Ist das Verbot der NPD ein wirksames Mittel zur Bekämpfung der extremen Rechten? - Baustein zum Einsatz in der Politischen Bildung Autor: Hinrich ...
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Baustein zum Einsatz in der Politischen Bildung Autor: Hinrich Eberhardt Ist das Verbot der NPD ein wirksames Mittel zur Bekämpfung der extremen Rechten?
2 Inhalt Inhalt Einleitung........................................ 3 Zustand und Bedeutung der NPD....................... 4 Das aktuelle Verbotsverfahren...................... 5 Vorüberlegungen................................... 6 Exemplarisches Ablaufschema....................... 8 Materialien ..................................... 12 Warum ein Verbot der NPD nötig und möglich ist...... 13 Für und Wider eines Verbots....................... 14 Symptombekämpfung.............................. 15 Würde ein Verbot der NPD schaden?................. 16 Falsche Hoffnung NPD-Verbot..................... 17 Arbeitsaufträge Vorbereitung eines Diskussionsbeitrages......... 18 Beobachtung.................................... 19 Zusatzmaterial.................................. 20 Literaturverzeichnis............................. 22 Das Mobile Beratungsteam gegen Rechtsextremismus Hamburg ist ein Projekt von Arbeit und Leben DGB/VHS Hamburg e.V. und der DGB Jugend Nord. Im Rahmen des Bundesprogramms »Toleranz fördern – Kompetenz stärken« wird es gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Ju- gend und die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration Hamburg. Herausgeber: Arbeit und Leben DGB/VHS Hamburg e.V. · Vereinsregister: Amtsgericht Hamburg Registernummer: VR 9937 Autor: Hinrich Eberhardt · Gestaltung: pbdt · Verantwortlich im Sinne des Presserechtes: Horst H. Hopmann Kontakt: Arbeit und Leben Hamburg, Besenbinderhof 60, 20097 Hamburg · Telefon: 040 284016-0, mbt@hamburg.arbeitundleben.de · www.beratung-gegen-rechts-hamburg.de.
Einleitung 3 Einleitung Die seit mehr als einem Jahrzehnt geführte Debatte sich stets eine ablehnende bzw. skeptische Haltung.1 Die Geschichte bot letztlich eine auf die sichtbare Symptomatik reduzierende Alibiak- über ein Verbot der NPD (Nationaldemokratische Par- der Verbotsdiskussion ist schon alt; es gibt bereits zwei gescheiterte tion darstellt, lassen sich exemplarisch sehr gut grundlegende Ursa- tei Deutschlands) erlebt angesichts der offengelegten Verbotsanträge, ein dritter wurde seitens der SPD-regierten Länder chenanalysen und demokratietheoretische Annahmen unterscheiden. terroristischen Strukturen der NSU (Nationalsozialisti- vorbereitet. Als Konsequenz aus dem letzten gescheiterten Antrag scher Untergrund) und der aktuellen Erkenntnisse über wurden in einigen Bundesländern V-Leute aus den Führungsgremien In dem vorliegenden Baustein für den Einsatz im Seminar wird die die erschreckenden Bedrohungen durch faschistischen der NPD abgezogen, die Hamburger SPD-Fraktion hat einen solchen Kontroverse anhand ausgewählter, durch Zuspitzung besonders an- Terrorismus ein Revival. Antrag in die Bürgerschaft eingebracht. schaulicher Debattenbeiträge vergegenwärtigt. Die TeilnehmerInnen lernen in Form eines 4-stündigen Moduls in holzschnittartiger Form Im Bereich der demokratischen und emanzipatorischen Parteien und Die seit November 2011 wieder breit geführte Verbotsdebatte hat bisher die wichtigsten Positionen in dieser Frage kennen; sie beschäftigen sich Bewegungen wird die NPD übereinstimmend als politische Bedro- nur unwesentlich neue Argumentationsmuster zutage befördert. in komprimierter, aber kritischer Form mit den Argumentationen. hung angesehen. Es gibt innerhalb des demokratischen Spektrums Das handlungsorientierte Setting (Talkshow) ist an die konfliktthe- keine einzige Stimme, die das Bedrohungspotenzial als gering ansieht Das über den konkreten Fall hinausragend politisch bedeutsame oretischen Überlegungen Hermann Gieseckes angelehnt. Zwecks und die Inhalte oder Propagandaaktionen der NPD als harmlos be- Element ist, dass sich die Positionen auf den ersten Blick scheinbar Inhaltsfokussierung wird das Thema auf die zentralen Fragen nach zeichnet. Es gibt einen breiten Konsens darüber, dass der NPD der nur schwer in eine »Links-rechts-Schablone« zwängen lassen. In dem der Rolle von »Rechtsstaat« und »Zivilgesellschaft« in politischen politische Boden entzogen werden muss. Befund, dass sich eine rechte Gesinnung, autoritäre Einstellungen und Prozessen sowie auf die Frage nach den »Politik-Ergebnissen«, al- Hass auf (angebliche) Minderheiten nicht verbieten lassen, besteht so nach den angenommenen (un-)beabsichtigten Wirkungen eines Gleichwohl findet dieser prinzipielle Konsens seine Begrenzung in ebenfalls Übereinstimmung. Einwände gegen das Verbot werden auch Verbotes, begrenzt. der Frage nach einem Verbot der NPD. Die Frage nach der Verfas- nicht aus einer politischen Nähe zur NPD heraus geäußert. sungsmäßigkeit der NPD taucht in regelmäßigen Abständen in der Der Baustein wurde primär für den Einsatz im Politik-/Gemein- öffentlichen Debatte auf. Nach beinahe jeder (durch mediale Vermitt- An der Frage jedoch, ob ein Verbot der legalen und von der Gesell- schaftskunde-Unterricht an Oberstufen entwickelt, kann aber auch in lung skandalisierten) rechtsextremen Straftat wurde fast reflexar- schaft somit finanzierten und legitimierten Parteiarbeit ein wirksames der außerschulischen (politischen) Bildungsarbeit genutzt werden. tig der Ruf nach einem NPD-Verbot laut – gleichzeitig artikuliert Mittel zur Eindämmung der Gefahr darstellt oder ob ein solches Ver- 1 Vgl. Leggewie, C./Meier, H. (2002)
