Konzepte der Regenwasserbewirtschaftung - Gebäudebegrünung, Gebäudekühlung

Die Seite wird erstellt Dana Geisler
 
WEITER LESEN
Konzepte der Regenwasserbewirtschaftung - Gebäudebegrünung, Gebäudekühlung
Konzepte der Regenwasserbewirtschaftung
                                Gebäudebegrünung, Gebäudekühlung

Leitfaden für Planung, Bau, Betrieb und Wartung
Konzepte der Regenwasserbewirtschaftung - Gebäudebegrünung, Gebäudekühlung
Konzepte der Regenwasserbewirtschaftung - Gebäudebegrünung, Gebäudekühlung
Konzepte der Regenwasserbewirtschaftung
                                Gebäudebegrünung, Gebäudekühlung

Leitfaden für Planung, Bau, Betrieb und Wartung
Konzepte der Regenwasserbewirtschaftung - Gebäudebegrünung, Gebäudekühlung
Konzepte der Regenwasserbewirtschaftung - Gebäudebegrünung, Gebäudekühlung
Inhalt

5    Vorwort

7    Einleitung

11   Dezentrale Regenwasserbewirtschaftung

21   Gebäudebegrünung (Dach/Fassade)
25   Dachbegrünung
25   Planung
30    Gebäudekühlung und Wärmedämmung
31    Gründächer und Solaranlagen
32   Bau von Gründächern
33   Betrieb und Wartung
35   Fassadenbegrünung
37   Planung
40    Rechtliche Aspekte
40    Ökonomische Aspekte
40    Bautechnische Voraussetzungen
40    Ökologische Voraussetzungen
42    Gestalterische Aspekte
42    Auswahl der Kletterhilfen
43    Auswahl der Kletterpflanzen
44   Bau
48    Pflanzarbeiten
48    Bodenarbeiten
48   Betrieb und Wartung
48    Pflegemaßnahmen
49    Bewässerung
49    Düngung
50    Führen und Festbinden von Pflanzen
50    Pflanzenschnitt
50    Pflanzenschutz
50    Entfernen von „Unkraut“

53   Regenwassernutzung bei der Gebäudekühlung
54   Die Bedeutung der Verdunstung von Wasser
55   Grundlagen der adiabaten Abluftkühlung
55   Funktionsprinzip
57   Nutzung von Regenwasser bei der adiabaten Abluftkühlung
57   Planung und Bau
57   Stand der Technik, Regelwerke
58   Hygieneanforderungen
59   Betrieb und Wartung

60   Literatur, Quellen
62   Glossar
66   Abbildungsverzeichnis
     Tabellenverzeichnis
Konzepte der Regenwasserbewirtschaftung - Gebäudebegrünung, Gebäudekühlung
4
Konzepte der Regenwasserbewirtschaftung - Gebäudebegrünung, Gebäudekühlung
Vorwort

Weltweit ist das Thema der Umweltbelas­             Das Thema der ökologischen Gesamtkon­
tung und der Klimaveränderung in den                zepte für stadttypische Bauprojekte mit der
Fokus gerückt.                                      Aufteilung in einzelne Bausteine – Energie,
                                                    Wasser, Grün, Baustoffe, Abfall – hat sich als
Umwelt und Ressourcen zu schonen, dauer­            wichtiger und richtiger Ansatz erwiesen. Für
haft gesunde Lebens- und Arbeitsbedin­              das Baugrundstück und die Gebäude sind
gungen sichern und ein Höchstmaß an                 beispielsweise Begrünungskonzepte zu ent­
Umwelt- und Sozialverträglichkeit realisieren       wickeln, die Aussagen über die Bewirtschaf­
– das sind Ziele, die die Akteure des ökolo­        tung des Niederschlagswassers einschließen.
gischen Bauens immer wieder vor neue
Herausforderungen stellen.                          Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
                                                    bietet eine Plattform für die Vernetzung der
An ausgewählten Berliner Projekten werden           einzelnen Bereiche des ökologischen Bauens
als „Stadtökologische Modellvorhaben“               im Rahmen seiner Homepage. Dort sind
neue Verfahren und Technologien entwickelt,         Informationen und Arbeitshilfen zu verschie­
erprobt und ausgewertet. In den letzten             denen Themen des ökologischen Planens
Jahren hat sich auch durch die Erkenntnisse         und Bauens abrufbar.
aus den Modellprojekten eine neue Anlagen­
technik entwickelt, die in aktuelle Normen          Die Zukunft unserer Städte und Landschaften
und Vorschriften Eingang gefunden hat.              hängt davon ab, inwieweit es gelingt, Klima­
Diese Erkenntnisse fließen in Leitfäden und         veränderungen und Umweltauswirkungen
Entscheidungshilfen meines Hauses ein, um           mit geeigneten Maßnahmen auf den natio­
für künftige Projekte den aktuellen Wissens­        nalen und kommunalen Ebenen in den Griff
stand zur Verfügung zu stellen.                     zu bekommen. „Diese Veränderungen erfor­
                                                    dern neue Infrastrukturprojekte, um Auswir­
Ein Leitfaden für Konzepte der Regenwasser­         kungen des Klimawandels in der Gestaltung
bewirtschaftung mit den Schwerpunkten der           von Wasser- Sanitär-, Regenwasser- und
Gebäudebegrünung und Gebäudekühlung                 anderer städtischer Infrastruktur zu antizipie­
liegt mit dieser Publikation vor. Er richtet sich   ren.“ Dieser Forderung hat auch Berlin auf dem
an Fachleute und interessierte Bürgerinnen          fünften Weltwasserforum 2009 in Istanbul
und Bürger gleichermaßen und enthält Hin­           im Rahmen des Istanbuler Wasserkonsens für
weise für Planung, Bau, Betrieb und Wartung         Kommunalbehörden zugestimmt. Nur wenn
entsprechender Systeme und Anlagen.                 viele Verantwortung für die Umsetzung die­
                                                    ser Forderung übernehmen, wird weltweit ein
Die öffentlichen Baumaßnahmen haben                 spürbares Ergebnis bilanziert werden können.
eine Vorbildfunktion bei der Realisierung von
ökologischen, wirtschaftlichen und innova­          Hierzu ist diese Veröffentlichung ein Baustein.
tiven Standards zu erfüllen. Deshalb sind           Ich freue mich, dass wir als Senatsverwaltung
bei der Vorbereitung und Durchführung der           für Stadtentwicklung einen Beitrag zu einer
Bauaufgaben des Landes Berlin ökologische           weltweiten Problemstellung leisten können.
Anforderungen im Sinne des Umweltschutzes
und der Minderung von Umweltbelastungen
verstärkt zu berücksichtigen. Die Erarbeitung       Ingeborg Junge-Reyer
von Standardvorgaben für öffentliche und            Senatorin für Stadtentwicklung
öffentlich geförderte Baumaßnahmen hat
auch das Ziel der Kostenminderung bei Pla­
nung und Bau sowie der Minimierung der
künftigen Betriebskosten.

                                                5
Konzepte der Regenwasserbewirtschaftung - Gebäudebegrünung, Gebäudekühlung
6
Konzepte der Regenwasserbewirtschaftung - Gebäudebegrünung, Gebäudekühlung
Einleitung

