Bayerischer Landtag 14. Wahlperiode
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Bayerischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/3794 Interpellation 1. Angezeigte und sonstige Fälle mutmaßlichen Fehl- verhaltens von Polizeibeamtinnen und Polizeibeam- der Abgeordneten Paulig, Kellner, Köhler Elisabeth, ten 1994-1999 Tausendfreund, Stahl Christine und Fraktion a) Wie viele dienstliche Ermittlungen wegen des Ver- BÜNDNIS 90 DIE GRÜNEN dachts von Dienstvergehen sind in den letzten fünf vom 9.3.2000 Jahren geführt worden? b) Wie viele Strafermittlungs- und Disziplinarverfah- ren sind in den letzten fünf Jahren jährlich gegen Die Skandalserie bei der Bayerischen Polizei. Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte eingeleitet Aufklärung der Vorfälle, Ursachen und Konsequenzen. worden und mit welchem Ergebnis sind diese je- weils abgeschlossen worden? c) Wie viele dieser Fälle, die ein Strafermittlungs- und Disziplinarverfahren zur Folge hatten, sind je- Bei der Bayerischen Polizei ist es zu einer alarmierenden weils durch Anzeigen von Bürgerinnen und Bür- Häufung von Skandalen gekommen. Die Skandalserie legt gern oder durch Meldung von Polizeibeamtinnen die Vermutung nahe, dass es sich nicht nur um individuelle und Polizeibeamten bekannt geworden? Einzelfälle handelt, sondern weist auf strukturelle Defizite d) Wie oft wurden in den letzten fünf Jahren Polizei- bei der Bayerischen Polizei hin. Presseberichte über Poli- beamtinnen und Polizeibeamte auf eigenen Antrag zeiskandale mit Titeln wie „Polizei vor dem Scherbenhau- entlassen? Welche innerdienstlichen Konflikte la- fen“ (Abendzeitung vom 27.03.1999) oder „Kriminelle in gen diesen Entlassungsanträgen zugrunde? Uniform“ (SZ vom 18.03.1999) haben für erhebliche Ver- unsicherung in der Bevölkerung gesorgt und das Bild der e) Wie oft haben Polizeibeamtinnen und Polizeibeam- Bayerischen Polizei in der Öffentlichkeit schwer beschä- te Anträge auf Versetzung zu anderen Dienststellen digt. Die vom Bayerischen Staatsministerium des Innern in gestellt? In wie vielen Fällen wurde den Anträgen Auftrag gegebene Mitarbeiterbefragung 1999 beim Polizei- entsprochen. In wie vielen Fällen waren die Anträ- präsidium München belegt zudem eine erhebliche Unzu- ge durch innerdienstliche Konflikte motiviert? friedenheit der Polizistinnen und Polizisten hinsichtlich ihrer Ausbildung und den Arbeitsbedingungen. Insbesonde- f) Wie oft wurden Polizeibeamtinnen und Polizeibe- amte an andere Dienststellen versetzt und in wie re die Angaben zu sexueller Belästigung und „Mobbing“ am Arbeitsplatz deuten auf inakzeptable Zustände bei der vielen dieser Fälle waren innerdienstliche Konflik- Münchener Polizei hin. te Grund der Versetzung? Auch im Eigeninteresse der Polizei ist eine Aufklärung der g) Um welche Art von innerdienstlichen Konflikten Vorfälle und der strukturellen Ursachen erforderlich, um hat es sich bei den Fällen d) bis f) jeweils gehan- langfristig eine Verbesserung, Professionalisierung und delt? Effektivierung der Polizeiarbeit zu ermöglichen. h) Wie oft wurde gegenüber Polizeibeamtinnen und Geklärt werden müssen daher zum einen konkrete Vorfälle -beamten eine Untersuchung beim ärztlichen hinsichtlich Tatbestand, Ursachen und Konsequenzen. Zum Dienst der Polizei angeordnet? In wie vielen dieser Fälle wurde eine Polizeidienstunfähigkeit aufgrund anderen muss geklärt werden, ob strukturelle Fehlentwick- lungen bei der Bayerischen Polizei ein Fehlverhalten von „nervlicher Veranlagung“ oder psychischer Stö- Polizeibediensteten begünstigt und die Aufklärung von rungen festgestellt? In wie vielen dieser Fälle gab es Beschwerden darüber, dass die Untersuchungen Missständen erschwert haben. Dabei sollen vor allem mög- liche Defizite in den Bereichen „Rekrutierung, Ausbildung, als Druck- bzw. Sanktionsmittel im Rahmen von Fortbildung“, „Organisationsstruktur“, „Arbeitsbedingun- innerdienstlichen Konflikten angeordnet wurden und waren diese Beschwerden berechtigt? gen“ und „Kontrolle“ ermittelt werden. 2. „Wies’n-Wache “ 1998 Die Antworten auf die Interpellation sollen den Landtag in die Lage versetzen, die geeigneten Maßnahmen zu treffen, a) Wie viele Fälle von körperlicher Misshandlung und um die festgestellten Missstände zu beseitigen und eine anderer Dienstvergehen bzw. Straftaten durch Be- innere Reform der Bayerischen Polizei einzuleiten. amtinnen und Beamte der „Wies’n-Wache“ 1998 sind zur Anzeige gebracht oder sonst bekannt ge- worden?
Seite 2 Bayerischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/3794 b) Wie sind die Vorfälle unter a) konkret abgelaufen? l) Zu welchen Ergebnissen hinsichtlich der Fragen e) und f) ist die diesbezüglich eingesetzte Arbeits- c) Wie viele Beamtinnen und Beamte der „Wies’n- gruppe gekommen und wie war diese Arbeitsgrup- Wache“ waren persönlich an Misshandlungen be- pe zusammengesetzt? teiligt und wie viele wussten von den Misshand- lungen? m) Welche Maßnahmen wurden anlässlich des Okto- berfestes 1999 zur Verbesserung der „Wies’n- d) Sind die beteiligten Beamtinnen und Beamten be- Wache“ getroffen und waren diese Maßnahmen reits in den Vorjahren auf der „Wies’n-Wache“ ausreichend? eingesetzt worden und sind gegen diese – auch im Rahmen ihres sonstigen Inspektionsdienstes – be- 3. Vor dem Hintergrund der folgenden Vorfälle sind reits Beschwerden wegen körperlichen Misshand- Fragen zum Schusswaffenmissbrauch bzw. zum un- lungen erhoben worden und wenn ja, welche? beabsichtigten Schusswaffengebrauch (Schusswaf- fenfehlgebrauch) zu beantworten: e) In wie vielen Fällen haben Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte auf die Beschwerden von Bürgerin- ─ Schussauslöser bei einer Festnahme am U-Bahnhof nen und Bürgern mit unberechtigten Gegenanzei- Giselastraße gen, falschen Verdächtigungen und der Verfolgung von Unschuldigen reagiert? Wie viele dieser Ge- Am 04.10.1998 löste sich bei der Festnahme eines 20-jährigen Irakers durch einen Beamten der ZEG genanzeigen wurden vom Polizeipräsidium Mün- chen unterstützt bzw. durch dieses selbst erstattet? (Zivile Einsatzgruppe) der PI 12 angeblich unbeab- sichtigt ein Schuss, durch den der Iraker verletzt f) Zu welchem Zeitpunkt, in welcher Form und durch wird (vgl. Chronik des PP München vom wen haben die Führung der Polizei und das Innen- 01.04.1999, S.4). ministerium, insbesondere ─ Polizeiliche Todesschüsse in der Karlstraße ─ Polizeipräsident Dr. Koller Am 28.11.1998 schießt in der Karlstraße in Mün- ─ Innenminister Dr. Beckstein chen nach einer Selbstmorddrohung eines 48- von den Vorwürfen über Misshandlungen in den jährigen, geistig verwirrten Staatenlosen, eine 23- Räumen der „Wies’n-Wache“ erfahren und welche jährige Polizeibeamtin, die sich bedroht fühlte, ge- Maßnahmen haben diese Stellen getroffen, um die zielt mit zwei Schüssen auf den Geisteskranken. Vorfälle aufzuklären und künftige Wiederholungen Eine Kugel durchschlägt den Angreifer und ver- der Übergriffe zu verhindern? letzt auch den dahinter stehenden Bruder tödlich (vgl. SZ vom 30.11.1998: „Brüderpaar erschos- g) In wie vielen Fällen wurden