KLINIK MAGAZIN KAMPF GEGEN KREBS IM SYSTEM - " Leukämien und Lymphome " Knochenmarkspende und Stammzelltherapie - Universitätsklinikum Jena

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KLINIK MAGAZIN KAMPF GEGEN KREBS IM SYSTEM - " Leukämien und Lymphome " Knochenmarkspende und Stammzelltherapie - Universitätsklinikum Jena
KLINIK MAGAZIN
Das Gesundheitsmagazin am Universitätsklinikum Jena            4|2014

 KAMPF GEGEN
 KREBS IM SYSTEM
 » L eukämien und Lymphome
 » Knochenmarkspende und Stammzelltherapie

  Sprechstunde                             Visite
  Ohr-Implantate bei Schwerhörigkeit       Herzklappen-Operationen
KLINIK MAGAZIN KAMPF GEGEN KREBS IM SYSTEM - " Leukämien und Lymphome " Knochenmarkspende und Stammzelltherapie - Universitätsklinikum Jena
Inhalt

    Schwerpunkt
    Der Leukämie den Kampf angesagt .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 4
    Kompetenz und Kooperation für Krebspatienten.  .  .  .  .  .  . 6
    Malignes Lymphom mit vielen Gesichtern.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 8
    Pilzinfektionen bei Krebspatienten im Blick .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .
    An der Seite der Erkrankten.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 11
    Knochenmark, das Leben rettet .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 12
    Was passiert bei einer Stammzelltherapie? .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 12
    Wenn Mama an Krebs erkrankt.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 14
    UKJ unterstützt Patientenselbsthilfe bei Leukämie. . . . 14
    Mit der Natur heilen.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 15

                                                                                                                      Forschen und Heilen
                                                                                                                      MRT-Standards für die Di­ag­nostik bei ALS .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 24
                                                                                                                      Wie langfristig wirken Präventionsprogramme?.  .  .  .  .  . 25
                                                                                                                      „Jena wird internationaler“ .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 26

                                                                                                                      Menschen am Klinikum
                                                                                                                      Namen und Nachrichten .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 27
                                                                                                                      Was macht eigentlich … eine Audiologie-Assistentin? .  .  . 27

                                                                                                                      Hinter den Kulissen
                                                                                                                      Patiententransporte im Minutentakt .  .  .  .  .  .  .  .  . 28

    Sprechstunde
    Ohr-Implantate contra Schwerhörigkeit. .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 16

    Visite
    In Behandlungslücke gestoßen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 18
    Durchs "Schlüsselloch" operiert. .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 19
    Von den ersten 24 Stunden hängt alles ab .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 20
    Herzklappen-OP: Großer Brustschnitt passé. .  .  . 22
    Die Fernsehkamera im OP-Saal.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 23

2                                                                                                                                                          KLINIK MAGAZIN · Ausgabe 4|2014
KLINIK MAGAZIN KAMPF GEGEN KREBS IM SYSTEM - " Leukämien und Lymphome " Knochenmarkspende und Stammzelltherapie - Universitätsklinikum Jena
Primo Loco

Kalender für den guten Zweck                                                                                       Liebe Leserinnen & Leser,
Der Förderverein des Uniklinikums hat einen Kalender für das Jahr 2015
herausgebracht. Unter dem Motto „Das Schöne unterm Mikroskop“                                                      rund 250 Menschen erkranken jährlich
sind hier ganz besondere Bilder aus der medizinischen Wissenschaft                                                 in Thüringen an Leukämie. Mediziner
versammelt, die den Forschern entscheidende Informationen liefern                                                  und Wissenschaftler des UKJ kämp-
– und denen zugleich eine einmalige Ästhetik innewohnt. Der                                                        fen gemeinsam gegen die Erkrankung.
Kalender kann für 10,– € erworben werden (E-Mail: foerderverein@                                                   Die Fortschritte in der Behandlung
med.uni-jena.de, Tel.: 03641 9-325011, Fax: 03641 9-325012).                                                       sind groß, ebenso wichtig ist aber
                               Der Erlös wird für Projekte des Förder­                                             eine umfangreiche Erfahrung in der
                                             vereins verwendet.                                                    Versorgung dieser Patienten. In der
                                                                                                                   Hämatologie und Onkologie ist die UKJ
                                                                                                                   inzwischen die viertgrößte Uniklinik in
                                                                                                                   Deutschland. Die Arbeit unserer Spe-
                                                                                                                   zialisten auf diesem Gebiet stellen wir
                                                                                                                   Ihnen in dieser Ausgabe genauer vor.

                                                                                                                   Ein weiteres Thema ist eine neue, scho-
                                                                                                                   nende Operationstechnik für Menschen mit einer Herzklappener-
                                                                                                                   krankung. Dabei verzichten die UKJ-Herzchirurgen auf einen
                                                                                                                   großen Schnitt im Brustkorb und operieren stattdessen minimal-
                                                                                                                   invasiv. Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) hat einen solchen
                                                                                                                   Eingriff in diesem Jahr erstmals „live“ und in voller Länge übertra-
                                                                                                                   gen: Eine TV-Premiere in Deutschland.

                                                                                                                   Im Pflegebereich beschreitet das UKJ ebenfalls neue Wege.
                                                                                                                   Gemeinsam mit der Ernst-Abbe-Fachhochschule Jena konnten
                                                                                                                   jetzt 30 junge Menschen begrüßt werden, die sich für die neuen
                                                                                                                   Studiengänge „Pflege“ oder „Geburtshilfe / Hebammenkunde“
                                                                                                                   entschieden haben. Mit der Akademisierung des Pflegeberufs
                                                                                                                   stellt sich das UKJ den kommenden Anforderungen aus der Praxis.

Umschau                                                                                                            Auf 20 engagierte Jahre blickt in diesem Jahr der Förderverein
                                                                                                                   des UKJ zurück. Die Mitglieder unterstützen zahlreiche Projekte
Uniklinikum hat bald einen Klimamanager .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 30                                            in der Patientenbetreuung am UKJ oder in der Förderung des
Pflegenachwuchs: Gesucht und gefunden. .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 31                                          wissenschaftlichen Nachwuchses. Fast 150 Mitglieder zählt der
                                                                                                                   Verein, der gerne auch in Zukunft weitere Förderer in seinen Rei-
Für ein menschliches Klinikum .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 32
                                                                                                                   hen begrüßt. Die Kontaktdaten finden Sie in diesem Magazin. Nun
Know-how aus Jena für Europaspiele in Baku. . . . . . . . 34                                                       aber zunächst:
Nichts ist besser als Muttermilch .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 35
                                                                                                                   Viel Spaß bei der Lektüre!
Sepsis: Eine unterschätzte Krankheit .  .  .  .  .  .  .  .  . 36
                                                                                                                   Ihre

Mosaik
Besuch aus Dresden im UKJ .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 37
                                                                                                                   Dr. Brunhilde Seidel-Kwem
Jenaer Gesundheitstag mit Schwerpunkt Familie.  .  .  .  . 37                                                      Kaufmännischer Vorstand und
Wen suchen wir?.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 37   Sprecherin des Klinikumsvorstandes

Service
Veranstaltungsangebote. .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 38
                                                                                                                   Titelbild:   Ein Blick in die Station für Stammzelltransplantation am
Wegweiser für Patienten .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 39                             Universitätsklinikum Jena                        Foto: Schroll

                                                                                                                                                                                                  3
KLINIK MAGAZIN KAMPF GEGEN KREBS IM SYSTEM - " Leukämien und Lymphome " Knochenmarkspende und Stammzelltherapie - Universitätsklinikum Jena
KAMPF                                                                 GEGEN

