Länderprofile Analysen - Erfahrungen - Trends - Edition Polen
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Herausgeber GATE-Germany Konsortium für Internationales Hochschulmarketing www.gate-germany.de Geschäftsstelle von GATE-Germany: Kennedyallee 50, 53175 Bonn www.daad.de Projektleitung Ursula Egyptien Gad Projektkoordination Cornelia Hauswald Fachliche Beratung Hans Golombek, Randolf Oberschmidt, Maria Szrajber-Czerwińska Konzeption und Redaktion Kristin Mosch, Lemmens Medien GmbH, Bonn Verlegerische Betreuung Lemmens Medien GmbH, Bonn Bildnachweis Westermann-Verlag (S. 4), DAAD (S. 5), privat (S. 6, 7, 17 unten, 18, 19, 20), picture- alliance/akg-images/Hilbich (S. 8 oben links), picture-alliance/ZB/dpa-report (S. 3 rechts, 8 oben Mitte, 9 unten Mitte, 21), picture-alliance/PAP (S. 3 links, 8 oben rechts, 8 unten rechts, 9 oben Mitte, 11, 13, 30), wikimedia (S. 8 unten links, 9 unten links, 14, 22), picture-alliance/dpa/epa (S. 2 Mitte, 8 unten Mitte, 23), picture-alliance/ZB/ZB-Fotoreport (S. 3 Mitte, 9 oben links, 9 unten rechts, 15, 24/25), picture-alliance/dpa/dpa-report (S. 9 oben rechts), picture-alliance/dpa/epa- Bildfunk (S. 10), Krzysztof Ruchniewicz (S. 2 oben, 16), wikipedia (S. 17 oben), picture-alliance/ 16 Lonely Planet Images (S. 26), MAN Bus Sp. z o. o. (S. 27), picture-alliance/dpa (S. 2 unten, 28, 29). Titel Monika Lewandowska/istockphoto.de Gestaltung Inhalt Courir Print Media GmbH, Bonn Satz + Druck Courir Print Media GmbH, Bonn Auflage 8.000 Redaktionsschluss: April 2011 Kontakt egyptien@daad.de, hauswald@daad.de © DAAD Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung sowie Quellenangabe gestattet. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Text durchgehend die männliche Form verwendet. Bisher erschienene Ausgaben: Edition Indien Edition China Edition Golfstaaten Edition Baltische Staaten 23 Edition Russland Edition Brasilien Edition Südafrika Edition Türkei Edition USA Eine Gemeinschaftsinitiative von DAAD und HRK – Hochschulrektorenkonferenz Bundesministerium Das internationale Marketing für Bildung und Forschung in Deutschland wird unterstützt aus für Bildung Zuwendungen des BMBF an den DAAD. und Forschung 28
Inhalt 11 15 21 Service Ein Umfeld, in dem man sich auch als Professorin Impressum 2 noch weiterentwickeln kann 19 Interview mit DAAD-Gastdozentin Ewa Geller, Ein starkes Netzwerk 4 Professorin für Jiddistik am Institut für Slawistik Editorial 5 der Humboldt-Universität zu Berlin • von Kristin Mosch Testimonials 6 Bildungsrelevante Daten und Fakten 8 Die Studienbedingungen sind exzellent 20 Als deutsche Studentin in Polen Austauschvolumen in den letzten 20 Jahren • von Elisabeth Niendorf stark gestiegen 10 Engagement des DAAD in der Kooperation mit Polen Berlin ist für Architekturstudierende • von Hans Golombek der perfekte Ort 20 Als polnischer Student in Deutschland Hochschule • von Piotr Jardzioch Ein Hochschulsystem im Wandel 11 Theorielastig, komplex, bürokratisch … 21 40 Prozent der 19- bis 24-Jährigen sind an den … unterschiedliche Eindrücke polnischer Studierender Hochschulen eingeschrieben in Deutschland • von Randolf Oberschmidt • von Stephan Weidt In Warszawa/Warschau entsteht eines der Rapid-Prototyping und Lasertechnologien 22 modernsten Biomedizin-Zentren Mitteleuropas 12 Gemeinsames Forschungszentrum des Fraunhofer-Instituts Forschungsinfrastruktur für Werkstoff- und Strahltechnik(IWS) und der Technischen • von Meinolf Bickmann Universität Wrocław/Breslau • von Paul Flückiger Kooperation mit polnischen Hochschulen 15 Hinweise und Tipps • von Randolf Oberschmidt Wirtschaft Das BIP steigt kontinuierlich – Forschung für den deutsch-polnischen Dialog 16 trotz Weltwirtschaftskrise 23 Willy Brandt-Zentrum für Deutschland- und Europa- Ein Grund für die gute Entwicklung ist das studien (WBZ) der Universität Wrocław/Breslau konsequente Bekenntnis zur Marktwirtschaft • von Krzysztof Ruchniewicz • von Witold Małachowski Partner für Doppel-Diplom-Studiengänge gesucht 17 Firma MAN: „Wir arbeiten besonders gerne Interview mit Włodzimierz Kurnik, Professor mit den Technischen Hochschulen zusammen“ 27 für Ingenieurwissenschaften und Rektor der Technischen Interview mit Renata Bolanowska, Leiterin der Universität Warszawa/Warschau Personalabteilung der Firma MAN Bus Sp. z o. o. • von Kristin Mosch in Sady bei Poznań/Posen • von Kristin Mosch Auch bei Meinungsverschiedenheiten bleibt man höflich 18 Politik/Gesellschaft Interview mit Jörg Hackmann, DAAD-Langzeitdozent und Professor für osteuropäische Geschichte an der Zukunftsaussichten so gut wie nie 28 Universität Szczecin/Stettin Der Maßstab ist Westeuropa • von Kristin Mosch • von Gerhard Gnauck Fettnäpfchen und Gemeinsamkeiten 30 Interkulturelles aus Polen • von Matthias Kneip
Service Landesfläche: 312.678 qkm • Hauptstadt: Warszawa/Warschau (Großraum) mit ca. 2,4 Mio. Einwohnern • Bevölkerung: 38,2 Mio. (2009), 122 Einwohner pro qkm, Wachstum: 0,1% pro Jahr • Regierungsform: Parlamentarische Demokratie mit Zweikammerparlament • Bruttoinlandsprodukt (BIP): 310 Mrd. EUR, pro Kopf: 8.128 EUR (2009) Quelle: www.auswaertiges-amt.de Ein starkes Netzwerk Ihre Experten vor Ort Ihre Experten in Deutschland DAAD-Außenstelle – Warschau DAAD Referat – Information für Ausländer Internationale DAAD-Akademie Dr. Randolf Oberschmidt, Leiter Kennedyallee 50, 53175 Bonn zum Bildungs- und Forschungsstandort (iDA) ul. Czeska 24/2 www.daad.de Deutschland, Kampagnen Dr. Gabriele Althoff 03-902 Warszawa Dr. Ursula Egyptien Gad Fon: +49/(0) 228/882–707 Referat – Baltische Staaten, Polen, Fon: +48 /22/ 6 16 13 08 Fon: +49/(0) 228/882-648 E-Mail: info@daad-akademie.de Slowakei, Tschechien E-Mail: daad@daad.pl E-Mail: egyptien@daad.de Hans Golombek www.daad.pl HRK Fon: + 49/(0) 228/882-284 Referat – Internationale Hochschul- Ahrstraße 39, 53175 Bonn E-Mail: golombek@daad.de messen, Marketing-Dienstleistungen www.hrk.de für Hochschulen GATE-Germany – Konsortium für Dorothea Neumann Arbeitsbereich – Internationale Internationales Hochschulmarketing Fon: +49/(0) 228/882-669 Angelegenheiten Geschäftsstelle beim DAAD E-Mail: neumann@daad.de Marijke Wahlers Dr. Irene Jansen, Leiterin Fon: +49/(0) 228/887-170 Fon: +49/(0) 228/882-312 Referat – Forschungsmarketing E-Mail: wahlers @hrk.de E-Mail: info@gate-germany.de Anke Sobieraj www.gate-germany.de Referat – GATE-Germany: Fon: +49/(0) 228/882-858 www.daad.de Studien und Evaluation E-Mail: sobieraj@daad.de Ulrike Koch Fon: +49/(0) 228/887-122 E-Mail: koch@hrk.de 4 Länderprofile Polen
