Initiativ - Ökumenische Initiative eine Welt

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Initiativ - Ökumenische Initiative eine Welt
initiativ
                                 november 2016
                                 rundbrief 147

Flüchten und ankommen
in einer partnerschaftlichen Welt
Mitte August ging das Bild des fünfjährigen Omar durch die Weltpres-
se. Der Junge sitzt, von Staub überzogen und mit blutverschmiertem
Gesicht, im Krankenwagen in der syrischen Stadt Aleppo und scheint
nicht ganz zu begreifen, wie ihm geschieht. Während das Motiv bei uns
für schockierte Reaktionen sorgte, wunderte sich der Kameramann:
„Das ist keine Ausnahme. [...] Dieses Kind repräsentiert Millionen von
Kindern in Syrischen Städten“ (Interview im Guardian, 18.08.2016).
  Mit Bildern wie diesem im Rücken machen sich Menschen auf den
Weg nach Europa. Genau zwei Jahre nach dem letzten Initiativ zu die-
sem Thema fragen wir nicht nach der Flucht, sondern nach der Ankunft.
Im Beitrag „Vom Wir und Ihr einst und heute“ betrachtet unsere Gast-
autorin die Konzepte der Integration bzw. der Assimilation näher. In
einem Essay untersuchen wir die historische Entwicklung der europä-
ischen Werte. Anschließend lassen wir geflüchtete Menschen in unserer
Textcollage zu Wort kommen.
  In der Mitte dieser Ausgabe finden Sie den zweiten Teil unserer
40-Jahre-Jubiläumsreihe. Hier setzen wir uns u.a. mit dem Begriff der
Ökumene auseinander, den die ÖIEW seit Jahrzehnten im Namen trägt.
  Die Erd-Charta Seiten widmen sich in zwei Beiträgen der schulischen
Mitweltbildung – in der Theorie des vergangenen Vertiefungsseminars
und am praktischen Beispiel des zur Erd-Charta Schule ernannten Gym-
nasiums Marianum. Selbstverständlich finden Sie dort auch die Chronik
der vergangenen Monate und die Vorschau auf kommende Seminare. Im
März beginnt übrigens wieder eine MultiplikatorInnen-Ausbildung, wir
freuen uns auf Sie! Informationen zur Anmeldung gibt es auf Seite 11.
Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen
                                                Die initiativ-Redaktion
Initiativ - Ökumenische Initiative eine Welt
initiativ 147
Im Blickpunkt: Flüchten und ankommen in einer
partnerschaftlichen Welt
  Vom ‚Wir’ und ‚Ihr’ einst und heute                       3
  Von der Bedrohung europäischer Werte                      4
  Darf ich vorstellen?                                      7
Aus der Initiative
  Blick in die ÖIEWerkstatt                                 8
  Einladung zur Silvester- und Frühjahrstagung              9
  Rothenburg auf dem Weg zur Fair-Trade-Stadt              10
  Spendenbarometer
Die Erd-Charta Seiten
  Werden Sie Erd-Charta BotschafterIn!                     11
  Veranstaltungshinweise                                   12

Beilage: 40 Jahre ÖIEW                                     13
Die Erd-Charta Seiten
  In Schnöggersburg wird Krieg trainiert                    17
  Es braucht einen Paradigmenwechsel. Die Erd-Charta hilft. 18
  Erster internationaler Erd-Charta Tag                     20
  Rückschau Ausstellung „Schrei der Erde“                   21
  Die Hegge auf dem Weg zum Erd-Charta Bildungshaus
  Vertiefungsseminar „Erd-Charta in der Schule“             22
  Chronik: Mai bis September 2016                           24
  Das Marianum wird Erd-Charta Schule                       26
  Hoffnungsgeschichte: Hilfe im Härtefall
  Rezept für eine bessere Welt: MitTEILung                  27

  Impressum                                                23
Initiativ - Ökumenische Initiative eine Welt
Im Blickpunkt: Ankommen in einer partnerschaftlichen Welt                                                                      2/3

„Die Zukunft hat eine lange Vergangenheit”
– Vom ‚Wir’ und ‚Ihr’ einst und heute
Ein Gastbeitrag von Rebekka Denz, promovierte Judaistin

Jüngst erwartete Angela Merkel „von den Türkisch-      den Organisationen die Basis entzog.
stämmigen, die schon lange in Deutschland leben,       Doch zurück ins Heute: In der (jüdischen) Ge-
ein hohes Maß an Loyalität zu unserem Land. Dafür      schichtswissenschaft herrscht eine Begriffsvielfalt,
versuchen wir, für ihre Anliegen ein offenes Ohr       um das Ankommen von Minderheiten in der Mehr-
zu haben und sie zu verstehen. Und dafür halten        heitsgesellschaft zu fassen. So wird von Akkultu-
wir auch engen Kontakt mit den Migrantenverbän-        ration einer sozialen Gruppe gesprochen, um das
den.” Das Nachdenken über ‚Wir’ und ‚Ihr’, über        Phänomen der Bewahrung des Eigenen bei zeitglei-
die einen und die anderen, über Minderheiten in ei-    chem Wandel durch die Verbindung mit Elementen
ner Mehrheitsgesellschaft – als Historikerin der jü-   des Anderen zu beschreiben. Die Offenheit der
dischen Geschichte ist das mein täglich Brot.          ‚Anderen’, also der Mehrheitsbevölkerung, wird
Der Blick zurück in die europäisch-jüdische Ge-        beim Prozess der Akkulturation vorausgesetzt.
schichte um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhun-         Abgelöst hat dieser den Terminus der Assimilation,
dert zeigt gewisse Traditionslinien bei derlei Re-     dem das Moment des Beidseitigen fehlt. Der zuletzt
flexionen auf. Der 1897 in Wilna (heute Vilnius,       genannte wird gemeinhin als vollständiges Aufge-
Litauen) gegründete „Allgemeine jüdische Arbei-        hen einer Minderheit in einer Mehrheitskultur ver-
terbund von Litauen, Polen und Russland” (Bund)        standen. Gleichwohl werden beide Worte mitunter
entwickelte die Idee der „Doyikeyt“. Dieser jid-       – unreflektiert? – synonym verwendet. Wiederum
dische Begriff lässt sich als ‚Hier-Sein’ übersetzen   wird der in die zeitgenössische mediale Diskussion
und drückt aus, dass Heimat das Land ist, in dem       eingebrachte soziologische Begriff der Integration
man lebt. Vielfalt statt Gleichmacherei war die Pa-    in der (jüdischen) Geschichtswissenschaft weitge-
role. Jede Volksgruppe im multiethnischen Osteur-      hend ausgespart.
opa sollte sich im Rahmen einer national-kulturellen   Das in Deutschland augenfällige Formulie-
Autonomie entfalten können. Auch in Deutschland        rungstowuhabohu von ‚unseren türkischen Mit-
lebten Jüdinnen und Juden eine deutsch-jüdische        bürgerinnen und Mitbürgern’, ‚Menschen mit Mi-
Bindestrichidentität. In seinem nationalen Kontext     grationshintergrund’, ‚Menschen/Deutschen mit
entwickelte der seit 1893 bestehende „Centralver-      ,türkischen Wurzeln’ oder in Merkelschen Worten
ein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens” (C.     gesprochen ‚Türkischstämmigen’ versinnbildlicht
V.) entwickelte neue Konzepte des Selbstverständ-      den Zwiespalt der Mehrheitsgesellschaft: Leben wir
nisses. Allein am Namen dieser in der Zwischen-        nun in einem Einwanderungsland oder nicht? Ist
kriegszeit größten deutsch-jüdischen Organisation      der Islam oder sind Musliminnen und Muslime ein
lässt sich die doppelte Zugehörigkeit seiner Mit-      Teil Deutschlands? Sprechen wir von Flüchtlingen,
glieder – oder um die Worte Merkels aufzugreifen:      Geflüchteten oder besser von Migranten/innen?
doppelte Loyalität – ablesen. Die vom Bund und C.      „Die Zukunft hat eine lange Vergangenheit” lautet
V. entworfenen Konzepte scheiterten schlussen-         ein rabbinisches Sprichwort. Es trifft ebenfalls auf
dlich an der nationalsozialistischen und stalinisti-   die wenig austarierte mediale und wissenschaftliche
schen Gewaltherrschaft, die beide auf ihre Weise       Diskussion um das Themenfeld Migration zu – und
auf die Trennung in ‚Wir’ und ‚Ihr’, auf die Segre-    damit das Selbstverständnis der heterogenen deut-
gation abzielten sowie durch den Massenmord bei-       schen Gesellschaft.