Grundlage der hier dargestellten Empfeh­           In dem hier vorliegenden Leitfaden stehen
lungen sind vorwiegend die Ergebnisse aus          die Empfehlungen für künftige Bauprojekte
dem Monitoring des Bauvorhabens „Neubau            im Bereich der Regenwasserbewirtschaftung
Institut für Physik der HU zu Berlin“ in Adlers­   und Fassadenbegrünung im Mittelpunkt.
hof. Im Bereich der Regenwasserbewirtschaf­        Ergänzt wurden die Empfehlungen um Hin­
tung und Fassadenbegrünung wurden inno­            weise zur Dachbegrünung. Die Empfehlungen
vative Ansätze geplant und umgesetzt, die          resultieren aus dem bisherigen Monitoring
international Aufmerksamkeit erzielt haben.        und den Projekterfahrungen aus der Auswer­
                                                   tung weiterer stadtökologischer Modellvor­
Im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtent­      haben.
wicklung, Abteilung VI erfolgte, eine fachliche
und wissenschaftliche Projektbegleitung            Es handelt sich um „Empfehlungen“, die aus
durch eine Arbeitsgemeinschaft der Techni­         den ersten Betriebsjahren abgeleitet werden
schen Universität Berlin, der Humboldt-Uni­        konnten. Nicht nur bei der Regenwasserbe­
versität (HU) zu Berlin und der Hochschule         wirtschaftung und Gebäudebegrünung zeigt
Neubrandenburg.                                    sich, dass eine frühzeitige und sachgerechte
                                                   Einbindung von kompetenten Fachfirmen
Das begleitende Monitoringprogramm be­             und Fachpersonal eine zwingende Vorausset­
gann in der letzten Phase der Planung und          zung für den Einsatz innovativer Technolo­
wurde in der Baudurchführung und im Betrieb        gien, für die Senkung der Betriebskosten, die
der Anlagen nach Übergabe des Objektes an          visuelle Qualität des Gebäudes und die Auf­
die HU zu Berlin fortgesetzt. Ziel war und ist     enthaltsqualität der Nutzer darstellt.
es, Empfehlungen für die Optimierung der
Anlagen und den wirtschaftlichen Anlagen­          Projekte, Gebäude und Anlagen sollten spä­
betrieb in den einzelnen Projektphasen zu          testens nach der Fertigstellung für ca. zwei
erarbeiten und damit auch die Betriebskosten       Jahre einer genauen Kontrolle und Bewer­
zu minimieren. Ein weiterer Schwerpunkt des        tung unterzogen werden. Hierzu sind ent­
Projektes war die Aufarbeitung praxisrele­         sprechende Messeinrichtungen zu installieren
vanter und anwendungsorientierter Erkennt­         und auszuwerten. Damit kann eine zeitnahe
nisse als Arbeitshilfe/Leitfaden für Planung,      Optimierung der Anlagen erfolgen. Die ggf.
Bau, Betrieb und Wartung künftiger Projekte.       erhöhten Kosten im Bereich des Monitoring
                                                   können durch verminderte Betriebskosten
Die tangierenden Themen, wie z. B. die             kompensiert werden.
Gesamtenergieeffizienz des Gebäudes, die
Auswahl von Baustoffen, die Optimierung
der Abfallströme usw. wurden nicht feder­
führend in diesem Projekt begleitet, aber wo
erforderlich, in die entsprechenden Projekt­
empfehlungen eingebunden bzw. nach Mög­
lichkeit mit anderen Projekten vernetzt. Eine
Kooperation in der Auswertung erfolgte auch
mit anderen Dienststellen des Landes Berlin,
wie z. B. der Senatsverwaltung für Gesundheit,
Umwelt und Verbraucherschutz, dem Pflan­
zenschutzamt Berlin und dem Landesamt für
Gesundheit und Soziales.

                                                                                               7
Konzepte der Regenwasserbewirtschaftung - Gebäudebegrünung, Gebäudekühlung
Zusammenfassung

Für die Planung sind heute nicht nur die an­      Für das Baugrundstück und die Gebäude sind        Die Gebäudebegrünung ist ein wesentliches
erkannten technischen Regeln erforderlich,        Begrünungskonzepte zu entwickeln, die Aus­        Element der Regenwasserbewirtschaftung.
sondern die Optimierung im Hinblick auf           sagen über die Bewirtschaftung des Nieder­        Die darin liegenden Potentiale hinsichtlich
vielfältige, teils konkurrierende Ziele.          schlagswassers einschließen.                      des Wasserrückhalts in Form von Verduns­
                                                                                                    tung, Abflussverzögerung und Abflussredu­
Insbesondere die vernetzte Planung, die sach­     Insbesondere in innerstädtischen Bereichen        zierung sind im Planungsprozess zu berück­
und fachgerechte Bauausführung und der            ist aus stadtklimatischer Sicht die Möglichkeit   sichtigen.
gesicherte optimierte Betrieb der Anlagen         der Gebäudebegrünung – Fassaden- und
haben eine Schlüsselfunktion für die Minimie­     Dachbegrünung – zu prüfen. Bei flachen und        Die Kopplung mit anderen Formen der
rung der Betriebskosten und den erfolgreichen     flach geneigten sowie einsehbaren Dächern         Regenwasserbewirtschaftung wie z. B. die
Einsatz innovativer technischer Systeme und       soll in der Regel eine Begrünung vorgesehen       Verdunstung des Wassers über Teichflächen,
Anlagen.                                          werden.                                           die Betriebswassernutzung und die Regen­
                                                                                                    wasserversickerung muss bereits in der frü­
Projekte, Gebäude und Anlagen sollen spätes­      Maßnahmen der Gebäudebegrünung                    hen Planungsphase geprüft und vernetzt in
tens nach der Fertigstellung für ca. zwei Jahre   (Dach/Fassade) und die Erhöhung des Grün­         ökologischen Gesamtkonzepten betrachtet
einer genauen Kontrolle und Bewertung             anteils auf dem Grundstück erhöhen die Auf­       werden.
unterzogen werden. Hierzu sind entspre­           enthaltsqualität für den Nutzer, verbessern
chende Messeinrichtungen zu installieren          das Kleinklima, mindern die Temperatur­           Ein weiterer erheblicher Vorteil der Gebäude­
und auszuwerten. Damit kann eine zeitnahe         extreme, verbessern den Luftaustausch und         begrünung besteht im Stoffrückhalt der mit
Optimierung der Anlagen erfolgen. Die ggf.        sind ein wesentlicher Bestandteil für den         dem Niederschlag eingetragenen Nähr- bzw.
erhöhten Kosten im Bereich des Monitoring         Artenschutz.                                      Schadstoffe. Dieser stadtökologisch positive
können i. d. R. durch verminderte Betriebs­                                                         Effekt gewinnt zunehmend an Bedeutung.
kosten kompensiert werden.                        Die Gebäudebegrünung ist durch die Erzeu­         Große Mengen an Herbiziden (Unkrautver­
                                                  gung von Verdunstungskälte und die damit          nichtungsmitteln) werden Baumaterialien
Die Erprobung von neuen Verfahren und             verbundene Minimierung der Temperaturen           zugesetzt, z. B. durchwurzelungsfesten Dach­
Technologien an Modellvorhaben hat sich           im engeren Gebäudeumfeld sowie die Sen­           bahnen und Farben. Das Auswaschen durch
bewährt. In den letzten Jahren hat sich auch      kung des Energieverbrauchs bei der Gebäu­         das Regenwasser und die daraus entstehen­
durch die Erkenntnisse aus den Modellpro­         deklimatisierung ein wesentliches Element         den Konsequenzen für die verschiedenen
jekten eine neue Anlagentechnik entwickelt,       in der Energiebilanz eines Gebäudes. Die Rea­     Maßnahmen der Regenwasserbewirtschaf­
die in aktuelle Normen und Vorschriften           lisierung der Gebäudebegrünung steht im           tung und das Pflanzenwachstum sind zu
Eingang gefunden hat und für die öffentlich­      unmittelbaren Zusammenhang mit der ener­          beachten.
keitswirksame Darstellung innovativer             getischen Optimierung eines Gebäudes.
Umwelttechnologien von Bedeutung ist.                                                               Bei der Auswahl der Pflanzen sind die Stand­
                                                                                                    ortbedingungen (Lichtanspruch, Himmels­
Das Thema der ökologischen Gesamtkon­                                                               richtung), der Pflegeaufwand (Rückschnitt,
zepte für stadttypische Bauprojekte mit der                                                         Düngung, Schädlingsbekämpfung/Pflanzen­
Aufteilung in einzelne Bausteine – Energie,                                                         schutz, Entfernen von unerwünschtem
Wasser, Grün, Baustoffe, Abfall – und deren                                                         Aufwuchs) und die Verwendung geeigneter
Vernetzung hat sich als wichtiger und rich­                                                         Substrate und Bewässerungssysteme zu
tiger Ansatz erwiesen.                                                                              beachten.

                                                                                                    Für die Begrünung aus Pflanzkübeln mit
                                                                                                    Anstaubewässerung sind Substrate, Vlies­
                                                                                                    stoffe und Drainageschichten zu verwenden,
                                                                                                    die einen kapillaren Aufstieg des Bewässe­
                                                                                                    rungswassers ermöglichen.

