DAADeuroletter 60 - NA DAAD

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DAADeuroletter 60 - NA DAAD
Informationen zur EU-Bildungs- und Hochschulzusammenarbeit
Ausgabe

60          DAADeuroletter
Juni 2016   Nationale Agentur für EU-Hochschulzusammenarbeit

            Bewegungen im Europäischen
            Hochschulraum
            Erfahrungen und Projektbeispiele
DAADeuroletter 60 - NA DAAD
Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

nicht erst in der letzten Redaktionssitzung wurde die Fra-     mus+ Experten in dieser
ge nach dem Titel dieses Heftes sehr intensiv diskutiert,      Ausgabe. Es freut uns
möchten wir Sie doch bereits mit einem ansprechenden           sehr, interessante Berich-
Titel für die Lektüre gewinnen. Der Titel „Bewegungen im       te zur Projektumsetzung
Europäischen Hochschulraum“ umfasst alle inhaltlichen          und zu konkreten Akti-
Facetten dieser Ausgabe. Europa ist in den letzten Jah-        vitäten und Erlebnissen,
ren in Bewegung geraten, wobei sich Bewegungsrichtung          besonders in der Zusam-
und -intensitäten oft erheblich unterscheiden und verän-       menarbeit mit Partnerlän-
dern.                                                          dern, in dieser Ausgabe zu
                                                               haben. Damit zeigen die
Bildung schafft Zukunft – dieser Aussage kommt im
                                                               deutschen Hochschulen,
Zuge der Flüchtlingsbewegungen und der damit zusam-
                                                               wie das Programm Erasmus+ mit vielfältigen Aktivitäten
menhängenden Diskussionen in Europa eine besondere
                                                               einen Beitrag leisten kann zu einem bewegten und sich
Bedeutung zu. Daher unternehmen wir zu Beginn dieser
                                                               bewegenden Europa.
Ausgabe einen Versuch, die Entwicklung und den Beitrag,
welchen Maßnahmen im Hochschulbereich auf EU-Ebene             Das jüngste Ereignis, das Europa in Bewegung hält, ist das
leisten können, darzustellen. Welche Bedeutung hat dies        Thema „Brexit“. Wir möchten Ihnen bei dieser Gelegenheit
für die Aktivitäten der Nationalen Agentur aber auch für       mitteilen, dass es laut Information der EU-Kommission für
den DAAD? Den erfreulichen Aspekt der Erweiterung des          das Erasmus+ Programm einen Bestandsschutz laufender
Europäischen Hochschulraumes um Weißrussland be-               Projekte gibt. Über weitere Entwicklungen und mögliche
leuchten wir und freuen uns, dass Peter Greisler (BMBF)        Entscheidungen, die das Erasmus+ Programm und Groß-
dies in einem Interview für uns einordnet.                     britannien betreffen, halten wir Sie natürlich weiterhin auf
                                                               dem Laufenden.
Inklusion hat viele Gesichter, wir stellen Ihnen Anna Dinges
vor, die uns über ihre Teilnahme als blinde Erasmus+ Ge-       Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!
förderte an einer Konferenz zur Inklusion in Wien berichtet
                                                               Ihr
und ein persönliches Resümee zieht. Inklusion von Flücht-
lingen andererseits war eines der Themen der gemeinsa-
men internationalen Veranstaltung der vier deutschen Na-
tionalen Agenturen auf der Zeche Zollverein: Klaus Fahle,
Leiter der Nationalen Agentur „Bildung für Europa“ beim
BIBB berichtet uns hierzu in einem Gastbeitrag. In diesem
Kontext organisieren wir im September in der Gedenkstät-
                                                               Dr. Hanns Sylvester
te der Berliner Mauer eine Impulsveranstaltung zur euro-
päischen Kohäsion.

Aber ungeachtet möglicher aufziehender Probleme oder
den Diskussionen zur Anerkennung von Studienleistun-
gen im Ausland, denen sich eine neue Ausgabe der Stu-
die „Anerkennung (k)ein Problem“ widmet, berichten wir
auch über besondere Erfolge: Das 10-jährige Jubiläum
von „Europa macht Schule“, welches wir im September
gemeinsam mit den sehr aktiven studentischen Initiativen
feiern werden ebenso wie das weiterhin große Engage-
ment deutscher Hochschulen im Programm Erasmus+,
einerseits belegt durch die Ergebnisse der gerade abge-
schlossenen Auswahlrunden aber auch und besonders
durch viele Beiträge von Projektkoordinatoren und Eras-

                                                                                                                              3
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Impressionen der Erasmus+ Regionaltagungen in Münster und
Würzburg

Begrüßung zur Regionaltagung an der Universität Münster durch Prorektor   Dank an die Universität Münster für die Ausrichtung der Regionaltagung
Professor Jörg Becker.                                                    (Anke Kohl, Hanns Sylvester)

Moderierte Gruppendiskussion: Anerkennung ermöglichen, Münster.           Florian Mikkel Evenbye begrüßt zur Regionaltagung an der Universität
                                                                          Würzburg.

Die Regionaltagung stieß auf reges Interesse.                             Moderierte Gruppendiskussion auch im Freien: Anerkennung ermöglichen,
                                                                          Würzburg.
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Inhalt

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3    Editorial                                          55   Wie Erasmus+ Experten die Erasmus-
6    Bildung schafft Zukunft – Europäische Kohäsion          Koordinatoren und
     angesichts der Flüchtlingskrise                         die ­Nationale Agentur unterstützen
10   Niederländische EU-Ratspräsidentschaft 2016        57   Bildung schafft Perspektiven und fördert die
11   Neues EU-Projekt HOPES – Hoffnung für                   Integration von Flüchtlingen
     syrische Flüchtlinge                               59   Kompakt
12   Mehr Effizienz bei der Umsetzung der               60   Veranstaltungen – ein Ausblick
     Europäischen ­Hochschulreform
14   Interview mit Peter Greisler, BMBF
16   Gastbeitrag: Klaus Fahle, NA beim BIBB
18   Das Budget reicht für die Hälfte
19   Antragszahlen 2016 für Partnerschaften und
     Kooperationsprojekte
20   Die Halbzeit-Evaluierung von Erasmus+
22   Anerkennung – (k)ein Problem?
23   Nützen Auslandserfahrungen auf dem
     deutschen Arbeitsmarkt?
25   Internationalisierung der Juristenausbildung
26   ASEM – Intermediate Seniors‘ Officials Meeting,
     Moskau 2016
27   „Europa macht Schule“
     feiert 10-jähriges Jubiläum!
30   „…und was bleibt?“
31   Regionaltagungen: Münster und Würzburg
33   Inklusion und Bildung
35   Vielfältige Erfahrungen
36   Erste Erfahrungen mit Erasmus+ in Israel
39   Erasmus+ an der Beuth Hochschule für Technik
     Berlin: Mobilität mit Kirgisistan und Brasilien
41   Interview zu Mobilitätsaktivitäten mit Brasilien
42   Der Mehrwert von Erasmus+ ­Dozentenmobilität
44   Career Services und Erasmus+
50   Social Entrepreneurship for Local Change – eine
     strategische Partnerschaft in Erasmus+
54   Internationaler Tag an der Fachhochschule
     Westküste

                                                                                                                5
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Thema

    Bildung schafft Zukunft – Europäische Kohäsion angesichts
    der Flüchtlingskrise

