Corona diktiert die regeln - Bleierne Zeit - epub @ SUB HH
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# 3 März 2021 www.hwk-hamburg.de
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Bleierne Zeit
Corona diktiert
die Regeln
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editorial 03
Wie gefährdet ist
der Osterurlaub?
Z
ugegeben, nach einem Jahr Pandemie fällt es mir schwer, eine
belastbare Haltung der Krise gegenüber zu bewahren und zu
vertreten. Zu viel Information, Meinung, Irrsinn. Hier diffu-
se Furcht vor der dritten Welle, dort die Hoffnung auf das segens-
reiche Wirken moderner Impfstoffe. Wirklichkeitsverweigerer,
kampagnenfixierte Boulevardmedien, Wahlkampfstrategen, Epi-
demiologen, Verzweiflung im Homeoffice, Grenzerfahrung auf der
Intensivstation ... und – natürlich – Karl Lauterbach. Überall.
Jeden Tag. Das fleischgewordene Corona-Gewissen der Nation,
der Erklärer, der rechthaberische Angstmacher, der zu allem Übel
am Ende gewöhnlich recht behält.
Deutschland im Corona-Frühjahr 2021. Bleierne Zeit. Jedes Han-
deln und Nichthandeln macht irgendwen zum Opfer. Wer noch
einen originellen Gedanken zum Thema hat, trete vor! Nur bitte
nichts mehr über die Wirksamkeit des AstraZeneca-Vakzins oder
den gefährdeten Osterurlaub.
Immerhin: Am 3. März findet die nächste mit Spannung erwartete
Videoschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungs-
Thomas Meyer-Lüttge
chefs der Länder statt. Dem Vernehmen nach sollen von der
Chefredakteur
Magazin NordHandwerk Wirtschaft vehement geforderte Planungen für konkrete
Öffnungsschritte aus dem Lockdown vorgestellt
Ihre Meinung ist
unverzichtbar
werden. Das schaffte Perspektiven jenseits der kurz-
Schreiben Sie der fristigen Strategie des Auf-Sicht-Fahrens.
Redaktion unter
E-Mail: redaktion@
nord-handwerk.de.
In dieser Ausgabe berichten wir unter anderem über
die Erwartungen des Handwerks an die Corona-Politik
der Bundes- und Landesregierungen (Seite 18). Außer-
illustration: Jacqueline urban
dem stellen wir Unternehmer*innen vor, die ihre
Betriebe ideenreich durch die Krise führen (Seite 12).
Herzliche Grüße
Nordhandwerk 03/2021
Inhalt
mrz.2021
ERP-Software
Betriebliche Ressourcen
digital steuern funktioniert
nicht nur in Großunternehmen.
Auch für kleinere Betriebe gibt es
passende Lösungen.
40
Titel Wissenswert nah dran
12 Durchatmen Ab ersten März dürfen 08 Nachrichten 22 Fachkräfte Mithilfe des
Deutschlands Friseure ihrem Hand- ▶▶Einweg bekommt Konkurrenz IQ-Projektes „Brücke ins Handwerk“
werk wieder nachgehen. Alles gut? per Gesetz der Handwerkskammer Hamburg
Friseurmeisterin Julia Dieck aus Ham- ▶▶Corona-Impfung: Prämie anstelle fand die Prinage Service GmbH zwei
burg hat begründete Zweifel. von Pflicht angehende Fachkräfte mit Einwan-
▶▶Pandemie kostet eine Menge Jobs derungsgeschichte. Erfolgreich ab-
Fotos: Seemann, Adobe Stock, HFR
14 Unterstützer Alle für einen. ▶▶WhatsApp: Freibrief in Sachen solvierte Praktika überzeugten das
Friseurmeister Constantin Schwenen Datennutzung Unternehmen.
aus Lübeck initiierte ein erfolgreiches ▶▶Lkw-Abwrackprämie verhilft
Crowdfunding-Projekt, um seinen zu saubererem Antrieb 26 Innung Corona beschleunigt die
jungen Salon zu stabilisieren. Digitalisierungsprozesse bei Innungen
18 Lockdown Gefragt ist eine Strategie und Verbänden.
16 Drive-In Wenn Corona die Regeln der Lockerungen. Dem Handwerk
diktiert, sind gute Ideen gefragt. fehlen eindeutige Kriterien und 27 Interview Bärbel Wenckstern,
Fleischermeister Kai-Jürgen Bruhn Kennziffern für den Re-Start. Geschäftsbereichsleiterin des
aus Niesgrau hatte eine. Elbcampus, spricht über Chancen,
19 Gebäudesanierung Kritik am die die Krise bietet.
Bund: Die geplante Förderung der
seriellen Sanierung ist zu stark auf
die Industrie ausgelegt.
Frage des Monats
„Brauchen wir eine Pflicht
zur Altersvorsorge?“ Die Verkehrspolitik
Meinung von Leserinnen Die Kammer setzt sich für
und Lesern auf Seite ihre Mitgliedsbetriebe ein.
48 20
05
„Boris, flieg!“
Der Hamburger
Segelmacher Frank
Schönfeldt schrieb und
sang für Weltumsegler
Boris Herrmann ein
viel beachtetes Lied.
30
Bemerkenswert Lohnenswert
30 Boris, flieg Der Hamburger Frank 38 Rechtstipp Wer Fotos für die
Schönfeldt ist leidenschaftlicher Homepage nutzt, muss die
Segler und schrieb ein viel beachte- Nutzungsrechte beachten. Sonst
tes Lied für den Weltumsegler Boris drohen Abmahnungen.
Herrmann.
38 Steuertipp In Zeiten der Krise
34 Gründer Ole Wurmdobler ist jung. können Betriebe degressiv statt Sie denken zum ersten
Gerade 20 Jahre alt und Meister. Er linear abschreiben.
Mal an Ihre Absicherung.
gründete seinen eigenen Betrieb. Woh-
nung und Büro ist ein Wohnwagen. 40 blickpunkt Software fürs Wir seit über 100 Jahren.
Handwerk. ERP-Systeme bieten
36 Branchen-Nachrichten bei richtiger Planung Betrieben
▶▶Noch nie verkauften die Brauer viele Möglichkeiten.
so wenig Bier wie 2020 Mit SIGNAL IDUNA verlassen Sie sich
▶▶Die E-Handwerke schaffen einen vom ersten Arbeitstag an auf über
neuen Ausbildungsberuf 46 Betriebsbörse 100 Jahre Erfahrung. Als traditioneller
▶▶Drucker blicken besorgt auf
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Nordhandwerk 03/2021
06 Wissenwert
Momentaufnahme
10.000 Quarkbällchen für Helden
Ärzte, Krankenschwestern und
-pfleger, Erzieherinnen, Polizisten
oder der freundliche Nachbar – sie
alle sind Alltagshelden der Corona-
Krise. Ihnen spendierten Bäcker-
meister Olaf Jaretzke aus Teterow
und 18 weitere Innungsbäcker und
Konditoren aus Mecklenburg-
Vorpommern Süßes für die Seele.
Nordhandwerk 03/2021
08 wissenswert
Nachrichten
Umweltschutz Corona-Impfung
Einweg bekommt Prämie anstelle
konkurrenz per Gesetz von Pflicht
E
ine Impfpflicht werde es in der
Corona-Pandemie nicht geben.
Das sicherte Bundesgesundheits-
minister Jens Spahn im Bundestag zu.
Anreize, sich gegen das Coronavirus
impfen zu lassen, sind dagegen eine Op-
tion. In den USA bieten unter anderem
Lidl und Aldi ihren Mitarbeitern eine
einmalige Impfprämie an, um die Bereit-
schaft zur Immunisierung zu erhöhen.
