Februar 2019 - Abtei Münsterschwarzach

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Februar 2019 - Abtei Münsterschwarzach
Februar 2019
Februar 2019 - Abtei Münsterschwarzach
INHALT

              Vorwort ........................................................................ 3

              Thema
              P. Anselm Grün OSB zum Thema ............................... 4
              Gott und die Farbe Rot ................................................ 6
              Ich hab' Hautfarbe ......................................................... 9

          6
              Das Licht der Welt erblicken...................................... 12
              Die grüne Druckerei der grünen Abtei ....................14
              Man kann das Bild der Kirche nicht mit
              nur einer Farbe malen..................................................16

              Aktuell
              Bach und Bier .............................................................. 17
              China: Evangelisierung findet im Internet statt...... 18

              Interview
              P. Norbert Du OSB ..................................................... 20

              Projekt und Hintergrund
              Statt Angst und Schrecken –

         12   Heilung an Leib und Seele ............................................ 22
              Nahrung, ein Dach über dem Kopf
              und ein Platz in der Schule........................................... 23

              Berichte aus der Abtei
              Gastfreundschaft ......................................................... 24
              Namen und Nachrichten ........................................... 26
              Dank: Sie haben geholfen........................................... 30

              Geistlicher Impuls
              Abt Michael Reepen OSB ........................................... 31

              Portrait
              P. Polykarp Uehlein OSB ........................................... 32

         23
Februar 2019 - Abtei Münsterschwarzach
VORWORT | 3

                        Liebe Leserinnen
                        und Leser,
                        „Goldfische sind rot und Elefanten sind grau. Papageien
                        sind grün und Schweine rosa. Alles auf der Welt hat eine
                        eigene Farbe, nur das Chamäleon nicht.“ So heißt es im
                        Bilderbuchklassiker von Leo Lionni. Seine eigene Farbe zu
                        haben, heißt, seine Identität und seinen Platz in der Welt
                        zu finden.
                        Das Titelbild verbindet Farbe mit Menschen. Frauen aus
                        aller Welt haben sich einer internationalen Ordensgemein-
                        schaft, den Missionsärztlichen Schwestern, angeschlossen.
                        Und wer das Ordensleben ein wenig von innen her kennt,
                        weiß, dass Farbigkeit und Buntheit nicht die schlechteste
                        Beschreibung für ein Leben im Kloster ist. Gemeinschaft-
                        liches Leben, auch in der Familie oder in der Gemeinde,
                        braucht viele verschiedene Farben. Denn in dieser Buntheit
                        spiegelt sich die Einzigartigkeit und Verschiedenheit jedes
                        einzelnen Menschen, in der er von Gott geschaffen wurde.
                        Und gerade darin liegt die Chance und die Aufgabe jeder
                        Gemeinschaft, dass sich der Einzelne der ureigenen Farbe
                        seiner Persönlichkeit bewusst wird und diese ins Leben
                        bringt.
                        Farbe zeigen: Es gibt etwas zwischen totalem Dunkel und
                        grellem Licht. Der „Ruf in die Zeit“ will die Nuancen
                        zeigen, die P. Polykarp als Maler bei der Betrachtung des
                        Evangeliums aufdeckt; die Differenzierungen im Blick auf
                        die Lage des Glaubens in China, die beim Weltmissions-
                        sonntag 2018 im Mittelpunkt stand; die Schattierungen
                        im Leben von Menschen in Not in Uganda, denen unser
                        Hilfsprojekt gilt.
                        Alles auf der Welt hat eine eigene Farbe. Und nur alle Far-
                        ben gemeinsam ergeben dann „das helle Licht des Evange-
                        liums von der Herrlichkeit Christi“, wie der heilige Paulus
                        im Korintherbrief schreibt.
                        Passen wir auf, dass wir keine Farbe übersehen.

                        So grüße ich Sie herzlich aus Münsterschwarzach

Missionsärztliche       Ihr
Schwestern aus ver-
schiedenen Erdteilen    Ihr ….
bei einem Treffen in
der Abtei Münster-
schwarzach. Die Welt
zeigt sich in vielen    Pater Noach Heckel OSB
Farben! Mehr dazu auf   Missionsprokurator
den Seiten 9 bis 11.
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Pater Anselm Grün OSB
      Zum Thema „Farben“

Unser Leben ist bunt
Mit Farben verbinden wir eine gewisse Stimmung. Bei          unseres Lebens schauen. Und wir nehmen im Alter unse-
jeder Farbe fühlen wir uns anders. Wir verbinden die Far-    re eigene Buntheit wahr. Jede Kunst arbeitet mit Farben.
ben auch mit den Jahreszeiten. Der Winter erinnert uns       Im Mittelalter gab es da einen klaren Farbenkodex. Da
mit seinen weißen Schneelandschaften an die Farbe weiß.      war Rot die Gottesfarbe. Rot ist die Farbe des Feuers, aber
Weiß ist für uns die Farbe des Lichtes und der Reinheit.     auch der Liebe. Gott ist Liebe – das drückten die Künstler
Die Neugetauften wurden mit einem weißen Gewand              aus, wenn sie Rot für Gott verwendeten. Blau ist dagegen
bedeckt. Weiß ist die Farbe des Neuanfangs. Grün ist die     die Farbe für den Sohn Gottes, aber auch für Maria, die
Farbe des Frühlings. Da grünt alles und blüht alles. Es      den Sohn Gottes geboren hat. Blau als Farbe des Himmels
ist ein frisches Grün, das der Frühling uns bereitet. Den    meint, dass in Jesus der Himmel auf die Erde gekom-
Sommer verbinden wir mit Rot. Rot steht für die roten        men ist, dass Jesus uns den verhangenen Himmel wieder
Rosen, aber auch für das Rot der Sonne beim Aufgehen         geöffnet hat. In der Romantik war die Blaue Blume Bild
und Untergehen. Braun ist die Farbe des Herbstes. Braun      unserer Sehnsucht nach Heimat, nach dem Geheimnis,
ist uns Deutschen durch die Nazis suspekt geworden. Sie      das unserem Leben Tiefe verleiht, der Sehnsucht, die ins
haben diese Farbe missbraucht.                               Unendliche gerichtet ist.

                                                             »
Die verschiedenen Farben leuchten in jeder Jahreszeit an-
ders auf. Im Frühling sind es frische Farben, im Sommer           Wenn wir uns ausgebrannt fühlen,
satte Farben und im Herbst sind es milde Farben. Und der          dann sollten wir vertrauen, dass auf
Herbst ist bunter als jede andere Jahreszeit. Da verfärben   dem Grund unserer Seele die Grünkraft
sich die Blätter und zeigen uns die ganze Buntheit der       in uns weiterwirkt.
Natur. Und in der Natur sehen wir einen Spiegel für das
Alter, in dem wir mit einem milden Blick auf die Farben
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PATER ANSELM GRÜN ZUM THEMA | 5

Grün war die Farbe des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist    van Gogh tut unserer Seele gut. Wir spüren darin die
befruchtet uns und bringt neues Leben in uns hervor.          Liebe des Malers. Henri Nouwen meinte, in diesem war-
Die heilige Hildegard von Bingen hat die Grünkraft – die      men Gelb wird sichtbar, dass van Gogh das innere Feuer
viriditas –besonders geliebt. Für sie ist die Grünkraft       gehütet hat. Und wenn wir seine Bilder heute anschauen,
nicht nur ein Bild für grünende Wiesen und Felder, für        dann setzen wir uns gleichsam an den Ofen, den der Ma-
das Grün, das im Mai in seiner ganzen Frische aufblüht.       ler gehütet hat, und wärmen uns daran.