      KREBS                                                                    IM SYSTEM

    Leukämien und Lymphome

    Der Leukämie den Kampf angesagt
    250 Thüringer erkranken Jahr für Jahr an Blutkrebs, viele werden am UKJ behandelt
    Michael Lienshöft steht voll im Leben,         tation empfohlen wird. Bei einer solchen    So wie Michael Lienshöft. Anderthalb
    als dieses vor drei Jahren urplötzlich eine    Therapie werden den Erkrankten gesunde      Jahre dauert es, bis für ihn ein Knochen-
    jähe Wendung nimmt: Der Krankenpfleger         Stammzellen – entweder körpereigene         markspender gefunden ist. Lienshöft
    aus Thüringen wird selbst zum Patienten –      oder von einem passenden Spender –          stimmt der Transplantation zu, obwohl die
    er muss selbst den Kampf gegen die Leu-        übertragen. Ob ein Leukämie-Erkrankter      Merkmale nicht hundertprozentig pas-
    kämie aufnehmen. Es waren die Kollegen         eine solche Behandlung erhält, ist vor      sen. Die Behandlung verläuft erfolgreich,
    im Krankenhaus, denen aufgefallen sei,         allem abhängig vom Rückfallrisiko und       obwohl sein Körper zunächst gegen die
    wie blass er ist, und die ihn zu einer Blut-   vom Alter des Erkrankten, wie Prof. Dr.     neuen Blutstammzellen ankämpft – eine
    untersuchung drängen, erinnert er sich.        Andreas Hochhaus, Direktor der Kli-         häufige Reaktion des Immunsystems auf
    Die Diagnose ergibt eine Leukämieform,         nik für Innere Medizin II (Hämatologie      die Übertragung körperfremder Stamm-
    die eigentlich vor allem ältere Menschen       und internistische Onkologie) erläutert.    zellen. „Eine solche Gefahrenphase kann
    erwischt. Aber sie kann eben auch junge        „Das Risiko eines Rückfalls lässt sich im   mehrere Monate andauern“, erläutert
    Menschen treffen. Lienshöft, ehemaliger        Labor anhand von genetischen Markern        Hochhaus. „Die Transplantierten erhal-
    Leistungssportler, ist bei Krebsausbruch       bestimmen.“ Bei akuter Leukämie geht        ten deshalb Immunsuppressiva, Medika-
    gerade einmal 36 Jahre alt.                    der Stammzellbehandlung eine Che-           mente, die die körpereigenen Abwehrme-
                                                   motherapie voraus, bei Vorstufen wie        chanismen unterdrücken.“
    In Thüringen wird die Diagnose Leukämie        einer Myelodysplasie – hier ist die Aus-
    jährlich bei rund 250 Menschen gestellt.       reifung der Blutzellen gestört – erfolgt    Rebellion gegen Fremdzellen
    Verglichen mit Brust- oder Darmkrebs           die Stammzellbehandlung in der Regel
    ist Leukämie damit eine weniger häu-           ohne langwierige Chemotherapie. Am          Manche Erkrankte reagieren jedoch auch
    fig auftretende Krebserkrankung. Umso          UKJ, wo es eine lange Tradition von Blut-   mit einer absoluten Unverträglichkeit auf
    wichtiger ist es für die Patienten, sich       stammzelltransplantationen bei Kindern      die Stammzellgabe. „Der Körper rebelliert
    in Kliniken behandeln zu lassen, die über      gibt und die Therapiemethode 1997 für       anhaltend gegen die Fremdzellen, das
    viel Erfahrung und wissenschaftliche           Erwachsene eingeführt wurde, erhalten       kann zu Entzündungen der Leber, der Haut
    Kompetenz beim Umgang mit Leukämie             jährlich etwa 100 Patienten eine solche     oder der Lunge führen“, so der Onkologe.
    verfügen. Lienshöft entscheidet sich für       Behandlung – etwa die Hälfte ist dabei      „Deshalb ist ja eine engmaschige Nachbe-
    eine Behandlung im Universitätsklinikum        auf Stammzellen gesunder Spender            treuung so wichtig.“ Leukämie-Patienten
    Jena, wo ihm eine Stammzelltransplan-          angewiesen.                                 benötigen auch nach der Transplantation

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KLINIK MAGAZIN KAMPF GEGEN KREBS IM SYSTEM - " Leukämien und Lymphome " Knochenmarkspende und Stammzelltherapie - Universitätsklinikum Jena
Formen der Leukämie

                                                 Leukämie (Virchow: „Weißes Blut“) ist der     änderungen. Bei myeloischen Leukämien
                                                 Sammelbegriff für verschiedene Erkran-        sind das die Vorstufen der Erythrozyten,
                                                 kungen des blutbildenden Systems. Es          Thrombozyten, Granulozyten und Mono-
                                                 gibt chronische und akute Verlaufsformen.     zyten, bei den lymphatischen Leukämien
                                                 Akute Leukämien sind plötzlich auftre-        die Vorstufen der Lymphozyten.
                                                 tende, schwere Erkrankungen, die unbe-
                                                 handelt innerhalb weniger Wochen zum          Die Behandlung unterscheidet sich je
                                                 Tode führen, während chronische Leukä-        nach Erkrankungsform. Kern der Di­ag­
                                                 mien einen langsameren, eher schleichen-      nostik sind spezielle Laboruntersuchun-
                                                 den Erkrankungsverlauf aufweisen.             gen von Blut und Knochenmark zur
                                                                                               Abklärung der jeweiligen Leukämie-Form
                                                 Bei Erwachsenen ist die akute myeloische      und zur Bestimmung der „individuel-
                                                 Leukämie (AML) häufigste Erkrankungs-         len“ genetischen und immunologischen
                                                 form. Das Kürzel ALL steht für akute          Eigenschaften der Tumorzellen. Darü-
                                                 lymphatische Leukämie, die vor allem          ber hinaus gehören auch bildgebende
                                                 bei Kindern und Jugendlichen, aber auch       Untersuchungen – Röntgenaufnahmen,
                                                 bei älteren Patienten auftritt. Die chroni-   gegebenenfalls Magnetresonanztomo-
                                                 schen Verlaufsformen betreffen vor allem      grafie, Ultraschall – zur Di­ag­nostik bei
     Oben: Knochenmark bei einer bösartigen                                                    Leukämieverdacht.
                                                 Erwachsene. Unterschieden werden die
      Erkrankung des blutbildenden Systems.
                                Foto: KIM II     chronische lymphatische Leukämie (CLL)
                                                 und die chronische myeloische Leukämie        Den Begriff Leukämie prägte der Berliner
                                                 (CML). Die CLL tritt vor allem bei älteren    Arzt Rudolf Virchow (1821-1902) Mitte des
                                                 Menschen auf, die CML in allen Alters-        19. Jahrhunderts, nachdem er bei einem
                                                 stufen. Die unterschiedlichen Bezeich-        seiner Patienten eine starke Vermehrung
bis zur Wiederherstellung der Blutbildung        nungen charakterisieren neben der             weißer Blutkörperchen beobachtet hatte.
im Knochenmark regelmäßige zusätzli-             akuten oder chronischen Verlaufsform          Zeitgleich beschrieb der schottische Arzt
che Transfusionen, bei denen ihnen rote          den genauen Ursprungsort der Zellver-         John Bennett (1812-1875) die Krankheit.
Blutkörperchen (Erythrozyten) – verant-
wortlich für den Sauerstofftransport im
Körper – und die für Blutgerinnung und
-stillung verantwortlichen Blutplättchen
(Thrombozyten) verabreicht werden.

Michael Lienshöft erhält sich trotz
der anstrengenden Therapie all seinen
Lebensmut und setzt sich Ziele: „Mein
Beruf hat mir immer Spaß gemacht – ich
wollte unbedingt wieder arbeiten.“ Seine
Ausbildung als Krankenpfleger bezeichnet
er in dieser Situation als Segen und Fluch
zugleich: „Ich konnte immer die nächsten
Schritte vorhersagen.“ Manchmal habe er
sich allerdings schon gewünscht, nicht so
viel zu wissen, gesteht er im Rückblick.
Heute ist Lienshöft 39 Jahre alt und hat
sein Ziel, wieder in seinen Beruf zurück-
zukehren, erreicht: Seit Anfang des Jahres
hat er wieder eine volle Stelle als Kranken-
pfleger, er arbeitet im Bereich Kardiologie
und Pulmologie der Zentralklinik Bad
Berka. „Sogar ein paar Nachtschichten                                                                                       Foto: Schroll
sind dabei.“                          (as/zei)

                                                                                                                                            5
KLINIK MAGAZIN KAMPF GEGEN KREBS IM SYSTEM - " Leukämien und Lymphome " Knochenmarkspende und Stammzelltherapie - Universitätsklinikum Jena
Schwerpunkt