Editorial Liebe Leserinnen und Leser, das vorliegende Länderprofil widmet sich dem Nachbarland Polen, das mit Deutsch- land in einem engen politischen, kulturellen und wissenschaftlichen Austausch steht. Der Hochschulkompass der HRK verzeichnet aktuell 930 Kooperationen, über die deutsche und polnische Hochschulen miteinander verbunden sind. Etwa 2,3 Millionen Menschen lernen in Polen aktuell die Fremdsprache Deutsch, als Gastland rangiert Deutschland für polnische Studierende an erster Stelle. Den Weg an eine polnische Hochschule fanden demgegenüber nur knapp 600 deutsche Studierende im Jahr 2010. Die polnische Seite hat ein großes Interesse an der Gewinnung deutscher Studie- render und Gastwissenschaftler. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Einrichtung gemeinsamer Doppel-Diplom-Studiengänge sowie der Aufbau englischsprachiger Studienprogramme. Der Rektor der Technischen Universität Warszawa /Warschau, Włodzimierz Kurnik, berichtet im Heft vom Engagement seiner Hochschule in diesem Bereich und spricht sich ins- gesamt für eine stärkere europäische Vernetzung von Wissenschaft und Hochschule aus. Die deutschen außeruniversitären Forschungseinrichtungen sind ebenfalls in Polen vertreten. So hat die Max-Planck- Gesellschaft beispielsweise mit der Polnischen Akademie der Wissenschaften und verschiedenen Universitäten vier Forschungsgruppen eingerichtet. Auch die Fraunhofer Gesellschaft ist aktiv: Das Länderprofil stellt das gemeinsame Forschungszentrum des Dresdner Fraunhofer-Instituts für Werkstoff und Strahltechnik und der Technischen Univer- sität Wrocław/Breslau vor. Polen erlebt seit Jahren einen bemerkenswerten wirtschaftlichen Aufstieg. In den beiden Jahrzehnten nach dem politischen Umbruch stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 78 Prozent an. Nicht einmal die Weltwirtschafts- krise 2008/2009 konnte das polnische Wirtschaftswachstum stoppen; im Unterschied zu fast allen anderen Län- dern konnte Polen selbst in dieser Zeit einen Anstieg des BIP verzeichnen. Die aktuelle Reform des Hochschul- und Wissenschaftssystems sieht eine verstärkte Zusammenarbeit mit Wirtschaftsunternehmen vor: Die Kooperation der Firma MAN mit der Technischen Universität in Poznań/Posen wird im Heft als anschauliches Beispiel skizziert. Ich hoffe, Ihnen mit dem Heft wichtige Informationen an die Hand zu geben, die bei der Anbahnung gemeinsamer Projekte von Nutzen sind, und wünsche Ihnen einen angenehme Lektüre. Ursula Egyptien Gad Leiterin des Referats Information für Ausländer, Kampagnen, DAAD Länderprofile Türkei 5
Service „Als Student der Sprachwissenschaften stoße ich hier in Polen auf eine persönlich passende Kombination: Endlich erlebe ich neben meiner Muttersprache Deutsch auch meine Vatersprache (je˛zyk ojczysty) Polnisch im Alltag. Viele Menschen in Deutschland teilen Aspekte meiner Fami- liengeschichte, die vom Zweiten Weltkrieg, der Vertreibung und dem Kalten Krieg geprägt ist. Es ist schön zu sehen, dass unsere junge Generation vorurteilsfrei in eine gemeinsame europäische Zukunft geht. Ich kann nur jedem empfehlen, einige Zeit in diesem aufstrebenden Land zu ver- bringen, in dem sich – im Gegensatz zu so manchem ‚westlichen‘ Land – noch vieles im Aufbau befindet und Gestaltungsspielraum für eigene Ideen vorhanden ist.“ Roman Stachowicz Student der Sprachwissenschaft, Universität Warszawa/Warschau “Scientific cooperation between Poland and Germany evolves steadily and after many years of re- lative imbalance becomes beneficial for both sides. For long, Poland has been privileged with the access to funding and recognition from German institutions, e.g. Alexander von Humboldt Foun- dation, DAAD, DFG and others. Hundreds of Polish scholars and researchers have visited Ger- many and worked in common projects. Nowadays, there are more and more opportunities to deve- lop our fruitful relations. Solely within international PhD projects run by the Foundation for Polish Science (FNP) hundreds of young researchers will experience work at German laboratories. Fur- thermore, German scientists can be awarded with a prestigious Copernicus Prize, organized and granted jointly by DFG and FNP, or apply for a research stay in Poland funded by FNP within its Alexander von Humboldt Honorary Fellowship scheme.” Michał Pietras Director of EU funded programmes, Foundation for Polish Science (FNP), Warsaw „Anfang der 1970er Jahre faszinierte mich die Musik von Czesław Niemen und Marek Grechuta – mein erster Kontakt mit Polen war also akustischer Art. In den darauffolgenden Jahren trampte ich kreuz und quer durch das Nachbarland, entdeckte sehr unterschiedliche Regionen und schöne Städte. Gleichzeitig lernte ich zahlreiche interessante Menschen kennen und fing an zu begrei- fen, dass unsere gemeinsame Geschichte äußerst vielfältig, aber auch kompliziert ist. Die Entste- hung der Solidarność beeindruckte mich kolossal. Heute bin ich davon begeistert, dass ich mit unserem Team zur facettenreichen und auch komplizierten Geschichte der deutsch-polnischen Be- ziehungen im europäischen Kontext forschen kann.“ Ruth Leiserowitz Stellvertretende Direktorin, Deutsches Historisches Institut, Warszawa/Warschau “Before arriving in Tübingen in the autumn of 2009 Swabia had been the only region of Germany I hardly knew. After three semesters of lecturing recent human geography at Eberhard Karls Uni- versity in Tübingen, I have become more than familiar with the unique Swabian mélange of tradi- tional and modern environments, and, not surprisingly, the Polish spirit(s) have been more than amply welcomed by the local (Zeit)geist.” Mariusz Czepczyński Professor of Cultural Geography, University of Gdańsk/Danzig 6 Länderprofile Polen
Service „Ich arbeite jetzt seit anderthalb Jahren an meinem Forschungsprojekt und bemerke inzwischen viele subtile Unterschiede im Alltagsleben und in der Wissenschaftskultur. So hat mich beispiels- weise überrascht, dass ich hier in Diskussionen entweder eine extreme Direktheit oder eine starke Zurückhaltung erwarten kann. Dank der ständigen Konfrontation mit verschiedenen Kulturen kann ich aber meine eigenen Erfahrungen leichter verstehen und Muster, die mir besser gefallen, bewusst wählen und annehmen.“ Marta Otlewska Doktorandin im Fach Gräzistik, Freie Universität Berlin „Für einen Historiker, der sich mit den deutsch-polnischen Beziehungen beschäftigt, ist es span- nend, in einer Stadt zu wirken, die wie kaum eine andere den deutsch-polnischen Geschichtsraum repräsentiert. In dem traditionsreichen, lebendigen und freundlichen Toruń/Thorn finde ich für mein Fach hochkompetente Gesprächspartner. Die breit aufgestellte Nikolaus-Kopernikus-Universität bie- tet zudem vielfältige Möglichkeiten zu gemeinsamen, interdisziplinären Projekten. Die Zusammen- arbeit mit deutschen Partnern ist über einen langen Zeitraum gewachsen und führt mehrere Gene- rationen von Wissenschaftlern zusammen. Wir bemühen uns, diese Traditionen fortzuführen und den neuen Erfordernissen anzupassen. Dabei sehen wir unsere vornehmliche Aufgabe da- rin, den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern und die Kommunikation auf internationaler Ebene zu organisieren.“ Ralph Schattkowsky DAAD-Langzeitdozent, leitet als ordentlicher Professor den Lehrstuhl für Geschichte der Internationalen Beziehungen, Nikolaus-Kopernikus-Universität Toruń/Thorn „Schon viele Jahre vor dem politischen Umbruch war es spannend und ungeheuer anregend, mit polnischen Fachkollegen aus den unterschiedlichen Disziplinen in einen wissenschaftlichen Aus- tausch zu treten. Nach 1989 konnten die wissenschaftlichen Kontakte in eine sich von Jahr zu Jahr erweiternde und vertiefende Wissenschaftsvernetzung überführt werden. Wenn ich mir heute an- schaue, wie sich die Wissenschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Polen entwickeln, dann habe ich den Eindruck, dass sie zu den intensivsten Auslandsbeziehungen überhaupt gehören.