                                                              »
Grün ist nicht nur die Farbe der Hoffnung, sondern ein
Bild für die Lebenskraft. Gott selbst hat diese Grünkraft
in die Natur hineingegeben. Er hat sie auch uns Menschen             Wir erleben in den Farben auch
geschenkt. In uns Menschen drückt sich diese Grünkraft               jeweils Gott in einem anderen Licht.
aus als der dauernde Impuls: Ich will leben. Ich will nicht
vertrocknen. Ich will aufblühen. Das Leben soll in mir
strömen. Es soll Frucht bringen. Mein Leben ist nicht leer
und kalt, sondern voller Kraft. Es blüht auf und bringt       Violett steht zwischen Rot und Blau. Sie gilt als Symbol
Frucht nicht nur für mich selbst, sondern auch für die        der Vermittlung und des Gleichgewichts zwischen Himmel
Menschen.                                                     und Erde, zwischen Liebe und Weisheit. In der katho-
                                                              lischen Tradition steht Violett für die Buße. Doch für die
Im Ursprung – so meint Hildegard – grünte alle Kreatur.       feministische Bewegung ist Violett zu ihrer eigentlichen
Doch durch den Abfall von Gott hat der Mensch seine           Farbe geworden. Sie symbolisiert die Vereinigung aller
Grünkraft verloren. Da verfällt er der Dürre, der Krank-      Gegensätze, die Vereinigung von anima und animus und
heit und dem Tod. Gott selbst ist das Leben. Gott selbst      die Vereinigung von Spiritualität und Sexualität.
drückt sich in der Grünkraft aus, die in uns ist. Wenn wir
uns müde und ausgebrannt fühlen, dann sollten wir nach        Unser Leben ist bunt. Jeder von uns hat dabei seine Lieb-
innen horchen und vertrauen, dass auf dem Grund un-           lingsfarben. Die Abwechslung gehört zur Natur und sie ge-
serer Seele diese Grünkraft in uns weiterwirkt.               hört zu unserem Leben. In jeder Farbe erleben wir uns an-
Die mittelalterlichen Künstler haben oft das Kreuz grün       ders. Und wir erleben in den Farben auch jeweils Gott in
gemalt. Sie dachten daran, dass durch das Kreuz unser         einem anderen Licht. Wir sind gefragt, in welchen Farben
Leben erneuert worden ist. Das Kreuz wurde oft als            wir uns selbst darstellen wollen, was unsere Lieblings­farbe
Lebens­baum bezeichnet, der neues Leben in die Welt           ist. Unsere Lieblingsfarbe sagt etwas aus über den Zustand
bringt. Und das grüne Kreuz wurde zum Symbol der Hoff-        unserer Seele. Und sie bewegt etwas in uns, sie bringt uns
nung, dass uns Menschen das Tor zum Paradies wieder           in Berührung mit den Seiten, die für uns wesentlich sind.
offen steht. Im Islam steht die Farbe Grün für die Weis-
heit, für das Heil und für die Propheten, die uns das Heil
verkünden.
                                                                Pater Anselm Grün OSB
Gelb wird in der Kunst oft als Farbe des Neids verwendet.       •   Geboren 1945 in Junkershausen
                                                                •   Profess 1965, Priesterweihe 1971
Aber das Gelb kann auch andere Qualitäten annehmen.             •   Geistlicher Begleiter und Bestsellerautor christlicher Spiritualität
Das warme Gelb der Sonnenblumen auf den Bildern von             •   Lebt, betet und arbeitet in der Abtei Münsterschwarzach
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6 | THEMA

            Gott und die Farbe Rot
            P. Polykarp Uehlein bemalt seit mehr
            als 50 Jahren Kirchen in Afrika
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THEMA | 7

      Paradiesische Zustände: P. Polykarps
    Darstellung der Schöpfungsgeschichte.

I  n Nyangao hat er die Altarwand ein-
   fach rot gemalt. 100 Quadratmeter
Rot, mal heller, mal dunkler, in groß-
en Linien, abstrakten Formen. „Hier
ist wirklich viel Rot“, sagt P. Polykarp
Uehlein. Er beugt sich in seinem Ate-
lier in der Abtei Münsterschwarzach
über einen großformatigen Bildband,
der seine Kirchenmalerei in Afrika
zusammenfasst. Dann schaut er auf
und erzählt: „Ein Muslim kam in die           Seit 50 Jahren malt er nun Kirchen         Und dann entstehen die großen Dar-
Kirche und hat gesagt: Gott!“                 aus, in Tansania und Kenia und             stellungen auf Altarwänden, in Sakris-
                                              Unter­franken, abstrakt und konkret,       teien, in Klostergebäuden: Christus als
Kann man Malerei erklären? P. Poly-           großflächig und im Kleinformat. Sein       Auferstandener, mit Engeln, oder am
karp tut es zumindest nicht. Kann man         Anliegen: „Ich wollte nicht nur die üb-    Kreuz; Abendmahl mit den Jüngern;
Gott erklären? Der 87-jährige Benedik-        lichen Motive zeigen: Kreuz, Madonna,      Petrus beim Seesturm; Gastmähler.
tiner, der Philosophie, Theologie und         Joseph, den Kreuzweg. Wo ist denn da       Die Gesichter können braun, grün,
Malerei studiert hat, erklärt nicht, aber     die Erlösung zu sehen?“ Die ganze bi-      rot, blau sein. Farbe ist immer Aus-
er erzählt. Wie er als junger Mönch           blische Geschichte will er zeigen.         druck von etwas. Es geht dem Künstler
ganz ohne Farben angefangen hat, mit                                                     nicht um fotografische Wieder­gabe. In
Strichzeichnungen als Illustration zu         P. Polykarp sitzt in seinem Atelier in     Ndanda gestaltet Poly­karp die Spital­
P. Adalbert Seipolts Büchlein „Alle           Münsterschwarzach, das er vor 55 Jah-      kapelle; in Mtwara und Lindi die Ka-
Wege führen nach Rom“. Ein Bestseller         ren verlassen hat und das heute von        thedralen; in Dar-es-Salaam eine Ka-
mit über einer Million Exemplare. Wie         P. Meinrad genutzt wird. Alle paar Jah-    pelle; in Mlangali, in Nairobi große
er nach London ging, um sich für die          re ist er auf Heimaturlaub in Europa.      Kirchen; in Gitting in Tansania sind es
Mission ausbilden zu lassen. Wie dort         Sonst lebt er in Ndanda in Tansania,       Kirchenfenster, die er entwirft, in kräf-
ein Professor sein Talent entdeckte und       das ihm zur Heimat geworden ist. Gibt      tigem Rot, Gelb und Blau, wie auch in
ihn davor bewahrte, Lehrer für Bio­           es afrikanische Farbigkeit? „Nö“, ant-     der Krypta der Münsterschwarzacher
logie und Erdkunde zu werden. Wie er          wortet er schlicht. „Farbe reizt zum       Abteikirche, wo Blau und Gold vor-
dann in Frankfurt an der Akademie             Hinschauen“, stellt er nüchtern fest.      herrschen.
Kunst studieren durfte und als Maler
und Mönch nach Afrika ging.                   Erstmals Farbe kommt bei ihm in            Mal ist die Arbeit in drei Tagen getan,

»
                                              Schulbüchern zum Vorschein, die er         dann dauert es auch zwei Jahre, bis ein
                                              für Grundschulen in Tansania gestal-       Bild fertig ist. „Man fängt mit kleinen
      Wo ist denn da                          tet. Mit einfachsten Mitteln, „mit ein-    Sachen an, und dann kommt man ganz
      die Erlösung zu sehen?                  fachen Strichen, starker Farbigkeit, die   woanders hin“, erinnert sich der Maler.
                                              kontrastreich ist“. Adam und Eva sind      Helfer gesellen sich im Lauf der Jahre
                                              nackt, „das hat in Afrika niemanden        zu ihm. Heute malen seine Schüler sel-
                                              gestört“, erinnert er sich. Erste Bilder   ber. Auch hier sind die Klöster Afrikas
Links: Die Altarwand in Nyangao: 100          sind violett, ocker, schwarz geprägt.      längst von Europa unabhängig. Die
Quadrat­meter Rot. Auf dem kleinen Foto:      Die technischen Mittel für den Druck       Bildsprache Polykarps ist in der näch-
P. Polykarp Uehlein im Atelier in der Abtei   sind schlicht. Aber Vierfarbdruck war      sten Generation noch erkennbar.
Münsterschwarzach. Er erzählt von seinen
Erfahrungen als Maler.                        möglich.
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8 | THEMA

                                                                    P. Polykarp hat sich über Jahrzehnte in einem immer noch
                                                                    von Armut geprägten Land der Kunst gewidmet. Darf man
                                                                    das? Benjamin Mkapa, Präsident Tansanias von 1995 bis
                                                                    2005, schreibt dazu in einem Bildband über die Gestal-
                                                                    tungen P. Polykarps in Afrika: „Der Beitrag von Polykarp
                                                                    für mein Volk und mein Land ist christliche Kunst, die
                                                                    der Betrachter fühlen kann ... Werke wie die von Polykarp
                                                                    helfen uns, die Welt zu verstehen und an sie zu glauben.“

                                                                    »      Werke, die uns helfen, die Welt zu verstehen
                                                                           und an sie zu glauben.

