Klimawandel in den Schweizer Alpen - Center for Security ...

Die Seite wird erstellt Hein-Peter Krebs
 
WEITER LESEN
Klimawandel in den Schweizer Alpen - Center for Security ...
CSS Analysen zur Sicherheitspolitik
Nr. 290, September 2021

Klimawandel in den
Schweizer Alpen
Der Klimawandel wird den Lebensalltag in der Schweiz immer stärker
beeinflussen. Schon jetzt schädigen der deutliche Temperaturanstieg,
extreme Niederschläge und damit verbundene Naturgefahren
Ökosysteme, Infrastrukturen, Gesundheit und Existenzgrundlagen.
Um diese Entwicklung einzudämmen und zu bewältigen, sind
Zusammenarbeit und schnelles Handeln gefragt.

Von Christine Eriksen
und Andrin Hauri

Der Klimawandel ist keine abstrakte Be-
drohung, die uns irgendwann in ferner Zu-
kunft betreffen wird. Die Folgen sind be-
reits weltweit spürbar, wie der Sechste
Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen
Ausschusses zum Klimawandel der Verein-
ten Nationen belegt. Laut dem Coperni-
cus-Klimawandeldienst war 2020 das hei-
sseste je in Europa gemessene Jahr – min-
destens 0,4 Grad wärmer als die fünf
bisherigen Rekordjahre, die übrigens alle
nach 2010 auftraten. Binnenregionen er-
wärmen sich schneller als Küstenregionen,
da ihnen die kühlende Wirkung des Mee-
res fehlt. Ferner häufen sich die Hinweise
darauf, dass sich höher gelegene Gebiete
schneller erwärmen als tiefere Lagen. Des-              Schlamm in einem Weinberg neben dem Fluss Losentze nach einer Sturzflut in Chamoson in der
halb sollten wir den Auswirkungen des                   Schweiz im August 2019. Denis Balibouse / Reuters
Klimawandels in Gebirgen wie den Alpen
besondere Beachtung schenken.

In der Schweiz hat die Jahresdurch-                     dingungen, mit welchen klimatischen Ver-          Sommermonaten abnehmen, ebenso die
schnittstemperatur um fast 2 Grad Celsius               änderungen bis im Jahr 2060 respektive            Anzahl an Regentagen, während die Ver-
zugenommen seit der industriellen Revo-                 Ende des Jahrhunderts zu rechnen ist.             dunstung zunimmt. Dadurch trocknen Bö-
lution – das ist fast doppelt so viel wie der                                                             den und Gewässer schneller aus. Da wär-
mittlere globale Temperaturanstieg. Doch                Ohne gemeinsame Anstrengungen zur Re-             mere Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen
der Klimawandel bringt noch weitere we-                 duktion von Treibhausgasemissionen ist            kann, wird es andererseits das ganze Jahr
sentliche Konsequenzen mit sich: Extreme                ein weiterer Anstieg der Durchschnitts-           über vermehrt zu Starkniederschlägen
Wetterereignisse werden häufiger, intensi-              temperatur in der Schweiz um 2 bis 3 Grad         kommen wie diesen Sommer in Teilen Eu-
ver und unterliegen starken Schwankun-                  bis 2060 möglich. Das bedeutet häufigere          ropas. Die Wintermonate werden durch-
gen. Die vom Swiss National Centre for Cli-             und extremere Hitzewellen und heisse              schnittlich bis zu 3,5 Grad wärmer sein als
mate Services (NCCS) erstellten Schweizer               Tage im Sommer, die durchschnittlich bis          heute. Die Nullgradgrenze wird bis zu
Klimaszenarien CH2018 prognostizieren                   zu 4,5 Grad wärmer sein werden als heute.         650 Meter nach oben klettern. Es wird we-
unter Berücksichtigung verschiedener Be-                Im Mittel werden die Niederschläge in den         niger Schneefälle und weniger geschlosse-

© 2021 Center for Security Studies (CSS), ETH Zürich                                                                                                1
Klimawandel in den Schweizer Alpen - Center for Security ...
CSS Analysen zur Sicherheitspolitik                                                                                         Nr. 290, September 2021