    Die Flüchtlingskrise ist eines der bestimmenden politi-       Folgen der Krise – Herausforderungen für den
    schen und gesellschaftlichen Themen in der Europäischen       Zusammenhalt der Europäischen Union
    Union. Sie betrifft unterschiedlichste Lebensbereiche und
                                                                  Die Verschärfung der europäischen Flüchtlingskrise ab
    ihre Auswirkungen sind auch im Bildungsbereich spürbar.
                                                                  Mitte 2015, ausgelöst unter anderem durch verschlechter-
    Gleichzeitig scheint auch diese Krise, wie zuvor die Euro-
                                                                  te Bedingungen in Flüchtlingslagern in Jordanien und im
    Krise, einen Vertrauensverlust in die Handlungsfähigkeit
                                                                  Libanon, die vorübergehende Öffnung Mazedoniens für
    unseres europäischen, politischen Systems mit sich zu
                                                                  eine legale Durchquerung (die eine Reduktion der Kosten
    bringen. Es stellt sich daher die Frage, welche Maßnah-       und geringere Lebensgefahr für Flüchtlinge zur Folge hatte)
    men es im Bildungsbereich gibt, die Flüchtlinge unter-        und die zunehmende Nicht-Anwendung des Dublin-Ab-
    stützen und damit einen wichtigen Beitrag zur gesamtge-       kommens innerhalb Europas, führte zunehmend zu Span-
    sellschaftlichen Integration und Akzeptanz leisten und so     nungen unter den EU-Mitgliedstaaten. Diese stehen nun-
    helfen, das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit zurückzu-     mehr, so wie die Europäische Union insgesamt, vor großen
    gewinnen.                                                     gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen. Der
                                                                  Zusammenhalt der EU wird aktuell, auch als Folge der
    Laut Flüchtlingsrat der Vereinten Nationen sind derzeit
                                                                  Flüchtlingskrise, in vielerlei Hinsicht auf die Probe gestellt.
    weltweit mehr als 60 Millionen Menschen auf der Flucht,
    so viele wie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht       Die Mitgliedstaaten der EU konnten sich bislang etwa trotz
    mehr. Zum Großteil handelt es sich dabei um Binnen-           eines mit qualifizierter Mehrheit gefassten Beschlusses
    flüchtlinge innerhalb von Schwellen- und Entwicklungs-        (bei Gegenstimmen von Ungarn, Tschechien, Slowakei so-
    ländern, nur ein geringer Anteil kommt nach Europa. Bis       wie Rumänien) nicht auf eine praktische Umsetzung einer
    zur faktischen Schließung der Balkanroute im März 2016        Quotenregelung zur Verteilung von Flüchtlingen in die Mit-
    hatte die Zahl von Flüchtlingen und Migranten, insbeson-      gliedstaaten einigen. Innerhalb des Schengenraums wur-
    dere aus Syrien und dem Irak, aber auch aus den West-         den verschiedentlich Grenzkontrollen eingeführt, teilweise
    balkanstaaten, aus Afghanistan, Pakistan, Eritrea, Nigeria,   kam es in diesem Zusammenhang zu zwischenstaatlichen
    Somalia oder anderen Staaten jedoch seit 2013 und ins-        Disputen, etwa zwischen Slowenien und Ungarn, Däne-
    besondere 2015 in rasantem Tempo zugenommen. Allei-           mark und Schweden oder Österreich und Deutschland.

    ne nach Deutschland kamen 2015 mehr als eine Million          In den EU-Mitgliedstaaten legen diverse Regierungen
    Flüchtlinge.                                                  momentan nicht nur beim Thema Flüchtlingskrise einen
                                                                  gestiegenen Wert auf die nationale Souveränität, beob-
    Staaten an den EU-Außengrenzen wie Griechenland, Itali-
                                                                  achtbar war dies etwa bei den Europawahlen 2014. Die
    en oder Ungarn waren in den vergangenen Jahren ange-
                                                                  Zugewinne rechtspopulistischer Parteien in Europa stellt
    sichts der hohen Flüchtlingszahlen zusehends überfordert.
                                                                  sicherlich die größte unmittelbare Gefahr für den Zusam-
    Gemäß dem so genannten Dubliner Übereinkommen
                                                                  menhalt und Fortbestand der EU dar. Rechtspopulistische
    (aktuell in der Version Dublin III gültig seit Mitte 2013),
                                                                  Parteien sind derzeit in Ungarn, der Schweiz, Finnland,
    das die 28 EU-Mitgliedstaaten sowie Norwegen, Island,
                                                                  Lettland, Norwegen, der Slowakei, Litauen und Griechen-
    Liechtenstein und die Schweiz abgeschlossen haben, ist        land an Regierungen beteiligt (in Ungarn verfügt der so
    eigentlich das Land für das Asylverfahren zuständig, in       genannte Ungarische Bürgerbund – Fidesz über die ab-
    das die erstmalige Einreise des Flüchtlings nach Europa       solute Mehrheit). In Polen verfügt die euroskeptische Par-
    erfolgte. In der Praxis wird dies häufig nicht umgesetzt.     tei „Recht und Gerechtigkeit“ über die absolute Mehrheit.
    Angesichts überfüllter Erstunterkünfte und unzumutbarer       Auch in Staaten wie Deutschland, Österreich, den Nie-
    Bedingungen werden beispielsweise nach einem Urteil           derlanden oder Frankreich ist eine Zunahme europakriti-
    des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte be-          scher und antieuropäischer Strömungen im Kontext der
    reits seit 2011 EU-weit keine „Dublin-Flüchtlinge“ mehr       Flüchtlingskrise, wie schon zuvor während der Finanz- und
    nach Griechenland zurückgeschickt.                            Währungskrise, beobachtbar. Am 23. Juni 2016 wird es

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Thema

im Vereinigten Königreich zu einem Volksentscheid über          Teilhabe insgesamt. Die demografische Entwicklung ver-
den Verbleib in der EU kommen. (Nach Redaktionsschluss          langt aufgrund des absehbaren starken Rückgangs der An-
eingefügt: Die Bevölkerung im Vereinigten Königreich hat        zahl erwerbsfähiger Personen gerade den Zuzug jüngerer
sich bei Volksentscheid für den Austritt aus der EU ent-        Menschen, diese müssten aber befähigt sein, qualifizierte
schieden.)                                                      Tätigkeiten ausführen zu können. Der Bildung kommt hier
                                                                in jedem Fall eine Schlüsselrolle zu. Durch vielfältige Aktivi-
                                                                täten und Beiträge kann hier das Bewusstsein für gemein-
Probleme verlangen eine europäische Lösung –
                                                                same kulturelle und europäische Werte bei allen Beteiligten
auch im Bildungsbereich
                                                                sowie konkret die Beschäftigungsfähigkeit Zugezogener
Während die europäische Idee in Teilen ihre Attraktivität für   gestärkt werden. Auf gesamteuropäischer Ebene bietet das
die Bevölkerung verloren zu haben scheint, verdeutlichen        Bildungsprogramm Erasmus+ hier ein breites Portfolio an
gerade vermehrte zwischenstaatliche Spannungen und              Möglichkeiten sowie eine inhaltliche Klammer. Unterstüt-
die Probleme einzelner Staaten bei der Bewältigung von          zend kommen die Aktivitäten auf nationaler Ebene hinzu.
Euro- und Flüchtlingskrise die Notwendigkeit europäischer
Lösungen. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini
etwa betonte in diesem Zusammenhang am Rande eines              Maßnahmen im Hochschulbereich
Ministertreffens Mitte Mai 2016 in Brüssel: „Wir können         auf ­E U-Ebene
die Herausforderungen unserer Zeit nur bewältigen, wenn         Die Generaldirektion für Bildung und Kultur der Europäi-
wir unsere Kräfte bündeln.“                                     schen Kommission hat eine eigene Webseite Erasmus+
Gerade der Bildungsbereich steht angesichts der Flücht-         helping refugees eingerichtet, um über bereits bestehen-
lingskrise vor großen Aufgaben. Eine Vielzahl junger Men-       de Initiativen in den Mitgliedstaaten zu informieren und
schen mit unterschiedlichem Bildungsniveau ist nach Euro-       eine Plattform für den europäischen Austausch zur Verfü-
pa gekommen oder auf dem Weg nach Europa mit dem Ziel,          gung zu stellen. Hier informiert sie auch über Möglichkei-
hier Fuß zu fassen und sich eine neue Existenz aufzubauen.      ten, die das Erasmus+ Programm bietet.
Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge, die nach Deutschland
                                                                Die Europäische Kommission ermöglicht Hochschulen im
kommen, ist beispielsweise unter 25 Jahre alt. Dies stellt
                                                                Rahmen von Erasmus+ insbesondere eine Nutzung der
Bildungseinrichtungen auf allen Stufen vor eine ganze Rei-
                                                                Sprachenförderung online (Online Linguistic Support –
he verschiedener Problematiken, zum Beispiel geht es um
                                                                OLS) für Flüchtlinge. Im Rahmen der Initiative „OLS für
Fragen des Spracherwerbs, der Anerkennung von Qualifi-
                                                                Flüchtlinge“ stellt sie europaweit insgesamt 100.000 OLS-
kationen und Abschlüssen, die Integration in Bildungsein-
                                                                Lizenzen für OLS-Sprachtests und Sprachkurse für Flücht-
richtungen und weitergehend den Arbeitsmarkt oder die
                                                                linge zur Verfügung. OLS-Sprachkurse sind sowohl für die
Schaffung von Voraussetzungen für die gesellschaftliche
                                                                Hochschulen als auch für Flüchtlinge kostenlos. Teilneh-
                                                                men können Hochschulen, die im Jahr 2016 einen Mo-
                                                                bilitätsantrag mit Programmländern bewilligt bekommen
                                                                haben. OLS-Lizenzen können dann in einem Zeitraum von
                                                                bis zu drei Jahren an Flüchtlinge vergeben werden. Die
                                                                Sprachkurse für Flüchtlinge bieten Zugang zur OLS-Spra-
                                                                chenförderung, inklusive einem 1. Sprachtest, Zugang zu
                                                                zielgruppen-spezifischen Massive Open Online Courses
                                                                (MOOCs) sowie dem OLS-Forum und Tutoring Sessions.
                                                                Die NA DAAD hat mittels einer verbindlichen Abfrage bis
                                                                zum 20. Mai 2016 den Bedarf aller deutschen Hochschu-
                                                                len ermittelt und diesen an die Europäische Kommission
                                                                weitergeleitet, welche die Lizenzen dann europaweit über
                                                                alle Projektträger verteilt. Rund die Hälfte der berechtigten
                                                                Erasmus+ Hochschulen hat rund 11.000 Lizenzen bean-
                                                                tragt. Die OLS-Sprachkurse für Flüchtlinge werden vor-
                                                                aussichtlich ab Juli zur Verfügung stehen und können in
                                                                Deutsch, aber auch in einer der anderen 11 verfügbaren