    Kompetenz und Kooperation
    für Krebspatienten
    Prof. Dr. Andreas Hochhaus, Direktor des Universitäts­
    TumorCentrums und der Klinik für Innere Medizin II
    am Universitätsklinikum Jena, spricht über
    Entwicklungen in Krebsforschung und -therapie.
    Welches sind aus Ihrer Sicht die wich-        nostik und Behandlung anbieten. Auf
    tigsten Fortschritte in der Krebsthe-         dem Gebiet der Hämatologie und Onko-
    rapie der Gegenwart, welche Richtung          logie etwa ist die Jenaer die viertgrößte
    hat die Krebstherapie eingeschlagen?          Uniklinik in Deutschland. 2013 hatten wir
    Prof. Hochhaus: Seit einigen Jahren spre-     3148 stationäre Neuaufnahmen zu ver-
    chen wir über die sogenannte maßge-           zeichnen. Jährlich diagnostizieren wir bei
    schneiderte Medizin in der Krebstherapie.     rund 100 unserer Patienten neu Leukämie,
    Dahinter verbirgt sich die Strategie, die     außerdem circa 110 Lymphome und 40
    spezifischen Eigenschaften von Krebszel-      Plasmozytome, eine Krebserkrankung des
    len zum Ansatzpunkt einer zielgenaueren,      Knochenmarks. Zur Abteilung gehören vier
    individualisierten Therapie zu machen.        Stationen, eine Tagesklinik, eine Poliklinik
    Wir sind heute immer besser in der Lage,      sowie Ambulanzen für Hämostaseologie
    labortechnisch molekulare Krebsmarker         (Blutgerinnung) und integrative Onkologie.
    zu bestimmen. Das sind zelleigene Sub­
    stanzen, die Auskunft über die Beschaffen-    Als Uniklinik sind wir darüber hinaus aber
    heit und Funktion von Tumorzellen geben.      auch Forschungseinrichtung. Das heißt, in      und Krebs. Das mit fortschreitendem Alter
    Also zum Beispiel darüber, ob diese Zellen    klinischen Studien werden neue Therapie­       wachsende Risiko, an Krebs zu erkranken, ist
    über Anregungspunkte für körpereigene         optionen entwickelt und untersucht,            ein zentrales Thema in der biomedizinischen
    Abwehrstoffe verfügen. Dann können            außerdem betreiben wir in unseren Labora­      Grundlagenforschung.
    diese Anregungspunkte für eine Therapie       torien patientenorientierte Forschung.
    genutzt werden, bei der das Immunsystem                                                      Stichwort Krebs und Alter. Woran
    gezielt für die Bekämpfung der Tumor-         Worauf richten Sie das Hauptaugen-             forschen Sie da?
    zellen aktiviert wird. Andere molekulare      merk in der Hämatologie-Forschung?             Prof. Hochhaus: Gemeinsam mit Wissen-
    Krebsmarker lassen Rückschlüsse auf die       Prof. Hochhaus: Bei den Erkrankungen           schaftlern der Universität und der außer­
    innere Signalübertragung bei Tumorzellen      des blutbildenden Systems konzentrieren        universitären Institute beschäftigen wir
    zu – daraus haben sich Therapien entwi-       wir uns auf die Untersuchung molekularer       uns schwerpunktmäßig mit Alterungs-
    ckelt, bei denen diese Schalter unterdrückt   Entstehungsmechanismen und forschen            prozessen und altersassoziierten Krank-
    werden und das Tumorwachstum gestoppt         an Wirkprinzipien neuer Substanzklassen        heiten. So ist das Uniklinikum an einem
    werden kann. Diese Entwicklung hat nicht      für die Leukämie-Behandlung. Auch nach         Verbund beteiligt, der gemeinsam mit der
    nur die Therapie bei Krebserkrankungen        Möglichkeiten der Therapieverbesserungen       FSU und dem Fritz-Lipmann-Institut auf
    des blutbildenden Systems, wie Leukämien,     mit bereits etablierten Wirkstoffen und        dem Beutenberg koordiniert und vom
    vorangebracht, sondern auch bei Tumoren       Medikamenten suchen wir. Das UKJ ist Teil      Freistaat über die Proexzellenz-Initiative
    verschiedener Organsysteme. In den ver-       des europäischen Netzes deutscher Studi-       gefördert wird. Die Arbeitsgruppe in der
    gangenen drei Jahren hat es hier vor allem    enzentren – des European LeukemiaNet – in      Hämatologie wird den Einfluss untersu-
    beim Lungenkrebs und beim Melanom,            denen neu entwickelte Leukämiewirkstoffe       chen, den molekulare Kontrollmechanis-
    dem schwarzen Hautkrebs, radikale Fort-       klinisch getestet werden. Wir sind besonders   men im Zellzyklus auf die Stammzell- und
    schritte gegeben, die zu deutlich verbes-     stolz auf die Zulassung als Phase-I-Studi-     Gewebealterung haben. Wir erhoffen uns
    serten Überlebenschancen führen.              enzentrum, um unseren Patienten innova-        dadurch zum Beispiel Aufschluss über die
                                                  tive Therapien als eine der ersten Kliniken    Entwicklung von Myelodysplasien – das
    Welchen Platz nimmt dabei das Uni-            weltweit anbieten zu können. Einer unserer     sind Leukämie-Vorstufen, die bevorzugt
    versitätsklinikum Jena ein?                   Forschungsschwerpunkte, der in Zukunft         im Alter entstehen. Lässt sich die Tumor-
    Prof. Hochhaus: Das UKJ gehört zu den         noch an Bedeutung gewinnen wird, ist           entwicklung entschlüsseln, kann das die
    Kliniken, die eine solche gezielte Di­
                                         ag­      der Zusammenhang zwischen Lebensalter          Früherkennung bei Leukämien verbessern.

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KLINIK MAGAZIN KAMPF GEGEN KREBS IM SYSTEM - " Leukämien und Lymphome " Knochenmarkspende und Stammzelltherapie - Universitätsklinikum Jena
Krebstherapie und -forschung gehen am
                                                                                                    Universitätsklinikum Jena Hand in Hand.
                                                                                                Prof. Dr. Andreas Hochhaus (li.) im Gespräch
                                                                                                 mit Prof. Paul La Rosée, Anja-Maria Knoth,
                                                                                                  Klaus Lindner und Dr. Ekkehard Eigendorff
                                                                                                                                  Foto: Szabó

                                                                                             landweites Expertennetzwerk zurückgrei-
                                                                                             fen, etwa bei Knochenmarkbefunden. Auch
                                                                                             unsere Erfahrungen bei Blutgerinnungs-
                                                                                             störungen sind gefragt, was nicht nur für
                                                                                             Menschen mit solchen Störungen wich-
                                                                                             tig ist, sondern auch für die Behandlung
                                                                                             bestimmter Krebsarten.

                                                                                             Sie sind auch Vorsitzender der Thü-
                                                                                             ringischen Krebsgesellschaft. Erhal-
                                                                                             ten Krebs-Patienten in Thüringen
                                                                                             flächendeckend die Behandlung, die
                                                                                             sie benötigen?
                                                                                             Prof. Hochhaus: In Thüringen wurden im
                                                                                             vergangenen Jahr rund 14 800 Krebsneu-
                                                                                             erkrankungen registriert. Bis zum Jahr
                                                                                             2020 rechnen wir wegen der zunehmend
                                                                                             älter werdenden Bevölkerung mit jährlich
                                                                                             16 000 neuen Diagnosen. Die Herausfor-
                                                                                             derung besteht darin, neue Behandlungs-
                                                                                             verfahren jedem Erkrankten zugänglich zu
                                                                                             machen und zugleich in einem kleinteiligen
Sie sprachen neue Therapiekonzepte            Leukämien und Lymphome sind nicht              Flächenland wie Thüringen eine möglichst
mit bereits etablierten Wirkstoffen           allzu häufig auftretende Krebser-              wohnortnahe Versorgung zu organisie-
an. Worum geht es da konkret?                 krankungen. Umso wichtiger ist die             ren. Sprich: Nicht jeder Krebskranke wird
Prof. Hochhaus: Unter Federführung des        Erfahrung der Mediziner für den                im Uniklinikum behandelt, die Erkrankten
UKJ wird in einer großen Studie, an der       Behandlungsverlauf. Inwiefern pro-             auch in anderen Regionen sollen aber sehr
120 Kliniken und Praxen aus Deutsch-          fitieren auch andere Thüringer Kli-            wohl von dessen Leistungsfähigkeit und
land und der Schweiz beteiligt sind, eine     niken von den Kompetenzen des UKJ              wissenschaftlicher Kompetenz profitie-
Kombinationstherapie für Erkrankte mit        auf diesem Gebiet?                             ren. Das verdeutlicht schon, dass es ohne
chronischer myeloischer Leukämie (CML)        Prof. Hochhaus: Bei Krebserkrankungen          Kooperation der Kliniken und Ärzte nicht
untersucht. Kombiniert werden dabei           des Blutes und des Knochenmarks sind wir       geht. Die Ärzte aller Bereiche kooperieren
zwei unterschiedlich wirkende Medika-         in Fragen der Di­ag­nostik und bei Therapie-   nach meiner Einschätzung gut. Wir hoffen,
mentengruppen – erstens ein Wirkstoff,        entscheidungen Konsultationszentrum für        dass alle Krankenhäuser – private, kirch-
der die bei Leukämie entarteten weißen        andere Kliniken, niedergelassene Ärzte und     liche und öffentliche – das so sehen. Die
Blutkörperchen unterdrücken, zweitens         natürlich auch für Patienten. Die Patienten    Thüringische Krebsgesellschaft setzt sich
ein bestimmtes Eiweiß (Interferon), das       können sich in unserer Ambulanz vorstel-       ebenso wie das UKJ-Tumorzentrum für
die körpereigene Immunabwehr aufrüs-          len, gemeinsam mit ihren behandelnden          eine intensive Kooperation im Interesse der
ten soll.                                     Ärzten erarbeiten wir eine Therapieemp-        Patienten ein.
                                              fehlung. Zu bestimmten Behandlungsetap-                             Interview: Katrin Zeiß
Die CML soll sich möglichst frühzeitig        pen – vor allem intensive Chemotherapien
vollständig zurückbilden, das ist das Ziel.   und Stammzelltransplantationen – kom-
Dann haben wir die Chance, die Behand-        men die Patienten zu uns in die Klinik. Für      Klinik für Innere Medizin II
lung nach drei Jahren zu beenden.             andere Behandlungen ist das nicht immer          Abteilung Hämatologie und
Anschließend geht es darum, die Rest-         erforderlich, diese können heimatnah             internistische Onkologie
aktivität unter Kontrolle zu halten und       erfolgen. Eine enge Kooperation mit den          Prof. Dr. Andreas Hochhaus
zu messen. Gemeinsam mit Instituten in        zuweisenden Fach- und Hausärzten ist             Erlanger Allee 101 – 07747 Jena
Mannheim, Kiel und Leipzig arbeiten wir       wesentlicher Schlüssel zum Gelingen der
an der Entwicklung solcher standardi-         Therapie. Am UKJ können wir über tele-            03641 9-324201
sierter Messverfahren.                        medizinische Vernetzung auf ein deutsch-

