Kunsthalle Wien - How To Live
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Gesellschaft zwischen Erosion und Aufbruch Wie zusammenleben? Diese Frage zielt auf unsere Gesellschaft und Individuum und welche Mechanismen Alltagserfahrungen und wie diese durch die wirken dabei? Dies sind einige der Fragen, auf die die gegenwärtigen sozialen, ökonomischen und politischen gezeigten Arbeiten sehr persönliche Antworten geben. Entwicklungen bedingt sind. Alte Strukturen lösen How To Live Together entwirft Vorstellungen sich auf, Perspektiven auf Vergangenes verändern von Zusammenleben, die Vergangenheit, Gegenwart sich und neue Modelle eines sozialen Miteinanders und Zukunft miteinander verbinden, um gemeinsam entstehen. Die vermeintliche Freiheit des Menschen, an neuen Konfigurationen des Sozialen zu arbeiten. über sein eigenes Leben zu bestimmen, ist durch seine Einbettung in soziale Gefüge bestimmt. Dass Kurator den individuellen wie gesellschaftlichen Bedingungen Nicolaus Schafhausen unseres Zusammenlebens soziale Konstruktionen von Wirklichkeiten zugrunde liegen, verweist auch auf das Juliane Bischoff Potenzial individueller Handlungen. kuratorische Assistentin How to Live Together nähert sich dem Zusammenleben als persönliche Erfahrung sowie strukturelle Kategorie. Die Kunst fungiert hier als ein Medium, das Gesellschaftsbilder einer jeweiligen Zeit nachzeichnen und einen Reflexionsraum für gelebte Erfahrung bieten kann. Es geht um individuelle Geschichten in unterschiedlichen historischen Räumen, die auf das Allgemeine im Besonderen verweisen und etwas zur Sprache bringen, was anders nicht gesagt werden kann. Überlegungen zu Identitäts- und Geschichtskonstruktionen machen darauf aufmerksam, dass Vergangenheit immer auch anders erzählt werden kann und tragen so auch zu einem neuen Verständnis unserer sozialen Gegenwart bei. Ausgehend von persönlichen Erfahrungen thematisieren die Kunstwerke Flucht und Migration, Rassismus und Ausgrenzung, aber auch Solidarität und Teilhabe. Dabei verweisen sie immer auch auf gesellschaftliche Zustände und sich verändernde Verhältnisse zwischen Privatem und Politischem, Stillstand und Bewegung, Wirklichkeit und Utopie. Auch die Herstellung von Nähe, die in Zeiten polarisierter Gesellschaften oft nur innerhalb eng abgesteckter sozialer Grenzen zu finden ist, erweist sich als wichtiges Thema. Die Kunst argumentiert hier nicht nur aus kritischer Distanz, sondern auch auf Ebene der Empathie. Die Vielfalt der präsentierten Lebenswelten zeigt auf, dass Gesellschaft mehr ist als die Summe ihrer Individuen. Für den französischen Philosophen Roland Barthes blieb ein Zusammenleben, das den individuellen Rhythmus des Einzelnen anerkennt, ein Phantasma, das er allein auf Ebene der Literatur zu finden vermochte. In unserer globalisierten Gegenwart erfordert Zugehörigkeit über dieses bereits schwierige Ausloten des Verhältnisses zwischen Gruppe und Individuum hinaus auch die Anerkennung auf sozialer wie institutioneller Ebene. Dies verkörpert die Fundierung unserer Demokratie, die es vor ihrer Auflösung zu bewahren gilt. Was bedeutet politische Repräsentation in unserer Gegenwart? Wie sehr ist das Private immer auch öffentliches Leben? Inwiefern bedingen sich
Bas Jan Ader Kader Attia *1942 in Winschoten, vermisst 1975 In Untitled (Tea Party) fährt die Kamera langsam in *1970 in Dugny, lebt in Berlin und Algier empfinden, als käme er aus dem fehlenden auf dem Atlantik eine Waldlichtung, wo der mit einem dunklen Anzug Als Kind algerischer Einwanderer in den Banlieues Körperteil. Ausgehend von dieser neurologischen Bas Jan Ader ist in die Kunstgeschichte vor allem über bekleidete Künstler unter einem großen, durch einen von Paris aufgewachsen, bilden Kader Attias Wahrnehmung zieht Attia Parallelen zu Traumata, sein Projekt In Search of the Miraculous eingegangen, Ast nach oben hin offen gehaltenen Pappkarton sitzt Erfahrungen in zwei unterschiedlichen kulturellen die durch historische Kriegs- und Terrorerlebnisse dessen Ende das spurlose Verschwinden des und allein eine Teezeremonie nach britischer Manier Milieus die Grundlage seiner künstlerischen ausgelöst wurden und sich als Schmerzempfinden Künstlers selbst markiert: 1975 machte er sich mit dem abhält. Während die Kamera wieder zurückfährt, löst Praxis. Neben dem Einfluss der westlichen Kultur durch mehrere Generationen ziehen. „Reparierbar“ kleinsten Boot, das jemals über den Atlantik gesegelt sich der Ast aus seiner Verankerung und die Schachtel und des Kapitalismus auf die Gesellschaften in ist dieser Schmerz nach Aussage der Interviewten ist, von den USA in die Heimat seiner Kindheit auf. lässt den Teetrinker wie in einer Falle verschwinden. Nordafrika und im Nahen Osten gilt sein spezielles am ehesten durch bewusstes Erinnern, durch aktive Etwa zehn Monate später wurde sein Boot leer an der Interesse den Nachwirkungen des Widerstandes Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, Küste Irlands gefunden. Untitled (Tea Party), 1972 gegen die Kolonisierung auf die heutige arabische durch Reflexion. Und Reflexion ist, so der Künstler, In seinem künstlerischen Werk ging es ihm 16mm Film übertragen auf Video, s/w, ohne Ton, Jugend. Attia sucht vor allem nach vergleichbaren „vor allem eine Form des Widerstands“. immer wieder um das Moment des Fallens (falling) 1:51 Min., Kamera: William Leavitt Phänomenen in unterschiedlichen Kulturbereichen. und Verschwindens, das er mit dem Scheitern (failing) Dabei geht es ihm nicht um die idealistische Idee Reflecting Memory (Réfléchir la Mémoire), 2016 in Verbindung brachte. Neben der eigentlichen, stets Courtesy Meliksetian | Briggs, Los Angeles einer Versöhnung kultureller Differenzen, sondern HD-Videoprojektion, Farbe, Ton, 40 Min. ausgeführten Aktion bediente er sich der Medien vielmehr um eine geschärfte Wahrnehmung der Fotografie und Film zur Dokumentation. Seine Pluralitäten. Zugleich ist ihm die „Reparatur“ als eine Courtesy der Künstler; Galerie Nagel Draxler, Berlin/ Videoarbeiten (ursprünglich 16mm- oder Super-8-Filme) Konstante des Lebens eine adäquate Möglichkeit Köln; Lehmann Maupin, New York/Hong Kong; Galerie sind zumeist kurze Sequenzen, in denen er verschiedene der Wiederaneignung zerstörter oder vergessener Krinzinger, Wien; und Galerie Continua, Arten des Fallens oder Kippens zeigt. Diese Aktionen Werte, seien sie kultureller, persönlicher oder auch San Gimignano/Les Moulins/Peking/Habana erinnern an Slapstick und sind zugleich Metaphern für psychischer Natur. das Gefühl existenzieller Instabilität. So wie anderen Um den Gedanken der „Reparatur“ dreht Konzeptkünstlern in Los Angeles der 1970er Jahre – etwa sich auch sein Filmessay Reflecting Memory. Ed Ruscha, Gordon Matta Clark, Robert Smithson oder In den hier versammelten Interviews mit Chris Burden – war es Ader ein Anliegen, Kunst und Chirurg/innen, Historiker/innen, Philosoph/innen, Leben miteinander zu verweben und der Fragilität der Psychoanalytiker/innen und traumatisierten menschlichen Existenz mehr Bedeutung beizumessen Menschen geht es zunächst um das Phänomen als der Utopie von Harmonie und Gleichgewicht. des Phantomschmerzes, den Amputierte so Bas Jan Ader, Untitled (Tea Party), 1972, Filmstill, © Nachlass Bas Jan Ader / Mary Sue Ader Andersen, 2017, The Artists Rights Kader Attia, Reflecting Memory, 2016, Videostill, Courtesy der Künstler; Galerie Nagel Draxler, Berlin/Köln; Lehmann Maupin, Society (ARS), New York; Courtesy Meliksetian | Briggs, Los Angeles New York/Hong Kong; Galerie Krinzinger, Wien; Galerie Continua, San Gimignano/Les Moulins/Peking/Habana