                                                                                                                                  7
DAADeuroletter 60 - NA DAAD
Thema

    Sprachen, wie zum Beispiel Englisch, Französisch oder Ita-       nachweise werden die Hochschulen bei der Ermittlung der
    lienisch genutzt werden. Unterstützend gibt es Kommuni-          vorhandenen Kompetenzen und Qualifikationen von Flücht-
    kationsmaterialien zu „OLS für Flüchtlinge“ (Flyer, Videos,      lingen unterstützt. Neben diesem ersten Baustein besteht
    etc.) in allen OLS-Sprachen sowie zusätzlich in türkischer       das DAAD-Maßnahmenpaket aus zwei weiteren Baustei-
    und arabischer Sprache.                                          nen, den Förderprogrammen Integra und Welcome.

    Der Spracherwerb ist eine essentielle Grundlage für eine         Im Programm Integra liegt der Schwerpunkt der Maßnah-
    gelungene Integration im Gastgeberland. Er ist Bedingung         men auf der Förderung der fachlichen und sprachlichen
    für beinahe jegliche Form der Teilhabe, gleichzeitig stellt er   Vorbereitung von Flüchtlingen ohne direkte Hochschulzu-
    meistens eine der schwierigsten Hürden dar, auch da eine         gangsberechtigung an Studienkollegs, welche die Fest-
    sprachliche Verwandtschaft zur eigenen Muttersprache             stellungsprüfung nach der Rahmenordnung der Kultus-
    bei Flüchtlingen meistens nicht besteht. Mit der Vergabe         ministerkonferenz (KMK) im Auftrag einer Landesbehörde
    von OLS-Lizenzen unterstützt die Europäische Kommissi-           durchführen. In Bundesländern ohne Feststellungsprüfung
    on daher die Mitgliedstaaten bei der Bearbeitung eines           können vergleichbare Einrichtungen der Hochschulen
    wichtigen Themas.                                                gefördert werden, die für die oben genannte Zielgruppe
                                                                     mindestens halbjährige Vollzeitkurse anbieten, die nach
    Die Unterstützung und Integration von Flüchtlingen ist eine
    der horizontalen Prioritäten des Erasmus+ Programms, die         Länderverordnung zur Hochschulzugangsprüfung führen.
    in den verschiedenen Programmlinien und förderfähigen            Ein Teil der Flüchtlinge verfügt bereits über eine direkte
    Maßnahmen der verschiedenen Bildungsbereiche zu finden           Hochschulzugangsberechtigung oder hat im Heimatland
    ist. In der Leitaktion 2 im Rahmen der Strategische Partner-     bereits ein Studium begonnen, es fehlt aber an deut-
    schaften etwa können Projekte, die Flüchtlinge und Mig-          schen (oder englischen) Sprachkenntnissen und durch
    ranten einbeziehen oder das Thema der Flüchtlingskrise in        die fluchtbedingte Unterbrechung der Bildungsbiografie
    Europa behandeln, beantragt werden und sind erwünscht.           an Fachkenntnissen. Daher werden studienvorbereitend
    Auch der größte Verband europäischer Universitäten, die          und -begleitend ergänzende Kurse an staatlichen und
    European University Association (EUA), hat eine Web-             staatlich anerkannten deutschen Hochschulen gefördert.
    seite eingerichtet, die den Austausch und die Verbreitung        Häufig werden Mischkurse mit einer (fach-) sprachlichen
    von guten Beispielen fördern soll. Eine interaktive Karte,       und einer inhaltlichen (propädeutischen) Komponente an-
    die so genannte Refugees Welcome Map, ermöglicht die             geboten. Aktuell fördert der DAAD 153 Integra-Projekte.
    Information über Beispielprojekte zur Unterstützung von          Im Förderprogramm „Welcome – Studierende engagie-
    Flüchtlingen aus dem Hochschulbereich in Europa und              ren sich für Flüchtlinge“ werden Projekt der Akademischen
    darüber hinaus. Für Deutschland sind derzeit 48 Einträge         Auslandsämter bzw. International Offices gefördert, welche
    verzeichnet. Hier können Hochschulen und andere betei-           die studentischen Initiativen an ihrer Hochschule bündeln
    ligte Einrichtungen, die dies bislang noch nicht getan ha-       beziehungsweise initiieren. Der DAAD finanziert studenti-
    ben, ihre Projekte eintragen und im internationalen Kontext
                                                                     sche Hilfskräfte im Bachelor- oder Masterstudium sowie
    bekanntmachen.
                                                                     für das jeweilige Projekt entstehende Sachausgaben. Ge-
                                                                     fördert werden in erster Linie studentische Hilfskräfte mit
    Integra und Welcome                                              koordinierender Funktion in Ergänzung und Unterstützung
                                                                     zum ehrenamtlichen Engagement zahlreicher Studierender.
    Der DAAD hat sich der Flüchtlingsthematik frühzeitig an-
                                                                     Sie engagieren sich in Initiativen wie Buddy- oder Mento-
    genommen und mittlerweile ein umfangreiches Maßnah-
                                                                     renprogrammen, bieten kostenfreien Deutschunterricht an,
    menpaket aufgelegt. Mit Mitteln des Bundesministeriums
                                                                     führen über den Campus und in den Studienalltag ein oder
    für Bildung und Forschung (BMBF) wird der DAAD die
                                                                     beraten in so genannten Refugee Law Clinics. Ziele sind
    Hochschulen in den kommenden Jahren bei der Integrati-
                                                                     die Verstetigung, Qualitätssicherung und studienorientier-
    on von Flüchtlingen gezielt unterstützen. Für 2016 stehen
                                                                     te Weiterentwicklung der ehrenamtlichen Initiativen. Einige
    hierfür Euro 27 Millionen zur Verfügung. Schätzungen zu-
                                                                     Hochschulen rechnen studienbezogenes, ehrenamtliches
    folge sind 2015 bis zu 50.000 studierfähige Flüchtlinge
                                                                     Engagement mit ECTS-Credits auf die Studienleistung an,
    nach Deutschland gekommen.
                                                                     wie dies im Rahmen der Bologna-Konvention möglich ist.
    Durch eine zielgerichtete Erstberatung, den Einsatz dia-         Aktuell fördert der DAAD 152 Welcome-Projekte mit viel-
    gnostischer Testverfahren und die Prüfung der Bildungs-          fältigen Inhalten.

