Jahrbuch der Pannonischen Forschungsstelle 2020 - Pannonische Forschungsstelle - International Center for Wind Music Research - Universität für ...
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Jahrbuch der Pannonischen Forschungsstelle 2020 Pannonische Forschungsstelle - International Center for Wind Music Research - Universität für Musik und darstellende Kunst Graz - Institut 12 Oberschützen Österreich / Austria
Jahrbuch der Pannonischen Forschungsstelle 2020 Yearbook of International Center for Wind Music Research 2020 In Zusammenarbeit mit dem Institut Oberschützen (12) und der internationalen Gesellschaft zur Erforschung und Förderung der Blasmusik Herausgegeben von David Gasche Band 30 © 2020 by Pannonische Forschungsstelle, A-7432 Oberschützen https://institut-oberschuetzen.kug.ac.at/institut-12-oberschuetzen/pannonische- forschungsstelle-institut-oberschuetzen-izbf/pannonische-forschungsstelle.html 2
Vorwort Ein Jahr mit vielen Premieren 2020 … dieses Jahr wird sicherlich in Erinnerung bleiben. Lockdown, Corona-Maßnahmen, Kulturveranstaltungen bis auf weiteres verschoben, Vorlesungen per Videokonferenz, Betreuung im Distanzmodus, virtuelle Kongresse, Online-Beiträge, etc. Die Pannonische Forschungsstelle (PFS) blickt auf ein Jahr 2020 mit vielen Premieren zurück. Wie jede andere Institution hatte die Covid-19-Pandemie auch erhebliche Auswirkungen auf die PFS. Anstatt jedoch nur Beschränkungen zu sehen, konzentrierte sie sich auf die vielen Möglichkeiten und Alternativen, die sich dank modernster Technik und etwas Kreativität boten. Bereits im März 2020 entschied das internationale Zentrum für Blasmusikforschung seine Arbeitsmethoden den aktuellen Umständen anzupassen und hat an diesem Kurs bis heute festgehalten. Die Umstellung auf digitale Wege war für die PFS eine Priorität, und das gilt für 2021 auch weiterhin. So findet man beispielsweise Online-Artikel zu den Themen Blasmusik und Harmoniemusik. Ein Wikipedia-Artikel über die Pannonische Forschungsstelle / International Center for Wind Music Research wurde geschrieben und der Inhalt auf der offiziellen Website der Internationalen Gesellschaft zur Erforschung und Förderung der Blasmusik (IGEB) wurde im vergangenen Jahr stets den aktuellen Entwicklungen angepasst. Die geplante Jubiläumsfeier zum 30-jährigen Bestehen am 27. November 2020, die ein Highlight werden sollte, wurde wegen der aktuellen Situation bis auf weiteres verschoben. Einfallsreich wurden außerdem die Mitarbeiter der PFS. Sie suchten nach kreativen Möglichkeiten, um ihre Arbeit weiterhin durchzuführen. Große Dankbarkeit und Wertschätzung empfinden sie für die Leistung und Unterstützung der Kunstuniversität Graz, des Instituts 12 Oberschützen und der IGEB im vergangenen Jahr. Dennoch schaut die PFS mit viel Zuversicht ins neue Jahr, denn mit der richtigen Einstellung verbergen sich hinter jeder großen Herausforderung immer auch neue Möglichkeiten 3
Inhalt Titelblatt Kurze Geschichte der Blasmusik in Bildern im Jahr 2020 (David Gasche/KUG) ….....…… 1 Vorwort .......................................................………………………..…………..………….... 3 Inhalt …...............…...................…......…............…....……......…...…...….…............…...... 4 Peter Heckl Das waren die Harmoniemusiktage ..........................……………………………………...... 5 Verena Paul Bericht aus der Zweigstellenbibliothek ..........................................….....……....….............. 10 David Gasche Bericht über den Internationalen Blasmusik Kongress (IBK) in Neu-Ulm .......................... 11 30 Jahre PFS und PBO: ein leises Jubiläum für das Blasmusikwesen? ................................ 12 Zusammenarbeit mit IGEB: Mitteilungen und Neuerungen ................................................. 13 IGEB 2020, Virtuelle Konferenz, 17.-18. Dezember 2020 ................................................... 14 Festschrift in Honour of Raoul F. Camus´ Ninetieth Anniversary ...…………………...…. 16 Das Ensemble Boxwood & Brass .......................................................................................... 18 Der spanische Klarinettist Manuel Gómez (1859-1922) ....….............….......…….............. 20 Nannette Streicher und ihr Marche à huit Instrumens à vent (Simrock, 1817) .................... 22 Nikolaj Jakovlevič Mjaskovskij (1881-1950) und sein Repertoire für Blasorchester .......... 23 Kommentare über das „Manuel des compositeurs, directeurs de musique, chefs d'orchestre et de musique militaire…“ von François-Joseph Fétis, Paris, 1837 mit Berücksichtigung des zweiten Buches ..................................................................................................................... 27 Bestandsbeschreibung der Pannonischen Forschungsstelle …..…………………..……..… 67 Bericht über die Arbeit an der Pannonischen Forschungsstelle ………………………....… 69 IGEB Konferenz 2021 ........................................................................................................... 72 IGEB Forschungspreis-Ausschreibung für 2022 .…………………………..………….….. 73 Publication Project: The Wind Music Companion ………………………………….……... 74 Kontakt .………………………..…………………………………………………..…….… 76 4
Das waren die Harmoniemusiktage Im Zentrum der dritten Harmoniemusiktage der Kunstuniversität Graz war Ludwig van Beethoven, und zwar sowohl seine Originalkompositionen als auch Bearbeitungen seines Schaffens für Harmoniemusik. Unter besonderen Corona-Sicherheitsvorkehrungen konnten am 4. und 5. November 2020 noch die Harmoniemusiktage des Instituts für Alte Musik und Aufführungspraxis in Graz stattfinden. Unter anderem konnten Gastvorträge Forschender aus Salzburg, Linz und Wien möglich gemacht werden, der befruchtende Austausch zu aktuellen Forschungsfragen wurde durch ein Konzert ergänzt, bei dem Lehrende des Instituts 15 (Ernst Schlader, Peter Heckl und Klaus Hubmann) gemeinsam mit Studierenden der Variantfachklassen Historische Klarinette, Historisches Horn und historische Fagottinstrumente auftraten, für die die Tagung auch Teil der Lehrveranstaltung war. Programm der Harmoniemusiktage 2020 (© Petra Raidl /KUG) Programmablauf Mittwoch, 04.11.2020 14.00 Uhr Eröffnung (Susanne Scholz) 14.15 Uhr Klaus Hubmann: Beethoven und das Fagott seiner Zeit 14.45 Uhr Thomas Kiefer: Vinzenz Matauschek (1760-1824), Beethovens Kammermusikpartner und Hofkapellfagottist. Eine biographische Skizze 5