                                                                                                                                                7
KLINIK MAGAZIN KAMPF GEGEN KREBS IM SYSTEM - " Leukämien und Lymphome " Knochenmarkspende und Stammzelltherapie - Universitätsklinikum Jena
Prof. Paul La Rosée leitet das Konsultations­
    zentrum maligne Lymphome am UKJ.
    Foto: Szabó

    Malignes Lymphom mit vielen Gesichtern
    Etwa 100 Neudiagnosen Lymphdrüsenkrebs pro Jahr am UKJ
    Schlappheit, Gewichtsverlust und Nacht-         system in Lymphknoten, Knochenmark          So vielfältig wie die Gesichter des Lymph-
    schweiß gepaart mit einer auffallenden          und Blut sowie in allen Organen unseres     drüsenkrebses sind, so unspezifisch sind
    Infektionsneigung, Fieber und anhal-            Körpers regulieren. Wegen der engen         oft die ersten Krankheitsanzeichen wie
    tend geschwollenen Lymphknoten – so             Beziehung zwischen blutbildendem Sys-       Fieber oder ein allgemeines Schwäche-
    beginnt häufig eine bösartige Erkran-           tem und Knochenmark verlaufen manche        gefühl. Zwar sind bleibende und zuneh-
    kung des Lymphsystems. Die Diagnose             Lymphome auch als Leukämien, z.B. die       mende Schwellung der Lymphknoten ein
    Lymphdrüsenkrebs trifft in Deutschland          chronische lymphatische Leukämie. Außer     wichtiges Alarmsignal, doch nicht bei
    pro Jahr etwa 15 von 100 000 Men-               nach Zellreihen werden Lymphome zudem       allen Erkrankungsformen. Denn Lymph-
    schen, wobei Männer häufiger als Frauen         nach ihrem Aggressivitätsgrad unter-        drüsenkrebs kann auch in den inneren
    erkranken. Allein am Universitätskli-           schieden.                                   Organen seinen Ausgang nehmen – wie
    nikum Jena wird jährlich bei rund 110                                                       beim seltenen Hodgkin-Lymphom. So
    Menschen ein sogenanntes malignes                         Unterschiede                      bestehen etwa Lunge, Darm und Gehirn
    Lymphom diagnostiziert. Das UKJ gehört                in der Aggressivität                  auch aus lymphatischem Gewebe, das
    zu den auf Di­ag­nostik und Behandlung                                                      befallen sein kann. Von einer exakten
    dieser Krebsart spezialisierten Kliniken.       „Besonders aggressive Formen nehmen         Di­ag­nostik hängt also alles ab. Nicht zu
    Anlaufstelle für Erkrankte ist die Klinik       innerhalb weniger Wochen einen akuten,      verwechseln sind Lymphome übrigens
    für Innere Medizin II mit ihrem Konsul-         lebensbedrohlichen Verlauf“, erläutert      mit den sich häufig in den Lymphknoten
    tationszentrum für maligne (bösartige)          Prof. Dr. Paul La Rosée, der das Konsul-    findenden Tochtergeschwülsten (Metas-
    Lymphome. Etwa jeder vierte stationär           tationszentrum am UKJ leitet. „Sie lassen   tasen) anderer Krebsarten.
    aufgenommene Patient in der Hämato-             sich jedoch oft gut behandeln, zumal es
    logie/Onkologie der KIM II wird wegen           in letzter Zeit Fortschritte vor allem in   Zur Lymphom-Di­ag­nostik gehören gründ-
    eines Lymphoms behandelt.                       der Antikörpertherapie gegeben hat.“        liche Blutuntersuchungen, die Compu-
                                                    Weniger aggressive Erkrankungsformen –      tertomografie des verdächtigen Körper-
    Bei Lymphdrüsenkrebs entarten unter-            Mediziner sprechen von indolenten Lym-      areals, eine Knochenmarkuntersuchung
    schiedliche Zellreihen der Lymphozyten,         phomen – verlaufen hingegen oft chro-       sowie eine Gewebeuntersuchung mittels
    einer Untergruppe der weißen Blutkör-           nisch. Sie sind in der Regel nicht heil-,   Biopsie. Dabei wird der Lymphknoten ope-
    perchen (Leukozyten), welche das Immun-         aber kontrollierbar.                        rativ komplett entfernt und feingeweblich

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KLINIK MAGAZIN KAMPF GEGEN KREBS IM SYSTEM - " Leukämien und Lymphome " Knochenmarkspende und Stammzelltherapie - Universitätsklinikum Jena
Schwerpunkt

                                                Misteltherapie bei Lymphdrüsenkrebs?
                                                Viele Tumorkranke wünschen sich ergän-      Grund: Die Pflanze stimuliert die bei Lym-
                                                zend zur Krebstherapie eine Behandlung      phomen und Leukämien ohnehin bereits
                                                mit natürlichen Mitteln, um die Abwehr-     krankhaft vermehrten Abwehrzellen des
                                                kräfte des Körpers zu stärken. Besonders    blutbildenden Systems noch zusätzlich.
                                                im Blick: die Misteltherapie, die jedoch    Das birgt die Gefahr, die Wirksamkeit der
                                                umstritten ist. In den deutschen Leitli-    onkologischen Thera-
                                                nien zu einer wissenschaftlich fundier-     pie ungünstig zu
                                                ten Krebsbehandlung wird sie bei dieser     beeinflussen.
                                                Krebsart nicht empfohlen, weil es keinen
                                                wissenschaftlichen Nachweis ihres Nut-
                                                zens gibt. Im Gegenteil: „Bei Lympho-
                                                men und Leukämien ist eine Mis-
                                                teltherapie möglicherweise sogar
                                                kontraproduktiv“, erklärt Prof. Dr. Paul
                                                La Rosée, Leiter des Konsultationszent-
                                                rums für maligne Lymphome am Univer-
                                                sitätsklinikum Jena.

untersucht. „Und zwar immer von speziali-       dagegen eine Hochdosis-Chemotherapie        betont Prof. La Rosée. Insgesamt ist das
sierten Pathologen“, so der Mediziner. Das      mit nachfolgender Stammzelltransplanta-     UKJ derzeit an 17 Lymphom-Studien
UKJ nutzt dafür das bundesweite „Kom-           tion, da gewöhnlich dosierte Chemothera-    beteiligt – entweder über Netzwerke mit
petenznetz Maligne Lymphome (KNL)“, in          pie im Gehirn zu wenig erreichen kann.      anderen Universitätskliniken in Deutsch-
dem besonders erfahrene Pathologen die-                                                     land und Europa oder in Kooperation mit
ses Spezialgutachten übernehmen. „Diese         Gerade Patienten mit seltenen Krebser-      der pharmazeutischen Industrie. „So kom-
Zweitmeinung ist deshalb so wichtig,            krankungen wie eben Lymphdrüsenkrebs        men wir an innovative Medikamente“, sagt
weil die so unterschiedlichen Lymphom-          können von der Erfahrung und wissen-        der Onkologe, in dessen wöchentlicher
Subtypen auch eine unterschiedliche             schaftlichen Vernetzung einer Uniklinik     Lymphom-Spezialsprechstunde auch die
Behandlung erfordern.“                          profitieren. Dazu gehört auch die Behand-   Möglichkeit von Studienteilnahmen ein
                                                lung im Rahmen klinischer Studien. So       häufiges Thema ist.
         Wöchentliche                           ist das UKJ etwa Teil eines europaweiten
      Spezialsprechstunde                       Studienverbunds zu ZNS-Lymphomen.                                         Katrin Zeiß
                                                „Diese Kooperation auf internationaler
So kann etwa bei Patienten mit follikulä-       Ebene ist unser Alleinstellungsmerkmal“,
rem Lymphom, einer weniger aggressiven
Erkrankungsform, der befallene Lymph-
knoten bestrahlt werden, wenn keine
weitere Lymphknotenstation betroffen              Lymphom-Sprechstunde am UKJ               Konsultationszentren
ist. Hingegen ist bei anderen aggressiven         Klinik für Innere Medizin II              Chronische myeloische Leukämie:
Lymphomen eine Bestrahlung in dieser              Erlanger Allee 101 | 07747 Jena            03641 9-324201
Situation nicht sinnvoll, hier ist immer eine     Freitag 9.30 – 12.30 Uhr
Kombinaton aus Immuntherapie und Che-             Terminvereinbarung:                       Myeolische Erkrankungen:
motherapie die Standardbehandlung: Per             03641 9-324201                           03641 9-324201
Infusion erhalten die Patienten Antikörper
verabreicht, welche sich an die Tumorober-        Zweitmeinungsanfragen:                    Multiples Myelom:
fläche heften. Die Antikörper aktivieren das       03641 9-324201                           03641 9-32456
körpereigene Immunsystem zur Zerstörung                                                      03641 9-38388
der Tumorzellen. Bei den sehr seltenen,           Hotline für akute Anfragen:
aber aggressiven Lymphomen des zentra-             03641 9-324280
len Nervensystems erhalten die Erkrankten