  Folgen des Klimawandels in der Schweiz

ne Schneedecken geben. In den Alpen be-                 hilfreich, diese Veränderungen als «sich ge-   Brandgefahr nimmt zu und die Wald-
schleunigen die ganzjährig wärmeren                     genseitig verstärkende Probleme» und           brandsaison dauert länger – nicht nur auf
Temperaturen den Gletscherrückgang und                  «Kaskadeneffekte» zu verstehen.                der Alpensüdseite, wo es seit jeher öfter zu
das Auftauen des Permafrosts.                                                                          Waldbränden kommt, sondern auch in den
                                                        So sorgt beispielsweise die Aufgabe land-      nördlichen Alpen. Dadurch steigen Risiko,
Aus der näheren Untersuchung, wie sich                  wirtschaftlicher Betriebe in den Alpen seit    Häufigkeit und Intensität unkontrollierba-
diese Klimaszenarien in den Alpen ausprä-               Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer all-       rer Waldbrände, deren wirtschaftlichen
gen könnten, lassen sich Erkenntnisse für               mählichen Ausbreitung von Wald. Gleich-        Folgen Leben und Lebensgrundlagen zer-
den Katastrophenschutz und den Lebens-                  zeitig führt der soziale Wandel dazu, dass     stören können. Hitze und Rauchpartikel,
alltag in der Schweiz ableiten. Eine solche             mehr Menschen in den Bergen immer              die sich über weite Gebiete ausbreiten,
Untersuchung zeigt auch welche Bewälti-                 mehr und neue Freizeitaktivitäten ausüben.     schaden wiederum der Gesundheit.
gungsmechanismen auf lokaler, regionaler                Je mehr aufgegebene Höfe und je mehr
und internationaler Ebene verfügbar sind.               Waldflächen, desto mehr entflammbare           Durch Dürre und Waldbrände geschwäch-
                                                        Vegetation; je mehr Freizeitaktivitäten,       te Berghänge büssen an Stabilität ein. Hier
Naturgefahren nehmen zu                                 desto grösser die Gefahr, dass ein Brand       kommt es bei stärkeren Niederschlägen
In einem gebirgigen Land wie der Schweiz                entfacht wird. Zu diesen sich gegenseitig      leichter zu Bodenerosion, Erdrutsch und
macht sich der Druck der Erderwärmung                   verstärkenden Problemen kommen Ket-            Steinschlag. Geröll und grosse Wassermen-
besonders bemerkbar. So wird der Klima-                 tenreaktionen hinzu.                           gen (in Form von Starkregen, Hagel oder
wandel die Häufigkeit und Intensität von                                                               Schnee) setzen tiefer liegende Gebiete Ge-
Naturgefahren in den Alpen unmittelbar                  Der Klimawandel führt dazu, dass ein Er-       fahren aus. In Wassereinzugsgebieten dro-
beeinflussen. Hinzu kommen gesellschaft-                eignis ein weiteres bedingt oder damit in-     hen Flutwellen und Überschwemmungen.
liche Entwicklungen, die die oben genann-               teragiert und so einen Dominoeffekt aus-
ten Klimaeffekte mit der Zeit noch verstär-             löst. In einem wärmeren, trockeneren           Ein anderes Szenario, das parallel zu den
ken. Für eine Veranschaulichung der                     Klima trocknen Vegetation und Böden            beschriebenen Veränderungen entsteht, ist
konkreten Folgen des Klimawandels ist es                schneller aus, Wasser wird knapper, akute      die Ausbreitung schädlicher Organismen,

© 2021 Center for Security Studies (CSS), ETH Zürich                                                                                             2
CSS Analysen zur Sicherheitspolitik                                                                                             Nr. 290, September 2021