15.15 Uhr Uta Goebl-Streicher: „... welcher Streich von der Frau Streicher!!!“ Beethoven und das Ehepaar Streicher 16.45 Uhr Konzert Donnerstag, 05.11.2020 10:45 Uhr Peter Heckl: Aus fünf mach sieben (oder acht) – Joseph Triebensees Bearbeitung eines Satzes aus Beethovens op. 16 11.15 Uhr David Gasche: Klavierstücke in Bearbeitungen für Harmoniemusik und Militärmusik am Beispiel von Beethovens Klaviersonate in c-Moll op. 13 11.45 Uhr Pause 12.00 Uhr Ernst Schlader: Beethovens Horn-Sonate op. 17 in einer historischen Fassung für Bassetthorn von Joseph Friedlowsky 12.30 Uhr Klaus Petermayr: Zwischen Beethoven und Bruckner: die Aequale Wenzel Lambels 13.00 Uhr Pause 13.15 Uhr Bernhard Rainer: Ein neu aufgefundenes Equal aus dem Linzer Diözesanarchiv und Beethovens WoO 30 13.45 Uhr Verena Paul: Wilhelm Wieprechts Festmarsch über Themen aus Beethovens Es- Dur-Klavierkonzert 14.15 Uhr Schlusswort (Klaus Hubmann)Pause Harmoniemusiktage 2020 der KUG, Vortragende und Konzert am 04.11.2020 (© David Gasche/KUG) Abstracts (Auswahl) Uta Goebl-Streicher: „... welcher Streich von der Frau Streicher!!!“ Beethoven und das Ehepaar Streicher 6
Andreas und Nannette Streicher (er Waisenhauszögling aus Stuttgart und selbstloser Fluchtgefährte Schillers, sie die Tochter des hochberühmten Orgel- und Klavierbauers Johann Andreas Stein in Augsburg) ließen sich im Juli 1794, also etwa eineinhalb Jahre nach Beethoven, in Wien nieder, und sie verstanden es, die Steinsche Klavierwerkstatt in den folgenden Jahrzehnten zu einem der wichtigsten Klavierbaubetriebe Wiens auszubauen. Beide hatten Beethoven (anlässlich seiner ersten Reise nach Wien) schon 1787 in Augsburg bzw. München kennengelernt, und sie nahmen bald nach ihrer Ankunft wieder Kontakt zu ihm auf. Beide setzten sich auf vielfältige Weise für den Komponisten ein, sei es, dass sie ihm immer wieder Instrumente zur Verfügung stellten (und allenfalls seinen Wünschen gemäß adaptierten), sei es durch Initiativen zur Verbreitung seines Werkes, sei es durch Nannettes tatkräftige Unterstützung in Haushaltsfragen (die in zahlreichen Handzetteln dokumentiert ist). Auch wenn die Streichers nicht zum engsten Kreis der Beethoven-Intimi gehörten, so waren sie ihm doch bis in seine letzten Tage verbunden und "wachten" sozusagen aus der zweiten Reihe über ihn. Streicher besuchte ihn noch kurz vor seinem Tod, sandte ihm Wein und gehörte zu jenem auserwählten Kreis von Künstlern, die seinen Sarg als Fackelträger vom Schwarzspanierhaus in die Dreifaltigkeitskirche und von dort zum Währinger Friedhof geleiteten. Peter Heckl: Aus fünf mach sieben (oder acht) – Joseph Triebensees Bearbeitung eines Satzes aus Beethovens op. 16 Joseph Triebensee (1772-1846) war einer der bedeutendsten und produktivsten Harmoniemusikkomponisten und -bearbeiter seiner Zeit – The Wind Ensemble Catalog verzeichnet ein Œuvre von mehr als 60 Originalkompositionen und über 75 Arrangements. In der ersten Ausgabe seiner Miscellannées de Musique, veröffentlicht im Juli 1808, findet sich als Nr. 2 Aus einem Quintett, fürs Clavier von Betthoven eine Bearbeitung des langsamen Satzes aus Beethovens Quintett für Klavier, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott Es-Dur op. 16 für zwei Oboen, zwei Klarinetten, Horn, zwei Fagotte und Kontrafagott ad lib. Triebensee übersetzt den virtuosen Klavierpart in nicht minder fordernde Bläserstimmen, hält ein Höchstmaß an klanglicher Farbigkeit aufrecht und schafft damit ein wirkungsvolles Stück Harmoniemusik. David Gasche: Klavierstücke in Bearbeitungen für Harmoniemusik und Militärmusik am Beispiel von Beethovens Klaviersonate in c-Moll op. 13 „Das Übersetzen überhaupt ist eine Sache, wogegen sich heut zu tage (in unserem fruchtbaren Zeitalter der Übersetzungen) ein Autor nur umsonst sträuben würde: aber man kann wenigstens mit Recht fordern, daß die Verleger es auf dem Titelblatte anzeigen, damit die Ehre des Autors nicht geschmälert und das Publicum nicht hintergangen werden.“ (Wiener Zeitung, 30. Oktober 1802, S. 3916, ÖNB). Beethovens Kommentar über „Übersetzung“ oder Arrangement beschreibt hier nicht nur die verbreitete Praxis, berühmte Werke kurz nach ihrer Entstehung für verschiedene Besetzungen zu bearbeiten, sondern auch die Schwierigkeit für die Autoren, ihre Kompositionen „aus zweiter Hand“ anzuerkennen. Dies betraf auch die Musik Beethovens, die sehr erfolgreich war und beeinflusste Komponisten, Hofmusiker und Kopisten. Zum großen Beethovenschen Opus für Harmoniemusik zählen seine Oper, Ouvertüren, Symphonien und Sonaten wie u.a. die Bearbeitungen des Septetts Opus 20 von Druschetzky (1812) oder der Oper Fidelio von Sedlák (1815) für neunstimmige Harmonie. Die Bearbeitung seiner Klaviersonate Opus 13, die anonym bei der Chemischen Druckerei 1810 in Wien veröffentlicht wurde, stellt ebenfalls ein besonderes Beispiel dar. 7
Ziel ist es, die aktuelle Forschung über das Repertoire „Klavierstücke in Bearbeitungen für Harmoniemusik und Militärmusik“ mit Beethoven als Zentralfigur zu liefern. Welche Rezeption kannten Beethovens Kompositionen für Klavier im Bereich der Harmoniemusik? Wer waren die zeitgenössischen Autoren? Was war das Verhältnis von Besetzung, Satz- und Kompositionsstrukturen und klanglichen Wirkungen? Um diese Fragen beantworten zu können, wird zunächst das Repertoire betrachtet. Eine Analyse der Klaviersonate Nr. 8 in c- Moll op. 13 wird der Bearbeitung der Originalkomposition gegenübergestellt, um die Arbeitsweise der Komponisten zu verdeutlichen. Der Aufführungskontext, die Umstände, die Gestaltung oder die spieltechnischen und klanglichen Aspekte werden erörtert. Der Vortrag beleuchtet die Quellensituation, die Bearbeitungspraxis sowie die Rezeption dieser Musik für Harmonie, die eine Zeit lang ganz im Brennpunkt der europäischen Musikentwicklung stand. Ernst Schlader: Beethovens Horn-Sonate op. 17 in einer historischen Fassung für Bassetthorn von Joseph Friedlowsky Die im Jahr 1800 von Ludwig van Beethoven für Giovanni Punto komponierte Sonate für Horn und Fortepiano enthielt im darauffolgenden Jahr veröffentlichten Erstdruck eine vom Komponisten eingerichtete Alternativstimme für Violoncello. Spätere Drucke beinhalteten sogar Arrangements für Viola, Klarinette oder Flöte, die sich alle an der Cello-Fassung orientierten. Eine bisher unveröffentlichte Version für Bassetthorn soll vom Klarinettisten Joseph Friedlowsky (1777–1859) stammen. Handelt es sich hierbei um eine „nicely adapted“ (Hoeprich 2008, S. 255) und somit die Besonderheiten eines damaligen Bassetthorns unterstreichende Bearbeitung der ursprünglichen Hornstimme? In diesem Vortrag wird außerdem Beethovens Beziehung zum Bassetthorn beleuchtet und der Frage nachgegangen, ob das Bassetthorn um und nach 1800 auch für andere Horn- bzw. Cellokammermusikwerke als Alternativinstrument