                                                                                                              öiew-rundbrief nr. 147
Initiativ - Ökumenische Initiative eine Welt
Im Blickpunkt: Ankommen in einer partnerschaftlichen Welt

Von der Bedrohung europäischer Werte
- oder: Die Gefahren lauern ganz woanders
Ein Appell, die Blickrichtung zu wechseln von Bernhard Möller

                                                               Die Fotos zu diesem Beitrag wurden uns
                                                               freundlicherweise von „Starring Aachen“ zur
                                                               Verfügung gestellt. Die von Studierenden
                                                               getragene Initiative bringt BürgerInnen mit
                                                               geflüchteten Menschen zusammen.
                                                               www.starringaachen.org

Asylbewerber, Migranten, Flüchtlinge. Sie sind         Humanistisches Denken als Basis, Rationalität, Sä-
schon bei uns, stehen noch vor der Tür oder ertrin-    kularität, Rechtsstaatlichkeit, Demokratieber und
ken im Mittelmeer - und wir, wir sorgen uns um die     über allem die Menschenrechte. Sie alle spiegeln
europäischen Werte, haben Angst vor der Krimina-       eine jahrhundertelange Entwicklung und Traditi-
lität arbeitsloser jugendlicher Migranten, während     on Europas wider, wurden vorbereitet in den Wis-
Flüchtlinge auch hier Angst haben müssen, wenn         senschaften und im Humanismus der Neuzeit, in
ihre Unterkünfte abgefackelt werden.                   der Französischen Revolution blutig proklamiert
                                                       als „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“, ertrotzt
             Werte entwickeln sich                     und erkämpft gegen kirchliche und weltliche Ob-
                                                       rigkeiten. In Deutschland fanden sie ihren Nieder-
Was sind diese „europäischen Werte“? Die Hit-          schlag in den Grundrechten des Grundgesetzes. Sie
liste, worin Europas Bürger am besten die Werte        wiederholen sich in der Charta der Grundrechte der
Europas repräsentiert sahen, führten 2010 in dem       Europäischen Union vom 12. Dezember 2007. So
von der Europäischen Kommission in Auftrag ge-         sind nmitten von Geschichte, Traditionen, Milieus
gebenen Eurobarometer „Menschenrechte“, „De-           und persönlicher Sozialisation objektive Rechtsgü-
mokratie“ (mit je 38 %) und „Frieden“ ( 35 %) an.      ter entstanden, die wiederum subjektive Wertschät-
Darauf folgten „Rechtsstaatlichkeit“ (25%), „Soli-     zungen stabilisieren.
darität“ (20%) sowie „Respekt gegenüber anderen          Doch haben weder Europa noch der globale
Kulturen“ (18%). Eine Momentaufnahme subjek-           Norden einen Alleinvertretungsanspruch für die-
tiver Bürgerbewertungen. Der Verein „teamfrei-         se Werte: Um Demokratie wird weltweit gerungen.
heit.info“ aus Österreich skizziert eine Hierarchie,   Durch den Inder Gandhi haben wir die Möglich-
in der europäische Werte aufeinander aufbauen:         keit gewaltfreien Widerstands kennen gelernt. Die

                                                                                           initiativ november 2016
Initiativ - Ökumenische Initiative eine Welt
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Menschenrechte wurden 1948 nach dem Ende des             mit parlamentarischer Entscheidung sehr sub-
Zweiten Weltkriegs durch die Vereinten Nationen          til umgangen. Klar, die Grundrechte sind in unser
proklamiert und 1966 durch den Internationalen           Rechtssystem einschließlich internationaler Kon-
Pakt über bürgerliche und politische Rechte und          ventionen und Verträge eingebunden, finden Gren-
den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, sozi-     zen durch Rechte anderer, beeinflussen Staat und
ale und kulturelle Rechte präzisiert. 1976 traten die-   Gesellschaft wie sie auch von diesen beeinflusst und
se in Kraft, nachdem sie von der geforderten Anzahl      verändert werden. Allein die Achtung der Men-
von 35 Mitgliedsstaaten ratifiziert waren. Mittler-      schenwürde in Art. 1 GG ist von jeglicher Verän-
weile von 164 Staaten ratifiziert, sind sie weltweiter   derung ausgenommen. Dabei sagen Modifikationen
Standard geworden, der die Unterzeichnerstaaten          und Veränderungen viel aus über verborgene Werte
verpflichtet, sie zunehmend umzusetzen.                  unserer Gesellschaft und Politik.

                  Rolle rückwärts

Auf Dauer gesichert ist dieser weltweite Standard
gleichwohl nicht, auch nicht in Europa. Am deut-
lichsten wird dies derzeit in der Asyl- und Flücht-
lingspolitik, in der wieder (besser: immer noch) na-
tionale Lösungen, Abschottung und Patriotismus
verfochten werden - ein Anachronismus in Zeiten
der Globalisierung -, ganz gleich, ob durch Le Pen,
Orbán, Kaszy ski oder die AfD. Sie emotionali-
sieren vergangene Werte und können der weltwei-          Für die Aktion „Foto Dialoge“ haben geflüchtete Menschen
                                                         den Ort ihrer Ankunft fotografisch festgehalten.
ten Migration nicht gerecht werden. Diese wollen
sie sogar verhindern und sich des Asylrechts gleich         Zwar heißt es in Art. 16a, Abs. 1 GG weiterhin
mit entledigen. Dies wirkt ansteckend, wenn etwa         „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“, doch zei-
Seehofer und die CSU Obergrenzen für Flücht-             gen die Restriktionen in Abs. 2 bis 5, wie durch-
linge fordern. Mit Obergrenzen würde, wie zuvor          löchert das Asylrecht ist und wie deutsche und
schon der Kölner Kardinal Woelki sagte, der Boden        europäische Politik die Verantwortung an die EU-
des Grundgesetzes verlassen (s. Rheinische Post,         Außengrenzen (Dublin III) und in Drittstaaten
12.09.16). Deren Dilemma kennen wir aus der Ge-          abgeschoben hat. Dabei scheut sie sich nicht, sich
schichte, als 1938 die Konferenz von Évian Ober-         zum Komplizen von Diktatoren wie in Eritrea und
grenzen für jüdische Flüchtlinge festlegen wollte        Sudan zu machen, um Menschen von einer Flucht
und scheiterte. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte        nach Europa abzuhalten, obwohl deren Bürger ge-
sich stattdessen die Idee persönlicher Schutz-           nau vor diesen Diktaturen fliehen. Vielleicht, viel-
rechte für Flüchtlinge durch und führte zur Genfer       leicht hätte Angela Merkels visionärer Alleingang
Flüchtlingskonvention, die eine UN-Sonderkonfe-          unter dem Credo „Wir schaffen das“ etwas ver-
renz 1951 in Genf verabschiedete und 1954 in Kraft       ändern können. Er hat bürgerschaftliches Enga-
trat.                                                    gement herausgekitzelt, aber auf ein Sperren der
                                                         Fluchtwege vor den Außengrenzen der EU nicht
               Aus übler Trickkiste                      verzichtet und ist am Beharrungsvermögen wohlsi-
                                                         tuierter Sofa-Mentalität europäischer Politiker und
Unsere Werte und Grundrechte werden nicht al-            Bürger gescheitert. Solidarität sieht anders aus. Wir
lein von AfD, Front National und Co. hintertrie-         lügen uns mit unseren europäischen Werten in die
ben, sondern zuweilen im politischen Alltag und          eigene Tasche.