Sven Augustijnen Tina Barney *1970 in Mechelen, lebt in Brüssel Inspecting the Works in Progress or Completed, *1945 in New York, lebt in Watch Hill The Lollipops, 2001 Im Rahmen seiner Recherchen der belgischen Te Deum at the Saint-Laurent Chapel and Military und New York Chromogene Farbdrucke, je 121,9 x 152,4 cm Kolonialgeschichte im Kongo stieß Sven Augustijnen Parade on 21 juillet 1953, 2016 Seit Mitte der 1970er Jahre verschafft uns Tina Barney auf das sogenannte Reduit, das in den 1950er Fotokompositionen aus 50 Negativen, s/w-Drucke Einblicke in die Privatsphäre der US-amerikanischen The Foyer, 1996 Jahren in der Provinz Katanga geplant wurde. Diese auf Barytpapier, 20 x 20 cm / Größen variabel Upper Class und ihrer sozialen Dynamiken. Als Chromogener Farbdruck, 76,2 x 101,6 cm als Schutzwall angelegte geheime Stadt sollte als Angehörige dieser Schicht begann sie zunächst Zufluchtsort für die belgische Regierung im Falle Courtesy der Künstler, La Loge, Brüssel und Jan Mot ohne künstlerische Intention ihre Familie und Aus der Serie: Players einer kommunistischen Invasion in Europa dienen. Gallery, Brüssel Freunde zu fotografieren. Auf erste, mit einer Die Absenz eindeutiger Informationen und Daten zu Kleinbildkamera gemachte schnappschussartige Family Commission with Snake, 2007 diesem Thema erregte das Interesse des Künstlers. Belgian Congo, Katanga Province, District of the Haut Schwarzweiß-Aufnahmen folgten dezent inszenierte The Reunion, 1999 Im Archiv des belgischen Centre de Documentation Lomami, Kamina, Provisional Town, ca. 1951 Gruppenporträts, die sie ab 1982 in Farbe und im Chromogene Farbdrucke, je 121,9 x 152,4 cm historique des Forces armées (ACOS IS/CA) wurde Plan (Maßstab 1:45000 – Plan No. T 524 Su1.), Großformat ausführte. Dabei verlängerte sich die Sven Augustijnen schließlich fündig. Er analysierte Papier und Tinte, 90 x 47 cm Vorbereitungszeit für jedes Bild und entsprechend Courtesy die Künstlerin und Paul Kasmin Gallery, zahlreiche Dokumente, Fotografien, Landkarten und der Grad der Inszenierung: die Personen stellen jetzt New York Pläne, die mit dem Reduit in Verbindung standen und Courtesy Federal Public Services of Foreign Affairs, zunehmend ihre eigenen Posen nach. „Ich wollte, die Absichten der belgischen Regierung enthüllten, Belgien dass die Betrachter jedes Detail im Bild erkennen und in der kongolesischen Stadt Kamina nicht nur eine sich dort selbst als anwesend empfinden können Militärbasis, sondern auch einen Regierungssitz zu Kamina Military Base, ca. 1956–58 – so, als würden sie im Kino sitzen“, sagte Tina errichten, der die belgische Hauptstadt im Falle eines Plan (Maßstab 1:5000), Papier und Tinte, 161 x 152 cm Barney dazu. 1996 fasste sie ihr Langzeitprojekt in militärischen Angriffs ersetzen würde. und 145 x 151 cm dem Fotoband Theater of Manners zusammen – einer In seiner Installation zeichnet der Künstler Sozialstudie über das Leben der nordamerikanischen die Geschichte der Kamina Base nach, die 11 Plans of buildings and infrastructure of Kamina Privilegierten und damit auch ein Gegenstück zur zunächst eine konkrete Materialisierung der Base, 1947–60 Street Photography eines Walker Evans oder zu Ängste der belgischen Regierung war, ab 1960 aber 11 Pläne, Papier und Tinte, Maße variabel Nan Goldins intimen Porträts der Subkultur. auch eine strategische Rolle in den politischen Auf den Spuren ihrer Vorfahren besuchte die Unruhen spielte, die den Kongo nach dessen Courtesy Centre de Documentation historique Künstlerin auch acht Jahre lang Familien in sechs Unabhängigkeitserklärung destabilisierten. des Forces armées (ACOS IS/CA) europäischen Ländern, woraus 2004 der Fotoband Die Installation versammelt Luftaufnahmen The Europeans entstand. Im Wechselspiel von und Landkarten von Kamina, die das territoriale Darstellung und Selbstdarstellung der Porträtierten Ausmaß der Basis darlegen, und Dokumente, werden Gesten und Posen sichtbar, die sie als die die entworfene Infrastruktur mit Wohnbauten, Vertreter/innen einer bestimmten gesellschaftlichen Verwaltungs- und Funktionsgebäuden einer Klasse ausweisen, auch wenn deren Codes von Land königlichen Residenz aufzeigen. Zudem finden sich zu Land verschieden scheinen. Während dieser Zeit Dokumentarfotografien, die auf die Ideologie und begann Barney auch für Mode- und Lifestyle-Magazine das Begehren nach dem Zufluchtsort verweisen zu arbeiten und Porträtaufträge anzunehmen. sowie ein Text, in dem Augustijnen seine Eindrücke The Reunion entstand 1999 für das W Magazine, ist also einer Reise nach Kamina 2016 festhielt. Durch die eine inszenierte Aufnahme ohne direkte Beziehung Zusammenstellung erhält das historische Material zwischen Fotografin und Darsteller/innen. Diese eine persönliche Lesart, in der der Künstler auch kommerziellen und erstmals auch mit Digitalkamera seinen eigenen Interpretationen Raum gibt. Seine gemachten Aufnahmen publizierte Barney 2010 in Rekonstruktion der Geschichte ist ebenso komplex ihrem Fotoband The Players. wie die zugrunde liegende Realität, die sich einer eindeutigen Wahrheit verschließt. Gleichzeitig Aus der Serie: Theater of Manners verweist dieser historische Fall auch auf die Konsequenzen eines politischen Klimas der Thanksgiving, 1992 Angst und Bedrohung. Chromogener Farbdruck, 121,9 x 152,4 cm Le Réduit, 2016 Aus der Serie: The Europeans Text, Größen variabel Dirndls, 2004 General Kestens and Major BEM Janssens Set The Brothers in the Kitchen, 2004 the First Stone of a Building, 2016 The Granddaughter, 2004 Fotokomposition aus Negativen, s/w-Drucke The Brocade Walls, 2003 auf Barytpapier, 20 x 20 cm / 45 x 69 cm The Bust, 2003 The Antique Shop, 2002 Aerial views of Kamina Base, 2016 Young man with a dog, 2002 Zeitgenössische Fotografien, übertragen auf Sven Augustijnen, Le Réduit , 2016, Fotografie, (anonymer Fotograf), Courtesy Sven The Antlers, 2001 Tina Barney, Dirndls, 2004, © Tina Barney, Courtesy die Künstlerin und Paul 68 AdoxSilvermax Dias, Maße variabel Augustijnen, La Loge und Centre de Documentation historique des Forces armées The Doll, 2001 Kasmin Gallery