verwendet wurde. Bernhard Rainer: Ein neu aufgefundenes Equal aus dem Linzer Diözesanarchiv und Beethovens WoO 30 Ludwig van Beethoven komponierte bekanntlich im Jahr 1812 drei Equale für vier Posaunen (WoO 30) für den Linzer Domkapellmeister Franz Xaver Glöggl. Einem Brief von Glöggl an Robert Schumann ist zu entnehmen, dass der Komponist jedoch ursprünglich vier Stücke verfasste. Der Befund des sich heute in der Staatsbibliothek Berlin befindlichen Autographs von WoO 30 scheint diese Annahme zu bestätigen – ein Blatt des Manuskripts wurde vermutlich abgetrennt. Im Rahmen einer Recherche im Linzer Diözesanarchiv im Jahr 2018 kam ein anonymer Vertreter der äußerst seltenen und lokal beschränkten Gattung Equal zum Vorschein. Bei dem neu aufgefundenen Manuskript handelt es sich zwar um keine Handschrift Beethovens, aber der Schreiber ist auch durch Zusätze auf dem Autograph von WoO 30 nachzuweisen, und dürfte mit Franz Xaver Glöggl zu identifizieren sein. Bei der Linzer Quelle handelt es sich um eine Arbeitsskizze, die dazu diente aus einem vierstimmigen Posaunensatz ein Arrangement für drei Vokalstimmen herzustellen. Dass der sonst nicht als Komponist hervorgetretene Glöggl hierzu das mutmaßliche vierte Equal von Beethoven benutzte, ist ein mögliches Szenario. Es sprechen Aspekte wie Tonartenrelationen und die identische, ungewöhnliche Schlüsselung aller fraglichen Kompositionen dafür. Allerdings weisen weitere Analysen auf einen anderen Rückschluss hin, womit die Frage nach der Urheberschaft Beethovens nach dem derzeitigen Stand der Forschung wohl offenbleiben muss. Verena Paul: Wilhelm Wieprechts Festmarsch über Themen aus Beethovens Es-Dur- Klavierkonzert 8
Dieser von Wilhelm Wieprecht komponierte Marsch, dem Themen eines Klavierkonzerts von Beethoven zugrunde liegen, existiert in Arrangements mit unterschiedlichen Besetzungen, wobei sich der Bogen von der großen und kleinen Militärmusik über die Blechmusik bis hin zum großen Orchester und dem Salonorchester spannt, und gibt damit ein Beispiel, dass Arrangements Beethoven’scher Kompositionen nicht nur für die klassische besetzte Harmoniemusik gesetzt worden sind, sondern in späterer Folge auch noch für größer besetzte Bläserbesetzungen. Gerade in den ersten dreißig Jahren des 19. Jahrhunderts – in jener Zeit als Wieprecht sein Handwerkszeug als Komponist erlernte – erfuhr die Harmoniemusik eine beständige Erweiterung an Instrumenten und Besetzungen, womit ebenso eine Bedeutungsveränderung des Begriffes „Harmoniemusik“ einhergeht und irgendwann synonym mit dem Begriff „Militärmusik“ wurde. Dies war um die Mitte des 19. Jahrhunderts bereits geschehen, als von Wieprechts Festmarsch zum ersten Mal im Jahr 1853 berichtet wird. Berichte über weitere Aufführungen lassen sich bis in das 20. Jahrhundert hinein verfolgen, was auf eine gewisse Popularität schließen lässt, die nicht zuletzt anhand des Druckes in der Edition Louis Oertel 1908 und 1919 bestätigt wird. 9
Bericht aus der Zweigstellenbibliothek Zu den Neuerwerbungen und Neuaufnahmen 2020 zählen u.a.: Führer durch die Fachausstellung der Deutschen Militär-Musik zusammengestellt von Georg Thouret, 1892 Geschichte, Bauweise und Repertoire des Fagotts, Michaelsteiner Konferenzberichte Band 84 Gratl, Franz: Der Klangmeister Rudolf Tutz Hofer, Achim (Hrsg.): Oper und Militärmusik Hofer, Achim und Schiewitz, Lucian (Hrsg.): Wilhelm Wieprecht (1802-1872). Korrespondenz, Schriften und Dokumente zu Leben und Wirken Jakobs, Björn: Bergmusik an der Saar Kandler, Georg: Die kulturelle Bedeutung der deutschen Militärmusik. Denkschrift über die heutige Notlage und kulturelle Bedeutung der deutschen Militärmusik Malling, Otto: Instrumentationslaere til Brug ved Undervisning og til Selvstudium, 1894 Neininger, Albert: Rastatt als Residenz, Garnison und Festung Rykowski, Mikolaj: Harmoniemusik - utwory na instrumenty dęte w zwierciadle epoki klasycyzmu Seel, Dorothea: Der Diskurs um den Klang Flöte im 19. Jahrhundert Vom Serpent zur Tuba, Michaelsteiner Konferenzbericht, Band 83 Zauner, Peter: Komponist der burgenländischen Landeshymne Zudem konnte der Rara-Bestand um folgende Noten, die wahrscheinlich aus dem Jahr 1817 stammen, erweitert werden: Nannette Streicher: Marche a huit Instrumens à vent. Einen weiteren Teil der Bibliotheksarbeit stellte 2020 die Bearbeitung von fast 100 Zeitschriften dar, die den umfassenden Bestand der PFS an Zeitschriften für Blasmusik beständig vergrößern. Um ein neu begonnenes Projekt handelt es sich um die erstmalige Erfassung und RDA- konforme Aufnahme der Bild- und Tonträger in das Bibliothekssystem, die sich im Bestand der PFS befinden und deren Zahl sich allein im Falle der CDs auf über 1000 beläuft, von denen bereits 67 CDs im Katalog recherchierbar sind. 10
Bericht über den Internationalen Blasmusik Kongress (IBK) in Neu-Ulm (16.-19. Januar 2020) Der Internationale Blasmusik Kongress (IBK) fand zum zweiten Mal vom 16. bis 19. Januar 2020 im Edwin-Scharff-Haus in Neu-Ulm statt. Das Hauptthema war „Information- Fortbildung-Austausch: Alles rund um die Blasmusik“. Dieser Kongress präsentierte mit seinen Vorträgen, Ausstellungen, Workshops und Konzerten ein umfangreiches und interessantes Angebot von Musikvereinen, Musikverlagen, Musikinstrumentenherstellern, Musikhäusern und Institutionen. Ein Hohepunkt war der Austausch von Informationen zwischen Musikern, Dozenten und Ausstellern, sodass neue Kontakte für zukünftige Projekte geknüpft werden konnten. Als Mitglied der Internationalen Gesellschaft zur Erforschung und Förderung der Blasmusik (IGEB) habe ich auch den Ausstellungsstand mitbetreut. Mein Beitrag „Über die Erforschung und Förderung der Blasmusik“ wurde am Freitag 17.01.2020 um 12.00 Uhr in Clubraum gehalten. Der Vortag (20 Minuten mit 10 Minuten Diskussion) hat zunächst einen Überblick über die Geschichte der Pannonischen Forschungsstelle (PFS) gegeben und dann die Bestände, Tätigkeiten und Aufgaben des Forschungszentrums vorgestellt. Pädagogische und künstlerische Aspekte wurde betrachtet, um die Rolle der PFS im Kontext der Blasmusikforschung zu erklären. Es wurde bewiesen, dass die PFS das Ziel verfolgt, eine Zusammenarbeit zwischen u. a. Forschern, Studierenden, Musiker, Dirigenten oder Komponisten zu fördern und eine Fortentwicklung der Blasmusik zu gewährleisten. Workshops, Vorträge, Ausstellungen und Konzerte (© David Gasche/KUG) 11
