Februar 2019 - Abtei Münsterschwarzach
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INHALT Vorwort ........................................................................ 3 Thema P. Anselm Grün OSB zum Thema ............................... 4 Gott und die Farbe Rot ................................................ 6 Ich hab' Hautfarbe ......................................................... 9 6 Das Licht der Welt erblicken...................................... 12 Die grüne Druckerei der grünen Abtei ....................14 Man kann das Bild der Kirche nicht mit nur einer Farbe malen..................................................16 Aktuell Bach und Bier .............................................................. 17 China: Evangelisierung findet im Internet statt...... 18 Interview P. Norbert Du OSB ..................................................... 20 Projekt und Hintergrund Statt Angst und Schrecken – 12 Heilung an Leib und Seele ............................................ 22 Nahrung, ein Dach über dem Kopf und ein Platz in der Schule........................................... 23 Berichte aus der Abtei Gastfreundschaft ......................................................... 24 Namen und Nachrichten ........................................... 26 Dank: Sie haben geholfen........................................... 30 Geistlicher Impuls Abt Michael Reepen OSB ........................................... 31 Portrait P. Polykarp Uehlein OSB ........................................... 32 23
VORWORT | 3 Liebe Leserinnen und Leser, „Goldfische sind rot und Elefanten sind grau. Papageien sind grün und Schweine rosa. Alles auf der Welt hat eine eigene Farbe, nur das Chamäleon nicht.“ So heißt es im Bilderbuchklassiker von Leo Lionni. Seine eigene Farbe zu haben, heißt, seine Identität und seinen Platz in der Welt zu finden. Das Titelbild verbindet Farbe mit Menschen. Frauen aus aller Welt haben sich einer internationalen Ordensgemein- schaft, den Missionsärztlichen Schwestern, angeschlossen. Und wer das Ordensleben ein wenig von innen her kennt, weiß, dass Farbigkeit und Buntheit nicht die schlechteste Beschreibung für ein Leben im Kloster ist. Gemeinschaft- liches Leben, auch in der Familie oder in der Gemeinde, braucht viele verschiedene Farben. Denn in dieser Buntheit spiegelt sich die Einzigartigkeit und Verschiedenheit jedes einzelnen Menschen, in der er von Gott geschaffen wurde. Und gerade darin liegt die Chance und die Aufgabe jeder Gemeinschaft, dass sich der Einzelne der ureigenen Farbe seiner Persönlichkeit bewusst wird und diese ins Leben bringt. Farbe zeigen: Es gibt etwas zwischen totalem Dunkel und grellem Licht. Der „Ruf in die Zeit“ will die Nuancen zeigen, die P. Polykarp als Maler bei der Betrachtung des Evangeliums aufdeckt; die Differenzierungen im Blick auf die Lage des Glaubens in China, die beim Weltmissions- sonntag 2018 im Mittelpunkt stand; die Schattierungen im Leben von Menschen in Not in Uganda, denen unser Hilfsprojekt gilt. Alles auf der Welt hat eine eigene Farbe. Und nur alle Far- ben gemeinsam ergeben dann „das helle Licht des Evange- liums von der Herrlichkeit Christi“, wie der heilige Paulus im Korintherbrief schreibt. Passen wir auf, dass wir keine Farbe übersehen. So grüße ich Sie herzlich aus Münsterschwarzach Missionsärztliche Ihr Schwestern aus ver- schiedenen Erdteilen Ihr …. bei einem Treffen in der Abtei Münster- schwarzach. Die Welt zeigt sich in vielen Pater Noach Heckel OSB Farben! Mehr dazu auf Missionsprokurator den Seiten 9 bis 11.
Pater Anselm Grün OSB Zum Thema „Farben“ Unser Leben ist bunt Mit Farben verbinden wir eine gewisse Stimmung. Bei unseres Lebens schauen. Und wir nehmen im Alter unse- jeder Farbe fühlen wir uns anders. Wir verbinden die Far- re eigene Buntheit wahr. Jede Kunst arbeitet mit Farben. ben auch mit den Jahreszeiten. Der Winter erinnert uns Im Mittelalter gab es da einen klaren Farbenkodex. Da mit seinen weißen Schneelandschaften an die Farbe weiß. war Rot die Gottesfarbe. Rot ist die Farbe des Feuers, aber Weiß ist für uns die Farbe des Lichtes und der Reinheit. auch der Liebe. Gott ist Liebe – das drückten die Künstler Die Neugetauften wurden mit einem weißen Gewand aus, wenn sie Rot für Gott verwendeten. Blau ist dagegen bedeckt. Weiß ist die Farbe des Neuanfangs. Grün ist die die Farbe für den Sohn Gottes, aber auch für Maria, die Farbe des Frühlings. Da grünt alles und blüht alles. Es den Sohn Gottes geboren hat. Blau als Farbe des Himmels ist ein frisches Grün, das der Frühling uns bereitet. Den meint, dass in Jesus der Himmel auf die Erde gekom- Sommer verbinden wir mit Rot. Rot steht für die roten men ist, dass Jesus uns den verhangenen Himmel wieder Rosen, aber auch für das Rot der Sonne beim Aufgehen geöffnet hat. In der Romantik war die Blaue Blume Bild und Untergehen. Braun ist die Farbe des Herbstes. Braun unserer Sehnsucht nach Heimat, nach dem Geheimnis, ist uns Deutschen durch die Nazis suspekt geworden. Sie das unserem Leben Tiefe verleiht, der Sehnsucht, die ins haben diese Farbe missbraucht. Unendliche gerichtet ist. » Die verschiedenen Farben leuchten in jeder Jahreszeit an- ders auf. Im Frühling sind es frische Farben, im Sommer Wenn wir uns ausgebrannt fühlen, satte Farben und im Herbst sind es milde Farben. Und der dann sollten wir vertrauen, dass auf Herbst ist bunter als jede andere Jahreszeit. Da verfärben dem Grund unserer Seele die Grünkraft sich die Blätter und zeigen uns die ganze Buntheit der in uns weiterwirkt. Natur. Und in der Natur sehen wir einen Spiegel für das Alter, in dem wir mit einem milden Blick auf die Farben
PATER ANSELM GRÜN ZUM THEMA | 5 Grün war die Farbe des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist van Gogh tut unserer Seele gut. Wir spüren darin die befruchtet uns und bringt neues Leben in uns hervor. Liebe des Malers. Henri Nouwen meinte, in diesem war- Die heilige Hildegard von Bingen hat die Grünkraft – die men Gelb wird sichtbar, dass van Gogh das innere Feuer viriditas –besonders geliebt. Für sie ist die Grünkraft gehütet hat. Und wenn wir seine Bilder heute anschauen, nicht nur ein Bild für grünende Wiesen und Felder, für dann setzen wir uns gleichsam an den Ofen, den der Ma- das Grün, das im Mai in seiner ganzen Frische aufblüht. ler gehütet hat, und wärmen uns daran. » Grün ist nicht nur die Farbe der Hoffnung, sondern ein Bild für die Lebenskraft. Gott selbst hat diese Grünkraft in die Natur hineingegeben. Er hat sie auch uns Menschen Wir erleben in den Farben auch geschenkt. In uns Menschen drückt sich diese Grünkraft jeweils Gott in einem anderen Licht. aus als der dauernde Impuls: Ich will leben. Ich will nicht vertrocknen. Ich will aufblühen. Das Leben soll in mir strömen. Es soll Frucht bringen. Mein Leben ist nicht leer und kalt, sondern voller Kraft. Es blüht auf und bringt Violett steht zwischen Rot und Blau. Sie gilt als Symbol Frucht nicht nur für mich selbst, sondern auch für die der Vermittlung und des Gleichgewichts zwischen Himmel Menschen. und Erde, zwischen Liebe und Weisheit. In der katho- lischen Tradition steht Violett für die Buße. Doch für die Im Ursprung – so meint Hildegard – grünte alle Kreatur. feministische Bewegung ist Violett zu ihrer eigentlichen Doch durch den Abfall von Gott hat der Mensch seine Farbe geworden. Sie symbolisiert die Vereinigung aller Grünkraft verloren. Da verfällt er der Dürre, der Krank- Gegensätze, die