Bei Lidl sind es 200 Dollar. Rechtlich
D
ie Frikadelle in der Wegwerfbox, der Kaffee im Pappbecher – Es-
sen und Trinken zum Mitnehmen tragen zum wachsenden Berg möglich sei ein finanzieller Anreiz auch
an Plastikmüll bei. Pro Kopf fielen davon in Deutschland 2018 hierzulande, erläuterte Alexander
laut Bundesumweltamt 227,5 Kilogramm an. Bundesumweltministe-
rin Svenja Schulze (SPD) will mit Änderungen des Verpackungsgeset-
Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht
zes gegensteuern, die auch das Lebensmittelhandwerk berühren. in Berlin, gegenüber dem Redaktions-
Wird ein Beschluss des Bundeskabinetts Gesetz, werden Restau- netzwerk Deutschland. Die Prämie sei
rants, Bistros und Cafés ab 2023 verpflichtet sein, Essen für unterwegs
und To-go-Getränke auch in Mehrwegverpackungen anzubieten. Diese als Gegenleistung dafür zu interpre-
Variante darf nicht teurer sein als Einweg. Von der Pflicht ausgenom- tieren, dass der Arbeitnehmer einem
men sind Imbisse oder Bäckerläden, in denen maximal fünf Beschäftigte „nachvollziehbaren Interesse“ des Ar-
arbeiten und die Ladenfläche nicht mehr als 80 Quadratmeter umfasst.
Sie müssen aber auf Wunsch eigene Mehrwegbehälter der Kunden be- beitgebers an der Impfung nachkomme.
füllen. Ab 2022 soll zudem ein Pfand auf alle Einweg-Getränkeflaschen Staatliche Lockerungen der Corona-
aus Kunststoff sowie sämtliche Getränkedosen verpflichtend sein. Bis- Beschränkungen für Geimpfte lehnt der
herige Ausnahmen entfallen. Vom Zentralverband des Deutschen Bä-
Fotos: Rosenau, Adobe Stock (5), Imago/Simon; Zitat: Süddeutsche Zeitung
ckerhandwerks kommen in der „Handwerks Zeitung“ kritische Töne: Deutsche Ethikrat in einer Empfehlung
Die Änderungen verursachten Mehraufwand und brächten logistische ab, nicht zuletzt, um die Solidarität nicht
Probleme, etwa bei der Lagerung des Leerguts, mit sich. | cro
aufs Spiel zu setzen. Doch die Diskus-
sion ist entbrannt. Denkbar ist
Elektromobilität aus juristischer Sicht, dass
Staat beteiligt sich an Mehrkosten Betriebe im Zuge der Ver-
tragsfreiheit von Kunden
Z
ur Kaufprämie für Elek- kleinen und mittleren Betrieben einen Impfnachweis ver-
troautos gesellt sich eine beträgt die Förderquote bis zu
weitere Bundesförderung 60 Prozent der Mehrausgaben
langen. So könnte etwa
von E-Fahrzeugen und, daran gegenüber einem Fahrzeug mit eine Konditorei nur
gekoppelt, von Ladesäulen. Be- konventionellem Antrieb. Geimpfte ins Café
sondere Unterstützung erfahren Anträge können bis Piks oder
gewerbliche Flotten, die durch 31. März 2021 gestellt wer- nicht? Die einlassen. | cro
Nutzung erneuerbarer Energien den. Alle Unterlagen und Diskussion über
einen hohen Effekt für die Umwelt Informationen zur För- Impfanreize ist in
haben. Gefördert werden Pkw, derrichtlinie: https:// vollem Gange.
Leicht- und Sonderfahrzeuge. Bei bit.ly/2YTbGJV. | cro
09
Neue Studien
Corona-Lehren und
Technikfolgen
Impfstrategie Chefin im Lockdown Die Studie
des Deutschen Handwerksinsti-
»Man hätte klarer kommunizieren tuts beleuchtet die Situation von
frauengeführten Betrieben in der Coro-
müssen, dass na-Krise. Verlässliche Kinderbetreuung
alles etwas dauert.« wäre eine Hilfe. https://bit.ly/2N4JtgD
Der ehemalige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zum
Kampf der EU gegen die Pandemie unter seiner Nachfolgerin Trendmap Handwerk Trend-
Ursula von der Leyen. Zu „massiver Kritik“ sieht Juncker keinen Anlass. forscher Peter Wippermann hat
seine grafisch aufbereitete Zu-
kunftsprognose einem Corona-Update un-
Arbeitsmarkt Plus von 429.000 im Vergleich zu terzogen. www.trendmap-handwerk.de
Corona Kostet 2019. Das millionenfach genutzte
Instrument der Kurzarbeit verhin-
Eine Menge Jobs derte eine stärkere Zunahme. Die Elektromobilität Ein Struk-
Arbeitslosenquote stieg laut Mittei- turwandel steht den Kfz-Un-
D
ie Maßnahmen zur Corona- lung der Bundesagentur für Arbeit ternehmen ins Haus: Die Studie des
Eindämmung hinterlassen im Durchschnitt um 0,9 auf 5,9 Pro- Transferzentrums Elbe-Weser geht am
Spuren am Arbeitsmarkt. Im zent. Im Januar dieses Jahres lag Beispiel der Region Lüneburg der Frage
Schnitt waren 2020 rund 2,695 Mil- sie bei 6,3 Prozent – einen Prozent- nach, welche Auswirkungen die zuneh-
lionen Menschen ohne Job – ein punkt höher als vor Jahresfrist. | cro mende Elektromobilität für die Branche
haben wird. https://bit.ly/3tEG8W3
Baukindergeld
309.948
Familien sind seit dem Start
des Programms bis Ende
2020 in den Genuss des
Baukindergelds gekommen.
Es wurden staatliche
Imagekampagne
Eigenheim-Zuschüsse
Sinn inklusive im künftigen Beruf in Höhe von 6,5 Milliarden
S
chulabgänger, die nach einem Beruf suchen, der ihr Leben bereichert, Euro gewährt. Der Zeit-
können im Handwerk fündig werden. Das zeigen die Beispiele der vier neuen raum der Förderung endet
Botschafterinnen und Botschafter des Handwerks, die seit Januar bundesweit
auf Plakaten sowie in Beiträgen auf Instagram, Facebook und Co. für eine Ausbil- im März 2021.
dung im Handwerk werben. Einer von ihnen ist der Hamburger Orthopädietechnik- Quelle: KfW-Bankengruppe
Mechaniker Frank Purk. Wichtiges tun, statt wichtig zu tun – der Slogan auf dem
Plakat, auf dem er zu sehen ist, ist Ausdruck seiner Haltung. Purk fertigt Prothesen
und macht Menschen mit Handicap damit mobiler, freier und selbstbewusster. | cro
Nordhandwerk 03/2021
10 wissenswert
Nachrichten WhatsApp
Freibrief in Sachen
Datennutzung
Finanzen
W
hatsApp hat Anfang des Jahres seine
Mehr Schlagkraft für Steuerdreh Nutzungsbedingungen und Daten-
schutzrichtlinie geändert. Nutzer
U
m die Liquidität der Betrie- Große Koalition verständigt. Auf die- der Nachrichten-App müssen der Änderung
be in der Corona-Krise se Weise kann die Steuerlast ge- zustimmen, wollen sie den Dienst weiterhin
zu erhöhen, wird der senkt werden: Verluste eines verwenden. Nach einem Proteststurm hat der
steuerliche Verlustrück- Jahres werden dabei mit po- Mutterkonzern Facebook die Frist dafür bis
trag für 2020 und 2021 von sitiven Einkünften etwa des zum 15. Mai 2021 verlängert. Die neuen Be-
fünf auf maximal zehn Mil- Vorjahres verrechnet. Von stimmungen erlauben es Facebook, auf noch
lionen Euro angehoben (20 Wirtschaftsverbänden wur- mehr Daten aus dem Messen-
Millionen Euro bei Zusam- de die Maßnahme als halbher- ger wie Adressbuchkontakte
menveranlagung). Darauf hat sich die zig kritisiert (mehr auf Seite 19). | cro und IP-Adressen zuzugreifen
und diese für andere Plattfor-
men des Konzerns zu nutzen.