30 Jahre PFS und PBO: ein leises Jubiläum für das Blasmusikwesen? Nach zwei Terminen wurde die Jubiläumsfeier bis auf weiteres verschoben Die Pannonische Forschungsstelle sollte ihr dreißigjähriges Bestehen am Freitag 27. November 2020 feiern. Vorträge und das Jubiläumskonzert des Pannonischen Blasorchesters wurden aufgrund der COVID-19-Situation auf den Freitag 23. April 2021 im Rahmen der langen Nacht der Forschung verschoben. Diese Veranstaltung muss erneut abgesagt werden und ist bis auf weiteres verschoben. Vorläufiger Programmablauf 15.00 Uhr, Jenö Takács-Saal Begrüßung des Institutsvorstands, Univ.Prof. David Seidel 15.15 „Die Pannonische Forschungsstelle im Kontext der Blasmusikforschung“ Vorträge mit u.a. Univ.Prof. Dr. Klaus Aringer M.A. (Kunstuniversität Graz), Prof. Dr. Damian Sagrillo (Universität Luxemburg), Oberst Prof. Mag. Bernhard Heher (Kapellmeister der Gardemusik Wien), Dr. David Gasche (Kunstuniversität Graz) und Mag.a Verena Paul (Bibliothek der Kunstuniversität Graz). 16.30 Uhr, Pause 16.45 Uhr, Jenö Takács-Saal „Historische Aufführungspraxis der Traditionsmärsche“ Festrede Dr. Leon Bly (Dirigent, Dozent und Präsident der „World Association for Symphonic Bands and Ensembles” von Juli 2009 bis Juli 2011). 17.30 Uhr, Pause 19.00, Jenö Takács-Saal, Konzert des Pannonischen Blasorchesters Dirigent: Peter Forcher. Programm: Akademische Festouvertüre (Johannes Brahms) und Alpensinfonie (Richard Strauss). „In memoriam Bernhard Habla“. 12
Zusammenarbeit mit IGEB: Mitteilungen und Neuerungen 2020 IGEB Research Award Committee Das IGEB-Forschungspreis-Komitee 2020, das aus Leon Bly (DE), Beatrix Darmstädter (AT), David Gasche (AT), Francisco J. Giménez (ES), Robert Grechesky (US), Achim Hofer (DE), Jon Mitchell (US) und Gloria A. Rodríguez Lorenzo (ES) bestand, hat nach Bewertung der elf eingereichten Dissertationen die folgenden Auszeichnungen verliehen:1 Honorary Mention: Xavier CANIN, Jean-Baptiste ARBAN, du cornet à la baguette: un musicien français du XIXe siècle aux multiples talents, 334 S., Docteur de l'Université Paris-Sorbonne, 2016. Honorary Mention: Rachel Nicole BECKER, "Trash Music": Valuing Nineteenth-century Italian Opera Fantasias for Woodwinds, 381 S., PhD, St. John's College, 2017. Neuwahl des Vorstandes von IGEB (2020–2023) Die Generalversammlung der Internationalen Gesellschaft zur Erforschung und Förderung der Blasmusik fand am 22. September 2020 in Graz statt. Ein neuer Vorstand der IGEB wurde gewählt. Ab diesem Datum sind der Präsident Damien Sagrillo (Universität Luxemburg), der Generalsekretär David Gasche (Institut 12 der KUG) und der Kassier Peter Heckl (Institut 15 der KUG). Neue Adresse der IGEB Die Generalversammlung der IGEB beschloss, die offizielle Adresse der IGEB zu ändern. Ab 2021 ist der Hauptsitz dieser Gesellschaft an der Pannonischen Forschungsstelle, Institut 12. Dies schärft die Zusammenarbeit zwischen KUG und IGEB seit mehr als 40 Jahren und steigert auch das Profil und die Sichtbarkeit der KUG auf internationaler Ebene. 1 https://www.igeb.net/research-award.html (08.01.2021) 13
IGEB 2020, Virtuelle Konferenz, 17.-18. Dezember 2020 Die 24. Internationale IGEB Konferenz, die ursprünglich im Juli 2020 am Konservatorium „Joaquín Rodrigo“ von Valencia (Spanien) geplant war, wird auf den 15.-19. Juli 2021 verschoben. Eine virtuelle Konferenz in Zusammenarbeit mit der Pannonischen Forschungsstelle (Institut 12 Oberschützen), der Universität Luxemburg und der Universität Kansas wurde zum ersten Mal in der Geschichte dieser Gesellschaft am 17.-18. Dezember 2020 organisiert. Sie wurde über Webex meeting übertragen. Mehr als 13 Teilnehmerenden aus circa 6 Ländern (Luxemburg, Hongkong, Deutschland, USA, Österreich und Frankreich) referierten über zahlreiche und aktuelle Blasmusikforschungsthemen. Die Konferenz, die von mehr als 40 Personen besucht wurde, gab Gelegenheit zum Gedankenaustausch und Kontakte für zukünftige Projekte wurde aufgenommen. Programmablauf2 Thursday, December 17 05h00 pm – 09h00 pm CET 05h00 pm Short introduction by the president 05h00 pm Recovering nineteenth-century Italian woodwind performers: their careers and compositions, Rachel Becker 05h30 pm Zum 100. Todestag von Georges Gillet (1854-1920). Ein herausragender Musiker in der Geschichte der Oboe, Lola Soulier 06h00 pm The New York Chamber Music Society, 1915-1937: A Contribution to Wind Chamber Music and a Reflection of Concert Life in New York City in the Early 20th Century, Lisa A. Kozenko 06h30 pm Wrought by Paradox: The Life and Wind Chamber Music by Eugène Bozza, Lacey Golaszewski 07h00 pm The Missing “Procession” of Vincent Persichetti’s Divertimento for Band and other revelations from the manuscript scores, Chris David Westover-Muñoz 07h30 pm Sonorism and the Urban Soundscape in Krzysztof Penderecki’s Pittsburg Overture (1967), Emily Theobald 08h00 pm James Reese Europe’s Hellfighter Band, Further Thoughts After the Centennial, Paul Niemisto Friday, December 18 05h00 pm – 09h00 pm CET 05h00 pm Bläserkodierung mit MEI, Oleksii Sapov 05h30 pm Improvisation in Wind Band Traditions, Richard Kennel 2 Vollständige Informationen und Abstracts in: Mitteilungsblatt der IGEB, Jahrgang 2020–4b (Online-Version). 14
06h00 pm School Marching Bands and the Rugged Society Ideal in the Singapore Story, Boris Hei Yin Wong 06h30 pm Amateur Wind Orchestras (“Musikvereine”) as Musical, Cultural and Educational Institutions in Rural Areas of Germany. A Reconstruction of the Participants Perspectives and Orientations, Verena Bons, Johanna Borchert, Thade Buchborn, Wolfgang Lessig 07h00 pm Wind music compositions based on literature, Björn Jakobs, Johan De Meij 07h45 pm Wind Music during the Nazi occupation in Luxembourg from 1940 to 1944, Damien Sagrillo 08h15 pm Concluding words by the president IGEB 2020, Virtuelle Konferenz, 18. Dezember 2020, Screenshot (© David Gasche/KUG) 15