“ Dieter Bingen Direktor, Deutsches Polen-Institut Darmstadt; Honorarprofessor für das Gebiet Kultureller Wandel und gesellschaftliche Transformationsprozesse in Europa, Hochschule Zittau/Görlitz „Es ist sehr interessant, in einem dynamischen Markt mit einem aktiven Mittelstand tätig zu sein. Die Wirtschaftsverflechtungen zwischen Deutschland und Polen sind traditionell sehr stark und nehmen weiterhin zu. In den nächsten zwölf Monaten wird Polen, nicht nur für Deutschland, im Mittelpunkt stehen: Ab Juli übernimmt das Land die EU-Präsidentschaft und wird somit für sechs Monate die Vorreiterrolle in der Europapolitik spielen, und ein halbes Jahr später spielen dann die besten Europäer in Polen – und zwar Fußball!“ Michael Kern Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer (AHK Polen), Warszawa/Warschau Länderprofile Polen 7
Bildungsrelevante Daten und Fakten Daten zum Hochschul- und Bildungswesen in Polen Hochschulwesen, staatliche Ausgaben 2009, gemessen am BIP 0,88% Forschungsetat, staatliche Ausgaben 2009, gemessen am BIP 0,61% Anzahl der Hochschulen im Jahr 2009/2010 461 davon staatlich 131 davon privat 330 Hochschultypen im Jahr 2009/2010 Universitäten 19 Technische Hochschulen 23 Landwirtschaftshochschulen 7 Wirtschaftshochschulen 80 Pädagogische Hochschulen 18 Medizinische Hochschulen 9 Seefahrtshochschulen 2 Sporthochschulen 6 Kunsthochschulen 21 Theologische Hochschulen 15 Staatliche Akademien des Verteidigungs- und Innenministeriums 7 Sonstige (hauptsächlich staatliche Berufshochschulen) 254 Eingeschriebene Studierende im Jahr 2009/2010 1.900.014 davon an staatlichen Institutionen 1.266.917 davon an privaten Hochschulen 633.097 Frauenanteil 58,18% Quelle: www.stat.gov.pl/gus/5840_657_PLK_HTML.htm; DAAD Anteil ausländischer Studierender 0,89% Doktoranden 35.671 Anzahl Hochschullehrer 2009 100.066 davon ordentliche Professoren 8.200 Abschlüsse im Jahr 2009 Bachelor 215.973 Master (in der Regel nach zweijährigem Studium) 112.508 Magisterabschluss nach fünfjährigem Studium 111.268 Promotion 4.659 8 Länderprofile Polen
Hochschulsystem in Polen Promotion (PhD) Postgraduales Studium 3-4 Jahre 1-2 Jahre Zweite Studienphase (Master = Magister) 2-2,5 Jahre Einheitliches Magisterstudium (Magister) 5-6 Jahre Erste Studienphase (Bachelor = Lizenziat/Ingenieur) 3-4 Jahre Hochschulreife (polnisch: Matura) Quelle: Study in Poland – Fundacja Edukacyjna Perspektywy Die ersten zehn deutschen Zielhochschulen Studierende aus Polen (Bildungsausländer) für Studierende aus Polen im WS 2009/10 im WS 2009/10 nach Fächergruppen (Bildungsausländer) Fächergruppen/Studienbereiche Studierende Hochschulen Studierende Sprach- und Kulturwiss. 3.041 Europa-U Viadrina Frankfurt (Oder) 724 Sport 45 Quelle: Statistisches Bundesamt, Wissenschaft weltoffen FU Berlin 377 Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwiss. 2.865 Humboldt-Universität Berlin 309 Mathematik, Naturwiss. 903 U Frankfurt a.M. 298 Humanmedizin/Gesundheitswiss. 374 U München 281 Veterinärmedizin 27 U Mainz 268 Agrar-, Forst- und Ernährungswiss. 106 TU Berlin 248 Ingenieurwiss. 724 U Hamburg 247 Kunst, Kunstwiss. 336 U Köln 237 Sonstige 46 TU Dresden 195 Fächergruppe insgesamt 8.467 Länderprofile Polen 9
Service Austauschvolumen in den letzten 20 Jahren stark gestiegen Engagement des DAAD in der Kooperation mit Polen In der Zusammenarbeit des DAAD mit Polen spiegeln sich die traditionell engen Beziehungen im Be- reich von Hochschule und Wissenschaft zwischen Deutschland und seinem wichtigsten östlichen Nachbarland wider. Schon in der ersten Tätigkeitsphase des DAAD vor dem Zweiten Weltkrieg gab es zwischen beiden Ländern trotz der von der Politik ausgehenden Einschränkungen und Belastun- gen einen umfangreichen akademischen Austausch, so dass man für 1938 schon die Einrichtung einer DAAD-Außenstelle in Warszawa /Warschau geplant hatte. Dazu kam es nicht mehr, weil das nationalsozialistische allen seinen Programmen förderte der DAAD 2009 ins- Deutschland seine Politik gegenüber Polen änderte und gesamt circa 2.000 Polen und 800 Deutsche. Die meis- schließlich durch den Überfall auf dieses Land den Zwei- ten Polen und Deutschen werden im Rahmen von Hoch- ten Weltkrieg auslöste. Nach seiner Wiedergründung in schulpartnerschaften gefördert. 2010 unterstützte der der neuen Bundesrepublik Deutschland gehörte der DAAD insgesamt 79 Partnerschaften deutscher mit pol- DAAD zu den Organisationen, die schon früh bemüht nischen Hochschulen und ermöglichte so den in der Re- waren, die Beziehungen zu Polen auf eine neue Grund- gel kurzfristigen Austausch von Studierenden und Hoch- lage zu stellen und den „Eisernen Vorhang“ trotz der be- schullehrern: 646 Polen und 402 Deutschen. Zu diesen stehenden politischen Gegensätze durch akademischen sogenannten „Ostpartnerschaften“ kommen noch Part- Austausch durchlässig zu machen. Bereits 1958 wurde nerschaften auf der Ebene der Institute und Lehrstühle das erste DAAD-Stipendium an eine junge polnische Wis- hinzu, die die Durchführung von deutschsprachigen Stu- senschaftlerin für einen einjährigen Forschungsaufent- diengängen, die Förderung gemeinsamer deutsch-pol- halt in der Bundesrepublik vergeben. Die Phase der zu- nischer Forschungsprojekte sowie die intensive Zusam- nächst sporadisch an Polen und Deutsche vergebenen menarbeit der polnischen mit der deutschen Germanistik Stipendien ging 1970 zu Ende, als der DAAD noch vor ermöglichen. Da in kaum einem anderen Land außerhalb der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der des deutschen Sprachraums die Germanistik einen so Bundesrepublik Deutschland und der damaligen Volksre- bedeutenden Platz an den Universitäten einnimmt, hat publik Polen mit der Polnischen Akademie der Wissen- der DAAD insgesamt 19 Lektorate in Polen eingerichtet, schaften (PAN) eine Vereinbarung abschließen und somit die fast alle im Bereich der Germanistik und Fachspra- den bis dahin ungeregelten akademischen Austausch auf chenvermittlung tätig sind. Die enge Verbindung Polens eine vertragliche Grundlage stellen konnte. Obwohl Po- mit Deutschland kommt vor allem auch im Rechtswesen len bis 1989, dem Jahr der revolutionären Veränderungen zum Ausdruck, so dass viele polnische Studierende der in Mittel- und Osteuropa, bereits das bei weitem wich- Rechtswissenschaften eine ergänzende Ausbildung im tigste Partnerland des DAAD dieser Region war, konnte deutschen Recht anstreben. Verschiedene deutsche Uni- die Zusammenarbeit ab 1990 durch eine Reihe von versitäten haben daher, teilweise unterstützt vom DAAD, Sonderprogrammen, darunter auch in Kooperation mit an den Universitäten Warszawa/Warschau, Kraków/Kra- der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit in kau, Wrocław/Breslau, Poznań/Posen, Łódź/Lodz und Warszawa/Warschau, noch bedeutend erweitert und Gdańsk/Danzig Schulen des deutschen Rechts eingerich- auch vertieft werden. Zwischen 1990 und 1995 kamen tet. Dem großen Interesse an Deutschlandkunde im all- aus keinem anderen Land der Welt mehr Stipendiaten gemeinen folgend hat der DAAD, neben Langzeitdozen- nach Deutschland als aus Polen. Die für die Bewältigung turen an den Universitäten Toruń/Thorn und Szczecin/ des gewachsenen Austauschvolumens dringend benö- Stettin, 2002 das Willy Brandt-Zentrum für Deutschland- tigte DAAD-Außenstelle konnte 1997 eingerichtet und und Europastudien an der Universität Wrocław/Breslau im Juni 1998 feierlich eröffnet werden. eingerichtet, das vom DAAD und dieser Universität ge- Der Austausch mit Polen ist durch ein deutliches Un- meinsam getragen und finanziert wird. gleichgewicht zwischen dem Interesse polnischer Stu- dierender, Doktoranden und Wissenschaftler an Auf- Hans Golombek, enthalten in Deutschland und dem Interesse deutscher Leiter des Referats Mittelosteuropa, DAAD Bibliothek der Universität Warszawa/ Warschau Akademiker an Aufenthalten in Polen gekennzeichnet. In Kontakt: golombek@daad.de 10 Länderprofile Polen
Hochschule Ein Hochschulsystem im Wandel Eröffnung des Akademischen Jahres an der Technischen Universität Warszawa/ Warschau 40 Prozent der 19- bis 24-Jährigen sind an den Hochschulen eingeschrieben In den letzten beiden Jahrzehnten hatte das polnische Hochschulsystem einen enormen Wandel zu be- wältigen: Die Zahl der Studierenden stieg von 400.000 auf knapp 2 Millionen; private Hochschulen neh- men davon etwa ein Drittel auf. Eine Reform, deren erste Regelungen im Jahr 2010 in Kraft getreten sind, soll für mehr Qualität, Effizienz und Anwendungsorientierung sorgen. Universitäre Bildung in Polen kann auf eine lange Tra- Die Zäsur von 1989/90 dition zurückblicken, die mit der Jagiellonen-Universi- Das Jahr 1989 bedeutete für Polen nicht nur die Wie- tät in Kraków/Krakau beginnt – gegründet 1364. Da- dererlangung von Freiheit und Demokratie, sondern bei ist das Wissen um die Geschichte von Bildung und auch den Beginn eines Umbruchs im Wissenschafts- Forschung in Polen nicht nur ein Metier für Historiker und Hochschulwesen, dessen Auswirkungen bis heute oder Traditionalisten, sondern es gehört – wie die ge- andauern. Im Hochschulwesen wurde das einst nur samte polnische Geschichte – zum kulturellen Gedächt- für wenige Privilegierte mögliche Hochschulstudium nis der Polen, an das beständig erinnert wird und wel- zum Normalfall (0,4 Millionen Studierende 1990/91, ches bis heute seine Wirkung im Alltag entfaltet. Dass 1,9 Millionen Studierende 2009/10). Polen hat dabei universitäre Tradition dabei auch ein Spiegelbild der mit 40 Prozent Studierenden der Alterskohorte der 19- oftmals tragischen und komplizierten polnischen Ge- bis 24-Jährigen (2008/09) den höchsten Wert unter den schichte ist, lässt sich beispielsweise an der Universi- OECD-Ländern. Um diesen Bildungsansturm zu bewälti- tät Wrocław/Breslau (Gründung 1945) ablesen, die sich gen, wurde eine Vielzahl von staatlich anerkannten pri- auch als Bewahrerin des Erbes der österreichischen Le- vaten Hochschulen gegründet (im Jahr 2010 gab es 461 opoldina (1702), der preußischen Friedrich-Wilhelms- Hochschulen, davon 330 private), an denen circa ein Universität (1811) und der Jan-Kazimierz-Universität Drittel aller Studierenden eingeschrieben ist. Das ge- (1661) im ehemals polnischen Lwów (dem heute ukrai- bührenpflichtige Studienangebot (Studiengebühren be- nischen L’viv) versteht. wegen sich in Abhängigkeit vom Studienfach zwischen Länderprofile Polen 11
Hochschule 250 und 4.500 Euro pro Jahr) konzentriert sich vor al- dierende, Graduierte, Doktoranden, Wissenschaftler), lem auf Sprachen, Wirtschafts- und Kulturwissenschaf- auf Englisch oder Deutsch statt. Auch im Rahmen der ten in B.A.-Studiengängen. An staatlichen Hochschulen akademischen Mobilität gibt es intensive Aktivitäten. ist nur das Präsenzstudium kostenlos, nicht aber die Deutschland ist für Polen Zielland Nr. 1 im Rahmen englischsprachigen Studiengänge oder das Abend- oder von ERASMUS und der sonstigen studentischen Mo- Fernstudium. Insgesamt muss mehr als die Hälfte aller bilität (9.401 polnische Bildungsausländer an Hoch- Studierenden Studiengebühren zahlen, die eine wich- schulen in Deutschland 2010). Dies gilt allerdings tige Einnahmequelle für die Hochschulen sind. nicht für die umgekehrte Richtung, denn im selben Jahr studierten lediglich 585 deutsche Studierende an polnischen Hochschulen. Die Kooperationen in Lehre Integration in europäische Strukturen und Forschung werden dabei auf vielfältige Art und Mittlerweile ist das polnische Bildungssystem voll in Weise unterstützt: Neben den traditionellen Förderor- den Europäischen Hochschul- und Forschungsraum in- ganisationen wie DAAD, Alexander von Humboldt-Stif- tegriert. Seit Ende der 1990er Jahre nimmt Polen an den tung (AvH), Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) europäischen Mobilitäts- und Forschungsmaßnahmen etc. gibt es im deutsch-polnischen Kontext eine Reihe teil, die Bologna-Kriterien sind umgesetzt. Eine wichtige von zusätzlichen Organisationen wie die Stiftung für Rolle spielen die deutsch-polnischen Wissenschaftsbe- deutsch-polnische Zusammenarbeit oder die Deutsch- ziehungen, die besonders vielfältig und intensiv sind. Polnische Wissenschaftsstiftung. Ende Februar 2011 waren im Hochschulkompass der Hochschulrektorenkonferenz 930 Kooperationen ver- zeichnet, die deutsche Hochschulen mit ihren polni- Reform des Wissenschafts- und Hochschulsystems schen Partnern unterhielten. Damit lag Polen nach Das Wissenschafts- und Hochschulsystem weist eine Frankreich, Großbritannien, Spanien und den USA auf Reihe von strukturellen Schwächen und Problemen dem 5. Platz. Die Kooperationen umfassen Lehre und auf (ineffiziente Finanzierung ohne wirklichen Wettbe- Forschung, sind bilateral oder multilateral, beinhalten werb, geringe Innovationsfähigkeit, geringer Grad an manchmal nur den reinen Austausch, aber auch ge- Internationalisierung, wenig anwendungsorientierte meinsame Abschlüsse, finden auf allen Ebenen (Stu- Lehre und Forschung mit fehlender Anbindung an die Forschungsinfrastruktur In Warszawa/Warschau entsteht eines der modernsten Biomedizin-Zentren Mitteleuropas In seiner Strategie für die Entwicklung der Wissenschaft in Polen von 2007 legte das polnische Ministerium für Wissenschaft und Hochschulwesen fest, dass die Fächer Informationstechnologie, Nanotechnologie sowie Biotechnologien zum Motor für die Entwicklung von fünf prioritären Forschungsbereichen werden sollen: Ge- sundheit, Landwirtschaft und Umwelt, Energie und Infrastruktur, Hightech für die Wirtschaft sowie Gestaltung einer Gesellschaft unter den Voraussetzungen einer beschleunigten ökonomischen Entwicklung. Ein Beispiel für die Umsetzung dieser Strategie ist der in Warszawa/Warschau angesiedelte Campus Ochota, der auf dem besten Wege ist, das modernste Biomedizin-Zentrum Mitteleuropas zu