommen. kräfte aus den unterschiedlichen Bereichen ein und Das stellt sicher, dass alle auf dem gleichen Stand sind versuchen Sie gemeinsam das Geschäftsmodell Ihres und fördert ganz nebenbei die Kommunikation der Unternehmens so genau, aber auch so knapp wie mög- Strategie. Das Feedback der Gruppe sollten Sie gleich lich zu beschreiben. beim passenden Element des Geschäftsmodells ein- bauen. Im Anschluss an den ersten Workshop sollten Im ersten Workshop mit dem Wissensbilanz-Team Sie es dazu nutzen, die Strategie zu schärfen. wird das Geschäftsmodell vorgestellt. Bringen Sie die Mitarbeiter zum Einstieg in die Wissensbilanz auf den Tipp Zusatzmodul: Im Zusatzmodul neuesten Stand der (Führungs-)Diskussion zum „Strategische Ziele entwickeln“ erhalten Sie Geschäftsmodell Ihrer Organisation. zusätzliche Informationen, wie Sie Ihre übergeordneten Unternehmensziele erfassen und die Tipp: Legen Sie von Anfang an ein elektro- strategische Ausrichtung mit Schlüsselpersonen im nisches Dokument an, in dem Sie die Ergeb- Unternehmen strukturiert planen können. nisse Ihrer Diskussion festhalten. Sie können es später in die Wissensbilanz-Toolbox kopieren. Alter- Vertiefung nativ können Sie die Einträge auch sofort direkt in der Will (2013): Strategische Ziele entwickeln. Toolbox machen. Zusatzmodul zur Wissensbilanz – Made in Germany. Will (2012) S.110-113: Detaillierte Anleitung zur Erfassung und Bewertung von strategischen Optionen sowie zur Festlegung des Analysefokus der Wissensbilanz. 2.3.3 H ilfsmittel Checkliste 1.1: „Geschäftsmodell“ Bilanzierungsbereich: →→ Welche Teile unserer Organisation wollen wir mit der Wissensbilanz betrachten? Geschäftsumfeld: →→ Welche Chancen und Risiken beeinflussen unser Geschäft? →→ Welche aktuellen Entwicklungen im Geschäftsumfeld gibt es? →→ Wie ist die Situation auf den Absatzmärkten? →→ Wer sind unsere wichtigsten Wettbewerber und was ist unsere Position? →→ Wie ist die Situation auf den Beschaffungsmärkten? →→ Was sind die technologischen Rahmenbedingungen am Markt? →→ Welche politischen Rahmenbedingungen müssen wir beachten? →→ Wie sieht das soziale Umfeld an unseren Standorten aus? →→ Wie ist die aktuelle Konjunkturlage unserer Branche? →→ Wie sieht der Markt für potenzielle und zukünftige Mitarbeiter aus? Vision: →→ Was ist unser Selbstverständnis als Organisation? →→ Was wollen wir grundsätzlich erreichen und was sind unsere übergeordneten, langfristigen Ziele? →→ Welche Position am Markt wollen wir einnehmen?
2. Erstellung einer Wissensbilanz 17 Strategie: →→ Welche Strategie, d. h. welche Aktivitäten/größeren Investitionen verfolgen wir zum Erreichen unserer Vision im gegebenen Geschäftsumfeld? →→ Wie können wir unsere bisherigen Stärken dazu nutzen? →→ Welche Schwächen müssen wir ausgleichen? Geschäftsprozesse (GP): →→ Über welche zentralen Geschäftsprozesse (Leistungsprozesse/Kernprozesse) werden unsere Geschäftsergebnisse erstellt? →→ Hilfsfrage: Was produzieren und verkaufen wir und über welche zentralen Prozesse/Arbeitsschritte erzielen wir für unsere Kunden einen Mehrwert? Geschäftserfolge (GE): →→ Woran messen wir den Erfolg unseres Unternehmens? →→ Welche Geschäftsergebnisse müssen wir kurz- und mittelfristig sicherstellen, um unsere Vision zu erreichen und unsere Strategie zu erfüllen? →→ Hilfsfrage: Welche externen Wirkungen sollen bei Kunden, Partnern und der Öffentlichkeit erzielt werden? →→ Hilfsfrage: Was schätzen unsere Kunden an uns? Tipp Geschäftsprozess: Definieren Sie den Anfangs- und Endpunkt sowie die groben Schritte des Geschäftsprozesses. Halten Sie außerdem die daran beteiligten Funktionen Ihres Unternehmens fest. Beschränken Sie sich auf die wesentlichen 3-5 Geschäftsprozesse. Tipp Geschäftserfolg: Denken Sie z. B. an Gewinn, Umsatz, Marktposition oder Image bzw. Markenwert, also Dinge, die von außer- halb des Systems zugewiesen werden. Beschreiben Sie in der Definition möglichst genau, was Sie darunter verstehen. Beschränken Sie sich auf maximal 3–5 Faktoren.