Festschrift in Honour of Raoul F. Camus´ Ninetieth Anniversary Eine Publikation der Internationalen Gesellschaft zur Erforschung und Förderung der Blasmusik, Alta Musica Band 36, Herausgegeben von Damien Sagrillo, John Graziano, Nigel Marshall, Lit Verlag, Münster 2021. Kurze Biographie Raoul François Camus (* 5 Dezember 1930 in Buffalo, New York) feierte 2020 seinen 90. Geburtstag. Er ist emeritierter Professor für Musik am Queensborough Community College der City University of New York und emeritierter Direktor der Queens Symphonic Band, eines symphonischen Blasorchester. Er erhielt 1969 seinen Doktor der Philosophie von der New York University und unterrichtete davor Instrumentalmusik an sekundären Schulen. Seine Dissertation wurde 1976 veröffentlicht. Früher verwaltete er einen bedeutenden Musik- Verlag und war als Hornist tätig. Viele Jahre dirigierte er die Militärkapelle der berühmten 42ten Rainbow Division von New York und ist ein pensionierter Reserve Armee Kapellmeister. Als ehemaliger Präsident der Sonneck Society für amerikanische Musik (heute Society for American Music) Raoul Camus ist er in vielen nationalen und internationalen Blasmusik- (Credit www.raoulcamus.com) Gesellschaften aktiv wie u.a. WASBE und IGEB. Als Musikwissenschaftler hat er sich auf amerikanische Militärmusik spezialisiert und ist ein Pionier im Bereich der Blasmusikforschung. Wenige amerikanische Forscher beschäftigten sich mit dem Thema Blasmusik, das wenig vielversprechend beurteilt wurde. In den letzten Jahrzehnten erwarb Raoul F. Camus allerdings eine beachtliche Kompetenz in seinem Forschungsgebiet. Er verfasste über vierzig Beiträge sowie die Hauptartikel über Blasorchester und Militärmusik für New Grove Dictionary of American Music. Seine umfangreiche Bibliographie, Vorträge und Beiträge sowie seine zwei Bücher Military Music in the United States Army Before 1834 (Ann Arbor, 1969) und Military Music of the American Revolution (Chapel Hill, Westerville 1976, Neuauflage, 1993) zählen heute zur grundlegenden Literatur.3 Raoul F. Camus und die Pannonische Forschungsstelle Im Jahr 1995 wurde Raoul F. Camus für ein Semester als Fulbright Gastprofessor am Institut Oberschützen der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz eingeladen. Die Vorlesungen „Geschichte der amerikanischen Blasmusik“ lieferten einen Überblick über das Erbe, die Tradition, die Techniken und das Repertoire der Blasmusik in Amerika von den Ursprüngen bis zur Gegenwart. Weitere Vorträge wurden auf Einladung von Herrn Prof. Johann Mösenbichler am Bruckner Konservatorium in Linz und auf Einladung von Herrn Militärkapellmeister Sigismund Seidl am Kärntner Landeskonservatorium in Klagenfurt gehalten. Darüber hinaus erhielt die Bibliothek der Pannonischen Forschungsstelle eine große Sammlung amerikanischer Blasmusik, die von Prof. Dr. Raoul Camus während seines 3 Vgl. Bernhard Habla: Vorwort, in: Arbeitsberichte-Mitteilungen der Pannonischen Forschungsstelle, Oberschützen 1995, S. 4. 16
Aufenthaltes in Oberschützen 1995 übergeben wurde. Sie enthält Partituren, Studienpartituren, Dirigentenstimmen und Aufführungsmaterial, insgesamt ca. 1250 Stücke, von amerikanischen Verlagen ab den 1930er Jahren. Die Sammlung ist über den Bibliothekskatalog der Kunstuniversität Graz abrufbar. Die Internationale Gesellschaft zur Erforschung und Förderung der Blasmusik Raoul F. Camus ist seit Jahrzehnten sehr engagiert in der IGEB und wurde 2003 zum Ehrenmitglied ernannt. Neben seiner regelmäßigen Teilnahme an Konferenzen und seinen zahlreichen Beiträgen hilft er am Stand der IGEB bei den jährlichen Midwest-Konferenzen in Chicago. Er führte vier Jahre lang den Vorsitz des Komitees für den IGEB- Forschungspreis und ist immer noch ein geschätzter Berater. IGEB wollte sein Engagement, seine wichtige Arbeit und musikwissenschaftliche Kompetenz würdigen. Die Festschrift enthält nicht nur Beiträge zur Erforschung der Blasmusik, sondern auch einige Aufsätze von befreundeten Musikwissenschaftlern. Zu den 22 Artikeln kommen elf kurze Glückwunschschreiben und die Veröffentlichung in englischer Sprache der ganzen Vorlesungen von Raoul F. Camus in Oberschützen 1995 hinzu. Die Autoren kommen aus Belgien, Alta Musica Band 36 Deutschland, Litauen, Luxemburg, Österreich, Portugal, (Credit IGEB) Schweiz, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich und USA. Ein Exemplar dieser Festschrift wurde bereits gedruckt und Raoul F. Camus auf der letzten virtuellen IGEB-Konferenz am 17. Und 18. Dezember 2020 überreicht. Diese Veröffentlichung ist im 2021 in Alta Musica Band 36 geplant. 17
Das Ensemble Boxwood & Brass Kurze Geschichte Boxwood & Brass ist ein englisches Ensemble in der Tradition der Harmoniemusik, das im Jahr 2013 gegründet wurde. Die Mitglieder sind Universitätsprofessoren und erfahrene Musiker, die regelmäßig mit den besten europäischen Orchestern wie u.a. mit dem Orchestre Révolutionnaire et Romantique, Orchestra of the Age of Enlightenment, Gabrieli, Orchestre des Champs-Elysées und Spira Mirabilis zusammenarbeiten. Die Hauptziele bestehen darin das Repertoire des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts aufzuführen und eine erweiterte Kenntnis der historischen Blasinstrumente zu vermitteln. Die Musiker von Boxwood & Brass verbinden musikalische Virtuosität mit einem aktiven Forschungsprofil. Konzerte und Aufnahmen stellen einen großen Anteil ihrer Aktivitäten dar und so sorgte das Ensemble schon kurz nach seiner Gründung für internationale Aufmerksamkeit. 2018 wurde Boxwood & Brass als „Ensemble-in-Association“ an der Universität von Huddersfield promoviert. Boxwood & Brass, Nonet Portrait, Colour (Credit Tom Bowles) Das Repertoire Das Repertoire greift sowohl auf Originalrepertoire als auch auf zeitgenössische Bearbeitungen zurück. Es besteht aus der englischen Militärmusik, der Pariser Salonmusik sowie Werken aus bedeutenden Beständen mitteleuropäischer Bibliotheken und Archive. Das 18
Programm enthält regelmäßig moderne Uraufführungen und neue Bearbeitungen, die vom Fagottist Robert Percival für das Ensemble arrangiert wurden. Aufnahmen Boxwood & Brass hat drei CDs aufgenommen: Music for a Prussian Salon: World-premiere recordings of music by Tausch, Crusell, Baermann, Stamitz. Beethoven Transformed. Volume 1: Harmoniemusik as Chamber Music for 6-part Harmonie (Beethoven arr. Czerny: Septet Op. 20 und Beethoven: Sextet Op. 71) Beethoven Transformed. Volume 2: Virtuoso arrangements for Viennese Harmonie. (Beethoven arr. Starke: Egmont Overture op. 84, Beethoven arr. Percival: Egmont Incidental Music Op. 84 (excerpts), Beethoven arr. anon: Harmonie arrangée de Sonate Pathetique (Op. 13) und Beethoven arr. anon: Symphony no. 7, Op. 92). Die drei CDs haben gute Rezensionen von der Presse und Fachzeitschriften wie BBC Music Magazine oder Early Music Review erhalten. Videos und musikalische Ausschnitte sind auch auf der Website oder auf YouTube verfügbar. Beethoven Transformed. Volume 2: Virtuoso arrangements for Viennese Harmonie Diese dritte CD, die Ende 2020 veröffentlich wurde, wirft ein neues Licht auf bekannte Werke Beethovens und zeigt die bemerkenswerte Kunstfertigkeit der Bläser. Sie enthält zwei Bearbeitungen der Egmont Ouvertüre, die Harmonie arrangée de Sonate Pathetique und ein anonymes Arrangement der siebten Sinfonie. Die CD Beethoven Transformed. Volume 2 steht in der Tradition der Arrangements für 9-stimmige Harmonie, die ihre Blütezeit um 1800 lebte. Es sei darauf