Vereinigung von anima und animus und heit und dem Tod. Gott selbst ist das Leben. Gott selbst die Vereinigung von Spiritualität und Sexualität. drückt sich in der Grünkraft aus, die in uns ist. Wenn wir uns müde und ausgebrannt fühlen, dann sollten wir nach Unser Leben ist bunt. Jeder von uns hat dabei seine Lieb- innen horchen und vertrauen, dass auf dem Grund un- lingsfarben. Die Abwechslung gehört zur Natur und sie ge- serer Seele diese Grünkraft in uns weiterwirkt. hört zu unserem Leben. In jeder Farbe erleben wir uns an- Die mittelalterlichen Künstler haben oft das Kreuz grün ders. Und wir erleben in den Farben auch jeweils Gott in gemalt. Sie dachten daran, dass durch das Kreuz unser einem anderen Licht. Wir sind gefragt, in welchen Farben Leben erneuert worden ist. Das Kreuz wurde oft als wir uns selbst darstellen wollen, was unsere Lieblingsfarbe Lebensbaum bezeichnet, der neues Leben in die Welt ist. Unsere Lieblingsfarbe sagt etwas aus über den Zustand bringt. Und das grüne Kreuz wurde zum Symbol der Hoff- unserer Seele. Und sie bewegt etwas in uns, sie bringt uns nung, dass uns Menschen das Tor zum Paradies wieder in Berührung mit den Seiten, die für uns wesentlich sind. offen steht. Im Islam steht die Farbe Grün für die Weis- heit, für das Heil und für die Propheten, die uns das Heil verkünden. Pater Anselm Grün OSB Gelb wird in der Kunst oft als Farbe des Neids verwendet. • Geboren 1945 in Junkershausen • Profess 1965, Priesterweihe 1971 Aber das Gelb kann auch andere Qualitäten annehmen. • Geistlicher Begleiter und Bestsellerautor christlicher Spiritualität Das warme Gelb der Sonnenblumen auf den Bildern von • Lebt, betet und arbeitet in der Abtei Münsterschwarzach
6 | THEMA Gott und die Farbe Rot P. Polykarp Uehlein bemalt seit mehr als 50 Jahren Kirchen in Afrika
THEMA | 7 Paradiesische Zustände: P. Polykarps Darstellung der Schöpfungsgeschichte. I n Nyangao hat er die Altarwand ein- fach rot gemalt. 100 Quadratmeter Rot, mal heller, mal dunkler, in groß- en Linien, abstrakten Formen. „Hier ist wirklich viel Rot“, sagt P. Polykarp Uehlein. Er beugt sich in seinem Ate- lier in der Abtei Münsterschwarzach über einen großformatigen Bildband, der seine Kirchenmalerei in Afrika zusammenfasst. Dann schaut er auf und erzählt: „Ein Muslim kam in die Seit 50 Jahren malt er nun Kirchen Und dann entstehen die großen Dar- Kirche und hat gesagt: Gott!“ aus, in Tansania und Kenia und stellungen auf Altarwänden, in Sakris- Unterfranken, abstrakt und konkret, teien, in Klostergebäuden: Christus als Kann man Malerei erklären? P. Poly- großflächig und im Kleinformat. Sein Auferstandener, mit Engeln, oder am karp tut es zumindest nicht. Kann man Anliegen: „Ich wollte nicht nur die üb- Kreuz; Abendmahl mit den Jüngern; Gott erklären? Der 87-jährige Benedik- lichen Motive zeigen: Kreuz, Madonna, Petrus beim Seesturm; Gastmähler. tiner, der Philosophie, Theologie und Joseph, den Kreuzweg. Wo ist denn da Die Gesichter können braun, grün, Malerei studiert hat, erklärt nicht, aber die Erlösung zu sehen?“ Die ganze bi- rot, blau sein. Farbe ist immer Aus- er erzählt. Wie er als junger Mönch blische Geschichte will er zeigen. druck von etwas. Es geht dem Künstler ganz ohne Farben angefangen hat, mit nicht um fotografische Wiedergabe. In Strichzeichnungen als Illustration zu P. Polykarp sitzt in seinem Atelier in Ndanda gestaltet Polykarp die Spital P. Adalbert Seipolts Büchlein „Alle Münsterschwarzach, das er vor 55 Jah- kapelle; in Mtwara und Lindi die Ka- Wege führen nach Rom“. Ein Bestseller ren verlassen hat und das heute von thedralen; in Dar-es-Salaam eine Ka- mit über einer Million Exemplare. Wie P. Meinrad genutzt wird. Alle paar Jah- pelle; in Mlangali, in Nairobi große er nach London ging, um sich für die re ist er auf Heimaturlaub in Europa. Kirchen; in Gitting in Tansania sind es Mission ausbilden zu lassen. Wie dort Sonst lebt er in Ndanda in Tansania, Kirchenfenster, die er entwirft, in kräf- ein Professor sein Talent entdeckte und das ihm zur Heimat geworden ist. Gibt tigem Rot, Gelb und Blau, wie auch in ihn davor bewahrte, Lehrer für Bio es afrikanische Farbigkeit? „Nö“, ant- der Krypta der Münsterschwarzacher logie und Erdkunde zu werden. Wie er wortet er schlicht. „Farbe reizt zum Abteikirche, wo Blau und Gold vor- dann in Frankfurt an der Akademie Hinschauen“, stellt er nüchtern fest. herrschen. Kunst studieren durfte und als Maler und Mönch nach Afrika ging. Erstmals Farbe kommt bei ihm in Mal ist die Arbeit in drei Tagen getan, » Schulbüchern zum Vorschein, die er dann dauert es auch zwei Jahre, bis ein für Grundschulen in Tansania gestal- Bild fertig ist. „Man fängt mit kleinen Wo ist denn da tet. Mit einfachsten Mitteln, „mit ein- Sachen an, und dann kommt man ganz die Erlösung zu sehen? fachen Strichen, starker Farbigkeit, die woanders hin“, erinnert sich der Maler. kontrastreich ist“. Adam und Eva sind Helfer gesellen sich im Lauf der Jahre nackt, „das hat in Afrika niemanden zu ihm. Heute malen seine Schüler sel- gestört“, erinnert er sich. Erste Bilder ber. Auch hier sind die Klöster Afrikas Links: Die Altarwand in Nyangao: 100 sind violett, ocker, schwarz geprägt. längst von Europa unabhängig. Die Quadratmeter Rot. Auf dem kleinen Foto: Die technischen Mittel für den Druck Bildsprache Polykarps ist in der näch- P. Polykarp Uehlein im Atelier in der Abtei sind schlicht. Aber Vierfarbdruck war sten Generation noch erkennbar. Münsterschwarzach. Er erzählt von seinen Erfahrungen als Maler. möglich.
8 | THEMA P. Polykarp hat sich über Jahrzehnte in einem immer noch von Armut geprägten Land der Kunst gewidmet. Darf man das? Benjamin Mkapa, Präsident Tansanias von 1995 bis 2005, schreibt dazu in einem Bildband über die Gestal- tungen P. Polykarps in Afrika: „Der Beitrag von Polykarp für mein Volk und mein Land ist christliche Kunst, die der Betrachter fühlen kann ... Werke wie die von Polykarp helfen uns, die Welt zu verstehen und an sie zu glauben.“ » Werke, die uns helfen, die Welt zu verstehen und an sie zu glauben. Der Maler-Pater hat seine eigene Ausdrucksform. Im Re- fektorium der Abtei Ndanda zeigt er den Mönchen, die dort täglich speisen, drei Arten von Verschwendung: Links die Fresser und Säufer, die von allem im Überfluss haben und dem armen Lazarus nichts abgeben. Rechts die Sal- bung in Betanien, bei der eine Frau kostbares Öl über das Haupt Jesu gießt. Die Jünger, überwiegend Weiße, aber auch Afrikaner, schauen unwillig zu und ärgern sich sicht- bar. Ihr Argument: Das hätte man doch teuer verkaufen und den Armen zukommen lassen können. In der Mit- „Da flog einer der Serafim zu mir und hatte eine glühende Kohle te: Die Hochzeit zu Kana. Jesus hat Wasser zu köstlichem in der Hand, die er mit der Zange vom Altar nahm und rührte Wein verwandelt – und damit seine Herrlichkeit offenbart. meinen Mund an und sprach: Siehe, hiermit sind deine Lippen berührt, dass deine Schuld von dir genommen werde und deine Sünde gesühnt sei.“ Jesaja 6,6f. Aus der Polykarp-Bibel. Joachim Rogosch Ein Triptychon der besonderen Art: Die drei Weisen, mit Überfluss umzugehen, aufgezeigt von P. Polykarp im Refektorium der Abtei Ndanda. Links der Kontrast zwischen Völlerei und Hunger, dargestellt an der Geschichte des armen Lazarus; rechts die Salbung zu Betanien: Darf man kostbares Öl „verschwenden", um Jesus zu huldigen? In der Mitte das zentrale Motiv: Die Hochzeit zu Kana: Jesus offenbart seine Herrlichkeit im Fest.