                                                  8
Bei der Auswahl der Materialien, der Zusam­        Bereits in der Planungs- und Ausschreibungs­
mensetzung des Substrats und der Düngung           phase sind die Pflege- und Wartungsemp­
der Pflanzen ist zu berücksichtigen für welche     fehlungen zu berücksichtigen und detailliert
Verwendungszwecke ablaufendes Wasser               zu beschreiben. Vor Übergabe der Objekte
weiter genutzt werden soll. Bei der exten­         an den künftigen Nutzer sind entsprechende
siven Dachbegrünung sind beispielsweise            Pflege- und Bedienungsanleitungen zu
die verwendeten Substrate und Abdichtungs­         erstellen.
systeme auf die Nachnutzung als Betriebs­
wasser im Gebäude, für Wasserflächen in der        Die adiabate Abluftkühlung hat sich als
Freiraumgestaltung oder zur Versickerung           extrem günstige Alternative zu einer konven­
und Grundwasseranreicherung abzustimmen.           tionellen Gebäudeklimatisierung erwiesen.
                                                   Bei der Verdunstung eines Kubikmeters Wasser
Begrünungen in Kübeln sind mit einer Kübel­        wird eine Verdunstungskälte von 680 kWh
dämmung zu versehen. Der Vergleich mit             erzeugt. Durch die Verdunstung von Wasser
nicht gedämmten Kübeln hat erhebliche              in der Abluft und die Verwendung eines Plat­
Unterschiede in den Standortbedingungen            tenwärmetauschers wird die Zuluft um bis
und Wuchsleistungen der Kletterpflanzen            zu 10 K gegenüber der Außenluft gekühlt.
gezeigt.                                           Durch die vollständige Trennung von Zu- und
                                                   Abluft werden hygienische Risiken vermieden
Spezielle Dachbegrünungssysteme werden             und die Feuchtigkeit innerhalb des Gebäudes
als zusätzliche Wärmedämmung angerech­             nicht erhöht. Die Verwendung von Regen­
net. Die Kombination von Photovoltaik-             wasser anstelle von Trinkwasser führt zu
Anlagen mit einer Dachbegrünung ergibt             weiteren erheblichen Einsparungen, da auf
weitere Synergien für beide Systeme.               eine Enthärtung/Absalzung verzichtet werden
                                                   kann und kein Abwasser erzeugt wird.
Planung, Bau, Betrieb und Wartung der
Anlagen müssen durch ausgewiesene                  Zur Reduzierung des Effekts der städtischen
Fachfirmen mit entsprechenden Referenzen           Wärmeinsel ist die Kühlung über die Verduns­
erfolgen.                                          tung von Wasser zukünftig verstärkt in der
                                                   Entwicklung urbaner Räume zu berücksich­
                                                   tigen.

                       Messsensoren auf dem Dach
                       des Instituts für Physik

                                                                                              9
10
Dezentrale Regenwasserbewirtschaftung

Die Bewirtschaftung von Niederschlagswas­       Ebenso ist das Einbringen und Einleiten von     Das Konzept der Regenwasserbewirtschaf­
ser ist ein wesentlicher Schritt zum nachhal­   Stoffen in oberirdische Gewässer und in das     tung ist entsprechend den örtlichen Gege­
tigen Umgang mit Ressourcen und dringende       Grundwasser zu vermeiden, die „dauernd          benheiten zu entwickeln und zu bewerten.
Voraussetzung, um die Anforderungen des         oder in einem nicht nur unerheblichen Aus­      Hierzu ist das Niederschlagswasser möglichst
Wasserhaushaltsgesetzes und der Wasser­         maß schädliche Veränderungen der physika­       im Gebiet zurückzuhalten und zu verdunsten,
rahmenrichtlinie zu erfüllen.                   lischen, chemischen oder biologischen           zu nutzen und/oder über die belebte Boden­
                                                Beschaffenheit des Wassers herbeiführen …       schicht zu versickern. Neben der Regenwas­
Das Prinzip der Ableitung der Niederschläge     Abwasser ist so zu beseitigen, dass das Wohl    sernutzung als Betriebswasser sind andere
über Kanalisationssysteme (Misch- und Trenn­    der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird.    Formen der Regenwasserbewirtschaftung,
kanalisation), das vor mehr als 100 Jahren      Dem Wohl der Allgemeinheit kann auch die        wie z. B. die Versickerung des von Dächern
eingeführt wurde, hat erhebliche negative       Beseitigung von häuslichem Abwasser durch       und befestigten Flächen ablaufenden Nieder­
Auswirkungen auf die Gewässerqualität und       dezentrale Anlagen entsprechen“ (§ 3, § 18      schlagswassers oder die Möglichkeiten der
das Mikroklima. Aus diesem Grund ist ein        WHG).                                           Gebäudebegrünung als umweltschonende
Paradigmenwechsel im Bereich der Stadtent­                                                      Alternativen zu prüfen [Rundschreiben Sen-
wicklung und Wasserwirtschaft notwendig,        Die Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen      Stadt VI C Nr. 1/2003].
der den natürlichen Wasserkreislauf aus Nie­    Parlaments und des Rates vom 23. Oktober
derschlag, Verdunstung und Kondensation         2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens        Der Betrieb und die Bewirtschaftung der
berücksichtigt 5.                               für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich       Anlagen sind vorab zu klären und sofern sie
                                                der Wasserpolitik – EG-Wasserrahmenricht­       nicht durch entsprechend geschultes Perso­
Nach § 1 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG)      linie (EG-WRRL) stellt einen Rahmen für den     nal hausintern zu erbringen sind, vertraglich
sind die Gewässer „als Bestandteil des Natur­   künftigen Gewässerschutz in der EU und den      zu sichern.
haushalts und als Lebensraum für Tiere und      Beitrittsländern dar. Damit wird ein gesamt­
Pflanzen zu sichern. Sie sind so zu bewirt­     europäischer Ordnungsrahmen zum Schutz          Der dezentralen Regenwasserbewirtschaf­
schaften, dass sie dem Wohl der Allgemein­      aller Gewässer (Oberflächengewässer und         tung kommt, insbesondere auch im Hinblick
heit … dienen, vermeidbare Beeinträchti­        Grundwasser) geschaffen. Die Anwendung          auf die Diskussion zum Klimawandel, eine
gungen ihrer ökologischen Funktionen und        und Umsetzung der EG-WRRL wird auf ver­         zentrale Bedeutung zu. Die Verdunstung der
der direkt von ihnen abhängenden Landöko­       schiedenen Ebenen geregelt.                     natürlichen Niederschläge ist global die
systeme und Feuchtgebiete im Hinblick auf                                                       bedeutendste energetische Komponente 9.
deren Wasserhaushalt unterbleiben und           „Das wesentliche wasserwirtschaftliche Ziel     Von den Landflächen der Erde verdunsten im
damit insgesamt eine nachhaltige Entwick­       Berlins besteht in der dauerhaften Sicherung    Mittel 75% des Niederschlagswassers 31.
lung gewährleistet wird … Jedermann ist         der Trinkwasserqualität durch die Wasserge­     Fehlende Verdunstungsraten in urbanen Ge­
verpflichtet, bei Maßnahmen, mit denen Ein­     winnung auf eigenem Stadtgebiet. Dazu           bieten sind eine der Hauptursachen für die
wirkungen auf ein Gewässer verbunden sein       muss die Qualität des Grundwassers gewahrt      sogenannte städtische Wärmeinsel. Betrach­
können, die nach den Umständen erforder­        bleiben wie auch die Reinheit der Oberflä­      tet man den Eingriff in den Naturhaushalt
liche Sorgfalt anzuwenden, um eine Verunrei­    chengewässer verbessert werden … Alle           aus wasserwirtschaftlicher Sicht, stellt die
nigung des Wassers oder eine sonstige nach­     Förderrichtlinien der öffentlichen Wasserver­   Verdunstung der Niederschläge die höchste
teilige Veränderung seiner Eigenschaften        sorgung sind unter den Gesichtspunkten          Priorität dar.
zu verhüten, um eine mit Rücksicht auf den      Siedlungsverträglichkeit, Umwelt- und Natur­
Wasserhaushalt gebotene sparsame Verwen­        schutz sowie Wirtschaftlichkeit ausgewogen
dung des Wassers zu erzielen, um die Leis­      und aufeinander abgestimmt zu betreiben …
tungsfähigkeit des Wasserhaushalts zu
erhalten und um eine Vergrößerung und           Angestrebt wird ferner eine umfassende
Beschleunigung des Wasserabflusses zu           Reduzierung der Stoffeinträge aus dem
vermeiden“ [Gesetz zur Ordnung des Wasser­      Kanalnetz in die Berliner Gewässer“. 11
haushalts (WHG-Wasserhaushaltsgesetz vom
19.08.2002 … )].