                                                                                                                    öiew-rundbrief nr. 147
Im Blickpunkt: Ankommen in einer partnerschaftlichen Welt

                                                                                             Rechte genau an der ausbeuterischen neoliberalen
                                             Geld regiert die Welt                           Handels- und Wirtschaftspolitik und international
                                                                                             tätigen Konzernen. Dies geht weit über schlechte
                                 Nach Art. 2, Abs. 1 des Internationalen Paktes über         Arbeitsbedingungen und die Zahlung „nicht ange-
                                 wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ver-         messener Löhne“ - so der Begriff des Internationa-
                                 pflichtet sich jeder Vertragsstaat, deren volle Ver-        len Paktes der UN - hinaus. Durch Billigimporte
                                 wirklichung „nach und nach“ mit allen geeigneten            subventionierter Landwirtschaftsprodukte verar-
                                 Mitteln, auch durch internationale Hilfe und Zu-            men Kleinbauern; bei Investitionen zur Daseins-
                                 sammenarbeit, zu erreichen. Die Notwendigkeit,              vorsorge werden durch Privatisierung die Men-
                                 Wirtschafts- und Handelspolitik in die Verantwor-           schenrechte auf Bildung, Gesundheit und Wasser
                                 tung für die Menschenrechte einzubeziehen, ist er-          gefährdet; für Palmölplantagen wird Land geraubt
                                 kannt, zumindest auf dem Papier, so in den 1976             und internationaler Bergbau ohne ökologische Auf-
                                 verabschiedeten Leitsätzen der OECD für verant-             lagen verknappt und verschmutzt natürliche Le-
                                 wortliches Unternehmerverhalten, seit 2009 in den           bensgrundlagen; gewerkschaftliche Aktivitäten in
                                 EU-Menschenrechts-Klauseln bilateraler Handels-             den Betrieben werden behindert. Wer sich wehrt,
                                 verträge, in denLeitlinien des UN-Menschenrechts-           wird bedroht, gegebenenfalls verschleppt und er-
                                 rats für Wirtschaft und Menschenrechte von 2011.            mordet.
                                                                 Allerdings fehlen die ju-
                                                              ristischen Elemente für                    Die Blickrichtung ändern
                                                              Klagen gegen Menschen-
                                                              rechtsverletzungen      und    Nicht Asylbewerber und Flüchtlinge bedrohen un-
                                                              für Sanktionen. Men-           sere Werte. Das tun wir selbst, wenn unsere Wer-
                                                              schenrechtliche Folgeab-       te und Ideale nicht der Realität entsprechen. Wir
                                                              schätzungen sind bei           werden um unsere Werte, die spätestens seit 1948
                                                              Handels- und Investiti-        nicht mehr unsere allein sind, kämpfen müssen. Da-
                                                              onsabkommen nicht vor-         bei zeichnen sich vier Handlungsfelder als notwen-
                                                              gesehen. Während aber          dig ab:
                                                              multinationale Unterneh-        • Eine Politik, die die Menschenrechte wirklich in
Die Ausstellung können Sie bis zum 13.11. in Aachen besuchen.
Details: starringaachen.org/projekte/fotoprojekt/             men vor einem privat-              den Mittelpunkt ihrer Agenda stellt.
                                 rechtlichen internationalen Schiedsgericht klagen            • Eine weltweite zivilgesellschaftliche Vernet-
                                 und Schadensersatz fordern können, auch dann,                   zung gegenüber Politik und Konzernen
                                 wenn die Gewinnaussichten auf Grund staatlicher              • Ein beharrlicher Dialog bei uns vor Ort in der
                                 Regulierungen geschmälert werden, findet sich in                Begegnung mit Menschen anderer Kulturen
                                 keinem EU-Abkommen eine Klausel, die Spielräu-               • Ein offensives Eintreten für den attraktiven
                                 me für staatliche Maßnahmen zur Gewährleistung                  Wert von Menschenrechten und
                                 und zum Schutz der Menschenrechte garantiert.                • solidarischen Lösungen.
                                 Auch für Opfer von Menschenrechtsverletzungen
                                 im Wirtschaftssektor bestehen keine adäquaten
                                                                                              Zum Weiterlesen:
                                 Möglichkeiten der Klage. Auch bei TTIP fehlen die
                                                                                              Bildungsarbeit in Berliner Schulen
                                 Hinweise, dass sich an diesem Ungleichgewicht et-            zum Thema Flucht und Erd-Charta:
                                 was grundlegend ändert.                                      gemeinsamgrenzenueberwinden.wordpress.com/
                                    Derweil sich hier bei uns über billigen Konsum            Bildungsmaterialien zu Flucht und Asyl:
                                 allzu unreflektiert in den Segnungen der Globalisie-         www.globaleslernen.de
                                 rung eingerichtet wird, scheitert der Internationa-          Lernmaterial für Kinder ab Klasse 3:
                                                                                              kindernothilfe.de, Suche „Flucht und Migration“
                                 le Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle

                                                                                                                           initiativ november 2016
6/7

Darf ich vorstellen?
Wir haben mit acht Geflüchteten über Ihre Vorstellung vom Ankommen gesprochen.
Eine Textcollage von Fabian Bethge
                                                           Darf ich vorstellen?
                                                     Ich komme aus dem Krieg.
                                  Mein Name bedeutet Mond, Glück und „was gut für dich ist“.
                                   Aber eigentlich komme ich aus Syrien, aus Nigeria oder Irak.
                               Ich musste fliehen, vor einem Jahr, vor zwei Jahren oder vor sechs.
                   Meine Eltern sind nicht glücklich, weil wir nicht zusammen sind. Ich wünschte sie wären hier,
                                                              sie fehlen.

                                             Zu Hause war ich arm und ich war reich.
                           Als Kind wollte ich wie Robin Hood sein, wie Zorro. Sie halfen den Armen.
                         Meine Eltern wollten, dass ich Arzt werde, aber dafür hatten wir das Geld nicht.
                     Ich war wohlhabend, aber auf der Flucht wurde mir alles geraubt, was ich bei mir hatte.
                     Astronaut wollte ich werden als Kind, mit ihrer Entschlossenheit für die gefahrvolle Reise.
                      Angst hatte ich immer als Frau im Iran. Im kalten Deutschland brauche ich einen Kamin
                                 und einen Wachhund. Mein Mann müsste nachkommen dürfen.

                                  Aber wo waren die Staaten alle zwischen 2011 und 2014?
                                   Da haben sie die Revolution gegen Assad allein gelassen.
                Europäische Armeen im Irak haben die Grundlage für die Radikalisierung einiger Menschen gelegt.
                              Heute habe ich mit meinen Eltern telefoniert, aber nur eine Minute,
                              dann kreiste ein Flugzeug und sie mussten sich in Sicherheit bringen.
                        Wir brauchen die neue Generation, die erst das Ganze wieder gut machen kann.
                     Wir müssen die Gesetze so machen, dass große Unternehmen wie Rüstungskonzerne
                                       die Träume der Menschen nicht mehr zerstören.

                        Meine Eltern sind tot, aber ich will für meine Kinder, was sie auch für mich wollten.
                                        In Sicherheit aufwachsen, nicht immer nur gehorchen,
                   dass sie Vorbilder sind, etwas Solides, was zu ihrer Berufung passt. Dann wird man glücklich.
                                     Wir wollen dass sie ganz früh schwimmen lernt und reiten,
                           dass sie gut zu Nachbarn ist und dass sie Schach lernt, das ist gut für den Kopf,
                                                    damit sie clever und klug wird!
                             Ich wünsche ihnen ein besseres Leben. Dafür muss ich mich anstrengen.
                 Ich brauche eine berufliche Chance – ich möchte vorankommen und mein Leben neu gestalten.
                                Ich brauche ein Asyl für mindestens 5 Jahre, damit ich arbeiten kann.

                                                       Wenn du Europa sagst,
                          denke ich an einen Platz, wo ich Frieden habe, mit Gleichberechtigung für alle.
                               An schöne üppige Landschaften, offene Türen und Gastfreundschaft.
                                  Die Gesellschaft anerkennt mich, obwohl ich von ferne komme.
                           Ich will hier in Deutschland bleiben. Und ich lerne mehr und mehr Deutsch,
                           vor allem mit Hilfe einer alten Dame, die jede Woche einmal zu uns kommt.

 Die Collage besteht aus wörtlichen Zitaten aus mehreren Interviews mit Geflüchteten.
 Interviews:

                                                                                                                   öiew-rundbrief nr. 147
Aus der Initiative

Blick in die ÖIEWerkstatt
          „Es ist stockdunkel. Gerade habe ich vom      stände zu schaffen, zu festigen und zu vergrößern“
          Einlassteam die letzten Hinweise bekom-       („Masse und Macht“).
          men. ‚Gehen Sie hinein in den Tunnel, las-       Was hat dieses Erlebnis mit der ÖIEW und der
          sen Sie sich ein auf das, was kommt. Am       Erd-Charta zu tun? Noch Tage später beziehen sich
          Ende bekommen Sie Ihre Sachen wieder          die Gespräche der Beteiligten darauf – und wer-
          und können zu den weiteren Performances       den inhaltlich. „Ich könnte immer noch die ganze
          des Theaterfestivals. Viel Spaß.‘ Ich gehe    Welt umarmen“, erzählt eine Performerin. „Noch
          in Richtung der Geräusche. Schräge Lau-       nie hatte ich so sehr das Gefühl, nicht nur zu ge-
          te, von menschlichen Kehlen gemacht,          ben, sondern alles und mehr zurück zu bekommen.
          und dann sind da plötzlich Arme, Beine,       Durch diese ganz direkte, körperliche im-Moment-
Berührungen von allen Seiten. Von fremden Men-          Reaktion des ‚Publikums‘ auf das, was wir taten.
schen. In Dunkelheit. Mal leicht, mal kräftig…          Und nötig dazu war nur dieser kleine Sprung über
Mein Atem geht schneller. Bis ich merke: die Be-        die normale Distanzschwelle. Und dass wir es ge-
rührungen sind achtsam, respektvoll. Und plötzlich      schafft haben, eine Umgebung des Vertrauens zu
geht es. Ich kann loslassen, mich der unsichtbaren      generieren. Das heißt, zur Weltrettung müssen wir
Menge wie einer Meereswelle überlassen, werde           jetzt ‚nur‘ alle Menschen in solche Tunnel krie-
getragen, weitergespült, bin Treibgut in der Bran-      gen?!“ - Wenn die Lösung nur so einfach wäre.
dung, Wasser im Wasser, Mensch unter Menschen.“         Aber vielleicht ist darin wirklich ein utopischer Ge-
   So der Bericht einer Besucherin des                  danke enthalten. Wären wir alle „nackt“ und wür-
„studioNAXOS“-Festivals im September. „Zu-              den diese Nähe öfter zulassen, würden wir unsere
schauerin“ wäre der falsche Ausdruck. Weder             und die Verletzlichkeit der Anderen vielleicht öfter
schaut hier jemand, und schon gar nicht „zu“. Alle,     wahrnehmen und spüren. Und den Wert jedes Le-
Performende wie Besuchende, sind – „Mit-Füh-            bens stärker respektieren. Und wieder eine andere
lende“? Die Gespräche im Anschluss zeigen, dass         Überlegung dazu lautete: „Vielleicht geht es darum,
es nicht bei der körperlichen Ebene bleibt. Die Teil-   statt die Welt zu verändern, die Welt zu berühren,
nehmenden sind auch emotional berührt, geistig          so dass Menschen Menschen sein können?“
angeregt, kommen ins Gespräch. Als ob sich alle ir-        Gerade in einer Zeit, in der Politik und Medien
gendwie kennten.                                        die Angst erst erzeugen und schüren, die dann die
   STORGE – der Titel der beschriebenen Perfor-         Angst-Reaktions-Wahlspirale in Gang setzt, ist es
mance - bezieht sich auf eine Form von ursprüng-        so wichtig, auf eine ganzheitliche Bildung zu set-
licher Liebe, mit der im antiken Griechenland die       zen, die konstruktive Argumente mit einer po-
Beziehung zwischen engen Familienangehörigen            sitiven emotionalen Rückversicherung wie dem
bezeichnet wurde. Sie ist gekennzeichnet durch be-      Erleben von Vertrauen, Offenheit, Zuversicht, Ge-
sondere Fürsorge und Verständnis. Dieses eine Mal       meinschaft, Solidarität, Liebe…kombiniert. Hohe
hat Elias Canetti nicht Recht: „Auf einem bestimm-      Zeit für die Erd-Charta Bildungsarbeit und die Se-
ten, sicheren Platze steht der Mensch und hält sich     minarangebote der ÖIEW!
alles, was ihm in die Nähe kommt, mit wirkungs-            Sehen wir uns bei der Erd-Charta Botschafter-
vollen Rechtsgebärden vom Leibe. Alles Leben, wie       Innen-Ausbildung 2017 (S. 11) oder auf der Früh-
er es kennt, ist auf Distanzen angelegt, das Haus, in   jahrstagung „fühlt! Berührt in die Eine Welt“ (s.
dem er seinen Besitz und sich verschließt, die Stel-    nächste Seite)?
lung, die er bekleidet (…) – alle dienen dazu, Ab-         Ihre Anja Becker, Geschäftsführende Referentin

                                                                                       initiativ november 2016
8/9

Heilend umgehen mit der Erde und mit uns selbst
Noch letzte Plätze frei! Silvesterfreizeit der ÖIEW
vom 28. Dezember 2016 bis 1. Januar 2017 auf Burg Bodenstein
„Heilend umgehen mit der Erde und mit uns selbst        gesellschaftlichen und weltweiten Trans-
…und dabei Gesellschaft und Weltgemeinschaft            formation. Zentral dabei wird sein, dass
mitgestalten…“ lautet der Titel der diesjährigen        wir uns diesen Themen nicht nur theo-
Jahres(w)endtagung.Familien,          Alleinreisende,   retisch, sondern auch durch praktische
Paare sind herzlich eingeladen, die letzten Tage des    Übungen nähern.
Jahres in stimmungsvollem Ambiente auf Burg Bo-            Das ÖIEW-Treffen ist Teil der Silve-
denstein in Thüringen zu verbringen - mit Kinder-       ster-Burgfreizeit für Einzelne und Fami-
betreuung, Kreativprogramm, Genuss für Leib und         lien mit Kindern. Für letztere bietet die
Seele und einem tollen Silvesterfest.                   Burg je nach Altersstufe eine Betreuung
  Für die Erde arbeiten, ohne verrückt zu werden        mit eigenem Programm an.                               Foto: Pixabay / Public Domain
nennt Joanna Macy den Themenhorizont, den wir              Kosten: 210 Euro (inkl. Vollpension, Festbuffet
uns dabei näher ansehen wollen. Themen wie Trau-        und Programm), für Kinder je nach Alter deutlich
ma-Integration, Stressforschung und Selbstfürsor-       weniger. Weitere Informationen in der Geschäfts-
ge spielen alle eine Rolle im Horizont der großen       stelle und unter www.erdcharta.de.

Buchtipp: Der leise Atem der Zukunft
„Wer bin ich?“ Die ewig aktuelle,    Um darauf eine Antwort zu ge-       Nach Dr. Natalie Knapp, Philoso-
sich immer wieder neu stellende      ben, entwickelt Weber seine „ero-   phin und Schriftstellerin
Grundfrage des Menschseins er-       tische Ökologie“. Mit ihrer Hilfe
forscht Andreas Weber ganz all-      können wir in eine neuartige, of-   Andreas Weber:
tagsnah und lebenspraktisch im       fene Beziehung zur Natur, zu un-    Lebendigkeit. Eine erotische Ökolo-
Hinblick auf unsere Lebendigkeit.    seren Mitmenschen und uns selbst    gie. Kösel-Verlag, 2014, 19,99 €
Worin besteht sie?                   eintreten.                          http://oeiew.de/Lesenswert

„fühlt!“: ÖIEW-Frühjahrstagung 2017
Von einer Kultur des Nehmens zu einer Kultur der Gabe
Mit vielen schönen Ideen und Anknüpfungspunk-           werden wir verschiedene praktische Stationen auf-
ten hat uns unsere Jubiläumstagung zu 40 Jahren         bauen (Natur-Kunst, Klangräume, Berührungsrei-
ÖIEW im Mai beflügelt. Bei der kommenden Früh-          he etc.), um das Thema ganzheitlich zu erkunden.
jahrstagung machen wir weiter mit der spannenden        Für die Vorbereitung der Tagung in Germete freu-
Verbindung Berühren – Fühlen - Geben. In die-           en wir uns über weitere Mitwirkende, bitte gern in
ser Tagung wollen wir in Fühlung gehen: mit dem         der Geschäftsstelle melden!         Anja Becker
weitreichenden Thema der Natur- und Weltbilder,
die zu enkel(un)tauglichen Entwicklungen führen.         „fühlt!“ Berührt in die Eine Welt.
Mit der Frage nach Lebendigkeit‚ in-Beziehung-           Eine Frühjahrstagung, die in Fühlung geht und
Sein und wann Wandel möglich ist. Und mit all un-        Natur- und Weltbilder für eine zukunftsfähige
                                                         Weltgesellschaft erkundet.
seren Sinnen. Für den Einstieg ins Thema haben wir
                                                         5.-7. Mai 2016, Germete / www.erdcharta.de.
Andreas Weber angefragt. Während der zwei Tage

                                                                                                                öiew-rundbrief nr. 147
Die Erd-Charta-Seiten

                                Rothenburg auf dem Weg zur Fair-Trade-Stadt
                                Die Erd-Charta Gruppe Rothenburg gibt einen Einblick in ihre Arbeit