Zustand und Bedeutung der NPD 4 Zustand und Bedeutung der NPD Im Jahr 2011 wurde mit der Aufdeckung der Mordserie lament. In Berlin war sie chancenlos. In Mecklenburg-Vorpommern Letzteres ist mit Blick auf die Verfestigung rechtsextremer Einstel- der NSU eine neue erschreckende Dimension faschisti- konnte sie zwar wieder einziehen, aber mit erheblichen Verlusten.3 lungen und damit auch auf ein zukünftiges WählerInnen-Potenzial schen Terrors sichtbar. Ungeachtet der dokumentierten Gewalt- besorgniserregend. taten durch die NSU ist jedoch bereits seit zwei Jahrzehnten insgesamt Mit drei Schwierigkeiten hatte die NPD sowohl in den eine erschreckende Zunahme der Gewalttaten mit rassistischem, Landtagswahlkämpfen als auch generell zu kämpfen: Parteiintern konnten Udo Pastörs und Holger Apfel 2011 den internen homophobem, antisemitischem Hintergrund bzw. gegenüber aktiv Machtkampf mit dem langjährigen Parteichef Udo Voigt für sich ent- demokratischen und antifaschistischen Gruppen und engagierten 1. Die fehlende Verankerung. Der NPD ist es nicht gelungen, ei- scheiden. Mit dem neuen Führungsduo soll nun eine ausbalancierte Einzelpersonen zu beobachten. ne StammwählerInnenschaft auszubilden, die ihr den sicheren Versöhnung der Fraktionen »Hardcore-Nazi« und »Biedermann« Einzug ermöglicht hätte. erreicht werden. Vermutlich stecken aber nicht nur inhaltliche Dif- Die NPD stellt innerhalb der extremen Rechten ein wichtiges Sammel- ferenzen und deren Austarierung hinter dieser Personalentscheidung, becken dar. In ihr finden extreme Rechte aus allen Flügeln (von gemä- 2. Die inhaltlich-strategischen Spannungen zwischen den verschie- sondern auch die Erwartung, mit neuen Gesichtern neuen Schub ßigt nationalkonservativen bis zu militanten Stiefelnazis) eine legale denen Lagern und damit einhergehende personelle Kopflosig- erzeugen zu können. Plattform und nutzen diese zunehmend in Form einer strategischen keit und Zerrissenheit. Einheit. Die Öffnung der NPD gegenüber Autonomen Nationalisten Weder Apfel noch Pastörs stehen für eine Linie, die sich von der (AN)2 ist intern zwar nicht unumstritten, hat jedoch zwischenzeitlich 3. Das Image einer unprofessionellen Krawalltruppe: Durch die Kumpanei mit dem gewaltbereiten Spektrum der Kameradschaften zu einem enormen Imagegewinn bei rechten Jugendlichen geführt. Enttarnung des Thüringer NPD-Spitzenkandidaten Matthias abgrenzt. Heyder im Internetportal tagesschau.de (Aufruf zum Bomben- Die NPD macht nach dem für sie bedeutsamen Wahljahr 2011 einen bau) konnte ihrem Spitzenkandidaten die Maske des Bieder- Doch auch mit einem personellen Wechsel bleibt die Partei im rechten angeschlagenen Eindruck. Sie steckt seit der Bundestagswahl 2009 mannes heruntergerissen werden. Udo Pastörs aus Lübtheen/ Lager isoliert, womit Spaltung und Schwäche der parteiförmig organisier- in einer Dauerkrise. Finanziell wandelt die Partei aufgrund diverser Mecklenburg macht regelmäßig mit eher juristischem Misser- ten extremen Rechten in der Bundesrepublik glücklicherweise anhalten Unregelmäßigkeiten schon seit Jahren am Abgrund. Ihr Führungsper- folg als mit politischem Profit – durch antisemitische Hetzreden dürften. Allerdings verbietet sich der vorschnelle Abgesang auf die NPD sonal ist zerstritten und ohne klare politische Ausrichtung. Schließlich auf sich aufmerksam. – wie jeder weiß, der die wechselvolle Geschichte der Partei kennt. konnte selbst aus dem Vereinigungsprozess mit der DVU kein Schub gewonnen werden. So konnten ihr bisher auch der von der Sarrazin- Dennoch haben die Wahlergebnisse gezeigt: Die NPD ist keine »Pro- Für das parteiungebundene Spektrum der extremen Rechten bleibt Debatte befeuerte antimuslimische Rassismus sowie die EU-/Euro- testpartei«, sondern sie kann in bestimmten Bevölkerungsgruppen die NPD weiterhin eine verlässliche Verbündete, die als finanziell Krise keinen Stimmenzuwachs bescheren. 2011 verpasste die NPD dauerhaft punkten: So erzielte die NPD in einigen Gruppen bei ver- (relativ) starker Partnerin und als organisatorische Klammer aller in Thüringen mit 4,6 % knapp den Einzug in ein drittes Landespar- schiedenen Landtagswahlen 2011 überdurchschnittliche Ergebnisse: Naziaktivitäten im Land unverzichtbar ist. Zudem kann die NPD Hartz-IV-BezieherInnen (11–18 %), ArbeiterInnen (11–13 %), Arbeits- auch diesem Spektrum weiterhin unter die Arme greifen, zum Beispiel 2 Als Autonome Nationalisten (AN) bezeichnen sich zumeist lose (9 %). Bei einigen Wahlen war sie außerdem besonders bei den bei der Organisation von Konzerten, Aufmärschen und regionalen jugendliche Neonazis aus den Reihen der freien Kameradschaften jüngeren WählerInnen (18–29 Jahre) erfolgreich (15–17 %), und zwar Veranstaltungen. 4 in Deutschland. Sie betonen Unabhängigkeit gegenüber einer überproportional bei den männlichen WählerInnen. Insbesondere aus ihrer Sicht starren parteiförmigen Organisationsstruktur und greifen in Dresscode, Organisation und Aktionsformen auf das Vorbild der linken autonomen Bewegung zurück. 3 Vgl. Jansen, F. (2011) 4 Vgl. Wiegel, G./Bach, R. (2011)
Das aktuelle Verbotsverfahren 5 Das aktuelle Verbotsverfahren Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um die Konsequenzen alle V- Leute aus der „Führungsetage“ NPD abgezogen werden 3. Verfahrensrechtliche Reformen: Abschaffung der aus den Erkenntnissen über den rechten Terrorismus des Zwickauer sollen, um einem neuen Verbotsverfahren noch im Jahre 2012 Sperrminorität Nazitrios wird die seit spätestens 2000 vor sich hin dümpelnde Ver- den Weg zu ebnen. Dies geschah zwar ebenfalls mit Zustimmung botsdebatte wiederbelebt – allerdings ohne wesentlich neue Argu- der CDU-Minister, dass innerhalb der Union aber nach wie vor Seit dem 2003 gescheiterten Verbot wird eine Änderung des mentationsmuster oder Sichtweisen zu hervorzubringen.5 noch grundsätzliche Bedenken gegen dieses Vorgehen bestehen, Bundesverfassungsgerichtsgesetzes erwogen, maßgeblich wird aktuell derzeit am prominentesten von Bundesinnenmi- vorangetrieben vom ehemaligen Vorsitzenden des Bundes- Drei der acht Karlsruher VerfassungsrichterInnen hatten da- nister Friedrich (CSU) vertreten.«8 tagsinnenausschusses, Sebastian Edathy (SPD). Unter anderem mals aufgrund des breiten Einsatzes von V-Leuten eine »fehlende wird die Herabsetzung der für ein Parteiverbot notwendigen Staatsferne«der Partei befürchtet und ließen den Verbotsantrag 2003 2. Gelungener Nachweis angestiegener konkreter Ge- richterlichen Mehrheit von einer Zweidrittel- auf eine einfache scheitern.6 fahr/Zunahme von Militanz Mehrheit diskutiert. Dreh- und Angelpunkt fast sämtlicher aktueller Debattenbeiträge ist Die NPD ist laut Aussagen im Rahmen der Innenministerkon- 4. Aussicht? Alles offen. demnach die Frage, inwiefern sich die Rahmenbedingungen in Bezug ferenz heute viel leichter nachweisbar mit den freien Kamerad- auf das von der Bundesregierung 2001 beantragte Verbotsverfahren schaften verstrickt. Dies muss allerdings nicht nur einzelnen Aktuell zeichnet sich ein ernstgemeinter Anlauf für einen neuen geändert haben. FunktionärInnen zugeordnet werden, sondern der NPD insge- Verbotsantrag ab. Über welches der dargestellten Verfahrens- samt. Beim Nachweis von direkter logistischer Unterstützung modelle der Erfolg vorrangig gewährleistet werden soll, lässt Die aktuell bedeutsamsten Verfahrensmodelle für einen erneuten der »Zwickauer Terrorzelle«9 wäre ein Verbot unter Umständen sich derzeit noch nicht sicher absehen. Parteiübergreifend wird (erfolgreichen) Anlauf eines Verbotsverfahrens sind folgendermaßen leicht zu begründen. Eine besondere Qualität hat daher das Be- jedoch die große Sorge vor einem erneuten Scheitern artikuliert, zu unterscheiden: kanntwerden der Unterstützung der NSU durch die inhaftierten dieses würde dem Rechtsstaat einen enormen Imageverlust zu- Ex-NPD-Funktionäre Ralf Wohlleben10 und Carsten S. 11. fügen und die NPD und somit die extreme Rechte insgesamt 1. Abzug aller V-Leute eher stärken. Deswegen sei eine Absicherung des Erfolges durch Am 23. 