THEMA | 9 Ich hab’ Hautfarbe Von den rund 7,5 Milliarden Menschen, die heute auf der Welt leben, sind keine zwei vollkommen gleich. Die Vielfalt des Lebens zeigt sich auch im Teint. Menschen sind stolz auf ihre Hautfarbe („Black is beautiful“), oder sie werden nach diesem Kriterium schubladisiert („alte weiße Männer“). Welche Erfahrungen machen Menschen mit ihrem Aussehen? Vor allem in der Begegnung mit verschiedenen Kulturen? Wie stehen sie zur Verschiedenheit? Der „Ruf in die Zeit“ hat nachgefragt. „Hat der Schöpfer nicht seine Schöpfung bunt und vielfältig gewollt?“ Pfarrer Jean Lukombos Erfahrungen in Deutschland „Ich bin ein aus dem Kongo-Kinshasa hat, die allgemeinen Vorurteile über stammender katholischer Pfarrer und Afrikaner zu beheben. übe seit November 2006 meine prie- sterliche Tätigkeit in Deutschland aus. Als Pfarrer auf dem Land bemerkte Obwohl ich es von vornherein gewusst ich nicht mehr, dass ich von der Haut habe, war für mich bei meiner Ankunft farbe her anders aussehe. Ich war daran in Europa sehr beeindruckend, dass gewöhnt, auf allen Veranstaltungen hier so viele hellhäutige Menschen zu (Gottesdienste, Taufen, Gemeindefeste, sehen sind. Egal wo du hinschaust, be- Hochzeiten, etc.) der einzige „Andere“ gegnest du ihnen in jedem Augenblick. zu sein. Ich habe viel mehr positive Ich bin mir selber aufgefallen! Es war als negative Erfahrungen mit meiner am Anfang ein ganz komisches Ge- Hautfarbe gemacht. Ich habe hier in fühl, ein Schwarzer unter den Weißen Deutschland einen sehr großen Freun- zu sein. deskreis gewonnen. In meiner Tätig- keit als Pfarrer wollen viele Brautleute Ich habe mich aber schon in meiner er- von mir getraut werden. Viele wollen sten Gemeinde sehr schnell integriert. ihre Kinder von mir taufen lassen. Die Gemeindemitglieder hatten mich Auch viele Anfragen für Beerdigungen sehr herzlich aufgenommen. Später ge- bekomme ich. standen manche unter meinen Freun- den, dass sie selber sich dagegen geäu- Solange alles in Ordnung ist, ist weder ßert hätten, wenn das Ordinariat sie meine Herkunft noch meine Hautfarbe zuerst gefragt hätte, ob sie damit ein- ein Thema. Sollte ich mich doch mal Pfarrer Jean Lukombo verstanden wären, dass ein Afrikaner falsch verhalten, würden alle in den • Geboren in der Demokratischen Republik Kongo am 6.9.1964 als Pfarrer in ihre Gemeinde kommt. Menschen eingeschlafenen Vorurteile • Schulung und Priesterausbildung: im Kongo Denn sie hatten noch keine Erfahrung sofort wieder auftauchen, denke ich. • Priesterweihe: in Matadi (im Westkongo), am 1.10.1995 mit dunkelhäutigen Pfarrern in ihrer „Typisch Afrikaner“, so bekommen • Diözesanpriester der Diözese Matadi im Kongo Gemeinde gehabt. Daher waren sie Schwarze negativ zu hören! • Dort viele Jahre lang am Priesterseminar tätig als Priesterausbilder noch voll geprägt von den allgemeinen • Ende November 2006: Ankunft in Deutschland Vorurteilen über Afrikaner! In der Zeit meiner Promotion habe ich • Seither priesterliche Tätigkeit in der Diözese Rottenburg-Stuttgart in verschiedenen Gemein- als Aushilfe bei der Klinikseelsorge in den Heute sind sie dafür dankbar, dass sie den Universitätskliniken in Tübingen • Daneben Promotion an den Universitäten Tübin- gen und Innsbruck in Pastoraltheologie. durch mich eine positive Erfahrung ge- gearbeitet. Ich habe einmal erfahren, • Pfarrer Lukombo wird in zwei Jahren in seine macht haben, die ihnen dazu verholfen dass ich als Afrikaner angekündigt Heimat Kongo zurückkehren
10 | THEMA wurde, wenn ein Patient einen Seel Seit einem Jahr bin ich nun Pfarrer in sorger benötigt hatte. Nach dem Mot- Stuttgart, also in einer Großstadt. Da to: Man soll sich darauf einstellen, dass muss ich sagen, dass der Rassismus ein Afrikaner kommt, oder sich recht- mehr zu spüren ist. Ich dachte, die zeitig entscheiden, ob man dies möchte Stadtbewohner seien viel weltoffener oder nicht. Ob diese Methode gut ist als die, die auf dem Land wohnen. oder nicht, das weiß ich nicht. Einer- Doch erst hier ist mir deutlich bewusst seits hätte ich mir gewünscht, nur als geworden, dass ich hier als Schwarzer Seelsorger angekündigt zu werden, un- nicht zu Hause bin. Zum ersten Mal seit abhängig von der Hautfarbe, anderer mehr als zehn Jahren erlebe ich unter seits möchte ich nicht zu denen gehen, meinen eigenen Gemeindemitgliedern die bei meinem Anblick erst mal er- manche Ablehnungen bei Beerdi- schrecken. gungen oder Krankenbesuchen, ohne dass man es klar begründet. Bloß: „Wir Die Reaktion von Kindern auf mich wollen Pfarrer Lukombo eher nicht.“ finde ich sehr interessant. Sie reagie- Haben solche Ablehnungen direkt mit ren auf meine Hautfarbe sehr unter- meiner Hautfarbe oder nur mit meiner schiedlich. Für die einen bin ich eine Person als Jean Lukombo zu tun? Denn große Attraktion, was man daran be- ich habe auch manches erlebt, wo man merkt, dass die Kinder die Gelegenheit, einen deutschen Kollegen abgelehnt einem Afrikaner nahezukommen und hat, und mich unbedingt wollte. ihn anfassen zu dürfen, nie versäumen wollen. Ich werde von ihnen als etwas Für uns Afrikaner ist es öfter so, dass Exotisches wahrgenommen. Manche wir alles, was negativ mit uns ge- Kinder meinen, es sei nur Dreck auf schieht, auf unsere Hautfarbe beziehen. meiner Haut, den man beim Duschen Da müssen wir auch selbst umdenken. wegkriegen kann. Nachdem ein Mäd- Diese Tendenz bei uns Afrikanern kann Blass-rosa genügt nicht, um die Vielfalt der Welt w chen im Garten im Dreck gespielt hat ich auch gut verstehen. Das hat mit der aus verschiedenen Erdteilen beim Arbeitsbesuch i und dadurch sehr schmutzig wurde, ganzen Geschichte der Begegnung mit kam es auf ihre Oma zu und sagte. Europäern schon bei uns in Afrika zu „Oma, schau mich mal an, wie dreckig tun. Der Sklavenhandel mit den Afri- ich geworden bin, wie der Pfarrer Lu- kanern und die Kolonisierung Afrikas kombo!“ Die Oma erzählte es mir. Wir haben viel Negatives in uns bewirkt. haben beide herzlich gelacht. Schon die Sklaverei allein ist etwas sehr um als guter Fußballspieler anerkannt Schlimmes. Noch schlimmer aber war, zu werden.