                                                                    Der Maler-Pater hat seine eigene Ausdrucksform. Im Re-
                                                                    fektorium der Abtei Ndanda zeigt er den Mönchen, die
                                                                    dort täglich speisen, drei Arten von Verschwendung: Links
                                                                    die Fresser und Säufer, die von allem im Überfluss haben
                                                                    und dem armen Lazarus nichts abgeben. Rechts die Sal-
                                                                    bung in Betanien, bei der eine Frau kostbares Öl über das
                                                                    Haupt Jesu gießt. Die Jünger, überwiegend Weiße, aber
                                                                    auch Afrikaner, schauen unwillig zu und ärgern sich sicht-
                                                                    bar. Ihr Argument: Das hätte man doch teuer verkaufen
                                                                    und den Armen zukommen lassen können. In der Mit-
„Da flog einer der Serafim zu mir und hatte eine glühende Kohle     te: Die Hochzeit zu Kana. Jesus hat Wasser zu köstlichem
in der Hand, die er mit der Zange vom Altar nahm und rührte         Wein verwandelt – und damit seine Herrlichkeit offenbart.
meinen Mund an und sprach: Siehe, hiermit sind deine Lippen
berührt, dass deine Schuld von dir genommen werde und deine
Sünde gesühnt sei.“ Jesaja 6,6f. Aus der Polykarp-Bibel.                                                            Joachim Rogosch

Ein Triptychon der besonderen Art: Die drei Weisen, mit Überfluss umzugehen, aufgezeigt von P. Polykarp im Refektorium der Abtei
Ndanda. Links der Kontrast zwischen Völlerei und Hunger, dargestellt an der Geschichte des armen Lazarus; rechts die Salbung zu
Betanien: Darf man kostbares Öl „verschwenden", um Jesus zu huldigen? In der Mitte das zentrale Motiv: Die Hochzeit zu Kana: Jesus
offenbart seine Herrlichkeit im Fest.
Februar 2019 - Abtei Münsterschwarzach
THEMA | 9

Ich hab’ Hautfarbe
Von den rund 7,5 Milliarden Menschen, die heute auf der Welt leben, sind keine zwei vollkommen gleich.
Die Vielfalt des Lebens zeigt sich auch im Teint. Menschen sind stolz auf ihre Hautfarbe („Black is
beautiful“), oder sie werden nach diesem Kriterium schubladisiert („alte weiße Männer“).
Welche Erfahrungen machen Menschen mit ihrem Aussehen?
Vor allem in der Begegnung mit verschiedenen Kulturen?
Wie stehen sie zur Verschiedenheit? Der „Ruf in die Zeit“ hat nachgefragt.

„Hat der Schöpfer nicht seine Schöpfung
bunt und vielfältig gewollt?“
Pfarrer Jean Lukombos Erfahrungen in Deutschland

„Ich bin ein aus dem Kongo-Kinshasa       hat, die allgemeinen Vorurteile über
stammender katholischer Pfarrer und       Afrikaner zu beheben.
übe seit November 2006 meine prie-
sterliche Tätigkeit in Deutschland aus.   Als Pfarrer auf dem Land bemerkte
Obwohl ich es von vornherein gewusst      ich nicht mehr, dass ich von der Haut­
habe, war für mich bei meiner Ankunft     farbe her anders aussehe. Ich war daran
in Europa sehr beeindruckend, dass        gewöhnt, auf allen Veranstaltungen
hier so viele hellhäutige Menschen zu     (Gottes­dienste, Taufen, Gemeindefeste,
sehen sind. Egal wo du hinschaust, be-    Hoch­zeiten, etc.) der einzige „An­dere“
gegnest du ihnen in jedem Augenblick.     zu sein. Ich habe viel mehr positive
Ich bin mir selber aufgefallen! Es war    als negative Erfahrungen mit meiner
am Anfang ein ganz komisches Ge-          Hautfarbe gemacht. Ich habe hier in
fühl, ein Schwarzer unter den Weißen      Deutschland einen sehr großen Freun-
zu sein.                                  deskreis gewonnen. In meiner Tätig-
                                          keit als Pfarrer wollen viele Brautleute
Ich habe mich aber schon in meiner er-    von mir getraut werden. Viele wollen
sten Gemeinde sehr schnell integriert.    ihre Kinder von mir taufen lassen.
Die Gemeindemitglieder hatten mich        Auch viele Anfragen für Beerdigungen
sehr herzlich aufgenommen. Später ge-     bekomme ich.
standen manche unter meinen Freun-
den, dass sie selber sich dagegen geäu-   Solange alles in Ordnung ist, ist weder
ßert hätten, wenn das Ordinariat sie      meine Herkunft noch meine Hautfarbe
zuerst gefragt hätte, ob sie damit ein-   ein Thema. Sollte ich mich doch mal        Pfarrer Jean Lukombo
verstanden wären, dass ein Afrikaner      falsch verhalten, würden alle in den       • Geboren in der Demokratischen Republik Kongo
                                                                                       am 6.9.1964
als Pfarrer in ihre Gemeinde kommt.       Menschen eingeschlafenen Vorurteile        • Schulung und Priesterausbildung: im Kongo
Denn sie hatten noch keine Erfahrung      sofort wieder auftauchen, denke ich.       • Priesterweihe: in Matadi (im Westkongo), am
                                                                                       1.10.1995
mit dunkelhäutigen Pfarrern in ihrer      „Typisch Afrikaner“, so bekommen           • Diözesanpriester der Diözese Matadi im Kongo
Gemeinde gehabt. Daher waren sie          Schwarze negativ zu hören!                 • Dort viele Jahre lang am Priesterseminar tätig als
                                                                                       Priesterausbilder
noch voll geprägt von den allgemeinen                                                • Ende November 2006: Ankunft in Deutschland
Vorurteilen über Afrikaner!               In der Zeit meiner Promotion habe ich      • Seither priesterliche Tätigkeit in der Diözese
                                                                                       Rottenburg-Stuttgart in verschiedenen Gemein-
                                          als Aushilfe bei der Klinikseelsorge in      den
Heute sind sie dafür dankbar, dass sie    den Universitätskliniken in Tübingen       • Daneben Promotion an den Universitäten Tübin-
                                                                                       gen und Innsbruck in Pastoraltheologie.
durch mich eine positive Erfahrung ge-    gearbeitet. Ich habe einmal erfahren,      • Pfarrer Lukombo wird in zwei Jahren in seine
macht haben, die ihnen dazu verholfen     dass ich als Afrikaner angekündigt           Heimat Kongo zurückkehren
Februar 2019 - Abtei Münsterschwarzach
10 | THEMA

wurde, wenn ein Patient einen Seel­         Seit einem Jahr bin ich nun Pfarrer in
sorger benötigt hatte. Nach dem Mot-        Stuttgart, also in einer Großstadt. Da
to: Man soll sich darauf einstellen, dass   muss ich sagen, dass der Rassismus
ein Afrikaner kommt, oder sich recht-       mehr zu spüren ist. Ich dachte, die
zeitig entscheiden, ob man dies möchte      Stadtbewohner seien viel weltoffener
oder nicht. Ob diese Methode gut ist        als die, die auf dem Land wohnen.
oder nicht, das weiß ich nicht. Einer-      Doch erst hier ist mir deutlich bewusst
seits hätte ich mir gewünscht, nur als      geworden, dass ich hier als Schwarzer
Seelsorger angekündigt zu werden, un-       nicht zu Hause bin. Zum ersten Mal seit
abhängig von der Hautfarbe, anderer­        mehr als zehn Jahren erlebe ich unter
seits möchte ich nicht zu denen gehen,      meinen eigenen Gemeinde­mitgliedern
die bei meinem Anblick erst mal er-         manche Ablehnungen bei Beerdi-
schrecken.                                  gungen oder Krankenbesuchen, ohne
                                            dass man es klar begründet. Bloß: „Wir
Die Reaktion von Kindern auf mich           wollen Pfarrer Lukombo eher nicht.“
finde ich sehr interessant. Sie reagie-     Haben solche Ablehnungen direkt mit
ren auf meine Hautfarbe sehr unter-         meiner Hautfarbe oder nur mit meiner
schiedlich. Für die einen bin ich eine      Person als Jean Lukombo zu tun? Denn
große Attraktion, was man daran be-         ich habe auch manches erlebt, wo man
merkt, dass die Kinder die Gelegenheit,     einen deutschen Kollegen abgelehnt
einem Afrikaner nahezukommen und            hat, und mich unbedingt wollte.
ihn anfassen zu dürfen, nie versäumen
wollen. Ich werde von ihnen als etwas       Für uns Afrikaner ist es öfter so, dass
Exotisches wahrgenommen. Manche             wir alles, was negativ mit uns ge-
Kinder meinen, es sei nur Dreck auf         schieht, auf unsere Hautfarbe beziehen.
meiner Haut, den man beim Duschen           Da müssen wir auch selbst umdenken.
wegkriegen kann. Nachdem ein Mäd-           Diese Tendenz bei uns Afrikanern kann
                                                                                           Blass-rosa genügt nicht, um die Vielfalt der Welt w
chen im Garten im Dreck gespielt hat        ich auch gut verstehen. Das hat mit der        aus verschiedenen Erdteilen beim Arbeitsbesuch i
und dadurch sehr schmutzig wurde,           ganzen Geschichte der Begegnung mit
kam es auf ihre Oma zu und sagte.           Europäern schon bei uns in Afrika zu
„Oma, schau mich mal an, wie dreckig        tun. Der Sklavenhandel mit den Afri-
ich geworden bin, wie der Pfarrer Lu-       kanern und die Kolonisierung Afrikas
kombo!“ Die Oma erzählte es mir. Wir        haben viel Negatives in uns bewirkt.
haben beide herzlich gelacht.               Schon die Sklaverei allein ist etwas sehr   um als guter Fußballspieler anerkannt
                                            Schlimmes. Noch schlimmer aber war,         zu werden.“ Die Menschen­        w ürde