                                                                                          11
Im Einzugsgebiet von Spree und Havel im                                     Flächen. In der unten aufgeführten Abbil­
                                          Raum Berlin/Brandenburg werden 80% der                                      dung sind drei verschiedene teildurchlässige
                                          Niederschläge wieder verdunstet, nur 20%                                    Oberflächen in ihrer Wasserbilanz abgebildet.
                                          führen zur Grundwasserneubildung und zum                                    Wie Unterschungen ergeben haben, sind die
                                          Abfluss. In der unten aufgeführten Abbildung                                Versickerungsraten in Städten nicht grund­
                                          stellen die beiden ersten Säulen die Jahres­                                sätzlich reduziert. Die fehlende Wasserhaus­
                                          bilanz einer Rasenfläche bei einem simulier­                                haltskomponente ist die Verdunstung. Im
                                          ten Grundwasserstand von 1,35 m und unter­                                  Sinne eines Ausgleichs oder Ersatzes der Flä­
                                          schiedlichen Bodenarten dar. Von 715 mm                                     chenversiegelung muss umweltpolitisch die
                                          Niederschlag werden im Jahresmittel 85 bis                                  Priorität auf die Verdunstung von Nieder­
                                          90% verdunsten, 10 bis 15% bilden die                                       schlagswasser gesetzt werden. Dachbegrü­
                                          Grundwasserneubildung. Urbane Gebiete                                       nungen verdunsten bei 5 bis 12 cm Substrat
                                          sind geprägt von vollständig versiegelten                                   bereits 65 bis 75% des Jahresniederschlags
                                          Flächen wie Straßen und Gebäuden, aber                                      (siehe Abbildung unten). Begrünte Dächer
                                          auch teildurchlässigen Flächen mit wenig                                    bilden ein erhebliches Potenzial zum Aus­
                                          oder keiner Vegetation. Im Vergleich zu natür­                              gleich der Flächenversiegelung. Etwa 25 bis
                                          lich bewachsenen forstwirtschaftlich oder                                   35 % der Niederschläge führen zum Abfluss,
                                          landwirtschaftlich genutzten Flächen haben                                  vorwiegend im Winter. In der Kombination
                                          diese Oberflächen eine drei- bis vierfach                                   mit Versickerungsanlagen kann so ein nahe­
                                          höhere Grundwasserneubildungsrate8. Hier­                                   zu ausgeglichener Wasserhaushalt erreicht
                                          durch überkompensieren sie die fehlende                                     werden.
                                          Versickerung von vollständig versiegelten

                                           Wasserhaushalt unterschiedlich genuzter Flächen in Millimeter
                                          Wasserhaushalt    unterschiedlich genutzer
                                           1.1.2001–31.12.2004               TU Berlin Flächen in Millimeter
                                                                                            – Wilmersdorf
                                          1.01.2001 – 31.12.2004 TU Berlin-Wilmersdorf

Wasserhaushalt unter­           100%
schiedlich genutzter
Flächen als durchschnitt­         90%
liche Jahressumme in                                                                       215
Millimeter;
                                  80%
01.01.2001 – 31.12.2004
Lysimeteranlagen im                                                                                             378                                       474
Vergleich zu extensiv             70%                                                                                                324
begrünten Dachparzellen                                                                                                                                                        533
der TU Berlin in Wilmersdorf                                          622
                                  60%
                                                                                           185
                                                 530                                                                                  25
                                  50%                                                                            10

                                  40%                                                                                                366
                                                                                                                327
                                                                                           315
                                  30%
                                                                                                                                                          241
                                  20%
                                                 186                                                                                                                           182
   Verdunstung                    10%
   (Oberflächen-) Abfluss                                              93
   Grundwasserneubildung           0%

                                                     mG
                                                         W
                                                                           mG
                                                                              W
                                                                                                 sph
                                                                                                     alt                  ein                   ster                 cm            12 c
                                                                                                                                                                                       m
                                              35 c                    35 c                                            erst                  pfla                   g5
                                          ol 1                    e 1                  s i g er A             e n gitt              r b und               r ü nun            ünung
                                                                                     s                      s                                            g                  r
                                      Pod
                                         s                   nerd               chlä                     Ra                     nve                  hbe                hbe
                                                                                                                                                                           g
                                  en,                   Brau                 Dur                                           Beto                  Dac                 Dac
                               Ras              a s en,
                                              R

                                          12
Lysimeteranlage der TU
Berlin in Berlin-Wilmers­
dorf, Messung von Nieder­
schlag, Versickerung und
Verdunstung, Rasenfläche
auf Bodenart Podsol und
Braunerde, simulierte
Grundwasserstände 1,35
und 2,10 m (s. Abb. S. 12)

Lysimeteranlage – Waagen
von unten

Lysimeteranlage am glei­
chen Standort zur Messung
des Wasserhaushalts von
teilversiegelten Oberflä­
chenbefestigungen, u.a.
durchlässiger Asphalt,
Rasengitterstein, Beton­
verbundpflaster (s. Abb.
S. 12)

Messung von Verdunstung
und Ablauf von extensiv
begrünten Dachparzellen
mit unterschiedlichem
Aufbau (u. a. 5 und 12 cm
Substrat, s. Abb. S. 12)

                       13
Aus Gründen des Schutzes, der Pflege und          Versickerung
                            der Entwicklung von Natur und Landschaft          Versickerungsanlagen werden unterschieden
                            ist die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des     in Versickerungsarten durch die bewachsene
                            Naturhaushaltes auf Dauer zu sichern. „Auf        Bodenzone (Mulden-, Becken- und Flächen­
                            den Schutz und die Verbesserung des Klimas,       versickerungen) sowie Rohr-, Rigolen- und
                            einschließlich des örtlichen Klimas, ist auch     Schachtversickerungen direkt in den Unter­
                            durch Maßnahmen des Naturschutzes und             grund. Bemessung und Definitionen sind
                            der Landschaftspflege hinzuwirken“ [§ 1, § 2      dem DWA-Arbeitsblatt A 138 „Planung, Bau
                            Bundesnaturschutzgesetz]. Hiernach sind die       und Betrieb von Anlagen zur Versickerung
                            verschiedenen Möglichkeiten der Regenwas­         von Niederschlagswasser“ 2 sowie dem DWA-
                            serbewirtschaftung in der folgenden Priorität     Merkblatt M 153 „Handlungsempfehlungen
                            zu berücksichtigen:                               zum Umgang mit Regenwasser“ 3 zu entneh­
Regenwasserbewirt­                                                            men. Die Versickerung von nicht schädlich
schaftung am Neubau
Oberstufenzentrum
                            Verdunstung                                       verunreinigtem Niederschlagswasser ist im
Bautechnik II/Holztechnik   Die Beeinträchtigung des natürlichen Wasser­      Land Berlin geregelt in der Niederschlags­
in Berlin-Pankow            kreislaufs durch Versiegelung und Bebauung        wasserfreistellungsverordnung 4.
                            resultieren in erster Linie in einer Reduzie­
                            rung der Verdunstung. Im Vergleich zur natür­     Die Vernetzung und der integrierte Ansatz
                            lichen Landschaft bzw. Kulturlandschaft fehlt     verschiedener Maßnahmen der Regenwasser­
                            in urbanen Gebieten primär die Vegetation.        bewirtschaftung zum dezentralen Rückhalt
                            Als Ausgleich oder Ersatz dieses Eingriffes in    des Niederschlagswassers sind im Rahmen
                            den Naturhaushalt dienen Maßnahmen der            der Entwicklung eines ökologischen Gesamt­
                            Gebäudebegrünung und Hofbegrünung.                konzeptes darzustellen. Hierzu zählen die
                            Auch künstliche Gewässer und Betriebswas­         Entsiegelung/Begrünung zur Verdunstung,
                            sernutzung zur Gebäudekühlung und Bewäs­          Maßnahmen zur Gebäudebegrünung (exten­
                            serung können einen Beitrag zur Kompensa­         sive und intensive Dachbegrünung, Fassaden­
                            tion der fehlenden Verdunstung leisten.           begrünung), Maßnahmen der Betriebswas­
                                                                              sernutzung und die verschiedenen Möglich­
                            Nutzung                                           keiten der Versickerung.
                            Die Regenwassernutzung ist in DIN 1989-1
                            „Regenwassernutzungsanlagen – Teil 1:             Die Information und Abstimmung mit dem
                            Planung, Ausführung, Betrieb und Wartung“         Bauherrn/Nutzer über die geplanten Maß­
                            geregelt 30. Sie gilt sowohl für häusliche Ver­   nahmen, die Begrenzung der Versiegelung
                            wendungsbereiche (Bewässerung, Gebäude­           und Maßnahmen der Entsiegelung sind die
                            reinigung, Toilettenspülung, Wäschereini­         Grundvoraussetzungen der Planung. Zur
                            gung) als auch für gewerbliche und industri­      Bewertung der Wirtschaftlichkeit sind die
Potsdamer Platz –           elle Anwendungen (z. B. Kühlzwecke, Wasch-        Betrachtung der Investitions- und Betriebs­
urbanes Gewässer
Bei Starkregenereignissen
                            und Reinigungsanlagen). Das Merkblatt:            kosten unter Beachtung der aktuellen Tarife
kann die Wasserfläche bis   „Innovative Wasserkonzepte – Betriebswas­         (z. B. Niederschlagswasserentgelt) als auch die
zu 30 cm über dem Min­      sernutzung in Gebäuden“ 1 ist zu berücksich­      nichtmonetäre Bewertung der Maßnahmen
destwasserspiegel ange­
                            tigen, in dem Hinweise für Planung, Bau,          wie z. B. die Auswirkungen auf das Grundwas­
staut werden.
                            Betrieb und Wartung von Anlagen dokumen­          ser, das Oberflächenwasser und das Gebäude
                            tiert sind.                                       zu berücksichtigen. Die nichtmonetären
                                                                              Projektziele für die weitere Wirtschaftlichkeits­
                                                                              untersuchung sind in der ersten Phase der
                                                                              Projektplanung bzw. bereits im Wettbewerb
                                                                              zu definieren. Die verschiedenen Projektziele
                                                                              sind mit einer Gewichtung zu versehen. Die
                                                                              Gewichtung ist entsprechend zu begründen
                                                                              und zu dokumentieren.