Krankheiten sowie fremder oder invasiver                wirtschaft öfters zu Ausfällen führen             prognostizierten Klimaauswirkungen bis
Arten. Höhere Temperaturen, die abneh-                  werden. Allerdings verlängern die höheren         Mitte und zwei Drittel bis Ende des
mende Schneedecke und die hohe Zahl von                 Durchschnittstemperaturen auch die Vege-          21. Jahrhunderts verhindert werden.
Menschen, die in den Alpen unterwegs ist,               tationsperiode und fördern bei ausreichen-
bieten ideale Bedingungen für ihre Aus-                 der Bewässerung das Pflanzenwachstum.             Als Unterzeichnerstaat und vom Klima-
breitung. In der Folge steigt das Seuchenri-                                                              wandel besonders betroffenes Alpenland
siko bei Mensch und Tier (beispielsweise                Der Rückgang der Gletscher und des Per-           sollte die Schweiz sicherstellen, dass sie die
durch die Verbreitung von Zecken und                    mafrosts zusammen mit der Verschiebung            Pariser Klimaziele im Inland erreicht oder
Krankheiten, die sie übertragen), die Arten-            der Nullgradgrenze werden die Infrastruk-         sogar übertrifft, sich jedoch auch auf inter-
vielfalt schwindet, und Land- und Forst-                tur beeinträchtigten. Bodenabsenkungen            nationaler Ebene dafür einsetzen. Auf je-
wirtschaft werden beeinträchtigt (etwa                  an wärmeren Berghängen gefährden Ge-              den Fall muss sich die Schweiz der Frage
durch das Baumsterben aufgrund von Bor-                 bäude, Bahnstrecken und Strassen. Sedi-           stellen, wie gut sie momentan auf die er-
kenkäferbefall). Die einzigartige Biodiver-             mente, Nähr- und Schadstoffe aus Boden-           warteten Folgen des Klimawandels vorbe-
sität alpiner Ökosysteme ist besonders ver-             erosion und Oberflächenabtragung verur-           reitet ist und wie sie darauf reagieren und
letzlich gegenüber invasiven Arten und                  sachen ebenfalls Probleme, wenn sie sich in       sie abmildern kann.
dem Verlust von Lebensraum durch stei-                  aquatischen Ökosystemen ansammeln. Da-
gende Temperaturen, weniger Schnee und                  rüber hinaus können Strom- und Gaslei-            In der Schweiz ist der Zivilschutz das
die Verschiebung der Nullgradgrenze. Des-               tungen, die die Schweiz mit Energie aus           wichtigste Instrument für den Umgang
halb ist es umso wichtiger, den verbleiben-             dem In- und Ausland versorgen, durch              mit natürlichen, technologischen und ge-
den Lebensraum zu schützen und wieder                   Erdrutsche und Bodenabsenkungen be-               sellschaftlichen Gefahren. Er ist als Ver-
zu zusammenhängenden Flächen zu ver-                    schädigt werden. Ein Vorteil des Rück-            bundsystem aufgebaut, das fünf Partneror-
binden, da sich intakte, vernetzte Lebens-              gangs von Schnee und Eis sind hingegen            ganisationen zusammenbringt: Polizei,
räume besser an den Klimawandel anpassen                sinkende Kosten für Winterdienste und             Feuerwehr, Gesundheitswesen, technische
können.                                                 Strasseninstandhaltung.                           Dienste und Zivilschutz. Für die regionale
                                                                                                          Organisation sind die Kantone zuständig.
Konsequenzen für die Gesellschaft                       Je nachdem, wie hoch unsere CO2-Emissi-           Der Bund übernimmt die Koordinierung
Schon bald werden sich die vom Klima-                   onen in den kommenden Jahren ausfallen,           und leistet spezialisierte Unterstützung.
wandel ausgelösten Kettenreaktionen nicht               wird im Jahr 2100 etwa 63 bis 94 Prozent          Dieses System hat sich in der Vergangen-
mehr nur gelegentlich in den Alpen zeigen,              des Gletschervolumens in den Alpen ver-           heit bewährt. In absehbarer Zukunft wird
sondern sich in der gesamten Schweiz dau-               schwunden sein. Dies ist nicht nur ein bit-       sich der Schweizer Bevölkerungsschutz je-
erhaft auf unser tägliches Leben auswirken.             terer Verlust für das ökologische Erbe der        doch mit den genannten neuen und sich
Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen                 Schweiz und schadet dem Tourismus, son-           häufenden klimabedingten Gefahren kon-
durch Hitze und Rauchbelastung werden                   dern es bedeutet auch, dass wichtige Was-         frontiert sehen, zu denen er nur über be-
weit gravierender sein als punktuelle Un-               serspeicher verloren gehen und die ausglei-       grenzte theoretische Kenntnisse, prakti-
annehmlichkeiten in unserem Tagesablauf.                chende Wirkung der Gletscher auf den              sche Erfahrungen und Kapazitäten verfügt.
Sie werden das Gesundheitssystem belas-                 Ablauf in tiefer gelegenen Gewässern ent-
ten und die Sterblichkeitsrate ansteigen                fällt. Zwar mögen die höheren Durch-              Mehr Austausch und eine intensivere Zu-
lassen, vor allem bei älteren und besonders             schnittstemperaturen den Tourismus im             sammenarbeit mit anderen Ländern im
gefährdeten Mitgliedern der Gesellschaft.               Sommer begünstigen – Wintersport wird             Bereich Bevölkerungsschutz wären daher
                                                        dagegen angesichts der dürftigen Schnee-          von Vorteil. Bereits 2001 schufen die EU-
Bei Hitzewellen staut sich die Wärme in                 verhältnisse an Erholungswert und Wirt-           Mitgliedstaaten das EU-Katastrophen-
tiefer gelegenen und urbanen Gebieten.                  schaftlichkeit einbüssen. Die Herstellung         schutzverfahren UCPM, eine multilaterale
Infolgedessen steigt der Energieverbrauch               von Kunstschnee ist energie- und wasser-          Initiative zur Stärkung der grenzüber-
für Kühlung während den Sommermona-                     intensiv und stellt allenfalls eine kostspieli-   schreitenden Zusammenarbeit bei der Ka-
ten, in denen ohnehin ein Rückgang der                  ge, ökologisch aber nicht nachhaltige             tastrophenvorsorge und -bewältigung.
Wasserkraftproduktion infolge Wasser-                   Übergangslösung dar. Tiefer gelegene              Hierbei bündeln die Mitgliedstaaten frei-
knappheit erwartet wird. Die Hitze und                  Wintersportorte stecken schon heute in            willig ihre nationalen Ressourcen, um Län-
Wasserknappheit werden zudem mehr Be-                   diesem Dilemma.                                   der in Not zu unterstützen. Ein weiteres
schränkungen des täglichen Wasserver-                                                                     Ziel des UCPM ist die Verbesserung des
brauchs in Haushalten erforderlich ma-                  Umgang mit dem Klimawandel                        Katastrophenschutzes und der Vorsorge
chen. Die milderen Winter mit weniger                   Wie können wir diese düsteren Zukunfts-           durch Wissenstransfer, den Austausch von
Schnee, stärkeren Regenfällen und einer                 szenarien verhindern oder wenigstens teil-        Best Practices und die Stärkung der Zusam-
Zunahme extremer Niederschlagsereignis-                 weise entschärfen? Wissenschaftliche Er-          menarbeit durch gemeinsame Übungen.
se sorgen indes für eine höhere Wasser-                 kenntnisse belegen eindeutig, dass eine           Auch Nicht-EU-Länder können gegen
kraftproduktion bei geringerem Heizener-                Verringerung der Treibhausgase den Kli-           eine jährliche Gebühr dem UCPM beitre-
giebedarf in den Wintermonaten.                         mawandel wirksam bremsen könnte. Das              ten. Für die Schweiz würde eine Teilnahme
                                                        Übereinkommen von Paris von 2015 soll             Vor- und Nachteile sowie langfristige
Steigende Wassertemperaturen werden vie-                diese Reduktion fördern und so die globale        Chancen eröffnen, aber auch Risiken ber-
len Fischen und Flusskrebsen zum Ver-                   Erwärmung auf nicht mehr als 2 Grad ge-           gen (siehe CSS-Bericht).
hängnis, während trockene Böden und                     genüber vorindustriellen Werten begren-
günstigere Bedingungen für Schädlings-                  zen. Wenn die Unterzeichnerstaaten die            Bilaterale Abkommen können ebenfalls
und Krankheitsbefall auch in der Land-                  Reduktionsziele erreichen, könnten nach           eine Absicherung für den Katastrophenfall
wirtschaft, im Weinbau und in der Forst-                Schätzungen des NCCS die Hälfte der               bieten. Derzeit hat die Schweiz mit allen