werden mit mehr als 5.500 Beschäf- tigten (geplant), davon 1.500 wissenschaftliche Kräfte und etwa 1.000 Doktoranden (jeweils 50 Prozent für biomedizinische Wissenschaften), einem angestrebten Jahresumsatz von 50 Millionen Euro und einem ge- schätzten Vermögen von insgesamt 150 Millionen Euro. Zum Campus gehören verschiedene Institute der Universität Warszawa/Warschau, der Medizinischen Universität Warszawa/Warschau sowie Institute der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Neben der Biomedizin soll ein weiterer Schwerpunkt des Cam- pus das Zentrum für Neue Technologien (CeNT) werden, das die Universität Warszawa/Warschau errichtet. Drei Objekte sind geplant: 1. CeNT I – Labore und Lehrsäle für Studierende der Biologie, Chemie, der Biotechnologien, Informations- wissenschaften und des Umweltschutzes auf einer Gesamtfläche von 22.391 Quadratmetern (Fertigstellung 3. Quartal 2012) 2. CeNT II – Physikfakultät – Lehr- und Forschungsprogramme auf einer Gesamtfläche von fast 28.000 Quadratmetern (Fertigstellung 1. Quartal 2013) 3. CeNT III unter anderem 130 modern ausgestattete Labore für Arbeiten zum Umweltschutz (Beginn der Baumaßnahmen 2012, Fertigstellung Ende 2013). Meinolf Bickmann, Deutsche Botschaft, Warszawa/Warschau 12 Länderprofile Polen
Katholische Universität Lublin Industrie und verkrustete Hochschulstrukturen). Dies und der Industrie Wissenschaftszentren (Centra Nau- Johannes Paul II. zu ändern, ist das Hauptziel der Reform. Deren ers- kowe) bilden. Ob die polnische Wissenschaft in naher ter Teil ist am 1. Oktober 2010 in Kraft getreten und Zukunft ein wichtiger Faktor für ein innovationsbasier- betrifft das Wissenschaftssystem. Angestrebt werden tes Wirtschaftswachstum sein wird, hängt allerdings mehr Qualität, Effizienz und Anwendungsorientierung; maßgeblich von der Finanzierung ab. Hier liegt Polen dabei wird vor allem bei der Finanzierung und dem ins- mit 0,61 Prozent (Deutschland 2,78 Prozent) des Brut- titutionellen Gefüge angesetzt. Öffentliche Mittel für toinlandsprodukts (BIP, 2009) als Aufwendungen für Forschung werden künftig zunehmend in konkurrie- Forschung und Entwicklung weit unter dem EU-Durch- renden Antragsverfahren vergeben und können dort schnitt (circa 2 Prozent). Ein weiteres Manko besteht da- allokiert werden, wo die beste Forschung stattfindet. rin, dass etwa zwei Drittel der Finanzmittel vom Staat Außerdem werden regelmäßige Audits über die Ver- und lediglich ein Drittel aus der Industrie kommen. wendung der Mittel zur Pflicht. Für angewandte For- Der zweite Teil der Reform, der am 1. Oktober 2011 in schung, auch im Bereich Sicherheit und Verteidigung, Kraft treten soll, betrifft das Hochschulwesen. Zu den sowie für die Ausschreibung von strategischen For- Zielen gehören hier vor allem die Verbesserung der schungsprogrammen ist künftig das bereits seit 2007 Qualität von Lehre und Forschung, neue Rahmenbedin- existierende Nationale Zentrum für Forschung und Ent- gungen für das Hochschulmanagement, die Beschleu- wicklung (Narodowe Centrum Badań i Rozwoju) zustän- nigung des wissenschaftlichen Fortkommens und eine dig; für die Finanzierung von Grundlagenforschung das intensivere Zusammenarbeit der akademischen Welt Nationale Wissenschaftszentrum (Narodowe Centrum mit dem Arbeitsmarkt. Schwerpunkte der Reform sind Nauki), welches in Kraków/Krakau entsteht. Die mä- unter anderem: ßig effizienten sogenannten Forschungs- und Entwick- Neue Ausbildungsstandards: Hochschulen erhalten lungseinrichtungen (Jednostki Badawczo-Rozwojowe) mehr Autonomie bei der Ausgestaltung der Lehre werden alle in Forschungsinstitute umgewandelt, die und müssen sich nicht mehr nach zentralen und sich vornehmlich mit anwendungsbezogener und wirt- verpflichtenden Vorgaben der Staatlichen Akkredi- schaftlich nutzbarer Forschung sowie mit Technologie- tierungskommission des Ministeriums für Wissen- transfer beschäftigen sollen. Gleichzeitig erhalten sie schaft und Hochschulwesen (MNiSW) für jedes Stu- die Möglichkeit, postgraduale Studiengänge und Promo- dienfach richten. Sie können in Eigenregie oder mit tionsprogramme anzubieten und sich mit anderen For- Wirtschaftsunternehmen neue Studiengänge ein- schungsinstituten, Instituten der Polnischen Akademie richten, die lediglich im Einklang mit den Nationa- der Wissenschaften (PAN = Polska Akademia Nauk) len Qualifikationsrahmen stehen müssen. oder Hochschulen zusammenzuschließen und Kapital- Etablierung von Führenden Nationalen Wissen- gesellschaften zu bilden. Die PAN-Institute bleiben in schaftseinrichtungen: Zur Steigerung der interna- ihrem Bestand weitgehend unangetastet, werden aber tionalen Wettbewerbsfähigkeit sollen – beginnend flexibler, was Finanzierung und Tätigkeitsbereiche an- mit acht Fachrichtungen (Geisteswissenschaften, geht, und können zusammen mit Forschungsinstituten Gesellschaftswissenschaften, Informatik, Ingenieur- Länderprofile Polen 13
Hochschule wissenschaften, Medizin, Naturwissenschaften, dium an staatlichen Hochschulen werden durch ei- Agrar- und Forstwissenschaften sowie Kunst) – im nen rechtsverbindlichen Vertrag mit der Hochschule konkurrierenden Verfahren sogenannte Führende fixiert. Das System der materiellen Unterstützung Nationale Wissenschaftseinrichtungen (KNOW = Kra- der Studierenden wird dahingehend modifiziert, jowy Naukowy Ośrodek Wioda˛cy) an den polnischen dass künftig die Bedürftigsten davon profitieren. Um Hochschulen ermittelt werden. Unabhängige Kom- mehr Studierenden als bisher ein gebührenfreies missionen unter Beteiligung internationaler Exper- Präsenzstudium zu ermöglichen, wird die Option ten sollen nach und nach bis maximal drei solcher hierfür in einer weiteren Fachrichtung auf diejeni- KNOW pro Fachrichtung identifizieren. Die KNOW gen Studierenden begrenzt, die aufgrund ihrer her- erhalten aus einem „Qualitätsfonds“ des Ministe- vorragenden Studienleistungen ein Stipendium des riums zusätzliche Gelder, die relativ frei verwendet Rektors erhalten. werden können (zum Beispiel für attraktivere Gehäl- Verknüpfung der Hochschulen mit der Wirtschaft: ter und Doktorandenstipendien). Allerdings verfügt Um die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und der Qualitätsfonds nur über bescheidene finanzielle Unternehmen zu erleichtern, sollen die Hochschulen Mittel. Auch bei der Zuteilung von Forschungsmit- verbindliche Richtlinien für den Schutz ihres intel- teln sollen die KNOW bevorzugt werden. lektuellen Eigentums und für die Kommerzialisie- Transparentere wissenschaftliche Karriere und Qua- rung von Forschungsergebnissen erlassen. Sie er- litätssicherung: Die teilweise sehr komplizierten und halten auch das Recht, gemeinsam mit Arbeitgebern langwierigen Prozeduren zur Erlangung der wissen- oder in deren Auftrag Studierende auszubilden. schaftlichen Grade sollen gestrafft und beschleunigt Dezentralisierung des Hochschulwesens: Ein vor- werden. Die Zulassung zum Doktorandenstudium rangiges Anliegen der Reform ist die Deregulie- soll ausschließlich im konkurrierenden Bewerbungs- rung und Dezentralisierung des