                            14
nicht nur lokal die Verdunstung, sondern in
Nichtmonetäre Projektziele:                          der Konsequenz auch regional und überregio­
• Regenwasserrückhalt auf dem Gelände                nal die Niederschläge aus diesem Wasserde­
• Kleinklimaverbesserung durch                       fizit. Hieraus entsteht eine „Kettenreaktion“
  Verdunstung                                        aus reduzierten Niederschlägen, die wiede­
• Schonender Umgang mit Wasser­                      rum nicht der Verdunstung zur Verfügung
  ressourcen                                         stehen (Abbildung unten). Diese Verände­
• Bodenschutz/Flächenverbrauch                       rungen des natürlichen kleinen Wasserkreis­
• Erhöhung der städtischen Biodiversität             laufs führen lokal wie regional zu einer
• Schadstoffrückhalt und Gewässergüte                Erhöhung der Temperaturen. Derzeit werden
• Soziale Nachhaltigkeit                             bundesweit täglich etwa 1,15 Millionen m 2
• Visualisierung, pädagogische                       „urbanisiert“ 43. Die entstehende sensible
  Nachhaltigkeit                                     Wärme und thermische Ausstrahlung löst
                                                     das Phänomen der urbanen Hitzeinsel aus
Die Bewirtschaftung des Regenwassers zur             und hat Einfluss auf die globale Erwärmung.
Rückführung in den natürlichen Wasserkreis­
lauf ist auch von zentraler Bedeutung für den        Die Abbildung unten gibt einen Einblick in
Klimaschutz. Nur der Anteil des Regenwas­            den Zusammenhang zwischen kleinem und
sers, der wieder der Verdunstung zugeführt           großem Wasserkreislauf. Der kleine Wasser­
wird, erzeugt Niederschläge. Dieser soge­            kreislauf aus Niederschlag und Verdunstung
nannte kleine Wasserkreislauf an Landober­           wird durch Urbanisierung und Abholzung
flächen stellt den größeren Anteil der lokalen       immer stärker reduziert, täglich gehen
Niederschläge dar. Der aus den Weltmeeren            weltweit etwa 350 km2 Wald verloren 45. Die
im Durchschnitt verdunstende und an Land             Kettenreaktion aus dieser Reduzierung des
transportierte Niederschlag beträgt nur einen        kleinen Wasserkreislaufs ist lokal unterschied­                  Urbane Gebiete (oben) im
kleineren Anteil der lokalen Niederschläge.          lich, für Europa beträgt er das drei- bis vier­                  Kontrast zur natürlichen
                                                                                                                      Landschaft (unten) verän­
Der größere Anteil ergibt sich aus der zuvor         fache, im Amazonasgebiet das achtfache.                          dern die natürliche Vertei­
verdunsteten Menge an Land 5.                        Wird durch Abholzung beispielsweise ein                          lung von Wasser und das
                                                     Kubikmeter Wasser weniger verdunstet, geht                       Klima

Durch die zunehmende Urbanisierung und               der Niederschlag im Einzugsgebiet um 8 m3
damit einhergehende Reduzierung von Vege­            zurück.
tation und natürlichen Böden reduziert sich

                                                     Veränderung des kleinen Wasserkreislaufs
                                                     Reduzierung von Verdunstung an Land führt zur Verringerung der Niederschläge

                        Veränderung des kleinen
                        Wasserkreislaufs, die
                        Reduzierung von Verduns­
                                                                           Verdunstung
                        tung an Land führt zur
                        Verringerung der Nieder­
                                                           Obe
                        schläge 5                              rfläc
                                                                    hen
                                                                         abfl
                                                        Gru                  uss
                                                            ndwa
                                                                 sser
                                                                      stan       Gru
                                                                           d         ndw
                                                                                        asse
                                                                                            rne
                                                                                                 ubil
                                                                                                     dun
                                                                                                         g
                                                                                               Zwi                                                          Verdunstung
                                                                                                  sch
                                                                                                     ena
                                                                                                         bflu
                                                                                                            ss

                                                                                  Land                                                              Ozean

                           großer Wasserkreislauf
                           kleiner Wasserkreislauf

                                                                                                                 15
Undurchlässige Flächen, wie Dächer und               Bei begrünten Fassaden ist der Bezug zur            Priorität zugeordnet gegenüber der Regen­
Straßen, verändern das Mikroklima durch die          Energiebilanz des Gebäudes groß und geprägt         wasserversickerung. Zielsetzung der Bewirt­
Änderung der Strahlungs- bzw. Energiebilanz.         von Verschattung und Verdustungskälte im            schaftungsmaßnahmen ist der vollständige
Eine Folge ist die Erhöhung der Temperaturen         unmittelbaren Fensterbereich. Hier ergeben          Verzicht auf eine Ableitung von Regenwasser
im engeren Gebäudeumfeld und ein unbe­               sich große Überschneidungen der Zielset­            über die Kanalisation. Den örtlichen Gege­
hagliches Raumklima bzw. die Erhöhung des            zung – Energieeinsparung, Verbesserung des          benheiten entsprechend, sind die verschie­
Energiebedarfs bei der Gebäudeklimatisie­            MikroklimasGlobalstrahlung
                                                                 und der Schutz 5354der
                                                                                     WhWasserres­        denen Maßnahmen der Regenwasserbewirt­
rung. Eine Lösung besteht in der Gebäudebe­          sourcen.                                            schaftung zu kombinieren.
grünung durch die Erzeugung von Verduns­                                                                 Reflexion               Verdunstungskälte   fühlbare Wärme
tungskälte.                                          Bei Berücksichtigung dieses Effektes und der        Sollte
                                                                                                          803 Whein Anschluss an1185das
                                                                                                                                     Wh Kanalnetz erfor­
                                                                                                                                                    872 Wh
                                                     Problemstellung des globalen Klimawandels           derlich sein, ist bei der Auslegung der einzel­
Unbegrünte Dächer wandeln ca. 95% der                sind Regenwasserbewirtschaftungsmaß­                nen Regenwasserbewirtschaftungsmaß­
Strahlungsbilanz in Wärme um. Zudem ist der          nahmen in der Priorität der Tabelle 1 zu            nahmen zu berücksichtigen, ob in einen
Anteil der langwelligen thermischen Aus­             gewichten. Höchste Priorität hat hierbei die        Regenwasserkanal eingeleitet wird oder in
strahlung durch die höheren Oberflächen­             Flächenentsiegelung und Vegetationsent­             die Mischwasserkanalisation. Bei ersterem
temperaturen unbegrünter Flächen deutlich            wicklung, niedrigste Priorität liegt bei Versi­     ist die Qualität des ablaufenden Regenwas­
                                                              erhöhte langwellige
größer (Abbildung unten links). Extensiv             ckerungsmaßnahmen        direkt
                                                              Ausstrahlung 2494 Wh
                                                                                     in den Unter­       sers von Bedeutung, da das abfließende
                                                                                                     Strahlungsbilanz 2057 Wh
begrünte Dächer wandeln dagegen in den               grund über Schächte und Rigolen. In Tabelle 1 Regenwasser in der Regel direkt in die Ober­
Sommermonaten 58% der Strahlungsbilanz               sind insbesondere aus Sicht der Vermeidung          flächengewässer eingeleitet wird. Bei der
in die Verdunstung von Wasser um (Abbil­             von Nähr- und Schadstoffeinträgen in das            Ableitung in den Mischwasserkanal sind die
dung unten rechts). Die Messungen an zwei            Grundwasser auch qualitative Aspekte des            Maßnahmen hingegen dahingehend zu opti­
benachbarten Dächern in Berlin wurden durch          Gewässerschutzes berücksichtigt. Der Regen­ mieren, dass ein möglichst großer temporärer
das Monitoring am Institut für Physik ergänzt        wassernutzung wird daher eine höhere                Rückhalt von Starkregenereignissen erzielt
durch Messungen an Fassadenbegrünungen.                                                                  wird um den Überlauf in die Vorflut zu ver­
                                                                                                         meiden.