                                Derzeit bündelt sich die Arbeit der Regionalgruppe            2. Alleenerhalt und Verkehrssicherheit
                                in zwei Projekten:                                            Das Energiewendebündnis Rothenburg hatte sich
                                1. Fair-Trade-Stadt Rothenburg                                in der Vergangenheit in einer Petition für den Er-
                                In Diskussionen über die Ursachen weltweiter Mi-              halt von Straßenbäumen eingesetzt und mit Un-
                                gration wurde uns die Wichtigkeit klar, in Rothen-            terstützung des MdB Josef Göppel in Absprache
                                burg das Bewusstsein für fair gehandelte Produkte             mit den Behörden vor Ort Bäume nachgepflanzt.
                                zu stärken. Es gibt einen Weltladen und verschie-             Ziel ist es, Verkehrssicherheit und den Erhalt von
                                dene Läden mit regionalen und biologisch er-                  Alleen und Baumreihen nicht als sich gegensei-
                                zeugten Produkten. Kontakte zu anderen Fair-Tra-              tig ausschließende Faktoren zu sehen, sondern lö-
                                                              de-Städten, zu deren            sungsorientiert sich für beide Belange einzusetzen.
                                                              UnterstützerInnen               Geplant ist eine durch das Energiewendebündnis
                                                              und zu Organisati-              organisierte Wanderung auf einem Baumpfad und
                                                              onen der Fair-Trade             ein Vortrag mit Bildern alter Bäume in der Stadt
                                                              Bewegung wurden                 und im Umland, ergänzt durch Gedichte, um auf
                                                              aufgenommen und                 diesem Wege Bewusstsein für die Schönheit alter
                                                              die Prinzipien in der           Bäume zu stärken und sie somit zu schützen.
                                                              Gruppe diskutiert.                                              Christine Birmann
Leuchtendes Vorbild: Die Fair-Trade-Stadt München bezieht für ihre
Schulen nur fair produzierte Bälle.    Foto: Christine Birmann

                                  Das Spendenbarometer:
                                  Bitte um Weihnachtsspende
                                  Wie unser Spendenbarometer zeigt, fehlen der ÖIEW
                                  zur Finanzierung der vielfältigen Aktivitäten dieses Jah-
                                  res noch 32.043 Euro. Es ist sehr wichtig, dass wir das
                                  schaffen! Es ist uns zwar gelungen, wesentliche staatli-
                                  che und kirchliche Zuschüsse zur Finanzierung unserer
                                  Arbeit zu bekommen – gerade weil auch die Zuschuss-            Bedarf
                                  geber unsere Bildungsarbeit sehr förderungswürdig se-
                                  hen. Dennoch sind und bleiben Spenden für uns als                € 32.043
                                  „Basis-Initiative“ das zentrale und wichtigste Finanzie-
                                  rungs-Instrument – und ohne Eigenanteile erhalten wir
                                                                                                                      Spenden
                                  die Zuschüsse nicht! Jeder hier gespendete Euro ver-
                                                                                                                          €51.557
                                  vielfältigt sich – durch Zuschüsse und durch das viele
                                  ehrenamtliche Engagement!
                                  Vor diesem Hintergrund bitten wir besonders herzlich
                                  um wohlwollende Beachtung des beiliegenden Spen-
                                  denbriefs und um Ihre großzügige Spende. Danke!

                                                                                                                            initiativ november 2016
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Werden Sie Erd-Charta BotschafterIn!
Die Erd-Charta Koordination Deutschland bietet am 10.-12. März
und 19.-21. Mai 2017 die nächste MultiplikatorInnen-Ausbildung an!

Die Ausbildung richtet sich an alle, die Lust auf       Termine
politische Veränderungen und entsprechende Bil-         10. bis 12. März und 19. bis 21. Mai 2017,
dungsarbeit haben. An den zwei zusammenhän-             jeweils Freitag 18 Uhr bis Sonntag, 14 Uhr.
genden Wochenenden setzten Sie sich mit der             Ort
Erd-Charta, einer globalen Ethik für nachhaltige        Zukunftswerkstatt Ökumene in Warburg-Germete
Entwicklung, auseinander. Die Ausbildung befä-          (Bahnhof Warburg, Westf.)
higt, die Erd-Charta selbst weiter zu geben, in einer   Teilnahmebeitrag
Erd-Charta Gruppe aktiv zu sein, einen Workshop         120 Euro (erm. 80 Euro) für beide Wochenenden,
durchzuführen, mit der Jugendgruppe spielerisch         inkl. Praxishandbuch, Bio-Essen und Übernachtung.
die Erd-Charta zu erschließen, regionale Projekte       Veranstalterin
                                                        Ökumenische Initiative Eine Welt e.V.
zu verwirklichen, an der Uni oder auf einem Kon-
                                                        /Erd-Charta Koordination Deutschland
gress einen Vortrag zu halten... - je nach Lust und
                                                        Anmeldung www.erdcharta.de
Interesse der Teilnehmenden!

Zum Bundestagswahlkampf: für eine solidarische globale Gesellschaft
Das Netzwerk Friedenssteuer          tung für eine solidarische glo-    stellen zentrale ökonomische,
lädt anlässlich des Bundestags-      bale Gesellschaft“ und darum,      ökologische, diplomatische, frie-
wahlkampfs 2017 zu einer Kam-        die „Sustainable Development       denssichernde Forderungen an
pagne vieler Organisationen          Goals“, zu denen sich Deutsch-     alle Parteien, die die Politik in
der Friedens-, Öko- und Men-         land verpflichtet hat, wirklich    der Legislaturperiode 2017-2021
schrechtsbewegung. Es geht um        umzusetzen.                        gestalten wollen.“
„Deutschlands     Mitverantwor-        „Wir mischen uns ein! Wir        www.netzwerk-friedenssteuer.de

                                                                                                            öiew-rundbrief nr. 147
Die Erd-Charta-Seiten

Veranstaltungshinweise
Besuchen Sie gern unseren laufend aktualisierten Kalender
unter erdcharta.de/aktivitaeten/veranstaltungen/

Seminar: „Eine Welt als Chance - fliehen und
ankommen in einer partnerschaftlichen Welt“
Die Ökumenische Initiative Eine Welt und Misereor laden zu einem Workshop ein.
11.-13.11., Zukunftswerkstatt Ökumene, Warburg-Germete
Der Workshop beginnt am Freitag, 11.11., um 18.00             Probleme, sondern auch über die Chancen miteinander
Uhr mit dem Abendessen. Der Vortrag um 19.30 Uhr              ins Gespräch zu kommen, die der Zuzug von Migran-
mit Matthias Lanzendörfer von Misereor zum Thema              tInnen unserem Land und möglicherweise auch deren
„Flucht und Migration - Warum sind so viele Menschen          Heimatländern bieten.
unterwegs?“ ist eine öffentliche Veranstaltung.
Wer sich von ängstlicher Sorge lähmen lässt, erliegt leicht   Weitere Informationen zum Programm:
der Verführung derer, die Ängste schüren, statt sie zu        www.erdcharta.de oder info@oeiew.de
überwinden. Deshalb laden wir ein, nicht nur über die

                                                                                            initiativ november 2016
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                     40 Jahre Ökumenische Initiative Eine Welt
                              – der Jubiläums-Einleger

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Aktive! Stolz präsentieren wir       was für uns besondere Qualitäten, Ziele und Wege der ÖIEW
Ihnen den zweiten Jubiläums-Einleger. Mit einer Erklärung für das      und der Erd-Charta Bildungsarbeit sind – eignet sich wunderbar
„ökumenisch“ im Namen der Initiative. Mit einem Innenteil, für         als Poster! Dazu gibt es auf der Rückseite eine Momentaufnahme
den der Vorstand bei einem Wochenendtreffen gesammelt hat,             dessen, was uns im Vorstand derzeit beschäftigt.