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DAADeuroletter 60 - NA DAAD
Thema

Die Maßnahmen des DAAD werden in einem eigenen Re-             kommen und sich zu vernetzen. Das Thema der Europäi-
ferat „Hochschulprogramme für Flüchtlinge – P15“ koor-         schen Kohäsion wird im Mittelpunkt der Tagung stehen (s.
diniert und verwaltet. Eine neue Webseite richtet sich mit     Veranstaltungsvorschau in diesem Heft, S. 60f).
Informationen zum Studieren und Leben in Deutschland
                                                               Auch im Rahmen eines Erasmus+ Forum for Internatio-
direkt an Flüchtlinge, die zum Studieren nach Deutschland
                                                               nal Partnerships zum Thema „Die europäische Idee – was
gekommen sind. Die internationale DAAD-Akademie (iDA)
                                                               kann Erasmus+ beitragen?“ am 5. und 6. Juli 2016 in Köln
bietet 2016 und 2017 zusätzlich ein Sonderprogramm für
                                                               wird es um den Beitrag von Erasmus+ zu einer aktiven
diejenigen Hochschulangehörigen an, die in ihrem Ar-
                                                               Bürgergesellschaft gehen. Die Veranstaltung behandelt
beitsalltag Flüchtlinge beraten.
                                                               in diesem Zusammenhang auch die Fördermöglichkei-
Zusätzlich zu den beschriebenen Maßnahmen setzt der            ten von Erasmus+ zur Zusammenarbeit mit Hochschulen
DAAD gemeinsam mit dem British Council, Campus France          außerhalb Europas, die zur Stärkung von Bildungseinrich-
und EP-Nuffic aus den Niederlanden das aus Mitteln des         tungen und Bildungssystemen der Herkunftsländer der
EU-Treuhandfonds Madad Fund finanzierte Programm               Flüchtlinge und zur Schaffung von Perspektiven in diesen
HOPES (Higher and Further Education Opportunities and          genutzt werden können (vgl. Veranstaltungsvorschau in
Perspectives for Syrians) um. In den kommenden Jahren          diesem Heft, S. 60).
werden hier mehr als 300 Vollstipendien sowie Plätze für
Kurzzeitstudien und Sprachkurse an syrische Flüchtlinge in     Zusammenfassung
der Türkei, dem Libanon, Jordanien, dem Irak und Ägypten
                                                               Mit Blick auf die beschriebenen Aktivitäten kann man un-
vergeben (s. Artikel S. 11 und S. 57f).
                                                               zweifelhaft feststellen, dass die Flüchtlingskrise auf den
Die Thematik weiterbearbeiten – Impulsveran-                   unterschiedlichen Ebenen als gesamteuropäische Heraus-
staltung im September 2016                                     forderung wahrgenommen und bearbeitet wird. Dies wird
                                                               in der öffentlichen Diskussion in Europa und in den EU-
Auf allen Ebenen finden zusätzlich verschiedene Veran-
                                                               Mitgliedstaaten nicht immer in dem bestehenden Umfang
staltungen statt, die sich der Thematik Flüchtlingskrise von   dargestellt und wahrgenommen. Es kommt aber beispiels-
unterschiedlichen Gesichtspunkten aus nähern und einen         weise im Arbeitsprogramm und der Schwerpunktsetzung
Austausch über Herausforderungen, Probleme und Lösun-          der niederländischen Ratspräsidentschaft zum Ausdruck,
gen ermöglichen.                                               die als eine wichtige Funktion der Hochschulbildung auch
Auf Initiative aller Nationalen Agenturen für Erasmus+         die Stärkung der sozialen Integration und Inklusion ansieht
in Deutschland diskutierten etwa mehr als 300 Teilneh-         (s. auch Artikel S. 10). Der Bildungsbereich kann hier, wie
merinnen und Teilnehmer aus 24 europäischen Staaten            beschrieben, auf den verschiedenen Ebenen seinen Einfluss
Ende April in Essen über Bildung, Teilhabe und Integration     geltend machen und so zur Bewältigung der so genannten
von Flüchtlingen in allen Bildungsbereichen – der Schul-       Flüchtlingskrise beitragen.
bildung, Berufsbildung, Hochschulbildung, Erwachsenen-         Europäische Kommission: Erasmus+ helping refugees:
bildung und im Jugendbereich (s. Beitrag von K. Fahle          http://ec.europa.eu/education/
in diesem Heft, S. 16). Die NA DAAD wird die positiven         European University Association (EUA):
Rückmeldungen aus dieser Veranstaltung aufnehmen und           http://www.eua.be/activities-services/eua-campaigns/
im Verlauf des Jahres weitere Möglichkeiten für einen of-      DAAD:
fenen Austausch unter den Beteiligten eröffnen.                https://www.daad.de/der-daad/fluechtlinge/de/
                                                               https://www.study-in.de/de/refugees/
Symbolträchtig wird daher in der Gedenkstätte Berliner         NA DAAD:
Mauer in Berlin am 19. September 2016 eine weitere             https://eu.daad.de/KA1/sprachenfoerderung/
                                                               https://eu.daad.de/veranstaltungen//
Impulstagung aller vier deutschen nationalen Agenturen
unter Federführung der NA DAAD stattfinden. Unter dem          Dr. Marco Brückner
Titel „Toleranz, Freiheit und bürgerschaftliches Engage-       Erasmus+ Leitaktion 2: Partnerschaften und Kooperationsprojekte

ment – Bürgerwerte gegen „neue Mauern““ treffen sich
Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen Bildungs-
bereiche und erhalten neben Informationen über die the-
matisch passenden Schwerpunkte des Programms Eras-
mus+ die Möglichkeit, mit neuen Partnern ins Gespräch zu

                                                                                                                                   9
DAADeuroletter 60 - NA DAAD
Thema

     Niederländische EU-Ratspräsidentschaft 2016

     Die Präsidentschaft des Rates der Europäischen Uni-           Initiativen zur Modernisierung der Hochschulbildung, wie
     on wird seit Anfang 2016 von der Triopräsidentschaft der      etwa die Halbzeitevaluierung von Erasmus+, werden feste
     drei EU-Mitgliedstaaten Niederlande, Slowakei und Malta       Bestandteile dieser.
     geführt. Die erste sechs Monate umfassende Periode wird
                                                                   Durch die stetige Transformation des europäischen und
     von den Niederlanden geführt.
                                                                   internationalen Arbeitsmarktes verändern sich auch die
                                                                   Anforderungen an Hochschulbildung. In diesem Zusam-
     „Eine Union, die jeden ihrer Bürger                           menhang vertritt die Ratspräsidentschaft den Standpunkt,
               befähigt und beschützt.“                            dass die Bedarfe von Hochschulbildung und Arbeitsmarkt
                                                                   reziprok angepasst werden sollten. Die Qualifikationen
                                                                   junger Studierender, Hochschulabsolventen und –absol-
     Grundlage der EU-Ratspräsidentschaft ist ein Arbeitspro-
                                                                   ventinnen sollten insbesondere dahingehend ausgebildet
     gramm, in welchem insbesondere die Begegnung mit
                                                                   werden, reflexiv, kritisch und kreativ zu denken sowie die
     den gegenwärtigen gesellschaftlichen Herausforderun-
                                                                   Fähigkeit einer unabhängigen Urteilsbildung zu stärken,
     gen thematisiert wird. Ziel sei es, eine Union der Freiheit
                                                                   um schließlich als engagierte Bürger agieren zu können.
     und Sicherheit zu bilden und die Rolle als starken globa-
     len Akteur zu stärken. So stehen insbesondere die Zie-        Durch den Zustrom vieler Menschen, die ihre von Krieg,
     le zum Erhalt eines europäischen Sozialmodells, die Be-       Armut und Verfolgung geprägten Heimatländer verlassen
     kämpfung von Armut und Ausgrenzung, der Schutz aller          und der Hoffnung auf ein neues Leben in Europa folgen,
     europäischen Bürger, die Gleichstellung der Gesellschaft      geht die Rolle von Hochschulbildung zudem maßgeblich
     sowie die Förderung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit       mit der Idee zur Stärkung sozialer Integration und Inklusion
     und Wachstum im Fokus. Dies impliziert neben der Sta-         einher, um den zukünftigen inneren Frieden Europas zu
     bilisierung der Wohlfahrtssysteme auch die Rüstung der        sichern. Die bedeutsame Wirkung von Hochschulbildung
     Arbeitsmärkte für den anstehenden grundlegenden sozia-        hat hier insbesondere zur Funktion, zu einem vielfältigen,
     len Wandel, um gesellschaftliche Integration, auch in den     vernetzten und inklusiven Europa beizutragen, welches
     Arbeitsmarkt über die Bereitstellung ausreichender Ausbil-    durch verantwortungsvolles Regierungshandeln, univer-
     dungs- und Arbeitsplätze, bieten zu können.                   selle Menschenrechte, demokratische Werte und soziale
                                                                   Inklusion erstrebt werden soll.
     So stehen die gesetzten Ziele in engem Zusammenhang
     mit Investitionen in Humankapital, welche die bedeutsa-       http://deutsch.eu2016.nl/
     me Rolle von Hochschulbildung klar in den Vordergrund
                                                                   Saskia Weißenbach
     rücken. Damit einhergehend wird im Arbeitsprogramm            Erasmus+ Leitaktion 3: Politikunterstützung
     der Beitrag der Ratspräsidentschaft zur Überprüfung des
     Modernisierungsprogramms mit der New Skills Agenda
     der Europäischen Kommission verknüpft. Auch die ge-
     genseitige Anerkennung von Qualifikationen und weitere

               „Inklusive hochwertige Bildung für alle, mit der die gesellschaftliche
               Gleichstellung, die soziale Inklusion, die Bürgerschaft und gemein­
               same europäische Werte gefördert werden.“