3. 2012 verständigten sich die Innenminmister ebenfalls eine „saubere“ Flankierung des Verfahrens von immenser Be- Entsprechende Initiativen könnten auf Länderebene bereits auf ein neues Vorgehen: es werde nun koordiniert eine umfang- deutung. 13 vollzogen werden. In Hamburg geschah dies bisher entgegen reiche Sammlung über die Aktivitäten der Partei begonnen. Dies anderslautenden Ankündigungen nicht. Die NPD gilt nach wie geschehe mit dem expliziten Ziel, ihr eine aggressiv- kämpferi- Aktuell streben die Bundesländer erneut gemeinsam ein Verbot vor als bestens überwacht. Durch das sofortige Ausschalten der sche Haltung nachzuweisen, da nur so die Grundvoraussetzung der NPD an. Dies beschlossen die 16 MinisterpräsidentInnen auf InformantInnen bzw. durch den Abzug der Spitzel würde die für ein Verbot vorliege.12 ihrer Konferenz in Berlin im Dezember 2011 einstimmig. Bis wohl wichtigste Informationsquelle wegfallen. Diese Position Ende März 2012 sollen die Innenminister Fakten und Beweise wurde stets am vehementesten von der CDU vertreten: Man sei 8 http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1710389/ für einen neuen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht „zur Abwehr von Gefahren auf Erkenntnisse aus dem Innen- 9 Der Begriff ist in zweierlei Hinsicht irreführend: 1. Er suggeriert eine zusammentragen.14 leben der Partei angewiesen.“ (z.B.: Wolfgang Bosbach, CDU, klare lokale Herkunft, obwohl beim derzeitigen Kenntnisstand von Vorsitzender des Innenausschusses).7 Diese Argumentation einem bundesweiten Unterstützungsnetzwerk ausgegangen werden wird offensichtlich aktuell gerade revidiert. So beschlossen die muss. 2. Der Begriff »Zelle« unterstellt eine hochkonspirative und hermetisch abgeschlossene Arbeitsform. Auch dies ist vor dem Innenminister der Länder sowie des Bundes auf einer Sonder- Hintergrund der in der rechten Szene offensichtlich bekannten konferenz am 23.3. 2012 einstimmig, dass bis zum 2. April 2012 und offen unterstützten Mordserie mindestens irreführend. 10 Vgl. Tagesschau (2011a) 5 Vgl. Wolf, J. (2011) 11 Vgl. Bielicki, J./Leyendecker, H. (2011) 6 Vgl. Gensing, P. (2011) 12 http://www.fr-online.de/neonazi-terror/npd-verbot-innenminister- 13 http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,823158,00.html 7 Vgl. Die Welt (2011) wollen-beweise-gegen-npd-sammeln-,1477338,11955008.html 14 Vgl. Tagesschau (2011b)
Vorüberlegungen 6 Vorüberlegungen Didaktische Begründung Argumentation kennen. Sie lernen auch, sich gleichzeitig mit Analysekategorien nach Giesecke Die Planung des Bausteines ist an die konfliktdidaktische Konzep- der jeweiligen Gegenposition auseinanderzusetzen und sich so Um den politischen Kerngehalt des Konfliktes herauszuarbeiten, tion Hermann Gieseckes angelehnt. 15 Giesecke lehnt ein harmoni- auf einen gleichberechtigten Streit einzulassen. entwickelt Giesecke Analysekategorien. Diese gliedern den Lernge- sierendes Politikverständnis ab und stellt den politischen Konflikt genstand nicht in theoretischer Form, sondern stellen ein Erkenntnis- als Normalfall in das Zentrum seiner Überlegungen. Laut Giesecke c) Die TN erleben die hinter den Argumentationen verborgenen instrument dar: Sie sind Erschließungsfragen, die bereits im Rahmen stellt der politische Konflikt eine offene und somit die »eigentliche« Wertvorstellungen und erwerben auf der Ebene des Aktionswis- der Konfliktmoderation, besonders jedoch in der anschließenden politische Handlungssituation dar. Die Streitfrage, ob ein NPD-Verbot sens eine über den politischen Fachinhalt weit hinausreichende Nachbesprechung, die Komplexität eines politischen Sachverhaltes ein funktionales Mittel im Kampf gegen die extreme Rechte darstellt, Handlungskompetenz. entschlüsseln. ist demnach nicht nur ein geeigneter Anlass, die jeweiligen Argumen- te kennenzulernen; sie bietet darüber hinaus die Möglichkeit einer d) Über die exemplarische Bedeutung hinaus lernen die TN beispielhaften kategorialen Analyse von Gesellschaft und Politik. durch die Fokussierung auf die derzeit bedeutsame politische Kontroverse über ein NPD-Verbot unterschiedliche antifaschis- Dies hat folgende Konsequenzen: tische Strategiekonzepte kennen. Auch lernen sie, sich kritisch mit der Frage nach deren Wirksamkeit und Begründungszu- a) In der Analyse einer Konfliktsituation erfahren die Teilneh- sammenhang zu beschäftigen. merInnen (TN), dass es keine objektiv richtige Lösung, keine allgemeingültige Wahrheit gibt; dass Antworten innerhalb einer politischen Kontroverse also stets relativ, stets auf den jeweiligen Standpunkt bzw. auf das jeweilige Interesse bezogen sind. b) Indem die TN innerhalb der Inszenierung einer Konfliktsitu- ation eine Position vertreten, lernen sie nicht nur die jeweilige 15 Vgl. Giesecke, H. (1976)