disziplinar- und / oder sen“). strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Beam- tinnen und Beamte der „Wies’n-Wache“ eingeleitet ─ Schießerei in der Polizeiinspektion 31 in der Beet- und mit welchem Ergebnis wurden diese abge- hovenstraße schlossen bzw. in welchem Stadium befinden sich Am 30.12.1998 schießen alkoholisierte Polizisten die Verfahren? nach Dienstschluss auf der PI 31 in der Beethoven- h) Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung ergrif- straße wild um sich. Obwohl insgesamt 34 Schüsse fen um aufzuklären, warum aus den Reihen der un- abgegeben wurden, will keiner der Dienst haben- beteiligten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten den Polizeibediensteten etwas gehört haben. Eine der „Wies’n-Wache“ nichts gegen die ihnen be- Beamtin, die maßgeblich zur Aufklärung des Vor- kannt gewordenen Misshandlungen, insbesondere falles beigetragen hatte, erhebt schwere Mobbing- durch den Gruppenführer (einen 32-jährigen POM vorwürfe gegen ihre Kollegen (vgl. SZ vom der PI 42), unternommen worden ist und wie der 05.01.1999, 08.01.1999, 23.02.1999; TZ vom 07. bestehende Korpsgeist durchbrochen werden kann? und 12.01.1999). i) Inwiefern war die bisherige Praxis der Besetzung ─ Schuss auf Unfallflüchtigen der „Wies’n-Wache“, die Organisation der Am 08.01.1999 wird bei der Kontrolle eines 29- Einsatzabläufe und die räumliche Situierung geeig- jährigen Griechen nach Unfallflucht angeblich un- net, die Übergriffe zu begünstigen? beabsichtigt durch einen Beamten der PI 11 auf j) Wie alt sind die Organisationsstrukturen der den Griechen geschossen (vgl. Chronik des PP „Wies’n-Wache“ und welche Reformvorschläge München vom 01.04.1999, S.9; SZ vom wurden von den verantwortlichen Dienststellen be- 09./10.01.1999: „Unfallflüchtiger fast von der Po- reits in der Vergangenheit vorgebracht? lizei erschossen – Beamter feuert „aus Versehen“ ins Auto des 29-Jährigen“). k) Durch welche strukturellen, personellen und orga- nisatorischen Maßnahmen können künftig Über- ─ Sechzehnjähriger in Regensburg niedergeschossen griffe von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten auf Besucher der Oktoberfests verhindert werden?
Drucksache 14/3794 Bayerischer Landtag 14. Wahlperiode Seite 3 Am 26.03.1999 schießt ein Polizeibeamter einen bei Suiziden und wenn ja, zu welchen? Sollte die Sechzehnjährigen aus nur einem Meter Entfernung Erlaubnis zum Mitführen der Dienstwaffe daher nieder, da er sich bedroht fühlte (MM vom eingeschränkt werden? 29.03.1999). 4. Selbstmord der Polizeiobermeisterin Silvia B. a) Welche Polizeieinheiten und welche Beamtinnen a) Sind die in der Presse dokumentierten Aussagen und Beamte waren an diesen Einsätzen bzw. Vor- fällen jeweils beteiligt? zutreffend, zentrale Motive für den Selbstmord sei- en Mobbing und sexuelle Belästigung auf der b) Wie sind diese Einsätze jeweils abgelaufen (Vorbe- Dienststelle (Polizeiinspektion 14) und wenn nein, reitung, Vorgehen, Nachbereitung)? standen die Motive in einem sonstigen Zusammen- hang mit der dienstlichen Tätigkeit der Polizistin? c) Inwiefern entsprach der Ablauf jeweils den polizei- internen Regelungen und Anweisungen für derarti- b) Wie viele und welche Kolleginnen und Kollegen ge Einsätze? der POM Silvia B. haben durch eigene Handlungen den Tatbestand der sexuellen Belästigung erfüllt d) Hätte es jeweils zumutbare Möglichkeiten gege- oder sich an „Mobbing-Aktionen“ beteiligt? ben, den Schusswaffengebrauch zu vermeiden und wenn ja, welche? c) Ab welchem Zeitpunkt und inwieweit hatten Kol- leginnen und Kollegen der POM Silvia B. Kenntnis e) Gegen wie viele und welche Polizeibeamtinnen von den Belästigungen? Haben diese Kolleginnen und Polizeibeamte aus welchen Dienststellen wur- und Kollegen etwas gegen die bestehenden Miss- den Beschwerden vorgebracht oder Strafanzeigen stände unternommen? Wenn nein, warum nicht? erstattet? d) Zu welchem Zeitpunkt, in welcher Form und durch f) Wie viele und welche dieser Beamtinnen und Be- wen, wurden die übergeordneten Polizeidienstellen amten wurden dienst- oder strafrechtlich verfolgt und das Innenministerium von dem Vorfall infor- und wie ist der gegenwärtige Stand der Verfahren? miert und welche Maßnahmen wurden von diesen g) Wie viele Fälle von unbeabsichtigtem Schusswaf- Stellen getroffen? fengebrauch sind seit 1994 bekannt geworden? e) Wie war die von Polizeipräsident Koller am h) Zu wie vielen und welchen Verletzungen bzw. To- 17.02.1999 eingesetzte Untersuchungskommission desfällen ist es durch polizeilichen Schusswaffen- zusammengesetzt? In welchem organisatorischen gebrauch seit 1994 in Bayern gekommen? Verhältnis steht der Zentrale Psychologische Dienst (ZPD) zur Bayerischen Polizei? Besitzt der i) Entspricht die Häufigkeit polizeilicher Todesschüs- ZPD die erforderliche Qualifikation, Kompetenz se im Verhältnis zur Einwohnerzahl in Bayern, und Unabhängigkeit für die Beurteilung des Falles? dem bundesweiten Durchschnitt? f) Zu welchem Ergebnis ist die eingesetzte Untersu- j) Welche Ursachen stehen nach den Erkenntnissen chungskommission im Einzelnen gekommen? der Staatsregierung bei den Fällen von Verletzun- gen und Tötungen durch polizeilichen Schusswaf- g) Auf welche wissenschaftlichen Untersuchungen fengebrauch im Vordergrund? stützen sich diese Ergebnisse und entsprechen die durchgeführten Untersuchungen dem Stand der k) Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung getrof- Wissenschaft, insbesondere der psychologischen fen, um Defizite im Bereich der Ausbildung und und arbeitsmedizinischen Forschung? der Ausrüstung (Dienstwaffe), die unbeabsichtigten Schusswaffengebrauch und Schusswaffenmiss- h) Wie ist folgende Aussage des Präsidialbüros des brauch begünstigen, zu ermitteln und zu beseiti- Polizeipräsidiums München im Schreiben vom gen? 01.04.1999 „Vorkommnisse bei der Münchener Polizei“ zu verstehen: „Hinweise auf gewisse l) Nach den Ergebnissen der Mitarbeiterbefragung Mängel bei der Dienstelle und Fehlverhalten eines 1999 beim PP München beantworten knapp zwei Beamten ergaben sich aus der Untersuchung, der Drittel der Vollzugsbeamten (63 %) die Frage, ob Suizid allerdings war dadurch nicht verursacht“. die Ausbildung an der Waffe ausreichend ist, um in Um welches Fehlverhalten handelt es sich hier schwierigen Situationen schnell und sicher reagie- konkret, wenn nach dem Schreiben des Präsidial- ren zu können, mit „eher nein“ bzw. „nein“ (vgl. büros andererseits der vorläufige Untersuchungsbe- Punkt 3.3. des Kurzberichts vom 26.10.1999). richt „ein Mobbingverhalten von Beamten der Welche Ursachen liegen dieser Unzufriedenheit Schicht“ nicht bestätigt habe? zugrunde? i) Wie ist es zu erklären, dass nach dem Untersu- m) Führt das Mitführen der Dienstwaffe außerhalb von chungsbericht „ein Mobbingverhalten von Beam- dienstlichen Einsätzen zu besonderen Risiken, ins- ten der Schicht“ sich nicht bestätigt habe, anderer- besondere hinsichtlich Tötungsdelikten im sozialen seits der vorgesetzte Dienstgruppenleiter von Silvia Nahbereich von Polizistinnen und Polizisten und