Hochschulwesens. verfahren erfolgen. Für die Eröffnung des Promo- Zu diesem Zweck entfällt die bisherige Notwendig- tionsverfahrens muss mindestens eine wissenschaft- keit, wonach sämtliche Studienordnungen und Hoch- liche Publikation in einer nationalen Zeitschrift oder schulstatuten vom Minister für Wissenschaft und ein rezensierter Beitrag für eine internationale wis- Hochschulwesen gebilligt werden müssen. Der Ge- senschaftliche Tagung nachgewiesen werden. Auch staltungsspielraum der Rektoren wird deutlich er- die Habilitation soll verschlankt werden und nur weitert. Sie können in Zukunft in Eigenregie Orga- noch die wissenschaftlichen Errungenschaften be- nisationseinheiten an ihrer Hochschule einrichten, rücksichtigen. Die gesamte Prozedur nach Eröffnung schließen und umgestalten oder Filialen gründen. des Habilitationsverfahrens soll von elf auf vier Mo- Die Hochschulen können künftig selbst entscheiden, nate verkürzt werden. Alle Stellen an der Hochschule wie ihre Leitung (Rektor, Leiter und Stellvertreter der müssen künftig öffentlich ausgeschrieben werden. Arbeitseinheiten) bestellt wird: entweder wie bisher Um die Hochschulen zu internationalisieren, soll die durch Wahl durch die Gremien oder im Zuge einer Besetzung mit Ausländern erleichtert werden, so öffentlichen Ausschreibung. dass hervorragend qualifizierte promovierte Wis- Die angestrebte Hochschulreform ist ein sehr ambitio- senschaftler in Polen die Rechte von Habilitierten er- niertes Vorhaben mit dem Ziel, wieder Anschluss an die langen können. Weit verbreitet ist in Polen die Lehre Spitze in Europa zu finden. Die Diskussionen um die auf mehreren Stellen an verschiedenen Hochschu- Hochschulreform verliefen sehr intensiv und kontrovers. len. Um die Qualität der Lehre an der eigenen, das Naturgemäß gehen die Entwicklungen einem Teil der aka- heißt der ersten, Hochschule zu steigern, soll mit Zu- demischen Welt zu weit. Kritisch betrachtet werden unter stimmung von deren Rektor nur noch eine zusätzli- anderem die Kommerzialisierung der Wissenschaft und che Verpflichtung möglich sein. Die wissenschaftli- ihre zu starke Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Wirt- chen und didaktischen Mitarbeiter der Hochschule schaft. Anderen gehen die Änderungen nicht weit genug. werden alle zwei Jahre unter Einbeziehung der Mei- So wird moniert, dass es auch weiterhin kaum eine in- nung der Studierenden evaluiert (Professoren alle nerpolnische Mobilität der Wissenschaftler geben wird, vier Jahre). Sollte die Evaluation zweimal negativ weil es immer noch möglich ist, dort Professor zu wer- ausfallen, ist der Rektor verpflichtet, das Arbeitsver- den, wo man studiert und promoviert hat. Ebenfalls be- hältnis aufzulösen. klagt wird, dass der Finanzierungsalgorithmus der Hoch- Besserer Zugang zu einem gebührenfreien Studium: schulen auch in Zukunft hauptsächlich von der Zahl der Es wird ein Katalog erstellt, der festlegt, auf welche Studierenden abhängen wird. kostenlosen Dienstleistungen alle Studierenden an Randolf Oberschmidt, staatlichen und privaten Hochschulen Anspruch ha- Leiter der DAAD-Außenstelle in Warszawa/Warschau Die Wirtschaftsuniversität Kraków/Krakau ben. Die Rechte der Studierenden im Präsenzstu- Kontakt: randolf.oberschmidt@daad.pl 14 Länderprofile Polen
Hochschule Kooperation mit polnischen Hochschulen Hinweise und Tipps Umgangsformen und interkulturelle Kompetenz: Polni- Hochschulen noch enger als bisher zu kooperieren. sche Hochschulangehörige verfügen in der Regel über Da die Autonomie polnischer Hochschulen gestärkt viel Auslandserfahrung und sind mit den internationa- wird, können zum Beispiel gemeinsame Studiengänge len Standards im Bereich der Kommunikation bestens mit Doppelabschlüssen einfacher als bisher konzipiert vertraut. Dennoch wird im akademischen Leben Polens werden. bis heute sehr viel Wert auf die Nennung akademischer Titel und Funktionen bei der Anrede gelegt. Akademi- Forschungskooperationen: Polen hat aus den europä- sche Feiern laufen sehr traditionell ab mit Talaren, Na- ischen Strukturhilfefonds finanzielle Mittel in erhebli- tionalhymne und gaudeamus igitur. chem Umfang erhalten, die unter anderem der Verbes- serung und Modernisierung der Infrastruktur in den Sprache: Die Allgegenwart des Englischen ist auch im Natur- und Ingenieurwissenschaften zugute kommen, polnischen akademischen Leben auf dem Vormarsch. so dass sich für deutsche Hochschulen ein genauerer Dennoch bleibt Deutsch trotz abnehmender Tendenz Blick lohnt. nach Englisch auf dem zweiten Platz im Schulunter- richt und im studienbegleitenden Fremdsprachenun- Fachhochschulen: Fachhochschulen in Deutschland soll- terricht. Die Polen gehen in der Regel nicht davon aus, ten bei ihren Kontakten mit Polen beachten, dass es im dass Ausländer Polnisch sprechen. Umso erfreuter sind polnischen Bildungssystem keine Fachhochschulen gibt, sie, wenn Gäste ein paar Grundbegriffe der polnischen sondern nur staatliche Berufshochschulen (Państwowa Sprache beherrschen. Wyższa Szkoła Zawodowa), die in Polen in der Regel nicht so hoch angesehen sind wie Hochschulen. Mobilität polnischer Studierender: Deutschland ist tra- ditionell das Zielland Nr. 1 für polnische Studierende. Hochschulrankings: Eine gute Möglichkeit, sich einen Beliebteste Fachgruppen sind die Sprach- und Kultur- ersten Eindruck über die Leistungsstärke polnischer wissenschaften (hier vor allem die Germanistik) sowie Hochschulen zu verschaffen, bietet das Hochschulran- die Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Die king der Bildungsstiftung Perspektywy (www.perspek- Zahlen sind allerdings seit einigen Jahren rückläufig, da tywy.pl), welches die privaten und staatlichen Hoch- in Polen auf die geburtenstarken nun bis 2020 die ge- schulen nach den Kriterien Forschungsleistungen, burtenschwachen Jahrgänge folgen. Außerdem studie- Prestige, Studienbedingungen, Grad der Internationali- ren Polen auch vermehrt in anderen Ländern, so bei- sierung sowie Innovationsfähigkeit mit ihren jeweiligen spielsweise in Großbritannien und Spanien. Unterkategorien bewertet. Auch einzelne Fachgruppen werden nach ihrer wissenschaftlichen Leistungsfähig- Reform des Wissenschafts- und Hochschulsystems: keit gerankt. Durch die jüngsten Reformmaßnahmen ergibt sich eine Randolf Oberschmidt, Reihe von günstigen Gelegenheiten, um mit polnischen Leiter der DAAD-Außenstelle in Warszawa/Warschau Länderprofile Polen 15