Cana Bilir-Meier Ayzit Bostan *1986 in München, lebt in Wien In Auseinandersetzung mit dem Material entwickelt *1968 in Torul, lebt in München wie auch Yoko Ono einst formulierte: „A dream you und München Cana Bilir-Meier ihren eigenen Blick auf Fragen Der Ausstellungsbeitrag von Ayzit Bostan findet sich dream alone is only a dream. A dream you dream Cana Bilir-Meier setzt sich in ihren beiden Arbeiten um Migration und Repräsentation. Als persönliche als Aufdruck auf der Kleidung des Aufsichtspersonals together is reality.“ mit der Geschichte der Schriftstellerin und politischen Erzählung verweist diese auch auf die Geschichten der Kunsthalle Wien. In arabischer Schrift ist dort die Aktivistin Semra Ertan auseinander. Semra Ertan zahlreicher „Gastarbeiter/innen“, die im Zuge des Zeile „Imagine Peace“ geschrieben, eine Anlehnung Imagine Peace, 2015 zog 1972 als 16-Jährige von der Türkei zu ihren Eltern Anwerbeabkommens zwischen Deutschland und an John Lennons und Yoko Onos legendären Song Print auf T-Shirt nach Deutschland, wo sie eine Ausbildung absolvierte der Türkei ab den 1960er Jahren umsiedelten. von 1971. Als anti-religiöses, anti-nationalistisches und als technische Bauzeichnerin sowie als Die Lebensbedingungen der Migrant/innen, denen und anti-kapitalistisches Statement transportiert der Courtesy die Künstlerin Dolmetscherin arbeitete. Parallel schrieb sie Gedichte, oftmals nur ein befristeter Aufenthalt zuerkannt Song bis heute eine klare Botschaft und verbreitet sie die unter anderem ihre Erfahrungen als Migrantin wurde, waren von ausbeuterischer Arbeit und einem in unterschiedliche gesellschaftliche Räume. In ihrer thematisierten. Nach zahlreichen diskriminierenden rassistischen Klima geprägt. Die Perspektive dieser Übersetzung ins Arabische erhält die Aufschrift eine wie enttäuschenden Erlebnissen verbrannte sich Geschichten macht deutlich, dass das Fremde auch bildhafte Form, ein grafisches Muster, das sich erst in Semra Ertan 1982 in Hamburg, um ein Zeichen gegen etwas ist, zu dem Menschen gemacht werden. der Übersetzung als Appell enthüllt. die herrschende Ausländerfeindlichkeit zu setzen. Ayzit Bostan entwarf den Schriftzug in Reaktion Das Material, das Cana Bilir-Meier für die Semra Ertan, 2013 auf ihre Beobachtung, dass westliche Markennamen Film- wie auch die Audioarbeit verwendet, stammt Video, s/w und Farbe, Ton, 7:30 Min. und Logos auf Kleidungsstücken – häufig auch Imitate aus dem Archiv ihrer Familie. Über Generationen oder Stücke aus Second-Hand-Shops – auch in nicht- wurden zahlreiche Fotografien, Notizhefte, Briefe Semra Ertan – Ihre eigene Stimme, 2017 westlichen Weltregionen dominieren. Mit dem Layout und Zeitungsartikel gesammelt, die private Momente Künstlerinnenbuch, Transkription, Ton, 39:17 Min. möchte Bostan ein Angebot zur Kommunikation der Familie wie auch öffentliche Berichte über den machen. Ihre Shirts können im Shop der Kunsthalle Protest Semra Ertans dokumentieren. In ihrem Film Courtesy die Künstlerin Wien erworben werden. Der arabische Schriftzug collagiert Cana Bilir-Meier eine Auswahl von Semra sorgt für Irritation, spricht aber auch Teile der Ertans Gedichten mit Aufnahmen aus der Zeit und Bevölkerung direkt an. In seiner Übersetzung wirkt dekonstruiert so dramatisierende Bilder, wie sie „Imagine Peace“ viel akuter als jeder Werbespruch. öffentliche Medien einsetzen. Semra Ertan – Ihre eigene Er erinnert an die aktuellen grausamen Konfliktherde Stimme basiert auf Tonbandaufnahmen, die Gani Bilir im arabischen Raum. In diesem Sinne kann er als nach dem Tod seiner Tochter herstellte. Appell an unsere Vorstellungskraft gelesen werden, Cana Bilir-Meier, Semra Ertan, 2013, Filmstill, © Cana Bilir-Meier, Courtesy die Künstlerin Ayzit Bostan, Imagine Peace, 2014, © Ayzit Bostan, Courtesy die Künstlerin
Mohamed Bourouissa Kasper De Vos *1978 in Blida, lebt in Paris und Gennevilliers L‘Utopie d‘August Sander, 2012–13 *1988 in Antwerpen, lebt in Gent Native Kitch and Spiritual Ravers, 2016 Der algerisch-französische Künstler Mohamed Installation, Künstlerbuch, Wand, Tisch, Sessel, Native Kitch and Spiritual Ravers ist eine Reihe Polyurethanharz, Pigment, Aluminiumrohre, Beton, Bourouissa widmet sich vornehmlich der fotografischen 140 x 100 x 200 cm und C-Print, 125 x 94 cm von Skulpturen, die einerseits von den Büsten Kieselsteine, 185 x 36 x 44 cm Erforschung des Lebens in sozialen oder ethnischen des österreichischen Bildhauers Franz Xaver Randgruppen. Seine Serie großformatiger Temps mort, 2009 Messerschmidt (1736–83) inspiriert sind, andererseits Courtesy der Künstler Farbfotografien Périphérique zeigt Szenen aus den Video, Farbe, Ton, 18 Min. von der Gabber-Subkultur. Gabber ist eine Pariser Vororten mit ihren aus den Maghreb-Regionen Variante des Hardcore Techno, die vor allem in den stammenden Bewohner/innen. Bouroussias sorgsam Courtesy der Künstler und kamel mennour, Niederlanden und Flandern in den 1990er Jahren instrumentierte Aufnahmen sind Gegenstücke zu den Paris/London populär war. Im Niederländischen steht Gabber um 2005 massenmedial verbreiteten, ausschließlich umgangssprachlich für „Kerl, Typ“, aber auch Gewalt und Zerstörung zeigenden Bildern der damaligen „Kumpel, Kamerad“. Kleidungsstil und Attitüde des Pariser Unruhen. Zwar verweist der Titel der Serie auf Gabber waren teilweise von der britischen Skinhead- den Boulevard périphérique, der die Pariser Innenstadt Bewegung inspiriert, die ursprünglich eine Reaktion von den Außenbezirken trennt, doch der Künstler Jugendlicher aus der Arbeiterklasse auf das eher verunklärt die Grenzen von Zentrum und Rand, indem intellektuelle Flower Power Movement war. Im er fotodokumentarische Aufnahmen mit inszenierten, Gegensatz zu der von Links- wie Rechtsextremen geradezu piktoralen Bildern alternieren lässt. Letztere vereinnahmten Skinhead-Bewegung blieb die Gabber- erinnern an Bildkompositionen klassischer französi- Szene allerdings stets eine unpolitische Partyszene, scher Malerei und schlagen dadurch eine Brücke zu die einen eigenen Tanzstil kultivierte. dem von Hochkultur geprägten Stadtzentrum. Kasper De Vos erinnerten die in zahlreichen Auch in seiner Videoarbeit Temps mort Youtube-Videos festgehaltenen Gabber-Tänzer vermeidet Bourouissa, Machtsymmetrien zwischen an die bekannten „Charakter-Köpfe“ von dem Künstler und den Mitwirkenden an seinen Messerschmidt, die menschliche Gefühle Werken zu ziehen. Mittels eines ins Gefängnis und Leidenschaften in überaus realistischen geschmuggelten Mobiltelefons