© 2021 Center for Security Studies (CSS), ETH Zürich                                                                                                 3
CSS Analysen zur Sicherheitspolitik                                                                                                  Nr. 290, September 2021

                                                     schen Bevölkerungsschutzes dar, deren               henden Herausforderungen besser meis-
  «Waldbrand 2020»
                                                     rechtzeitige Aktualisierung zentral ist.            tern kann. Einzelpersonen, Gemeinschaf-
  Als Reaktion auf die nachlassende Schaden-                                                             ten, Organisationen und Unternehmen
  stoleranz der Gesellschaft und der prognosti-      Anpassung und Innovation                            können mit den richtigen Entscheidungen
  zierten Zunahme von Waldbränden infolge
  des Klimawandels entwickelte der Kanton
                                                     2012 verabschiedete der Bundesrat die               und Massnahmen einen wesentlichen Bei-
  Tessin das Konzept «Waldbrand 2020». Es            zweiteilige Strategie «Anpassung an den             trag dazu leisten, den Klimawandel einzu-
  definiert Grundsätze und Ziele im Umgang           Klimawandel in der Schweiz», um Chancen             dämmen – von Abfallrecycling, sparsamer
  mit Waldbränden in vier Handlungsfeldern:          des Klimawandels zu nutzen, Risiken abzu-           Wassernutzung, Stromerzeugung über Fo-
  1) Unter «Prävention» sollen unter anderem
  die Gesellschaft sensibilisiert und waldbauli-
                                                     mildern und die Anpassungsfähigkeit von             tovoltaikanlagen und Strategien für nach-
  che Massnahmen getroffen werden;                   sozioökonomischen und ökologischen Sys-             haltige Investitionen bis hin zur Förderung
  2) «technische und organisatorische                temen zu verbessern. Im ersten Teil der             der Biodiversität mit Bienenstöcken in
  Massnahmen» regeln die Organisation aller          Strategie werden Ziele, Herausforderungen           Gärten oder auf Dächern. Ermutigung und
  in die Brandbekämpfung involvierten Dienste
  sowie die Bereitstellung der erforderlichen
                                                     und Handlungsfelder für Wasserwirtschaft,           Unterstützung von offizieller Seite tragen
  Infrastrukturen im und um den Wald; 3)             Umgang mit Naturgefahren, Land- und                 zum Erfolg solcher Massnahmen bei.
  «Löschaktion» zielt darauf, die durch              Waldwirtschaft, Energie, Tourismus, Bio-
  Waldbrände direkt verursachten Personen-           diversitätsmanagement, Gesundheit und               Ausblick
  und Sachschäden zu minimieren; und 4) das
  «Post-Brand-Management» ermittelt
                                                     Raumentwicklung definiert. Der zweite               Der Klimawandel hat bereits zu zahlrei-
  Massnahmen wie nach einem Brand                    Teil besteht aus zwei Aktionsplänen mit             chen Veränderungen geführt und stellt die
  wiederaufgeforstet werden kann.                    konkreten Anpassungsmassnahmen, die je-             Schweiz vor eine alles umfassende Heraus-
  Das Konzept beruht auf der langen Tradition        weils in den Zeiträumen 2014 – 2019 und             forderung, die sämtliche Gesellschafts-
  des Kantons in der erfolgreichen Umsetzung         2020 – 2025 umzusetzen sind.                        schichten, Sektoren und Regionen betref-
  von absoluten Feuerverboten an Tagen mit                                                               fen und prägen wird, insbesondere in den
  akuter Brandgefahr und in der Bekämpfung           Bis 2020 wurden 14 Massnahmen umge-                 Alpen. Diese Entwicklung kann nicht
  von Waldbränden. Hinzu kam die Erkenntnis,
  dass der Klimawandel die Brandgefahr               setzt, 28 waren in Arbeit, 19 befanden sich         mehr verhindert werden. Wir können nur
  verschärfen wird. Die Vorgaben gelten im           in der Anfangsphase, und 2 wurden ver-              noch versuchen, das Ausmass und die Fol-
  ganzen Kanton, sodass die Planung,                 schoben. Eine Bewertung ergab, dass die             gen durch raschen Wandel, Abschwächung
  Umsetzung und Evaluation der Massnahmen            Strategie nicht nur einen gemeinsamen               und Anpassung zu begrenzen.
  nach einheitlichen Standards erfolgen kann.
                                                     Rahmen für koordinierte Massnahmen von
                                                     Bund und Kantonen geschaffen, sondern               Doch die Schweiz steht diesen Herausfor-
                                                     auch die für die Zielbereiche zuständigen           derungen nicht alleine gegenüber. Ge-
                                                     Bundesstellen durch Sensibilisierung zum            meinsames Engagement auf nationaler
                                                     Handeln gezwungen hat. So arbeitet etwa             und internationaler Ebene ist wichtig, um
Nachbarländern Abkommen abgeschlos-                  das Bundesamt für Raumentwicklung an                den ungebremsten Klimawandel aufzuhal-
sen, die die Rechtsgrundlage für gegenseiti-         raumplanerischen Instrumenten zur Re-               ten. Bilaterale und multilaterale Abkom-
ge Hilfeleistungen im Fall eines grösseren           duktion von Stauhitze und zur Verbesse-             men in den Bereichen Bevölkerungsschutz,
Notfalls bilden. Sie regeln Dinge wie die            rung der Aufnahmekapazität von Nieder-              Katastrophenbewältigung und Umwelt-
grenzüberschreitende       Zusammenarbeit,           schlägen durch mehr Frei- und Grünflä-              schutz unterstützen vorhandene Kapazitä-
gemeinsame Vorsorgemassnahmen mit                    chen in Städten. Ergänzende Anstrengungen           ten dabei, mit jenen Auswirkungen zurecht
Übungen und Lehrgängen oder die Integ-               der fünf Partnerorganisationen des Schwei-          zu kommen, die sich nicht mehr verhin-
ration grenzüberschreitender Notfalldiens-           zer Bevölkerungsschutzes zu Anpassungen             dern lassen. Aufgrund ihrer Geografie so-
te auf verschiedenen Verwaltungsebenen.              und Innovationen auf Kantonsebene kön-              wie den damit zusammenhängenden sozi-
Mit Ausnahme von Liechtenstein nehmen                nen gleichfalls dazu beitragen spezifische          alen Herausforderungen und konkreten
alle Nachbarländer am UCPM teil. In den              Risiken und konkrete Auswirkungen des               Kettenreaktionen täte die Schweiz gut da-
vergangenen zwei Jahrzehnten haben sie               Klimawandels zu reduzieren. Die kantona-            ran, bestehende und neue Bemühungen
gemeinsame Standards und Abläufe für                 len Behörden im Tessin haben beispielswei-          zur Eindämmung des Klimawandels ent-
grenzüberschreitende Einsätze in der EU              se in Zusammenarbeit mit der Eidgenössi-            schieden zu unterstützen.
entwickelt – ein Prozess, an dem die                 schen Forschungsanstalt für Wald, Schnee
Schweiz nicht beteiligt war. Deshalb ist für         und Landschaft (WSL) das Konzept
die Nachbarländer der Anreiz, gemeinsame             «Waldbrand 2020» entwickelt, um die Häu-
Übungen mit der Schweiz durchzuführen                figkeit und Folgen von Waldbränden zu ver-            Für mehr zu Sozio-technischer Resilienz und
und den Austausch von ExpertInnen und                ringern (siehe Textbox).                              Katastrophenvorsorge, siehe CSS Themenseite.
Know-how zu formalisieren, inzwischen
geringer, da sie dies innerhalb des UCPM             Neben diesen offiziellen Bemühungen
auf viel breiterer Basis tun können. Den-            können regionale und lokale Initiativen             Christine Eriksen und Andrin Hauri sind Senior
noch stellen die bilateralen Abkommen ein            und Projekte als Anreize oder Vorbilder             Researcher im Team Risiko und Resilienz am
entscheidendes Element des schweizeri-               dienen, wie die Gesellschaft die bevorste-          Center for Security Studies (CSS) der ETH Zürich.