                                                                                                                                         9
KLINIK MAGAZIN KAMPF GEGEN KREBS IM SYSTEM - " Leukämien und Lymphome " Knochenmarkspende und Stammzelltherapie - Universitätsklinikum Jena
Forschung am nationalen Referenzzentrum
                                                                                                                             für Pilzinfektionen.
                                                                                                                                    Foto: Schroll

     Pilzinfektionen bei Krebspatienten im Blick
     UKJ-Mediziner forschen dazu gemeinsam mit Jenaer Hans-Knöll-Institut

     Krebspatienten, die eine Chemotherapie oder eine Stammzell-            solchen optischen Spuren.“ Auch die mikrobiologische Kultivierung
     transplantation erhalten, müssen therapiebegleitend viele weitere      der Erreger aus der Blutkultur funktioniere nicht. Umso wichtiger ist
     Medikamente schlucken. Immer dabei: Mittel gegen Pilzinfektionen       eine effizientere und zielgenaue Antimykotika-Prophylaxe, bei der
     (Antimykotika). Denn weil die aggressive Therapie, aber auch der       vor allem die besonders gefährdeten Patienten behandelt werden.
     Tumor selbst die körpereigene Immunabwehr massiv einschränkt,
     sind Krebskranke besonders anfällig für Infektionen – und Pilze                   Erster Schritt Infektionsregister
     gehören neben Bakterien und Viren zu den Auslösern von schweren
     Infektionen wie Lungenentzündungen oder gar einer Sepsis. „Bis         Im Blick hat die von Lilienfeld-Toal geleitete Forschergruppe
     zu 20 Prozent der Leukämieerkrankten erleiden eine Pilzinfektion“,     deshalb vor allem die Mechanismen, warum manche Krebspa-
     sagt Prof. Dr. Marie von Lilienfeld-Toal. Die 42-Jährige ist Profes-   tienten an Pilzinfektionen erkranken, andere aber nicht. „Es ist
     sorin für Infektionen in der Hämatologie und Onkologie und ist         bislang kein klares Muster nach dem Motto: ‚Je höher dosiert
     Spezialistin für Erkrankungen durch Pilze. Dazu forscht sie an der     die Chemo, desto höher das Risiko für Pilzinfektionen‘ erkenn-
     Klinik für Innere Medizin II sowie am Jenaer Hans-Knöll-Institut der   bar“, beschreibt sie die Situation. Auch eine mögliche geneti-
     Leibniz-Gesellschaft. Dies ist das nationale Referenzzentrum für       sche Vorbelastung sei nur ein Teil der Erklärung. Rätsel gibt den
     invasive Pilzinfektionen, dessen stellvertretende klinische Leiterin   Forschern etwa die Frage auf, warum Patienten, die begleitend
     die Internistin ist.                                                   zur Chemotherapie mit Kortison-Präparaten behandelt werden,
                                                                            offenbar besonders anfällig für Pilzinfektionen sind. Auch der
     Gefährlich für Krebspatienten sind vor allem Schimmelpilze, die        Phase nach Abschluss einer Chemotherapie, in der sich das Blut-
     nicht nur auf Lebensmitteln und in Hauswänden sitzen, sondern auch     bild der Patienten allmählich wieder erholt, gilt das Interesse der
     im Erdreich. Ihre Sporen sind für das bloße Auge nicht erkennbar,      Wissenschaftler.
     schwirren aber überall in der Luft herum. Mit der Atemluft gelangen
     sie in den Körper, wo sie schwere Lungenentzündungen verursachen       Voraussetzung für Erkenntnisse ist allerdings zunächst einmal
     können. Im Unterschied zu den ebenfalls häufigen Hefepilzen, die       epidemiologische Kleinarbeit. Das bedeutet Daten sammeln. Des-
     Infektionen etwa an der Mundschleimhaut oder im Genitalbereich         halb baut die Arbeitsgruppe derzeit ein Infektionsregister auf, in
     verursachen können, sind Schimmelpilze schwer zu diagnostizieren.      das die Daten mehrerer hundert Leukämie-Patienten einfließen
     „Ein Hefepilzbefall zum Beispiel an der Mundschleimhaut lässt sich     sollen. Erfasst werden zum Beispiel der Verlauf ihrer stationären
     schon optisch an den typischen Hautveränderungen erkennen“,            Behandlung, verabreichte Medikamente, Infektionen und andere
     erläutert Lilienfeld-Toal. „Schimmelpilze aber hinterlassen keine      Komplikationen. 		                                           (zei)

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Schwerpunkt

An der Seite der Erkrankten
Anja-Maria Knoth leitet Station in der Abteilung Hämatologie/Onkologie des UKJ
Dass sie sich als Krankenschwester vor
allem um Krebspatienten kümmern wollte,
stand für Anja-Maria Knoth (Foto rechts)
schon während ihrer Ausbildung zur Kin-
derkrankenschwester fest: „Es war immer
mein Wunsch, in der Onkologie zu arbei-
ten.“ Dieses Ziel hat sie konsequent ver-
folgt: Nach Etappen unter anderem auf
der Krebsstation der Kinderklinik, der Sta-
tion für Knochenmarktransplantationen
und der Leitung der hämatologisch/onko-
logischen Ambulanz des Universitätskli-
nikums Jena ist die 40-Jährige heute als
Stationsschwester in der Klinik für Innere
Medizin II tätig. Dort werden Krebser-
krankungen der inneren Organe und des                                                                    Krankenschwester Anja-Maria Knoth
blutbildenden Systems behandelt.                                                                             bereitet eine Chemotherapie vor.
                                                                                                                                 Foto: Szabó