korrespondiert er mit Momentaufnahmen am Rande zur Groteske seinem inhaftierten Bekannten Al per SMS, der ihm darstellen. Die affektgeladenen Büsten von Aufnahmen des Gefängnisalltags zurückschickt. gähnenden, lachenden oder schreienden Bourouissa wiederum sendet Naturansichten zu, Männern sind singuläre Darstellungen alltäglicher wenn Al über die Enge seiner Gefangenschaft klagt. Mimik. De Vos übersetzt diese schonungslosen In seinem mehrteiligem Projekt L’Utopie spätbarocken Studien zur menschlichen d’August Sander referiert der Künstler auf Sanders Physiognomie in zeitgenössische Skulpturen, die unvollendet gebliebenen Bildatlas Menschen die Ekstase des Rave momenthaft fixieren und einer des 20. Jahrhunderts, beschränkt sich aber auf bereits historisch gewordenen Jugendbewegung dokumentarische Porträts von Arbeitsuchenden. zeitlose Präsenz verleihen. Die Gabber-Tänzer in Die Aufnahmen scannte er mittels eines mobilen ihrer fast schon spirituellen Hingabe zur Musik 3D-Fotolabors und ließ sie als etwa 10 cm große werden dabei zu Agenten einer zeitgemäßen Polyesterstatuetten ausdrucken, die er wiederum Folklore, bei der Identität nach wie vor aus einer um einen Euro pro Stück auf dem Markt verkaufte. Gruppenzugehörigkeit abgeleitet wird. Aus der Serie: Périphérique, 2005–08 Native Kitch and Spiritual Ravers, 2016 Polyurethanharz, Pigment, PVC-Rohre, Bascule, 2006 248 x 40 x 30 cm Le miroir, 2006 Privatsammlung, Antwerpen C-Prints, je 120 x 90 cm Native Kitch and Spiritual Ravers, 2016 Le poing, 2007–08 Polyurethanharz, Pigment, PVC-Rohre, La rencontre, 2007–08 Beton, Kieselsteine, Kunststoffbeschichtung, La prise, 2008 215 x 35 x 30 cm C-Prints, je 90 x 120 cm Privatsammlung, Diest Le couloir, 2007-08 Native Kitch and Spiritual Ravers, 2016 C-Print, 120 x 160 cm Polyurethanharz, Pigment, PVC-Rohre, 190 x 40 x 40 cm La République, 2006 Privatsammlung, Antwerpen C-Print, 138 x 165 cm Native Kitch and Spiritual Ravers, 2016 Carré rouge, 2007–08 Mohamed Bourouissa, Carré rouge, aus der Serie: Périphérique, 2005, © ADAGP Polyurethanharz, Pigment, PVC- Rohre, Kasper De Vos, Native Kitsch and Spiritual Ravers, 2016, © Kasper De Vos, Foto: C-Print, 106 x 160 cm Mohamed Bourouissa, Courtesy der Künstler und kamel mennour, Paris/London Kunststoffbeschichtung, 162 x 45 x 60 cm Philip Vanderschueren, Courtesy Privatsammlung, Diest/Belgien
Ieva Epnere Aslan Gaisumov *1977 in Liepāja, lebt in Riga erleuchteten staubigen Hallen des ehemaligen *1991 in Grosny, lebt in Grosny Reise durch Tschetschenien, um letzte Zeitzeug/innen Ieva Epneres Videoinstallation Potom beschäftigt Versammlungsgebäudes der kaiserlich russischen Aslan Gaisumov entwickelt seine Arbeiten in der Deportation aufzusuchen. 119 Überlebende erklärten sich mit der Militärgeschichte der Ostseeküste und Armee folgend, sieht man Soldaten der lettischen Auseinandersetzung mit der kollektiven Geschichte sich zu einem Treffen in Grosny bereit. Gaisumovs mit dem Verhältnis zwischen Lettland und Russland. Seestreitkräfte (Jūras Spēki) die Treppen hoch seiner Heimat Tschetschenien. 1995, als Grosny während Video zeigt einen leeren Versammlungssaal, an Übersetzt bedeutet der russische Titel „später“ marschieren und sich wie für ein Gruppenfoto des ersten Tschetschenienkrieges von russischen dessen Rückwand eine Ansicht des heutigen Grosny und verweist, wie auch die im Film verwendete versammeln. Streitkräften bombardiert wurde, floh die Familie des angebracht ist. Nach und nach betreten ältere, meist Symbolik, auf das Regime der Vergangenheit und Epneres Fotografien verkehren auf ähnliche Künstlers aus ihrer Heimatstadt. In Volga (re)inszeniert gebrechliche Männer den Raum und nehmen in den die postkommunistische Gegenwart, aber auch auf Weise wie ihre Filme den gewohnten narrativen Gaisumov jene Flucht-Episode, als er sich im Alter von ersten Reihen Platz. Der Tradition entsprechend folgen die Zukunft im Hinblick auf die jüngste Annektierung Raum. Für ihre Fotoserie Riga Circus hat sie vier Jahren gemeinsam mit zwanzig Verwandten in ein ihnen die Frauen, die sich in der hinteren Hälfte des der Krim und die aktuellen Berichte über Russlands über vier Jahre hinweg Mitglieder der Kompanie einziges Auto zwängte. Im Zentrum des Videos steht ein Saals niederlassen. Der Künstler konfrontiert uns mit Flottenpräsenz unweit von Lettland. und die Tiere, mit denen sie zusammenarbeiten, alter Wagen der Marke Volga, der auf einer weitläufigen den teilnahmslosen Gesichtern der Überlebenden. Die sich in Potom frei entfaltende Geschichte dokumentiert. Darsteller/innen – Lufttänzer, Wiese geparkt ist. Am Horizont tauchen gruppenweise Erst am Ende des Films vermittelt eine Textpassage folgt den Bewegungen des Protagonisten. Der Akrobatinnen, Clowns, Musikerinnen und Eltern mit Kindern auf, die sich dem Gefährt nähern und den historischen Hintergrund des Ereignisses. nicht näher benannte militärische Funktionär Stuntartisten – erscheinen in voller Montur, doch die in ihm Platz nehmen. Der Prozess scheint kein Ende zu Gaisumovs Bildsprache berührt in ihrer betrachtet den Horizont – am Strand und auf einem meisten der ausgestellten Bilder zeigen den Blick nehmen. Noch bevor sich die letzten zwei Frauen hinein Einfachheit und Unmittelbarkeit komplexe Themen Boot – und beschäftigt sich mit Alltagshandlungen hinter die Zirkuskulissen. Einige der Aufnahmen gezwängt haben, startet der Motor. Den nun insgesamt der konfliktreichen und verdrängten Geschichte wie Ankleiden oder Kämmen. Epneres Film wirken inszeniert, dennoch vermitteln die Porträts einundzwanzig Insassen gelingt es endlich, die Türen zu Tschetscheniens. Seine stillen Kommentare treten projiziert sowohl persönliche als auch nationale und Schnappschüsse intime Einblicke in das schließen, und der Wagen fährt aus dem Bild. insbesondere einer auf Sensation ausgelegten Geschichte(n). Die Innenräume der gezeigten Arbeitsleben und die Beziehungen im Zirkus. In People of No Consequence widmet sich Berichterstattung über Kriege und Konflikte entgegen. Gebäude befinden sich im Verfall. Die satten Farben Gaisumov der Vertreibung des tschetschenischen und und Materialien der abblätternden Wände erinnern Potom, 2016 inguschischen Volkes auf Befehl Stalins. Unter dem Volga, 2015 an die Oberflächenstrukturen der Landschaft, Installation, Militärdecken, Video, Farbe, Ton, 20 Min. Vorwurf „antisowjetischen Verhaltens“ deportierten die Video, Farbe, Ton, 4:11 Min. die gekräuselte See oder an die Kasematten an Sowjets im Frühjahr 1944 eine halbe Million Menschen der Küste, die in Folge des Krieges und der Wellen Riga Circus, 2004–08/2017 nach Zentralasien. Über 73.000 starben an Erschöpfung, People of No Consequence, 2016 der Ostsee nur noch aus Trümmern bestehen. 16 Fotografien, je 42 x 60 cm Hunger oder Krankheit, Widerständige wurden hinge- HD-Video, Farbe, Ton, 8:34 Min. Nebelhörnern und dem einsamen Gang des richtet. Erst 1957 konnten Überlebende in ihre Heimat Protagonisten durch die vom Tageslicht hell Courtesy die Künstlerin zurückkehren. 2016 begab sich der Künstler auf eine Courtesy der Künstler Ieva Epnere, Riga Circus, 2004–08/2017, © Ieva Epnere, Courtesy die Künstlerin Aslan Gaisumov, Volga, 2015, Videostill, Courtesy der Künstler