»
                                            dass ein Sklave keinen Namen haben          scheint uns nicht zugeteilt worden zu
                                            durfte. Er war nur eine Nummer. Die         sein. Wir müssen darum kämpfen, wie
      Anfangs bin ich mir selbst            Kolonialleute haben die Kolonien aus-       wir um die Unabhängigkeit gekämpft
                                            gebeutet und die Menschen schlecht          haben. In den USA hat Martin Luther
      aufgefallen!
                                            behandelt und missachtet, wodurch           King den Rassismus bekämpfen wol-
                                            der Minderwertigkeitskomplex bei            len. Deshalb musste er sterben. Das
                                            den meisten Dunkel­häutigen entstan-        ist viele Jahre her. Aber die Hautfarbe
                                            den ist.                                    ist dort bis heute noch ein großes und
Das macht mir nichts aus, wenn ein                                                      heißes Thema.
Kind mich so wahrnimmt. Denn ich            In der Regel ist es so, dass ein Afrika-
erlebe es andersherum auch so im Kon-       ner erst in seiner Würde wahrgenom-         Wir dürfen aber auch nicht verkennen,
go, wenn ich mit meinen deutschen           men wird, wenn er etwas leisten kann.       dass die Geschichte der Welt schon
Mitreisenden auf dem Land unter-            Ein schwarzer Fußballspieler äußerte        einen großen Sprung nach vorne ge-
wegs bin. Da fragen mich Kinder, die        sich zum Thema Rassismus: „Es ge-           schafft hat, was die Akzeptanz der Viel-
vielleicht zum ersten Mal die Weißen        nügt für unsere weißen Mitspieler in        falt der Hautfarben anbelangt."
sehen, ob meine Gäste überhaupt eine        der Mannschaft, wenn sie gut sind. Ein
Haut haben.                                 Schwarzer muss erst SEHR GUT sein,                                      Jean Lukombo
THEMA | 11

                                                          „Blass-rosa genügt nicht“
                                                           „Schau mal, ich habe sogar Hautfarbe!“, ruft eines der Kinder und hält
                                                           mir stolz einen blass-rosa Buntstift hin. Diesen Ausruf höre ich in meiner
                                                           Arbeit immer wieder, angeführt als Gütekriterium für die Stiftauswahl
                                                           der nagelneuen Federtasche. Doch welches Bild können sich Kinder da-
                                                           mit von unserer Welt malen? Es bliebe wohl unvollständig, schauen wir
                                                           aufmerksam in die Gesichter unserer Mitmenschen, in denen uns solch
                                                           eine Vielfalt entgegenkommt.

                                                           Auch wenn ich ein Bild unserer Ordensgemeinschaft, der Missionsärzt-
                                                           lichen Schwestern, malen wollte, würde der blass-rosa Hautfarben-Stift
                                                           nicht ausreichen. Als weltweite Gemeinschaft sind wir eine „bunte Schar“,
                                                           kommen aus verschiedenen Ländern und Kulturen, die so vielfältig sind
                                                           wie die Schattierungen unserer Haut. Wenn wir zusammen­kommen,
                                                           entsteht auch äußerlich ein schönes Bild für den inneren Reichtum an
                                                           Sprachen, Traditionen und Bräuchen, die wir miteinander teilen. Was uns
                                                           zuerst fremd erscheinen mag, kann Bereicherung sein, weitet den eigenen
                                                           Horizont und den Blick auf unsere Welt, die alles andere als einfarbig ist.

                                                           Ich bin froh, dass es mittlerweile auch in der Stiftauswahl ganze Haut­
                                                           farbe-Sets gibt, von hell-rosa über beige, hellbraun bis fast schwarz. Die
                                                           Farbmischung heißt „Skin Tones“ - und sollte in keiner Kinder-Feder­
                                                           tasche fehlen!“
wiederzugeben. „Missionsärztliche Schwestern“                                                                      Sr. Thekla Schönfeld,
in Münsterschwarzach.                                                                                      Missionsärztliche Schwestern

         „Man ist halt immer im Blick der anderen“
         „Meine Erfahrung als ,Weißer' in der Mission: Natürlich fällt man in Südost­
         asien als Europäer sofort auf. Aber weniger der Hautfarbe als der langen Nase
         wegen. Und dass die Männer so behaart sind, finden die Koreaner auch interes-
         sant. Sie sehen es als Zeichen, dass wir kulturell noch nicht so weit entwickelt
         sind wie sie.

         Solange ich in Südkorea war, sind die Einheimischen völlig unbefangen auf
         einen zugegangen und haben sofort nachgefragt, wo man herkomme. Ob im
         Park oder bei Zugfahrten: Es war schwer, wenn man mal für sich sein wollte.
         Für die Koreaner war das auch ein Stück Freundlichkeit, ein Zeichen von
         Wahrnehmung. Für mich selber konnte es auch mal lästig werden. Man ist
         halt immer im Blick der anderen. Vor allem kleine Kinder mit blonden Haa-
         ren werden ungeniert umschwärmt und bewundert. Auch wenn das deutschen
         Müttern fast zuviel wurde.

         Anders aussehen kann da schon nervig sein.                                           P. Placidus Berger OSB, 85 Jahre, davon
         Auch wenn’s gar nicht bös' gemeint ist.“                       P. Placidus Berger    über 20 Jahre in Korea als Missionar aktiv.
12 | THEMA

Das Licht der Welt erblicken
Eine Tiefenahnung von P. Elmar Salmann OSB über die Farbe des Lebens

D     amit fängt alles an: Bei der Ge-
      burt drängt das Kind zum Licht,
verlässt gewaltsam die bergende und
                                               Paradies der selbstverständlichen Ein-
                                               heit mit der Mutter, die Aussetzung in
                                               eine feindliche Welt. Da erscheint der
                                                                                              zu schauen, die Welt und unser Leben
                                                                                              im Licht der Helle Gottes zu sehen. ‚In
                                                                                              Deinem Licht schauen wir das Licht‘
beengende Höhle des Mutterschoßes,             Stern als eine immer neu zu suchende           (Ps 36,10), aber mehr noch die Vielfalt
auf der Suche nach dem leuchtenden             Orientierungshilfe, das Licht am Ende          der Dinge, die in ihm zum Leuchten
Antlitz der Eltern, dem Leitstern seines       des Tunnels als Hoffnungszeichen.              kommen. Die Mystiker und großen
Lebens und der weiten, lichten Welt,           Der Morgen erstrahlt uns immer nur             Theologen wie Karl Rahner haben
die es nun durchstreifen und erobern           am Ende einer Nacht, beides, Dunkel            dieser Helle nachgespürt und ihre hei-
soll. So ist die Geburt Jesu umstrahlt         und Licht gehören zusammen, ergän-             lende, tröstende Kraft erfahren.
von einer Sphäre des Hellen, in der In-        zen einander; ja gerade in der Nacht
timität des Stalles, im weiteren Kreis         des Glaubens, in Zweifel und Schmerz           Denn allzu leicht vergessen wir das
der Engel, Hirten und Magier. Das              kann uns ein tieferes und höheres Licht        uns geschenkte Licht, nehmen es als
Licht lässt auch das Fremde als vertraut       von Gott her aufgehen.                         selbstverständlich, fixieren uns auf
erscheinen.                                                                                   das Dunkle, Negative, Chaotische und
                                               Diese Mischung ist auch deshalb heil-          vergessen, dass wir auch dieses nur im
Und doch ist da immer das Dunkle,              sam, weil das Licht als solches blendet,       Licht erblicken und als Mangel seiner
das uns birgt, einhüllt und bedroht.           wir können ihm nicht standhalten.              Helle erleben und werten können. Im-
So ist schon viel an Todeserfahrung            Deshalb schauen wir selten ins Licht,          mer steht das oft unscheinbare Gute
in der Geburt; da ist der Schmerz der          sondern wenden den Blick ab, um mit            als Maßstab und Vorgabe am Anfang
Wehen, das Ausgestoßensein aus dem             ihm in die Landschaft unseres Lebens           des Lebens.

»    Der Morgen

                «
     erstrahlt uns
immer nur am Ende
einer Nacht.

Bei der Geburt drängt das Kind zum Licht – und erfährt bereits den Schmerz der Wehen. Weil das Licht oft zu hell für uns ist, bricht es
sich in den Farben der Welt, schreibt P. Elmar Salmann.
THEMA | 13

Dunkel und Licht gehören zusammen. Erfahrbar wird dies auf besondere Weise in den kosmischen Tiefen des Alls, hier eingefangen von
P. Christoph Gerhard mit einem 250-mm-Newton-Teleskop bei einer Brennweite von 1140 mm in siebenstündiger Belichtungszeit. Das
Bild zeigt „NGC 7023“, den Irisnebel im Sternbild Kepheus. Manche sehen im Inneren des Nebels so etwas wie eine Krippe.