hingewiesen, dass der Kontrabass statt des Kontrafagotts das traditionelle Bläseroktett verstärkt. Die hier aufgeführten Werke wurden zwischen 1810 und 1816 von Sigmund Anton Steiner, Beethovens Freund und Verleger, veröffentlicht. Die CD würdigt die feine Arbeit der Arrangeure, die über eine ausgezeichnete Kenntnis der Musik Beethovens verfügen und die spieltechnischen und klanglichen Möglichkeiten der Bläser beherrschen. Die Interpretation des Ensembles Boxwood & Brass bringt die Musikalität, die Virtuosität und die reichen Klangfarben dieses Repertoires zum Ausdruck. Die Musiker Rachel Chaplin und Nicola Barbagli, Oboen Emily Worthington und Fiona Mitchell, Klarinetten Robert Percival und Takako Kunugi, Fagotte Anneke Scott und Kate Goldsmith, Naturhörner Jacqueline Dossor, Kontrabass Die verwendeten Instrumente Oboen, Klarinetten und Fagotte nach J. F. Floth und H. Grenser, Dresden um 1810 Hörner von M. A. Raoux und Courtois neveu aîné, Paris um 1820 Kontrabass von einem anonymen Hersteller, Norditalien um 1740 CD Beethoven Transformed vol. 2, Final cover (Credit Resonus Classics) Kontakt und weitere Informationen über das Ensemble Boxwood & Brass auf der Website http://www.boxwoodandbrass.co.uk 19
Der spanische Klarinettist Manuel Gómez (1859-1922) Sir Henry Wood with Promenade Concert Performers by William Whiteley Ltd albumen cabinet card, circa 1897 (NPG P1837, © National Portrait Gallery, London) (*6. Juni 1859 in Sevilla - †8. Januar 1922 in London). Spanischer Klarinettist. Nach dem Tod seiner Eltern (ca. 1865) begann Manuel Musik und Klarinette im Waisenhaus Asilo de Mendicidad de San Fernando bei dem Musiklehrer Antonio Palatín Moreno zu studieren. Er wurde 1879 am Konservatorium von Madrid in die Klasse von Enrique Fischer y Pagés (1821-1889) aufgenommen. 1881 beendete er sein Studium mit dem ersten Preis. Kurz darauf erhielt er zusammen mit seinem Bruder Francisco (auch Klarinettist) ein Stipendium von Sevilla, um sein Studium am Pariser Konservatorium ab 1882 fortzusetzen. Sein Professor war Cyrille Rose (1830-1902) und Manuel lernte dort das neue Böhm-System der Klarinette kennen. 1885 gewann er den zweiten Preis des Konservatorium-Wettbewerbs mit der Aufführung von Noveno Solo en fa op. 25 von Klosé. 1886 erhielt er die Stelle der ersten Klarinette im Orchester der Pariser Oper, wo er auch seine zukünftige Frau, die Balletttänzerin Adela Yglesias (1865-1940), kennenlernte.4 Manuel reiste 1886 als Mitglied einer Operngesellschaft nach England und beschloss daraufhin in London zu bleiben. Knapp ein Jahr nach seiner Ankunft trat Manuel bereits als Solist in einem außergewöhnlichen Konzert im Convent Garden vor Königin Victoria auf, um den 50. Jahrestag ihrer Thronbesteigung zu feiern. 1892 spielte er im Orchester der Covent Garden Opera und erhielt ab 1895 eine Stelle im Queen's Hall Orchestra. 1903 beschlossen mehrere Mitglieder des Queen's Hall Orchestra, darunter Manuel, ein neues Orchester mit dem Namen Das London Symphony Orchestra zu gründen. 1911 wurde Manuel Gómez von der King's Private Band eingeladen um vor König George V. im Buckingham Palace zu spielen. Ein Jahr später reiste Manuel mit dem London Symphony Orchestra durch die 4 Vgl. Pedro Rubio: Manuel Gómez. The famous spanish clarinetist, in: Música, Nr. 24, Revista del Real Conservatorio Superior de Música de Madrid, 2017, S. 79-99. 20
Vereinigten Staaten und Kanada und gab 28 Konzerte in 21 Tagen in 23 verschiedenen Städten. 1915 verließ er seine Stelle, nahm aber bis 1921 immer noch an Konzerten teil. Die Musikindustrie: Dank seines Prestiges und seiner Bekanntheit wurde Manuel Gómez 1904 eingeladen eine Aufnahme zu machen. Es war eine der ersten Aufnahmen in der Geschichte eines Klarinettisten und für diesen Anlass führte Gómez die Variationen Caro nome von Rigoletto (Verdi) und Chanson Napolitain von Boisdeffre auf. Manuel Gómez war mehr ein virtuoser Interpret als ein Komponist. Er ist schon in Spanien als junger Solist berühmt geworden, wie z.B. für seine Interpretation der Zarzuela El molinero de Subiza von Cristóbal Oudrid im Teatro Principal (Cádiz) oder Las dos coronas von Emilio Arrieta. Mehrere Komponisten wie z.B. Percy Pitt mit dem Concertino in c-Moll op. 22 (1897) haben ihm Werke gewidmet. Keine Kompositionen sind von Manuel Gomez bekannt oder überliefert, obwohl die Zeitschrift The Musical Times and Singing Class Circular vom 1. November 1899 über ein Stück Tango von ihm spricht.5 Er spielte auch ab 1895 mit großem Erfolg an dem Promenadenkonzert „The Proms“ mit dem Queen's Hall Orchestra in London. Mit seinem Bruder Francisco Gómez, den Klarinettisten Percy Egerton und George Anderson gründete er 1898 das Gomez Quartett und arrangierte für diese Besetzung zahlreiche Werke. Er gründete auch The Gomez Wind Quintet, ein Bläserquintett mit den Solisten des Queen's Hall Orchestras. Manuel Gómez ist dafür bekannt, dass er das Böhm-System in England eingeführt hat. Er hat eng mit der englischen Firma Boosey & Co. zusammengearbeitet und stellte ab 1900 „The New Clarinet Gomez-Boehm-Modell“ vor, eine Verbesserung des Böhmschen Ringklappensystems für die Klarinette. 5 Vgl Cristina María Strike Campuzano: El clarinete en Inglaterra: Frederick Thurston (1901-1953), Tesis, Universidad autonoma de Madrid 2018, S. 246-253. 21
Nannette Streicher und ihr Marche à huit Instrumens à vent (Simrock, 1817) Anna-Maria genannt Nannette Streicher, geb. Stein (* 2. Jan. 1769 in Augsburg, † 16. Jan. 1833 in Wien) ist vor allem als Pianistin und Klavierbauerin in Wien bekannt. Sie war auch Musikpädagogin und gelegentlich Sängerin. Als Tochter des Augsburger Klavierbauers Johann Andreas Stein machte sie sich mit der Praxis des Klavierbaus bekannt. Sie war eine junge talentierte Pianistin, die regelmäßig in Konzerten in Augsburg auftrat. Nach ihrer Heirat mit dem Musiker Johann Andreas Streicher zog 1794 das Ehepaar nach Wien und gründete die Klavierfirma Frère et sœur Stein d'Augsbourg à Vienne. Nannette Streicher verwirklichte in dieser Zeit viele technische Verbesserungen am Klavier und ihr Unternehmen wurde zu einem der bedeutendsten in Wien und Europa. Nannette Streicher, Tuschezeichnung von Ludwig In der Kaiserstadt kam Nanette Streicher mit vielen Krones, 1826 (Beethoven-Haus) bedeutenden Persönlichkeiten in Kontakt. Besonders folgenreich waren die Begegnung und die Freundschaft zu Beethoven, die in über sechzig kleinen Briefchen dokumentiert ist. Die erfolgreiche Unternehmerin nahm regen Anteil am Musikleben. Sie veranstaltete Konzerte zunächst in ihrer Wohnung und ab 1812 in einem Konzertsaal in