18 2. Erstellung einer Wissensbilanz 2.4 Schritt 2: Intellektuelles Kapital definieren Geschäftsmodell Intellekt. Kapital Bewertung Messung Wirkung Auswertung Maßnahmen Wissensbilanz Analyse → Welches Humankapital brauchen wir, um aktuell und zukünftig erfolgreich zu sein? → Welches Strukturkapital brauchen wir, um aktuell und zukünftig erfolgreich zu sein? → Welches Beziehungskapital brauchen wir, um aktuell und zukünftig erfolgreich zu sein? In diesem Schritt geht es um die immateriellen Ressour- 2.4.1 Grundlagen cen Ihres Unternehmens. In der Wissensbilanz werden diese Ressourcen „Intellektuelles Kapital“ genannt. Das Humankapital ist der Oberbegriff für „Intellektuelle Kapital“ ist in drei Kapitalarten unterteilt: Kompetenzen, Fertigkeiten und Verhaltens- Humankapital, Strukturkapital und Beziehungskapi- weisen der einzelnen Mitarbeiter. Das tal. Im Grundlagenkapitel lernen Sie zunächst die drei Humankapital einer Organisation umfasst alle Eigen- Arten anhand von Definitionen und Beispielen kennen. schaften und Fähigkeiten, die die einzelnen Mitarbeiter in die Organisation einbringen. Es ist im Besitz des Mitarbeiters und verlässt mit ihm die Organisation. Abbildung 3: D ie drei Arten des Intellektuellen Kapitals Das Humankapital wird HK abgekürzt. Intellektuelles Kapital Beispiele: Fachkompetenz, Soziale Kompetenz, Human- Struktur- Beziehungs- Sonstige Mitarbeitermotivation, Führungskompetenz. kapital kapital kapital Ressourcen Geschäftsprozesse Strukturkapital ist der Oberbegriff für alle Strukturen, die die Mitarbeiter einsetzen, um in ihrer Gesamtheit die Geschäftstätigkeit durchzuführen, also um produktiv und innovativ zu sein. Das Strukturkapital ist im Besitz der Organisation und bleibt auch beim Verlassen einzelner Mitarbeiter weitge- hend bestehen. Das Strukturkapital wird SK abgekürzt. Beispiele: Führungsinstrumente, Unternehmens kultur, Informationstechnik, Dokumentiertes Wissen, Interne Kooperation, Innovation.