Vorüberlegungen 7 Kategorie Analysefrage Bezug auf Debatte über NPD-Verbot Vorüberlegungen Konflikt Worin besteht der Konflikt? Stellt das Verbot der NPD ein wirksames Mittel im Kampf gegen die extreme Rechte dar? Interesse Welchen Vorteil habe ich oder haben andere Wirkt ein Verbot im intendierten Sinne? Schränkt es die Artikulationsfähigkeit der NPD ein und stellt einen Ausdruck gesellschaftlicher Ächtung dar, oder von einer Situation oder Aktion? führt ein Parteienverbot entgegen der eigentlichen Absicht zu einer Verfestigung und Verdunkelung der rechten Szene? Verlagert es eine gesamtgesell- schaftliche Auseinandersetzung mit Rassismus und autoritären Einstellungen auf eine juristische Ebene, oder stellt es sogar eine politische Täuschung über die eigentlich zugrunde liegenden staatlichen Interessen (Geheimdienste vor allem zur Bekämpfung von gesellschaftlichen Änderungen von links) dar? Solidarität Welche Übereinstimmungen in der Argumen- Übereinstimmend wird die NPD als politische Gefahr eingeschätzt. Es gibt im demokratischen Spektrum keine Gruppe/Partei, die aus einer politischen tation gibt es in dieser Frage? Nähe, also inhaltlich-politischer Übereinstimmung mit den Positionen, gegen ein Verbot eintritt. An welchem Punkt kommen die BefürworterIn- nen und SkeptikerInnen zu einer gemeinsamen Einschätzung und an welchem nicht? Ideologie Welche Ideen bzw. Ordnungsvorstellungen lie- Welche Rolle spielt der Staat bei der Bekämpfung rechter Gewalt: Ist er eine »neutrale Instanz«, oder ist er »auf dem rechten Auge blind«? gen einer Situation zugrunde? Welche demokratietheoretischen Grundhaltungen liegen der Frage zugrunde: Ist der WählerInnen-Wille zu respektieren, und sollte sich mit der zugrunde liegen- den politischen Haltung innerhalb eines pluralistischen Staates demokratisch auseinandergesetzt werden? Oder hat das Recht auf freie Meinungsäußerung und politische Repräsentation da seine Grenze, wo es den FeindInnen der Demokratie eine Bühne für ihren Kampf gegen Freiheit und Demokratie bietet? Geschicht- Welche geschichtlichen Auseinandersetzun- In welchen Situationen gab es allgemein bereits Parteienverbote? Wie viele Anläufe zu einem NPD-Verbot gab es bereits? In welchen Situationen? Was gen kommen in der Situation zum Ausdruck? waren die jeweiligen Auslöser? lichkeit Welche Erfahrungen gibt es mit Parteienverboten? Macht Welcher Zwang kann zur Durchsetzung der Kann der Staat flankierend zu einem Verbot überhaupt Einfluss auf die Einstellung der NPD-WählerInnen nehmen? Aktion angewandt werden? Ist ein Verbot überhaupt wirkungsvoll/schwächt es die Rechte? Wie wirkt ein möglicher Umgang auf die Macht- Oder radikalisiert es die Szene, führt zu einem Abtauchen der militanten Szene? balance ein? Stabilisiert und stützt ein erneut scheiternder Verbotsanlauf die NPD? Recht Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es zu Welchen Rahmen setzt das Grundgesetz in Bezug auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit? In welchem Verhältnis stehen diese Rechte zu dieser Maßnahme? weiteren Freiheits- und Bürgerrechten? Durch welche Rechte erfahren die Grundrechte eine Begrenzung? Ziele vorgegebene Leitfrage benennen, verschiedene Argumentationsebe- Über diese zentralen Ziele politischer Bildung hinaus stärken die TN Die TN diskutieren im Rahmen einer Talkshow verschiedene Po- nen sowie das dahinter stehende Politikverständnis unterscheiden und ihre politische Handlungsfähigkeit in Bezug auf ihre personalen, sozi- sitionen zu der Frage, ob ein NPD-Verbot ein geeignetes Mittel zur abschließend persönlich eine fundierte Meinung äußern. alen und methodischen Kompetenzen, indem sie eine Position inhalt- Bekämpfung der extremen Rechten darstellt, und beziehen begründet lich erarbeiten, die Präsentation strukturieren und abstimmen und Stellung zu dieser Frage. Sie lernen dadurch antifaschistische Strategien kennen, gewinnen diese Position schließlich im Rahmen einer Talkshow vertreten. einen Überblick über die unterschiedlichen Herangehensweisen ver- Innerhalb dieses Arrangements stärken die TN ihre politische Urteils- schiedener Interessen- bzw. ExpertInnen-Gruppen und analysieren fähigkeit, indem sie die zentralen Argumente im Hinblick auf die die dahinter stehenden unterschiedlichen Vorstellungen von politi- schen Prozessen sowie von den jeweiligen Rollen der AkteurInnen im politischen Prozess.
Exemplarisches Ablaufschema 8 eines Kurzvortrages der Verlauf des ersten Verbotsverfahrens sowie die aktuelle Kontroverse zwischen verschiedenen zivilgesellschaftli- Exemplarisches Ablaufschema die Anlässe für die aktuelle Debatte um einen erneuten Verbotsantrag chen Interessengruppen dargestellt und mit wissenschaftlichen Per- gegen die NPD vorgestellt. spektiven kontrastiert und gegebenenfalls durch diese ergänzt wird. Vorlauf Zur Vertiefung wird ein Mitschnitt aus einer Radiosendung im Ple- Die nicht an der Talkshow beteiligten TN erhalten als ZuschauerInnen Zum Einstieg wird ein kurzer, emotional anregender Film über die num gehört. Die TN notieren sich stichwortartig die Gründe für das einen Beobachtungsauftrag: Sie sollen zum einen notieren, welche in NPD gezeigt. Scheitern des Verbotsantrages von 2003.16 den Gruppen erarbeiteten Argumente von ihren VertreterInnen in der Talkshow angeführt werden. Zum anderen sollen sie Argumente Zum Beispiel: Hiermit wird der erste Teil des Vorlaufunterrichtes, der in erster notieren, die sie in Bezug auf die Fragestellung, ob ein NPD-Verbot ein Linie notwendiges Basiswissen zum NPD-Verbot vermitteln soll, wirksames Mittel zur Bekämpfung des Rechtsextremismus darstellt, Plusminus: »Geheime Bilder: riskante Bilder von NPD- beendet. für besonders wichtig erachten. Beide Elemente des Beobachtungsauf- Funktionären« trages sind für die folgende Auswertungsphase von Bedeutung. Im zweiten Teil steht die Vorbereitung der Talkshow im Vordergrund. http://daserste.ndr.de/panorama/ Die TN erhalten zunächst Informationen zur Methode und erarbeiten Auslösung archiv/2007/erste5114.html anschließend die Positionen, die sie in der Talkshow vertreten sollen. Plusminus: »Strafverfahren gegen Pastörs?« Hierzu erhalten die TN Informationsmaterial mit den wesentlichen Nachdem die Talkshow von der Moderation geschlossen wurde, Argumenten. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, Erklärungen und kommen die TN in der Sitzordnung eines Halbkreises zusammen. http://daserste.ndr.de/panorama/ Ergänzungen der Argumente im Internet zu recherchieren. Um Rollendistanz herzustellen, werden zunächst die direkt an der archiv/2009/pastoersnpdhetzrede100.html Talkshow beteiligten TN gefragt, wie sie sich mit der Vertretung ihrer Im Anschluss daran wird den TN an der Metaplan-Wand die Leitfrage rollenspezifischen Positionen gefühlt haben. Anschließend sollen sich der Unterrichtssequenz »Ist das Verbot der NPD ein wirksames Mittel die ZuschauerInnen insbesondere zum erlebten Diskussionsklima zur Bekämpfung der extremen Rechten?