Persönliche Chats bleiben
Mobilität durch Verschlüsselung geschützt,
Der frühling kann kommen heißt es im offiziellen WhatsApp-Blog. Wer
über einen Ausstieg nachdenkt: Alternativen
D
ie ständige Parkplatzsuche ist ein Aufregerthema sind etwa die Messenger-Dienste Signal,
Threema oder Ginlo. | cro
unter Hamburgs Handwerkern. Glasermeister Jörg
Hauschild schont sein Herz mit einer Neuanschaffung:
Er hat seinen Fuhrpark um ein Lastenrad mit Elektrounter- Musikinstrumentenbauer
stützung erweitert, der Bund fördert den Kauf mit 30 Prozent Jahr der Orgel
D
der Kosten. Der Clou: Mit dem extra angefertigten Glasreff ie deutschen Landesmusikräte haben
als Halterung lassen sich, gut ausbalanciert, Scheiben bis die Orgel zum Instrument des Jahres
2021 ernannt. In diesem Rahmen fin-
zur Größe von 90 mal 90 Zentimetern transportieren. „Es den zahlreiche Konzerte und Veranstaltungen
fällt auf“, stellt Hauschild nach den ersten Touren mit dem für Kleinkinder bis Senioren statt. So wird
Glaser-Dreirad erfreut fest. In einem Zehn-Kilometer-Um- es etwa Projekttage an Schulen mit dem Bau
einer Orgelpfeife aus Holz geben. Einen Über-
kreis wollen er und seine Mitarbeiter es künftig einsetzen. | cro blick bietet „Orgel“, die kostenlose neue App
des Bundes Deutscher Orgelbaumeister. | cro
Neubau
Abschied von der
ÖLheizung
B
ei Neubauten hat sich der Anteil der
Wohngebäude mit Gas- oder Ölheizung
seit der Jahrtausendwende mehr als
halbiert und liegt nun bei 43 Prozent. Verfügten
im Jahr 2000 noch ein Fünftel aller Neubauten
über eine Ölheizung, war es 2019 noch knapp
Fotos: Rosenau (2), Adobe Stock
ein Prozent. Bei Wohngebäuden mit Gashei-
zung reduzierte sich der Wert von 74 auf
42 Prozent, wie das Statistische Bundesamt
mitteilte. Erneuerbare Energien sind nun in
fast der Hälfte der neuen Wohnhäuser die
überwiegend eingesetzte Energiequelle. Der
Trend dürfte sich mit der seit Jahresanfang
geltenden CO2-Abgabe noch verstärken. | cro11
Keinesfalls in
falsche Hände
Terrorschutz
M
it einer Richtlinie für den Umgang
mit radioaktiven Stoffen, die außer-
halb von kerntechnischen Anlagen
eingesetzt werden, will das Bundesum-
weltministerium Diebstahl und Sabotage
NORD
HANDWERK
verhindern. Im Handwerk sind radioaktive
Stoffe in Prüfstrahlern zur Werkstoffprü-
fung oder Dichtemessung anzutreffen. Die
Richtlinie zum Schutz vor Störmaßnah-
men, die der Geheimhaltung unterliegt, ist Effektiv und nachhaltig werben
Anfang des Jahres in Kraft getreten. Sie
verlangt von Nutzern entsprechender Ge-
räte den Nachweis, dass die nötigen Maß- • Gibt Tipps für die tägliche
nahmen zum Diebstahlschutz getroffen
Führungspraxis im Handwerk
wurden, abhängig vom Gefährdungspoten-
Gefährdungspotenzial Auch zial. Ein Sicherungskonzept ist zu erarbei- • Informiert über Politik & Wirtschaft
Verdichtungsmessgeräte im Straßenbau ten. Prüforganisationen wie der TÜV bie-
arbeiten mit radioaktiven Stoffen. ten Unterstützung an. | cro • Beleuchtet jeden Monat redaktionell
ein Themenspezial
• Geht direkt an die Entscheider
Klimaschutz in über 55.000 Handwerksbetrieben
Norddeutschlands
LkW-Abwrackprämie verhilft
zu saubererem Antrieb Haß
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as Bundesverkehrsministerium hat kehr (BAG), das das Programm betreut, I
ein Flottenaustauschprogramm für beantwortet Fragen an einer Hotline, An ur
Nutzfahrzeuge ab 7,5 Tonnen zu- Tel.: 0221 5776-5399, und per E-Mail: Er-
lässiges Gesamtgewicht der Klassen N 2 neuerung-Nutzfahrzeuge@bag.bund.de.
und N 3 aufgelegt. Es zielt darauf ab, den Details zur Lkw-Abwrackprämie finden
CO2-Ausstoß und weitere Schadstoffemis- sich auf der Website des BAG: https://
sionen abzusenken. Bauhandwerker und bit.ly/36CW5SW (Kurzlink). | cro
beispielsweise Steinmetze, die schwere
Lkw einsetzen, können beim Austausch
zugunsten saubererer Antriebe bis zu
15.000 Euro Abwrackprämie erhalten. Das
Programm dient neben der Förderung von
elektro- und wasserstoffbetriebenen Nutz-
fahrzeugen auch dem Zweck, konventionel-
le Lkw-Flotten zu erneuern durch Fahrzeu-
ge mit modernen Verbrennungsmotoren
der neuesten Schadstoffklasse Euro VI.
Hierunter fallen Diesel- ebenso wie Gas-
antriebe. Das Neufahrzeug muss über ein
Abbiegeassistenzsystem verfügen. Ein sol-
ches hilft, schwere Unfälle mit Radfahrern
und Fußgängern zu verhindern.
Anträge sind möglich bis zum 15. Ap-
ril 2021. Das Bundesamt für Güterver-
Aus Alt mach Neu Auf schwere Lkw sind
beispielsweise Gerüstbauer angewiesen. Sie Kontakt: Frach Medien GmbH,
können von der Abwrackprämie profitieren. Weidenbaumsweg 103, 21035 Hamburg
Ihre Ansprechpartnerin:
Birgit Haß, Tel. 040 6008839-78
Nordhandwerk 03/2021
Fax 040 6008839-71 • Mail: b.hass@frach-medien.de12
Schnell wieder in die
Spur kommen
Am 1. März hat der Lockdown für das Friseurhandwerk nach zehn Wochen ein Ende.
Die Branche atmet auf. Doch der Flurschaden ist gewaltig. Das monatelange Warten
auf Überbrückungshilfe hat nicht nur Vertrauen zerstört. Auf die Unternehmerinnen
und Unternehmer wartet ein schwieriger Re-Start. Julia Dieck ist eine von ihnen.
E
Friseurmeisterin s geht wieder los. Am ersten März dürfen Perspektive, sagt die Inhaberin eines großen Ham-
Julia Dieck die 80.000 Friseursalons in Deutschland burger Salons in bester Lage nahe der Alster. „Ich
„Durch den ersten nach zehnwöchiger Corona-Zwangs- weiß, dass ich bis zum ersten März durchhalte. Ich
Lockdown hat uns schließung ihre Türen wieder öffnen. weiß aber auch, dass viele meiner Berufskolleginnen
die Politik begleitet, Das haben die 16 Ministerpräsidenten und -kollegen es nicht schaffen werden.“
beim zweiten fast und das Bundeskabinett Mitte Februar Gerade die kleinen Salons hätten es extrem
jede Unterstützung so entschieden. „Eine ganze Branche atmet auf“, schwer. Durch die strengen Hygieneanforderungen
Foto: Meyer-Lüttge
verweigert. Das kommentierte Harald Esser, Präsident des Zentral- hätten sie im vergangenen Jahr teils empfindliche
macht mich verbands des Deutschen Friseurhandwerks (ZV), in Umsatzeinbußen verkraften müssen. Das Weih-
fassungslos.“ einer ersten Stellungnahme. nachtsgeschäft fiel aus. Eine zeitnahe Auszahlung
Julia Dieck fällt das Aufatmen schwer. Der Re- die Überbrückungshilfe III kam nicht. Viele hätten
Start sei ein Schritt in die richtige Richtung, eine ihre private Altersversorgung aufgelöst, um ihr Ge-Titel 13
Bleierne Zeit
schäft zu retten. „Da stehen nicht nur irgendwelche Service sorgten dafür, dass sie wiederkamen. Kon-
Jobs auf der Kippe. Da geht es um Existenzen“, sagt tinuierlich wurde Personal aufgebaut. Jedes halbe
Julia Dieck. „Was mich fassungslos macht und emo- Jahr kam eine neue Kollegin hinzu. Inzwischen be-
tional tief erschüttert, ist, dass es die Politik fertig
Standpunkt schäftigt Julia Dieck neun Mitarbeiterinnen und ei-
bringt, ganze Branchen in den Lockdown zu schi- nen Mitarbeiter. Genauso kontinuierlich stiegen die
cken, den Betroffenen dann aber monatelang fast Umsätze. Im Zuge dieser erfolgreichen Entwicklung
jede Hilfe verweigert. Die bizarre Begründung: Es erweiterte die Friseurmeisterin 2019 die Salonflä-
bestünden Softwareprobleme. Sobald die behoben che von 130 auf 260 Quadratmeter.