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DAADeuroletter 60 - NA DAAD
Thema

Neues EU-Projekt HOPES – Hoffnung für syrische Flüchtlinge

Vor Ausbruch des Krieges in Syrien haben 20 Prozent                         meinschaften können von den Maßnahmen des Projekts
der jungen Syrer (18 bis 24 Jahre) studiert; heute sind es                  profitieren. Hierdurch soll die Akzeptanz und Integration
gerade Mal um die 5 Prozent . Die Zahlen zeigen deutlich                    der Flüchtlinge in ihren Aufnahmegemeinschaften geför-
den Bedarf an tertiären Bildungsangeboten. Das Projekt                      dert werden.
HOPES – Higher and Further Education Opportunities
                                                                            Das Projekt wird mit EU-Mitteln unter dem EU Treuhand-
for Syrians – das der DAAD gemeinsam mit seinen Part-                       fonds Madad-Fund finanziert und läuft für vier Jahre. Der
nerorganisationen British Council, Campus France und                        DAAD leitet das Projekt von seinem Büro aus Amman.
EP-Nuffic aufgesetzt hat, will einen Beitrag zur Besserung                  Weitere Projektbüros befinden sich im Libanon, der Türkei,
der Situation leisten. Das Projekt bietet syrischen Flüchtlin-              Ägypten und dem Nordirak.
gen in der Türkei, dem Libanon, Jordanien, Ägypten und
dem Irak Beratung zu den für sie zur Verfügung stehen-                      Eine Kurzbeschreibung auf Englisch zum HOPES-Projekt ist auf
                                                                            der Website der DAAD Außenstelle Brüssel einzusehen:
den Möglichkeiten zur tertiären Bildung und stellt konkret
                                                                            http://bruessel.daad.de/medien/bruessel/short_description_
neue Bildungsangebote zur Verfügung: Mindestens 300                         hopes.pdf
Vollstipendien sollen an Hochschulen der Region und bis                     Interview mit HOPES Programmdirektor Dr. Carsten ­Walbiner in
zu 4.000 vorbereitende Englisch- und Studienkurse, sowie                    DAAD Aktuell:
innovative Lernangebote und kreditbasierte Hochschul-                       https://www.daad.de/der-daad/daad-aktuell/

seminare für ca. 3.500 Personen zur Verfügung gestellt
                                                                            Nina Salden,
werden. Auch bedürftige Personen aus den Aufnahmege-                        Leiterin DAAD Außenstelle Brüssel

Pressekonferenz: Das Projekt HOPES wurde im Rahmen einer Pressekonferenz am 11. Mai in Brüssel offiziell bekanntgegeben. Von links nach rechts:
Gordon Slaven, Direktor Hochschulbildung British Council; Colin Scicluna, Mitglied des Kabinetts von Kommissar Hahn, Kommissar für Nachbarschafts-
politik und Erweiterung; Béatrice Khaiat, Generaldirektorin Campus France; Dr. Dorothea Rüland, Generalsekretärin DAAD; Dr. Carsten Walbiner, HOPES
Programmdirektor; Freddy Weima, Generaldirektor EP-Nuffic.

                                                                                                                                                      11
Thema

      Mehr Effizienz bei der Umsetzung der Europäischen
     ­Hochschulreform

     Die Aufnahme Weißrusslands in den Europäischen              na-Ministerkonferenz 2018 zu einer der Arbeitsprioritäten.
     Hochschulraum im Mai 2015 erfolgte mit Auflage: Das         Dabei soll die Aufforderung an die betroffenen Staaten,
     Neu-Mitglied ist aufgefordert, zur Umsetzung seiner Hoch-   bei der Umsetzung nachzubessern, mit konkreten Maß-
     schulreformen einen mit der Bologna Follow-Up Group         nahmen (Peer Learning, Seminaren, Workshops, Konfe-
     (BFUG) entwickelten Fahrplan einzuhalten. Sanktionen        renzen etc.) unterstützt werden.
     im Falle einer Nicht-Erfüllung sind nicht vorgesehen. Und
                                                                 Neben dem Augenmerk auf die Umsetzung der Reform
     doch: Im Kontext der Gespräche der vergangenen Minis-
                                                                 bestimmt das Jerewan-Communiqué folgende weitere
     terkonferenz vor rund einem Jahr bekräftigte die Belarus
     Roadmap, dass es den Bologna-Ministerinnen und Minis-       Prioritäten für die Arbeitsperiode 2015 bis 2018: die Ver-
     tern ernst ist mit der Forderung nach einer konsequenten    besserung der Qualität von Lehre und Lernen sowie die
     Umsetzung der Europäischen Hochschulreform in allen         Stärkung ihrer Bedeutung. Darüber hinaus liegt der Fokus
     beteiligten Staaten.                                        auf der Gewährleistung der Beschäftigungsbefähigung
                                                                 der Absolventen über das gesamte Arbeitsleben hinweg
     Im Mai 2015 zog die Neunte Bologna-Ministerkonferenz        und dem Ausbau des inklusiven Charakters der Hoch-
     im armenischen Jerewan Bilanz über den Reformprozess.       schulsysteme.
     Dabei wurde deutlich: Die einzelnen Staaten setzen die
     vereinbarten Reformschritte bisweilen mit deutlich unter-   Ein bunter Flickenteppich (siehe Abbildung unten)
     schiedlicher Geschwindigkeit um. Wie der Bericht The        liegt vor dem Betrachter, wenn er die interaktive Karte
     European Higher Education Area 2015: Bologna Process        zum Stand der Bologna-Reform auf der Homepage der
     Implementation Report zeigt, erfüllen die Länder die An-    Nationalen Agentur im DAAD anklickt. Von dunkelgrün
     forderungen bei der Einführung der Bachelor- / Master­      bis signalrot leuchten die 48 Länder des Europäischen
     struktur, dem Einsatz der Bologna-Instrumente ECTS, Na-     Hochschulraums – und illustrieren damit die unterschied-
     tionaler Qualifikationsrahmen oder Diploma Supplement       lichen Entwicklungsstufen, auf denen sie bei der Umset-
     im gesamten Bologna-Raum weitgehend. Deutlich hete-         zung der Reform-Kriterien stehen. Die hier dargestellte
     rogener präsentieren sich die Ergebnisse bei den Aspek-     Graphik zeigt die Ergebnisse der einzelnen Länder bei der
     ten Qualitätssicherung, Soziale
     Dimension, Lebenslanges Ler-
     nen oder Internationalisierung
     und Mobilität: Viele Länder
     befinden sich hier noch in der
     Entwicklungsphase, teilweise
     stehen Reformschritte noch
     komplett aus.

     In Jerewan äußerten die Regie-
     rungsvertreter die Sorge, dass
     die Versäumnisse einzelner
     Länder bei der Reform-Umset-
     zung das Funktionieren und die
     Glaubwürdigkeit des gesamten
     Europäischen Hochschulraums
     schwächen würden. Entspre-
     chend macht das Jerewan-
     Communiqué die effiziente und
     konsequente Umsetzung der
     Reform bis zur nächsten Bolog-

12
Thema

Umsetzung der Anerkennung von Prior Learning, d.h. die                    Unter folgendem Link sind die interaktive Kartenapplikation
Anerkennung von außeruniversitär erworbenen Kennt-                        und die begleitende Publikation „Bestandsaufnahme Bologna In-
                                                                          ternational – Die Europäische Hochschulreform 2012 bis 2015“
nissen und Kompetenzen für den Hochschulzugang/die
                                                                          zu finden:
Hochschulbildung.                                                         https://eu.daad.de/bologna/
Katrin Fohmann
Erasmus+ Leitaktion 3: Politikunterstützung

                                                                                                                   Doc. Code: BFUGMeeting_LU_LI_48_6.1b
                                                                                                                   Last version: 11.09.2015

                                                                   BFUG

                                                                                                                                            BFUG
       BFUG Board                                                                                                                         Secretariat
                           AG1 – EHEA
                                                                           WG2 – Implementation         WG3 – New Goals
                           international
                                                     WG1 - Monitoring     Fostering implementation of   Policy development for
                           cooperation                                     agreed key commitments           new EHEA goals
                           AG2 – Support for the
                           Belarus roadmap                                     In cooperation with national stakeholders
                           AG3 – Dealing with
                           non-implementation

                            AG4 – Diploma
                            Supplement revision

  BFUG Organisation Chart
                                                                                                                                  Working Group (WG)

                                                                                                                                  Advisory Group (AG)

  2015-2018
BFUG Organisation Chart 2015-2018: Konsequente Umsetzung der Bologna-Reform in allen Bereichen – darauf drängt das Jerewan-Communiqué.
Die von der Bologna Follow-Up Group (BFUG) entwickelte Arbeitsstruktur trägt dem Rechnung: Neben der Arbeitsgruppe Implementation zur allge-
meinen Verbesserung der Umsetzung der Bologna-Reform gibt es auch eine Beratergruppe Dealing with non-implementation. Sie hat u.a. den Auftrag,
Mindeststandards für die Teilnahme am Bologna-Prozess zu entwickeln.