der Ungargasse, der etwa dreihundert Personen fassen konnte. Das Ehepaar Streicher unterstützte auch die Gründung der Gesellschaft der Musikfreunde. Nanette Streicher spielte gern Klavier im kleinen Kreis, wo sie möglicherweise ihre eigenen Kompositionen aufführte, die heute zum Großteil verschollen sind. Nur drei Werke sind überliefert: Klage über den frühen Tod der Jungfer Ursula Sabina Stage (Singstimme und Klavier, Augsburg 1788), Marche à huit Instrumens à vent (Simrock, 1817) und Deux Marches pour le Piano Forte (Simrock, 1827).6 Die Zweigstellenbibliothek der PFS konnte den Rara-Bestand um folgende Noten erweitern: Nannette Streicher, Marche a huit Instrumens à vent, Originalausgabe von Simrock, die wahrscheinlich aus dem Jahr 1817 stammt.7 Die Originalität liegt weniger in der Musik, sondern mehr daran, dass eine Frau vor allem für Harmonie komponierte. Diese Partitur ist in diesem Zusammenhang einzigartig. Die Umstände ihrer Entstehung sind nicht bekannt, aber sie zeugen von der Blütezeit der Harmoniemusik. Die Besetzung besteht aus zwei Oboen, Klarinetten, Hörnern, Fagotten. Dieses kleine Stück in Es-Dur enthält 20 Takte und ist in zwei gleiche Teile mit einem Wiederholungszeichen gegliedert. Nanette Streicher vertraut das rhythmische Hauptthema den Oboen an. Der Marsch ist in Bezug auf Melodie, Harmonie, Rhythmus und Begleitung relativ einfach gehalten. Er entwickelt einen einfachen und gefälligen Charakter, der der Titelblatt, Marche à huit Instrumens à vent, Nanette Tradition der Unterhaltungsmusik entspricht. Streicher (PFS, Rara 14) 6 Vgl. Rebecca Wolf: Art. Streicher, Anna Maria, in: Neue Deutsche Biographie, Band 25, Berlin 2013, S. 530- 532 (Online verfügbar). 7 Signatur PFS CenterWindMusic, Rara 14. Die Partitur kann aus dem Internet wie die Webseite International Music Score Library Project (IMSLP) heruntergeladen werden. 22
Nikolaj Jakovlevič Mjaskovskij (1881-1950) und sein Repertoire für Blasorchester Vorwort Eine Anzeige im Internet des Musikverlags Höflich in München machte mich neugierig auf einen noch wenig bekannten Komponisten: Nikolaj Jakovlevič Mjaskovskij (auch: Nikolai J. Mjaskowski, Nikolay Yakovlevich Myaskovsky). Dieser Verlag gibt die Reihe „Repertoire Explorer“ heraus und suchte einen Autor, der ein Vorwort zum Werk Dramatische Ouvertüre für Blasorchester Opus 60 (1942) schreiben würde. Um einen Überblick zu bekommen war der erste Schritt eine Internetsuche durchzuführen. Die Informationen in Wikipedia umfassen eine Biographie und eine komplette Liste der Werke von Nikolaj J. Mjaskovskij. Eine „offizielle“ Website in russischer Sprache (mit englischer Übersetzung) bietet einen vollständigen Artikel über das Leben und Repertoire des Komponisten mit vielen Fotos und Bildern. Es ist auch möglich, weitere PDF-Artikel in russischer Sprache herunterzuladen.8 Zahlreiche Webseiten von Musikverlagen enthalten einige bibliographische Hinweise und Kurzanalysen seiner Werke, ebenso wie Musiklexika und wissenschaftliche Ressourcen, aber die Online-Versionen von u.a. MGG9, New Grove10 oder Brockhaus Enzyklopädie11 liefern nur relativ kurze Beiträge über Nikolaj J. Mjaskovskij. Man muss sich in die vielen Artikel und Bücher wie Historical Dictionary of Russian Music (2012)12 oder Nikolay Myaskovsky: The Conscience of Russian Music (2014)13 vertiefen, um wertvolle weiterführende Informationen über diesen Komponisten zu finden. Es scheint, dass Nikolaj Mjaskovskij in Vergessenheit geraten ist oder zumindest im Schatten seines Kollegen und Freundes Sergei Prokofjew steht. Dies betrifft auch sein Repertoire und insbesondere seine Werke für Blasorchester, die von einer ungewöhnlichen Originalität zeugen. Diese noch kaum erforschte Blasmusik hat dennoch ihre Zeit geprägt und entwickelte einen besonderen Stil zwischen Avantgarde und Konservatismus während der Sowjetzeit. Kurze Biographie Nikolaj Jakovlevič Mjaskovskij (*20. (8.) April 1881 in der Festung Novogeorgievsk (heute: Modlin, Polen), †8. August 1950 in Moskau) ist ein russischer Komponist, der vor allem für seine Lieder, Klavierstücke und Sinfonien bekannt ist. Er war der zweite Sohn des Militäringenieurs Jakow Konstantinovich Myaskovsky und seiner Frau Vera Nikolayevna Myaskovskaya, die ebenfalls aus einer Militärfamilie stammte. Nikolaj verbrachte seine ersten sieben Jahre in Nowogeorgiewsk. Im Jahr 1888 zog die Familie nach Orenburg und 1889 nach Kasan. Seine Tante Elikonida Konstantinowna kümmerte sich um die Familie nach dem Tod seiner Mutter Vera 1890 und sie wurde auch 8 https://www.myaskovsky.ru (20.01.2021) 9 Albrecht Gaub: Art. Mjaskovskij, Nikolaj Jakovlevič, BIOGRAPHIE in: , hrsg. von Laurenz Lütteken, Kassel, Stuttgart, New York 2016ff., zuerst veröffentlicht 2004, online veröffentlicht 2016, https://www-1mgg-2online- 1com-1000046yn002f.han.kug.ac.at/mgg/stable/53135 (20.01.2021). 10 Rayskin, Iosif Genrikhovich. "Myaskovsky, Nikolay Yakovlevich." Grove Music Online. 2001; Accessed 1 Feb. 2021. https://www-1oxfordmusiconline-1com- 1000008yn0117.han.kug.ac.at/grovemusic/view/10.1093/gmo/9781561592630.001.0001/omo-9781561592630- e-0000019490. (20.01.2021) 11 Brockhaus, Nikolai Jakowlewitsch Mjaskowski. http://brockhaus-1at- 1susewpyn0030.han.kug.ac.at/ecs/enzy/article/mjaskowski-nikolai-jakowlewitsch (aufgerufen am 2021-01-20) 12 Daniel Jaffé: Historical Dictionary of Russian Music, Historical Dictionaries of Literature and the Arts, Scarecrow Press, Lanham 2012. 13 Gregor Tassie: Nikolay Myaskovsky : The Conscience of Russian Music, Rowman & Littlefield Publishers, 2014. 23
seine erste Musiklehrerin. 1893 besuchte Nikolaj J. Mjaskovskij die Kadettenschule in Nischni Nowgorod. 1895-1899 setzte er diese militärische Ausbildung in der Kadettenschule in St. Petersburg fort, wo sein Vater als Lehrer an der Militäringenieurakademie unterrichtete. Nikolaj erhielt etwas Geigenunterricht von seinem Cousin Karl Brandt, der Violinist in einem Orchester in St. Petersburg tätig war. Danach begann er beim Leiter des Kadettenorchesters Nikolaj Kazanli Harmonielehre zu studieren und hat erste Kompositionsversuche unternommen. 