“ Die Menschen w ürde » dass ein Sklave keinen Namen haben scheint uns nicht zugeteilt worden zu durfte. Er war nur eine Nummer. Die sein. Wir müssen darum kämpfen, wie Anfangs bin ich mir selbst Kolonialleute haben die Kolonien aus- wir um die Unabhängigkeit gekämpft gebeutet und die Menschen schlecht haben. In den USA hat Martin Luther aufgefallen! behandelt und missachtet, wodurch King den Rassismus bekämpfen wol- der Minderwertigkeitskomplex bei len. Deshalb musste er sterben. Das den meisten Dunkelhäutigen entstan- ist viele Jahre her. Aber die Hautfarbe den ist. ist dort bis heute noch ein großes und Das macht mir nichts aus, wenn ein heißes Thema. Kind mich so wahrnimmt. Denn ich In der Regel ist es so, dass ein Afrika- erlebe es andersherum auch so im Kon- ner erst in seiner Würde wahrgenom- Wir dürfen aber auch nicht verkennen, go, wenn ich mit meinen deutschen men wird, wenn er etwas leisten kann. dass die Geschichte der Welt schon Mitreisenden auf dem Land unter- Ein schwarzer Fußballspieler äußerte einen großen Sprung nach vorne ge- wegs bin. Da fragen mich Kinder, die sich zum Thema Rassismus: „Es ge- schafft hat, was die Akzeptanz der Viel- vielleicht zum ersten Mal die Weißen nügt für unsere weißen Mitspieler in falt der Hautfarben anbelangt." sehen, ob meine Gäste überhaupt eine der Mannschaft, wenn sie gut sind. Ein Haut haben. Schwarzer muss erst SEHR GUT sein, Jean Lukombo
THEMA | 11 „Blass-rosa genügt nicht“ „Schau mal, ich habe sogar Hautfarbe!“, ruft eines der Kinder und hält mir stolz einen blass-rosa Buntstift hin. Diesen Ausruf höre ich in meiner Arbeit immer wieder, angeführt als Gütekriterium für die Stiftauswahl der nagelneuen Federtasche. Doch welches Bild können sich Kinder da- mit von unserer Welt malen? Es bliebe wohl unvollständig, schauen wir aufmerksam in die Gesichter unserer Mitmenschen, in denen uns solch eine Vielfalt entgegenkommt. Auch wenn ich ein Bild unserer Ordensgemeinschaft, der Missionsärzt- lichen Schwestern, malen wollte, würde der blass-rosa Hautfarben-Stift nicht ausreichen. Als weltweite Gemeinschaft sind wir eine „bunte Schar“, kommen aus verschiedenen Ländern und Kulturen, die so vielfältig sind wie die Schattierungen unserer Haut. Wenn wir zusammenkommen, entsteht auch äußerlich ein schönes Bild für den inneren Reichtum an Sprachen, Traditionen und Bräuchen, die wir miteinander teilen. Was uns zuerst fremd erscheinen mag, kann Bereicherung sein, weitet den eigenen Horizont und den Blick auf unsere Welt, die alles andere als einfarbig ist. Ich bin froh, dass es mittlerweile auch in der Stiftauswahl ganze Haut farbe-Sets gibt, von hell-rosa über beige, hellbraun bis fast schwarz. Die Farbmischung heißt „Skin Tones“ - und sollte in keiner Kinder-Feder tasche fehlen!“ wiederzugeben. „Missionsärztliche Schwestern“ Sr. Thekla Schönfeld, in Münsterschwarzach. Missionsärztliche Schwestern „Man ist halt immer im Blick der anderen“ „Meine Erfahrung als ,Weißer' in der Mission: Natürlich fällt man in Südost asien als Europäer sofort auf. Aber weniger der Hautfarbe als der langen Nase wegen. Und dass die Männer so behaart sind, finden die Koreaner auch interes- sant. Sie sehen es als Zeichen, dass wir kulturell noch nicht so weit entwickelt sind wie sie. Solange ich in Südkorea war, sind die Einheimischen völlig unbefangen auf einen zugegangen und haben sofort nachgefragt, wo man herkomme. Ob im Park oder bei Zugfahrten: Es war schwer, wenn man mal für sich sein wollte. Für die Koreaner war das auch ein Stück Freundlichkeit, ein Zeichen von Wahrnehmung. Für mich selber konnte es auch mal lästig werden. Man ist halt immer im Blick der anderen. Vor allem kleine Kinder mit blonden Haa- ren werden ungeniert umschwärmt und bewundert. Auch wenn das deutschen Müttern fast zuviel wurde. Anders aussehen kann da schon nervig sein. P. Placidus Berger OSB, 85 Jahre, davon Auch wenn’s gar nicht bös' gemeint ist.“ P. Placidus Berger über 20 Jahre in Korea als Missionar aktiv.
12 | THEMA Das Licht der Welt erblicken Eine Tiefenahnung von P. Elmar Salmann OSB über die Farbe des Lebens D amit fängt alles an: Bei der Ge- burt drängt das Kind zum Licht, verlässt gewaltsam die bergende und Paradies der selbstverständlichen Ein- heit mit der Mutter, die Aussetzung in eine feindliche Welt. Da erscheint der zu schauen, die Welt und unser Leben im Licht der Helle Gottes zu sehen. ‚In Deinem Licht schauen wir das Licht‘ beengende Höhle des Mutterschoßes, Stern als eine immer neu zu suchende (Ps 36,10), aber mehr noch die Vielfalt auf der Suche nach dem leuchtenden Orientierungshilfe, das Licht am Ende der Dinge, die in ihm zum Leuchten Antlitz der Eltern, dem Leitstern seines des Tunnels als Hoffnungszeichen. kommen. Die Mystiker und großen Lebens und der weiten, lichten Welt, Der Morgen erstrahlt uns immer nur Theologen wie Karl Rahner haben die es nun durchstreifen und erobern am Ende einer Nacht, beides, Dunkel dieser Helle nachgespürt und ihre hei- soll. So ist die Geburt Jesu umstrahlt und Licht gehören zusammen, ergän- lende, tröstende Kraft erfahren. von einer Sphäre des Hellen, in der In- zen einander; ja gerade in der Nacht timität des Stalles, im weiteren Kreis des Glaubens, in Zweifel und Schmerz Denn allzu leicht vergessen wir das der Engel, Hirten und Magier. Das kann uns ein tieferes und höheres Licht uns geschenkte Licht, nehmen es als Licht lässt auch das Fremde als vertraut von Gott her aufgehen. selbstverständlich, fixieren uns auf erscheinen. das Dunkle, Negative, Chaotische und Diese Mischung ist auch deshalb heil- vergessen, dass wir auch dieses nur im Und doch ist da immer das Dunkle, sam, weil das Licht als solches blendet, Licht erblicken und als Mangel seiner das uns birgt, einhüllt und bedroht. wir können ihm nicht standhalten. Helle erleben und werten können. Im- So ist schon viel an Todeserfahrung Deshalb schauen wir selten ins Licht, mer steht das oft unscheinbare Gute in der Geburt; da ist der Schmerz der sondern wenden den Blick ab, um mit als Maßstab und Vorgabe am Anfang Wehen, das Ausgestoßensein aus dem ihm in die Landschaft unseres Lebens des Lebens. » Der Morgen « erstrahlt uns immer nur am Ende einer Nacht. Bei der Geburt drängt das Kind zum Licht – und erfährt bereits den Schmerz der Wehen. Weil das Licht oft zu hell für uns ist, bricht es sich in den Farben der Welt, schreibt P. Elmar Salmann.