                                                     Energiebilanz im Tagesmittel
                                                     Vergleich eines unbegrünten und eines begrünten Daches

                                                     „Bitumendach“
                                                                      Globalstrahlung 5354 Wh

                                                                                                           Reflexion          Verdunstungskälte fühlbare Wärme
                                                                                                           482 Wh            123 Wh            1827 Wh

                        Strahlungsbilanz eines
                        „Bitumendachs“ als Bei­                    erhöhte langwellige
                        spiel für die Änderung der                 Ausstrahlung 2923 Wh                  Strahlungsbilanz 1949 Wh
                        Energiebilanz, insbeson­
                        dere durch Reduzierung
                        der Verdunstung in
                        urbanen Gebieten 6, 7, 8.
                        Tagessumme in Wh/m2
                        Juni – August 2000, UFA-            Wichtigste Einflussfaktoren:
                        Fabrik Berlin-Tempelhof           • Oberflächenfarbe (Albedo)
                                                          • Wärmekapazität der Oberfläche
                                                          • Exposition

                                                     16
Bislang lag in Deutschland der Schwerpunkt
                                                     Priorität       Bewertung                Maßnahme
der dezentralen Regenwasserbewirtschaf­
tung auf Versickerung. Trotz der erheblichen             1                          1,0      Flächenentsiegelung (Parks, Gärten, Hofbegrünung)
Vorzüge der dezentralen Versickerung gegen­                                                   Straßenbäume
über der konventionellen Ableitung berück­               2                          0,78     Gebäudebegrünung (Fassadenbegrünung, Dachbegrünung)
sichtigt dieser Ansatz den natürlichen Wasser­
kreislauf nur ungenügend. Das Problem                    3                          0,67     Künstliche urbane Gewässer, offene Wasserflächen
urbaner Gebiete liegt nicht in verminderten              4                          0,56     Regenwassernutzung zur Gebäudekühlung und Bewässerung
Versickerungsraten, sondern in der fehlenden
                                                         5                          0,44     Muldenversickerung in Verbindung mit Vegetationsstrukturen
Verdunstung 44. Ursache ist die Verdrängung
                                                                                             (Bäume, Sträucher), Rasengittersteine
der Vegetation und der Mangel an offenem
bewachsenem Boden. Im Sinne eines Aus­                   6                          0,33     Regenwassernutzung zur Toilettenspülung und weiterer
gleichs oder Ersatzes der Flächenversiegelung                                                 Betriebswassernutzung
muss umweltpolitisch die Priorität bei den               7                          0,22     Muldenversickerung, teildurchlässige Oberflächenbefesti­
verschiedenen Maßnahmen liegen, die den                                                      gungen
natürlichen Wasserhaushalt aus Niederschlag,
Verdunstung und Kondensation unterstützen.               8                          0,11     Schacht- und Rigolenversickerung
Dies sind die Entwicklung von Vegetations­
strukturen, die Gebäudebegrünung, offene
                                                    Tab. 1
Wasserflächen sowie auch die Regenwasser­           Prioritätenliste für dezen­
nutzung zur Gebäudekühlung über Verduns­            trale Regenwasserbewirt­
tungskälte (Tabelle1).                              schaftungsmaßnahmen
                                                    unter Berücksichtigung
                                                    des natürlichen Wasser­
                                                    kreislaufs aus Nieder­
                                                    schlag, Verdunstung und
                                                    Grundwasserneubildung 9

                                                                                                                Muldenversickerung ohne
                                                                                                                Vegetationsanbindung
                                                                                                                (Priorität 7)

 Extensive Dachbegrünung
             Globalstrahlung 5354 Wh

                                                     Reflexion                     Verdunstungskälte   fühlbare Wärme
                                                     803 Wh                       1185 Wh             872 Wh

                                                                                                                Strahlungsbilanz eines      der sensiblen Wärme um
          erhöhte langwellige                                                                                   begrünten Daches als        ca. 70 % sowie der ther­
          Ausstrahlung 2494 Wh                   Strahlungsbilanz 2057 Wh                                       Beispiel für die positive   mischen Ausstrahlung 6, 7, 8
                                                                                                                Beeinflussung des Stadt­    Tagessumme in Wh/m2
                                                                                                                klimas durch die Verduns­   Juni – August 2000, UFA-
                                                                                                                tung von Regenwasser.       Fabrik Berlin-Tempelhof
                                                                                                                Reduzierung des Anteils

    Wichtigste Einflussfaktoren:
  • Wasserspeichervermögen des Substrats
  • Exposition
  • Deckungsgrad der Vegetation

                                                                                                          17
Unter dem Schwerpunkt „Verdunstung“ wur­            Wärmeübergang im Verdunstungs-/Absorp­
den mehrere dezentrale Regenwasserbewirt­           tionsprozess kann auch innerhalb von Gebäu­
schaftungsprojekte in Berlin in Kooperation         den oder Gewächshäusern zur saisonalen
mit der „Watergy“-Arbeitsgruppe der TU Berlin       Speicherung von Wärme vom Sommer in den
realisiert. Alle Projekte kombinieren jeweils zur   Winter oder bei der Gebäudekühlung ange­
Steigerung der Gesamteffizienz mehrere              wendet werden.
Maßnahmen aus Tabelle 1. Zu diesen Projekten
zählt das Areal von SEB (ehemals Daimler-           Die Anwendungsbereiche des Betriebswas­
Chrysler) am Potsdamer Platz, die UFA-Fabrik        sers sind vielfältig, z. B. für die Toiletten­
in Berlin-Tempelhof, das Institut für Physik in     spülung, für die Gebäudekühlung, in Wasch-
Berlin-Adlershof und das Watergy-Gebäude            und Reinigungsanlagen und in Anlagen zur
der TU Berlin in Berlin-Dahlem. „Watergy“           Bewässerung von Grünflächen. Vorausset­
behandelt den extrem hohen Wärmeüber­               zung für die Akzeptanz der Betriebswasser­
gang im Verdunstungs-/Kondensations- und            nutzung und für einen dauerhaft sicheren
Absorptionsprozess. Mit 680 kWh/m3 Wasser           Betrieb der Anlagen sind die fachgerechte
(bei 30°C) wird bei keinem anderen Element          Planung, Dimensionierung und Bauaus­
so viel Energie latent übertragen wie beim          führung, eine regelmäßige Wartung, ein
Medium Wasser. Dieser Effekt ist nicht nur          verantwortungsbewusster Betreiber sowie
global von Bedeutung (die Verdunstung von           die Einhaltung der geltenden Vorschriften.
Wasser ist die bedeutendste energetische            Für die Betriebswassernutzung in häuslichen,
Komponente noch vor der langwelligen Aus­           gewerblichen und industriellen Bereichen
strahlung und dem damit im Zusammenhang             hat sich in den letzten Jahren eine neue Anla­
genannten „Treibhauseffekt“), der latente           gentechnik entwickelt, Kriterien für Planung,
                                                    Bau, Betrieb und Wartung stehen als Arbeits­
                                                    hilfe in der Broschüre „Innovative Wasserkon­
                                                    zepte – Betriebswassernutzung in Gebäuden“
                                                    zur Verfügung 1.