seien, könne Überbrückungshilfe beantragt werden.“ „Durch den ersten Lockdown sind wir durchge-
kommen“, sagt sie rückblickend. „Wir hatten so viel
Erfolgreiche Lobbyarbeit »Eine ganze Schwung, haben uns zu einem tollen Team entwi-
Wie groß der Flurschaden im Friseurhandwerk ist, Branche atmet ckelt. Auch die Soforthilfe kam damals sehr schnell
wird sich bald zeigen. Dennoch: Während für das auf. Endlich und unbürokratisch.“ Die Erfolgsgeschichte ging
Kosmetikhandwerk, für große Bereiche des statio- haben wir eine weiter. Bis zum 16. Dezember.
nären Einzelhandels, für die bereits fast in Verges- Perspektive und Wieder harter Lockdown. Wieder Versprechun-
senheit geratenen Reisebüros, die Gastronomie, Ho- Planungssicher- gen der Politik auf schnelle unkomplizierte Hilfe.
tellerie, Theater, Museen und viele andere weiterhin heit. Trotzd em „Diesmal blieben es Versprechungen“, sagt Julia
nichts geht, endet für die Friseurinnen und Friseure muss die Über- Dieck. Seit Mitte Dezember hat sie keine Einnah-
als erste Berufsgruppe der Lockdown. Das hat un- brückungshilfe III men. Staatliche Unterstützung aus der Überbrü-
terschiedliche Gründe. Hygienische etwa – ähnlich so schnell ckungshilfe III kann erst seit Mitte Feb-
wie bei der Fußpflege. So zumindest erklärte Berlins wie möglich aus- ruar beantragt werden. Das Verfahren sicher
Bürgermeister Michael Müller die Entscheidung. gezahlt werden.« ist kompliziert, die Antragstellung .
gepfleg
Ein wichtige Rolle dürfte auch das couragierte Ver-
halten vieler Unternehmerinnen und Unterneh-
mer. Statt in Duldungsstarre zu fallen, machten sie
Harald Esser
Präsident des
nur noch über „prüfende Dritte“, also
Steuerberater, Wirtschaftsprüfer
oder Anwälte, möglich. Geschichten
schön.t.
mit aktiver Pressearbeit, Petitionen und gerichtli- Zentralverbands des machen die Runde, Steuerberater lehn-
chen Klagen Unmut und Verzweiflung Luft. Hinzu Deutschen Friseur- ten inzwischen aufgrund der Komplexi-
handwerks
kommt ist die intensive Lobbyarbeit der Verbände, tät der Materie entsprechende Anfragen ab.
Innungen und Kammern. Als besonders öffentlich- „Die Hilfe kommt zu spät und ist zu wenig“,
keitswirksam erwies sich die Gemeinschaftsaktion kritisiert die Unternehmerin. Wie schon bei der
„Licht an, bevor es ganz ausgeht“ des Zentralver- Überbrückungshilfe II werden auch im Nachfolge-
bands des Deutschen Friseurhandwerks. An zwei programm Fixkostenzuschüsse gewährt. Auf dem
Wochenenden ließen viele Tausend Friseurinnen Papier bis zu 90 Prozent, abhängig von der Zahl der
und Friseure die Lichter in ihren Salons an. Die Ak- Mitarbeiter. Berechnungsbasis sind Umsatzeinbu-
tion fand in den Medien starken Widerhall. ßen im Vergleich zum Vorjahr. „Wir sind seit Beste-
Die Handwerkskammer Hamburg, um ein letztes hen auf dem Wachstumspfad. Trotz Corona haben
Beispiel zu nennen, organisierte eine Online-Ver- unsere Umsätze zugelegt. Außerdem werden nicht
anstaltung. Eineinhalb Stunden lang diskutierten alle Kosten erfasst. Ich will eine gute Arbeitgeberin
knapp einhundert Friseurunternehmerinnen und sein. Deshalb bekommen meine Mitarbeiterinnen
-unternehmer mit Wirtschaftssenator Michael und Mitarbeiter eine betriebliche Altersvorsorge,
Westhagemann und Finanzsenator Andreas Dres- auch ein Nahverkehrsticket. Auch auf diesen Kos-
sel. Friseurmeisterin Julia Dieck nahm an der Ver- ten bleibe ich sitzen.“
anstaltung teil. „Hätte ich darauf gehofft, dass die
Besprechung konkrete Ergebnisse bringt, wäre ich „Wir bekommen das hin“
enttäuscht worden“, sagt sie. Trotzdem sei es gut Trotz aller Sorgen fiebert Julia Dieck dem ersten
gewesen, den politischen Entscheidern bewusst zu März entgegen. „Drei Jahre hatten wir einen un-
machen, was ihre Beschlüsse bewirken. „Ich frage Licht an glaublichen Erfolg. Zehn Wochen habe ich um die
mich, weiß die Politik nicht, was in den Betrieben An zwei Wochen- Existenz meines Salons gekämpft. Jetzt wird es da-
los ist, oder interessiert es sie nicht?“ enden im Februar rum gehen, Tritt zu fassen und wieder in die Spur
blieben bundesweit in zu kommen“, sagt sie. „Ich habe mein tolles Team
Von der Überholspur auf den Standstreifen vielen Tausend Salons noch, ich habe treue Kunden und ich habe noch viele
Julia Dieck hat ihren Salon im Oktober 2017 eröff- die Lichter an, um ein Ideen. Wir bekommen das hin.“ | tm
net. Schnell brachte die Geschäftsführerin ihr „Nova sichtbares Zeichen zu
Hairstudio“ auf die Überholspur. Geschicktes So setzen für die Notlage Überbrückungshilfe III. Seit dem 10. Februar kann die
cial-Media-Marketing lockte die ersten Kundinnen des Friseurhand- Überbrückungshilfe III beantragt werden. Weitere Infos im
und Kunden an. Perfektes Handwerk und exklusiver werks. Web unter www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de.
Nordhandwerk 03/202114 Titel
Bleierne Zeit
Einer für alle, alle für einen
Viele Menschen stützen mit kleinen Beiträgen Ideen, Projekte, Start-ups. Das ist Crowdfunding.
Constantin Schwenen hat das Instrument genutzt. Und ist noch immer sprachlos.