»
				                                         widerfährt dieses Erlebnis nach dem          Und wir hoffen, dass all diese Erschei-

                    «
                                             Erfahren tiefer Schuld und einem             nungen des Lichts und der farbigen
     Das Licht bricht sich                   langen Heilschlaf des Vergessens, die        Buntheit der Welt Hoffnungszeichen
     im Prisma der Welt                      ihn befähigen, sich erneut auf die Ent­      der Erfüllung unseres Lebens seien,
in viele Farben!                             deckungsfahrt seines Lebens zu ma-           als Vorschein der Sonne der Gerech-
                                             chen.                                        tigkeit, wie Christus nach dem letzten
				                                                                                      der kleinen Propheten in Maleachi 3,20
                                             Da leuchtet das Licht in seiner Viel-        oft genannt wird. Ob uns im Tunnel
Freilich ist das Licht zu hell, zu ele-      farbigkeit, in der es sich zerlegt und       des Todesdurchgangs ein solches Ant-
mentar und einfach, es lässt sich            wundersam reich aufscheint: weiß und         litz, eine solche Helle erwarten? Denn
schnell übersehen. Deshalb bricht es         schwarz, himmelblau und feuerrot, na-        es war ja viel an Tod in der Geburt,
sich im Prisma der Welt und unserer          turgrün und strahlend gelb, erdenbraun       möge es auch viel an Geburtlichem im
Wahrnehmung in viele Farben. Alles           und violett. Diese Farben werden zum         Tode geben.
erscheint da als farbiger Abglanz, als       verheißungsvollen Symbol des Lebens
gesprenkelte Schönheit, wie Goethe zu        und spielen deshalb eine große Rolle
Beginn seines Zweiten Faust und der          in der Kultur des Menschen: in der              P. Elmar Salmann OSB
englische Jesuit und Dichter Gerald          alten Lehre von den Temperamenten,
M. Hopkins (1844-1889) es zauberhaft         in der Liturgie mit ihren Messgewän-                            • geboren 1948 in Hagen
                                                                                                               in Westfalen
beschreiben.                                 dern, der Parteienskala in der Politik                          • 1973 Eintritt in die Bene-
                                             und bei psychologischen Tests. Von                                diktinerabtei Gerleve
                                                                                                             • Von 1981 bis 2012 Profes-
Das Leben als Widerschein des Lichtes,       den Farbklängen in Malerei und Musik                              sor für Philosophie und
so die Vision vieler tief Glaubenden         gar nicht zu reden, da kommen sie erst                            Systematische Theologie
                                                                                                               an den Päpstlichen Uni-
und der Poeten. Der Gestalt des Faust        recht zum Klingen.                                                versitäten Sant'Anselmo
                                                                                                               und Gregoriana in Rom
14 | Thema

            Die grüne Druckerei
            der grünen Abtei
        B    C   M   Y       40%   80%     B   C   M   Y                             B    C     M    Y   40%   80%   B4   C4   M4   Y4    MY    CY   CM   B     C   M    Y    40%   80%    B    C    M    Y   CMY         CMY   B4   C4
4                                                                4          4
    4                                                                 4         4

                                                                                           4                                                                                                                                             8

            Gelb – Rot – Blau – Schwarz: Daraus mischen die Drucker die gesamte Farbenvielfalt mit allen Nuancen.
            In der klostereigenen Druckerei geschieht dies mit modernster Offset-Technik. Das Ergebnis: Ein „grüner“,
            ein nachhaltiger Betrieb, der auf die Umwelt achtet.

            B     enedict Press, die Druckerei der
                  Abtei Münsterschwarzach, steht
            für anspruchsvolles Drucken. Bücher,
                                                                                         hochwertiges Recycling, um Gesund-
                                                                                         heit. Vor einem Jahr ist der 45-Jährige
                                                                                         bei einer Nachhaltigkeitsmesse des Bis-
                                                                                                                                                              „Wir haben uns das zugetraut, weil
                                                                                                                                                              das Kloster bereits in vielen Bereichen
                                                                                                                                                              nachhaltig wirtschaftet“, erklärt Mi-
            Kunstbände, Kalender, Prospekte, das                                         tums Würzburg angesprochen worden,                                   chael Blaß. Seit zehn Jahren hat die
            ganze Spektrum. Jetzt ist der Kloster-                                       ob sich die Druckerei dem EMAS-Pro-                                  Abtei eine ausgeglichene Energiebi-
            betrieb mit dem EMAS-Zertifikat aus-                                         zess aussetzen würde.                                                lanz ohne CO2-Ausstoß, durch Einspa-
            gezeichnet worden. Das bedeutet: Qua-                                                                                                             rungen und regenerative Strom- und
            lität, gepaart mit Nachhaltigkeit.                                           Gemeinsam mit acht weiteren Betrie-                                  Wärmeerzeugung. Damit ist aber nur
                                                                                         ben und Institutionen in Unterfranken                                ein Teil der Anforderungen erfüllt,
            „EMAS steht für das weltweit an-                                             haben die Münsterschwarzacher dann                                   die EMAS stellt. „Da werden alle Pro-
            spruchsvollste System für nachhaltiges                                       in einem „Umwelt-Konvoi“ Schritt für                                 zesse im Betrieb hinterfragt“, berich-
            Umweltmanagement“, erklärt Bene-                                             Schritt die Vorgaben der Zertifizierer                               tet Michael Blaß, der die Leitung der
            dict-Press-Betriebsleiter Michael Blaß                                       erfüllt. Mit Erfolg, wie der externe Prü-                            Druckerei vor einem Jahr von Br. Al-
            dazu. Da geht es um Klimaschutz, um                                          fer im Dezember bestätigte.                                          fred Engert OSB übernommen hatte.

B       C   M    Y                         B   C   M   Y   40%       80%   B4       C4   M4    Y4   MY   CY    CM    B    C    M    Y    40%   80%   B    C    M    Y   CMY         CMY   B4   C4   M4   Y4   40%   80%   B     C    M
                         4         4
                             4         4

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THEMA | 15

M4   Y4   40%   80%   B   C   M   Y                   B   C       M   Y   40%   80%   B   C   M   Y                        B     C    M     Y   Prinect/FOGRA 4 Dipco 2.1 Format 102 © 2004 FOGRA/Heidelberger Druckmaschinen AG

                                                              0                                                                                                                                                 4

            Bei der Planung – von links: Leiter der Benedict Press Michael Blaß,                                                        Hier nur ein kleiner Auszug der Farbenvielfalt die
            und Kalkulator Wolfgang Stafflinger.                                                                                                         die Benedict Press zu bieten hat.

            Abwasserverbrauch, Müllaufkommen,                              triebsleiter nennt den Einsatz von                                    das renommierte Umweltsiegel der
            Gefahrstoffe, Stromverbrauch, die                              Recyclingpapier und von umwelt-                                       Bundesregierung. Kunden, die auf Um-
            Sicherheit der Beschäftigten, alles                            freundlichen Farben. „Das bieten wir                                  weltschutz und Nachhaltigkeit achten,
            kommt auf den Prüfstand.                                       unseren Kunden an, darüber infor-                                     ist es das wert, dass kein Baum gefällt
                                                                           mieren wir“, erläutert er. Wichtig ist:                               werden muss für ihre Drucksachen.
            Was dem gelernten Schriftsetzer be-                            „Bei der Druckqualität gibt es da keine
            sonders gefallen hat: Bei EMAS ist die                         Abstriche!“ Die Zeiten, da Recycling-                                 „Ein gut gedrucktes Recyclingpapier
            Zertifizierung nicht Chefsache, son-                           papier bessere Löschblätter waren, sind                               nimmt man in die Hand und hat ein
            dern Sache aller. „Und alle haben mit-                         vorbei. „Technisch können wir das:                                    gutes Gefühl dabei“, so Blaß. Und er
            gemacht!“ Diejenigen, die die Arbeit                           auf ungestrichenem Papier hochwertig                                  macht noch darauf aufmerksam, dass
            machen, wissen auch am besten, was                             drucken“, betont Blaß. Allerdings „fin-                               auch die Kunden dazu beitragen kön-
            man besser machen könnte, lautet das                           de ich, dass Recyclingpapier auch ein                                 nen, umweltfreundlich zu produzie-
            Motto. Blaß ist da stolz auf sein Team.                        bisschen wie Recyclingpapier aussehen                                 ren – einfach durch rechtzeitige An-
            Die rund 25 Angestellten haben sich                            darf“, ergänzt er. Man muss nicht al-                                 lieferung der Daten. „Je schneller ein
            durchgängig mit dem Umwelt-Audit                               les mit hohem Chemieaufwand strah-                                    Auftrag fertig sein muss, desto mehr
            identifiziert. „Bei so einem Prozess                           lendweiß bleichen. Aber das dürfen die                                Chemie­einsatz ist notwendig“, erklärt
            kannst du nur erfolgreich sein, wenn                           Kunden entscheiden.                                                   er. „Wenn wir den Druckbögen Zeit
            alle Mitarbeiter mit im Boot sind.“                                                                                                  zum Trocknen geben können, dann
                                                                           Am liebsten ist Blaß, wenn auf den                                    halten die Farben auch ohne Fixie-
            Was kann eine Druckerei Besonderes                             Produkten seiner „grünen Druckerei“                                   rungsmittel.“
            für die Nachhaltigkeit tun? Der Be-                            auch noch der „Blaue Engel“ prangt,                                                                            Joachim Rogosch