Krebserkrankungen nehmen seit Jahren
zu. Das spüren auch die Pflegekräfte am
UKJ, die zusammen mit ihren ärztlichen        Zudem sind die Patienten durch Ängste und        onkologische Pflegekonzept, in dem Richt-
Kollegen pro Jahr rund 11 000 Patienten       Sorgen stark belastet. „Umso wichtiger ist       linien für eine ganzheitliche, patientenzen-
mit unterschiedlichen Krebserkrankun-         es, dass im Stationsalltag genügend Raum         trierte Pflege festgelegt sind. Um dieses in
gen betreuen. Viele von ihnen sind im         für Zuwendung zum Patienten bleiben“,            der Praxis umsetzen zu können, arbeiten 35
Kampf gegen den Krebs auf eine Che-           sagt Knoth. Die Pflegekräfte sind immer          weitergebildete onkologische Fachpflege-
motherapie angewiesen und kommen              ansprechbar für Patienten und Angehörige         kräfte am UKJ, die speziell für die Betreu-
deshalb zeitweise in die KIM II auf die       und vermitteln auf Wunsch auch den Kon-          ung von Krebspatienten und deren Ange-
Station 450/451, wo sich insgesamt 28         takt zu einer Psychologin, die die Erkrankten    hörigen geschult sind. Zusammen mit dem
Krankenschwestern, Krankenpfleger und         auf der Station aufsucht. Viel getan habe        UniversitätsTumorCentrum (UTC) wird daher
Hilfskräfte um die schwer erkrankten          sich in den vergangenen Jahren besonders in      aktuell ein onkologisches Beratungskonzept
Menschen kümmern. Als Stationsleitung         der unterstützenden palliativmedizinischen       entwickelt – auch Anja-Maria Knoth arbei-
hat Anja Knoth neben klassisch-pfle-          Behandlung, durch die besonders schwer           tet daran mit. Auf dem 2. Pflegesymposium
gerischen und organisatorischen Tätig-        erkrankte Menschen mehr Zuwendung                des UKJ im September, welches die onkolo-
keiten unter anderem dafür zu sorgen,         erführen, findet Frau Knoth. „Als ich vor und    gische Pflege in den Mittelpunkt stellte und
dass die Chemotherapie-Medikamente            20 Jahren als Krankenschwester angefangen        ebenfalls im Zusammenwirken mit dem UTC
(Zytostatika) für jeden einzelnen Patien-     habe, war das noch kein großes Thema.“           veranstaltet wurde, gab sie ihre Erfahrun-
ten pünktlich und in der von den Ärzten                                                        gen an Kollegen weiter. Ihr größter Wunsch:
festgelegten Dosierung auf der Station                  Zertifikat für                         auch den Berufsnachwuchs stärker für die
zur Verfügung stehen: Sie veranlasst die             onkologische Pflege                       Arbeit mit Krebspatienten zu interessieren –
Zytostatika-Bestellung in der Apotheke                                                         so sollen etwa Lehrvisiten für Pflegeschüler
des Klinikums, nimmt die Lieferung in         Die Deutsche Krebsgesellschaft hat dem           auf der onkologischen Station bei jungen
Empfang und bereitet die Behandlung vor.      UKJ mit einem eigens für die onkologische        Leuten oftmals vorhandene Hemmschwel-
Eine Chemotherapie soll die Teilung und       Pflege entwickelten Zertifikat hohe Pflege-      len abbauen helfen.
Vermehrung von Krebszellen stoppen.           qualität bescheinigt. „In den vergangenen
Diese Medikamente führen allerdings bei       zwei Jahren ist uns durch Onkozert attestiert    Pflegemanagement ist für die engagierte
den Patienten meist auch zu erheblichen       worden, dass die onkologische Pflege am          Schwester auch nach Feierabend ein
Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen        UKJ die Qualitätsanforderungen der Gut-          Thema. Berufsbegleitend absolviert sie
und Haarausfall. Diese Nebenwirkungen         achter nicht nur erfüllt, sondern übertrifft“,   noch ein Pflege-Studium an der Fachhoch-
und deren Linderung haben die Pflege-         sagt Pflegedirektorin Arne-Veronika Boock.       schule Jena, wo sie derzeit ihre Bachelor-
kräfte besonders im Blick.                    Gewürdigt wurde damit unter anderem das          Arbeit schreibt.                      (zei)

                                                                                                                                                11
Schwerpunkt

                                                  Knochenmark, das Leben rettet
                                                  Medizinstudentin spendete für leukämiekrankes Kind
                                                  Nicht mehr lange – und Luise Löwe hat        allerdings werden aus dem Knochenmark
                                                  den theoretischen Teil ihres Medizinstu-     der Spender gewonnen. Das Knochenmark
                                                  diums in Jena geschafft und kann endlich     wird aus dem Becken der Spender ent-
                                                  ins praktische Jahr gehen. Die 26-Jährige    nommen – eine vergleichsweise aufwen-
                                                  steht kurz vor ihrem Staatsexamen. Noch      dige Prozedur unter Vollnarkose.
                                                  vor den Prüfungen wartete eine beson-
                                                  dere Bewährungsprobe auf die angehende       Als künftige Ärztin ist der 26-Jährigen
                                                  Ärztin: Luise Löwe war als Stammzellen-      die Misere vieler auf Stammzellspenden
                                                  spenderin für ein an Leukämie erkranktes     angewiesener Kranker bewusst: „Einen
                                                  Kind gefragt. Am Universitätsklinikum Jena   passenden Spender zu finden, ist wie ein
                                                  spendete sie dafür kürzlich Knochenmark.     Lottogewinn.“ Es fehlt an spendebereiten
                                                                                               Mitmenschen. Luise Löwe ließ sich vor drei
                                                  Stammzellspenden sind für viele Leukä-       Jahren als Knochenmarkspenderin regis-
                                                  mie-Kranke die einzige Überlebensmög-        trieren, wie zahlreiche ihrer Jenaer Kom-
                                                  lichkeit. Für Stammzellspender hält sich     militonen auch. Ihre Daten zu Blutgruppe,
                                                  der Aufwand meist in Grenzen: In der         Rhesusfaktor und zahlreichen anderen Blut-
                                                  Regel wird ihnen nach einer hormonellen      eigenschaften wurden in eine große Spen-
     Knochenmarkspenderin Luise Löwe
                                                  Vorbehandlung Venenblut entnommen,           der-Datenbank eingegeben. In diesem Som-
     Foto: Szabó                                  aus dem die Stammzellen herausgefiltert      mer kam schließlich die dringende Anfrage,
                                                  werden. Stammzellen für kranke Kinder        die Studentin kam als Spenderin in Frage.

     Was passiert bei einer Stammzelltherapie?
     Etwa 20 Prozent aller Leukämie-Erkrank-      genen Stammzellen der Patienten genutzt      Anschließend werden die neuen Stamm-
     ten sind auf eine Behandlung mit Stamm-      werden, und allogene Transplantationen       zellen per Infusion über einen Venen­
     zellen angewiesen. Das gilt vor allem für    – mit Stammzellen von Familienange-          katheter verabreicht. Die Zellen nisten
     Patienten mit den akuten Erkrankungs-        hörigen oder Fremdspendern. Gewon-           sich im freigewordenen Knochenmark ein,
     formen AML (akute myeloische Leukämie)       nen werden die Stammzellen heutzutage        teilen sich und produzieren nach einigen
     und ALL (akute lymphatische Leukämie).       überwiegend aus Blut. Stammzellen aus        Wochen gesundes Blut.
     Hingegen wird bei chronischer myelo-         Knochenmark kommen selten und meist
     ischer Leukämie (CML) heute auf eine         nur bei der Behandlung leukämiekranker       Die Patienten sind während einer Stamm-
     Stammzelltransplantation meist verzichtet    Kinder zum Einsatz.                          zelltherapie außerordentlich infektions-
     – da die medikamentöse Behandlung die-                                                    gefährdet, da mit dem kranken blutbil-
     ser Blutkrebsform sich in den vergangenen    Bevor die Stammzellen übertragen wer-        denden System auch das Immunsystem
     15 Jahren deutlich verbessert hat.           den können, ist es erforderlich, das kör-    zerstört wird. Sie verbringen deshalb
                                                  pereigene blutbildende System im Kno-        meist mehrere Wochen auf einer isolier-
     Bei einer Stammzelltherapie werden den       chenmark der Erkrankten zu zerstören.        ten Station. Am Universitätsklinikum Jena
     Erkrankten gesunde Stammzellen über-         Das geschieht über eine hochdosierte         ist das sowohl in der KIM II als auch in der
     tragen. Man unterscheidet autologe           Chemotherapie, teilweise ist auch eine       Kinderklinik am Kooperationszentrum für
     Transplantationen, bei denen die körperei-   Ganzkörperbestrahlung erforderlich.          Stammzelltransplantation möglich.

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Schwerpunkt

Die Beckenkammpunktion, bei der ihr 800      Weltweit am häufigsten zitiert
Milliliter Knochenmark entnommen wur-
den, war verbunden mit einer stationären     Mit seinen Forschungsarbeiten auf dem
Aufnahme. Etwa eineinhalb Stunden habe       Gebiet der Hämatologie und Onkologie
der Eingriff gedauert, berichtet die junge   gehört Prof. Dr. Andreas Hochhaus vom
Frau. Noch einen Tag blieb sie in statio-    Universitätsklinikum Jena zu den weltweit
närer Obhut – wegen der damit verbun-        am häufigsten zitierten Wissenschaftlern.
denen Nebenwirkungen. „Man fühlt sich        Der Direktor der Klinik für Innere Medi-
schon schlapp und schwach auf den Bei-       zin II des UKJ ist unter den 20 klinischen
nen – eben wie nach einem Blutverlust“,      Forschern in Deutschland und interna-
erzählt sie. „Das Liegen auf dem Rücken      tional über 400 Medizinern, die in der
ist natürlich auch nicht so angenehm.“       aktuellen Liste der „Highly Cited Resear-
Insgesamt aber hätten sich diese Begleit-    chers“ des Thomson-Reuters-Konzerns
                                                                                                 Foto: Schroll
erscheinungen in Grenzen gehalten, nach      aufgeführt sind. Sie umfasst rund 3200
vier Tagen sei sie schon wieder aufs Fahr-   Forscher aus 21 Wissenschaftsgebieten,
rad gestiegen. „Und die Betreuung im Kli-    auf deren Arbeiten Fachkollegen in ihren           Abteilung laufen derzeit über 40, zum
nikum war sehr gut.“                         Veröffentlichungen im vergangenen Jahr-            Teil internationale und multizentrische
                                             zehnt am häufigsten Bezug nahmen. Die              klinische Studien verschiedener Phasen.
Das Grundprinzip bei Knochenmark-            Forschungsthemen von Prof. Hochhaus                „Unsere Auflistung unter den Zitierungs-
spenden ist Anonymität. So weiß die          konzentrieren sich auf die Untersuchung            besten ist eine schöne Bestätigung unse-
junge Frau nur, dass ihre Spende für         molekularer Entstehungsmechanismen                 rer Bemühungen, die Jenaer Klinik zu
ein Kind bestimmt war. „Das hat mir bei      hämatologischer Erkrankungen und die               einem international sichtbaren Zentrum
meiner Entscheidung geholfen“, sagt          Erforschung von Wirkprinzipien neuer               der hämatologischen Forschung und Pati-
sie. „So ein Kind hat ja noch sein ganzes    Substanzklassen für die Behandlung von             entenversorgung auszubauen“, freut sich
Leben vor sich.“                     (zei)   Leukämien. Am Studienzentrum seiner                Andreas Hochhaus.	                 (vdG)