Warum ÖKUMENISCH ?
In der Alltagssprache bezeichnet Ökumene die Zusammenarbeit            Christen und Kirchen wie die Mitverantwortung für die vom Men-
von Christen unterschiedlicher Kirchen. Verständlicherweise ist        schen bewohnte Welt... Wir sehen uns als Teil der Einen Welt mit
deshalb für viele UnterzeichnerInnen der Erd-Charta, für manche        ihrer Vielfalt pflanzlichen und tierischen Lebens. Und wir sehen
Erd-Charta BotschafterIn sowie für TeilneherInnen unserer Semi-        uns als Teil der einen Menschheit, die alle Völker, Kulturen und Re-
nare, Workshops und Tagungen „ökumenisch“ ein ausschließlich           ligionen umfasst. Diese beiden Aspekte bezeichnet auch das grie-
kirchlich und christlich geprägter Begriff. Das erklärt, warum wir     chische Wort ‚Ökumene‘.“
immer wieder gefragt werden, weshalb die Koordinationsstelle              „Ökumenisch“ geht in unserem Verständnis damit weit über die
der deutschen Erd-Charta Arbeit sich Ökumenische Initiative Eine       Zusammenarbeit christlicher Konfessionen und Kirchen hinaus. Es
Welt und nicht einfach Erd-Charta Initiative nennt.                    geht um die Zusammenarbeit aller Religionen und aller nicht reli-
   Die Geschichte der ÖIEW ist älter als die der Erd-Charta. Und       giös gebundenen Menschen, so, wie auch die Erd-Charta ein für
die Gründungsmitglieder der Initiative waren in ihrer großen           alle Menschen gültiger Text sein möchte. Dass sich der Initiative
Mehrheit Mitglieder einer christlichen Kirche. Sie verstanden aller-   viele humanistisch geprägte, nicht kirchlich oder religiös gebun-
dings Ökumene auf zweifache Weise: zum einen als Einheit und           dene, oder einer anderen Religion zugehörige Menschen ange-
Zusammenarbeit der Christen und christlichen Kirchen. Zum an-          schlossen haben, zeigt, dass die von Anfang an gewünschte Weite
dern jedoch in der griechischen Grundbedeutung (η‘ οϊκουμενη           in der Arbeit der Initiative erkennbar ist. Verwurzelt ist die Initiati-
‚das Bewohnte‘), das „die ganze bewohnte Welt“ (soweit sie da-         ve in der weltweiten ökumenischen, umwelt-, entwicklungspoli-
mals bekannt war) in der griechisch-römischen Antike bezeich-          tischen und friedenspolitischen Basisbewegung und im konziliaren
nete.                                                                  Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.
   Im Gründungsaufruf der ÖIEW 1976 heißt es: „Für uns umfasst
ökumenisches Leben ebenso sehr die Bemühung um Einheit der                     Paulander Hausmann und Barbara Ruthardt-Horneber

                                                                                                                                öiew-rundbrief nr. 147
Wir kartieren die ÖIEW
Was ist uns in der Initiative wichtig? Ein Brainstorming des ÖIEW-Vorstandes

Die ÖIEW als Lernbewegung                                                                                Schöpfung
Wir kennen die Lösung (noch) nicht, aber wir machen uns auf den Weg,                                     bewahren
wir probieren etwas aus und sind flexibel,
wir gewinnen eine neue Sicht,
wir lassen uns durch Fehlschläge nicht entmutigen,
wir lernen aus Fehlern,                                                                             Biodiversität
wir brauchen Gesprächspartner als Korrektiv und/oder Bestätigung,                                     erhalten
auch wenn es zunächst als unmöglich gilt,
wir lassen uns nicht entmutigen, weil es aussichtslos erscheint,
wir haben gelernt, gegen der Strom zu schwimmen,                 vielfältiges                Vielfalt
denn nur tote Fische schwimmen mit dem Strom,
                                                               Engagement
wir sind wagemutig,
wir kapitulieren nicht so rasch,                                                                   zwischen
sondern sind ausdauernd und beharrlich,                        eingebunden in ein            Großem Wandel und
wir wissen, auch wir haben die Weisheit                    lebendiges Beziehungsnetz       Großer Transformation
nicht mit Löffeln gefressen,
wir bleiben bescheiden,
wir ermutigen andere
und werden umgekehrt                             eigener Haushalt und
von anderen ermutigt.                              ganzer bewohnter              Freundschaft
Paulander Hausmann                                     Planet Erde                            Begegnungsräume
                                                                                                     schaffen
                                                                              berührt sein -
                                                                              berührbar sein
                                              Beziehungen auf
                                                                                 drürfen
                                                Augenhöhe

                                                                  auf der Suche                 Gemeinschaft
                                                                                                   leben
                                       sinnlich - kreatives
                                     Erleben und Gestalten
                                                                       Träumen und
                                                                         Würdigen          Feiern
                                                                                                  geteilte Werte
                                                offen sein
                                                                           das Einfache
                                                                            genießen
                                                                                             Lebenslust und
                                                             Theater                          Lebensliebe
                             Antenne für neue
                               Impulse sein

                                          wertschätzen, was
                                               kommt
                                                                   Raum zum
                                                                 Experimentieren
                                         kreativ sein
Ursachen suchen,
                                      bennenen und
                                        beseitigen
    Großen Wandel                                              global denken
    sichtbarmachen
                                         die Eine Welt
                                       zusammendenken
               ganzheitlich
                                                              Nord-Süd-Dialog
 Ressourcen                           Ursachen von
wertschätzen                       Flüchtlingsströmen
                                      untersuchen                            Mehrgenerationen-
                                                       politisch und           dialog fördern
                                                    zivilgesellschaftlich
         „und“
                                                    handlungsfähig sein
          statt
                                                                       Zukunftswerkstatt          Methoden der
    „entweder oder“
                                                                                                 Evaluation finden
                              sich gegenseitig
                                ertüchtigen                       Netzwerk nach           bewegliche
                                                                      außen             Strukturen, die
                                                                                       Selbstwirksamkeit
                                      auch klei-
                                                                                         erleben lassen
                                     ne Schritte                      Beispiele
Mitte suchen
                                       zählen                      der Ermutigung
                                                                                               lebe so, dass du
                                                    Hoffnungs-                                   gefragt wirst
                                                    geschichten
        Erfahrungen                                                            gemeinsam
                                    voneinander                              Visionen suchen
           teilen
                                      lernen
                                                    Jesus könnte auch
                          Tanzen                      gesagt haben:
                                                     Seid Sand, nicht
                                                    das Öl im Getriebe
        Antenne für neue         wieder einmal           der Welt
        Impulse sein            die Bergpredigt
                                     lesen
                                                   Qi Gong     beides: Harmonie
                        Bibelauslegung
                                                               in der Spiritualität,
                                    gemeinsame                 Kontroverse in der
                Transzendenz        Stille                         Diskussion
                und Immanenz               gemeinsam Kraft-
                                            quellen suchen
EIN-Klang und Diversität im Großen Wandel
Barbara Ruthardt-Horneber berichtet vom derzeitigen Vorstands-Diskurs
Die beiden vorangehenden Seiten entstammen einem Vorstands-                  bis 2030) – einen neuen Fokus für weiträumigere Netzwerk-
Brainstorming Ende September. Um Impulse von Festtagung und                  Zusammenarbeit in der Großen Transformation setzen?
Mitgliederversammlung aufzunehmen und unsere Planungen im                 • Wir suchen weiter, wie wir in unseren vielfältigen spirituellen
Übergang in ein neues Jahrzehnt ÖIEW nicht nur vom „Alltagsge-               und biografischen Ausprägungen neue gemeinsame Ritua-
schäft“ bestimmen zu lassen, haben wir fünf Vorstandsmitglieder              le und Wege finden können, um die „Tiefenebenen“ unseres
uns in Wethen für ein Wochenende getroffen. Vor dem Hinter-                  Verbundenseins zu feiern und die verschiedenen Sprachwel-
grund der Kontroversen um spirituelle Formen und Sprachen (sie-              ten für einander zu „übersetzen“.
he Jubiläums-Einleger 1) erzählten wir uns gegenseitig die je eigene    In die kommenden Planungen nehmen wir die folgenden Fragen
spirituelle Biografie und „spielten“ im Anschluss daran mit Bildern     und Impulse mit:
zu den Qualitäten, die für uns die Zugehörigkeit zur ÖIEW kenn-           1. Was braucht es für die Unterstützung und Weiterqualifikati-
zeichnen (wer uns näher kennt, kann vielleicht sogar manches in-             on des aktiven ÖIEW/EC-BotschafterInnen-Netzes? Wie be-
dividuell zuordnen?!).                                                       kommen sie Ermutigung, Begleitung in ihren Aktionen und
  Im Betrachten unserer Stichwort-Sammlung wurde deutlich:                   wie können sie diese im Netzwerk der Initiative abrufen? Wie
  • Wir sind vor allem LERN-BEWEGUNG (hoffentlich auch im                    können wir in diesem Sinn unsere Strukturen flexibilisieren
      Sinn von „lernende Bewegung“!) und unser Schwerpunkt lag               und weiterentwickeln, damit sich die „Außenfühler“ unseres
      und liegt auf Bildungsarbeit mit der Erd-Charta, nicht so sehr         Netzwerks vervielfachen können? Welche Aufgaben und Ak-
      auf gemeinsamen direkten Aktionen.                                     tivitäten sind in der inhaltlichen Vertiefung effektiver in kleinen
  • Außenvernetzung und eigene politische Intervention nehmen                dezentralen Arbeitsgruppen weiterzuführen oder können
      weniger Raum in unserem gemeinsamen Handeln ein als dies               über punktuelle organisatorische Honorartätigkeit umgesetzt
      unser innerer Anspruch ist! Vernetzung mit Aktionsgruppen,             werden, damit wir die geringe hauptamtlich-professionelle
      NGOs und den großen Klimabündnissen, Netzwerken, zi-                   Personalpräsenz möglichst für ihre „qualitativen Koordina-
      vilgesellschaftlichen Lobbygruppen für Frieden, Gerechtigkeit          tions-Aufgaben“ frei halten?
      und Erhaltung unserer Lebensgrundlagen leben wir in Form            2. Wir planen für Anfang 2017 eine „kleine Zukunftswerkstatt“
      von Mitgliedschaft und in der Synergie mit unserer inhaltlichen        zur Perspektivenklärung für die nächsten Jahre, die wir durch
      Bildungsarbeit und den je persönlichen Mitgliedschaften und            einen professionellen Moderator begleiten lassen wollen.
      Kontakten und Aktivitäten. Können wir – z.B. anhand der po-       Mit welchen Ideen dazu könnt Ihr/ können Sie als LeserInnen, Mit-
      litischen Umsetzung der SDGs (Sustainable Development             UnterzeichnerInnen, Mitglieder diesen Prozess anregen? Wir freu-
      Goals / die globalen nachhaltigen Entwicklungsziele der UN        en uns auf Rückmeldungen Eurer/ Ihrer Gedanken!