Y                     B   C   M   Y   40%   80%   B   C   M       Y                   B   C   M   Y   Prinect/FOGRA 4 Dipco 2.1 Format 102 © 2004 FOGRA/Heidelberger Druckmaschinen AG   80%    B     C     M       Y

                          0                                                                                                                                        4
16 | THEMA

Man kann das Bild der Kirche
nicht mit nur einer Farbe malen
Lernen von den Druckern

D    er Innsbrucker Bischof Reinhold
     Stecher (1923–2013) hat einen
Aufsatz über die „Kirche im Vierfar-
                                         Amt. „Rotdruck“ umfasst für Bischof
                                         Stecher „die biblisch-theologisch-my-
                                         stische Seite der Kirche.“ „Was ist der
                                                                                   gibt dem Bild die plastische Note, die
                                                                                   unverwechselbaren Konturen, schreibt
                                                                                   Bischof Stecher. „Unser Kirchenbild
bendruck“ geschrieben. Ausgehend         kühle Blaudruck ohne das Rot dieser       braucht, wenn es vollendet sein soll,
von der Drucktechnik, die aus den        mystischen Kirche des Geistes?“, fragt    auch die dunklen Konturen der Trotz-
vier Grundfarben Blau, Rot, Gelb und     er. „Gelbdruck“ meint bei Stecher die     dem-Liebe“, mahnt er.
Schwarz alle weiteren Schattierungen     „gemeindlich-offene, geschwisterliche,
zusammenmischt, erklärt er: Auch das     pastorale Kirche“, die Helle in die       „Nur alle Schichten übereinander­gelegt
Bild der Kirche Christi kann man nicht   dunkle Welt bringt. „Erst dieses Gelb     ergeben das wahre Bild“, so sein Re-
mit einer Farbe malen. Ein lebendiges,   macht – beim Vierfarbendruck – zu-        sümee. „Vielleicht müssen wir bei der
ansprechendes Bild ergibt sich nur,      sammen mit dem Blau das Grün der          einen oder anderen Schicht etwas Far-
wenn die verschiedenen Schichten         Hoffnung!“                                be nachlegen, weil sie zu blass ausfällt,
übereinandergelegt werden.                                                         vielleicht müssen wir da und dort ein
                                         Bleibt der Grau- oder Schwarzdruck.       wenig dünner auflegen, weil das Bild ei-
Als „Blaudruck“ bezeichnet er ein        Das ist „unsere eigene, ganz persön-      nen Stich bekommen hat, wie ein altes
Kirchen­bild, das nur „das Institu­      liche Kirchenerfahrung, die positive      Dia. Alles zusammen übereinander­
tionell-Hierachisch-Juridische“ um­      und die negative, die Kirchenfreude       gelegt ergibt das Bild einer Kirche, in
reißt. Die Kirche als Organisation und   und das Kirchenleid“. Diese Schicht       der man leben kann.“                   jr
Aktuell | 17

Bach und Bier
P. Athanasius Yi OSB aus Korea über seine Erfahrungen in Deutschland
„Die Deutschen sind eine Maschine. Sie      wohl erblich, vermutet der 38-Jährige    wünscht sich P. Athanasius. Und dann
lachen nicht, sie reden nicht viel, oder    Priestermönch. Während sich die Deut-    stellt er fest, dass sich die Menschen
sagen immer das Gleiche. Sie sind nicht     schen Sorgen machen über Glaubens­       in Korea und in Deutschland am Ende
lustig, aber trinken viel Bier ...“         schwund und Ausländerfeindlichkeit,      doch wieder nicht so sehr unterschei-
                                            nimmt P. Athanasius immer noch ein       den. „Die Deutschen sind reich, die Ko-
P. Athanasius Yi lacht, als er die gän-     Grundgefühl wahr: „Christliche Ge-       reaner sind reich, alles ist schon da“, be-
gigen Vorurteile der Koreaner gegen-        danken sind in der Kultur, in der Tra-   obachtet er. In Korea zumindest führt
über den Deutschen aufzählt. Sechs          dition hier ganz natürlich.“ Und wenn    dies dazu, dass die Menschen sich nicht
Jahre war er nun in Deutschland, und        die Koreaner etwas lernen sollten von    binden wollen, dass sie lieber für sich
seine Erfahrung war: „Das mit dem           den Deutschen, dann ist es genau das:    allein genießen, dass die Geburten­
Bier stimmt!“                               „Das Sozialsystem, das Kümmern um        raten sinken.
                                            die Armen“, kommt als Antwort.
Klischees können ein Körnchen Wahr-                                                  Eigentlich hatte er vor sechs Jahren
heit enthalten, aber auch in die Irre       Dabei steht die katholische Kirche in    nach Afrika in die Mission gewollt, er-
führen. P. Athanasius hat sehr genau        Südkorea schon im Ruf, progressiv zu     zählt P. Athanasius Yi lächelnd. Dass
be­obachtet, was ihm bei seinem Auf-        sein. In der Zeit der Diktatur waren     es Deutschland wurde, dass es das
enthalt in Münster­    schwarzach und       die Mönche für Demokratie. Als kürz-     Kirchen­musikstudium wurde, schreibt
Regensburg begegnet ist. Seine per-         lich erste Flüchtlinge nach Korea ka-    er Mitbrüdern zu, die es gut mit ihm
sönliche Wahrnehmung ist ungleich           men, aus Südostasien, waren es auch      gemeint hätten. Was er aus Deutsch-
differenzierter als die Stereotypen, die    katholische Organisationen, die sich     land mit nach Hause nimmt, wenn er
kursieren.                                  aufnahmebereit zeigten. „Aber viele      nun nach Waegwan zurückkehrt? Die
                                            Christen protestierten auch dagegen“,    Liebe zu Bach. Die Gesamtedition von
Da ist das Kloster, die Abtei. Ein Jahr     berichtet Athanasius. „Weil wir noch     Bachs Vokalwerk vom Carus-Verlag.
hat er dort Deutsch gelernt und nicht       keinen christlichen Geist haben, son-
feststellen können, dass etwas anders       dern nur körperlich jeden Sonntag zur    Ein Empfinden für Musik, die nicht nur
ist als in seiner Heimatabtei in Waeg-      Kirche gehen.“                           vom Kopf, sondern auch vom Gefühl
wan in Südkorea. Die gleiche Kleidung,                                               bestimmt wird. In der Abtei Waegwan
die gleichen Gebete, die gleiche Ord-       „Mit ganzer Kraft, ganzer Seele, dem     wird er sich einer Neuvertonung des
nung, vielleicht in Waegwan noch ein        ganzen Leben christlich leben“ – das     Stunden­gebetbuchs widmen.           jr
bisschen strenger oder klassischer als
in Münsterschwarzach. Ganz anders
dann sein Aufenthalt im Studenten-
wohnheim in Regensburg, wo er Kir-
chenmusik studiert hat. Seine Mitstu-
denten empfindet er als offen, als sehr
hilfsbereit. „Ohne sie hätte ich das Stu-
dium nicht schaffen können.“

Der große Unterschied zwischen
Deutschland und Korea ist dann für                   Rucksack, Koffer,
ihn: „Die Europäer haben die christ-                    Liederbücher:
liche Tradition schon seit 2000 Jahren.        P. Athanasius Yi nimmt
                                               Abschied von Münster­
Auch wenn sie nicht in die Kirche ge-       schwarzach. Gleich geht's
hen, sind sie christlich geprägt.“ Wie      zum Flughafen, und dann
sich das ausdrückt? „Sie sorgen für            zurück nach Waegwan.
                                              Dort wird er sich um die
Arme oder Behinderte, oder wie jetzt        Neu­fassung des Stunden­
momentan für Flüchtlinge!“ Das sei              gebetbuchs kümmern.
18 | Aktuell

Evangelisierung
findet im Internet statt
Unterdrückt, kontrolliert, lebendig, vielseitig
P. Martin Welling über die Lage der Kirche in China