Hochschule Forschung für den deutsch-polnischen Dialog Willy Brandt-Zentrum für Deutschland- und Europastudien (WBZ) der Universität Wrocław/Breslau Initiator für die Einrichtung des Willy Brandt-Zentrums für Deutschland- und Europastudien war Bun- deskanzler Gerhard Schröder, der die deutsch-polnischen Beziehungen durch neue Impulse aufleben lassen wollte, nicht zuletzt im Bereich von Wissenschaft und Kultur. Diese Funktion sollte das WBZ wahrnehmen – als Institution mit Forschungs- und Lehrauftrag von Polen und Deutschen gemeinsam aufgebaut. Finanziert wird das Zentrum zu gleichen Teilen von der Universität Wrocław/Breslau und vom DAAD. Seit einem knappen Jahr- nes der interessantesten Projekte zwischen Warszawa/ zehnt fungiert das WBZ nun Warschau, Berlin und Paris an: das Weimarer Dreieck, als Forum für den wissen- das die Förderung der deutsch-polnisch-französischen schaftlichen Austausch und Beziehungen zum Ziel hat. den deutsch-polnischen Dia- Dennoch ist das Zentrum nicht nur eine Einrichtung für log. Als interfakultäre Einrich- Wissenschaft und Bildung. Soweit möglich, beteiligt es tung der Universität Wrocław/ sich auch aktiv an der Schaffung eines Netzwerkes von Breslau hat das Zentrum einen miteinander kooperierenden Institutionen, die sich mit interdisziplinären Charakter. einer ähnlichen Thematik beschäftigen. Den Austausch Der Schwerpunkt der Arbeit polnischer und deutscher Studierender fördert das Fritz liegt dabei auf den Sozialwis- Stern-Stipendium, das das Zentrum zusammen mit der senschaften und verschiede- Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder verleiht. Von nen Aspekten der Geschichte Anfang an wurde das WBZ von diversen Stiftungen un- und Gegenwart Deutschlands terstützt, darunter die Stiftung für Deutsch-Polnische Zu- wie auch Europas. Die Wissen- sammenarbeit, die Deutsche Forschungsgemeinschaft, schaftler des Zentrums – Po- die Konrad-Adenauer-Stiftung, die Friedrich-Ebert-Stif- litologen, Historiker, Germa- tung, die Volkswagen-Stiftung, die Robert Bosch-Stif- nisten, Kulturwissenschaftler tung und die Deutsche Nationalstiftung. Gegenstand der und Soziologen – kooperieren Förderung waren verschiedene Treffen, Tagungen, Veröf- mit zahlreichen ausländischen fentlichungen sowie Stipendien. Die Ebert-Stiftung orga- Einrichtungen und publizieren nisiert alljährlich eine Vorlesung zum Gedenken an den ihre Forschungsergebnisse in Namenspatron des Zentrums: Willy Brandt. mehreren Verlagsreihen; die Großen Wert legt das WBZ auf die Vermittlung von jüngste Neuerscheinung der Informationen über das zeitgenössische Deutschland. Serie Studia Brandtiana wid- Zu diesem Zweck wurde speziell das Internetportal met sich der Geschichte der www.niemcy-online.pl ins Leben gerufen. Das Willy Brandt-Zentrum in Wrocław/ polnischen Germanistik. Die Arbeit des Willy Brandt-Zentrums ist äußerst dyna- Breslau Zurzeit wird der Schwerpunkt Lehre weiter ausgebaut. In misch. Es profitiert in besonderem Maße vom deutsch- Zusammenarbeit mit der Fakultät für Sozialwissenschaf- polnischen Vertrag über gute Nachbarschaft und des- ten der Universität Wrocław/Breslau bietet das Zentrum sen positiver Wirkung für beide Länder. Seine gefestigte den Bachelor-Studiengang Europäische Diplomatie an. Entwicklung verdankt es der Unterstützung seiner deut- Im Jahr 2011 wird zusätzlich ein Masterprogramm ein- schen Partner sowie der Universität Wrocław/Breslau, gerichtet. Für Promotionsstudierende gibt es das Dok- einer der größten und besten Hochschulen in Polen. Mit torandenseminar, das bereits erste Absolventen verab- Sicherheit stellt das WBZ eine Bereicherung des deutsch- schiedet hat. Darüber hinaus soll in naher Zukunft ein polnischen Verhältnisses dar. deutsch-polnisches Doktorandenprogramm gemeinsam mit einer deutschen Hochschule ins Leben gerufen wer- den. Thema wird das deutsch-polnische Verhältnis aus Krzysztof Ruchniewicz, Direktor des Willy Brandt-Zentrums Kontakt: der Perspektive beider Länder sein. Erstmals ist für 2011 für Deutschland- und Europastudien, ruchniewicz@wbz.uni.wroc.pl auch eine Summer School geplant. Diese knüpft an ei- Professor für Geschichte, Universität Wrocław/Breslau 16 Länderprofile Polen
Hochschule Partner für Doppel-Diplom-Studiengänge gesucht Interview mit Włodzimierz Kurnik, Professor für Ingenieurwissen- schaften und Rektor der Technischen Universität Warszawa/Warschau Wo steht aus Ihrer Sicht die polnisch-deutsche Wissen- >> Polnischkenntnisse wären sehr willkommen – wir wür- schaftskooperation? den den Studierenden auch dabei helfen, die Sprache >> Włodzimierz Kurnik: In der Zusammenarbeit auf Hoch- zu lernen – aber bei Auslandsstudien ist Englisch üb- schulebene hat immer eine sehr gute partner- und freund- lich. Schon heute werden viele Studiengänge an der TU schaftliche Stimmung geherrscht, der Mauerfall hatte da Warszawa/Warschau in einer englischsprachigen Varian- keine grundsätzliche Bedeutung. Mit Polens Beitritt zur EU te angeboten, zum Beispiel Architecture and Urban Plan- hat sich der Schwerpunkt der Kooperation weg von bilate- ning, Electrical Engineering, Environmental Engineering, ralen Projekten einzelner Institute hin zu großen interna- Mechatronics und Computer Science; unser Ziel ist es, tionalen Projekten entwickelt. Und inzwischen ist Polen in langfristig alle Fächer auf Englisch anzubieten. Was die der erfreulichen Situation, dass wir die Unterstützung, die Studiengebühren betrifft, so betragen diese für EU-Bür- wir in vergangenen Jahrzehnten von deutschen Fördermit- ger zurzeit zwischen 1.000 und 1.400 Euro pro Jahr. Für telgebern erhalten haben, weitergeben und weniger finanz- Gastaufenthalte, die im Rahmen eines Austauschpro- kräftige Partnerländer außerhalb der EU auf eine ähnliche gramms mit einer deutschen Hochschule stattfinden wür- Weise unterstützen können. den, könnten wir diese Regeln jedoch ändern. Mit welchen deutschen Einrichtungen oder Unternehmen Austauschprogramme für Studierende sind ein Bereich, arbeitet Ihre eigene Hochschule – die TU Warszawa/War- den Sie ausbauen möchten. Gibt es weitere? schau – zusammen? >> Ja, den Austausch von Forschern. Hochschullehrer aus >> Die TU Warszawa/Warschau arbeitet im Rahmen von bila- Deutschland sind bei uns sehr willkommen. Für die Finan- teralen Verträgen mit vielen deutschen Hochschulen und For- zierung gibt es verschiedene europäische Fördermöglich- Włodzimierz Kurnik ist seit schungsinstituten zusammen, darunter die RWTH Aachen, keiten, um die wir uns gemeinsam mit dem entsendenden 2005 Rektor der Technischen die TU München, die Universität Hannover sowie Max-Planck- deutschen Lehrstuhl bewerben könnten. Besonders inter- Universität Warszawa/War- Institute. Seit vielen Jahren kooperieren wir auch erfolgreich essiert sind wir an Kollegen aus den Fächern Physik, Opto- schau. Im Rahmen seines mit der Firma Siemens und haben gerade einen neuen Ver- elektronik, Materialwissenschaften, Biomedical Engineering, Studiums der Ingenieur- trag geschlossen, der die Zusammenarbeit noch erweitert. Landmanagement und Transportwesen. Weiterhin würden wissenschaften war er als In Zukunft sollen Studierende Praktika bei Siemens machen wir gerne gemeinsam mit deutschen Hochschulen Doppel- DAAD-Stipendiat an der oder die Forschungsarbeiten für ihr Diplom im Unternehmen Diplom-Studiengänge einrichten. Im Rahmen der Plattform RWTH Aachen und später als durchführen können. Wir möchten die Aufmerksamkeit von Technischer Hochschulen in Metropolen Mittel- und Osteuro- Post-Doc an der Universität Siemens auf die Ergebnisse unserer Forschungen in den dem pas arbeiten wir an einem gemeinsamen Studienprogramm Hannover. Seit 1993 lehrt Konzernprofil entsprechenden