Seite 4 Bayerischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/3794 B. aufgrund des Vorfalls wegen mangelnder cha- sexuellen Belästigungen war und zusätzlich jede rakterlicher Eignung entlassen wurde (SZ v. siebte Mitarbeiterin berichtet von einmaligen Vor- 05.08.1999: „Nach dem Selbstmord wegen Mob- kommnissen (Aussageschwerpunkt 30 des Kurzbe- bings: Entlassung des Chefs von Silvia B. ist rech- richts vom 26.10.1999). Jede dritte Mitarbeiterin tens. Im Eilverfahren setzt sich das Polizeipräsidi- hat sich schon als Opfer von „Mobbing“ am Ar- um durch“)? beitsplatz gesehen (Aussageschwerpunkt 33 des Kurzberichts vom 26.10.1999). Welche Maßnah- j) Aus welchen Gründen hat Polizeipräsident Dr. men wurden getroffen, um diesen Vorwürfen nach- Koller Strafantrag wegen Beleidigung gegen einen zugehen und künftige Übergriffe zu vermeiden? Beamten der betreffenden Schicht gestellt? Mit welchem Ergebnis wurde das Strafverfahren abge- t) Wie beurteilt die Staatsregierung, dass nach den schlossen? Ergebnissen der Mitarbeiterbefragung 1999 beim PP München, in 84 % der Fälle von Mobbing, das k) Warum waren die Ermittlungen des Polizeipräsidi- Fehlverhalten entweder von einem/einer Vorgeset- ums München nicht ausreichend, sodass durch die zen ausging (35 %), unter Beteiligung des/der Vor- Staatsanwaltschaft umfangreiche Nachermittlungen gesetzen erfolgte (22 %) oder von der/dem Vorge- angeordnet werden mussten? setzen ignoriert wurde, obwohl die Situation als l) Welche dienst- und strafrechtlichen Konsequenzen Mobbing erkannt wurde (27 %) (vgl. Punkt haben die Untersuchungen anlässlich des Selbst- 12.3.4.2. des Kurzberichts vom 26.10.1999)? mordes insgesamt nach sich gezogen? u) Welche Maßnahmen wurden getroffen, um den m) Warum konnte die Situation auf der PI 14 auch Vorwürfen gegen die Vorgesetzen (i.S.v. Frage t)) nach Einschaltung der Gleichstellungsbeauftragten nachzugehen, Disziplinarmaßnahmen gegen ein- nicht entschärft werden? zelne Vorgesetze einzuleiten und künftig ein rechtmäßiges Führungsverhalten der Vorgesetzen n) Hat sich POM Silvia B. auch an andere Stellen ge- zu gewährleisten? wandt? Wenn nein, auf welche Defizite weisen die bestehenden Beschwerdemöglichkeiten unter Ein- 5. Rauschgifthandel und Einschleusung ausländischer haltung des Dienstweges hin? Prostituierter durch Angehörige der PI 28 (Ottobrunn) o) Welche Vorkehrungen bestehen, um zu verhindern, dass Polizeibedienstete aus Angst vor dienstlichen a) In welchem Umfang waren Beamte der PI 28 am Nachteilen oder vor „Mobbing“, Fälle von sexuel- Handel mit Rauschgift, insbesondere mit Kokain ler Belästigung oder sonstiger Dienstvergehen beteiligt (Duldung, Beihilfe, Anstiftung, Täter- nicht anzeigen? schaft)? p) Wie ist es im Hinblick auf Frage o) zu beurteilen, b) In welchem Umfang waren Beamte der PI 28 an dass nach den Ergebnissen der Mitarbeiterbefra- der Einschleusung ausländischer Prostituierter be- gung 1999 sich diejenigen Mitarbeiterinnen, die teiligt (Duldung, Beihilfe, Anstiftung, Täterschaft)? schon Mobbing-Opfer waren, überdurchschnittlich c) In welchem Umfang haben sich in diesem Zusam- häufig „an niemanden“ wenden würden (11 %), menhang Beamtinnen und Beamte der Korruption „an eine externe Vertrauensperson“ (31 %) bzw. durch Vorteilsannahme (§ 331 StGB) oder Be- „an eine externe Beratungsstelle“(9 %) (vgl. Punkt stechlichkeit (§ 332 StGB) schuldig gemacht? 12.3.5 des Kurzberichts vom 26.10.1999)? d) In welchem Umfang waren Beamtinnen und Beam- q) Wie viele Fälle von „Mobbing“ und sexueller Be- te der PI 28 Teilhaber an dem Bordell „Leierkas- lästigung (im Sinne der Legaldefinition des § 2 ten“ bzw. an der Ottobrunner „Table-Dance-Bar“? Abs. 2 Beschäftigtenschutzgesetz) bei der Bayeri- schen Polizei sind in den letzten 5 Jahren bekannt e) Gibt es weitere Anhaltspunkte für die Verstrickung geworden? Wie oft wurde die Gleichstellungsbe- von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in die auftragte eingeschaltet und welche Maßnahmen hat Organisierte Kriminalität und wenn ja, welche? diese getroffen bzw. angeregt? f) Ist die Aussage des damaligen Leiters beim Kom- r) In wie vielen Fällen wurden Maßnahmen i.S.v. § 4 missariat 132 in seiner Petition vom 08.03.1999 zu- Abs. 1 Beschäftigtenschutzgesetz ergriffen und/ treffend, dass bereits im November 1998 eine oder disziplinarrechtliche, beamtenrechtliche oder Durchsuchung der „Table-Dance-Bar“ durchge- strafrechtliche Verfahren eingeleitet? Mit welchem führt wurde? Trifft es weiterhin zu, dass hierbei er- Ergebnis wurden diese Fälle jeweils abgeschlos- heblichen Verdachtsmomenten nicht nachgegangen sen? wurde und eine weitere Razzia einer anderen Poli- zeiinspektion an den Geschäftsführer der „Table- s) Nach den Ergebnissen der Mitarbeiterbefragung Dance-Bar“ durch einen Beamten der PI 28 verra- 1999 beim PP München sagt jede elfte Mitarbeite- ten wurde? In welchem Umfang wurden insoweit rin, dass sie schon mehrmals persönlich Opfer von
Drucksache 14/3794 Bayerischer Landtag 14. Wahlperiode Seite 5 Daten aus dem Polizeicomputer an Unbefugte wei- lungen im „Rotlicht- bzw. Drogenmilieu“ betraut tergegeben? war? g) In welchem Umfang hatten Kolleginnen und Kol- q) Welche Kontrollmechanismen bestehen, um zu legen der beschuldigten Beamten Kenntnis von den verhindern, dass der Einsatz von Verdeckten Er- rechtswidrigen Vorgängen? mittlerinnen und Ermittlern und nicht offen operie- renden Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten die h) Zu welchem Zeitpunkt, in welcher Form und durch Entwicklung von mafiosen Strukturen bei der Poli- wen haben jeweils der Leiter der PI 28, andere zei fördert? Stellen der Polizei, insbesondere das Kommissariat 132, die Polizeiführung, die Staatsanwaltschaft und r) Welche Erkenntnisse gibt es über das Ausmaß des das Innenministerium Kenntnis von den Vorgängen Drogenmissbrauchs bei der Polizei? Welche Hilfs- erhalten und welche Maßnahmen haben diese je- angebote bestehen für drogenabhängige Polizeibe- weils getroffen? amtinnen und -beamte? i) Welche dienst- und strafrechtlichen Maßnahmen 6. Petition des Kommissariatsleiters des Kommissari- haben Polizeiführung, Staatsanwaltschaft und In- ats 132 Wolfgang Jandke nenministerium nach der Durchsuchungsaktion vom 16.03.1999 ergriffen. Wie ist der jeweilige a) Ist es zutreffend, dass der Schutz der Beamten des Kommissariats 132 mangelhaft war und wenn ja, Stand der Verfahren? warum? j) Warum ist es erst am 16.03.1999 zum „Zugriff“ gekommen, obwohl die Polizei nach eigenen An- b) Ist es zutreffend, dass den Beamten des Kommissa- riats 132 trotz mehrfacher Beantragung durch den gaben bereits am 28.10.1998 einen der Hauptbetei- ligten wegen Rauschgifthandels verhaftet hatte und Kommissariatsleiter die Abdeckung der Privatan- ab 10.02.1999 Erkenntnisse über die Beteiligung schriften und der privaten Kfz verweigert wurde und wenn ja, warum? von Polizeibeamten an einem Bordell hatte und diese Informationen auch umgehend an das Innen- c) Nach welchen Kriterien wird über die Gewährung ministerium übermittelt hatte? von Schutzmaßnahmen für Verdeckte Ermittlerin- k) Nach Angaben des