I  n China von der Polizei zum „Tee-
   trinken“ eingeladen zu werden, be-
deutet zumeist nichts Gutes. Was der
                                                Der Priester hatte erwartet, dass man
                                                ihnen auch verbieten würde, Kinder
                                                und Jugendliche religiöse Räume be-
                                                                                         außer­ halb des Kirchengeländes kein
                                                                                         Missionieren erlaubt ist, beschreibt
                                                                                         man halt Schiefertafeln an den Zäunen
Priester der Untergrundkirche dann zu           treten zu lassen oder irgendwelchen      mit Botschaften über Kirche und Glau-
hören bekam, hatte er befürchtet: Nicht         Glaubensunterricht für sie zu orga-      ben. An vielen Kirchen gibt es Büros,
nur solle er eine große National­flagge         nisieren, aber noch sprach die Polizei   oft besetzt mit jungen Erwachsenen,
innerhalb des Gebetsraumes auf­                 nicht davon. In der Nachbarprovinz       die Interessierten freundlich und un-
hängen, er müsse ferner sofort die von          Henan wird dies bereits konsequent,      aufdringlich erklären, was die Katho-
der Gemeinde für den Gottesdienst ge-           ja brutal durchgeführt. Aber er ist      liken glauben, wie man Christ werden
nutzten Räume beim Religionsbüro re-            sich sicher: Das wird nicht lange auf    kann, wann und wo es Taufkurse gibt,
gistrieren. Sollte er die Räumlichkeiten        sich warten lassen. Die Kontrolle und    wer als Pate begleiten könnte und so
dennoch für religiöse Zwecke nutzen,            Unter­drückung nimmt unter Präsident     weiter. Über 80.000 Erwachsene wur-
drohen drastische Geldstrafen. Er               Xi Jinping immer mehr zu.                den 2017 in der katholischen Kirche ge-
selbst solle der Patriotischen Vereini-                                                  tauft; viel, aber nicht genug, um in einer
gung, also sozusagen der von der kom-           China ist groß, seine Provinzregie-      alternden Kirche die Zahl der Verstor-
munistischen Partei kontrollierten und          rungen sind mächtig. Und so genießen     benen wettzumachen. Es gibt zwischen
bestimmten politischen Vertretung der           die Religionen in manchen Teilen Chi-    10,5 und 12 Millionen Katholiken. Pro-
katholischen Kirche, beitreten, sonst           nas durchaus noch größere Freiheiten.    testantische „Hauskirchen“ sind seit
dürfe er ab sofort keine priesterlichen         Diese werden konsequent genutzt, vor     den 1980er Jahren auf wahrscheinlich
Funktionen mehr ausüben.                        allem für missionarische Arbeit: Da      50 Millionen Gläubige gewachsen, ein
                                                                                         Phänomen, das der kommunistischen
                                                                                         Regierung Sorge bereitet.

                                                                                         »

                                                                                              Studenten leisten soziale
                                                                                              Arbeiten, helfen den ka-
                                                                                         tholischen Sozialinstitutionen.

                                                                                                             «
                                                                                         Trotz all der Unterdrückung
                                                                                         spürt man: China ist ein Land
                                                                                         voller Chancen.

                                                                                         Die Jugend zu halten ist auch in China
                                                                                         schwierig, obwohl viele junge Men-
                                                                                         schen großes Interesse am Glauben zei-
                                                                                         gen. Es gibt Diözesen, in denen junge
                                                                                         Männer und Frauen nach ihrem Schul-
                                                                                         abschluss an katholischen „100-Tage-
                                                                                         Kursen“ teilnehmen. Dort lernen sie
Verkündigung auf Schiefertafel in Tianjin, China. Bis hierhin ist es erlaubt.            den Glauben intensiver kennen, wer-
AKTUELL | 19

100-Tage-Glaubenskurs für Jugendliche in Hebei, China.

den aber auch befähigt, sich selbst in       Trotz all der Unterdrückung, trotz all     Papst Franziskus zugleich acht gegen
ihren Gemeinden vor allem unter der          der vielen Probleme spürt man: China       den Vatikan auf Veranlassung Chinas
Jugend pastoral und missionarisch            ist ein Land voller Chancen. So sieht      geweihte „illegitime“ Bischöfe wieder
einzusetzen. Studenten leisten soziale       es auch Papst Franziskus. Die chine-       in die volle Gemeinschaft der Kirche
Arbeiten, helfen den katholischen So-        sische Kirche ist gespalten. Die „of-      aufgenommen hat, sind alle Bischöfe
zialinstitutionen, setzen sich für alte      fizielle Kirche“ fügt sich, wenn auch      Chinas (64 offiziell, 36 im Untergrund)
Menschen und zu Hause gelassene              zumeist widerwillig, in die von der        gegenwärtig in Einheit mit dem Bi-
Kinder von Wanderarbeitern ein.              atheistisch-kommunistischen Partei         schof von Rom.
                                             vorgeschriebenen Strukturen. Um in         China und seine Kirche sind leben-
Die Jugend informiert und organisiert        eng begrenzten Bahnen doch die pa-         dig und vielseitig. Freude und Sorge,
sich vor allem über das Internet. Es gibt    storalen und missionarischen Dienste       Rückschläge und Erfolg liegen eng
einige große Internetseiten mit Infor-       ordentlich durchführen zu können,          beieinander. Und doch sind wir sicher:
mationen auch über den Papst und die         lassen sie sich registrieren und koope-    Was auch immer geschieht, der Hei-
Weltkirche. In unzähligen Blogs teilen       rieren mit der Partei.                     lige Geist wird unsere chinesischen
Jugendliche ihren Glauben mit, disku-                                                   Schwestern und Brüder begleiten, ih-
tieren untereinander, tauschen Infor-        Andere sehen die Religionspolitik          nen Kraft geben und sie leiten. So bittet
mationen aus. Evangelisierung findet         nicht nur als Eingriff in die Organi-      Papst Franziskus die ganze Universal-
häufig mehr im Internet statt als in         sation der Kirche an, sondern als we-      kirche, also auch uns, um unser Gebet
Kirchengebäuden. Das weiß der Staat          sentliche Verletzung des katholischen      für China und seine kleine Herde dort.
und spinnt ein Netz von restriktiven         Glaubens. Unter vielen Opfern und Be-
Gesetzen, die diese Kommunikation            drängungen, auch im Gefängnis und
mit religiösen Themen stoppen sollen.        Hausarrest, wollen sie sich nicht in der
                                                                                          P. Martin Welling SVD
                                             staatlich gelenkten Kirche registrieren.
Trotzdem liegt der Welt größte Bibel-        Beide Kirchengemeinschaften stehen                           • Geboren 1955
                                                                                                          • Studium der Philosophie
druckerei mit bisher über 180 Milli-         zum Papst. Dieser hat im September                             und Theologie bei den
onen in vielen Sprachen gedruckten           2018 eine nicht unumstrittene „vor-                            Steylern in Sankt Augustin
                                                                                                          • 1981 Priesterweihe
Exemplaren in China, in Nanjing. Die         läufige Vereinbarung“ mit der chine-                         • Lizentiat in Missiologie
Millionen chinesischen Bibeln, die pro       sischen Regierung verkündet. Details                         • ab 1982 vielfältige Aufga-
                                                                                                            ben in Taiwan
Jahr gedruckt werden, dürfen aber            werden geheim gehalten. Es geht aber                         • seit 2012 Direktor des
nicht öffentlich oder über das Internet      darum, dass man sich über einen zu-                            China-Zentrums e. V.,
                                                                                                            St. Augustin
verkauft werden.                             künftigen Modus der Bischofsernen-                           • Weitere Infos unter: www.
                                             nungen vorerst geeinigt hat. Und da                            china-zentrum.de
P. Norbert Du beim
                                                                                                     Stundengebet. Beim
                                                                                                     Weltmissionssonntag
                                                                                                     2018 war er Gast in
                                                                                                     der Abtei Münster­
                                                                                                     schwarzach und
                                                                                                     berichtete aus erster
                                                                                                     Hand über die Lage des
                                                                                                     Glaubens in China.

P. Norbert Du OSB
gibt Antwort

„Das Bibelteilen ist in China
eine große Bewegung“
P. Norbert Du ist Prior des Klosters Shuanghezhen der Missionsbenediktiner im Norden Chinas. Er
ist 51 Jahre alt und seit 1996 Mitglied des Benediktinerordens. Beim Weltmissionssonntag 2018 war
China Schwerpunktthema in Münsterschwarzach, mit P. Norbert als Zelebrant und Prediger. Zur
Lage des Glaubens in der sich stark verändernden Gesellschaft Chinas gab er folgendes Interview:

China hat Jahrzehnte lang Atheismus propagiert.               Sie sind frei?
Sind die Chinesen überwiegend Atheisten?                      P. Norbert: Ja, wir sind frei. Ich kann ausreisen. Ich kann
P. Norbert: Das glaube ich nicht. Vielleicht ganz wenige.     predigen. Wir haben eigentlich ein gutes Verhältnis zu
Eher null Prozent.                                            unserer Provinzregierung.