« vorgestellt. Die TN posi- Talkshow äußern. tionieren sich zu dieser Frage auf einer Meinungslinie. Das Ergebnis Um die TN nach der Begrüßung der Gäste auf die Situation der Talk- wird ausgewertet, einzelne Meinungen werden in Form spontaner show einzustimmen, wird diese mit einer kurzen Anmoderation Auswertung mündlicher Statements eingeholt und zunächst unkommentiert eingeleitet. Anschließend bringen fünf Gäste ihre Positionen zum stehen gelassen. NPD-Verbot vor und diskutieren diese. Die Rolle der Moderation Nach einer kurzen Besprechungszeit präsentieren die einzelnen übernimmt aufgrund der Komplexität des Inhaltes die LeiterIn (L) Gruppen nacheinander die in der Talkshow genannten Argumente Im nächsten Schritt beschäftigen sich die TN mit der NPD. Sie erhal- selbst. und ergänzen gegebenenfalls nicht genannte Argumente, die sich ten zunächst Informationen zu FunktionsträgerInnen, Struktur und auf ihre Position beziehen. Doppelungen von Argumenten der In- politischer Bedeutung der Partei, die in einer PowerPoint-Präsentation Als Gäste sind je eine VertreterIn der Vereinigung der Verfolgten teressengruppen und der wissenschaftlichen ExpertInnen werden aufbereitet sind. Die Folien werden den TN als Notizseiten ausgeteilt. des Naziregimes (VVN), von ver.di und von der Amadeu-Antonio- bewusst aufgenommen, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Anschließend erarbeiten sich die TN zu zweit das inhaltliche Profil Stiftung (AAS) sowie zwei wissenschaftliche Experten mit gegen- Argumentationen sichtbar zu machen. Im Anschluss sollen die TN im der NPD als Partei der extremen Rechten. Sie erhalten hierzu einen sätzlichen Haltungen (Fabian Virchow [pro]; Dierk Borstel [contra]) Hinblick auf die Leitfrage das ihrer Meinung nach wichtigste Argu- Rechercheauftrag mit Anhaltspunkten für die rassistische und zum zum NPD-Verbot eingeladen. ment auf der Ja- und auf der Nein-Seite per Handzeichen abstimmen. Teil offen militante Ausrichtung der Partei. Mithilfe des Parteipro- Die entsprechenden Metaplan-Karten werden herausgestellt. gramms und des Internets sollen Beispiele in Form von Program- Die TN, die deren Rolle übernehmen, werden im Vorwege von den Ar- martikeln, Aussagen usw. gefunden werden, die die verschiedenen beitsgruppen bestimmt. Die Konstellation der Gäste ermöglicht, dass Nun wird – im Rahmen einer starken Lenkung der Moderation – Anhaltspunkte belegen. anhand der von Giesecke angebotenen Analysekategorien überprüft, 16 Deutschlandradio Kultur (2011); Transkription ob zwischen den am stärksten favorisierten Argumenten eine direkte Nach Besprechung der Ergebnisse im Plenum werden den TN mittels im Anhang (»Zusatzmaterial 1«) Beziehung besteht, ob es sich also um eine passende Konstellation
Exemplarisches Ablaufschema 9 Exemplarisches Ablaufschema von Argument und Gegenargument handelt. Ist dies nicht der Fall, Positionen der Parteien Weitere Ideen für ein Follow-up: müssen notwendigerweise zwei Argumentationslinien gebildet wer- den und passende Gegenargumente zu den Topargumenten ergänzt Zwecks didaktischer Reduktion werden lediglich die Positionen von • Parteienverbote werden. zivilgesellschaftlichen AkteurInnen und Positionen aus der sozial- wissenschaftlichen Fachdiskussion dargestellt. Im weiteren Verlauf • Recherche zu Parteienverboten generell (Artikel 21 GG) Im nächsten Schritt positionieren sich die TN zu den herausgestellten sollte deshalb im Rahmen weiterführender Bildungsangebote bzw. des Konfliktlinien per Klebepunkt auf einer visualisierten Meinungslinie. Unterrichtes (im Falle vorhandener Zeitressourcen) nach Möglichkeit • Recherche zu bisher erfolgreichen Parteienverboten (1952 SRP eine Recherche zu den aktuellen Positionen der etablierten Parteien und 1956 KPD) durchgeführt werden. Die pädagogisch wertvollste, wenngleich auf- wendigste Form hierfür könnte eine von den TN selbst organisierte • Recherche zur Geschichte der NPD-Verbotsdiskussion: Die Folge/Vertiefung und moderierte Diskussion mit ParteienvertreterInnen sein. Gründe für das Scheitern der bisherigen Verbotsanträge könn- ten vertiefend nachgezeichnet werden; eine Neuauflage kann Weniger vorbereitungsintensiv sind arbeitsteilige Recherchen zum in Form einer Fallanalyse simuliert werden. Vertiefte Analyse der Argumentation Beispiel zu den programmatischen Aussagen der Parteien, Auswer- tungen von Zeitungsartikeln und Analyse von Debatten mithilfe der Was tun gegen die extreme Rechte? In der Debatte wird häufig das Argument vorgetragen, durch ein Protokolle aus den Parlamentsdatenbanken. Verbot würden die NPD-Mitglieder in den Untergrund gedrängt, • Vertiefend kann die Frage nach den sozialen Ursachen rechter sich dort weiter radikalisieren und so zwar gefährlicher agieren, aber Die in der Talkshow erarbeiteten Argumentationen können in ei- Haltungen aufgeworfen und diskutiert werden. schlechter zu beobachten sein. Dieser beliebte Einwand gegen ein nem Folgeschritt mit den Positionen der Parteien verglichen werden, Verbot ist zwar nicht anhand von Fakten belegbar, wird aber aufgrund die Debatte erhält so ein tagespolitisches Update. Darüber hinaus • Abschließend sollten der Alltagswelt der TN lebensnah und re- seiner pointierten Klarheit gern als »Multitool« in die Argumentation kann – die exemplarische Debatte übertragend – analysiert werden, alistisch erscheinende Formen antifaschistischen Engagements eingebaut. Sollte dieses Argument in der Talkshow genutzt werden dass die Aussagen der Parteien teilweise in Deckung mit den in der dargestellt und auf ihre Intention/Zielgruppe und politische (obwohl es in den Quellentexten nicht angeboten wurde), sollte es die Talkshow vertretenen Positionen sind, teilweise aber deutlich quer Wirksamkeit bezogen diskutiert werden. LeiterIn aufgreifen, separat auf Stichhaltigkeit diskutieren lassen und zu diesen liegen. gegebenenfalls durch eine gesonderte Recherche herausfinden lassen, dass diese Sorge zwar über alle politischen Lagergrenzen gesehen und geteilt wird, sich dieses Argument aufgrund seines hypothetischen Charakters jedoch in Diskussionen in der Regel aufhebt.