                                                                                                Hochhaus erneut im
                                                                                Foto: Schroll

                                                                                                DKG-Vorstand
                                                                                                Prof. Dr. Andreas Hochhaus, Direktor der
                                                                                                Klinik für Innere Medizin II, Hämatologie
                                                                                                und Internistische Onkologie am Uni-
                                                                                                versitätsklinikum Jena (UKJ), ist erneut
                                                                                                in den Vorstand der Deutschen Krebs-
                                                                                                gesellschaft (DKG) gewählt worden. Als
                                                                                                Vorsitzender der Thüringischen Krebs-
                                                                                                gesellschaft vertritt Prof. Hochhaus die
                                                                                                16 Landeskrebsgesellschaften im Vor-
                                                                                                stand der DKG. Im Jahr 2012 war der
                                                                                                Jenaer Onkologe erstmals für dieses Amt
                                                                                                gewählt worden.

                                                                                                Als wichtige Themen für die kommenden
                                                                                                Monate nennt er unter anderem die Finan-
                                                                                                zierung der ambulanten Krebsberatung
                                                                                                und der psychoonkologischen Versorgung
                                                                                                sowie die Nutzung des Innovationsfonds
                                                                                                für die Arbeit der Landeskrebsgesell-
                                                                                                schaften, die Vergütung der ambulanten
                                                                                                Tumortherapie und der Zweitmeinungen
                                                                                                in den Onkologischen Zentren sowie die
                                                                                                Umsetzung des Krebsregistergesetzes in
                                                                                                den Ländern.

                                                                                                                                            13
Schwerpunkt

     Wenn Mama an Krebs erkrankt
     Neues Hilfsangebot am UKJ unterstützt Jugendliche schwerkranker Eltern
     Plötzlich ist vieles anders. Wenn ein Eltern-   Einmal im Monat treffen sich die 12- bis       Eltern zu helfen. „Wir haben oft Situationen
     teil schwer krank wird, verändert sich mit      18-Jährigen in den Räumen der Begeg-           erlebt, in denen wir uns gefragt haben, wel-
     der Diagnose auch für die anderen Famili-       nungsstätte „Polaris“ in Jena-Nord. Die        che Unterstützung diese Kinder benötigen“,
     enmitglieder der Alltag. Jugendliche fühlen     Studentin Christina Löschner betreut           sagt Kerstin Zellmann. Sie und die anderen
     sich oft stark verunsichert. „Sie vertrauen     diese Treffen ehrenamtlich zusammen            Engagierten haben sich intensiv mit der
     sich anderen nicht an, weil Gleichaltrigen      mit der Schwester Kerstin Zellmann vom         Trauerarbeit beschäftigt und Fortbildungen
     meist das Verständnis für ihre Situation        Interdisziplinären Brustzentrum, der Ärz-      besucht. In der Projektgruppe des UKJ zur
     fehlt“, sagt Christina Löschner. Um Jugend-     tin Karola Künzer aus der Klinik für Kin-      Unterstützung von Kindern krebskranker
     lichen krebskranker Eltern einen geschütz-      der- und Jugendpsychiatrie, Sigrun Hecker      Eltern tauscht sich die Krankenschwester
     ten Raum zu bieten, in dem sie mit ihren        vom Verein „Frauenselbsthilfe nach Krebs“      regelmäßig mit Mitarbeitern anderer Abtei-
     Fragen und Sorgen nicht allein sind, gibt es    und Studentin Franziska Funk. Jedes Mal        lungen aus, die ebenfalls onkologische Pati-
     am Universitätsklinikum Jena für sie jetzt      steht ein anderer Aspekt im Fokus, zu dem      enten betreuen. Alle Beteiligten machen in
     eine spezielle Jugendgruppe.                    die Jugendlichen kreativ arbeiten und ins      den Sprechstunden auf die Hilfsangebote
                                                     Gespräch kommen können. „Es geht hier um       aufmerksam, geben Eltern und Kindern Lite-
                                                     die vorweggenommene Trauer“, erläutert         raturtipps und ermöglichen bei Bedarf auch
                                                     Löschner. Denn der Trauerprozess beginnt       eine kurzfristige psychologische Beratung
                                                     meist nicht erst, wenn der Erkrankte stirbt.   der Familien. Auch der Förderverein Hospiz
                                                     In der Zeit, in der sie um den anstehenden     Jena und der Verein „Frauenselbsthilfe nach
                                                     Abschied wissen, brauchen einige Jugend-       Krebs“ Jena sind mit im Boot.	           (as)
                                                     liche Hilfe, um ihre Gefühle bewältigen zu
                                                     können. Doch auch unabhängig vom Aus-
                                                     gang der Erkrankung kann die Zeit belas-         Christina Löschner
                                                     tend sein. Diese Situationen wollen die           0176-22276237
                                                     Jugendlichen gemeinsam meistern, aber
                                                     auch einfach zusammen Freizeit verbringen.       Spendenkonto
                                                                                                      Förderverein Palliativmedizin
                                                     Bereits seit längerem gibt es am UKJ ein         Sparkasse Jena
       Franziska Funk, Christina Löschner, Kerstin
       Zellmann, Karola Künzer und Sigrun Hecker     großes Team aus Mitstreitern verschiedener       IBAN DE33830530300018008356
       (von oben li.) betreuen die neue Gruppe für   Arbeitsbereiche, das sich zum Ziel gesetzt       BIC HELADEF1JEN
       Jugendliche krebskranker Eltern. Foto: UKJ    hat, Kindern und Jugendlichen krebskranker

     UKJ unterstützt Patientenselbsthilfe bei Leukämie
     Allgemeinverständliche Informationen zu         lokaler und regionaler Selbsthilfeinitiati-    Krebskongressen präsent. Der Gründer
     Di­ag­nostik und Therapie, Austausch über       ven. Die gemeinnützige Online-Plattform        von Leukämie-Online, Patientenvertreter
     spezialisierte Kliniken und Ärzte, Tipps zu     Leukaemie-Online.de richtet sich an Leu-       Jan Geißler, gehört dem externen Beirat
     klinischen Studien, emotionale Zuwen-           kämiepatienten und deren Angehörige.           des UniversitätsTumorZentrums Jena an.
     dung, praktische Lebenshilfe – Patienten-       Ein Schwerpunkt sind Informationen über        Auch die Thüringer Gesundheitsämter
     Selbsthilfe bei schweren Krebserkrankun-        neue verfügbare Therapien und klini-           vermitteln Kontakte in Selbsthilfegrup-
     gen wie Leukämien und Lymphomen hat             sche Studien. Das Internetportal arbeitet      pen. Über die Internetseite der Landesar-
     viele Facetten.                                 intensiv mit dem Uniklinikum Jena zusam-       beitsgemeinschaft Thüringer Selbsthilfe-
                                                     men. UKJ-Hämatologen stehen Leukä-             plenum lassen sich auch Leukämie- und
     Die Deutsche Leukämie- & Lymphom-               mie-Online bei fachlichen Rückfragen zur       Lymphom-Gruppen finden.
     hilfe e.V. (DLH) vereint etwa 130 regionale     Seite, Leukämie-Online unterstützt Pati-
     Selbsthilfeinitiativen in Deutschland und       enten aus dem Klinikum nach dem ersten         Internet:
     im angrenzenden deutschsprachigen Aus-          Schock der Diagnose oder bei Schwierig-        www.leukaemie-hilfe.de
     land. Sie unterstützt Erwachsene mit Leu-       keiten mit der CML-Therapie. Die Selbst-       www.selbsthilfe-thueringen.de
     kämien und Lymphomen bei der Förderung          hilfeorganisation ist auch auf Thüringer       www.leukaemie-online.de