A
ufgeben ist keine Option. „Da- vor Weihnachten fielen aus, Überbrü- Startnext veröffentlicht“, erzählt er. „Das
für bin ich zu sehr überzeugt ckungsgeld, von der Politik versprochen, Portal hatte ich schon länger auf dem
von unserem Konzept. Und ließ sich nicht einmal beantragen, die Schirm, weil ich meinerseits darüber in
dafür haben wir zu viel Bestä- Kosten liefen weiter. den letzten Monaten andere Kleinunter-
tigung bekommen von unseren Kundin- In der Krise besann sich der rappen- nehmer und Start-ups unterstützt habe.
nen und Kunden, auch von den Medien“, de Friseurmeister auf seine Stärken: die Aber es ist viel leichter, etwas zu geben,
sagt Constantin Schwenen. Der Friseur- begeisterten Kundinnen und Kunden, als andere um Unterstützung zu bitten.“
meister, Diplom-Colorist und als „Shag- Bekannte, Freunde, Familie, Kumpel,
gie Schween“ regional bekannte Hob- Schlachtenbummler – neudeutsch Fan- Wertschätzung und Solidarität
by-Rapper ist Chef seines Salons „Nice! base. „Ich habe nach langem Zögern Startnext ist die erste und größte deut-
Haare, Lifestyle, Kunst“ an der Lübecker eine Crowdfunding-Aktion im Web auf sche Crowdfunding-Plattform. Das
Mühlenbrücke. Wobei die Bezeichnung Konzept ist einfach. Unternehmer und
„Salon“ die Sache nicht wirklich erfasst. solche, die es werden wollen, stellen ihr
In dem großzügigen hellen Ambien- Projekt vor, bestimmen ihr Fundingziel
te des Ladens wird nicht nur meisterlich und die Laufzeit der Kampagne. Als Ge-
frisiert und koloriert. Wechselnde genleistung für ein finanzielles Engage-
Ausstellungen und Vernissagen ment erhalten die Unterstützerinnen
regionaler Künstler sowie Live- und Unterstützer ein „Dankeschön“.
musik machen das Geschäft Ausschlaggebend für den Erfolg ist
zu einem besonderen Ort. nicht die Höhe der Unterstützung,
„In diese Richtung werden sondern die möglichst große An-
wir zumindest zukünftig zahl an Unterstützern. Viele
gehen“, sagt Schwenen. Menschen finanzieren eine Idee,
„Corona blockiert uns ein Unternehmen.
seit Monaten in vielem.“ „Der Ergebnis unserer Kam-
pagne macht mich sprachlos“,
Wie aus dem Lehrbuch sagt Schwenen. „Schon am
Eröffnet im Dezember ersten Tag hatten wir über vier-
2019 hat der Betrieb einen tausend Euro eingeworben.
Start wie aus dem Lehr- Jetzt sind es fast zehntausend.“
buch hingelegt. Wer beim Manchmal fühle sich das zwar
Chef oder dessen Mitarbei- noch immer wie Betteln an.
terin einen Termin wollte, Tatsächlich sei es Wertschät-
musste sich bald sechs bis acht zung und Solidarität. „Das Geld
Wochen in Geduld üben. Schnell hilft uns sehr. Fast noch wich-
wurde eine weitere Friseurin einge- tiger ist die Botschaft. Sehr
stellt, im August kam der erste Azubi viele Leute sind überzeugt
ins Team. von dem, was wir hier machen,
Der erste Lockdown konnte den und wollen es erhalten. Das ist
Gründer nicht bremsen. „Wir wurden nice und stärkt uns kräftig den
sehr gehypt. Das Geschäft brummte Rücken.“ | tm
trotz zwischenzeitlicher Zwangsschlie-
ßung. Außerdem hatte ich natürlich
Foto: Seemann
Rücklagen, um die Wochen ohne Umsatz Constantin Schwenen „Ich bin
durchzustehen“, erinnert sich Schwenen. kein Typ, der zur Verzweiflung neigt.
Beim zweiten Lockdown war das Es gibt unendlich viele Menschen, denen
anders. Die umsatzstärksten Wochen es deutlich schlechter geht als uns.“WWW.BARTRAM-BAUSYSTEM.DE
15
ion
Von der ViPsrojekt.
zum
2800
Drei Fragen an
Wolfram Kroker,
Beauftragter für Innovation und Technologie (BIT)
Referenzen
bei der Handwerkskammer Lübeck. im Industrie- und Gewerbebau
Digitalisierung wird häufig als wichtigste Strategie genannt, die
negativen Folgen der Coronakrise zu dämpfen. Wie gut ist das
Handwerk aufgestellt?
Wolfram Kroker: Im Grunde genommen ist fast jeder Betrieb
„grunddigitalisiert“. Das heißt, es sind zumindest PCs,
E-Mail-Konten, Internet und Smartphones vorhanden. Al-
lerdings fehlt es oftmals an der verbindenden Nutzung dieser
Komponenten. Die Warenwirtschaft ist vielleicht nicht in der
Lage, mit mobilen Geräten zu kommunizieren. Ein Homeof-
fice oder das mobile Arbeiten bei kleineren Betrieben ist auf der
Wunschliste, aber noch nicht umgesetzt. Entweder weil bisher
die Zeit fehlte oder die Investitionskosten zu hoch sind. Dabei
ist „zu hoch“ eine Definitionssache. Mit dem Förderprogramm
„Digital jetzt“ besteht die Möglichkeit der Förderung. Allerdings
ist für viele Betriebe die finanzielle Eigenbeteiligung bei diesem
Förderprogramm zu hoch.
Natürlich gibt es auch Betriebe, die rechtzeitig für eine rei-
bungslose digitale Vernetzung gesorgt haben und dadurch gut
in der Pandemie aufgestellt sind. Aber was nutzt es einem Fri-
seurbetrieb, der ein hervorragendes digitales Kassensystem mit
allen betriebswirtschaftlichen Auswertungen und einem tollen
Kundenmanagement und Onlineterminvergabe hat, wenn er im
Lockdown nicht arbeiten darf.
Gibt die Pandemie den Betrieben einen zusätzlichen Schub, sich
mit dem Thema Digitalisierung auseinanderzusetzen?
WK: Seit der Pandemie ist die Anfrage nach digitalen Lösungen
gestiegen. Hauptsächlich in Bezug auf die Prozessoptimierung.
Diese Anfragen stellen aber meist die Betriebe, die sich schon Das individuelle Bau-System
vorher weitgehende Gedanken zur weiteren Digitalisierung ih-
res Betriebes gemacht haben und nun die Zeit sehen, zu han- Entwurf und Planung
deln oder die Zeit haben, diese Veränderungen durchzuführen.
Andere Betriebe sehen jetzt die Schwachstellen in der Admi- Festpreis
nistration und dem Fehlen von Möglichkeiten des Homeoffice
oder mobilen Arbeitens. Fixtermin
Wie unterstützen die Handwerkskammern ihre Mitgliedsbetriebe
bei der Planung und Umsetzung von Digitalisierungsvorhaben? 40 Jahre Erfahrung
WK: Bei den Handwerkskammern sind BITs, Beauftragte für
Innovation und Technologie, oder Digitalisierungsbeauftragte Alles aus einer Hand
tätig. Sie werden zu einem bestimmten Teil vom BMWi geför-
dert. Aus diesem Grund machen wir eine Eingangsberatung, Wir beraten Sie gern persönlich.
um die Betriebe damit fit zu machen, mit einem Berater, einer Dipl.-Ing. Fr. Bartram GmbH & Co. KG
Firma der privaten Wirtschaft ihre Ziele zu realisieren. Wir Ziegeleistraße · 24594 Hohenwestedt
unterstützen dabei natürlich weiter in Verständnisfragen, der
Planung von Projekten zusammen mit Universitäten, den Kom- Tel. +49 (0) 4871 778-0
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MITGLIED GÜTEGEMEINSCHAFT BETON
Nordhandwerk 03/202116 Titel
Bleierne Zeit
Mehrere hundert Autos und
der Nachbar vornweg
Wenn durch die Pandemie wichtige Marktsegmente wegbrechen, sind gute Ideen gefragt.
Kai-Jürgen Bruhn hatte eine. Alle zwei Wochen wird seine Landschlachterei zum Drive-in.