10 Exemplarisches Ablaufschema Themenstruktur »NPD-Verbot« Kontro- verse Talkshow: Problem: Die NPD nutzt ihren Status als Partei, um im Rahmen von Wahlkämpfen legal und zum Teil öffentlich finanziert Stimmung gegen »NPD-Verbot jetzt!« »Skepsis gegenüber der Wirksamkeit Bevölkerungsgruppen zu organisieren. eines Verbotes« Seit Gründung der NPD wird deshalb ein Partei- verstehen Verbot als bedeutsames Element des Kampfes nachvollziehen VertreterInnen gegen die extreme Rechte diskutiert. VertreterInnen ver.di Kaum eine Argumentation streitet die Gefahr, die von der NPD ausgeht, grundsätzlich ab; es besteht VVN Trotz gemeinsa- AAS weitestgehend Einigkeit darüber, dass die NPD men Interesses Borstel Virchow von allen DemokratInnen bekämpft werden muss. vermuten verschie- Das Verbot würde Das Verbot würde Dennoch durchzieht die Debatte eine Kontroverse dene AkteurInnen über den tatsächlichen Effekt eines Verbots. a) die von der NPD vertretenen unterschiedliche a) die NPD kaum behindern und Positionen ächten und Effekte eines Ver- b) die Forderung an den falschen b) es ihr erschweren, ihre botes und haben Akteur richten: Statt an den Staat zu menschenverachtende Ideologie eine unterschied- delegieren, muss ein zivilgesellschaftli- zu artikulieren. liche Vorstellung ches Bündnis die notwendigen von politischen Auseinandersetzungen Prozessen und der führen. Rolle der beteilig- ten AkteurInnen. Auswertung 1: # abwägen • Welche Argumente wurden nicht vertreten? • Welches Argument war das überzeugendste? • In welchem Zusammenhang stehen diese Argumente? • Welches Argument hat Sie gegebenenfalls dazu veranlasst, Ihre Meinung zu ändern? Auswertung 2: Stellung nehmen Meinungsbild
11 Durchführungskonzept der Talkshow Exemplarisches Ablaufschema Phase Zeit TN-/LeiterInnen-Tätigkeit Arbeitsform Medien/Material Sozialform Begrüßung 2 Min. Begrüßung und Vorstellung der Gäste. LA Talkshow 18 Min. L präsentiert kurzen Trailer zum Talkshow-Thema. LA Laptop Fünf der TN diskutieren als Talkshow-Gäste das Thema: Ist das Verbot Beamer der NPD ein Mittel zur Bekämpfung der extremen Rechten? PG Gäste: Je eine VertreterIn der VVN, der AAS und von ver.di sowie zwei wissenschaftliche Experten. L moderiert die Talkshow. ZuschauerInnen nehmen Beobachtungsauftrag wahr. Argumentematrix AB MPK Auslösung 5 Min. L befragt AkteurInnen, wie sie sich in den Rollen gefühlt haben. PG L holt Meinungen zum Diskussionsklima ein. Auswertung 20 Min. TN erhalten kurze Besprechungszeit in den Gruppen. TA TN präsentieren die in der Talkshow genannten Argumente an der MPW und ergänzen Argumente bei Bedarf. MPK TN wählen auf beiden Seiten das aus ihrer Sicht jeweils wichtigste Ar- MPW gument aus. Argumente werden herausgestellt, verglichen (»Argument/Gegenargu- ment?«) und gegebenenfalls durch passende Gegenargumente ergänzt. TN positionieren sich zu den herausgestellten Argumenten. PG TA Punkte L = LeiterIn, TN = TeilnehmerIn, PG = Plenumsgespräch, LA = LeiterInnen-Aktivität, TA = TeilnehmerInnen-Aktivität, GA = Gruppenarbeit, MPK = Metaplan-Karten, MPW = Metaplan-Wand, AB = Arbeitsblätter
Materialien 12 Positionsmatrix: Materialien Zustimmung Grundsätzliche Haltung Skepsis/Bedenken/Einwände VVN Virchow AkteurIn ver.di Borstel Amadeu-Antonio-Stiftung (Sozialwissenschaftler) (Sozialwissenschaftler) Nähe zu militanten Neonazis, faktische Konkretes Bedrohungspoten- Zusammenhang von militanten Aktio- Zusammenarbeit durch Aufgabentei- zial? nen und NPD nicht nachweisbar. Straf- lung. verfolgung auch ohne Parteienverbot möglich. Parteienstatus ist ein besonderes Privi- Status als legale Partei hat für die Bedeutung des Parteiensta- NPD ist Sammelbecken, durch Ver- Verbot würde den problematischen Das besonderes Augenmerk auf leg. Dieses hebt die NPD innerhalb der gesamte Szene enorme Bedeutung: tus? bot würden die voneinander unab- Kern der Szene (freie Kameradschaf- „Rechte in Parlamenten“ ist bereits Szene besonders hervor und verschafft Öffentlichkeit, Propaganda, Finanzie- hängigen Subszenen kaum beein- ten) kaum treffen. Teil des Problems; die alltägliche Be- ihr Bedeutsamkeit. rung … trächtigt. drohung der Opfer wird durch Ver- botsdebatten unsichtbar gemacht, also geleugnet. Keine Toleranz für Intoleranz: Bür- Demokratietheoretische Be- Der Schutz der Verfassung darf nicht Nicht-Anerkennung des freien Wähler- gerrechte werden durch Verbot nicht gründung der Beschneidung Motiv sein. Das Verbot müsste klar willens, Beschneidung des Meinungs- beschnitten, sondern verteidigt. Ver- von Grundrechten und Bezug mit dem positiven Bezug auf NS pluralismus prinzipiell kontraproduktiv: fassungsfeindlichkeit der NPD unbe- auf Verfassung? begründet werden, sonst auch An- Einschränkung der Demokratie zum stritten, Verbot steht bisher nur wegen wendung zuungunsten emanzipato- Schutz derselben ist willkürlich und pa- Verfahrensfehlern aus (V- Leute). rischer Kräfte. radox. Verbot könnte im neuen Anlauf laut Ein- Konsequenzen eines erneuten Noch ein gescheitertes Verbotsver- schätzung selbst der Verfassungsrich- Scheiterns? fahren hätte dramatische Auswir- terInnen erfolgreich sein. kungen, würde propagandistisch von der NPD wie ein Demokratie-TÜV- Siegel umgedeutet. Gefahr des Märtyrerstatus ist nur Ungewollte Konsequenzen ei- Opferstatus kann der NPD – durch un- theoretische Annahme; Solidarisie- nes erfolgreichen Verbotes? gewollte Solidarisierungseffekte – eher rungseffekte nicht nachweisbar; Ab- noch nützen. schreckungseffekt höher. Zeichen der gesellschaftlichen Ächtung, Politische Aussage der Ver- Verbot delegiert Verantwortung an Da es nur um „Imagerettung“ im Ausland überfälliges Zeichen der Solidarität/ botsforderung? politische AkteurInnen (Gesetzge- geht, wirkt die Forderung wie eine ver- Parteilichkeit für Opfer. ber; Ministerien, VS), die aber kein logene, politisch antiliberale PR-Aktion. wirkliches Interesse am „Kampf ge- gen rechts“ haben. Dies befördert die politisch irreführende Illusion staatlicher Neutralität und bedient somit extremismustheoretische Er- klärungen. Förderung der Zivilgesellschaft nötig, Subjekt/Motor gesellschaftli- Gegen Neonazis hilft nur ein brei- Zivilgesellschaftliche Prozesse wichtig: Zivilgesellschaftliches Engagement Verbot der NPD ändert nichts an den cher Auseinandersetzungen? tes gesellschaftliches Bündnis, das demokratische Netzwerke, politische wichtigstes Standbein im Kampf ge- Ursachen rechter Einstellungen. Dies Druck auf der Straße macht. Bildung … gen rechts. Soziale Frage nicht den ist aber nur Scheinwiderspruch, Antifa- Rechten überlassen … schismus sollte zweigleisig fahren!