THEMA | 13 Dunkel und Licht gehören zusammen. Erfahrbar wird dies auf besondere Weise in den kosmischen Tiefen des Alls, hier eingefangen von P. Christoph Gerhard mit einem 250-mm-Newton-Teleskop bei einer Brennweite von 1140 mm in siebenstündiger Belichtungszeit. Das Bild zeigt „NGC 7023“, den Irisnebel im Sternbild Kepheus. Manche sehen im Inneren des Nebels so etwas wie eine Krippe. » widerfährt dieses Erlebnis nach dem Und wir hoffen, dass all diese Erschei- « Erfahren tiefer Schuld und einem nungen des Lichts und der farbigen Das Licht bricht sich langen Heilschlaf des Vergessens, die Buntheit der Welt Hoffnungszeichen im Prisma der Welt ihn befähigen, sich erneut auf die Ent der Erfüllung unseres Lebens seien, in viele Farben! deckungsfahrt seines Lebens zu ma- als Vorschein der Sonne der Gerech- chen. tigkeit, wie Christus nach dem letzten der kleinen Propheten in Maleachi 3,20 Da leuchtet das Licht in seiner Viel- oft genannt wird. Ob uns im Tunnel Freilich ist das Licht zu hell, zu ele- farbigkeit, in der es sich zerlegt und des Todesdurchgangs ein solches Ant- mentar und einfach, es lässt sich wundersam reich aufscheint: weiß und litz, eine solche Helle erwarten? Denn schnell übersehen. Deshalb bricht es schwarz, himmelblau und feuerrot, na- es war ja viel an Tod in der Geburt, sich im Prisma der Welt und unserer turgrün und strahlend gelb, erdenbraun möge es auch viel an Geburtlichem im Wahrnehmung in viele Farben. Alles und violett. Diese Farben werden zum Tode geben. erscheint da als farbiger Abglanz, als verheißungsvollen Symbol des Lebens gesprenkelte Schönheit, wie Goethe zu und spielen deshalb eine große Rolle Beginn seines Zweiten Faust und der in der Kultur des Menschen: in der P. Elmar Salmann OSB englische Jesuit und Dichter Gerald alten Lehre von den Temperamenten, M. Hopkins (1844-1889) es zauberhaft in der Liturgie mit ihren Messgewän- • geboren 1948 in Hagen in Westfalen beschreiben. dern, der Parteienskala in der Politik • 1973 Eintritt in die Bene- und bei psychologischen Tests. Von diktinerabtei Gerleve • Von 1981 bis 2012 Profes- Das Leben als Widerschein des Lichtes, den Farbklängen in Malerei und Musik sor für Philosophie und so die Vision vieler tief Glaubenden gar nicht zu reden, da kommen sie erst Systematische Theologie an den Päpstlichen Uni- und der Poeten. Der Gestalt des Faust recht zum Klingen. versitäten Sant'Anselmo und Gregoriana in Rom
14 | Thema Die grüne Druckerei der grünen Abtei B C M Y 40% 80% B C M Y B C M Y 40% 80% B4 C4 M4 Y4 MY CY CM B C M Y 40% 80% B C M Y CMY CMY B4 C4 4 4 4 4 4 4 4 8 Gelb – Rot – Blau – Schwarz: Daraus mischen die Drucker die gesamte Farbenvielfalt mit allen Nuancen. In der klostereigenen Druckerei geschieht dies mit modernster Offset-Technik. Das Ergebnis: Ein „grüner“, ein nachhaltiger Betrieb, der auf die Umwelt achtet. B enedict Press, die Druckerei der Abtei Münsterschwarzach, steht für anspruchsvolles Drucken. Bücher, hochwertiges Recycling, um Gesund- heit. Vor einem Jahr ist der 45-Jährige bei einer Nachhaltigkeitsmesse des Bis- „Wir haben uns das zugetraut, weil das Kloster bereits in vielen Bereichen nachhaltig wirtschaftet“, erklärt Mi- Kunstbände, Kalender, Prospekte, das tums Würzburg angesprochen worden, chael Blaß. Seit zehn Jahren hat die ganze Spektrum. Jetzt ist der Kloster- ob sich die Druckerei dem EMAS-Pro- Abtei eine ausgeglichene Energiebi- betrieb mit dem EMAS-Zertifikat aus- zess aussetzen würde. lanz ohne CO2-Ausstoß, durch Einspa- gezeichnet worden. Das bedeutet: Qua- rungen und regenerative Strom- und lität, gepaart mit Nachhaltigkeit. Gemeinsam mit acht weiteren Betrie- Wärmeerzeugung. Damit ist aber nur ben und Institutionen in Unterfranken ein Teil der Anforderungen erfüllt, „EMAS steht für das weltweit an- haben die Münsterschwarzacher dann die EMAS stellt. „Da werden alle Pro- spruchsvollste System für nachhaltiges in einem „Umwelt-Konvoi“ Schritt für zesse im Betrieb hinterfragt“, berich- Umweltmanagement“, erklärt Bene- Schritt die Vorgaben der Zertifizierer tet Michael Blaß, der die Leitung der dict-Press-Betriebsleiter Michael Blaß erfüllt. Mit Erfolg, wie der externe Prü- Druckerei vor einem Jahr von Br. Al- dazu. Da geht es um Klimaschutz, um fer im Dezember bestätigte. fred Engert OSB übernommen hatte. B C M Y B C M Y 40% 80% B4 C4 M4 Y4 MY CY CM B C M Y 40% 80% B C M Y CMY CMY B4 C4 M4 Y4 40% 80% B C M 4 4 4 4 4 8
THEMA | 15 M4 Y4 40% 80% B C M Y B C M Y 40% 80% B C M Y B C M Y Prinect/FOGRA 4 Dipco 2.1 Format 102 © 2004 FOGRA/Heidelberger Druckmaschinen AG 0 4 Bei der Planung – von links: Leiter der Benedict Press Michael Blaß, Hier nur ein kleiner Auszug der Farbenvielfalt die und Kalkulator Wolfgang Stafflinger. die Benedict Press zu bieten hat. Abwasserverbrauch, Müllaufkommen, triebsleiter nennt den Einsatz von das renommierte Umweltsiegel der Gefahrstoffe, Stromverbrauch, die Recyclingpapier und von umwelt- Bundesregierung. Kunden, die auf Um- Sicherheit der Beschäftigten, alles freundlichen Farben. „Das bieten wir weltschutz und Nachhaltigkeit achten, kommt auf den Prüfstand. unseren Kunden an, darüber infor- ist es das wert, dass kein Baum gefällt mieren wir“, erläutert er. Wichtig ist: werden muss für ihre Drucksachen. Was dem gelernten Schriftsetzer be- „Bei der Druckqualität gibt es da keine sonders gefallen hat: Bei EMAS ist die Abstriche!“ Die Zeiten, da Recycling- „Ein gut gedrucktes Recyclingpapier Zertifizierung nicht Chefsache, son- papier bessere Löschblätter waren, sind nimmt man in die Hand und hat ein dern Sache aller. „Und alle haben mit- vorbei. „Technisch können wir das: gutes Gefühl dabei“, so Blaß. Und er gemacht!“ Diejenigen, die die Arbeit auf ungestrichenem Papier hochwertig macht noch darauf aufmerksam, dass machen, wissen auch am besten, was drucken“, betont Blaß. Allerdings „fin- auch die Kunden dazu beitragen kön- man besser machen könnte, lautet das de ich, dass Recyclingpapier auch ein nen, umweltfreundlich zu produzie- Motto. Blaß ist da stolz auf sein Team. bisschen wie Recyclingpapier aussehen ren – einfach durch rechtzeitige An- Die rund 25 Angestellten haben sich darf“, ergänzt er. Man muss nicht al- lieferung der Daten. „Je schneller ein durchgängig mit dem Umwelt-Audit les mit hohem Chemieaufwand strah- Auftrag fertig sein muss, desto mehr identifiziert. „Bei so einem Prozess lendweiß bleichen. Aber das dürfen die Chemieeinsatz ist notwendig“, erklärt kannst du nur erfolgreich sein, wenn Kunden entscheiden. er. „Wenn wir den Druckbögen Zeit alle Mitarbeiter mit im Boot sind.“ zum Trocknen geben können, dann Am liebsten ist Blaß, wenn auf den halten die Farben auch ohne Fixie- Was kann eine Druckerei Besonderes Produkten seiner „grünen Druckerei“ rungsmittel.“ für die Nachhaltigkeit tun? Der Be- auch noch der „Blaue Engel“ prangt, Joachim Rogosch Y B C M Y 40% 80% B C M Y B C M Y Prinect/FOGRA 4 Dipco 2.1 Format 102 © 2004 FOGRA/Heidelberger Druckmaschinen AG 80% B C M Y 0 4