Gelitin Liam Gillick (auch: Gelatin) besteht aus: Ali Janka, WoIfgang AB pressure measurement, 2013 *1964 in Aylesbury, lebt in New York Gantner, Florian Reither und Tobias Urban. Erstes Don’t touch it, it might survive, 2013 Liam Gillick setzt sich in seinen Werken immer Treffen 1978, seit 1993 internationale Ausstellungen Fio dental africano, 2013 wieder mit den Mechanismen und letztlich auch dem In ihrer Kunst verbinden Gelitin/Gelatin Flu Glue, 2013 Scheitern postindustrieller Gesellschaftsmodelle Aktionismus mit Installation. Ein wesentlicher Hinkel Jause in der Schinkel Klause, 2013 auseinander. Seine Beschäftigung mit Faktor ihrer Produktionen ist das Zusammenspiel Homo lulu, 2013 Geschichtskonzepten und den langfristigen mit dem Publikum. Daraus entstehen Paaanna Cooootta OAAHHH, 2013 Auswirkungen ehemals als utopisch erachteter „materialtransformatorische“ Objekte, Installationen Ponte de la caque, 2013 Vorstellungen von Moderne führt zu einer Vielzahl und Aktionen aus zumeist „gefundenem oder So Douglas, 2013 von Arbeiten, in denen das Kollabieren vergangener exklusivem Abfallmaterial“, wobei Handarbeit in teenage saladteenage salad, 2013 Ideologien und deren Transformation oder ihr der Regel eine ebenso wichtige Rolle spielt wie pragmatisches Weiterleben unter veränderten der Zugriff auf die Körperlichkeit als ein „Ort“ des Mixed Media inklusive Holz, Ballon, Wasserflasche, CD- Vorzeichen thematisiert wird. Mit den Plakaten Vertrauens und der Kommunikation. Das Ausloten des Spieler, Plastikeimer, Schaum, Gips, Plastikeier, Ton, der Serie Information Posters (Wien/Public) Empfindungsbereichs, entweder des eigenen oder der Knochen, Plastik, Wasser, Pumpe, Plastikschläuche, begegnet uns eine historisch anmutende Ästhetik des Publikums, aber auch von Erwartungshaltungen, ist Perücken, Räder, Papier, Stoff, Plastikhandschuhe, des gegenkulturellen Protestes oder staatlicher ein zentraler Punkt ihres Kunstschaffens. Textilien, Müll, Acryl, Glas, Polystrol Kampagnen, die sich mit fragmentarischen Slogans Für die Ausstellung Diskursive Konstruktion … verbindet. In appellativem Tonfall wird eine allgemeine (2013) im Berliner Schinkel Pavillon luden Courtesy die Künstler und Artist Pension Trust London Öffentlichkeit adressiert, doch die Information bleibt Gelitin zwölf Künstler/innen ein, die sich zu der Collection ebenso vage wie die Beziehung zwischen den Texten Künstlergruppe Anna Ly Sing formierten. Täglich und schwarzweißen Bildern. Welche Ideologie spricht traf das Kollektiv drei Mitglieder dieser Gruppe zu je aus den mit Rufzeichen versehenen Wörtern? Wer vierstündigen Sitzungen. Die Künstler diskutierten propagiert was oder richtet sich an wen? vor dem Publikum über Skulptur und verdinglichten Die ursprünglich am Canal St. Martin in Paris ihre Gedanken in ihrer persönlichen Handschrift. affichierten Plakate fügen sich optisch in ihre Zur Verfügung standen ihnen Arbeitsplätze, Umgebung ein, stören sie zugleich aber mit ihren ein umfangreiches Materiallager sowie Raum abstrahierten Texten, die wie ein schadhaft in die für Diskussionen. Ohne vorzugeben, wie sich Gegenwart übertragener Nachhall politischer die einzelnen Performances entwickeln, waren und sozialer Bewegungen des 20. Jahrhunderts diese vielmehr als ein Nachdenken über Skulptur klingen. In der Gegenwart platziert, wirken die angelegt und ergaben sich aus dem Dialog mit Text-Bildkombinationen der neu aufgelegten Poster den Gästen. Die Exponate entstanden somit im geradezu wie post-utopische Nachrichten aus einer Prozess und als Kondensat dieses Dialogs oder, nahen Zukunft, in der selbst alltägliche Motive wie wie Gelitin erklären: „Aus dem Gespräch von Anna Jugendliche im Schwimmbad oder Studierende bei Ly Sing und Gelitin entstehen Skulpturen. Die der Abschlussfeier ein Moment des Aufbruchs, der Skulpturen wiederum füttern das Gespräch. Fragen. Unruhe, des bevorstehenden Aufruhrs implizieren. Destruktion. Konstruktion. Umlaufbahn. Achterbahn. Schnitt. Verdrehung. Umkehrung. Aufbau. Erosion. Information Posters (Wien/Public), 2017 Klappstuhl. Verschüttung. Reflexion. Spiegel. Nichts Plakate zur Mitnahme, je 42 x 29,7 cm und Alles und wieder Nichts. Die Skulptur wirft den Anker in den Kopf zurück. Am Ende der Performance Courtesy Galerie Meyer Kainer, Wien gibt es 12 davon. Vorausichtlich.“ Mit der Umkehrung des traditionellen Machtverhältnisses von Produzent/innen und Konsument/innen schaffen Gelitin für alle, die zum Mitarbeiten bzw. Verfolgen ihrer Aktionen kommen, eine „community of participation and experience“. Aus: stop – anna ly sing, schinkel pavillon, 2013 Gelitin gemeinsam mit: Kris Lemsalu, Thomas Zipp, Martin Ebner, Wolfgang Ganter, Tom Humphreys, Will Benedict, Katrin Plavcak, Vanessa Lodigiani, Michele Di Menna, Michael Beutler, Marlie Mul, Karl Holmqvist, Douglas Gordon, Christian Falsnaes, Gerwald Rockenschaub, Kolbeinn Hugi, Mundi Vondi und Gabriel Loebell A einu bretti, 2013 Gelitin, stop – anna ly sing, schinkel pavillon, 2013, Foto: Markus Jens, A mit kurzen Beinen, 2013 Courtesy die Künstler und Artist Pension Trust London Collection
Paul Graham *1956 in Stafford, lebt in New York Woman in Headscarf, DHSS Waiting Room, Bristol, Paul Graham hat in den frühen 1980er Jahren, als 1984–85/2017 mehr als zehn Millionen Briten und Britinnen auf die Man filling in Form, Dole Office, Liverpool, 1984–85/2017 Unterstützung der staatlichen Wohlfahrtsverbände Man Reading Paper, Bloomsbury DHSS, Central angewiesen waren, den Alltag in Arbeits- und London, 1985/2017 Sozialämtern fotografiert. Seine Serie Beyond Caring Waiting Room, Poplar DHSS, East London, 1985/2017 zeigt die heruntergekommenen Wartehallen und C-prints, je 87,5 x 106 cm tristen Flure des „Department of Health and Social Security“ und des „Department of Employment“ – Courtesy Anthony Reynolds Gallery, London jene Orte, an denen gesellschaftliche, ökonomische und soziale Ungleichheit verwaltet wird. Siegfried Kracauer formulierte bereits 1930 in Bezug auf die Beschaffenheit von Arbeitsämtern, dass Konditionen des Gesellschaftlichen auf der Ebene des Raums verhandelt werden: „Jeder typische Raum wird durch typische gesellschaftliche Verhältnisse zustande gebracht, die sich ohne die störende Dazwischenkunft des Bewusstseins in ihm ausdrücken.