Innenministeriums mussten die nen und Verdeckte Ermittler sowie Beamtinnen verdeckt geführten Ermittlungen früher als vorge- und Beamte der ZEG entschieden? sehen durch Zugriff beendet werden, da der Leiter d) In wie vielen Fällen und wie sind Verdeckte Er- des ermittelnden Kommissariats am 08.03.1999 ei- mittlerinnen und Verdeckte Ermittler sowie nicht ne Petition an den Bayerischen Landtag gerichtet offen operierende Polizeibeamtinnen und Polizei- hatte, in der er die geheim gehaltenen Ermittlungen beamte der Bayerischen Polizei aufgrund ihrer Tä- offenbarte. Für welchen Zeitpunkt war der Zugriff tigkeit zu Opfern von Straftaten geworden? nach den Erkenntnissen der Staatsregierung ur- sprünglich vorgesehen? e) Ist es zutreffend, dass das Kommissariat 132 unter erheblicher Arbeitsüberlastung stand und eine hohe l) Ist durch den „vorzeitigen“ Zugriff der Ermitt- Anzahl von Überstunden angefallen sind und wenn lungserfolg beeinträchtigt worden? ja, warum? m) Ist es zutreffend, dass die Überwachungsprotokolle f) Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung getrof- aus einer laufenden Telefonüberwachung bewei- fen, um den Mobbingvorwürfen nachzugehen und sen, dass die Beschuldigten am 10.02.1999 defini- aufzuklären, warum es zu einer Störung im Ver- tiv wussten, welche Dienststelle wegen welcher hältnis des Kommissariatsleiters zu seinen Vorge- Verdachtsmomente gegen sie ermittelte? setzten gekommen ist? n) Wie ist es möglich, dass die Vorgänge dem Leiter g) Ist es zutreffend, dass in der Praxis das so genannte der PI 28, der Polizeiführung und den Aufsichtsbe- „Kooperative Führungssystem“ nur zwischen Poli- hörden offenbar über einen längeren Zeitraum ver- zeipräsident und Direktoren und auf der untersten borgen bleiben konnten? Ebene, in den Kommissariaten und Dienstgruppen, o) Können insoweit Defizite bei der Fach- und Anwendung findet, die Zwischenebenen aber nach wie vor streng hierarchisch nach „Befehl und Ge- Dienstaufsicht auf allen Ebenen im Bereich des Po- lizeipräsidiums München hinsichtlich Umfang, horsam“ geführt werden und wenn ja, warum? Struktur und Qualität festgestellt werden und wenn h) Durch welche Maßnahmen wird kontrolliert und ja, welche? sichergestellt, dass das Programm des so genannten p) In welchem Umfang war für die kriminelle Ent- „kooperativen Führungssystems“ in der Praxis um- wicklung des Hauptverdächtigen ursächlich, dass gesetzt wird? dieser als „Szene-Beamter“ der ZEG mit Ermitt- i) Wie beurteilt die Staatsregierung, dass die Polizei- führung auf die Petition des Kommissariatsleiters
Seite 6 Bayerischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/3794 umgehend mit der Einleitung des förmlichen Dis- c) Warum wurde ein früheres Ermittlungsverfahren, ziplinarverfahrens und der vorläufigen Dienstent- das 1998 aufgrund eines Artikels des Magazins hebung des Petenten reagiert hat? „Stern“ gegen den Sonderfahnder eingeleitet wur- j) War es mit den bestehenden dienst- und beamten- de, eingestellt? rechtlichen Vorschriften vereinbar, dass sich der d) Mit welchen Aufgaben war der betroffene Sonder- Kommissariatsleiter mit einer Petition an den Bay- fahnder betraut? erischen Landtag gewendet hat, nachdem seine An- liegen von seinen Vorgesetzten mehrfach abgelehnt e) In welchem Umfang waren weitere (ehemalige) wurden? Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte an den Ein- zelkomplexen beteiligt? Welche Rolle spielten ins- k) Aufgrund welcher konkreter Anhaltspunkte wurde besondere die beiden beteiligten Detektive? dem Kommissariatsleiter von der Polizeiführung die so genannte „Flucht in die Öffentlichkeit“ vor- f) Ist es zutreffend, dass einer der beiden Detektive geworfen? ein ehemaliger Kriminalhauptkommissar ist und dass dieser auch nach seiner Frühpensionierung l) Welche Möglichkeiten bestehen für einen Petenten vertrauliche Auskünfte aus dem Polizeicomputer aus den Reihen der Polizei, um sich vor dem Vor- bekam? wurf der so genannten „Flucht in die Öffentlich- keit“ zu schützen? g) In welchem Umfang haben sich weitere Polizeibe- amtinnen und Polizeibeamte durch die Weitergabe m) Mit welchem Ergebnis wurden die Disziplinar- und dieser Daten gegebenenfalls strafbar gemacht? Strafverfahren gegen den Kommissariatsleiter ab- geschlossen, bzw. was ist Stand der Verfahren und h) Welche Rolle spielen die so genannten Sonder- wie sind diese Ergebnisse zu beurteilen? fahnder in dem System von Verdeckten Ermittle- rinnen und Verdeckten Ermittlern, nicht offen ope- n) Ist die Beschwerde an den Bayerischen Landtag, rierenden Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten unabhängig von der rechtlichen Zulässigkeit, nach sowie Vertrauenspersonen (sog. V-Leuten)? den erkennbaren Reaktionen der Polizeiführung ei- ne geeignete Beschwerdemöglichkeit für Polizei- i) Welche Kontrollmaßnahmen wurden ergriffen, um beamtinnen und Polizeibeamte und wenn ja, wa- eine Verstrickung der unter h) genannten Gruppen rum? in die Kriminalität und die Verbreitung illegaler Polizeipraktiken zu verhindern und sind diese o) Welche anderen Möglichkeiten hätten dem Kom- Maßnahmen ausreichend? missariatsleiter offen gestanden, um seine Be- schwerden vorzubringen? 8. Polizeieinsatz bei Scharping-Auftritt am 11.04.1999 in Fürstenried p) Wäre die Einrichtung einer unabhängigen Be- schwerdestelle bei dem PP München, die nicht dem a) Welche Polizeieinheiten und welche Beamtinnen Legalitätsprinzip unterliegt und nur dem Landtag und Beamten waren an diesem Einsatz beteiligt? verantwortlich ist, geeignet gewesen, eine sachge- b) Wie ist dieser Einsatz konkret abgelaufen (Vorbe- rechte Lösung für den Konflikt zwischen der Loya- reitung, Vorgehen, Nachbereitung)? litätspflicht gegenüber dem Dienstherrn und der Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitern und c) Inwiefern entsprach der Ablauf den polizeiinternen der Öffentlichkeit herbeizuführen? Regelungen und Anweisungen für derartige Einsät- ze? 7. Ermittlungen gegen einen Sonderfahnder vom d) Welche Anweisungen wurden speziell für diesen 05.03.1999 (Bericht des Innenministeriums vom Einsatz erteilt und von wem? 07.07.1999 Nr.2.4, Chronik des PP München vom e) Wie viele Personen wurden festgenommen und wie 01.04.1999 Nr.11) wegen illegaler Polizeipraktiken lange wurden sie festgehalten? Wie wurden die a) Nach den Angaben des PP München und des In- Festnahmen begründet und waren diese rechtmä- nenministeriums wird gegen einen Sonderfahnder ßig? in 14 Einzelkomplexen ermittelt. Um welche f) Wie viele Personen wurden erkennungsdienstlich Komplexe handelt es sich jeweils in tatsächlicher behandelt, in welchem Umfang und mit welcher und rechtlicher Hinsicht? Begründung? Waren diese Maßnahmen rechtmä- b) Warum haben das Polizeipräsidium München und ßig? Wurden die erhobenen Daten nachträglich ge- das Innenministerium dem Landtag keine näheren löscht? Wurden die Daten an andere Stellen wei- Informationen zu diesem Vorfall gegeben? tergegeben? g) Gegen wie viele Personen wurden strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet und wie ist der jeweilige Stand der Verfahren?