Z
ugegeben, wenn man in Niesgrau unterwegs Bruhn hat sein Unternehmen schnell auf die ge-
ist, braucht es Phantasie, um sich vorzu- änderten Bedingungen ausgerichtet. Leicht gefallen
stellen, dass hier alle zwei Wochen sams- ist ihm das nicht immer. „Vor allem unsere Minijob-
tags gegen 17 Uhr eine riesige Autokolonne ber freizustellen, die festangestellten Mitarbeiterin-
durch die Dorfstraße rollt. Dem Röhrmos- nen und Mitarbeiter im Partyservice in Kurzarbeit
erweg 1 entgegen. Niesgrau mit seinen rund 750 Ein- zu schicken ist mir menschlich nahegegangen“, er-
wohnern ist ein verschlafener Marktflecken. Nies- zählt er. Aber die Entwicklung gab ihm Recht.
grau und Umgebung sind gleichzeitig ländliches Idyll Laut aktueller BWA ist der Umsatz der Firma im
pur, Sehnsuchtsort für Ruhe suchende Großstädter vergangenen Jahr zwar zurückgegangen, der Ertrag
unweit der Flensburger Förde. aber gestiegen. Das liege vor allem daran, dass die
An den besonderen Samstagen ist es jedoch Kosten für das Schlachtvieh in den Keller gegangen
nicht das Versprechen auf Ruhe, das Besucher aus sind. „Für uns ist das gut, für die Erzeuger – und die
dem Umland ins Dorf lockt. Es ist der Hunger, die darf man nicht vergessen – eine absolute Katas
Freude an deftiger Hausmannskost: Opas traditio- trophe“, sagt der Unternehmer. Zum anderen liege
neller Grünkohl, knusprige Entenbrust mit Knödeln es daran, dass das Thekengeschäft kräftig zugelegt
und Rotkohl, Schweinehaxe mit Sauerkraut. An den habe. Nicht zuletzt leisten die Drive-Inn-Events ei-
besonderen Tagen lädt die Landschlachterei Bruhn nen wichtigen Betrag, die Ausfälle zu kompensieren.
zum „Drive Inn“.
Chef des Familienbetriebs mit seinen 40 Mitar- Der Nachbar zu Fuß vornweg
beitern und einer mehr als hundertjährigen Traditi- Das „Drive Inn“ ist im Prinzip nichts anderes als
on ist Kai-Jürgen Bruhn. Sein Unternehmen, eines eine Mischung aus Außerhausverkauf und Partyser-
der wenigen handwerklichen Betriebe, in denen vice. Im Unterschied dazu aber kommen die Kundin-
noch selbst geschlachtet wird, verdankt seinen gu- nen und Kunden jetzt zum Betrieb. Früher ist das
ten Ruf einem großen Angebot an hervorragenden Bruhn-Team mit 13 Fahrzeugen zu ihnen unterwegs
Fleisch- und Wurstspezialitäten aus regionaler gewesen. Jetzt kreisen in eineinhalb Stunden meh-
Herstellung. Daneben bietet die Schlachterei in ih- rere Hundert Autos um den Betrieb, der Nachbar
rer Filiale in Gelting einen Mittagstisch an, der auch zu Fuß vornweg. „An der Einfahrt wird der Kunde
Schulen und Kindergärten beliefert(e). Ein weiteres angenommen. Während er weiterfährt, geht die Be-
Von Mund zu Mund wichtiges wirtschaftliches Standbein ist der Party- stellung an die Küche, wird fertig gemacht, gepackt,
Ein Plakat im Fenster, service. „Bevor Corona Thema geworden ist, haben dann auf der anderen Seite des Gebäudes ans Auto
eine Anzeige in der wir an einem Wochenende mit dem Catering oft an gebracht und kassiert. Auch wenn hier 200 Autos auf
Zeitung, ein Hinweis in die 2.500 Leute satt gemacht“, erzählt Bruhn. „Das und vor dem Hof stehen, länger als sieben Minuten
den sozialen Medien: Segment ist jetzt natürlich absolut und komplett am hat noch keiner gewartet“, sagt Kai-Jürgen Bruhn.
Das Drive-in brauchte Boden. Da wird es wohl auch das gesamte Jahr über Vom Erfolg seiner originellen Idee ist der Un-
kaum Werbung, um zum bleiben.“ ternehmer begeistert. Obwohl er so gut wie keine
Renner zu werden. Die Pandemie hat die Niesgrauer mit Wucht Werbung macht, hat sich das neue Angebot schnell
erwischt. Aus der Bahn geworfen hat es sie nicht. in der Region herumgesprochen. Wichtig ist nicht
„Am Anfang“, erzählt Kai-Jürgen Bruhn, „hatte ich nur das wirtschaftliche Ergebnis. Das „Drive Inn“
Foto: Meyer-Lüttge
schon Angst. Wir wussten ja nicht, wohin die Reise ist für Bruhn ein Familien-Event. „Bei uns machen
geht. Und dann hatten wir auch noch einen Corona alle mit. Die Eltern, meine Kinder, meine Freundin,
fall im Betrieb. Gott sei Dank waren unsere Leute meine Schwester, meine Nichte. Wir haben gemein-
schon sehr früh in Kohorten eingeteilt, so dass nur sam sehr viel Spaß an den Drive-Inn-Nachmittagen.
eine Handvoll in Quarantäne musste.“ Das allein ist in diesen Zeiten schon toll“, sagt er. | tm17
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Kai-Jürgen Bruhn. Um seinen Betrieb ist dem Fleischermeister nicht bange. Viel mehr sorgt er
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sich um die Ausbildung. Durch die Schließung der Berufsschulen ist sie heftig unter Druck geraten.
Nordhandwerk 03/2021Raus aus dem
Stillstand Auch
Gewerke, die ihre
Türen weiter öffnen
dürfen, leiden teils
massiv unter den
Corona-Folgen. Den
Bäckern etwa fehlt
das Snackgeschäft.
Lockerungsperspekti-
ven über das Friseur-
handwerk hinaus
sind gefragt.
Gefragt ist eine Strategie
der Lockerungen
Die neuerliche Verlängerung des Lockdowns bis 7. März bringt viele Betriebe an den
Rand der Existenz. Von der Bundesregierung und den Ländern erwartet das Handwerk
klare Perspektiven, wie die Wirtschaft wieder hochgefahren werden kann.
D
ie Lage ist düster. Die Türen der Kosme- Bundeskanzlerin und die Länderchefinnen und
tiksalons sind aufgrund behördlicher -chefs die Fortdauer der strengen Corona-Beschrän-
Überbrückungs-
Corona-Verfügungen seit 17 Wochen ge- kungen beschlossen. Ein Tribut an die mutierten
schlossen. Zugleich warten Betriebe Mitte hilfe Virusvarianten, die sich offenbar aggressiver aus-
Februar noch immer auf Auszahlung der in der aktuellen breiten als das Ursprungsvirus.
außerordentlichen Wirtschaftshilfe für November. Die Variante (ÜH III) Vor allem dass nun eine „stabile“ Inzidenz von 35
Kundenfrequenz in den noch geöffneten Läden und statt 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern
Ladenwerkstätten von Bäcker über Augenoptiker bis Der Fixkostenzu- ausschlaggebend sein soll für weitere Öffnungsschrit-
Schuhmacher ist im Lockdown vielfach eingebrochen. schuss wird bei te, sorgte für Unmut. Das betrifft auch die körperna-
Fotos: Ditscher/Imago, Adobe Stock, IW köln
„Die erneute Schließung aller gastronomischen größeren corona-be- hen Dienstleistungen mit den Kosmetikern (mehr auf
Einrichtungen ist bitter“, sagte Michael Wippler, Prä- dingten Umsat- Seite 36). „Verhältnismäßigkeit und Übermaßverbot
sident des Zentralverbands des Deutschen Bäcker- zeinbrüchen in den sind nicht mehr gewährleistet“, lautet die harsche
handwerks, zu Beginn der erneuten Frostperiode für Monaten November Kritik von Michael Hüther, Direktor des Instituts
die Wirtschaft. „Für viele Bäcker ist das Café- und 2020 bis Juni 2021 der deutschen Wirtschaft Köln. Die Alternative zum
Snackgeschäft ein wichtiges Standbein, das nun erneut gezahlt. Infos: https:// elementaren Eingriff in die Freiheitsrechte liegt aus
vollständig wegbricht und Umsatzeinbußen je nach Be- bit.ly/3alkP4z seiner Sicht in ausgefeilten Hygienekonzepten in
triebskonzept von bis zu 90 Prozent zur Folge hat.“ Einzelhandel und Gastronomie sowie vielen Tests in
Entsprechend enttäuscht reagierten viele Wirt- Kliniken und Pflegeheimen und einer konsequenten
schaftsvertreter auf die Beschlüsse von Bund und Kontaktverfolgung bei Neuinfektionen.
Ländern am 10. Februar. Trotz einer rückläufigen Unzufrieden zeigt sich auch Hans Peter Wollseifer.