“ Die Topographie des Arbeitsamtes stellt sich dabei als „Passage“ dar, welche zurück in die Welt der Erwerbstätigkeit führen soll, tatsächlich aber bereits in ihrer Konstruktion eine Wartehalle ist. Es ist ein den Menschen, die sich dort aufhalten, gesellschaftlich zugeordneter Raum, der sowohl räumlich als auch typologisch an der Peripherie lokalisiert ist. Paul Graham untersucht in seinen Fotografien die Typologie des Raums, in dem sich die sozialen Bedingungen jener Zeit in Großbritannien artikulieren. Er fokussiert in seinen Bildern das Warten, das zur prägenden Erfahrung eines Großteils der Bevölkerung unter der Regierung Margaret Thatchers wurde. Die kargen Wände, das grelle Neonlicht, lose verteilte Bänke und der völlige Mangel an Komfort zeigen, wie wenig öffentliches Interesse an diesen Räumen besteht. Die Komplexität des Sozialen transformiert sich in schlichten Pragmatismus. Dass die damit einhergehende Geringschätzung ganzer gesellschaftlicher Gruppen auch Aggressionspotenzial gegen noch Schwächere entfacht, zeigt sich nicht zuletzt auch in jüngsten politischen Entwicklungen weltweit. Aus der Serie: Beyond Caring, 1984–85 Baby, DHSS Office, Birmingham, 1984/2017 Baby and Interview Cubicles, Brixton DHSS, South London, 1984/2017 Crouched Man, Bristol, 1984/2017 DHSS Emergency Centre, Elephant and Castle, South London, 1984/2017 Doorway, Dole Office, Hammersmith, West London, 1984/2017 Horse Poster, DHSS Office, Bristol, 1984/2017 Mother and Baby, Highgate DHSS, North London, 1984/2017 Waiting Room, Southwalk DHSS, South London, Paul Graham, aus der Serie: Beyond Caring, 1984–85, © Paul Graham, Courtesy Liam Gillick, aus der Serie: Information Posters (Wien/Public), 2017, Courtesy Galerie Meyer Kainer, Wien 1984–85/2017 Anthony Reynolds Gallery, London
Johan Grimonprez Binelde Hyrcan *1962 in Roeselare, lebt in Belgien und New York Ausbeutung des Menschen und die Privatisierung *1982 in Luanda, lebt in Paris und Nizza das Bewusstsein ab, dass nicht alle solches Glück Die filmischen Arbeiten von Johan Grimonprez der öffentlichen Ressourcen durch eine radikale Binelde Hyrcan beschäftigt sich in seinen Arbeiten mit erfahren werden. Die Flucht aus den Bedingungen bewegen sich entlang der Grenzen von Dokumentation Form des Gemeinwohls ersetzt. Das Gemeinsame, Machtstrukturen, Armut und Migration. Er wuchs in der ihres eigenen Lebens gelingt nur für einen Moment, und Fiktion, Kommentar und Inszenierung. Häufig die „commons“, sind für ihn das Mittel gegen eine Zeit des Bürgerkriegs in Angola auf und erlebte selbst bevor wieder die Hoffnungslosigkeit zurückkehrt. verbindet er existierendes und neu gedrehtes Material von Furcht geleitete Gesellschaft und Inspiration für die Auswirkungen politischer Entscheidungen auf das in einer Kontrastmontage, die scheinbar Bekanntes in ein soziales Modell, das Macht und Autorität durch individuelle Leben. Sein Film Cambeck entstand in der Cambeck, 2010 einen neuen diskursiven Kontext stellt. Dialog und Kooperation ersetzt. angolanischen Hauptstadt Luanda, wo der Künstler Video, Farbe, Ton, 2:36 Min. Every Day Words Disappear bettet kurze Kiss-o-drome berichtet von einer Demonstration, vier spielende Kinder filmte. In ihrer Vorstellung Ausschnitte aus Jean-Luc Godards Spielfilm die 1980 in der brasilianischen Stadt Sorocaba umfahren sie die Welt in einer aus Sand gebauten Courtesy Atelier Binelde Hyrcan Alphaville in eine Abhandlung des amerikanischen stattfand. Unter der damaligen Militärdiktatur wurde das Limousine, doch enthüllen sich in ihrem unschuldigen Philosophen Michael Hardt über die Liebe als Küssen im öffentlichen Raum unter Gefängnisstrafe Spiel schon bald die Erfahrungen ihrer Realität. Teil des Gemeinwohls ein. Godards dystopische gestellt, weil es die öffentliche Moralvorstellung Luanda gilt laut der Mercer Studie (2016) als Zukunftsvision spielt im Stadtstaat Alphaville, der von unterminiere. Aus Protest verwandelten zahlreiche zweitteuerste Stadt der Welt, die nach Ende des einem Computersystem namens Alpha 60 dominiert Menschen die brasilianische Stadt für einen Tag in ein Bürgerkriegs in Angola 2002 ein enormes Wachstum wird. Empfindungen und persönliche Bindungen riesiges Kussevent. erfuhr. Binelde Hyrcan betrachtet die Situation in der sind in Alphaville unter Todesstrafe verboten, Stadt durch die Augen von Kindern und macht so die Liebe, Dichtung und Gefühle unbekannt. Jeden Tag Every Day Words Disappear, 2016 sozialen Ungleichheiten und Spannungen sichtbar. verschwinden neue Wörter aus dem Wörterbuch Video, Farbe, Ton, 15:29 Min. Der auf Reichtum basierende Status von Macht der Stadt. Michael Hardt, der gemeinsam mit einiger Weniger kollidiert mit der Lebenswirklichkeit Antonio Negri die Trilogie Empire (2000), Multitude In Auftrag gegeben und koproduziert von derer, die unterhalb der Armutsgrenze leben und (2004) und Common Wealth (2010) verfasst hat, CONTOUR 7 – A Moving Image Biennale von einem besseren Leben in Ländern wie den USA setzt diesem filmischen Narrativ die Utopie einer oder Brasilien träumen. Die dargestellten Jungen „Politik der Liebe“ entgegen. Machiavelli schrieb, Kiss-o-drome [fragment from Shadow World, imaginieren sich schon in einer solchen fernen es sei besser, wenn der Fürst gefürchtet wird story written and read by Eduardo Galeano], 2016 Realität, die die Schattenseiten der afrikanischen statt geliebt. Michael Hardt schlägt hingegen ein Video, s/w, Ton, 1:16 Min. Metropole mit Armut, Luftverschmutzung, politisches System vor, das auf Liebe statt Angst Wohnraumspekulation und Verkehrschaos gründet, sowie einen Paradigmenwechsel, der die Courtesy der Künstler und ZAP-O-MATIK zurücklässt. Gleichzeitig zeichnet sich in ihrem Spiel Johan Grimonprez, kiss-o-drome, 2016, Videostill, © Johan Grimonprez, Courtesy ZAP-O-MATIK Binelde Hyrcan, Cambeck, 2010, Videostill, © Binelde Hyrcan, Courtesy Atelier Binelde Hyrcan