                             Ihre Impressionen des ÖIEW-Jubiläums? Wir freuen uns über Beiträge!
     Habt ihr/haben Sie Lust, an unserer Jubiläums-Dokumentation mitzuwirken? Wir freuen uns über Beiträge aus 40 Jahren ÖI.
Die Erd-Charta Seiten                                                                                                           16 / 17

In Schnöggersburg wird Krieg trainiert
Militärische Übungsstadt entsteht im Naturschutzgebiet bei Magdeburg –
Protestierende Bürgerinitiative bekommt den Aachener Friedenspreis
Anlässlich der Verleihung des Aachener Friedens-
preises war Bernd Luge von der BürgerInitiative
Offene Heide im September beim Vitopia-Projekt
in Magdeburg zu Gast, um die Geschichte der Bür-
gerInitiative vorzustellen.
   Kurz nach der Wende war die Zeit des Wettrü-
stens erst seit kurzem vorbei. Auch in der Col-
bitz-Letzlinger Heide sind Atomwaffen stationiert
gewesen. 1991 beschloss der Landtag Sachsen-An-
halts die friedliche Nutzung der Heide. Ungeach-
tet dessen stimmte der Bundestag 1993 für eine mi-
                                                        Ein Blick ins Naturschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide: Die Übungsstadt Schnöggersburg entsteht
litärische Weiternutzung. Infolgedessen wurden          mit Wohn-, Geschäftshäusern, Kaufhaus, Bank mit Hubschrauberlandeplatz, Verwaltungsgebäuden,
70.000 Unterschriften für die friedliche Nutzung        Polizei/Gefängnis, Rathaus, Schule, Botschaft, Museum, Sakralbau und Friedhof.     Foto: privat

gesammelt und die BürgerInitiative (BI) gegründet.      BI Offene Heide für ihr großes Durchhaltevermö-
Bei den monatlich stattfindenden Friedenswegen          gen verliehen. In über 20 Jahren haben sie 280 Frie-
nahmen anfangs hunderte Menschen teil. 1994 be-         denswege durchgeführt – das sind Protestwande-
zog die Bundeswehr ihre Stellung in der Heide. In       rungen in und um die Heide, die eine Länge von 3
einem zähen Ringen wurde 1997 mit der Landesre-         bis 5 km haben. Durch den Bau der Übungsstadt
gierung der ‚Heidekompromiss‘ ausgehandelt: Eine        Schnöggersburg hat der Protest gegen die militä-
weitere militärische Nutzung des Nordteils und          rische Nutzung wieder deutlich zugenommen. Als
die Überführung des Südteils der Heide zur zivilen      Ausdruck des Protests findet seit vier Jahren das
Nutzung bis 2006. Allerdings wurde dieser im Jahr       „WAR STARTS HERE“-Camp statt.
2003 von der nachfolgenden Landesregierung wie-            Die Atomare Abrüstung zwischen Ost und West
der aufgekündigt. Seitdem wird die gesamte Heide        ist entscheidend voran gebracht worden von Michail
militärisch genutzt und darf von Zivilisten nicht be-   Gorbatschow, einem Mitglied der ersten Erd-Char-
treten werden.                                          ta Kommission. Die Erd-Charta ist eine Vision für
Auf dem Gebiet der Heide befindet sich das mo-          ein friedliches Zusammenleben weltweit, die mehr
dernste Gefechtsübungszentrum Europas. Hier             als nur den Aspekt Frieden betrachtet. Auch die BI
werden jährlich 25.000 Soldaten von Bundeswehr          Offene Heide setzt sich neben der Friedensarbeit
und NATO- Bündnispartnern auf Auslandseinsät-           für den Umweltschutz ein und fordert die Stärkung
ze vorbereitet. Zudem wird gerade die größte mili-      der lokaler Wirtschaft durch eine nachhaltige und
tärischen Übungsstadt Europas gebaut - mitten im        friedliche Nutzung der Heide.	   Joris Spindler
Naturschutzgebiet. Über 500 Häuser werden er-
richtet. Hinzu kommt eine U-Bahn, Kanalisation
wird verlegt und ein künstlicher Fluss geschaffen.                  Zum Weiterlesen:
Zivile Bebauung wäre in einem solchen Gebiet un-                    www.aachener-friedenspreis.de
denkbar, aber nach militärischem Recht bedarf es                    www.war-starts-here.camp
nicht einmal einer Umweltverträglichkeitsprüfung.                   www.offeneheide.de
   Der diesjährige Aachener Friedenpreis wurde der

                                                                                                                                öiew-rundbrief nr. 147
Die Erd-Charta-Seiten

Es braucht einen Paradigmenwechsel.
Die Erd-Charta hilft dabei.
Diskussionsanstoß zum Thema „Die SDG und die Erd-Charta“
Die vor einem Jahr von den UN-       und Produktionsmuster, also bei      Gerade die Erd-Charta, die die
Staaten beschlossenen globalen       der wirklichen Transformation.       Betonung auf die positive Vi-
Nachhaltigkeitsziele (Sustaina-        Dass die Transformation zu         sion, aber auch auf die Hinter-
ble Development Goals = SDG)         einer nachhaltigen Gesellschaft      gründe des Handelns, die Pa-
machten erstmalig „politisch-        eine große Aufgabe ist, das steht    radigmen, die vorherrschenden
offiziell“ klar, dass ‚sich entwi-   auch in den SDG. Doch ihre           Werte, die das Handeln beein-
ckeln‘ nicht nur eine Sache der      Entstehung auf den umkämpf-          flussen, legt, kann hier weiterhel-
anderen ist, der armen Länder,       ten Feldern der Interessenspoli-     fen in Richtung einer wirklichen
in der Regel „des Südens“. Son-      tik führte auch dazu, dass gleich-   Transformation. Die Erd-Charta
dern dass auch Deutschland ein       zeitig die Hebel, die die Weichen    Nachhaltigkeitsbildung ist eine
Entwicklungsland ist, wenn es        in Richtung mehr Nachhaltigkeit      ganzheitliche Bildung, die auch
darum geht, sich zu einem zu-        am Stärksten umlegen könnten,        methodisch den ganzen Men-
kunftsfähig       wirtschaftenden    nicht gestellt wurden. So steht      schen ansprechen möchte, um
Staat zu mausern. Nun ist nach-      zum Thema Wachstum unhin-            zu einem Bewusstseinswandel zu
haltige Entwicklung in Deutsch-      terfragt da, dass das weiter stei-   kommen. Die Gestaltungskom-
land nicht ganz neu – seit vielen    gen soll.                            petenz, also zu lernen, wie wir
Jahren ist es ein Thema der Poli-      Bei solchen Widersprüchen ist      gemeinschaftlich die Zukünfte
tik – unter allerdings bedeutend     die Bildung für Nachhaltigkeit,      gestalten können, in denen wir
mächtigeren anderen Themen.          und besonders die Werte-basier-      leben wollen, ist eine der wich-
Das Ergebnis der bisherigen Be-      te Erd-Charta Bildung gefragt,       tigsten Elemente, die wir bei der
strebungen ist, zusammen ge-         um hier kritisch und deutlich zu     Ausbildung unserer Erd-Char-
fasst: wo wir schon immer gut        werden. Und zu reflektieren, an      ta BotschafterInnen und in den
waren, geht es gut voran: beim       welchen gesellschaftlichen Hin-      Erd-Charta Workshops vermit-
Sparen, Produzieren und Lernen       tergrundeinstellungen das immer      teln möchten. Zu den Gestal-
(Adolf Kloke-Lesch, Frankfurter      noch währende „weiter-so“ liegt.     tungskompetenzen zählt übri-
Rundschau). Aber wo wir kaum                                              gens auch: „mit anderen aktiv
weiter kommen: Bei der Ände-                                              werden können“…
rung unserer Konsum-

                       15 Jahre Erd-Charta
                       Koordination in Deutschland
           In diesem Jahr feiern wir nicht nur das 40jährige Jubiläum der ÖIEW.
           Sondern auch das 15jährige Jubiläum in ihrer Aufgabe als deutsche
           Koordination der internationalen Erd-Charta Initiative.
           Im nächsten Initiativ wird es hierzu noch Blitzlichter und
           Nachlesenswertes aus dem Erzählcafe und darum herum der
           Festtagung zum Jubiläum geben.