Warum ein Verbot der NPD nötig und möglich ist Aus: http://www.npd-verbot-jetzt.de/argumente/argumente.shtml 13 Warum ein Verbot der NPD nötig und möglich ist Material 1: VVN/BDA Führung, der eingeführte Name, ihre Öffentlichkeitsarbeit, der Schutz ‚Die Beobachtung einer politischen Partei durch V-Leute staatlicher »Die NPD hat sich in den letzten Jahren zum gefährlichen Kristalli- ihrer Veranstaltungen und vor allem ihre Finanzen (Parteivermögen, Behörden, die als Mitglieder des Bundesvorstandes oder eines Landes- sationskern des gesamten Neofaschismus entwickelt. Die NPD-Füh- Immobilienbesitz, Parteiverlag, Fraktionen und MitarbeiterInnen, vorstandes fungieren, unmittelbar vor oder während der Durchführung rung hat ein funktionsfähiges Bündnis mit gewaltbereiten Gruppen Wahlkampfkostenerstattung, steuerliche Vorteile) basieren auf dem eines Verfahrens zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Partei geschlossen und eine eindeutige und zunehmende Dominanz im Status einer legalen Partei. ist in der Regel unvereinbar mit Anforderungen an ein rechtsstaatli- Spektrum neofaschistischer Wahlparteien errungen. Eine solche ches Verfahren, die sich aus Art. 21 Abs. 1 und Abs. 2 GG i. V. m. dem Situation gab es in der Bundesrepublik noch nie. Im Rahmen der Die NPD ist kein schützenswerter Bestandteil der Demokratie Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG, ergeben.‘ sozialen und politischen Krisen wirkt sich die NPD stark negativ Deutschlands, sondern eine latente und zunehmende Gefährdung aus. Sie ist ein aktiver und demagogischer Gegner jeder progressiven derselben. Die Grund- und BürgerInnen-Rechte von MigrantInnen, Dieser Beschluss besagt nicht, wie zum Beispiel Schäuble sugge- Politik. Nichts deutet darauf hin, dass sich dieses Problem von selbst Linken und anderen von den NeofaschistInnen als FeindIn auserko- riert, dass die VS-Behörden dann ja die Beobachtung der NPD mit erledigen würde. renen Gruppen werden massiv beeinträchtigt. Die Legalität der NPD ‚nachrichtendienstlichen Mitteln‘ einstellen müssten. Nach eigenen führt außerdem fortlaufend zur Kriminalisierung antifaschistischer Angaben beschafft sich zum Beispiel der niedersächsische VS seine Faschistische Politik läuft auf politisch motivierte Gewaltverbrechen Gruppen und ihrer Aktionen. Ein Verbot der NPD bedeutet also ein Informationen ohnehin nur zu 20 % über ‚nachrichtendienstliche hinaus. Wer eine solche anstrebt, fordert oder fördert, plant mithin Mehr an Freiheit. Die Förderung der Zivilgesellschaft und Repression Mittel‘, von denen wiederum nur ein Teil von V-Leuten stammt. Ob- Schwerstkriminalität. Es gibt keinen Grund, dies zu tolerieren, ebenso gegen NeofaschistInnen gegeneinander auszuspielen, wie es zurzeit servationen, Fotos und vor allem die Auswertung offener Quellen wenig wie im Falle anderer TotschlägerInnen, MörderInnen und ihrer häufig geschieht, geht ebenfalls in die Irre. Man muss beides tun. bleiben unberührt und sind für den Nachweis der Verfassungswid- HelferInnen. Das Grundgesetz kennt deshalb auch keine Toleranz rigkeit völlig ausreichend. Ein Abzug oder zumindest Abschalten der gegenüber Diskriminierung aus rassischen, religiösen und anderen Die Bundesverfassungsrichter Papier, Hassemer und vorher bereits (bezahlten) V-Leute aus den Führungsgremien der NPD ist ohnehin Gründen, der Aufstachelung zum Rassenhass und der Vorbereitung Jentsch haben am 29.01.2005 ausdrücklich darauf hingewiesen, wünschenswert. Die Ablehnung des Neofaschismus und speziell und Führung von Angriffskriegen. Das Strafgesetzbuch kriminalisiert dass ein neues Verbotsverfahren juristisch möglich ist. Ob die NPD der NPD geht weit über den Kreis der politischen Linken hinaus. Es ebenfalls und zu Recht faschistische Ideologie. verfassungswidrig ist, wurde 2001–2003 überhaupt nicht behan- gibt eine große spontane Zustimmung zum Verbotsgedanken zum delt, vielmehr eine Prozessentscheidung getroffen, die sich gegen Beispiel bei religiös Gebundenen, Gewerkschaftern und bei vielen Die Funktionen einer Partei können nur durch eine Partei ausgeübt das Verhalten der Antragsteller richtete. Der entscheidende Satz im Jugendlichen. Selbst die Gegner eines Verbotsverfahrens wie zum werden. Deshalb führt es in die Irre, davon zu sprechen, die NPD kön- Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 18.03.2003 benennt Beispiel Innenminister Schäuble gestehen zu, dass ‚die materiellen ne leicht durch ‚nicht greifbare Gruppen‘ ersetzt werden. Das Gegenteil die Bedingung: Voraussetzungen für ein Parteiverbot bestehen‘.« ist der Fall: Die über lange Zeit aufgebauten Strukturen, die eingespielte
Für und Wider eines Verbots 14 aus: VerDi/ Avanti: „Die Reihen fest geschlossen“; http://www.avanti-projekt.de/ Für und Wider eines Verbots Material 2: ver.di/avanti Die Forderung nach einem NPD-Verbot scheint uns außerdem nicht für Aufmärsche und Infostände geschaffen werden, die gleichzeitige ausreichend, da mit einem Verbot das Problem neofaschistischer Ein- Behinderung antifaschistischen Protestes sind Auslegungen einer be- stellungen und Potenziale nicht aus der Welt geschafft ist. Die NPD stehenden Rechtslage, die ganz anders aussehen könnten – wenn der wird von ganz unterschiedlichen Strömungen der extremen Rechten Kampf gegen Neofaschismus ein ernsthaftes Anliegen wäre. »Natürlich wäre es positiv, wenn den Neofaschist_innen mit der le- als legaler ‚Dachverband‘ genutzt, um Demonstrationen anzumelden galen Organisationsform auch eine Menge Infrastruktur und Geld und Propaganda zu verbreiten. Von der kulturell geprägten Skinhead-/ Die Forderung nach einem Verbot darf auch niemals losgelöst von verloren gehen würde. Natürlich ist es ein Unding, dass einer neo- Hooligan-Subkultur bis hin zur neurechten Vordenker_in können ihrer antifaschistischen Begründung vorgetragen werden. Wenn wir faschistischen Organisation mehrere 100.000 Euro Steuervorteile sich alle mit zumindest einzelnen Aspekten der Partei anfreunden ein Verbot der NPD oder auch nur ihrer Propagandamöglichkeiten gewährt und Wahlkampfkosten erstattet werden. Natürlich ist es – und dieses gesamte Spektrum kann weder verboten werden noch fordern, dann deshalb, weil sie sich mit ihrer Politik in direkte Tradi- ein noch größeres Unding, dass eine unbekannte Anzahl von Ver- würde ein Verbot dauerhaften Eindruck auf die Aktivist_innen tion der verbrecherischen NSDAP, des deutschen und europäischen bindungs-Leuten (V-Leute) des Verfassungsschutzes (VS) auch noch machen. Neofaschismus ist ein viel zu komplexes Problem, als dass Faschismus stellt. Verbotsforderungen, die ausschließlich mit der mit staatlichen Gehaltszahlungen viel Zeit für politische Arbeit in der ein einfaches Parteiverbot es lösen könnte. Ein bloßes Verbot läuft Verfassungswidrigkeit argumentieren, laufen Gefahr, auch eman- NPD ermöglicht bekommen. Aber: Eine Verbotsforderung hat erstens also Gefahr, die institutionellen und gesellschaftlichen Ursachen zipative, linke Bewegungen zu gefährden. […] derzeit wenig Aussicht auf Erfolg und zweitens reicht sie nicht aus. für Rassismus und Ausgrenzung auszublenden. Nicht selten sind es sogar dieselben Innenminister_innen oder Politiker_innen, die Die Forderung nach einem Verbot der NPD wird immer wieder auf- Ein Rückblick: Das NPD-Verbotsverfahren scheiterte 2003 bekannt- schärfere Asyl- und Ausländergesetze verlangen bzw. verantworten, kommen, und entsprechend müssen auch immer wieder Argumente lich nicht an inhaltlichen Gründen. Ob die NPD eine verfassungs- gleichzeitig aber in populistischer Weise ein NPD-Verbot fordern und und Beweise dafür gebracht werden, dass die Forderung richtig sein widrige Partei ist, wurde