                                                    Beim Neubau oder Umbau von öffentlichen
                                                    Bauten und bei öffentlich geförderten Bau­
                                                    maßnahmen sind für Nutzungsbereiche, in
                                                    denen Trinkwasserqualität nicht zwingend
                                                    erforderlich ist, der Einsatz von Betriebs­
                                                    wasser und die Installation eines zweiten
                                                    Leitungsnetzes zu prüfen [Rundschreiben
                                                    SenStadt VIC Nr. 1/2003].

                                                    Dachbegrünung, Regen­
                                                    wassernutzung und
                                                    Urbanes Gewässer am
                                                    Potsdamer Platz Berlin
                                                    (Priorität 2, 6 und 3 in
                                                    Kombination)

18
Die Dimensionierung von dezentralen Regen­       Diese beiden Eigenschaften sind voneinander
wasserbewirtschaftungsmaßnahmen ist durch        unabhängig und in ihrer Zielsetzung teilweise
eine Langzeitsimulation in Anlehnung an          komplementär. So ist es aus Sicht einer mög­
ATV-DVWK 138 planerisch abzusichern. Hier­       lichst hohen Nutzungsrate von Regenwasser
bei kann eine Kombination von verschie­          sinnvoll, Regenwasservolumina in Zisternen
denen Maßnahmen der dezentralen Regen­           möglichst lange zu speichern. Um Starkregen­
wasserbewirtschaftung berechnet und              ereignisse zu bewirtschaften sind hingegen
bewertet werden. Für die Langzeitsimulation      möglichst leere Zisternen anzustreben.
stehen Softwareprogramme zur Verfügung.
Als Eingangsgrößen sind Niederschlagswerte       Die Kombination von Dachbegrünungen und
als Massendaten zu verwenden, die regional­      weiteren Maßnahmen der dezentralen Regen­
spezifisch vom Deutschen Wetterdienst (DWD)      wasserbewirtschaftung wie Betriebswasser­
bezogen werden können. Aus Kostengründen         nutzung und/oder Versickerung ist bislang
bieten sich auch künstliche Niederschlags­       noch nicht zufriedenstellend in den Software­
reihen an, die die ortsspezifische Regenspende   programmen implementiert. Hier fehlen
und Tages- oder Jahreswerte berücksichtigen.     zumeist praxisnahe Verdunstungsberech­
                                                 nungen parallel zu den umfassenden Nieder­
Die Berechnungsergebnisse geben sowohl           schlagsdaten als Eingangsgröße. Sowohl der
Aufschluss über die Funktionssicherheit einer    nutzbare Anteil der Niederschläge wird durch
Regenwasserbewirtschaftungsanlage bei            Dachbegrünungen erheblich beeinflusst wie
Starkniederschlägen sowie bei der Betriebs­      auch der temporäre Rückhalt bei Starkregen,
wassernutzung über den Anteil von nutz­          der erheblich von der Vorsättigung des Sub­
barem Regenwasser über den berechneten           strates abhängig ist 10. Der Anteil der Verduns­
Zeitraum.                                        tung von begrünten Dächern beträgt im
                                                 Jahresmittel etwa 70% und wird damit meist
                                                 unterschätzt (vgl. Abbildung Seite 12).

Broschüre „Innovative
Wasserkonzepte –
Betriebswassernutzung
in Gebäuden” 1

                                                                                                    Blick vom Dach des Insti­    Messsensoren zur
                                                                                                    tuts für Physik in Berlin-   Strahlungsbilanz einer
                                                                                                    Adlershof auf den Teich im   begrünten Fassade im
                                                                                                    Innenhof, der gleichzeitig   Vergleich zur unbe­
                                                                                                    der Verdunstung und          grünten Fassade (unten)
                                                                                                    als Versickerungsanlage
                                                                                                    für Starkregenereignisse
                                                                                                    dient.

                                                                                              19
20
Gebäudebegrünung (Dach/Fassade)

Gebäudebegrünungen können im Einzelfall          Ab 1990 wurde das 1983 entwickelte Pro­
nach § 9 (1) Nr. 25 Baugesetzbuch (BauGB)        gramm im gesamten Berliner Innenstadtbe­
oder als Ausgleichsmaßnahme nach § 31 (2)        reich durchgeführt und eine Beratung zum
BauGB festgesetzt werden. Gemäß § 1 (5)          Erhalt und zur Pflege der Anlagen ange­
BauGB sollen Bauleitpläne „eine nachhaltige      schlossen.
städtebauliche Entwicklung, die die sozialen,
wirtschaftlichen und umweltschützenden           In der Laufzeit des Programms von 1983 bis
Anforderungen auch in Verantwortung gegen­       Ende 1995 wurden 1.643 Projekte bewilligt,
über künftigen Generationen miteinander in       740.000 m2 Hof- und Fassadenflächen und
Einklang bringt …“ gewährleisten.                65.000 m2 Dachflächen begrünt 12, 13, 15.

Begrünte Bedachungen sind nach § 32              „Ökologische Kriterien für Bauvorhaben/
Bauordnung für Berlin zulässig, „wenn eine       Wettbewerbe“ wurden für Berlin im Jahr
Brandentstehung bei einer Brandbean­             2001 erstmals definiert und werden entspre­
spruchung von außen durch Flugfeuer und          chend fortgeschrieben. Darin heißt es u.a.
strahlende Wärme nicht zu befürchten ist         „Insbesondere in verdichteten Innenstadt­
oder Vorkehrungen hiergegen getroffen            bereichen sind Ausgleichsmaßnahmen in
werden“.                                         Form von begrünten Freiflächen, Fassaden-
                                                 und Dachbegrünungen auszuweisen. Dach­
Bereits 1990 wurden in den Richtlinien für den   begrünungen sind vorrangig als Extensiv­
öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau      dächer auszubilden. Die Aufbaudicke zur
in Berlin – WFB 1990 – „Besondere ökolo­         wirksamen Wasserrückhaltung soll minde­
gische Anforderungen“ definiert, die bei der     stens 10 cm betragen“ 14.
Planung der Wohngebäude im Sinne des
ressourcenschonenden und umweltverträg­          In der Innenstadt stellt der „Biotopflächen­
lichen Bauens zu berücksichtigen waren.          faktor“ (BFF) eine besondere Form der Siche­
Damit hatte Berlin sowohl für den Wohnungs­      rung von „grünen Qualitäten“, zum Ausgleich
neubau als auch für die Modernisierungs- und     von Defiziten im Freiraum und zum Abbau
Instandsetzungsmaßnahmen im Rahmen der           von Umweltbelastungen dar. Der BFF benennt
Stadterneuerung bundesweit beachtete Vor­        den Flächenanteil eines Grundstücks, der als
gaben gesetzt. Förderungsfähig waren z. B.       Pflanzenstandort dient bzw. Funktionen für
Vegetationskonzepte für die Fassaden- und        den Naturhaushalt übernimmt. Für ausge­
Dachbegrünung, die Beratung zur fachge­          wählte, gleichartig strukturierte Stadtgebiete
rechten Planung und Ausführung sowie zur         kann der BFF in einem Landschaftsplan ver­
Ersteinweisung der Nutzer in den Gebrauch        bindlich festgelegt werden (www.stadtent­
der ökologisch baulichen Maßnahmen und           wicklung.berlin.de/Natur+Grün/Landschafts­
Anlagen.                                         planung).

In Berlin (West) gab es ab 1983 ein „Hofbe­
grünungsprogramm“. Ziel war in erster Linie
die Verringerung der Grünflächendefizite in
den innerstädtischen Gebieten. Die Förde­
rung innerhalb dieses Programms erfolgte für
Maßnahmen der Hofbegrünung, der Fassa­
denbegrünung und für die extensive Dach­
begrünung. Auch im ehemaligen Berlin (Ost)
gab es in den 1980er Jahren ein Hofbegrü­
nungsprogramm.