16 | THEMA Man kann das Bild der Kirche nicht mit nur einer Farbe malen Lernen von den Druckern D er Innsbrucker Bischof Reinhold Stecher (1923–2013) hat einen Aufsatz über die „Kirche im Vierfar- Amt. „Rotdruck“ umfasst für Bischof Stecher „die biblisch-theologisch-my- stische Seite der Kirche.“ „Was ist der gibt dem Bild die plastische Note, die unverwechselbaren Konturen, schreibt Bischof Stecher. „Unser Kirchenbild bendruck“ geschrieben. Ausgehend kühle Blaudruck ohne das Rot dieser braucht, wenn es vollendet sein soll, von der Drucktechnik, die aus den mystischen Kirche des Geistes?“, fragt auch die dunklen Konturen der Trotz- vier Grundfarben Blau, Rot, Gelb und er. „Gelbdruck“ meint bei Stecher die dem-Liebe“, mahnt er. Schwarz alle weiteren Schattierungen „gemeindlich-offene, geschwisterliche, zusammenmischt, erklärt er: Auch das pastorale Kirche“, die Helle in die „Nur alle Schichten übereinandergelegt Bild der Kirche Christi kann man nicht dunkle Welt bringt. „Erst dieses Gelb ergeben das wahre Bild“, so sein Re- mit einer Farbe malen. Ein lebendiges, macht – beim Vierfarbendruck – zu- sümee. „Vielleicht müssen wir bei der ansprechendes Bild ergibt sich nur, sammen mit dem Blau das Grün der einen oder anderen Schicht etwas Far- wenn die verschiedenen Schichten Hoffnung!“ be nachlegen, weil sie zu blass ausfällt, übereinandergelegt werden. vielleicht müssen wir da und dort ein Bleibt der Grau- oder Schwarzdruck. wenig dünner auflegen, weil das Bild ei- Als „Blaudruck“ bezeichnet er ein Das ist „unsere eigene, ganz persön- nen Stich bekommen hat, wie ein altes Kirchenbild, das nur „das Institu liche Kirchenerfahrung, die positive Dia. Alles zusammen übereinander tionell-Hierachisch-Juridische“ um und die negative, die Kirchenfreude gelegt ergibt das Bild einer Kirche, in reißt. Die Kirche als Organisation und und das Kirchenleid“. Diese Schicht der man leben kann.“ jr
Aktuell | 17 Bach und Bier P. Athanasius Yi OSB aus Korea über seine Erfahrungen in Deutschland „Die Deutschen sind eine Maschine. Sie wohl erblich, vermutet der 38-Jährige wünscht sich P. Athanasius. Und dann lachen nicht, sie reden nicht viel, oder Priestermönch. Während sich die Deut- stellt er fest, dass sich die Menschen sagen immer das Gleiche. Sie sind nicht schen Sorgen machen über Glaubens in Korea und in Deutschland am Ende lustig, aber trinken viel Bier ...“ schwund und Ausländerfeindlichkeit, doch wieder nicht so sehr unterschei- nimmt P. Athanasius immer noch ein den. „Die Deutschen sind reich, die Ko- P. Athanasius Yi lacht, als er die gän- Grundgefühl wahr: „Christliche Ge- reaner sind reich, alles ist schon da“, be- gigen Vorurteile der Koreaner gegen- danken sind in der Kultur, in der Tra- obachtet er. In Korea zumindest führt über den Deutschen aufzählt. Sechs dition hier ganz natürlich.“ Und wenn dies dazu, dass die Menschen sich nicht Jahre war er nun in Deutschland, und die Koreaner etwas lernen sollten von binden wollen, dass sie lieber für sich seine Erfahrung war: „Das mit dem den Deutschen, dann ist es genau das: allein genießen, dass die Geburten Bier stimmt!“ „Das Sozialsystem, das Kümmern um raten sinken. die Armen“, kommt als Antwort. Klischees können ein Körnchen Wahr- Eigentlich hatte er vor sechs Jahren heit enthalten, aber auch in die Irre Dabei steht die katholische Kirche in nach Afrika in die Mission gewollt, er- führen. P. Athanasius hat sehr genau Südkorea schon im Ruf, progressiv zu zählt P. Athanasius Yi lächelnd. Dass beobachtet, was ihm bei seinem Auf- sein. In der Zeit der Diktatur waren es Deutschland wurde, dass es das enthalt in Münster schwarzach und die Mönche für Demokratie. Als kürz- Kirchenmusikstudium wurde, schreibt Regensburg begegnet ist. Seine per- lich erste Flüchtlinge nach Korea ka- er Mitbrüdern zu, die es gut mit ihm sönliche Wahrnehmung ist ungleich men, aus Südostasien, waren es auch gemeint hätten. Was er aus Deutsch- differenzierter als die Stereotypen, die katholische Organisationen, die sich land mit nach Hause nimmt, wenn er kursieren. aufnahmebereit zeigten. „Aber viele nun nach Waegwan zurückkehrt? Die Christen protestierten auch dagegen“, Liebe zu Bach. Die Gesamtedition von Da ist das Kloster, die Abtei. Ein Jahr berichtet Athanasius. „Weil wir noch Bachs Vokalwerk vom Carus-Verlag. hat er dort Deutsch gelernt und nicht keinen christlichen Geist haben, son- feststellen können, dass etwas anders dern nur körperlich jeden Sonntag zur Ein Empfinden für Musik, die nicht nur ist als in seiner Heimatabtei in Waeg- Kirche gehen.“ vom Kopf, sondern auch vom Gefühl wan in Südkorea. Die gleiche Kleidung, bestimmt wird. In der Abtei Waegwan die gleichen Gebete, die gleiche Ord- „Mit ganzer Kraft, ganzer Seele, dem wird er sich einer Neuvertonung des nung, vielleicht in Waegwan noch ein ganzen Leben christlich leben“ – das Stundengebetbuchs widmen. jr bisschen strenger oder klassischer als in Münsterschwarzach. Ganz anders dann sein Aufenthalt im Studenten- wohnheim in Regensburg, wo er Kir- chenmusik studiert hat. Seine Mitstu- denten empfindet er als offen, als sehr hilfsbereit. „Ohne sie hätte ich das Stu- dium nicht schaffen können.“ Der große Unterschied zwischen Deutschland und Korea ist dann für Rucksack, Koffer, ihn: „Die Europäer haben die christ- Liederbücher: liche Tradition schon seit 2000 Jahren. P. Athanasius Yi nimmt Abschied von Münster Auch wenn sie nicht in die Kirche ge- schwarzach. Gleich geht's hen, sind sie christlich geprägt.“ Wie zum Flughafen, und dann sich das ausdrückt? „Sie sorgen für zurück nach Waegwan. Dort wird er sich um die Arme oder Behinderte, oder wie jetzt Neufassung des Stunden momentan für Flüchtlinge!“ Das sei gebetbuchs kümmern.