Drucksache 14/3794 Bayerischer Landtag 14. Wahlperiode Seite 7 h) Wie viele Beschwerden, Anzeigen, Klagen sind d) Welche Maßnahmen wurden von der Führung der von den Betroffenen oder von Zeugen gegen den Polizei und des Innenministeriums getroffen, um Polizeieinsatz erhoben worden? die erhobenen Vorwürfe aufzuklären und gegebe- nenfalls rechtswidrige Abpasskontrollen zu unter- i) Gegen wie viele Polizeibeamtinnen und Polizeibe- binden? amte wurden daraufhin dienst- oder strafrechtliche Verfahren eingeleitet und mit welchem Ergebnis? e) Wie wird es beurteilt, ob das bestehende System von Leistungsanreizen und Beförderungskriterien j) Welche Anweisungen bestehen für Identitätskon- unverhältnismäßige und rechtswidrige Alkoholkon- trollen nach Art. 13 PAG bei Versammlungen, ins- trollen in Form der Abpasskontrollen begünstigt? besondere hinsichtlich der Frage, ob f) Wie wird die Bayerische Leistungsprämien- und ─ die Identitätskontrolle vor Ort durchgeführt Leistungszulagenverordnung (BayLPZV) bei der wird oder Bayerischen Polizei konkret umgesetzt? Welche ─ die Versammlungsteilnehmer zur Identitäts- Rolle spielen insoweit Erfolgsstatistiken und nach kontrolle zur Wache verbracht werden? welchen Kriterien wird der Erfolg der Polizeiarbeit bemessen? k) Warum werden Versammlungsteilnehmer die sich ausweisen können, immer wieder zur Identitäts- 10. Rabatte für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte kontrolle auf die Wache verbracht? „Pizza-Connection“ der PI 43 (Olympiapark) l) Wie viele Personen wurden im Zeitraum von 1994- a) Aus welchen Gründen und mit welcher Erwar- 1999 jährlich ohne richterliche oder staatsanwalt- tungshaltung haben Beamtinnen und Beamte der PI schaftliche Anordnung in Polizeigewahrsam ge- 43 im Restaurant „Lá Capannina“ in der Weitlstra- nommen? Zu welchem Prozentsatz waren hiervon ße in München großzügige Rabatte (über 50 %) für ausländische Bürgerinnen und Bürger betroffen? Speisen im Straßenverkauf erhalten? Zu welchem Prozentsatz waren hiervon Teilnehme- b) Welche Maßnahmen zur Aufklärung dieses Vor- rinnen und Teilnehmer von Demonstrationen und falls haben die Führung der Polizei und das Innen- Versammlungen betroffen? Welcher Delikte wur- ministerium getroffen? den diese Personen jeweils verdächtigt? c) Haben sich die Polizeibeamtinnen und Polizeibe- m) In wie vielen dieser Fälle wurde der Gewahrsam amten durch die Rabatte in ihrer Dienstführung be- von der Staatsanwaltschaft oder durch richterlichen einflussen lassen und wenn ja, in welcher Hinsicht? Beschluss nach erster Überprüfung aufgehoben? d) Welche dienstrechtlichen Vorschriften gibt es für n) In welchen zeitlichen Abständen werden die Fest- die Zulässigkeit der Annahme solcher Rabatte? nahmen der Staatsanwaltschaft und gegebenenfalls War die Annahme der Rabatte nach diesen Vor- dem Ermittlungsrichter zur Prüfung des weiteren schriften zulässig? Verfahrens vorgelegt? e) Wurden diese dienstrechtlichen Vorschriften an o) In welcher Form und anhand welcher Kriterien den durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom werden bei der Polizei Festnahmestatistiken erstellt 13.08.1997 verschärften Straftatbestand der Vor- und welche Bedeutung haben diese für die beam- teilsannahme (§ 331 StGB) angepasst? tenrechtliche Beurteilung? f) Welche dienst- und strafrechtlichen Konsequenzen 9. Fehlverhalten bei Alkohol-Kontrollen der PI 43 hatte die Annahme der Rabatte? (Olympiapark) g) Sind Rabatte dieser Größenordnung auch in den a) Ist es zutreffend, dass Beamtinnen und Beamte der Bereichen anderer Polizeiinspektionen üblich und PI 43 offensichtlich betrunkene Autofahrer nach wenn ja, in welcher Weise? Verlassen ihrer Kneipen nicht am Wegfahren ge- h) Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung getrof- hindert, sondern erst nach einer längeren Alkohol- fen, um künftig eine klare Abgrenzung zwischen fahrt von zum Teil mehreren Kilometern gestoppt sozialadäquaten Zuwendungen und unzulässigen haben? Vorteilsannahmen für die Polizeibeamtinnen und b) In wie weit entsprechen solche Abpasskontrollen Polizeibeamten zu ermöglichen und den Verdacht den für Alkoholkontrollen bestehenden Dienstvor- der Korruption auszuschließen? schriften? Wurden die bestehenden Vorschriften im 11. Umgang mit Gewaltstraftaten gegen Homosexuelle/ vorliegenden Fall eingehalten? Fehlen eines speziellen Ansprechpartners für c) Wurden gegen Beamtinnen und Beamte der PI 43 Homosexuelle wegen der gefährlichen Abpasskontrollen dienst- a) Wie beurteilt die Staatsregierung das Ausmaß und rechtliche oder strafrechtliche Ermittlungsverfah- die Brutalität der Fälle von antihomosexueller Ge- ren eingeleitet und wie ist der Stand der Verfahren? walt in den bayerischen Großstädten?
Seite 8 Bayerischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/3794 b) Wie sind die Widersprüche in den Statistiken über j) Welche Konsequenzen müssen aus der Tatsache antihomosexuelle Gewalt der Polizei einerseits, der gezogen werden, dass die schwul-lesbische Szene Homosexuellenverbände andererseits, etwa dem das allgemeine Opferschutzkommissariat 314 beim Anti-Gewalt-Projekts im Schwulenkommunikati- PP München nicht als eigene Anlaufstelle akzep- onszentrum „SUB“ in München, zu erklären? tiert? c) Wie viele Straftaten gegen Homosexuelle sind der k) Werden die Themen „gleichgeschlechtliche Le- Polizei in den Jahren 1994-1999 in Bayern und bensweisen“ und „schwulen- und lesbenfeindliche speziell in München durch Geständnisse von Tä- Gewalt“ im Rahmen der Aus- und Weiterbildung tern bekannt geworden? Lagen zu den gestandenen bei der Bayerischen Polizei ausreichend berück- Straftaten jeweils entsprechende Anzeigen von Op- sichtigt und wenn ja, wie? fern vor? Wie viele Straftaten gegen Homosexuelle wurden der Polizei durch Anzeigen von Opfern l) Welche Konsequenzen haben Polizei und Innenmi- insgesamt im oben genannten Zeitraum bekannt? nisterium daraus gezogen, dass der Münchener Stadtrat und der Münchener Oberbürgermeister der d) Wie hoch ist nach den Erkenntnissen der Staatsre- Polizei wiederholt die Durchführung der in anderen gierung die Dunkelziffer im Bereich der antihomo- Großstädten üblichen vertrauensbildenden Maß- sexuellen Gewalt? nahmen im Bereich der schwul-lesbischen Szene e) Welche Konsequenzen für die Polizeiarbeit sind empfohlen hat? aus der Gewaltserie gegen Homosexuelle im m) Inwiefern wäre die verstärkte Herausgabe von spe- Sommer des Jahres 1999 in München gezogen ziellem Informationsmaterial sowie die Durchfüh- worden und sind diese Konsequenzen ausreichend? rung von Informationsveranstaltungen in Koopera- f) Wie beurteilt die Staatsregierung die polizeiliche tion mit den Interessenverbänden der schwul- Bearbeitung des Überfalls auf zwei schwule Män- lesbischen Szene geeignet, das Verhältnis zwischen ner in der Müllerstraße am 21.08.1999 um 3.20 Polizei und schwul-lesbischer Szene zu verbessern Uhr bei dem einer der Männer schwer verletzt und Präventionskonzepte zu vermitteln? wurde (vgl. TZ vom 23.08.1999: „Schwulenjagd in 12. Vor dem Hintergrund der folgenden Vorfälle sind München“)? Warum wurde dieser Fall zunächst Fragen im Hinblick auf die Diskriminierung