Leon Kahane Herlinde Koelbl *1985 in Berlin, lebt in Berlin „Lingua Tertii Imperii“, die Sprache des Dritten *1939 in Lindau, lebt in Neuried bei München Zyklus Refugees reiste sie an die Brennpunkte Die von Leon Kahane für die Ausstellung entwickelte Reiches. In seinen Schriften dokumentierte der zum Für ihre Langzeitstudie Spuren der Macht – in Griechenland und Italien, besuchte aber auch Arbeit it’s an uphill battle verknüpft Ideen von Protestantismus konvertierte jüdische Romanist und Die Verwandlung des Menschen durch das Amt sechs Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland. Da Gesellschaftsentwicklung und Kulturgeschichte. spätere Politiker Klemperer seine Alltagserfahrungen hat Herlinde Koelbl von 1991 bis 1998 jährlich 15 wie dort dokumentierte sie nicht nur das Elend der Ein großformatiger Teppich im Raum lässt erst bei im Nationalsozialismus, die von Ausgrenzungen Persönlichkeiten aus der deutschen Politik und Betroffenen, sondern auch die Hilfsbereitschaft genauer Betrachtung einen Schriftzug erkennen, geprägt waren. Er analysierte sowohl politische Wirtschaft fotografiert und interviewt. „Ich will eine in den Ankunftsländern, die mehr oder minder der das Wort „ewig“ darstellt. Der Teppich spielt Reden und Propagandamittel als auch Trivialliteratur Geschichte über den Menschen erzählen. Seine gut organisierte Nächstenliebe. Als Motto hat die einerseits auf den Wohnraum an, verweist anderer- und stellte fest, dass die Manipulation durch Sprache Geschichte. Das gelingt nur im Dialog. Menschen Fotografin einen Satz von Albert Einstein ausgewählt: seits auch auf kulturelle Traditionen und stellt eine vor allem über die ständige Wiederholung von öffnen sich nur, wenn sie glauben, dass der andere „Was für eine Welt könnten wir bauen, wenn wir Verbindung zur globalisierten Warenproduktion nationalsozialistisch besetzten Begriffen erfolgte. sie nicht dekuvrieren will. Es ist ein Miteinander. die Kräfte, die ein Krieg entfesselt, für den Aufbau her, die heute oftmals in Länder der ökonomischen Rationales Wissen wurde so durch Gefühl und Der Porträtierte merkt, dass ich ihn annehme, nicht einsetzten!“ Peripherie ausgelagert wird. Aufgrund wachsen- Glaube ausgetauscht. Indem das Wort „ewig“ immer über ihn urteile. Ich gebe ihm Zeit, nicht funktionieren der sozialer Ungleichheit auf globaler Ebene rückt wieder gelöscht und mit individueller Handschrift zu müssen, sondern sein zu können“, sagt Herlinde Angela Merkel, 1991–2006, Kultur als identitätsstiftendes Merkmal wieder in den neu appliziert wird, stellt Leon Kahane der Idee der Koelbl zu ihrer fotografischen Herangehensweise. aus dem Zyklus: Spuren der Macht Vordergrund nationalstaatlicher Politik. Populistische Verführung durch Repetition die Veränderlichkeit Die Veränderungen, die das Leben im Rampenlicht Silbergelatine-Vintageprints, je 50 x 60 cm Rhetorik schürt Ängste vor der Auflösung einer alten seiner Arbeit entgegen und bricht das Narrativ, bei den Politiker/innen mit sich bringt, hat Koelbl Weltordnung, die ein statisches Bild von kulturel- das in totalitären Systemen eingesetzt wird. im gleichnamigen 1999 erschienen Bildband Refugees, 2016 ler Identität propagiert. Auf der Handlungsebene festgehalten und versammelt darin u. a. Fotografien C-Prints auf Alu-Dibond, 20 x 30, 30 x 40 resultieren daraus Exklusion und Abwertung gesell- it’s an uphill battle, 2017 von Joschka Fischer, Gerhard Schröder, Angela bis 40 x 60 cm schaftlicher Gruppen, die nicht in das konstruierte Getufteter Teppichboden, Polyamid, 400 x 1000 cm Merkel und Irmgard Schwaetzer. „Welche Spuren Bild passen. hinterlässt Macht, im Positiven wie im Negativen? Courtesy die Künstlerin Leon Kahane interessiert sich für die Courtesy der Künstler Wie entwickelt, entfaltet sich ein Mensch? Wie geht er Verbreitung politischer Ideologie über die Sprache. mit Krisen um?“ Das Wort „ewig“ wird im Laufe der Ausstellung immer Als der Europarat die Fotografin mit einer wieder neu in den Teppich gezeichnet werden. Arbeit zum Thema Geflüchtete beauftragte, Es referiert auf Victor Klemperers LTI – Notizbuch entschloss sie sich, dem Schicksal der Menschen eines Philologen (1947). LTI steht dabei für jenseits der Schlagzeilen nachzuspüren. Für ihren Leon Kahane, vacuum cleaner on a carpet with an extra clean strip for copy space, Referenzfoto, 2017, Herlinde Koebl, Italy Catania–Messina, 2016, aus der Serie: Refugees, © Herlinde Koelbl, © rosieapples/123RF Stock Photos Courtesy die Künstlerin
Armin Linke Goshka Macuga *1966 in Mailand, lebt in Mailand und Berlin Senate of the Republic, 2007 *1967 in Warschau, lebt in London Entwicklung der antiken Erinnerungstechniken und 2006 begann Armin Linke auf Einladung des Goshka Macugas To the Son of Man Who Ate leite in ihrer Konsequenz ein neues Zeitalter ein, in italienischen Ministeriums für Kulturelles Erbe (Ministero Senate of the Republic, Palazzo Madama, television the Scroll ist ein sprechender Androide, der das dem tradierte Konzepte von Geschichte, Sterben, per i Beni e le Attività Culturali), alle staatlichen control room, 2007 Publikum direkt adressiert. Seine Mimik wirkt auf Schöpfung, Sehnsucht oder Geschlecht nicht Institutionen Roms, die in historischen Gebäuden Fotodrucke auf Alu-Dibond montiert, je 50 x 60 cm faszinierende Weise menschenähnlich, und trotz länger existieren. In seinem Appell nutzt der Roboter residieren, fotografisch zu kartografieren. Entstanden seiner Cyborg-Erscheinung erweckt er ein Gefühl Sprache als Medium der Wissenserzeugung – ein ist ein Porträt des italienischen Staates anhand jener Bank of Italy, 2007 der Empathie. In seiner Rede spricht er universelle Werkzeug zum Erkenntnisgewinn, das dem Menschen geschichtsträchtigen Architekturen der Hauptstadt, die humanistische Themen an und zeichnet dabei die vorbehalten schien. In einer Poetik logischer Ideen noch immer funktional oder zeremoniell genutzt werden. CNR, National Research Council, Fermi conference hall, Menschheitsgeschichte von der Entstehung der spricht er aus einer vergangenen Zukunft heraus und Es sind Aufnahmen von Orten, an denen Macht über on the wall the Globe made by Fra' Mauro in 1460, 2007 Erde über die Zivilisationsentwicklung, die Antike philosophiert über die Entstehung neuer Vorstellungen Entscheidungsprozesse sichtbar wird oder sich auf Fotodrucke auf Alu-Dibond montiert, je 150 x 200 cm und Renaissance bis in die Moderne nach. Er zitiert und Erfahrungen. administrativer oder repräsentativer Ebene artikuliert. große Denker/innen, die unser Verständnis von Wie in einem Mikrokosmos zeigen sich der politische Courtesy der Künstler Zusammenleben geprägt haben, von Immanuel Kant To the Son of Man Who Ate the Scroll, 2016 und verwaltende Aspekt des Staatsapparates. Im Fall und Friedrich Nietzsche, Albert Einstein und Sigmund Mixed Media: Roboter, Plastik, Mantel, 2 Schuhe, der zahlreichen Gebäude des Vatikans eröffnet sich im Freud zu Hannah Arendt und Martin Luther King. Kompressor, sitzender Android: 140 x 50 x 84 cm Zusammenspiel historisch aufgeladener Interieurs und Aber auch fiktive Geschichten wie Frankenstein, der dort tätigen Menschen auch ein spiritueller Verweis. 