18 | Aktuell Evangelisierung findet im Internet statt Unterdrückt, kontrolliert, lebendig, vielseitig P. Martin Welling über die Lage der Kirche in China I n China von der Polizei zum „Tee- trinken“ eingeladen zu werden, be- deutet zumeist nichts Gutes. Was der Der Priester hatte erwartet, dass man ihnen auch verbieten würde, Kinder und Jugendliche religiöse Räume be- außer halb des Kirchengeländes kein Missionieren erlaubt ist, beschreibt man halt Schiefertafeln an den Zäunen Priester der Untergrundkirche dann zu treten zu lassen oder irgendwelchen mit Botschaften über Kirche und Glau- hören bekam, hatte er befürchtet: Nicht Glaubensunterricht für sie zu orga- ben. An vielen Kirchen gibt es Büros, nur solle er eine große Nationalflagge nisieren, aber noch sprach die Polizei oft besetzt mit jungen Erwachsenen, innerhalb des Gebetsraumes auf nicht davon. In der Nachbarprovinz die Interessierten freundlich und un- hängen, er müsse ferner sofort die von Henan wird dies bereits konsequent, aufdringlich erklären, was die Katho- der Gemeinde für den Gottesdienst ge- ja brutal durchgeführt. Aber er ist liken glauben, wie man Christ werden nutzten Räume beim Religionsbüro re- sich sicher: Das wird nicht lange auf kann, wann und wo es Taufkurse gibt, gistrieren. Sollte er die Räumlichkeiten sich warten lassen. Die Kontrolle und wer als Pate begleiten könnte und so dennoch für religiöse Zwecke nutzen, Unterdrückung nimmt unter Präsident weiter. Über 80.000 Erwachsene wur- drohen drastische Geldstrafen. Er Xi Jinping immer mehr zu. den 2017 in der katholischen Kirche ge- selbst solle der Patriotischen Vereini- tauft; viel, aber nicht genug, um in einer gung, also sozusagen der von der kom- China ist groß, seine Provinzregie- alternden Kirche die Zahl der Verstor- munistischen Partei kontrollierten und rungen sind mächtig. Und so genießen benen wettzumachen. Es gibt zwischen bestimmten politischen Vertretung der die Religionen in manchen Teilen Chi- 10,5 und 12 Millionen Katholiken. Pro- katholischen Kirche, beitreten, sonst nas durchaus noch größere Freiheiten. testantische „Hauskirchen“ sind seit dürfe er ab sofort keine priesterlichen Diese werden konsequent genutzt, vor den 1980er Jahren auf wahrscheinlich Funktionen mehr ausüben. allem für missionarische Arbeit: Da 50 Millionen Gläubige gewachsen, ein Phänomen, das der kommunistischen Regierung Sorge bereitet. » Studenten leisten soziale Arbeiten, helfen den ka- tholischen Sozialinstitutionen. « Trotz all der Unterdrückung spürt man: China ist ein Land voller Chancen. Die Jugend zu halten ist auch in China schwierig, obwohl viele junge Men- schen großes Interesse am Glauben zei- gen. Es gibt Diözesen, in denen junge Männer und Frauen nach ihrem Schul- abschluss an katholischen „100-Tage- Kursen“ teilnehmen. Dort lernen sie Verkündigung auf Schiefertafel in Tianjin, China. Bis hierhin ist es erlaubt. den Glauben intensiver kennen, wer-
AKTUELL | 19 100-Tage-Glaubenskurs für Jugendliche in Hebei, China. den aber auch befähigt, sich selbst in Trotz all der Unterdrückung, trotz all Papst Franziskus zugleich acht gegen ihren Gemeinden vor allem unter der der vielen Probleme spürt man: China den Vatikan auf Veranlassung Chinas Jugend pastoral und missionarisch ist ein Land voller Chancen. So sieht geweihte „illegitime“ Bischöfe wieder einzusetzen. Studenten leisten soziale es auch Papst Franziskus. Die chine- in die volle Gemeinschaft der Kirche Arbeiten, helfen den katholischen So- sische Kirche ist gespalten. Die „of- aufgenommen hat, sind alle Bischöfe zialinstitutionen, setzen sich für alte fizielle Kirche“ fügt sich, wenn auch Chinas (64 offiziell, 36 im Untergrund) Menschen und zu Hause gelassene zumeist widerwillig, in die von der gegenwärtig in Einheit mit dem Bi- Kinder von Wanderarbeitern ein. atheistisch-kommunistischen Partei schof von Rom. vorgeschriebenen Strukturen. Um in China und seine Kirche sind leben- Die Jugend informiert und organisiert eng begrenzten Bahnen doch die pa- dig und vielseitig. Freude und Sorge, sich vor allem über das Internet. Es gibt storalen und missionarischen Dienste Rückschläge und Erfolg liegen eng einige große Internetseiten mit Infor- ordentlich durchführen zu können, beieinander. Und doch sind wir sicher: mationen auch über den Papst und die lassen sie sich registrieren und koope- Was auch immer geschieht, der Hei- Weltkirche. In unzähligen Blogs teilen rieren mit der Partei. lige Geist wird unsere chinesischen Jugendliche ihren Glauben mit, disku- Schwestern und Brüder begleiten, ih- tieren untereinander, tauschen Infor- Andere sehen die Religionspolitik nen Kraft geben und sie leiten. So bittet mationen aus. Evangelisierung findet nicht nur als Eingriff in die Organi- Papst Franziskus die ganze Universal- häufig mehr im Internet statt als in sation der Kirche an, sondern als we- kirche, also auch uns, um unser Gebet Kirchengebäuden. Das weiß der Staat sentliche Verletzung des katholischen für China und seine kleine Herde dort. und spinnt ein Netz von restriktiven Glaubens. Unter vielen Opfern und Be- Gesetzen, die diese Kommunikation drängungen, auch im Gefängnis und mit religiösen Themen stoppen sollen. Hausarrest, wollen sie sich nicht in der P. Martin Welling SVD staatlich gelenkten Kirche registrieren. Trotzdem liegt der Welt größte Bibel- Beide Kirchengemeinschaften stehen • Geboren 1955 • Studium der Philosophie druckerei mit bisher über 180 Milli- zum Papst. Dieser hat im September und Theologie bei den onen in vielen Sprachen gedruckten 2018 eine nicht unumstrittene „vor- Steylern in Sankt Augustin • 1981 Priesterweihe Exemplaren in China, in Nanjing. Die läufige Vereinbarung“ mit der chine- • Lizentiat in Missiologie Millionen chinesischen Bibeln, die pro sischen Regierung verkündet. Details • ab 1982 vielfältige Aufga- ben in Taiwan Jahr gedruckt werden, dürfen aber werden geheim gehalten. Es geht aber • seit 2012 Direktor des nicht öffentlich oder über das Internet darum, dass man sich über einen zu- China-Zentrums e. V., St. Augustin verkauft werden. künftigen Modus der Bischofsernen- • Weitere Infos unter: www. nungen vorerst geeinigt hat. Und da china-zentrum.de
P. Norbert Du beim Stundengebet. Beim Weltmissionssonntag 2018 war er Gast in der Abtei Münster schwarzach und berichtete aus erster Hand über die Lage des Glaubens in China. P. Norbert Du OSB gibt Antwort „Das Bibelteilen ist in China eine große Bewegung“ P. Norbert Du ist Prior des Klosters Shuanghezhen der Missionsbenediktiner im Norden Chinas. Er ist 51 Jahre alt und seit 1996 Mitglied des Benediktinerordens. Beim Weltmissionssonntag 2018 war China Schwerpunktthema in Münsterschwarzach, mit P. Norbert als Zelebrant und Prediger. Zur Lage des Glaubens in der sich stark verändernden Gesellschaft Chinas gab er folgendes Interview: China hat Jahrzehnte lang Atheismus propagiert. Sie sind frei? Sind die Chinesen überwiegend Atheisten? P. Norbert: Ja, wir sind frei. Ich kann ausreisen. Ich kann P. Norbert: Das glaube ich nicht. Vielleicht ganz wenige. predigen. Wir haben eigentlich ein gutes Verhältnis zu Eher null Prozent. unserer Provinzregierung. Was hat der Kampf gegen Religion bewirkt? Woher kommen die Berichte von einer Unter P. Norbert: Das ist schwer zu sagen. Das ist ganz unter- drückung der Religionen in China? schiedlich. Das ist im Süden Chinas strenger gewesen als P. Norbert: Die Situation in dem riesigen Land ist eben bei uns im Norden. Ich komme aus der Provinz Jilin im sehr verschieden. Es gibt eine Provinz, da ist es Minder- Nordosten Chinas, wo die politische Situation ganz gut ist; jährigen verboten worden, in die Kirche zu gehen. Zumin- nicht so strikt gegen Religionen. Wir sind frei. dest ein Mal. Wahrscheinlich hat da ein Beamter einen Fehler gemacht oder die Anweisungen der Zentralregie- rung falsch verstanden. Da gibt es auch eigenmächtiges Handeln von untergeordneten Beamten.