von nicht in den Polizeipressebericht aufgenommen Angehörigen der schwul-lesbischen Szene durch die und später jeder schwulenfeindliche Hintergrund Polizei zu beantworten: geleugnet? Ist es zutreffend, dass die Polizei auf- grund von Zeugenaussagen bereits am 22.08.1999 ─ „Homo-Vermerke“ in Pässen Hinweise auf einen schwulenfeindlichen Hinter- Im August 1995 wurde bekannt, dass Münchener grund hatte? Wie lange und mit welchem Ergebnis Polizeibeamte in die Pässe von Angehörigen der wurde in diesem Fall ermittelt? schwul-lesbischen Szene den Vermerk „Homo- g) Welcher Zusammenhang besteht zwischen der im Szene“ gestempelt hatten (vgl. SZ vom 29.08.1995: Halbjahresbericht des Landesamts für Verfas- „Polizei unsensibel gegenüber Schwulen“). sungsschutz festgestellten Zunahme rechtsradikaler ─ Schwuler Mann wird von Zivilbeamten zusam- Gewalt und antihomosexueller Gewalt? Welche Erkenntnisse haben sich insoweit insbesondere aus mengeschlagen und beleidigt der Verhaftung einer Skinheadgruppe im August Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung 1999 ergeben, die auch Überfälle auf Homosexuel- wurde im Februar 1997 ein schwuler Mann bei ei- le verübt hat? ner so genannten „Klappenkontrolle“ auf einer öf- h) Inwiefern wäre die Benennung eines Ansprech- fentlichen Toilette von Zivilbeamten zusammenge- partners/einer Ansprechpartnerin bei der Polizei für schlagen, trotz schwerer Verletzungen nicht ärzt- die schwul-lesbische Szene in den bayerischen lich versorgt und auf der Wache unter anderem mit Großstädten München und Nürnberg nach dem den Worten „Das Schwein will Beamter sein“ be- Vorbild anderer deutscher Großstädte geeignet, leidigt (SZ vom 08. / 09.02.1997: „Erneut Be- schwerden über Polizeigewalt – Schwuler wird in ─ die Anzeigebereitschaft bei antihomosexuellen Toilette krankenhausreif geschlagen“). Straftaten zu erhöhen? ─ Vermehrte Razzien an Schwulentreffs im Vorfeld ─ das Verhältnis zwischen Polizei und der des Christopher Street Day (CSD) 1999 schwul-lesbischen Szene zu verbessern, um wirksame Präventionskonzepte zu entwickeln? Im Juli 1999 berichtet die Presse über diskriminie- rende Razzien an Münchener Schwulentreffs im i) Hat die Staatsregierung Erfahrungen ausgewertet, Vorfeld des CSD. Dabei sollen im Englischen Gar- die in den anderen deutschen Großstädten hinsicht- ten Angehörige der schwul-lesbischen Szene unter lich eines Ansprechpartners/einer Ansprechpartne- Einsatz von Suchscheinwerfern und frei laufenden rin für die schwul-lesbische Szene gemacht wur- Polizeihunden vertrieben worden sein (SZ vom den?
Drucksache 14/3794 Bayerischer Landtag 14. Wahlperiode Seite 9 15.07.1999: „Münchens Polizei probt wieder mal b) Welche Ergebnisse und dienst- oder strafrechtli- die Schwulenjagd“). chen Konsequenzen hatten die unter a) genannten Vorgänge? a) Wie sind diese Vorfälle konkret abgelaufen? c) Hat die Staatsregierung Erkenntnisse darüber, dass b) Wie beurteilt die Staatsregierung diese Vorfälle im Fehlverhalten von Polizeibeamtinnen und Polizei- Hinblick auf die Diskriminierung von Homosexu- beamten gegenüber ausländischen Bürgerinnen und ellen durch die Polizei und die Verhältnismäßigkeit Bürgern häufiger vorkommt als gegenüber deut- der Mittel? schen Bürgerinnen und Bürgern? c) Welche Maßnahmen haben Polizei und Innenmi- d) Welche Erkenntnisse gibt es darüber, dass auslän- nisterium getroffen, um die Vorfälle aufzuklären? dische Bürgerinnen und Bürger Übergriffe und d) Hatten die Vorfälle dienst- oder strafrechtliche Diskriminierungen aus Angst vor Gegenanzeigen Konsequenzen für die beteiligten Polizeibeamtin- und negativen ausländerrechtlichen Konsequenzen nen und Polizeibeamten und wenn ja, welche? nicht anzeigen? e) Gibt es sinnvolle Alternativen zur gängigen Poli- e) In wie vielen Fällen haben Polizeibeamtinnen und zeipraxis, sexuelle Handlungen auf öffentlichen Polizeibeamte auf Anzeigen mit Gegenanzeigen Toiletten restriktiv als Hausfriedensbruch zu ver- reagiert und waren diese berechtigt? folgen und öffentliche Homosexuellen-Treffs stän- f) Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass Polizeizeugen in dig zu kontrollieren und wenn ja, welche? Wie den unter e) genannten Fällen ihre Aussagen aus wird in diesem Zusammenhang die Einrichtung falsch verstandener Kollegialität abgesprochen ha- von „Toleranzzonen“ in Absprache mit den Inte- ben und wenn ja, welche? ressenverbänden der schwul-lesbischen Szene be- urteilt? g) In wie vielen Fällen änderte sich innerhalb des nächsten halben Jahres nach der Anzeige der Auf- f) Gibt es Anhaltspunkte für weitere diskriminierende enthaltsstatus zum Nachteil der Anzeigenerstatter? Übergriffe auf Angehörige der schwul-lesbischen Szene durch die Polizei (Dunkelziffer) und wenn h) Hat die Staatsregierung über ausländerfeindliche ja, welche? und rechtsextremistische Tendenzen bei Polizeibe- amtinnen und Polizeibeamten Erkenntnisse und g) Inwiefern sind bei der Bayerischen Polizei homo- wenn ja, welche? sexuellenfeindliche Einstellungen verbreitet? i) Inwieweit werden bei der Rekrutierung von Poli- h) Aus welchen Gründen gibt es in Bayern keine of- zeibeamtinnen und Polizeibeamten Fragen zu den fen auftretenden schwul-lesbischen Selbstorganisa- Themen Ausländerfeindlichkeit und Rassismus tionen innerhalb der Polizei? sowie Rechtsextremismus gestellt? i) Welche Maßnahmen wurden getroffen, um homo- j) Welche Rolle spielen die unter i) genannten The- sexuellenfeindliche Vorurteile bei der Bayerischen men in der Aus- und Fortbildung bei der Polizei? Polizei abzubauen und sind diese Maßnahmen aus- reichend? k) Inwiefern sind die Ausbildungsprogramme bei der Bereitschaftspolizei dazu geeignet, fremdenfeindli- 13. Angezeigte und sonstige Fälle mutmaßlichen Fehl- che Feindbilder nicht zu schaffen, sondern abzu- verhaltens von Polizeibeamtinnen und Polizeibeam- bauen? ten mit fremdenfeindlichem Hintergrund 14. Ausbildung, Fortbildung a) In wie vielen Fällen hat es im Zeitraum 1994 bis Dezember 1999 a) Nach den Ergebnissen der Mitarbeiterbefragung 1999 beim PP München halten knapp zwei Drittel ─ Meldungen, allgemeine Beschuldigungen und der Mitarbeiter im Vollzugsdienst (62 %) die Aus- Beschwerden bildung bei der Bereitschaftspolizei für „eher ─ Dienstaufsichtsbeschwerden schlecht“ bzw. „schlecht“ geeignet, um die späte- ─ Strafanzeigen ren polizeilichen Aufgaben zu bewältigen (vgl. Punkt 3.2. des Kurzberichts vom 26.10.1999). ─ Dienst- bzw. disziplinarrechtliche Verfahren Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung getrof- ─ Staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren fen, um die Ursachen für diese Unzufriedenheit aufzuklären und zu beseitigen? ─ Strafverfahren b) Inwiefern ist die Ausbildung bei der Bereitschafts- gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte wegen polizei mit ihrer Doppelfunktion als Truppenpoli- Fehlverhalten mit fremdenfeindlichen Hintergrund zei und zugleich zentraler Ausbildungseinrichtung gegeben? Welche Vorwürfe sind jeweils erhoben für den mittleren Polizeivollzugsdienst geeignet, worden? ein ziviles Leitbild der Polizei zu fördern und