1902 schloss Mjaskovskij sein Studium als Militäringenieur ab und wurde nach Moskau versetzt. Von Januar bis Mai 1903 bekam er Privatunterricht bei dem Komponisten Reinhold Moritzewitsch Glière. Anfang 1904 wurde Nikolaj zum 19. Pionierbataillon in St. Petersburg berufen und 1906 trat er ins Sankt Petersburger Konservatorium ein, wo er Musik unter anderem bei Nikolaj Rimski-Korsakow und Anatoli Ljadow studierte. Schon in seinem ersten Jahr am Konservatorium schloss er eine lebenslange Freundschaft mit dem zehn Jahre jüngeren Sergej Prokofjew und die beiden Männer musizierten regelmäßig zusammen.14 Im Frühjahr 1907 reichte Mjaskovskij seinen Rücktritt aus der Armee ein, er wurde aber ein Jahr später als Reservist versetzt. Im August 1911 arbeitete der Komponist als Musikkritiker für verschiedene Zeitschriften wie die Zeitschrift Musika in Moskau. Er veröffentlichte ca. 114 Artikel, die sich mit dem Musikleben in St. Petersburg und dem neuesten Musikschaffen beschäftigten. 1914 wurde Mjaskovskij zur Armee eingezogen und als Leutnant einer Pionierkompanie an die österreichische Front und 1916 nach Revel (heute Tallinn) geschickt. Nach der Oktoberrevolution wurde Mjaskovskij 1918 nach Moskau versetzt und diente in der Roten Armee bis zum Ende des Bürgerkriegs (1921). 1919 trat er dem sowjetischen Komponistenverband bei und arbeitete in der Musikabteilung des staatlichen Verlags. 1921 bis zu seinem Tode wurde er Professor für Komposition am Moskauer Konservatorium. Sein Name ist untrennbar mit der Moskauer Schule der sowjetischen Komponisten verbunden und er hat mehr als 80 wichtige Komponisten ausgebildet, darunter Boris Čajkovskij, Andrej Nikolaj Mjaskovskij (1912) Ėšpaj, Michail Goldstein, Dmitrij Kabalevskij, Aram und Karen Chačaturjan, Aleksandr Mosolov, Vano Muradeli, Nikolaj Pejko, Leonid Polovinkin, Visarion Šebalin und Aleksandr Veprik. Mjaskovskij arbeitete auch weiterhin im Redaktionsbeirat wissenschaftlicher Publikationen mit und nahm aktiv an den Aktivitäten des Konservatoriums teil. Bis 1931 war er ein Mitglied der „Assoziation für zeitgenössische Musik“ (ASM).15 Die vier Jahre vor dem zweiten Weltkrieg waren eine sehr fruchtbare Periode. Aus dieser Zeit stammen fünf Sinfonien, zwei Streichquartette, ein Konzert für Violine und Orchester sowie Klavierstücke, Romanzen und Lieder. Im August 1941 musste Mjaskovskij zusammen mit Komponisten und Professoren des Moskauer Konservatoriums die Hauptstadt verlassen. Trotz des Krieges und mehrerer Evakuierungen komponierte er weiter. Im Dezember 1942 kehrte Mjaskovskij nach Moskau zurück. Der Unterricht wurde im Konservatorium wieder aufgenommen und das kulturelle Leben der Hauptstadt wurde allmählich wiederhergestellt. Mjaskovskij litt nach dem Krieg an gesundheitlichen Problemen und musste sich 1949 mehreren Operationen unterziehen. In diesem Jahr begann er frühe Werke zu bearbeiten und zu veröffentlichen. Der Komponist musste dazu eine schwierige Zeit für die Musik in der Sowjetunion miterleben. Mjaskovskij, Prokofjew, Schostakowitsch und mehrere andere Komponisten wurden vom Zentralkomitee der KPdSU am 10. Februar 1948 als „Formalisten“ 14 Vgl. Biographie, in: Nikolaj Jakovlevič Mjaskovskij, offizielle Webseite (22.01.2021) 15 Vgl. Albrecht Gaub: Art. Mjaskovskij, Nikolaj Jakovlevič, MGG Online-Version (22.01.2021). 24
angegriffen, aber später wieder rehabilitiert.16 Nikolaj J. Mjaskovskij starb am 8. August 1950 im Alter von 69 Jahren. Er wurde auf dem Nowodewitschi-Friedhof in der Nähe der Gräber von zwei älteren Kollegen, Skrjabin und Tanejew, begraben. Repertoire Nikolaj J. Mjaskovskij komponierte u.a. 2 Kantaten sowie diverse Chorwerke, etwa 120 Lieder, 27 Symphonien, 5 Orchesterouvertüren, 2 Symphonische Dichtungen, 13 Streichquartette, 9 Klaviersonaten und ca. 50 Klavierstücke. Er veröffentlichte 87 Opuszahlen, darüber hinaus sind etwa 40 Werke ohne Opuszahl sowie 10 Bearbeitungen erhalten. Sein Schaffen wird oft in drei Perioden unterteilt. Seine Musik vor dem Ersten Weltkrieg ist von den russischen Komponisten des 19. Jahrhunderts wie Rimsky-Korsakov oder Tschaikowski beeinflusst. Die Zeit nach 1918 ist geprägt von mehreren Experimenten und Stilen. Mjaskovskij versuchte die russische Musiktradition mit der Avantgarde zu verbinden. Er griff russische Volksmusik auf und interessierte sich für die modernen Tendenzen wie Impressionismus oder Atonalität. Vor dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich seine Musik in eine neue Richtung, um den Anforderungen des „sozialistischen Realismus“ zu entsprechen. Nach dem Krieg ist seine Tonsprache eher traditionell, dunkler und melancholisch. Obwohl er nur ein einziges Mal die Sowjetunion verließ (Reise nach Warschau und Wien, 1926) fand seine Musik im Ausland eine Zeitlang große Beachtung. Viermal (bis sechsmal gemäß den Quellen) gewann er den Stalinpreis. Die Sinfonie war zweifellos seine bevorzugte Gattung und sein bekanntestes Werk ist die Sechste Sinfonie (op. 23, 1921-1923). Sein Repertoire für Blasorchester ist noch wenig bekannt und kaum erforscht. Mjaskovskij war aber der erste sowjetische Komponist, der eine Sinfonie für Blasorchester komponierte. Es handelt sich um die 19. Sinfonie, die 1938-1939 entstand. Nikola J. Mjaskovskij veröffentlichte insgesamt sechs Werke für Blasorchester: Festlicher Marsch in B-Dur op. 31C (30), 1930 Dramatischer Marsch in F-Dur op. 31C (30), 1930 19. Sinfonie in Es-Dur op. 46, 1938-1939 Marsch Nr. 1 in f-Moll op. 53, 1941 Marsch Nr. 2 in F-Dur, op. 53, 1941 Dramatische Ouvertüre in g-Moll op. 60, 1942 Mjaskovskijs erste Kompositionen für Blasorchester sind die zwei Militärmärsche Opus 31C (30), die ursprünglich ohne Opuszahlen beim Staatlichen Musikverlag Muzgiz im Jahr 1930 gedruckt wurden. Die anderen Werke stehen im Kontext des Zweiten Weltkriegs. Einzigartig ist die 19. Sinfonie Opus 46, die für das Musikkorps der Roten Armee komponiert wurde. Sie könnte als erstes Beispiel der sinfonischen Blasmusik in der Sowjetunion bezeichnet werden. Die Bekanntschaft und der kreative Austausch mit dem Militärkapellmeister der Sowjetarmee Iwan W. Petrow haben die Entstehung dieses Werkes angeregt. Sie dauert ca. 23 Minuten und besteht aus vier Sätzen. Am 15. Februar 1939 wurde sie anlässlich des 21. Jahrestages der Roten Armee unter Leitung Petrows im Rundfunk übertragen und ein paar Tage später im Großen Saal des Staatlichen Konservatoriums in Moskau aufgeführt.17 Das letzte Werk für Blasorchester ist die Dramatische Ouvertüre in g-Moll op. 60 (1942). Der Ruf Mjaskovskijs als größter sowjetischer Komponist, Professor am Moskauer Konservatorium und Träger des Stalinpreises war gefestigt. Die Kämpfe, die sich Moskau näherten, zwangen Mjaskovskij und seine Freunde zur Flucht. Es begann eine unruhige Zeit, geprägt von ständigen Evakuierungen. Trotz der Schwierigkeiten und Entbehrungen schrieb 16 Vgl. Art. Nikolai Jakowlewitsch Mjaskowski, in: Wikipedia (22.01.2021). 17 Wikipedia liefert einen ganzen Artikel über die 19. Sinfonie op. 46 (1938-1939). 25
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