  Ankommen im Europäischen Hochschulraum – eine Roadmap für Belarus

  Die Belarus Roadmap beschreibt die erforderlichen                      „Lebenslanges Lernen und Soziale Dimension“ gilt es
  Schritte Weißrusslands bei der Umsetzung seiner Hoch-                  u.a., die Kriterien für die (finanzielle) Studienförderung
  schulreform in der Arbeitsperiode 2015 bis 2018. Sie zielt             im Sinne sozialer Gerechtigkeit und Antidiskriminie-
  nicht auf die Erfüllung aller Bologna-Kriterien, bestimmt              rung zu überarbeiten. Die Belarus Roadmap greift auch
  aber wichtige Entwicklungsstufen auf dem Weg dahin.                    grundlegende Werte und Prinzipien des Europäischen
  So stehen beispielsweise bei den Strukturreformen die                  Hochschulraums auf: So soll das weißrussische Hoch-
  Einführung des European Credit Transfer System (ECTS)                  schulministerium dem Parlament rechtliche und poli-
  oder die Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen für                 tische Maßnahmen vorschlagen, die die Prinzipien der
  eine unabhängige Qualitätssicherungsagentur an. Mit                    akademischen Freiheit und institutionellen Autonomie
  Blick auf Mobilität und Internationalisierung soll Weiß-               umsetzen. Außerdem sollen bis zur nächsten Bologna-
  russland einen Maßnahmenplan entwickeln, der den                       Ministerkonferenz 2018 die erforderlichen rechtlichen
  akademischen Austausch flexibler und unabhängig                        Schritte zur freien Organisation von Studierenden und
  macht von ministeriellen Genehmigungen. Im Kontext                     Hochschulmitarbeitern eingeleitet sein.

                                                                                                                                                                13
Thema

      Interview

                                                                   Wie weit ist die weißrussische Hochschulrealität von den
                                                                   Bologna-Zielen entfernt? Konnten Sie und Ihre internati-
                                                                   onalen Kolleginnen und Kollegen im vergangenen Jahr
                                                                   schon erste Entwicklungen beobachten?

                                                                   Ich würde diese Frage ungern nur auf Weißrussland be-
                                  Interview mit Peter              ziehen. Wie wir aus dem internationalen Implementation
                                  Greisler, Leiter der Unter-      Report zu den Bologna-Reformen wissen, gibt es zahlrei-
                                  abteilung „Hochschulen“
                                                                   che Staaten, die noch immer in einigen Bereichen Nach-
                                  im BMBF
                                                                   holbedarf bei der Umsetzung konstitutiver Bestandteile
                                                                   der Bologna Reformen haben. Deshalb ist es gut, dass
      Vor einem Jahr hat die Bologna-Ministerkonferenz im ar-      nunmehr zwei beratende Gruppen eingerichtet wurden:
      menischen Jerewan Weißrussland als 48. Mitglied des          eine Gruppe, die Weißrussland gezielt dabei unterstützt,
      Europäischen Hochschulraums aufgenommen. Welche              wichtige Reformschritte in Angriff zu nehmen und eine
      Gründe haben die Konferenz zu diesem Schritt bewogen?        zweite beratende Gruppe allgemein zum Thema Non-
                                                                   Implementation, die Mindeststandards entwickeln wird,
      Nachdem sich Weißrussland bereits 2011 beworben hat-
                                                                   die zur Teilnahme am Bologna Prozess notwendig sind.
      te und angesichts einer wenig überzeugenden Bewer-
                                                                   Wir sind gespannt auf die Ergebnisse beider Gruppen
      bung nicht zum Bologna Prozess zugelassen wurde, war
                                                                   und wie die Ministerinnen und Minister bei der nächsten
      die Bewerbung 2014 gekennzeichnet von einem starken
                                                                   Bologna-Konferenz in Paris 2018 diese beraten werden.
      Engagement der weißrussischen Regierung, die zur Teil-
      nahme erforderlichen Reformen in Weißrussland umzu-          Was wären realistische Ziele, die Weißrussland bis 2018
      setzen. Ich finde persönlich, Deutschland hat auch ein In-   erreicht haben sollte?
      teresse daran, ein so großes Land mit Grenzen zur EU für
      die jungen Menschen in Europa zu öffnen und Europa für       Während andere Staaten bereits fast 20 Jahre Zeit hat-
      die Jugend Weißrusslands zu öffnen. Wir sollten alles tun,   ten, um die Reformen umzusetzen, dürfen wir nicht zu
      mehr voneinander zu wissen und uns besser zu verste-         hohe Erwartungen stecken. Aber ich denke, dass die
      hen. Das ist dann eine gute Basis für bessere Kooperation    Einführung der Studienzyklen Bachelor und Master, die
      auf anderen Politikfeldern. Unsere Hochschulen sind oft      adäquate Nutzung und Anwendung von ECTS und Bo-
      Türöffner und Wegbereiter für eine friedliche Zusammen-      logna-konforme Qualitätssicherungsverfahren von großer
      arbeit. Darin wollen wir sie unterstützen.                   Bedeutung sind.

      Was verspricht sich Weißrussland Ihrer Meinung nach          Werfen wir einen Blick auf die anderen Staaten im öst-
      von dem Beitritt zum Bologna-Prozess?                        lichen Bologna-Raum – zum Beispiel Kasachstan, Aser-
                                                                   baidschan oder Russland: Wie sehen Sie deren Reform-
      Meines Erachtens war es für die weißrussische Regie-         Ergebnisse?
      rung – als letzter möglicher Bologna-Teilnehmerstaat –
      wichtig, an diesem Prozess teilzuhaben. Dabei ging es        Man kann diese Staaten nicht über einen Kamm scheren.
      wahrscheinlich sowohl um die stärkere internationale An-     Während ein Land viel in Sachen Bologna umgesetzt hat,
      schlussfähigkeit der weißrussischen Hochschulbildung         kann man dies nicht zwingend für ein anderes Land sagen.
      als auch um die qualitative Weiterentwicklung des weiß-      Deshalb ist es gut, dass wir die vorher bereits angespro-
      russischen Hochschulsystems.                                 chenen Arbeitsgruppen eingerichtet haben. Daneben ist

14
Thema

die adäquate Umsetzung aller Bologna-Reformen in jedem       der richtige Weg. Und genau auf diesem Weg befinden
teilnehmenden Staat der wohl wichtigste Beschluss der ver-   wir uns gerade. Die Diskussion bei der letzten Minister-
gangenen Ministerkonferenz. Die Implementation zieht sich    konferenz drehte sich hauptsächlich darum, dass der Eu-
wie ein roter Faden durch alle Arbeitszusammenhänge im       ropäische Hochschulraum erst verwirklicht ist, wenn wir
Bologna-Prozess. Dies betrifft insbesondere Angebote wie     anschlussfähige, kompatible und vergleichbare Strukturen
sog. Peer-Learning Aktivitäten, Seminare sowie Workshops     in der Hochschulbildung im Sinne aller beschlossenen Re-
für Staaten, die in gewissen Bereichen noch Umsetzungs-      formen haben. Daran arbeiten wir.
schwierigkeiten haben. Angesichts der Freiwilligkeit des
                                                             Vielen Dank für das Interview!
Prozesses sehe ich dies als richtigen Weg an.
                                                             Das Interview führte Katrin Fohmann,
Stichwort „Heterogenität“ bei der Umsetzung der einzel-      Erasmus+ Leitaktion 3: Politikunterstützung
nen Reform-Kriterien: Wieviel Diversität kann sich der Eu-
ropäische Hochschulraum erlauben?

Hier möchte ich nicht der beratenden Gruppe zur Nicht-
Umsetzung von Reformen vorgreifen, die genau dieses
Set aus Mindeststandards zur Teilnahme am Prozess de-
finieren wird. Eine nicht ganz leichte Aufgabe. Ich würde
es auf folgenden Nenner bringen wollen: Heterogenität
ja, aber nicht um den Preis der Nichtanschlussfähigkeit,
der Nichtvergleichbarkeit qualitativ hochwertiger akademi-
scher Bildung im Europäischen Hochschulraum.