Seite 10 Bayerischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/3794 selbstbewusste, verantwortlich handelnde „Staats- 15. Organisationsstruktur bürger in Polizeiuniform“ hervorzubringen? a) Wie beurteilt die Staatsregierung die Reformbe- c) In welchem Umfang werden die Auszubildenden dürftigkeit der Organisationsstrukturen der Stabs- bei der Bereitschaftspolizei in bzw. für den Einsatz und Liniendienststellen, bzw. -einheiten der Baye- in Hundertschaften, Zügen mit Zugführern und an- rischen Polizei und des Polizeipräsidiums München deren militärähnlichen, geschlossenen Formationen angesichts der Polizeiskandale? ausgebildet? b) Welche Erkenntnisse gibt es über die Begünstigung d) Über welchen Zeitraum sind die Auszubildenden von Fehlverhalten von Polizeibediensteten auf- regelmäßig kaserniert oder in Gemeinschaftsunter- grund von Zentralisierung und Spezialisierung? künften untergebracht? c) Wie beurteilt die Staatsregierung mögliche Vorteile e) Erfolgt die Unterbringung regelmäßig in der Nähe einer Dezentralisierung der Polizeiorganisation des Wohnorts oder hauptsächlich im ländlichen durch Stärkung der Kompetenzen der Polizeiin- Raum? spektionen nach dem Subsidiaritätsprinzip? f) In welchem Umfang ist der Tagesablauf während d) Welche Erkenntnisse gibt es über besondere Anfäl- der Ausbildung durchreglementiert? ligkeiten für Fehlentwicklungen in spezialisierten g) In welchem Umfang besteht die Pflicht, während Sondereinheiten, etwa der Bereitschaftspolizei der Ausbildung die Uniform zu tragen? (BePo), dem Spezialeinsatzkommando (SEK), dem Unterstützungskommando (USK) oder der Zivilen h) In welchem Umfang erfolgt die Ausbildung durch Einsatzgruppe (ZEG)? Angehörige der Polizei, die zugleich Disziplinar- vorgesetzte der Auszubildenden sind? In welchem e) Welche Konsequenzen hat die Staatsregierung auf- Umfang werden polizeiexterne, „zivile“ Ausbilder grund der Polizeiskandale hinsichtlich Umfang, eingesetzt? Struktur, Intensität und Qualität der Fach- und Dienstaufsicht auf allen Ebenen der Bayerischen i) In welchem Umfang findet die Ausbildung ge- Polizei gezogen? meinsam mit anderen „zivilen“ Berufsgruppen statt? 16. Arbeitsbedingungen j) In welchem Umfang ist der polizeiliche Alltag im Folgende Fragen sind insbesondere im Hinblick auf die Außendienst, außerhalb geschlossener Formatio- Mitarbeiterbefragung 1999 beim Polizeipräsidium nen, mit seinen vielfältigen Bürgerkontakten Ge- München zu beantworten: genstand der Ausbildung? a) Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung ergrif- k) In welchem Umfang sind kommunikative, nicht au- fen, um die Arbeitsbelastung von Polizeibedienste- toritäre, nicht gewaltbewährte Techniken des Kon- ten, insbesondere im Ballungsraum München zu fliktmanagements und der Streitschlichtung Ge- reduzieren und die Attraktivität des Polizeidienstes genstand der Grundausbildung? in München zu erhöhen? l) Welche Erfahrungen hat die Bayerische Polizei mit b) Wie beurteilt die Staatsregierung den Vorschlag, dem Fortbildungstrainingsprogramm „PAKET“ den Vollzugsdienst auf Inspektionsebene finanziell (Polizeiliches Antistress-, Kommunikations-, und aufzuwerten und damit attraktiver zu machen? Einsatzbewältigungstraining) gemacht? c) Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung ergrif- m) Ist nach Ansicht der Staatsregierung eine zweiwö- fen, um eine Überalterung des Personals, insbeson- chige Fortbildung zur Förderung der sozialen dere in den ländlichen Regionen zu verhindern? Kompetenz und zum psychologischen Training d) Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung ergrif- ausreichend? Müsste eine solche Ausbildung nicht fen, um die Umsetzung des so genannten „koopera- bereits in der Grundausbildung, vor dem Einsatz tiven Führungssystems“ zu kontrollieren und zu der Polizistinnen und Polizisten erfolgen und wenn fördern? nein, warum nicht? e) Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung ergrif- n) Nach den Ergebnissen der Mitarbeiterbefragung fen, um die Eigeninitiative und Eigenverantwort- 1999 beim PP München halten 71 % der Vollzugs- lichkeit von Polizistinnen und Polizisten, insbeson- beamtinnen und Vollzugsbeamten die psychologi- dere auf Inspektionsebene, zu fördern? sche Ausbildung für die Konfliktbewältigung in emotionsgeladenen Situationen des Dienstes für f) In welchem Umfang findet eine psychologische unzureichend (vgl. Punkt 3.4. des Kurzberichts Betreuung von Polizistinnen und Polizisten durch vom 26.10.1999). Welche Konsequenzen hat die externe Fachkräfte statt und wie beurteilt die Staatsregierung aus diesem Befund gezogen? Staatsregierung die verpflichtende Durchführung von Supervisionen durch externe Fachkräfte?
Drucksache 14/3794 Bayerischer Landtag 14. Wahlperiode Seite 11 17. Kontrolle der Polizei Antwort a) Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung ergrif- der Staatsregierung, fen, um Dienstvergehen und Missstände bei der Polizei frühzeitiger zu erkennen und aufzuklären? gegeben vom Staatsministerium des Innern b) Welche Einrichtungen und Verfahren stehen für vom 6.6.2000 Beschwerden und Strafanzeigen von Polizeibe- diensteten gegen Kolleginnen und Kollegen oder Vorgesetzte zur Verfügung und sind diese geeig- Die Staatsregierung sieht sich veranlasst, im Interesse net, eine wirksame Kontrolle der Polizei zu ge- währleisten? ─ des für jede erfolgreiche Polizeiarbeit unabdingbar notwendigen Vertrauensverhältnisses zwischen Bür- c) Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung ergrif- gern und Polizei, das in Bayern bislang in hervorragen- fen, um die Anzeigebereitschaft von Polizistinnen der Weise vorhanden war und ist und Polizisten gegenüber Fehlverhalten von Kolle- ginnen und Kollegen zu erhöhen und die Heraus- und bildung eines falsch verstandenen Korpsgeistes zu verhindern? ─ des Ansehens aller bayerischen Polizeibeamtinnen und -beamten, die Tag und Nacht unter oft schwierigsten d) Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung ergrif- Bedingungen mit großem Engagement, vielmals auch fen, um die Anzeigebereitschaft von Opfern poli- unter Einsatz ihrer persönlichen Gesundheit ihren zeilicher Übergriffe zu erhöhen und etwa beste- Dienst für die Allgemeinheit versehen hende Ängste von Bürgerinnen und Bürgern vor Gegenanzeigen abzubauen? vorab folgendes festzustellen: e) Wie beurteilt die Staatsregierung die Einsetzung 1. Die Interpellation offenbart in weiten Teilen eine nega- von unabhängigen Beschwerdestellen für Polizei- tive Grundeinstellung und tiefes Misstrauen gegenüber angelegenheiten zur Bearbeitung von Beschwerden der Polizei. Schon in der Einleitung wird von einer „a- von Polizistinnen und Polizisten einerseits, von larmierenden Häufung von Skandalen“ gesprochen, Bürgerinnen und Bürgern andererseits. von einer „Skandalserie“, die vermuten lasse, dass es sich nicht nur um individuelle Einzelfälle handle, son- f) Wie beurteilt die Staatsregierung insbesondere die dern „strukturelle Defizite“ vorhanden seien. Speziell Einsetzung einer unabhängigen „Polizeikommissi- bei der Münchner Polizei seien in Bezug auf sexuelle on“, bzw. eines/einer „Polizeibeauftragten“, die nur Belästigung und Mobbing „inakzeptable Zustände“ an- dem Landtag verantwortlich ist, nicht dem Legali- zunehmen. tätsprinzip unterworfen ist und ein Zeugnisverwei- gerungsrecht hat, um die Kontrolle zu verbessern? Diese Eingangsbetrachtungen der Interpellation werfen die Frage auf, ob hier wirklich die Bayerische Polizei g) Wie wird die Einrichtung einer unabhängigen Poli- gemeint sein kann, die sowohl in Deutschland eine zeikommission als Modellprojekt bei dem PP Spitzenposition innehat als auch international hohes München beurteilt? Ansehen genießt. Das unreflektierte Hervorheben des h) In Hamburg existieren verschiedene Formen der Fehlverhaltens einzelner mit der Tendenz einer Verall- Kontrolle der Polizei: Zwei interne Kontroll- bzw. gemeinerung bewirkt eine Stigmatisierung aller bayeri- Ermittlungsabteilungen – die Zentrale Beschwer- schen Polizeibeamtinnen und -beamten. destelle und das Dezernat für Interne Ermittlungen 2. Im Ergebnis lässt die Interpellation einen vordergrün- (D.I.E.) – und die unabhängige Polizeikommission digen politischen Aktionismus der Fraktion Bündnis als externe Kontrollinstanz. 