2. Erstellung einer Wissensbilanz 19 Beziehungskapital ist der Oberbegriff für Tipp: Beschränken Sie sich zunächst mög- alle Beziehungen zu organisationsexternen lichst auf zwei bis vier Einflussfaktoren pro Gruppen und Personen, die in der Geschäfts Kapitalart, also für das gesamte Intellektu- tätigkeit genutzt werden (können). Das Beziehungs elle Kapital ca. 10 Faktoren. Denn mit jedem Einfluss- kapital wird BK abgekürzt. faktor steigt der Aufwand der Wissensbilanzierung exponentiell! Differenzierungen können Sie auch nach Beispiele: Kundenbeziehungen, Lieferantenbeziehun- dem ersten Durchlauf noch ergänzen, wenn klar gen, Beziehungen zur Öffentlichkeit, Beziehungen zu geworden ist, wo sich der Aufwand wirklich lohnt. Kapitalgebern, Investoren und Eignern, Beziehungen zu Kooperationspartnern. Tipp: Wenn Sie sich an der Checkliste 2.2 „Einflussfaktoren-Beispiele“ orientieren, dann passen Sie die sehr allgemeinen Defi- 2.4.2 Umsetzung nitionen auf Ihre speziellen Anforderungen an. Die individuelle, für Ihr Unternehmen passende Definition Jetzt kennen Sie die drei Kapitalarten des Intellektuel- ist wichtig, um die im nächsten Schritt folgende len Kapitals. Bestimmen Sie nun für alle drei Arten die Bewertung effizient durchführen zu können. Sie fin- „Einflussfaktoren“ in Ihrem Unternehmen. den diese Checkliste und weitere Beispiele für Einfluss- faktoren, z. B. für die Kapitalmarktkommunikation, Einflussfaktor: Ein Einflussfaktor ist ein ab auch als Datei im Vorlagenverzeichnis in der Wissens- grenzbares Element, mit dem ein Aspekt des bilanz-Toolbox. Wenn Sie weitere Anregungungen für Intellektuellen Kapitals präzise beschrieben Einflussfaktoren suchen, finden Sie diese u. a. unter wird. Verändert sich ein Einflussfaktor, wirkt sich das → www.akwissensbilanz.org. direkt oder indirekt auf den Geschäftserfolg und damit auf die Zielerreichung ihres Unternehmens aus. 3. Haben Sie alle Faktoren zusammen getragen? Kont- rollieren Sie mit der Checkliste 2.2 „Einflussfakto- Einflussfaktoren des Intellektuellen Kapitals sind – ren-Beispiele“, ob Sie alle wichtigen Faktoren identi- neben den sonstigen materiellen und finanziellen Res- fiziert und der richtigen Kapitalart zugeordnet sourcen – mitverantwortlich für die Effektivität und haben. Tragen Sie – falls noch nicht geschehen – die die Effizienz der Geschäftsprozesse und Strategieer Einflussfaktoren in die Wissensbilanz-Toolbox ein. reichung. Tipp: Die Definition der Einflussfaktoren 1. Nehmen Sie als Anregung die im folgenden kann im Vorfeld des ersten Workshops vor- Abschnitt „Hilfsmittel“ aufgelisteten „Fragen zum bereitet werden. Im Workshop überarbeiten Aufspüren des Intellektuellen Kapitals“ (Checkliste Sie dann die Einflussfaktoren gemeinsam mit dem 2.1) zur Hand oder bedienen Sie sich der Liste Wissensbilanz-Team. Folgende ergänzenden Fragen zu „Einflussfaktoren-Beispiele“ (Checkliste 2.2). jedem Einflussfaktor haben sich in der Praxis bewährt: Was konkret heißt das für unsere Organisation? Was 2. Identifizieren Sie die für Ihr Geschäftsmodell rele- muss noch ergänzt werden? vanten Einflussfaktoren. Fragen Sie sich, welche Faktoren Ihre Strategie, Geschäftsprozesse und Geschäftserfolge beeinflussen. Definieren Sie diese Einflussfaktoren so präzise wie möglich. Versu- chen Sie dabei die Meinungen der Kollegen aus Vertiefung allen Bereichen und Hierarchieebenen zu berück- ornemann; Reinhardt (2008) S. 83-135: Detaillierte B sichtigen. Ziel ist es, ein einheitliches Verständnis Anleitung zur Definition des Intellektuellen Kapitals. über die wichtigsten immateriellen Einflussfakto- Fischer; Wulf (2013): Informationen zur Verwendung der ren (Ressourcen) Ihres Unternehmens herzustel- Wissensbilanz in der Kapitalmarktkommunikation. len. Verwenden Sie zum Finden und Definieren Mertins; Will; Wuscher (2007): Beispiele für Erfolgsfaktoren der Einflussfaktoren die in Ihrem Unternehmen im Mittelstand. typischen Begriffe. So wird ein gemeinsames Ver- ständnis erleichtert.
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