gar nicht erst geprüft, sondern der Versuch sich anschließend in Scheindebatten flüchten. Staatliche Stellen haben kann, aber nicht ausreichend ist. Wir müssen selbst aktiv werden und scheiterte bereits im Ansatz an der tiefen Verstrickung des VS mit dem ganz offensichtlich kein ernsthaftes Interesse, konsequent gegen die ein antifaschistisches Klima schaffen. […] Wir müssen also in Schulen, Führungskader der neofaschistischen Partei. Es war nicht auszuschlie- Ursachen von rechten Einstellungen vorzugehen, und gesamtgesell- Betrieben, Vereinen, bei Wahlen und auf der Straße darauf hinweisen, ßen, dass belastendes Material im Verbotsverfahren aus der Hand von schaftlich ist die Empörung über einzelne Vorfälle viel zu kurzlebig, dass Neofaschist_innen in jeglicher Gestalt nicht nur unerwünscht staatlich alimentierten Neonazis stammte, was ein rechtsstaatliches um an den entscheidenden Stellen für Druck zu sorgen. Nur eine breite sind, sondern eigentlich schon heute keinen Platz in der Gesellschaft Verfahren unmöglich machte. Etwa jede_r siebte Angehörige von antifaschistische Bewegung, die sich nicht einschüchtern lässt, kann haben. Deshalb brauchen wir eine breite, in der politischen Orien- Bundes- oder Landesvorständen der NPD soll ganz oder teilweise eine weitere gesellschaftliche Verankerung der Neofaschist_innen tierung eindeutige und im Handeln entschlossene Bewegung, um vom Geheimdienst finanziert werden. Solange diese Praxis weiter be- verhindern und rassistische Strukturen aufbrechen. […] Die bereits das Treiben der Faschist_innen einzuschränken. Wir können nicht steht, ist ein Verbot der NPD nach Ansicht einiger Verfassungsrichter bestehenden juristischen Möglichkeiten (zum Beispiel Rechtsrockkon- auf den Staat/die Politik warten. Wir müssen als antifaschistische unmöglich – der VS wird also zur besten Rechtsschutzversicherung zerte zu verhindern) werden […] keineswegs ausgeschöpft. Auch die Bewegung die Kriterien für das staatliche Handeln möglichst weit- der Partei. […] oft unnötig günstigen Bedingungen, die der NPD in Hamburg meist gehend beeinflussen.«
Symptombekämpfung 15 aus: http://www.bpb.de/themen/TV4Q2C,0,Disput_unter_Freunden.html Symptombekämpfung Material 3: Amadeu-Antonio-Stiftung Die NPD ist eher ein Symptom als die Krankheit selbst. Kein ver- Nach einem Verbot wird das Gleiche passieren. Nach dem Motto »Die Bedingungen für einen NPD-Verbotsantrag scheinen seit dem nünftiger Mensch wird annehmen, dass die BürgerInnen von Mügeln ‚Keine NPD – kein Problem‘ wenden sich Politik, Gesellschaft und letzten Versuch nicht besser geworden zu sein. Die V-Leute sind noch mutiger das Pogrom vereitelt hätten, wenn die NPD verboten gewesen Medien ab. Den Nazis nicht das Feld zu überlassen, heißt: sich selbst immer nicht abgezogen worden, und es sieht nicht so aus, als würde wäre. Die Erfahrung zeigt leider, dass Politik und Gesellschaft nur kümmern. Um Demokratie im Alltag, um gute Beratung gegen dies bald geschehen. Doch selbst dann ist der Ausgang des Verfahrens dann bereit sind, auf die rechtsextreme Bedrohung zu reagieren, wenn Rechtsextremismus, um gute Schulen und um kluge statt bürokra- ungewiss. Wenn aber der Verbotsantrag erneut scheitert, macht sich sie es in die Parlamente schafft. Dann nämlich ist da eine andauernde tische Lösungen bei Strukturproblemen. Dies alles ginge natürlich der Staat unmöglich und verhilft den Neonazis zu einem weiteren Erinnerung, ein Menetekel, dass in Deutschland etwas nicht stimmt. auch wunderbar ohne die NPD. Wenn Deutschland aus sich selbst Triumph. Eine andere Frage scheint mir aber fast noch wichtiger: Seit die NPD in die Landtage einzieht, wird der Rechtsextremismus heraus dazu bereit wäre – und nicht immer ein Menetekel brauchte, Kann mit einem Verbot wirklich erreicht werden, dass InderInnen, endlich als ernsthafte gesellschaftspolitische Gefahr wahrgenommen. das vielleicht auch andere sehen können!« ÄgypterInnen, AfrikanerInnen nicht beleidigt, verfolgt und geprü- Und dort, wo sie es nicht schafft, entwarnen die PolitikerInnen so, als gelt werden? Und das unter Duldung oder gar unter dem Jubel der ob es bei niedrigen Wahlergebnissen auch kein Problem mit Neonazis umstehenden Bevölkerung? Bestimmt nicht. Im Gegenteil. mehr gäbe.
Würde ein Verbot der NPD schaden? in: Virchow/Dornbusch: 88 Fragen und Antworten zur NPD, 2008, S. 274 ff. 16 Würde ein Verbot der NPD schaden? Material 4: Virchow, Fabian lungen, auf denen es regelmäßig zu rassistischen und antisemitischen während der jüngsten NPD-Verfahren war dies zu beobachten, ohne »[…] Hinsichtlich der möglichen Auswirkungen eines Verbotes der Äußerungen kommt, wäre ebenso erschwert wie die legale Ansprache dass damit allerdings in nennenswertem Umfang neue Unterstütze- gegenwärtigen NPD ist zunächst auf die veränderte Konstellation von Jugendlichen. rInnen oder Mitglieder gewonnen werden konnten. Im Gegenteil: Die gegenüber den Verboten der Kleinorganisationen zu verweisen. Die Zahl der Parteiangehörigen sank und stieg erst wieder an, nachdem NPD verfügt über eine bundesweite Struktur und einen kompletten Im Spektrum der extremen Rechten würde die derzeit dynamische das Bundesverfassungsgericht erklärt hatte, das Verfahren nicht weiter Propagandaapparat; sie ist in zwei Landtagen vertreten und nutzt organisatorische Kraft zunächst nicht weiter agieren können; aufgrund verfolgen zu wollen. Auch wenn nicht auszuschließen ist, dass es im die dort zur Verfügung gestellten Ressourcen zur Beschäftigung der bundesweiten Struktur als Partei sind Hunderte von neonazisti- Falle eines Verbotes zu Solidarisierungseffekten kommt, so dürften ihrer Kader und zur systematischen Stabilisierung und politischen schen AktivistInnen in ihren Funktionen in Landes- und Ortsverbän- diese gegenüber der abschreckenden Wirkung eines strafbewehrten Beeinflussung ihres SympathisantInnen-Umfeldes. Unter Nutzung den sowie in Nebenorganisationen identifizierbar, deren Nachfolge Verbotes gering sein. des ‚Parteien-Privilegs‘ führen die NPD beziehungsweise ihre Partei- und Fortsetzungsaktivitäten also erkennbar und – politischer Wille zeitung öffentliche Versammlungen durch und verbreiten in großem vorausgesetzt – unterbindbar wären, sofern sie organisatorische Ge- Insgesamt würde ein Verbot der NPD aufgrund der damit einher- Stil Rechts-Rockmusik. stalt annehmen. Der erneute Aufbau einer Struktur, die der jetzigen gehenden Beschlagnahme des Parteivermögens (unter anderem NPD vergleichbar ist, wäre nicht in wenigen Jahren zu schaffen. Immobilien), der Einstellung der Parteizeitung, des Ausbleibens In der jetzigen Situation würde ein Verbot der NPD den Neonazis- staatlicher Wahlkampfkostenerstattung und Fraktionsmittel sowie mus, ja die gesamte extreme Rechte beträchtlich zurückwerfen. Der Gelegentlich wird behauptet, die NPD würde aus Verboten insofern der reduzierten Möglichkeit der legalen öffentlichen Agitation die Partei beziehungsweise dem politischen Spektrum würden erhebliche politischen Nutzen ziehen, als sie sich als Märtyrerin präsentieren extreme Rechte als Ganzes erheblich treffen.« finanzielle Mittel entzogen; die derzeit von der Partei und von den könnte. Tatsächlich nutzt die NPD jede Gelegenheit, dies zu tun; ob Landtagsfraktionen bezahlten Kader müssten ihren Lebensunter- NPD-Mitglieder wegen Gewalttaten oder wegen der Verbreitung halt anderweitig sichern und stünden nunmehr begrenzt politischer volksverhetzender Propaganda verurteilt werden – die Inszenierung Tätigkeit zur Verfügung. Die Durchführung öffentlicher Versamm- als ‚unschuldige Opfer staatlicher Willkür‘ folgt auf dem Fuße. Auch
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