Wie können die Bologna-Akteure auf hochschulpoliti-
scher Ebene das Ungleichgewicht beim Erreichen der ge-
meinsamen Reform-Ziele beheben?

Die Beteiligung der Hochschulen, der nationalen hoch-
schulpolitischen Communities, sei es von der Regierung,
von Hochschulrektorenkonferenzen, Akkreditierungsräten,
Studierendenvereinigungen, Lehrervereinigungen etc. ist
zwingend notwendig für das Erreichen der Ziele Bolognas.
Sie müssen und werden in den Aktivitäten zur Unterstüt-
zung oder Behebung von Defiziten zwingend eingebun-
den.

Wäre eine stärkere politische Steuerung des Bologna-
Prozesses vorstellbar und wünschenswert?

Wie sollte eine solche Steuerung aussehen? Bologna-
Einsatzteams, die den Staaten erklären, wie sie ihre Ge-
setzgebung und Hochschulrealität zu gestalten haben? Da
wäre ich zurückhaltend. Der freiwillige Ansatz im Bologna-
Prozess, kombiniert mit dem nötigen Peer-Pressure – sei
es im Rahmen der Ministerkonferenzen wie auch in der
Bologna Follow-Up Group – ist meiner Meinung nach

                                                                                                                        15
Gastbeitrag

     Gastbeitrag: Klaus Fahle, NA beim BIBB

     Education, Participation, Integration –                       Die Orientierung an Lernergebnisse kann dabei hilfreich
     eine gemeinsame ­Initiative der Nationalen                    sein. Von besonderer Bedeutung ist Qualifikation des Bil-
     Agenturen in Deutschland, Erasmus+ für                        dungspersonals. Auch das Angebot hochwertiger career
     Flüchtlinge zu nutzen                                         guidance ist für den Bildungsbereich zentral. Jeder Sektor
                                                                   hat dabei seine besonderen Herausforderungen.
     Ein Tagungsort kann auch Programm sein: die Zeche
                                                                   Die Situation von Flüchtlingen ist oftmals durch komplexe
     Zollverein in Essen war Veranstaltungsort einer gemein-
                                                                   Herausforderungen gekennzeichnet, die die Möglichkei-
     samen Konferenz der deutschen Nationalen Agenturen
                                                                   ten einzelner Einrichtungen und Organisation überfordern.
     (NA) zum Thema Erasmus+ und Flüchtlinge. Das Ruhr-
     gebiet ist traditionell eine Region der Einwanderung- und     Erfolgreiche Integration beruht daher auf dem Zusam-
     dies seit Jahrhunderten. Bereits die Fahrt von den Hotels     menwirken vieler Akteure vor allem in lokalen und regio-
     in der Innenstand zur Zeche Zollverein führte den Teilneh-    nalen Netzwerken. Die Weltoffenheit der Gesellschaft, ihre
     merinnen und Teilnehmern die kulturelle und ethnische         Bereitschaft zu einer Auseinandersetzung, aber auch der
     Vielfalt der Region vor Augen.                                Respekt vor der Identität und Persönlichkeit der geflüchte-
     Die Konferenz hatte den Austausch und die Nutzung der         ten Menschen sind dabei von zentraler Bedeutung.
     Erfahrungen und Projektergebnisse der Europäischen Bil-
                                                                   Die treffendste Zusammenfassung des s pirits unserer Kon-
     dungsprogramme für die Bewältigung der sogenannten
                                                                   ferenz gab der Parlamentarische Staatssekretär im BMBF,
     Flüchtlingskrise zum Gegenstand. Sie fand als Transnatio-
     nal Cooperation Activity (TCA) des Programms Erasmus+         Thomas Rachel: „Wir haben eine große humanitäre Aufga-
     statt. Ein TCA ist eine Plattform des Austausches und des     be vor uns: Hunderttausende Menschen – vor allem junge
     gegenseitigen Lernens insbesondere von Vertreterinnen         Menschen – kommen nach Europa, fliehen vor Krieg und
     und Vertretern geförderter Projekte, Stakeholdern, Mul-       Verfolgung. (…) Wie schaffen wir es, all die Menschen, die
     tiplikatoren und politischen Entscheidungsträgern aus         in Europa Zuflucht suchen, auch in Europa zu integrieren?
     mehreren europäischen Ländern sowie der Europäischen          Aus meiner Sicht gibt es auf diese Frage vor allem eine
     Kommission. Dialog, Austausch und voneinander lernen          Antwort: Bildung. Bildung ist der Schlüssel zur Integration.“
     stehen im Mittelpunkt dieses Veranstaltungsformates.          Erasmus+ wird dazu seinen Beitrag leisten.
     Fast 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 24 Staaten
     Europas trafen in Essen zusammen, sie kamen aus allen
                                                                                                           Klaus Fahle ist seit 2000
     Bereichen des Programms Erasmus+: Schulbildung, Be-
                                                                                                           Leiter der Nationalen
     rufsbildung, Hochschulbildung, Erwachsenenbildung und                                                 Agentur Bildung für Europa
     Jugend. Die Nationalen Agenturen haben jeweils ihren Be-                                              beim Bundesinstitut für
                                                                                                           Berufsbildung (NA beim
     reich inhaltlich „betreut“, viele übergreifende Themen aber                                           BIBB). Die NA beim BIBB
     gemeinsam begleitet und wurden dabei von NA‘s aus an-                                                 arbeitet im Auftrag und
                                                                                                           mit finanzieller Förderung
     deren Ländern unterstützt. Im Rahmen eines Marktplatzes                                               des Bundesministeriums
     präsentierten sich Projekte aus ganz Europa mit ihren Bei-                                            für Bildung und Forschung
                                                                                                           (BMBF) und ist Nationale
     trägen zum Thema Flüchtlinge.                                                                         Agentur für Erasmus+ im
                                                                                                           Bereich der Berufsbildung
     In der Konferenz wurde deutlich, dass die Integration von                                             und Erwachsenenbildung
     Flüchtlingen eine gemeinsame europäische Herausfor-                                                   in Deutschland.
                                                                                                           1991-2000 war Klaus
     derung ist, der sich kein Land auf Dauer entziehen kann.                                              Fahle Leiter der Nationalen
     Umgekehrt gibt es einen großen Bedarf und eine große            Koordinierungsstellen Petra II und Leonardo da Vinci sowie der
                                                                     Nationalen Agenturen Lingua und Sokrates in der Carl Duisberg
     Bereitschaft, Erfahrungen, Konzepte und Strategien auf          Gesellschaft e.V., Köln (heute InWEnt gGmbH). Zuvor war er in
     europäischer Ebene zu teilen und auszutauschen.                 verschiedenen Funktionen im Bundesministerium für Bildung und
                                                                     Wissenschaft, dem Europäischen Parlament sowie beim Europäi-
     Für den Bildungsbereich ist insbesondere die Anerken-           schen Gewerkschaftsbund tätig.

     nung informell erworbener Kompetenzen von Bedeutung.

16
Gastbeitrag

Die Zeche Zollverein war Veranstaltungsort der gemeinsamen Konferenz der
deutschen Nationalen Agenturen:

                                                                             17
Aktuelles

     Das Budget reicht für die Hälfte

     Im Erasmus-Programm gibt jedes neue Antragsjahr Ein-               Im Ergebnis wurden rund 85 Prozent der beantragten För-
     blicke in die Entwicklung der Internationalisierungsaktivitä-      dermonate für Studierende bzw. Praktikanten bewilligt. Die
     ten deutscher Hochschulen. Im Aufruf 2016 für die Mobilität        Mobilität von Hochschulmitarbeitern (für die Lehre oder für
     mit Programmländern wurde deutlich, dass die Nachfrage             Fort- und Weiterbildung) wird in Tagen beantragt und im
     nach Studierendenpraktika (+ 5 Prozent) und der Personal-          Mittel zu 87,5 Prozent bewilligt. Auf das Budget bezogen
     mobilität zur Fort- und Weiterbildung (+17 Prozent) heraus-        entfallen 53,3 Millionen Euro damit auf die Studierenden-
     ragt, stabil bleibt diese jedoch nach Studienaufenthalten.         mobilität, 5,9 Millionen Euro auf Mobilität von Hochschul-
                                                                        personal. Allein für die Organisation der Mobilität im Sinne
                                                                        der Prinzipien der Erasmus University Charta (ECHE), er-
     Die Aufgabe der Nationalen Agentur ist es nun, den Bedarf
                                                                        halten deutsche Hochschulen 12,4 Millionen Euro.
     aus den Anträgen mit den verfügbaren Erasmus+ Förder-
     mitteln in Einklang zu bringen und dabei die beobachteten
                                                                        In der Mobilität mit Partnerländern zeichnet sich zwischen
     Trends so umzusetzen, dass die nächsten Projektverträge
                                                                        dem von deutschen Hochschulen beantragten Budget
     („Finanzhilfevereinbarungen“) die Entwicklungswünsche
                                                                        und den in dieser Förderlinie zur Verfügung stehenden
     und –perspektiven der antragstellenden Hochschulen
                                                                        Mitteln ein ähnliches Verhältnis ab. In Vorbereitung auf
     (332) und Mobilitätskonsortien (13) nachzeichnen, ohne
                                                                        den zweiten Aufruf der Erasmus+ Mobilität mit Partnerlän-
     das eherne Prinzip der Gleichbehandlung aus dem Auge
                                                                        dern stellte die Europäische Kommission dem deutschen
     zu verlieren: Rechnet man die deutschen Förderanträge
                                                                        Hochschulbereich rund 17,3 Millionen Euro in Aussicht.
     mit den im Programm erlaubten Höchstsätzen für die Stu-
                                                                        Im Vergleich zum Vorjahr ist das Gesamtbudget für die
     dierenden- und Personalmobilität hoch, ergibt sich die
                                                                        internationale Mobilität damit um rund 1,8 Millionen Euro
     beeindruckende Summe von 145 Millionen Euro. Dem
                                                                        gewachsen. Erstmals konnten für Projekte mit der Lauf-
     gegenüber stehen rund 71,6 Millionen Euro Fördermittel,
                                                                        zeit 2016-2018 auch Mobilitätsanträge für den Austausch
     diese Diskrepanz macht bereits den hohen Anspruch an
                                                                        mit Ländern der Regionen Afrika, Karibik und Pazifik (AKP)
     ein transparentes Fördermodell deutlich.
                                                                        eingereicht werden: Berücksichtigt man das „neue“ Bud-
                                                                        get für diese Region (rund 680.000 Euro), so ergibt sich
     Auf dem Weg zu einer Bewilligung wurden für jeden An-              eine Steigerung des Budgets gegenüber 2015 um 7 Pro-
     trag zwei zentrale Eckdaten berücksichtigt: Die tatsäch-           zent. Wurden im Vorjahr noch Fördermittel für die Zusam-
     liche Umsetzung bewilligter Mobilitäten im Projekt 2014            menarbeit und den Austausch sowohl von als auch nach
     („Realisierung“) einerseits sowie die Abweichung der An-           Deutschland mit 49 Partnerländern bewilligt, so werden in
     tragsdaten bzw. Bedarfsmeldungen im Vergleich der Jah-             den 2016 bewilligten Projekten erfreulicher Weise Aktivitä-
     re 2015 und 2016.                                                  ten mit 63 verschiedenen Ländern stattfinden. Auch hier

           Mobilität mit Programmländern:                   Anzahl der beantragten und bewilligten Länderanträge 2016
           Anteil des bewilligten Budgets je Aktion
                                                                70
                         18%                                    60
                                                                50
                                                                40
               3%
                                                                30
              5%
                                                                20                                                      Beantragt
                                                      56%       10                                                      Bewilligt
                                                                 0
                   18%

                         SMS   SMP   STA   STT   OS

18
Aktuelles

zeigt sich das zunehmende Interesse, die 2016 rund 20          schaft Süd über 85 Prozent, für Asien 70 Prozent und für
Prozent mehr Länderanträge als im Aufruf 2015 stellten,        Lateinamerika noch 33 Prozent der Anträge.
nämlich 475 im Vergleich zu 394. Eine große Bandbreite
gilt auch für die profitierenden Hochschulen in Deutsch-       Als wichtigster Erfolg dieser Antragsrunde darf – neben
land: Von der großen Volluniversität über Fachhochschu-        der größeren Bandbreite – die gestiegene Qualität der
len im ländlichen Raum bis hin zu einer Musikhochschule        Anträge betrachtet werden, die es für alle Regionen er-
waren sehr viele Hochschulen aus allen Regionen und den        möglichte, das verfügbare Budget vollständig an deutsche
meisten Bundesländern erfolgreich. Die Anzahl der bean-        Hochschulen vergeben zu können. Im Vergleich der gro-
tragenden Hochschulen veränderte sich hingegen kaum.           ßen europäischen Länder kommt Deutschland damit eine
                                                               besondere Position zu.
Besonders erwähnenswert sind die Unterschiede in der
Nachfrage nach den Weltregionen. Weit vorne steht La-          Sehr spannend wird die Entwicklung und die Umsetzung
teinamerika, gefolgt von Nordamerika und den Industri-         der geplanten Aktivitäten deutscher Hochschulen mit Part-
eländern. Zur Einordnung sei bemerkt, dass das Budget          nern in den verschiedenen Regionen sein: Hierüber wer-
für diese Regionen durchschnittlich bei einem Viertel des-     den die Hochschulen selbst regelmäßig im DAADEuro­
jenigen für die Nachbarschaft Ost liegt. Wie für den Aus-      letter berichten.
tausch mit Programmländern übersteigt auch in Bezug auf
Partnerländer die Nachfrage das verfügbare Budget um           Dr. Markus Symmank
das Doppelte. Bewilligt werden konnten für die Nachbar-        Erasmus+ Leitaktion 1: Mobilität von Einzelpersonen

Antragszahlen 2016 für Partnerschaften und Kooperationsprojekte

Veröffentlichung erster Statistiken für Erasmus+ Stra-         lionen Euro in 2015 auf 75 Millionen Euro in diesem Jahr.
tegische Partnerschaften, Kapazitätsaufbauprojekte in der      Damit können voraussichtlich 27 Masterkurse gefördert
Hochschulbildung, Erasmus Mundus Joint Master De-              werden.
grees (EMJMDs) und Jean Monnet-Aktivitäten zeigen
                                                               Auch für die Jean Monnet-Aktivitäten stiegen die Antrags-
weiterhin großes Interesse deutscher Hochschulen an
                                                               zahlen auf europäischer Ebene. Insgesamt gingen welt-
diesen Fördermöglichkeiten.
                                                               weit 1035 Anträge ein (2015: 879). Das Budget ist mit
Für Erasmus+ Strategische Partnerschaften stehen in            11,4 Millionen Euro (+ 3 Millionen Euro aus dem Partner-
diesem Jahr für den Hochschulbereich in Deutschland            ship Instrument-Fonds für ausgewählte Länder) gegen-
4,18 Millionen Euro zur Verfügung. Die NA DAAD erhielt in      über dem Vorjahr stabil geblieben.
diesem Jahr 44 Projektanträge, was einen leichten Rück-
gang im Vergleich zum Vorjahr (62 Anträge) bedeutet.           Für die Wissensallianzen zur Förderung der langfristigen
                                                               und strukturierten Zusammenarbeit zwischen Hochschu-
Für Kapazitätsaufbauprojekte in der Hochschulbildung           len und Unternehmen wurden 199 Anträge europäischer
wurden weltweit 736 Projektanträge gestellt (2015: 515).       Institutionen eingereicht, davon 12 Anträge mit deutscher
Der Anstieg kann zum Teil mit der erstmaligen Möglich-         Koordination. In der Auswahlrunde 2016 sollen in diesem
keit begründet werden, mit Hochschulen der AKP-Staaten         Bereich etwa 18 Projekte ausgewählt werden. Das Ge-
(Afrika, Karibik, Pazifik) zu kooperieren. 53 Anträge gingen   samtbudget wurde hier gegenüber 2015 nahezu verdop-
für diese Region ein. Deutsche Hochschulen sind an 246         pelt und liegt bei insgesamt 15 Millionen Euro.
Anträgen beteiligt und belegen hinter Spanien und Italien
Platz 3 im EU-Vergleich. Voraussichtlich können mit dem        Die Auswahlergebnisse für die einzelnen Förderlinien wer-
gesamteuropäischen Budget von rund 131 Millionen Euro          den zu Mitte/Ende Juli erwartet. Wir werden Sie darüber
etwa 164 Projekte gefördert werden.                            im nächsten Erasmus+ Newsletter informieren.

In der Förderlinie Erasmus Mundus Joint Master Degrees         eu.daad.de
(EMJMDs) stellten europaweit 92 Koordinatoren einen
Projektantrag (2015: 76), davon fünf aus Deutschland. Das      Yvonne Schnocks
Gesamtbudget stieg in diesem Bereich von rund 45 Mil-          Erasmus+ Leitaktion 2: Partnerschaften und Kooperationsprojekte

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