INTERVIEW | 21 Die Katholiken in China sind bislang in zwei ver Spielen die christlichen Wahrheiten eine Rolle? Der schiedene Gruppierungen aufgeteilt. Es gibt eine Dreieinige Gott? Die Fleischwerdung Christi? Die vom Staat anerkannte offizielle „Patriotische Ver Auferstehung? einigung“ und eine „Untergrundkirche“, die sich P. Norbert: Das Wort ,Dreieinigkeit‘ benutzt die Regierung gegen jegliche Einmischung von Seiten des Staates auch für die Politik: ,Wir haben eine dreieinige Politik‘ wehrt. Zu welcher Gruppe gehören Sie? ... Die Menschen wissen natürlich etwas von Gott. Vom P. Norbert: Ich bin Benediktiner. Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Aber wie man sich das vorstellen soll? Das können auch die katholischen Gläubigen nicht verstehen. Gibt es einen „Hunger nach Religion“ nach Jahr zehnten des propagierten Atheismus? P. Norbert: Wenn die Regierung Druck macht gegen Re- In traditionell katholischen Regionen wissen Ka ligion, dann interessieren sich die Menschen wieder mehr tholiken manchmal mehr über die Heiligen wie dafür. Dann denken sie: Da ist etwas Geheimnisvolles, das Franziskus oder Antonius als über die Bibel. Wie ist verboten, das interessiert mich. Wie wenn Eltern etwas ist der chinesische Katholizismus geprägt? verbieten: Dann muss man das als Kind gerade erst recht P. Norbert: Bibelteilen ist in China eine große Bewegung. ausprobieren. Das passiert in der Familie, in der Pfarrei, in der Kirche. Wie weit ist der christliche Glaube in der Kultur Es gibt Katholiken, die richten sich bei dem, was Chinas verankert? richtig ist, eher nach dem Papst als nach der Bibel. P. Norbert: Das ist für uns ganz wichtig. Wir feiern die Ist das in China auch so? Messe auf chinesisch, predigen auf chinesisch, wir erläu- P. Norbert: Was die Kirche sagt, wird ernstgenommen. tern die Geschichten des Evangeliums auch für die chine- Das Bibelteilen prägt eher die persönliche Spiritualität. sische Denkweise. Wir bringen da auch die Gedanken von Konfuzius und anderer chinesischer Gelehrter mit ein. Welche Rolle spielt Papst Franziskus? P. Norbert: Die Menschen können im Internet nachlesen, Wäre es für Chinesen ausdrucksstärker, wenn man was er sagt. Papst Franziskus wurde sogar von vielen Be- in der Messe Reis statt Brot verwenden würde? amten gelobt für das, was er sagt. Sie sagen: ,Der Papst ist P. Norbert Du (lacht): Jeder Chinese versteht, was das Brot ähnlich wie Staatschef Xi Jinping. Beide wollen Reformen in der Messe bedeutet für den Glauben. machen.’ Papst Franziskus hat dazu nur festgestellt: ,Ich bin aber kein Kommunist.‘ Von Deutschlands Kirche sagt man, sie sei beson ders für ihre sozialen Werke bekannt. Gibt es in der Was unterscheidet Benediktiner in China von Bene chinesischen Kirche auch einen speziellen Akzent? diktinern in Münsterschwarzach? P. Norbert: Bei den Katholiken ist es fast wie in Deutsch- P. Norbert: Wir sehen genauso aus mit unserem Habit, wir land. Es gibt bei uns viele Organisationen, die für die beten und arbeiten ... Unsere Provinzregierung weiß, dass Armen tätig sind. Die sind sozial stark engagiert. Das wird wir Benediktiner sind. Aber wir sagen es nicht, dass wir es auch von der Regierung so gefordert: Alle Religionen müs- sind. Obwohl es alle wissen. Dann geht es. sen für Arme tätig sein. Beispielsweise kann die Kirche ein Altenheim für Ärmere bauen. Das Interview führte Joachim Rogosch Glauben Chinesen anders als Europäer? P. Norbert: Das glaube ich schon. Ganz anders. Vielen Chinesen ist in erster Linie wichtig, dass ein Glaube P. Norbert Du OSB nützlich ist. Oder nehmen Sie die Ahnenverehrung: Selbst • geboren 1967 • Priesterweihe 1991 wenn sie katholisch sind, ist ihnen die Ahnenverehrung • Ordensprofess 1996 sehr wichtig. Das ist für viele sogar das Wichtigste. • seit 2001 Prior in Shuanghezhen
22 | Hintergrund Statt Angst und Schrecken – Heilung an Leib und Seele Wie in Tororo/Uganda aus einem Rückzugsort für Rebellen ein Kloster wurde „Wo einst Gesindel wohnte und nachts Schüsse fielen, herrscht heute Frieden, und Mönche beten und ar- beiten. Zu dem Ort, der früher Angst und Schrecken verbreitete, strömen heute Menschen auf der Suche nach Heilung an Leib und Seele“. So be- schrieb ein Vertreter der Stadt Toro- ro das Benediktinerk loster am Rande der Stadt, als im Jahr 2012 das neue Klostergebäude eingeweiht wurde. Wie konnte an diesem Ort ein solcher Wan- del geschehen? Nachdem 1979 der Diktator Ugandas Idi Amin gestürzt worden war, geriet das Land in einen Jahre andauernden Bürgerkrieg. Genau in dieser Zeit kam P. Johannes Neudegger OSB aus St. Ot- Mönche aus dem Kloster von Tororo beim Stundengebet. tilien nach Tororo. Er sollte sich um ein Schwesternkloster kümmern, das sehr unter dem Bürgerkrieg gelitten tungen. Mehrere Handwerksbetriebe dadurch immer wieder in Existenz- hatte. P. Johannes war ein äußerst un- wie Schreinerei, Metallwerkstätte und krisen, bei denen überlegt wurde, ob konventioneller Mann, der ein gewin- Kfz-Werkstatt wurden eröffnet. Daran man das Kloster lieber schließen sollte, nendes Auftreten hatte und sich nicht schloss sich eine Handwerkerschule an. als Menschen solchen Gefahren aus- viel aus Vorschriften und Vorgaben sei- Das Gelände wurde landwirtschaftlich zusetzen. Allmählich beruhigte sich ner Oberen machte. So passte er gut in und auch zum Unterricht für ange- die Situation. Im Jahr 2003 wurde das diese Zeit der lokalen Gesetzlosigkeit. hende Gärtner und Landwirte genutzt. Kloster dem ersten afrikanischen Prior Es gelang ihm, ein großes Grundstück übergeben. zu erwerben. Dieses Stück Land wollte Ein junger deutscher Freiwilliger grün- niemand haben, weil es ein Rückzugs- dete eine Augenklinik. Es gelang ihm, Nach diesem turbulenten Beginn ist ort für ehemalige Kämpfer war. Es lag die Christoffel Blindenmission da- heute das Kloster fest etabliert. 25 am Rand der Stadt, und die Solda- von zu überzeugen, dieses Projekt zu Mönche leben heute in Tororo und ten konnten sich dort verstecken und unterstützen. Diese Klinik wuchs zur versuchen, durch ihr Leben Antwort Überfälle organisieren. größten Augenklinik Ugandas heran. auf die Anfragen unserer Zeit zu ge- Heutzutage wird das Haus vollständig ben. Die Rundhütten wurden in einen P. Johannes siedelte mehrere hundert von uns Benediktinern getragen. Gästekomplex verwandelt. Für die Menschen dort an und gründete in Mönche wurde ein neues Kloster ge- kleinen, sehr einfachen Rundhäusern Ganz ohne Probleme gelang diese Um- baut. Es ergaben sich neue Aufgaben- ein Kloster. Durch diese „Invasion“ von wandlung des Geländes aber nicht. Es felder. Da die eigene Existenz gesichert Menschen konnten sich die ehemaligen gab immer wieder Drohungen und ist, wenden sich die Mönche nun den Kämpfer nicht halten und zogen sich Überfälle. In einer Nacht wurde bei armen und randständigen Menschen langsam zurück. Auf dem Gelände ent- einem Überfall ein junger Mitbruder zu. Die Hilfe für Arme ist ein großes standen nach und nach viele Einrich- erschossen. Die Neugründung geriet Anliegen des neuen Priors, P. Fidelis.
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