Entwicklung der Sieben-Tage-Inzidenz haben die Der Präsident des Zentralverbands des Deutschenwissenswert 19
Politik
Handwerks (ZDH) bemängelt, dass die eigens einge- zentral engagiert
richtete Arbeitsgruppe bis zum Bund-Länder-Treffen
noch nicht zu einer „detaillierteren Festlegung von
Kennziffern und Kriterien als Voraussetzung von Lo- Corona-Krise
ckerungen“ gelangt sei. Bundeskanzlerin Merkel blieb Standpunkt
Lasten fair verteilen
in der Pressekonferenz nach dem Treffen die Antwort zur Lockdown-
Verlängerung Der Zentrale Arbeitskreis Handwerk –
schuldig, was exakt unter einer „stabilen Inzidenz“ von Kirche begreift die Corona-Pandemie
35 zu verstehen sei: „Irgendetwas zwischen drei und als Zeitenwende. Er kam erstmals
fünf Tagen.“ Darüber entscheiden werden die jewei- virtuell zusammen. Es gelte, in breiter
ligen Länder. Nach einem digitalen Wirtschaftsgipfel Debatte die richtigen Lehren zu zie-
mit mehr als 40 Verbänden will Bundeswirtschafts- hen. Dazu gehöre eine „faire Lasten-
minister Peter Altmaier nun zusammen mit diesen teilung der finanziellen Folgen“, waren
Empfehlungen für eine Öffnungsstrategie erarbeiten. sich die Repräsentanten aus Hand-
Wesentlich dazu beitragen, in welchem Tempo werksorganisation und Kirchen einig.
sich das Wirtschaftsleben normalisieren kann, wird
nicht zuletzt das Tempo bei den Impfungen und der »Der Umgang Gebäudesanierung
Grad, zu dem die Bevölkerung geimpft ist. Hier be- mit den
steht bekanntermaßen Aufholbedarf. Auch Schnell- Grundrechten
Leistungsträger statt Gehilfe
tests für jedermann sollen die Situation entspannen. ist nicht mehr Das Handwerk ist bei der energeti-
Lichtblicke sind rar, aber es gibt sie. Der Einsatz der akzeptabel.« schen Gebäudesanierung mehr als ein
Handwerksorganisation und der vom Zentralverband „montierender Erfüllungsgehilfe“ der
des Deutschen Friseurhandwerks initiierte bundes- Michael Hüther Industrie. So übt Holger Schwannecke,
weite „Licht an!“-Protest mündeten in der Entschei- Direktor des Instituts Generalsekretär des Zentralverbands
dung, den gebeutelten Friseursalons den Re-Start zum der deutschen Wirt-
1. März zu erlauben. Neben deren bereits bewährten schaft Köln
Hygienekonzepten nannte Bayerns Ministerpräsident
Markus Söder ein Argument für den Beschluss, das Fri-
seure wie Kunden unterschreiben werden: Dieser habe
auch etwas „mit Würde zu tun“. Und noch ein Licht-
blick: Kurz vor Verkündung der Lockdown-Verlänge-
rung war das Antragsportal für die Überbrückungshil-
fe III startklar – darauf hatten auch zahllose Friseure in
Finanznot gewartet. Am Tag darauf flossen laut Bun-
deswirtschaftsministerium die ersten Abschlagszah-
des Deutschen Handwerks (ZDH),
lungen. Ein Härtefallfonds als neuestes von Altmaier
Kritik am Entwurf der Richtlinie für
angekündigtes Instrument soll zudem Firmen helfen,
die neue Förderung „Serielle Sanie-
die bisher durch alle Raster gefallen sind. | cro
rung“ des Bundeswirtschaftsminis-
teriums. Es müsse bei innovativen,
systemischen Sanierungslösungen
Wirtschaftsleben im Schatten des Virus entlang der gesamten Wertschöp-
„Spüren Sie eine coronabedingte Zurückhaltung bei Ihren Kunden?“ fungskette eingebunden werden.
Steuern
Ja, Kunden vermeiden nach Möglichkeit Besuch im Laden
Halbherziger Beschluss
38 % Als unzureichend kritisiert ZDH-
Ja, Kunden lassen Mitarbeiter nicht in die Wohnung Präsident Hans Peter Wollseifer
die temporäre Erhöhung des steu-
16 % erlichen Verlustrücktrags auf ma-
Sonstige Gründe ximal zehn Millionen Euro. (Lesen
Sie dazu mehr auf Seite 10.) Um die
14 % in der Krise notwendige Liquidität
Nein, die Kunden zeigen keine Zurückhaltung zu schaffen, wäre es für Handwerk
und Mittelstand hilfreicher, die Ver-
42 % lustverrechung auf „mindestens zwei,
Basis: 2.552 Handwerksbetriebe, Mehrfachantworten waren möglich Quelle: ZDH, Januar 2021 besser drei Jahre“ zu verlängern.
Nordhandwerk 03/202120
Macht mal was ...
„Sagt denen mal die Meinung!“ – Immer häufiger richten Betriebe diese Aufforderung in
Richtung Kammer – gerade beim Thema Verkehr. Die Handwerkskammer Hamburg setzt dies
auch um. Gerade bei diesem Top-Thema bedient sie mehrere Kanäle, um die Interessen
ihrer Mitglieder zu vertreten. Im Stillen wie im Lauten.
D
ie Grünen vergessen das Handwerk – so „Das gehört zum Geschäft“, erläutert Andreas Platzmangel
kündigte das Hamburger Abendblatt im Kuttenkeuler, der mit seinem Kollegen Henrik Stra- Gerade im Innen-
Oktober letzten Jahres ein Interview te arbeitsteilig das Thema „Wirtschaftsverkehr“ in stadtbereich sind
mit Hjalmar Stemmann, Präsident der HWK betreut. Wobei Strate das Thema Parken Parkplätze Mangel-
der Handwerkskammer Hamburg, an. am Betriebssitz (Bewohnerparken) bearbeitet, Kut- ware. Für Hand-
Stemmann kritisierte im Interview un- tenkeuler das Parken beim Kunden („Handwerker- werksbetriebe ein
ter anderem das Zeitfenster für Lieferverkehr von parken“). „Als Kammer vertreten wir die Interessen echtes Hindernis.
21 bis 11 Uhr am Jungfernstieg. Die deutliche Kri- unserer Mitglieder gegenüber Politik und Verwal-
tik der Kammer kam nicht überall gut an – was tung. Dabei ist man zwangsläufig nicht immer einer
Kammermitarbeiter in den folgenden Tagen in Ge- Meinung – gerade beim Thema Wirtschaftsverkehr“,
sprächsrunden mit der Politik zu hören bekamen. so Kuttenkeuler.www.facebook.com/hwkhamburg nah dran 21
www.twitter.com/hwk_hamburg Verkehr
Lieferverkehr Regelmäßiger Austausch
am Jungfern- Dies wird in den monatlichen Gesprächen mit
stieg Die Hand- Vertretern sowohl der BVM als auch mit dem Lan-
werkskammer desbetrieb Verkehr (LBV) praktiziert. „Ein großes
kritisiert das ge- Thema ist die kontinuierliche Ausweitung der Be-
plante Zeitfenster wohnerparkgebiete“, erklärt Strate, der die Kam-
von 21 bis 11 Uhr. mer in Gesprächen mit dem LBV vertritt. „Denn
„Das bedeutet obwohl Betriebe lebendiger Bestandteil eines
Nachtarbeit für
Quartiers sind, haben sie keinen Anspruch auf
die Betriebe und
einen Parkausweis in einer Bewohnerparkzone.
ihre Mitarbeiter.
Es spiegelt nicht
Das wird für viele Betriebe zum Problem, es kann
die Arbeitsreali- sogar existenzgefährdend werden.“ Zwar werden
täten wider.“ vor der Einrichtung eines Bewohnerparkgebietes
die Expertise der Handwerks- als auch Handels-
kammer eingeholt und die Betriebe befragt. Aber
Konflikte sind vorprogrammiert: Auf der einen Sei-
te steht der LBV, der ein politisches Ziel umsetzen
muss, auf der anderen Seite die Kammern, die die
Arbeitsfähigkeit ihrer Mitglieder bedroht sieht.