Die CSS Analysen zur Sicherheitspolitik werden herausgegeben vom               Zuletzt erschienene CSS-Analysen:
Center for Security Studies (CSS) der ETH Zürich. Das CSS ist ein Kompetenz-
                                                                               Irak: Die Vergangenheit bleibt präsent Nr. 289
zentrum für schweizerische und internationale Sicherheitspolitik. Jeden
                                                                               Christlicher Nationalismus in den USA Nr. 288
Monat erscheinen zwei Analysen auf Deutsch, Französisch und Englisch.
                                                                               COVID-19: Deutschland reformiert Bevölkerungsschutz Nr. 287
                                                                               Europa und der Atomwaffenverbotsvertrag Nr. 286
Redaktion: Névine Schepers
                                                                               Hyperschall-Technologie: bewaffnet und überbewertet Nr. 285
Korrekturlesung: Benno Zogg
                                                                               Geostrategischer Sturm über dem Indischen Ozean Nr. 284
Layout und Grafiken: Miriam Dahinden-Ganzoni

Feedback und Kommentare: analysen@sipo.gess.ethz.ch                            © 2021 Center for Security Studies (CSS), ETH Zürich
Weitere Ausgaben und Abonnement: www.css.ethz.ch/cssanalysen                   ISSN: 2296-0236; DOI: 10.3929/ethz-b-000500123                               4
Sie können auch lesen