90/Die Grünen erkennen. Bekanntermaßen wurde die Wie beurteilt die Staatsregierung die (teilweise) Gesamtthematik durch das Staatsministerium des In- Übernahme des „Hamburger Modells“ in Bayern nern längst aufgegriffen und zu allen zugrunde liegen- zur Effektivierung der Kontrolle polizeilichen den Einzelkomplexen, teilweise bereits mehrmals aus- Handelns? führlich in schriftlichen und mündlichen Berichten an den Landtag Stellung genommen. In diesem Zusam- menhang seien nur die umfassenden Berichte vom 07.07.1999, vom 24.11.1999 sowie vom 26.04.2000 zu den Landtagsbeschlüssen betreffend das Polizeipräsidi- um München, erwähnt. Vollkommen undifferenziert wird jede nur erdenkliche Presseberichterstattung in die Interpellation aufge- nommen. Teilweise werden Einzelvorfälle ausgegra- ben, die bereits mehrere Jahre zurückliegen, keinerlei aktuelle Bezüge aufweisen und längst abgeschlossen
Seite 12 Bayerischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/3794 sind. Kaum eine der insgesamt 265 Einzelfragen, die 7. Die in der Einleitung formulierte Zielsetzung der Inter- teilweise noch weiter untergliedert sind, dient einer pellation, den Landtag in die Lage zu versetzen, die weiteren Sachverhaltsaufklärung oder dem Erkenntnis- „Missstände zu beseitigen und eine innere Reform der gewinn. Die Anfrage ignoriert offensichtlich bewusst Bayerischen Polizei einzuleiten“, entbehrt nach Auffas- sämtliche Bemühungen der Staatsregierung und des Po- sung der Staatsregierung jeglicher sachlichen Rechtfer- lizeipräsidiums München zur umfangreichen Sachver- tigung. Um Missverständnissen vorzubeugen: Die haltsaufklärung der angeführten „Vorfälle“. Staatsregierung hat und wird zu keinem Zeitpunkt ne- gative Vorkommnisse in der Polizei beschönigen. Die 3. Inhalte und Formulierungen einzelner Fragestellungen Konsequenzen für persönliches Fehlverhalten sind hart. offenbaren eine deutliche Voreingenommenheit gegen- Wo darüber hinaus einzelne organisatorische Maßnah- über der öffentlichen Verwaltung in Bayern im Allge- men notwendig sind, wurden und werden diese getrof- meinen sowie der Organisation und Arbeitsweise der fen. Gleichwohl dürfen Einzelereignisse, so bedauer- Bayerischen Polizei im Besonderen. Die Fragestellung lich sie sein mögen, nicht den Blick dafür verstellen, lässt in mancher Hinsicht außerdem auf mangelnde dass die Bayerische Polizei insgesamt sehr erfolgreich Kenntnis des gesetzlich geregelten strafprozessualen und professionell ihren Aufgaben nachkommt. An der Ablaufes von Ermittlungsverfahren schließen. fachlichen Kompetenz der Bayerischen Polizei insge- 4. Gezielt personenbezogene Fragen ignorieren daten- samt und der Münchener Polizei im besonderen besteht schutzrechtliche Standards und missachten die Persön- kein Zweifel. lichkeitsrechte der betroffenen Beamtinnen und Beam- ten. Fragenkomplex 1 Teilweise wird Datenmaterial gefordert, das aufgrund gesetzlicher Vorschriften entweder gar nicht erhoben Angezeigte und sonstige Fälle mutmaßlichen Fehlver- oder zumindest nur über einen kurzen Zeitraum aufbe- haltens von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten wahrt werden darf. 1994-1999 Aus rechtlichen Gründen sowie wegen fehlender statis- tischer Aufzeichnungen zu einzelnen Themenkomple- Vorbemerkung: xen und zur Vermeidung eines unverhältnismäßig ho- Aufgrund der gesetzlich geregelten Aufbewahrungsfristen hen Aufwands musste die Beantwortung der Fragen, die sich auf Angaben über den Zeitraum seit 1994 be- gemäß Art. 100 f Bayer. Beamtengesetz bzw. Art. 109 Bayer. Disziplinarordnung sind Unterlagen, die für Beamte ziehen, im Wesentlichen auf die vergangenen 3 Jahre – also auf den Zeitraum 1997 bis 1999 – beschränkt wer- negative oder belastende Inhalte haben, wie zum Beispiel den. Auszüge aus einer Strafakte, Beschwerden, Missbilligungen oder disziplinarrechtliche Vorermittlungen, die nicht zur 5. Zum Teil werden Sachverhalte wieder hinterfragt, zu Verhängung einer Maßnahme im förmlichen Disziplinar- denen bereits rechtskräftige staatsanwaltschaftliche und verfahren geführt haben, nach drei Jahren aus dem Perso- gerichtliche Entscheidungen vorliegen. Es ist unklar, ob nalakt zu entfernen und auszusondern bzw. auf Antrag des die Interpellanten damit die Objektivität und Unabhän- Betroffenen zu vernichten. Aus diesem Grund kann ledig- gigkeit justizieller Organe in Frage stellen, oder erneut lich Zahlenmaterial, das sich auf die Jahre 1997 bis 1999 Emotionen schüren wollen. bezieht, angegeben werden. 6. Trotz aller Bemühungen, die Interpellation vorrangig durch das Staatsministerium des Innern zu beantwor- Zu 1. a): ten, um so die nachgeordneten Dienststellen zu entlas- In den Jahren 1997 bis 1999 sind ca. 680 dienstliche Ermitt- ten und möglichst wenig Personal der Polizei zu bin- den, konnte ein Großteil der Fragen wegen der gefor- lungen wegen des Verdachts von Dienstvergehen geführt derten statistischen Angaben nur durch Einbindung worden. Diese Zahl bezieht sich auf Vorermittlungsverfah- ren gemäß Art. 27 Bayer. Disziplinarordnung. nachgeordneter Polizeidienststellen beantwortet wer- den. Der hierfür bei den Polizeiverbänden zu leistende erhebliche Aufwand (über 500 Arbeitsstunden) ging Zu 1. b): vollumfänglich zu Lasten der polizeilichen Basisarbeit für die Bürgerinnen und Bürger. Im übrigen hat die In- Nicht alle Präsidien führen hierüber Statistiken, so dass nur terpellation bei den mit der Beantwortung befassten Po- ungefähre Zahlenwerte – bezogen auf die Jahre 1997 bis lizeibeamtinnen und -beamten Befremden, Verunsiche- 1999 – angegeben werden können. Wegen des ansonsten rung und Unmut hervorgerufen. Immer wieder wurde unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwands kann auch die Frage nach dem Sinn „dieser Strafarbeit“ aufgewor- der Ausgang der jeweiligen Ermittlungsverfahren nicht fen und auf die demotivierende Wirkung dieses „poli- angegeben werden. Festgehalten ist jeweils nur, ob es zu tisch motivierten Aktionismus zu Lasten der Polizei“ einer Ahndung kam, oder ob das Verfahren eingestellt wur- hingewiesen. de.
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