Strate: „Oft kann man für den Einzelfall noch was
erreichen, aber bei der Gestaltung der Rahmenbe-
dingungen ist die Politik gefordert.“
Politik wird angesprochen
So wird neben Gesprächen mit der Fachebene auch
O-Ton die Politik adressiert. Um die verkehrspolitischen
Ihr Ansprechpartner Sprecher der in der Bürgerschaft vertretenen Frak-
beim Thema tionen für die Belange des Handwerks zu sensibili-
Handwerkerparken sieren, fand bspw. im Dezember letzten Jahres ein
verkehrspolitisches Forum mit betroffenen Betrie-
ben statt. Ein Ergebnis: Der Verkehrsausschuss der
Neue Ansprechpartner Bürgerschaft will das Thema auf die Tagesordnung
Dass die Bedeutung des Themas Verkehr zunimmt, einer seiner Sitzungen nehmen. Um die Sensibili-
zeichnete sich schon im Bürgerschaftswahlkampf tät der einzelnen Fraktionen in der Bürgerschaft für
ab. Letzte Gewissheit brachte dann die Schaffung die Belange des Handwerks zusätzlich zu schärfen,
der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende finden weitere Gespräche mit deren Spitzenvertre-
(BVM) unter dem grünen Senator Dr. Anjes Tjarks. »Als Kammer tern statt. Die Kammer wird in diesem Fall von der
Schon während der Koalitionsverhandlungen vertreten wir Geschäftsführung vertreten.
gründete sich auf Anregung von Kammerpräsident die Interessen Bei so vielen Gesprächsrunden und unterschied-
Hjalmar Stemmann und dem AGA (Norddeutscher unserer lichen Ansprechpartnern ist ein interner, einheitli-
Unternehmensverband Großhandel, Außenhandel, Mitglieder cher Wissensstand unerlässlich. „Wir bringen uns
Dienstleistung) eine Initiative von Unternehmens- gegenüber monatlich auf den aktuellen Stand, was die Ergeb-
verbänden. Diese tauscht sich in regelmäßig statt- Politik und nisse der Gespräche betrifft“, erläutert Kuttenkeuler
findenden Spitzengesprächen – Senator, Präsident Verwaltung.« und ergänzt: „Wenn es richtig brennt, tauschen wir
Stemmann Vorstand AGA plus weiterer Verbänden uns natürlich sofort aus.“ Neben den Fachbereichen
– aus und versucht, Lösungen für das strittige Thema Andreas ist auch die Pressesprecherin der Kammer im Boot.
Wirtschaftsverkehr zu erarbeiten. Kuttenkeuler „Die Kollegin muss wissen, was läuft.“ Denn neben
Die Schaffung der Verkehrsbehörde hatte aller- Leitung Gesprächen muss auch durch Pressearbeit öffent-
dings für das Hauptamt der Kammer die Folge, dass AB Bezirke lich das Signal gesetzt werden: Die Kammer vertritt
neue Gesprächskontakte geknüpft werden mussten. ihre Mitglieder.
„Wir mussten uns erstmal gegenseitig kennenlernen“, Trotz der zahlreichen und intensiven Gespräche
erläutert Kuttenkeuler. „Und eine Beziehung zuein- rechnen Kuttenkeuler und Strate allerdings nicht mit
ander aufbauen. Gerade wenn man unterschiedliche schnellen Ergebnissen. Denn das Thema Verkehr ist
Ziele und Interessen vertritt, muss das Vertrauen da ein dickes Brett, das es zu bohren gilt – zumal bei den
sein, auch kontroverse Themen mit seinem Gegen- aktuellen politischen Mehrheiten in der Stadt. Aber
über besprechen zu können.“ beide sind sich einig: Die Kammer bleibt dran! | AK
Nordhandwerk 03/202122 nah dran
Fachkräfte
Shorn Carter stammt
ursprünglich aus der
Karibik. Seine Ausbil-
dung zum Elektro- und
Maschinenbauingeni-
eur absolvierte er in
England.
Fotos: Jan-Peter Westermann/IQ Projekt Brücke ins Handwerk
Potenzial entdeckt,
Chance ergriffen
Mithilfe des IQ Projektes „Brücke ins Handwerk“ der Handwerkskammer Hamburg fand
die Prinage Service GmbH zwei angehende Fachkräfte mit Einwanderungsgeschichte.
Erfolgreich absolvierte Praktika überzeugten das Unternehmen.23
W
ieder zwei neue Mitarbeiter res jeweiligen ausländischen Berufs- Kontakt
gewonnen: Darüber freut abschlusses zu erreichen. Die Anpas- Handwerkskammer Hamburg,
sich die Firma Prinage Ser- sungsqualifizierung zum Elektroniker IQ Projekt „Brücke ins Handwerk“,
vice GmbH sehr. Der Betrieb für Maschinen- und Antriebstechnik Asja Meretzki, Projektleitung
mit etwa 20 Mitarbeitenden und einer wird durch das IQ Projekt „Mission Zu-
langen Tradition im Elektromaschi- kunft“ der Handwerkskammer Hamburg Telefon:
nenbauerhandwerk hat Schwierigkei- begleitet. Der Betrieb hat nun zwei ange- 040 35905-696
ten Nachwuchs zu finden. „Es ist nicht hende Fachkräfte eingestellt, die so auf E-Mail:
einfach, Personen zu finden, für die man dem Markt nicht zu finden sind. Beide servicestelle@hwk-hamburg.de
sich begeistern kann“, sagt Frank Rohde, sind hochmotiviert. „Die Motivation der Website:
Meister im Betrieb. beiden konnte man richtig sehen“, erzählt www.hwk-hamburg.de/BiH,
Rohde und ergänzt: „Beide haben sich gut https://hamburg.netzwerk-iq.de/bih/
Vermittlung von Fachkräften mit in die Gruppe integriert.“ Die Prinage
Einwanderungsgeschichte Service GmbH bezieht bei Personalent-
Über das IQ Projekt „Brücke ins Hand- scheidungen auch die Mitarbeitenden
werk (BiH)“ der Handwerkskammer mit ein, erklärt Prokurist Beinhoff. „Das
Hamburg lernte Dirk Beinhoff, Prokurist ist wichtig, damit die Zusammenarbeit
der Firma, zwei Bewerber kennen. Sead auch langfristig klappt“, sagt er. | hhu
Ceman, mit einem Berufsabschluss als
Elektrotechniker aus Montenegro, ar-
beitete in Deutschland als Reinigungs-
kraft. Shorn Carter, ursprünglich aus der
Karibik, absolvierte im Heimatland eine
Ausbildung zum Elektro- und Maschi-
nenbauingenieur und arbeitete viele Jah-
re als Fitnesstrainer, so auch in Deutsch-
land. Dennoch war Beinhoff von ihrem
Potenzial überzeugt und gab beiden die
Chance, ihr Können im Praktikum unter
Beweis zu stellen.
Zunächst als Helfer eingestellt
BiH vermittelt Mitarbeitende mit Ein-
wanderungsgeschichte in Handwerks-
betriebe. Das IQ Projekt unterstützt bei
aufenthalts- und arbeitsrechtlichen
Fragen, berät zu Fördermöglichkeiten
und interkulturellen Themen und arbei-
tet unter anderem eng mit der Anerken-
nungsberatung der Handwerkskammer
Hamburg zusammen.
So auch im Fall von der Prinage Ser-
vice GmbH. Nach dem erfolgreichen
Praktikum stellte das Unternehmen
Ceman und Carter zunächst als Helfer
ein mit dem Ziel, die Anerkennung ih-
Sead Ceman absolvierte in
seiner Heimat Montenegro
eine Ausbildung zum Elektro-
techniker. Die Prinage Service
GmbH stellte ihn zunächst als
Helfer ein mit dem Ziel, die
Anerkennung seines Abschlus-
ses zu erreichen. Die Kammer
unterstützt den Betrieb dabei.
Nordhandwerk 03/2021Sie können auch lesen