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Schwerpunkt

Mit der Natur heilen
Ambulanz für Integrative Onkologie ergänzt Krebsbehandlung am UKJ
Im Büro stehen ein Schreibtisch                                                                      Vorträge und Vorlesungen für
und eine Liege, im Bücherregal sind                                                                  Fachpersonal und Patienten. Am
neben onkologischen Fachbüchern                                                                      UKJ engagiert sie sich zusätzlich
auch Bücher über klassische Natur-                                                                   in der Arbeitsgruppe „Hilfe für
heilkunde und andere integrative                                                                     Kinder und Jugendliche krebskran-
Therapieverfahren wie Akupunk-                                                                       ker Eltern“. Seit 2011 gibt es für
tur zu finden. Anatomische Tafeln                                                                    Patienten das Angebot, Yi-Quan
der Akupunktur hängen an der                                                                         kennenzulernen. Diese chinesische
Wand, auf der Arbeitsplatte stehen                                                                   Bewegungsform wirkt entspan-
Schröpfgläser. Dr. Doreen Jaeni-                                                                     nend, kräftigt die Haltemuskulatur
chen betreut die Fachambulanz                                                                        und fördert die Konzentration. In
für Integrative Onkologie am Uni-                                                                    Tagesseminaren, immer sonn-
versitätsklinikum Jena. Ihre Pati-                                                                   abends, wird diese Bewegungs-
enten müssen sich nicht zwischen                                                                     form vermittelt.
schulmedizinischer Versorgung und
Naturheilverfahren entscheiden –                                                                     „Wir verbinden die Schulmedizin
die Fachambulanz bietet beides. Vor Beginn jeder Therapie klärt Dr. Jaenichen ihre Patienten         mit traditionellen Heilverfahren,
Als Ergänzung zur Krebsbehand- ausführlich auf. Fotos: Schroll                                       zum Beispiel mit traditioneller
lung wendet Dr. Jaenichen hier                                                                       chinesischer Medizin“, beschreibt
Verfahren der Naturheilkunde an. „Diese werden klinisch getestet,    Jaenichen den Reiz ihrer Tätigkeit. „So können wir Erfahrungen
um die Wirksamkeit zu überprüfen und damit die Beschwerden           durch evidenzbasierte – also sich auf Beweise stützende – Studien
und Nebenwirkungen der Krebsbehandlung zu minimieren und die         untermauern und somit altbewährte Methoden zum Wohle der
Lebensqualität der Patienten zu erhöhen“, so die Fachärztin.         Patienten auch in die konventionelle Therapie einfließen lassen“.
                                                                     Mit der Zeit, so hat Dr. Doreen Jaenichen bemerkt, wachse auch
Die Fachambulanz für Integrative Onkologie wurde im März 2003        die Anerkennung der Kollegen.		                    Kathleen Retzar
eröffnet und zunächst von Dr. Katja Zulkowski betreut. Es war
die erste onkologische Einrichtung einer Universitätsklinik in
Deutschland, die sich der Naturheilkunde annahm. Vorreiter auf
diesem Gebiet war der Harvardmediziner David Eisenberg, durch
dessen Studien es 1998 in den USA zur Gründung des National
Center of Complementary and Alternative Medicine (NCCAM)
kam. Was in Jena zunächst als Projekt der Carstens-Stiftung
begann, hat sich zu einer sehr nachgefragten Sprechstunde ent-
wickelt. Doreen Jaenichen ist seit 2004 hier tätig.

Sie bietet nicht nur naturheilkundliche Therapien an, sondern
arbeitet zurzeit auch an zwei Studien. Eine möchte den Ein-
fluss der Misteltherapie bei Brustkrebspatientinnen auf das
Immunsystem und die Lebensqualität erfassen. Den Effekt
von Rosenwurzextrakt prüft die Fachärztin in einer anderen
placebokontrollierten Doppelblindstudie bei der Behandlung
des schwer zu therapierenden Fatigue-Syndroms. Dabei
handelt es sich um eine ausgeprägte Müdigkeit, die
nach einer Chemotherapie auftreten kann. Zudem
ist die Ärztin in die Ausbildung eingebunden, hält

Das Schröpfen ist ein traditionelles
Therapieverfahren, bei dem mit Schröpf­
gläsern auf einem Hautbereich ein
Unterdruck erzeugt wird.

                                                                                                                            15
Sprechstunde

     Ohr-Implantate contra
     Schwerhörigkeit
     Schwerhörigkeit ist ein Thema in einer alternden
     Gesellschaft. Über die Implantatversorgung bei
     Hörstörungen sprach das „Klinikmagazin“ mit Prof. Dr.
     Orlando Guntinas-Lichius, Direktor der Klinik für Hals-,
     Nasen- und Ohrenheilkunde am UKJ.

     Was ist die Ursache für Schwer­                    Medikamenteneinnahme sein. Viruserkran-
     hörigkeit?                                         kungen wie Masern oder Mumps können
     Prof. Guntinas-Lichius: Schwerhörigkeit            zum Beispiel Hörschäden „hinterlassen“,
     entsteht oft im Innenohr, wo die Gehör-            das gleiche gilt für bestimmte Antibiotika
     schnecke – Fachwort: Cochlea – sitzt. Die          in hoher Dosis oder Chemotherapie-Medi-
     Cochlea ist sozusagen die Schaltstelle des         kamente. Ein Hörsturz, ein „Ohrinfarkt“ mit
     Gehörs, hier wird der Schall in Nerven-            plötzlichem Gehörverlust, führt vor allem
     impulse umgesetzt. Das funktioniert bei            in Kombination mit anderen Vorschädi-
     Innenohrschwerhörigkeit nicht. Die Ursa-           gungen ebenfalls zu Innenohrschwerhörig-      Welche Möglichkeiten gibt es bei der
     chen dafür sind unterschiedlich. Innen-            keit. Auch Lärm- und Altersschwerhörig-       Versorgung mit Implantaten?
     ohrschwerhörigkeit kann angeboren, aber            keit entsteht im Innenohr.                    Prof. Guntinas-Lichius: Bei Implantaten
     auch eine Folge von Erkrankungen oder                                                            wird zumindest ein Teil der Hörhilfe direkt
                                                        Zweite häufige Quelle für Schwerhörigkeit     in das Ohr eingesetzt. Am bekanntesten
                                                        ist das Mittelohr. Dort sitzen das Trommel-   sind die Cochlea-Implantate, die bereits
                                                        fell und die Gehörknöchelchen, über die       seit den 1960er Jahren zum Einsatz kom-
                                                        der Schall des von außen eindringenden        men – und zwar bei stark fortgeschritte-
                                                        akustischen Signals ins Innenohr weiter-      ner Innenohrschwerhörigkeit oder Gehör-
                                                        geleitet wird. Bei Mittelohrschwerhörig-      losigkeit, die mit einem Hörgerät nicht
                                                        keit funktionieren die Gehörknöchelchen       mehr behoben werden kann. Ein Cochlea-
                                                        nicht mehr richtig. Oft ist diese Form der    Implantat besteht aus einem „Empfänger“
                                                        Schwerhörigkeit Folge häufiger oder chro-     im Ohr und einem Mikrofonsystem, das
                                                        nischer Mittelohrentzündungen, durch die      außen hinter dem Ohr sitzt. Von dort wer-
                                                        die Gehörknöchelchen geschädigt werden.       den die akustischen Signale zum Implantat
                                                                                                      und über den Hörnerv in den Hirnstamm
                                                        Was ist grundsätzlich besser: ein             weitergeleitet. Voraussetzung ist also ein
                                                        klassisches Hörgerät oder ein                 intakter Hörnerv. Ist dieser geschädigt,
                                                        Implantat?                                    eignet sich ein solches Implantat nicht.
                                                        Prof. Guntinas-Lichius: Das kommt auf die
                                                        Art und den Grad der Schwerhörigkeit an.      Bei Mittelohrschwerhörigkeit ist die Ver­
                                                        Bei Innenohrschwerhörigkeit ist die Ver-      sorgung entweder mit sogenannten
                                                        sorgung mit einem Hörgerät das Mittel         passiven oder aktiven Implantaten mög-
                                                        der Wahl. Bei Mittelohrschwerhörigkeit        lich. Passive Implantate sind künstliche
                                                        macht eher das Implantat Sinn, weil es        Gehörknöchelchen, die als Ersatz für zer-
                                                        bei dieser Form der Schwerhörigkeit häu-      störte körpereigene Gehörknöchelchen
                                                        fig zum Ohrlaufen als Folge chronischer       in einer Operation eingesetzt werden.
                                                        Mittelohrentzündungen kommt oder der          Aktive Implantate hingegen regen die
                                                        Gehörgang verstopft ist. Dann ist ein         den Schall übertragenden Knochen an.
     Prof. Dr. Orlando Guntinas-Lichius ist Direktor
     der Jenaer Universitätsklinik für Hals-, Nasen-
                                                        Hörgerät nicht so gut geeignet. Letztlich     Dafür werden im Knochen hinter dem
     und Ohrenheilkunde.                                hängt die Wahl der Hörhilfe aber ent-         Ohr kleine Metallstifte eingesetzt oder
                                       Fotos: Schroll   scheidend vom subjektiven Empfinden ab.       Implantate verankert. An unserer Klinik

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