                                                                                              21
Der Biotopflächenfaktor hat sich als land­      Das Niederschlagswasserentgelt wird nach
                                        schaftsplanerischer ökologischer Kennwert,      der versiegelten Fläche bemessen, von der
                                        der das Verhältnis von naturhaushaltswirk­      das Niederschlagswasser in die öffentliche
                                        samen Flächen zur Grundstücksfläche angibt,     Abwasserbeseitigungseinrichtung gelangt.
                                        bewährt.                                        Bei der Ermittlung der bebauten und befes­
                                                                                        tigten Flächen wird berücksichtigt, dass
                                        Ein Ziel in der frühen Phase der Projektpla­    Flächen, die nicht oder nur geringen Einfluss
                                        nung ist es, Konzepte der Regenwasserbe­        auf den Abfluss des Niederschlagswassers
                                        wirtschaftung den örtlichen Gegebenheiten       haben, nicht oder nur anteilig bei der Berech­
                                        entsprechend zu entwickeln und zu bewerten.     nung des Entgelts für die Niederschlags­
                                                                                        wasserbeseitigung angesetzt werden.
                                        In Berlin wird ein Niederschlagswasserentgelt
                                        erhoben. Es beträgt zurzeit 1,84 €/m2/Jahr      Als versiegelte Flächen werden sämtliche
                                        (je m2 in den Kanal entwässernde Fläche und     betonierte, asphaltierte, gepflasterte oder mit
                                        Jahr).                                          anderen wasserundurchlässigen Materialien
                                                                                        versehenen Flächen gewertet.

Berliner BFF-Landschaftspläne

   BFF-Landschaftspläne (eingeleitet)
   BFF-Landschaftspläne (festgesetzt)
   Landschaftspläne ohne BFF
   Landschaftspläne (festgesetzt)

                                        22
Bei begrünten Dachflächen werden 50%
der jeweiligen Fläche bei der Berechnung
des Entgelts angesetzt (www.bwb.de).

Die ersten Modellvorhaben bei denen die
Themen Regenwasserbewirtschaftung und
Gebäudebegrünung untersucht wurden,
waren die Modellvorhaben des experimen­
tellen Wohnungs- und Städtebaus (EXWOST)
im Forschungsfeld Ökologie und umwelt­
orientiertes Bauen, die durch Bundes- und
Landesmittel gefördert und wissenschaftlich
begleitet wurden.

Projekte wie der Block 103, der Block 6 oder
die Ökohäuser in der Corneliusstraße zählen
noch heute zu den „Pionieren“ der Stadtöko­
logie 15.

                                               Block 103 in Berlin
                                               Kreuzberg (oben)

                                               Ökohaus in Berlin
                                               Tiergarten (links)

                                               Block 6 nach der Opti­
                                               mierung/Umgestaltung
                                               2006/2007

                                                                        23
24
Dachbegrünung

Gründächer bieten eine ganze Reihe von              Planung                                           An den folgenden Abbildungen lassen sich
Vorteilen, die in private Vorteile für die Eigen­   Mit der Begrünung von Dächern gibt es in          die prinzipiellen Unterschiede der Gründach­
tümer und Bewohner eingeteilt werden kön­           Deutschland umfassende Erfahrungen. Seit          varianten erklären. Von der relativ leichtge­
nen, als auch für die Allgemeinheit gelten.         etwa 1970 werden Gründächer in Deutsch­           wichtigen aber robusten Konstruktion mit
                                                    land verstärkt gebaut. In den letzten Jahren      etwa 40 kg/m2, über das typische Extensiv­
Zu den Vorteilen gehört neben dem verbes­           waren es jährlich etwa 10 Millionen m 2 Grün­     dach mit etwa 0,1 m Substrathöhe, das aber
serten optischen Gesamteindruck (Imagefak­          dächer, die neu errichtet wurden. Der über­       auch mit einem entsprechenden Unterbau
tor bzw. der erhöhten Aufenthaltsqualität)          wiegende Teil, etwa 80% sind extensive            zu einem modellierten Naturdach ausgeführt
auch eine verbesserte Wärmedämmung und              Dachbegrünungen. Die übrigen 20% sind             werden kann, bis hin zu der intensiven Dach­
der Regenrückhalt, der in der Regel eine            Dachgärten oder intensive Dachbegrü­              begrünung, ist manches gestalterisch und
Reduzierung des Niederschlagswasserent­             nungen. Die intensiven Formen sind auf            technisch möglich. Je nach statischen Mög­
gelts bewirkt. Diese Vorteile machen sich in        Gebäuden errichtete Gärten mit gartenty­          lichkeiten ist nahezu der Nachbau jedes
der jährlichen Betriebskostenabrechnung             pischen Pflanzflächen. Die Substrate haben        Landschaftstyps auf dem Dach möglich. Eine
bemerkbar. Als Vorteile für die Allgemeinheit       eine Mächtigkeit zwischen 0,5 und 1,0 m.          besondere Form stellen „Verkehrsdächer“ dar.
sind die Reduzierung der städtischen Wärme­         Dachgärten werden gärtnerisch gepflegt.           Das sind belastbare Dächer über Tiefgaragen
insel, die Reduzierung des Regenwasserab­           Es werden Pflanzen verwendet, die auch in         oder anderen Bauwerken in deren Drain­
laufes und die Entlastung der Kanalisation          ebenerdigen Gärten verwendet werden. Ein          schichten ein entsprechendes Speicherpo­
anzusehen. Einen wesentlichen Aspekt stellen        Unterschied ist jedoch, dass vorwiegend           tential zum Rückhalt von Regenwasser mit
auch die Auswirkungen auf die „Stadtnatur“          langsam- oder kleinwüchsige Arten bevor­          eingeplant werden kann.
dar. Gründächer bieten Lebensräume für spe­         zugt werden, damit möglichst langfristig
zialisierte Pflanzen- und Tierarten. Der Aspekt     ein gleiches Bild besteht.                        Statische Anforderungen bewegen sich
„Erhöhung der städtischen Biodiversität“ ist                                                          zwischen 50 und 170 kg für extensive Begrü­
wichtig, lässt sich aber nicht monetär aus­         Im Gegensatz dazu müssen extensive Dach­          nungen. Für Dachgärten sind die Werte
drücken 16. Eine grünere Stadt wird von den         begrünungen im Normalfall mit ca. 0,1 m           nach oben hin offen, allerdings sind 200 bis
meisten Bewohnern positiv wahrgenommen,             Substrat auskommen. Extensiv bedeutet             300 kg/m2 als Mittelwerte für Dachgärten
dieser Effekt lässt sich schwer finanziell ab­      „geringe Pflege“ aber großflächige extensive      üblich. Das im Substrat gespeicherte Nieder­
schätzen. Für einen relativ geringen Mehrbe­        Verwendung auf Gebäuden. Bei der Pflanzen­        schlagswasser ist ein wesentlicher Gewichts­
trag resultiert somit ein vielfacher Vorteil aus    auswahl gibt es eine Beschränkung auf ange­       faktor der Begrünungen.
der Begrünung.                                      passte Vegetation, die auch bei Trockenheit
                                                    überlebt. Die Vegetation sollte aber auch zeit­   Über der Dachkonstruktion ist eine wurzel­
Der Bau von Dachgärten ist ein Sonderfall           weiligen Wasserüberstau akzeptieren können.       feste Bahn aufzutragen. Ein Ablauf ist pro 200
und sicher nicht für alle Gebäude möglich.          Diese Standortverhältnisse schränken die          bis 300 m2 einzuplanen. Eine Bewässerungs­
Die höheren Baukosten für die Erstellung            Auswahl ein, andererseits sind das Extrem­        anlage ist bei Intensivbegrünung/Dachgärten
können direkt mit einem Viertel der Grund­          lebensräume für eine Reihe besonderer Pflan­      erforderlich. Bei extensiven Begrünungen ist
fläche des Dachgartens auf die Miete umge­          zenarten, die in ebenerdigen Lebensräumen         die Bewässerungsmöglichkeit hilfreich, wenn
legt werden. Mit Dachterrassen, oder Dach­          wenig Chancen hätten.                             einsehbare Dachflächen aus optischen Grün­
gärten erhöht sich der Wert einer entspre­                                                            den bewässert werden sollen bzw. zur Klein­
chenden Immobilie erheblich.                                                                          klimaverbesserung in den Sommermonaten.

                                                                                                25
Sie können auch lesen