                                                                                       initiativ november 2016
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                                   Die ÖIEW im Partnernetzwerk
                                   Kulturelle Bildung
                                   des Weltaktionsprogramms
                                   2015 fiel der Startschuss für das    Förderung nachhaltiger Ent-
                                   UNESCO-Weltaktionspro-               wicklung erwerben, unter ande-
                                   gramm Bildung für nachhaltige        rem durch Bildung für nachhal-
                                   Entwicklung. Das fünfjährige         tige Entwicklung und nachhaltige
                                   Programm zielt darauf ab, lang-      Lebensweisen, Menschenrechte,
                                   fristig eine systemische Verän-      Geschlechtergleichstellung, eine
                                   derung des Bildungssystems zu        Kultur des Friedens und der Ge-
                                   bewirken. Es leistet einen we-       waltlosigkeit, Weltbürgerschaft
                                   sentlichen Beitrag zur Agenda        und die Wertschätzung kultureller
                                   2030, die im September 2015 von      Vielfalt und des Beitrags der Kul-
                                   den Vereinten Nationen verab-        tur zu nachhaltiger Entwicklung.
                                   schiedet wurde und die 17 Ziele         In der BRD hat das Bildungs-
Aus dem Ahmedabad                  nachhaltiger Entwicklung – die       ministerium eine Nationale
Plan of Action der                 SDG – umfasst. Ziel 4 spricht        Plattform und begleitende Gre-
dortigen BNE-Konferenz             es aus: „Bis 2030 sicherstellen,     mien zur Umsetzung des WAP
(Januar 2016):                     dass alle Lernenden die notwen-      eingerichtet. Dazu gibt es Part-
„Es braucht eine                   digen Kenntnisse und Qualifi-        nernetzwerke, die Akteuere un-
kontinuierliche Ausweitung und
                                   kationen zur Förderung nach-         tereinander vernetzen und Im-
dringende Verstärkung einer
neuen, sozial gerechteren und      haltiger Entwicklung erwerben,       pulsgeber für die Umsetzung vor
nachhaltigen Weltordnung, die      unter anderem durch Bildung          Ort sind. Die ÖIEW als deutsche
durch konkrete Maßnahmen,          für nachhaltige Entwicklung          Erd-Charta Koordination ist im
Prozesse und Systeme
                                   und nachhaltige Lebensweisen.“       Partnernetzwerk Kulturelle Bil-
charakterisiert ist, die aktiv
zum Wohlbefinden aller             (www.bne-portal.de).                 dung und Kulturpolitik. Denn
Menschen und alles Lebens             Earth Charter International       hier sehen wir viele Schnittstel-
auf der Erde beitragen. (…)        gehört zu den internationalen        len, beide sind im Querschnitts-
Bildung ist ein Motor des
                                   Schlüsselorganisationen bei den      bereich aller Bildungsbereiche
Wandels, um die erfolgreiche
Umsetzung der nachhaltigen         Beratungen des Weltaktions-          bedeutsam. Denn nachhaltige
Entwicklungsziele (SDG)            programms. Die Nähe von Erd-         Entwicklung kann ohne die Di-
in formalen, non-formalen,         Charta Prinzipien gerade in den      mension Kultur nicht sinnvoll
informellen und lebenslangen
                                   Bildungsparagraphen der SDG          gedacht werden; viele Themen
Lernkontexten zu ermöglichen
und alle Menschen                  wird deutlich, wenn man sich die     und Inhalte eines Lebensstils-
einzubinden.“                      Unterpunkte anschaut: 4.7 Bis        und Bewusstseinswandels sind
www.bne-portal.de/sites/default/   2030 sicherstellen, dass alle Ler-   genuin kulturelle Themen. www.
files/ahmedabad_plan_of_           nenden die notwendigen Kennt-        bne-portal.de/partnernetzwerke
action_german_0.pdf
                                   nisse und Qualifikationen zur                             Anja Becker

                                                                                                             öiew-rundbrief nr. 147
Die Erd-Charta-Seiten

29.06.2016: Erster Internationaler Erd-Charta Tag
Die Erd-Charta wird 16 – wir geben zwei Eindrücke vom Festtag
Am 29. Juni 2000 wurde die Erd-Charta ratifiziert. Zu
diesem Anlass wurde 2016 der erste Internationale Erd-
Charta Tag gefeiert. Auch deutschlandweit gab es Akti-
onen, die an das Jahresleitbild „Eine Kultur des Friedens“
(Punkt 16 der Erd-Charta) angelehnt waren. Es wurden
Freunde zum Picknick im Park im Rahmen der Erd-Char-
ta eingeladen, Bäume gepflanzt, in Schulen über diesen
Tag gesprochen, gemeinsam der Film „Tomorrow - Die
Welt ist voller Lösungen“ geschaut und mit der Erd-Char-
ta verbunden oder während der Arbeit eine Erd-Charta
Pause mit den KollegInnen gemacht. Im Folgenden le-
sen Sie Eindrücke zum ersten Internationalen Erd-Char-
ta Tag.

                                                             Besuch auf dem Erd-Charta Hof „Vauß-Hof“
                                                             Marius und Anja Pötting nehmen den Ausspruch
                                                             ernst: „Wir haben die Erde von unseren Eltern
                                                             nicht geerbt, sondern von unseren Kindern nur ge-
                                                             liehen.“ Als wir uns anlässlich des internationalen
                                                             Erd-Charta Tages von den Leitgedanken der Hof-
                                                             bewohnerInnen erzählen lassen, staunen wir, wie
                                                             viele Projekte hier nach Erd-Charta Prinzipien um-
                                                             gesetzt werden. Nicht nur wirtschaften die Pöt-
                                                             tings auf dem Hof nach Bioland-Kriterien, bezie-
Erd-Charta Tag im Sonderpädagogischen För-                   hen Energie und Wärme aus regenerativen Quellen
derzentrum II in Bad Windsheim                               und bauen ökologisch und umweltschonend. Son-
„Schon am Tag vor dem Jubiläum hatten wir die                dern sie betrachten noch sehr viel mehr ganzheit-
Erd-Charta für Kinder nochmals gelesen, bespro-              lich. Vor kurzem kam ein solidarisches-Landwirt-
chen, was am 29. Juni 2000 geschah und das Lied:             schafts-Projekt hinzu. Und mit der Hof-eigenen
„Jeder Teil dieser Erde ist meinem Volk heilig!“ ge-         Umweltbildung wird auch schon ganz kleinen
sungen.                                                      Menschen das Denken in Kreisläufen nahe gebracht
Die Kinder hatten als Hausaufgabe bekommen, et-              – und genauso sie selbst in ihrem Entfaltungs- und
was in die Schule mitzubringen, was ihnen „heilig“,          Bildungswunsch komplett ernst genommen. „Ir-
nämlich wichtig und wertvoll ist.                            gendwann haben wir die Eltern von unseren Bau-
Diese Dinge haben wir gemeinsam auf unserem                  ernhof-Geburtstagsnachmittagen weggeschickt“,
Erd-Charta “Bild“ ausgelegt. Es fanden sich Bilder           erzählt Anja Pötting. „Sie fanden viel besser als ihre
mit Tieren, Pflanzen, Tannenzapfen, gemalte Bilder           Eltern heraus, wie man sich zwischen den Tieren
der Erdkugel mit Wasser und Fischen, Wind,... die            bewegt.“
Sonne, ein Bleistift zum Schreiben und Malen, ...            Die Pöttings haben bereits vor einiger Zeit die
Es war eine sehr schöne Zeit, die wir da gemeinsam           Erd-Charta unterzeichnet und erhalten nun, zum
mit der Erd-Charta verbracht haben und noch ver-             16. Ratifizierungsgeburtstag, ihre offizielle Unter-
bringen werden!“ 	    Christine Birmann                      zeichnungsurkunde.         Anja Becker

                                                                                             initiativ november 2016
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