2001: Odyssee im Weltraum oder Blade Runner Courtesy Fondazione Prada, Mailand Regieren, Verwalten und Repräsentieren werden sind Teil seines Universums. Menschliche Instinkte in diesen ebenso dokumentarischen wie inszeniert wie Liebe und Hass werden von ihm genauso wirkenden Fotografien zu Aufgaben, die auch aus den angesprochen wie das Verhältnis von Mensch und Resonanzräumen jahrhundertealter Geschichte einen Technologie oder die Überwindung des Glaubens Teil ihrer Legitimation ziehen. an einen Gott. Der Roboter versteht sich als Teil Armin Linke geht es nicht um das einzelne Motiv, unserer heutigen Gesellschaft, die ihrerseits vor sondern um die Kombination der Bilder und das dadurch einem radikalen Neubeginn steht. Die Technologie erzeugte Narrativ. Im Sinn eines offenen Verweissystems entlarvt sich dabei nicht mehr als Erweiterung der kommentieren die Aufnahmen einander und zeigen Menschheit, sondern als unabdinglicher Teil von ihr. die Wechselwirkungen zwischen den funktionalen Künstliche Intelligenz, so der Roboter, sei die logische Aspekten von Gesellschaft, Architektur und Raum sowie den Menschen, die mit diesen Umgebungen interagieren. Der Blick hinter die für die Öffentlichkeit meist verschlossenen Türen unterstreicht dabei das Moment der Distanz, das zwischen den Betrachter/innen und jenen Orten, von denen aus sie regiert werden, noch immer zu liegen scheint. Vatican, Church of St. Peter, ceremony for the nomination of bishops, 2002 CNR, National Research Council, Marconi conference hall, 2007 CONI, 2008 Supreme Court of Cassation, Hall of Justice, Aula Magna, display of the scepter used by all Italian courts during the annual inaugural ceremony as symbol of power, 2008 Supreme Court of Cassation, Hall of Justice, Aula Magna, opening of the judicial year, 2008 Lambda Drucke auf Alu-Dibond montiert, je 50 x 60 cm Bank of Italy, Department Cut2000, robotic arm photographs a pack worth 1,000,000 Euros as a final and legal digital document, 2007 Armin Linke, CNR, National Research Council, Fermi conference hall, on the wall Chamber of deputies, Palazzo Montecitorio, the Globe made by Fra' Mauro in 1460, Rome Italy, 2007, © Armin Linke, Courtesy Goshka Macuga, To the Son of Man Who Ate the Scroll, 2016, Ausstellungsansicht: Fondazione Prada, Mailand, 2016, assembly, 2007 der Künstler Foto: Delfino Sisto Legnani Studio, Courtesy Fondazione Prada, Mailand
Taus Makhacheva Pedro Moraes *1983 in Moskau, lebt in Machatschkala Diesen Heldinnen des Alltags möchte Super Taus *1985 in Rio de Janeiro, lebt in Brüssel Dabei bezieht er sich auch auf wissenschaftliche und Moskau die gerechte Anerkennung zukommen lassen und und Rio de Janeiro Erkenntnisse und Fiktionen, im Fall von Physical Für 19 a Day arbeitete Taus Makhacheva mit dem begibt sich auf die Suche nach dem richtigen Platz Pedro Moraes’ Physical Factors of the Historical Factors of the Historical Process … auf Isaac Asimovs professionellen Hochzeitsfotografen Shamil zwischen Machatschkala und Paris und findet ihn Process – The Problem of Cosmic Calculation Kurzgeschichte Wenn die Sterne verlöschen Gadzhidadaev zusammen. An einem Tag im schließlich im Moscow Museum of Modern Art thematisiert die Energie, ihre Produktion und (Originaltitel: The Last Question). In dieser Erzählung September 2014 versuchten sie, als ungeladene (MMOMA). In Anlehnung an Arbeiterdarstellungen Distribution sowie Zirkulation in Systemen. Energie beschäftigt sich der russisch-amerikanische Gäste möglichst viele Hochzeiten in Machatschkala des Sozialistischen Realismus verweist das Denkmal ist dabei nicht nur im Sinne von Elektrizität für Biochemiker und Science-Fiction-Schriftsteller zu besuchen. Die Stadt im russischen Dagestan ist einerseits auf neue Formen der Arbeit, aber auch auf Geräte und Apparate zu verstehen, sondern auch mit der Umkehrbarkeit des physikalischen Maßes bekannt für ihre mehr als sechzig Hochzeitssäle, die die Marginalisierung von (historischen) Leistungen in einem kosmisch-evolutionären Zusammenhang. der Entropie. Nach dem zweiten Hauptsatz der zu Spitzenzeiten ausgebucht sind. Die Fotografien von Frauen. Als Super Taus würdigt die Künstlerin die Als Vektor technologischer Innovation, als politische Thermodynamik löst sich durch entstehende Entropie zeigen Makhacheva, wie sie sich als Teil der oft übersehenen Heldinnentaten im Alltagsleben auf Infrastruktur oder als metaphysische Kraft, die in in einem geschlossenem System demzufolge alles, Hochzeitsgesellschaft inszeniert, den Brautpaaren humorvolle Weise. ökonomische oder technische Systeme eingespeist was aus Ordnung hervorgeht – Galaxien, Planeten, gratuliert oder neben den Heiratsgaben posiert. Die ist, ist Energie die notwendige Voraussetzung für die Metalle, Luft oder Wasser – unaufhörlich in Chaos Dokumentation der „Hochzeits-Crashes“ entfaltet ein 19 a Day, 2014 Produktion von neuen Ressourcen. auf. Bezogen auf Systeme des Zusammenlebens Spektrum von Repräsentationen der Ehegemeinschaft 28 Farbfotografien, je 10 x 15 cm Physical Factors of the Historical Process … werden dabei Fragen nach der Produktion und der – von westlich-orientierten Stilen bis zu Hidschab- In Zusammenarbeit mit Shamil Gadzhidadaev besteht aus einem großformatigen Druck in der geordneten, also gerechten Verteilung begrenzter tragenden Frauen – sowie der universellen Ausstellung sowie mehreren Postern, die in den Ressourcen aufgeworfen, die letztlich auch direkte Ritualisierungen der individuellen Liebe. Super Taus, 2016 Toilettenräumen der Kunsthalle Wien platziert sind. politische Implikationen enthalten. In ihrem 4-Kanal-Video sieht man die Künstlerin 4-Kanal-Video, Farbe, Ton, 10:17, 12:36, 15:57 und Ausgangspunkt ist eine Publikation des Künstlers, hingegen in der Rolle ihres Alter Egos „Super Taus“. 5:10 Min. im Rahmen derer er sich mit den ökonomischen, Physical Factors of the Historical Process – The Problem In der für Dagestan traditionellen Kleidung begibt sie politischen wie auch materiellen Bedingungen von of Cosmic Calculation, 2017 sich auf die Suche nach einem geeigneten Ort für das Courtesy die Künstlerin und narrative projects, London Energieproduktion auseinandersetzt und diese am 4 Panele mit Vinylfolie, je 200 x 280 cm, 6 Poster, von ihr produzierte Denkmal für Maria Korkmasova und historischen Fall eines Arbeiterstreiks, der 1919 im je 29,7 x 42 cm Khamisat Abdulaeva. Die beiden Frauen arbeiteten damals größten Kraftwerk Barcelonas stattfand, als Aufsichtspersonal in einem russischen Museum abhandelt. Moraes interessiert sich vor allem für die Courtesy der Künstler und retteten in den frühen 1990ern ein Gemälde von Mechanismen, die bei der Herstellung, dem Austausch Alexander Rodchenko aus den Händen eines Räubers. und der Umverteilung von Ressourcen wirken. Taus Makhacheva, 19 a Day, Makhachkala, 14.09.2014, Foto: Shamil Gadzhidadaev, Courtesy die Künstlerin und narrative projects, London Pedro Moraes, Physical Factors of the Historical Process – The Problem of Cosmic Calculation, 2017, Courtesy der Künstler
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