Bereichen lenken, also insbe- für Masterstudiengänge im Bereich der nachhaltigen Ent- er als Professor an der TU sondere auf Biomedical Engineering, Energiewirtschaft, Infor- wicklung. Die Initiative ist für interessierte deutsche Hoch- Warszawa/Warschau. mationstechnologie und Transportwesen. schulen jederzeit offen. Internationale Kooperationen fördern Forschung inhalt- Nach Auskunft der deutschen Hochschulrektorenkonfe- lich; wie sieht es im Bereich des Wissenschaftsmanage- renz bestehen zurzeit 930 bilaterale Hochschulprojekte. ments aus? Was wünschen Sie sich von deutschen Hochschulen in >> Hier sind wir sehr daran interessiert, die Vernetzung der Kooperation? auf europäischer Ebene voranzutreiben. Dies ist auch sinn- >> Wir hätten gerne mehr deutsche Masterstudierende voll, wenn es um die Position der polnischen und deutschen und Doktoranden, und wir würden uns freuen, wenn deut- Hochschulen in internationalen Rankings geht. Der Inter- sche Hochschulen verstärkt über das Studium in Polen nationalisierungsgrad, der ein wichtiges Kriterium bei der informieren würden. Im Moment haben wir an der TU Bewertung in den Rankings ist, spiegelt die wissenschaft- Warszawa/Warschau 350 ausländische Studierende – das liche Zusammenarbeit und den Studierendenaustausch wi- sind viel zu wenige. Um einen ersten Eindruck zu gewinnen, der. Unser Zusammenwirken geht eben in diese Richtung. Wer an einer Kooperation mit der sind interessierte Gaststudierende herzlich eingeladen, an TU Warszawa /Warschau interes- Außerdem arbeiten wir in Polen daran, eine ähnliche Or- unseren Summer Schools teilzunehmen. siert ist, kann sich gerne jederzeit ganisation wie den DAAD zu gründen: die Polnische Agen- per Mail an Rektor Kurnik wenden. tur für den Akademischen Austausch. Sollten ausländische Gaststudierende Polnisch können? Kontakt: Wie ist es mit Studiengebühren? Die Fragen stellte Kristin Mosch. jmr@rekt.pw.edu.pl Länderprofile Polen 17
Hochschule Auch bei Meinungsverschiedenheiten bleibt man höflich Interview mit Jörg Hackmann, DAAD-Langzeitdozent und Professor für osteuropäische Geschichte an der Universität Szczecin/Stettin Wie sieht der Alltag an einer polnischen Hochschule aus? Haben Sie den Eindruck, dass generell ein Interesse an >> Jörg Hackmann: Der Studienalltag ist viel verschul- ausländischen Dozenten besteht? ter. Es gibt feste Studiengruppen mit einem festgelegten >> Ich kann das genauer nur für die Geisteswissenschaf- Studienplan, der absolviert werden muss. Alle Veranstal- ten sagen, und hier besteht auf jeden Fall ein Interesse. tungen werden bescheinigt und jede Einzelnote fließt am Allerdings setzt das in der Regel gute Polnischkennt- Ende in die Gesamtnote ein. Der Vorteil davon ist, dass nisse voraus. Die Hochschulen sind an einer Interna- man als Dozent einen recht genauen Überblick über den tionalisierung der Forschung interessiert; in Szczecin/ Kenntnisstand der Studierenden hat. Im Unterschied zu Stettin ist das Rektorat sehr aktiv, wenn es darum geht, Deutschland sind Vorlesungen die normale Unterrichts- ausländische Dozenten zu gewinnen. Was sehr viel ein- form; Lehrveranstaltungen mit Seminarcharakter gibt facher und unkomplizierter läuft als in Deutschland, ist es nur wenige, so dass die meisten Studierenden kaum der Abschluss eines Vertrags. Die hier üblichen Gehälter Übung in fachlichen Diskussionen haben. für Dozenten sind zwar deutlich niedriger (etwa im Ver- hältnis von eins zu vier), aber es besteht durchaus Ver- Nach seiner Promotion im Sind die Vorlesungen dann von der Anzahl der Teilnehmer Fach Geschichte an der FU handlungsspielraum. Die polnischen Kollegen bessern ihr her so groß wie in Deutschland die Seminare oder muss Berlin und der Habilitation Einkommen teilweise durch doppelte oder mehrfache De- man sie sich eher überfüllt vorstellen? an der Universität Greifs- putate auf. Dies wird allerdings inzwischen kritisch gese- >> Das schwankt zwischen 10 oder 15 Teilnehmern bis wald lehrte Jörg Hackmann hen, weil die Qualität von Lehre und Forschung darunter hin zu 70 oder 80, je nach Studiengruppe und Speziali- unter anderem an Universi- sierung. Zurzeit geht die Zahl der Studierenden in geis- leidet. Im neuen Hochschulgesetz, das zurzeit vorberei- täten in Estland, Finnland tes- und sozialwissenschaftlichen Fächern zurück. Da es tet wird, sollen daher mehr als zwei Beschäftigungsver- und den USA. Seit 2008 ist hältnisse nicht mehr zugelassen werden. für das Studium Aufnahmeprüfungen gibt, möchte eine er als Professor am Insti- polnische Universität möglichst mehr Bewerber als Stu- tut für Geschichte und Inter- Sie sind jetzt seit zwei Jahren in Szczecin/Stettin. Wie ver- dienplätze haben, um die besten für das reguläre Stu- nationale Beziehungen der läuft denn das Leben dort außerhalb der Uni? dium auszuwählen. Wer dann keinen Platz erhält, kann Universität Szczecin/Stet- >> Die Stadt ist kulturell sehr anregend und der All- sich als zahlender Student für Wochenend- und Abend- tin tätig. kurse einschreiben. Dies ist bislang eine wichtige Ein- tag völlig unproblematisch. Nur das Radfahren ist nicht nahmequelle für die Hochschule. Deswegen ist es ein leicht, da viele Autofahrer hier Schwierigkeiten haben, Problem, wenn in vielen Studiengängen die Mindestbe- Radfahrer im Straßenverkehr wahrzunehmen und zu res- werberzahl nicht mehr erreicht wird. Auch über Rekrutie- pektieren. Was sich anfangs kompliziert gestaltete, war rungsmaßnahmen an Schulen lässt sich nicht mehr viel die Wohnungssuche. Es gibt hier nur einen sehr kleinen herausholen, da in Polen ohnehin bereits circa 75 Pro- Markt für Mietwohnungen. Die meisten Leute wohnen in zent eines Abiturjahrgangs ein Studium beginnen. Ne- einer eigenen Wohnung. Dozenten, die aus anderen Städ- ben den großen staatlichen Universitäten gibt es aber ten anreisen, übernachten meist im Universitätshotel. Ich auch noch eine Vielzahl privater Hochschulen mit recht habe zwar rasch eine Wohnung gefunden, aber die Zahl unterschiedlichem Niveau. der Angebote war, verglichen mit einer deutschen Stadt mit circa 400.000 Einwohnern, recht gering. Daher sind Als Ausländer ist man ja verstärkt daran interessiert, die Mietpreise eher westlich. Diese Situation ist im Üb- Kontakte zu knüpfen. Wie erleben Sie die Kollegen? rigen auch ein Grund dafür, dass die innerpolnische Mo- >> Die Kollegen sind im Allgemeinen viel freundlicher bilität nicht sehr hoch ist. Es kommt noch recht selten und entgegenkommender als an deutschen Unis. Ein vor, dass Hochschullehrer an einer Uni tätig sind, an der gegenseitiges Sich-Beharken unter Kollegen, wie es an sie nicht studiert haben. Der Königsweg ist hier für viele deutschen Hochschulen manchmal stattfindet, habe ich immer noch der, dass man an der Einrichtung Professor hier nicht erlebt. Es gibt ein Grundverhalten polnischer wird, an der man auch promoviert hat. Kontakt: Höflichkeit, das auch bei Meinungsverschiedenheiten joerg.hackmann@univ.szczecin.pl nicht in Frage gestellt wird. Die Fragen stellte Kristin Mosch. 18 Länderprofile Polen
Sie können auch lesen