Was hat der Kampf gegen Religion bewirkt?                     Woher kommen die Berichte von einer Unter­
P. Norbert: Das ist schwer zu sagen. Das ist ganz unter-      drückung der Religionen in China?
schiedlich. Das ist im Süden Chinas strenger gewesen als      P. Norbert: Die Situation in dem riesigen Land ist eben
bei uns im Norden. Ich komme aus der Provinz Jilin im         sehr verschieden. Es gibt eine Provinz, da ist es Minder-
Nordosten Chinas, wo die politische Situation ganz gut ist;   jährigen verboten worden, in die Kirche zu gehen. Zumin-
nicht so strikt gegen Religionen. Wir sind frei.              dest ein Mal. Wahrscheinlich hat da ein Beamter einen
                                                              Fehler gemacht oder die Anweisungen der Zentralregie-
                                                              rung falsch verstanden. Da gibt es auch eigenmächtiges
                                                              Handeln von unter­geordneten Beamten.
INTERVIEW | 21

Die Katholiken in China sind bislang in zwei ver­             Spielen die christlichen Wahrheiten eine Rolle? Der
schiedene Gruppierungen aufgeteilt. Es gibt eine              Dreieinige Gott? Die Fleischwerdung Christi? Die
vom Staat anerkannte offizielle „Patriotische Ver­            Auferstehung?
einigung“ und eine „Untergrundkirche“, die sich               P. Norbert: Das Wort ,Dreieinigkeit‘ benutzt die Regierung
gegen jegliche Einmischung von Seiten des Staates             auch für die Politik: ,Wir haben eine dreieinige Politik‘
wehrt. Zu welcher Gruppe gehören Sie?                         ... Die Menschen wissen natürlich etwas von Gott. Vom
P. Norbert: Ich bin Benediktiner.                             Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Aber wie man
                                                              sich das vorstellen soll? Das können auch die katholischen
                                                              Gläubigen nicht verstehen.
Gibt es einen „Hunger nach Religion“ nach Jahr­
zehnten des propagierten Atheismus?
P. Norbert: Wenn die Regierung Druck macht gegen Re-          In traditionell katholischen Regionen wissen Ka­
ligion, dann interessieren sich die Menschen wieder mehr      tholiken manchmal mehr über die Heiligen wie
dafür. Dann denken sie: Da ist etwas Geheimnisvolles, das     Franziskus oder Antonius als über die Bibel. Wie
ist verboten, das interessiert mich. Wie wenn Eltern etwas    ist der chinesische Katholizismus geprägt?
verbieten: Dann muss man das als Kind gerade erst recht       P. Norbert: Bibelteilen ist in China eine große Bewegung.
ausprobieren.                                                 Das passiert in der Familie, in der Pfarrei, in der Kirche.

Wie weit ist der christliche Glaube in der Kultur             Es gibt Katholiken, die richten sich bei dem, was
Chinas verankert?                                             richtig ist, eher nach dem Papst als nach der Bibel.
P. Norbert: Das ist für uns ganz wichtig. Wir feiern die      Ist das in China auch so?
Messe auf chinesisch, predigen auf chinesisch, wir erläu-     P. Norbert: Was die Kirche sagt, wird ernstgenommen.
tern die Geschichten des Evangeliums auch für die chine-      Das Bibelteilen prägt eher die persönliche Spiritualität.
sische Denkweise. Wir bringen da auch die Gedanken von
Konfuzius und anderer chinesischer Gelehrter mit ein.
                                                              Welche Rolle spielt Papst Franziskus?
                                                              P. Norbert: Die Menschen können im Internet nachlesen,
Wäre es für Chinesen ausdrucksstärker, wenn man               was er sagt. Papst Franziskus wurde sogar von vielen Be-
in der Messe Reis statt Brot verwenden würde?                 amten gelobt für das, was er sagt. Sie sagen: ,Der Papst ist
P. Norbert Du (lacht): Jeder Chinese versteht, was das Brot   ähnlich wie Staatschef Xi Jinping. Beide wollen Reformen
in der Messe bedeutet für den Glauben.                        machen.’ Papst Franziskus hat dazu nur festgestellt: ,Ich
                                                              bin aber kein Kommunist.‘

Von Deutschlands Kirche sagt man, sie sei beson­
ders für ihre sozialen Werke bekannt. Gibt es in der          Was unterscheidet Benediktiner in China von Bene­
chinesischen Kirche auch einen speziellen Akzent?             diktinern in Münsterschwarzach?
P. Norbert: Bei den Katholiken ist es fast wie in Deutsch-    P. Norbert: Wir sehen genauso aus mit unserem Habit, wir
land. Es gibt bei uns viele Organisationen, die für die       beten und arbeiten ... Unsere Provinzregierung weiß, dass
Armen tätig sind. Die sind sozial stark engagiert. Das wird   wir Benediktiner sind. Aber wir sagen es nicht, dass wir es
auch von der Regierung so gefordert: Alle Religionen müs-     sind. Obwohl es alle wissen. Dann geht es.
sen für Arme tätig sein. Beispielsweise kann die Kirche ein
Altenheim für Ärmere bauen.                                                                   Das Interview führte Joachim Rogosch

Glauben Chinesen anders als Europäer?
P. Norbert: Das glaube ich schon. Ganz anders. Vielen
Chinesen ist in erster Linie wichtig, dass ein Glaube           P. Norbert Du OSB
nützlich ist. Oder nehmen Sie die Ahnenverehrung: Selbst        •   geboren 1967
                                                                •   Priesterweihe 1991
wenn sie katholisch sind, ist ihnen die Ahnenverehrung          •   Ordensprofess 1996
sehr wichtig. Das ist für viele sogar das Wichtigste.           •   seit 2001 Prior in Shuanghezhen
22 | Hintergrund

Statt Angst und Schrecken –
Heilung an Leib und Seele
Wie in Tororo/Uganda aus einem Rückzugsort für Rebellen ein Kloster wurde

„Wo einst Gesindel wohnte und
nachts Schüsse fielen, herrscht heute
Frieden, und Mönche beten und ar-
beiten. Zu dem Ort, der früher Angst
und Schrecken verbreitete, strömen
heute Menschen auf der Suche nach
Heilung an Leib und Seele“. So be-
schrieb ein Vertreter der Stadt Toro-
ro das Benediktiner­k loster am Rande
der Stadt, als im Jahr 2012 das neue
Klostergebäude ein­geweiht wurde. Wie
konnte an diesem Ort ein solcher Wan-
del geschehen?

Nachdem 1979 der Diktator Ugandas
Idi Amin gestürzt worden war, geriet
das Land in einen Jahre andauernden
Bürgerkrieg. Genau in dieser Zeit kam
P. Johannes Neudegger OSB aus St. Ot-     Mönche aus dem Kloster von Tororo beim Stundengebet.
tilien nach Tororo. Er sollte sich um
ein Schwesternkloster kümmern, das
sehr unter dem Bürgerkrieg gelitten       tungen. Mehrere Handwerksbetriebe          dadurch immer wieder in Existenz-
hatte. P. Johannes war ein äußerst un-    wie Schreinerei, Metallwerkstätte und      krisen, bei denen überlegt wurde, ob
konventioneller Mann, der ein gewin-      Kfz-Werkstatt wurden eröffnet. Daran       man das Kloster lieber schließen sollte,
nendes Auftreten hatte und sich nicht     schloss sich eine Handwerkerschule an.     als Menschen solchen Gefahren aus-
viel aus Vorschriften und Vorgaben sei-   Das Gelände wurde landwirtschaftlich       zusetzen. Allmählich beruhigte sich
ner Oberen machte. So passte er gut in    und auch zum Unterricht für ange-          die Situation. Im Jahr 2003 wurde das
diese Zeit der lokalen Gesetzlosigkeit.   hende Gärtner und Landwirte genutzt.       Kloster dem ersten afrikanischen Prior
Es gelang ihm, ein großes Grundstück                                                 übergeben.
zu erwerben. Dieses Stück Land wollte     Ein junger deutscher Freiwilliger grün-
niemand haben, weil es ein Rückzugs-      dete eine Augenklinik. Es gelang ihm,      Nach diesem turbulenten Beginn ist
ort für ehemalige Kämpfer war. Es lag     die Christoffel Blindenmission da-         heute das Kloster fest etabliert. 25
am Rand der Stadt, und die Solda-         von zu überzeugen, dieses Projekt zu       Mönche leben heute in Tororo und
ten konnten sich dort verstecken und      unter­stützen. Diese Klinik wuchs zur      versuchen, durch ihr Leben Antwort
Überfälle organisieren.                   größten Augenklinik Ugandas heran.         auf die Anfragen unserer Zeit zu ge-
                                          Heutzutage wird das Haus vollständig       ben. Die Rundhütten wurden in einen
P. Johannes siedelte mehrere hundert      von uns Benediktinern getragen.            Gästekomplex verwandelt. Für die
Menschen dort an und gründete in                                                     Mönche wurde ein neues Kloster ge-
kleinen, sehr einfachen Rundhäusern       Ganz ohne Probleme gelang diese Um-        baut. Es ergaben sich neue Aufgaben-
ein Kloster. Durch diese „Invasion“ von   wandlung des Geländes aber nicht. Es       felder. Da die eigene Existenz gesichert
Menschen konnten sich die ehemaligen      gab immer wieder Drohungen und             ist, wenden sich die Mönche nun den
Kämpfer nicht halten und zogen sich       Überfälle. In einer Nacht wurde bei        armen und randständigen Menschen
langsam zurück. Auf dem Gelände ent-      einem Überfall ein junger Mitbruder        zu. Die Hilfe für Arme ist ein großes
standen nach und nach viele Einrich-      erschossen. Die Neugründung geriet         Anliegen des neuen Priors, P. Fidelis.
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